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#nachleben der antike
fabiansteinhauer · 10 months
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Dankbar
1.
Für alles gibt es Dankbares. Ralph Giuliani ist ein toller Lieferant, unter anderem für Beobachtungen zu Pathosformeln, Memen und zum Nachleben der Antike. Er ist außerdem ein gutes Beispiel dafür, dass etwas nicht erst dann zum Bild wird, wenn ein Fotograf den Auslöser drückt. Der Körper und das Gesicht Giulianis kommen dem Fotografen zuvor.
2.
Das Gesicht ähnelt zum Beispiel einem anderen Gesicht, wiederholt oder reproduziert es damit in gewisser Hinsicht. Das Gesicht mimt ein anderes Gesicht. Das Gesicht erscheint machmal gleich doppelt und dreifach übersetzt zur Vorsicht, auch große Gesichter kommen als Ausdruck großer Vorsicht vor, zum Beispiel mit aufgerissenen Augen und aufgestelltem Mund, mit geblähten Nasenlöchern und schlackernden Ohren, wie mit einem windenden Kettenvorhang aus Os. Anders herum ist es auch möglich: Vorsicht wird in Gesicht übersetzt.
Wer Ralph Giuliani nicht schon alles war, sogar als Dirk Bogarde und Gustav von Aschenbach, damit in gewisser Hinsicht auch als Gustav Mahler und Richard Wagner kam er schon vor, als lustig singendes Entlein und Anwalt von Donald Trump, Bürgermeister und Cleaning Man von New York tauchte er zweitweise auf. An manchen Tagen glaubt man, die Welten von Jonathan Swift, François Rabelais, von Petronius seien weit entfernt. Dann will man sie und hat man sie so nah, wie einen geliebten Kachelofen in kalten Bergen, der den Rücken jucken lässt, weil er so schön durchblutet.
3.
I love Bildredaktionen, wenn sie gut sind! Hier hat eine Redaktion geleistet, sogar die leichte Untersicht auf das Gesicht von Giuliani wurde eingehalten! Regel! Perfekter Winkel! Perfektes Licht, im Hintergrund warme Lichtquelle von Links und im Vordergrund kalte Lichtquelle von Rechts, das ist superdynamisch, ohne unübersichtlich zu sein. Perfekter Moment!
Gut, man kann darüber streiten, warum Politiker wie Trump, Giuliani und Johnson immer doof, linkisch und idiotisch und Putin immer bis oben hin putinförmig aufgefüllt gezeigt wird. Man kann die kalkulierte Überraschungsfreiheit in den Erwartbarkeiten, dem Stoff der Institutionen, auch beklagen.
Die Holzhammerikonographie, die sich in den letzten Jahren doch stark mit den Journalisten entwickelt hat, die alle haben, was leicht zu haben ist, nämlich Meinung und Haltung, die ist manchmal schon a bisserl bekloppt. Aber wenn es die Richtigen trifft, freue ich mich immer. Wenn es die Richtigen trifft, steigt mir die Häme wie ein Bäuerchen nach zuviel Alete auf, aber ist schon ok so.
Meine Mitbewohner sind gerade aufgewacht und behaupten, der hieße gar nicht Ralph Giuliani, sondern Rudolph oder Rudy Giullani. Kann sein.
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martinanasralla · 5 months
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Ägyptische Götter: Ein Blick in die Antike
Im Land der Pharaonen waren die Agyptische Gotter zentral in der Religion und Kultur.
Diese Gottheiten regierten alle Aspekte des Lebens und des Jenseits. Ihre Mythen und Legenden formten das Weltbild der Agypter,
gaben ihnen Sinn und Ordnung. Auch heute noch faszinieren diese Geschichten durch ihre tiefen Einblicke in die menschliche Natur und die ewigen Fragen von Leben und Tod.
Agyptische Gotter:Die Gottheit am Nil: Die Verehrung des Nilgotts Hapi
Hapi, der Gott des Nils, steht fur Fruchtbarkeit und Uberfluss. Er symbolisiert auch Gleichgewicht und Erneuerung durch das Nilwasser.
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Haufig wird er in Ritualen und Kunst mit uppiger Gestalt dargestellt.
Dies zeigt die Verbindung zwischen Nilschlamm und dem Entstehen neuen Lebens.
Die Verehrung Hapis umfasste Opfer und Hymnen, um seine Gunst zu erlangen.
Seine kultische Bedeutung zeigt sich in der gesamten agyptischen Kultur,
besonders bei den jahrlichen Hochwasserfeierlichkeiten. Diese Anlasse waren nicht nur religiose Zeremonien,
sondern starkten auch den sozialen Zusammenhalt der Agypter.
Agyptische Gotter :Isis und Osiris: Die Zentralfiguren der agyptischen Mythologie
Isis, die Gottin der Magie und der Mutter, und ihr Bruder Osiris, der Gott des Jenseits und der Wiederauferstehung,
sind vielleicht zwei der bekanntesten Figuren der agyptischen Mythologie. Ihre Geschichten sind eng miteinander verflochten
und erzahlen von Verrat, Liebe und der Suche nach Gerechtigkeit.
Agyptische Gotter :Anubis: Der Wachter der Toten
Anubis Gott, eine Gestalt der "Agyptischen Gotter ", stand als Wachter des Totenreichs. Als Gott der Mumifizierung wachte er uber die Riten.
Mit seiner Waage der Gerechtigkeit prufte er die Seelen. Herzen im Gleichgewicht bedeuteten ein Nachleben; zu schwere wiesen Ammit zu.
Dadurch verkorpert er die Ordnung im Glaubenssystem des agyptischen Jenseits.
Horus: Der Himmelskonig
Horus Gott, bekannt als Himmelsgott, ist eine facettenreiche Deitat. Oft dargestellt als Falke oder als Mensch mit Falkenkopf, symbolisiert er Konigtum und Skyline.
Als Beschutzer der Pharaonen, reprasentiert Horus Gott die konigliche Macht Agyptens. Legenden zufolge war er das lebendige Abbild der Pharaonen auf Erden.
Daruber hinaus gibt sein Kampf gegen Seth, den Gott des Chaos, Einsicht in das Gute und Bose der agyptischen Mythologie.
Ra: Der machtige Sonnengott
Ra Gott war der machtigste unter den agyptischen Gottern und der Herrscher aller anderen Gottheiten.
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Als Sonnengott symbolisierte er Schopfung und Wiedergeburt und fuhr taglich mit der Sonne uber den Himmel.
Hathor: Die Gottin der Liebe und Freude
Hathor Gott, die agyptische Gottin der Freude, war fest in der Kultur verankert. Nicht nur Musik und Tanz zahlten zu ihren Domanen;
sie galt uberdies als Beschutzerin der Liebe und Schonheit. Als Gottin der Mutterlichkeit bot sie Trost und Schirm.
Zudem dienten Hathors Heiligtumer, wie etwa der Tempel von Dendera, als Schauplatze des Feierns. Ihr Sistrum,
ein rasselndes Musikinstrument, wurde zum Symbol des Lebensglucks. Auf diese Weise knupfte Hathor eine Verbindung zwischen
den Menschen und dem Gottlichen, wobei sie die Freude am Leben und den sozialen Zusammenhalt starkte.
Die Bedeutung der agyptischen Gotter
Die Bedeutung der "Agyptische Gotter" reicht weit uber einfache Glaubenssymbole hinaus. Sie verkorperten naturliche Phanomene und alltagliche Lebensaspekte.
Jede Gottheit besass einzigartige Attribute und Krafte und wurde in verschiedenen Kontexten verehrt.
Zudem reflektieren die Geschichten und Symbole dieser Gotter und Gottinnen die Komplexitat und Tiefe der agyptischen Kultur.
So tragen sie entscheidend dazu bei, unser Verstandnis dieser faszinierenden Zivilisation zu vertiefen.
Folglich gewahrt das Eintauchen in die Welt der "Agyptischen Gotter" tiefe Einblicke in die Weltanschauung der alten Agypter.
Durch das Verstehen dieser Deitaten und deren Bedeutungen offenbart sich ein umfassenderes Bild ihrer einzigartigen Sicht auf das Universum und das Leben.
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theseustempel · 8 years
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Die Macht und ihre Ikonen
Großartiges Rüstzeug für die Bilderstürme des 21. Jahrhunderts: ein Handbuch der politischen Ikonografie aus der Warburg-Schule
(Rezension aus 2012 betr.: Uwe Fleckner, Martin Warnke, Hendrik Ziegler [Hg.]: Handbuch der politischen Ikonographie. 2 Bde. München: Beck 2011, 1137 S. u. 1336 Abb.)
Die sogenannten "Medien" der, sagen wir, letzten 100 Jahre legen zumindest drei Befunde nahe. Da wäre zum einen die Feststellung, dass es sich bei diesen Hervorbringungen um angewandte Kulturtechniken handelt. Daran ließe sich anschließen, dass diese Medien keine Einzelerscheinungen sind, sondern sich zu politisch-ökonomisch nutzbaren und folglich auch genutzten Medienverbünden fügen. Schließlich könnte man darauf abstellen, dass das Bild, ungeachtet mancher Rufe nach " Heiligen Texten" und der Ehrfurcht vor binär codierten Kommandozeilen, einen besser nicht zu unterschätzenden Stellenwert hat.
Dem hier anzuzeigenden Handbuch der politischen Ikonographie geht es jedoch nicht so sehr um eine triviale Parallelschaltung derartiger " Erkenntnisse", sondern vielmehr um eine gezielte Zusammenführung. Dann ließen sich wohl auch die hierzulande hinsichtlich ihres Anspruchs forciert bescheiden geführten Debatten über die Abbildungsstrategien in Wahlkämpfen und bei Insertionen spannender gestalten. Bisher handelt es sich meist um Rundumschläge für alle, Ikonoklasmus für jeden, Reflexion für niemanden. Zu ergründen, warum dem so ist, muss an die Spekulation abgetreten werden (etwa: habsburgisch geprägte Bilderlust barock-katholischen Zuschnitts mit hegemonialem Mehrwert). Oder man macht sich lieber selbst ein Bild.
Komplexe Analyse
Jemand, der sich dieser Aufgabe verschrieben hatte, war Aby Warburg (1866-1929) - "Amburghese di cuore, ebreo di sangue, d'anima Fiorentino" -, Kunsthistoriker und wohl auch, mit seiner durchaus komplex zu nennenden ikonologischen Beobachtungs- und Analysemethode, Mitbegründer einer heute (ungeachtet aller Irrläufer) mit "Kulturwissenschaft" umreißbaren Ausrichtung des akademischen Betriebs. Bei seinem Tod hinterließ er nicht nur die von ihm begründete Kulturwissenschaftliche Bibliothek in Hamburg - ganz wesentlich hatte er eine ganze Denkschule geprägt und mit dieser die Bedeutung der Ikonologie etabliert.
Ausgehend von Forschungen zum Nachleben der Antike in der Renaissance war es ihm gelungen, aufzuzeigen, wie sehr Bildinhalte nicht nur ein Eigenleben über ihre ursprünglich intendierte Bedeutung hinaus entfalten können, sondern auch wie sehr sich die einstigen Darstellungsgehalte mit ihrer je neuen Umgebung zu einem noch einmal neuen, zusätzlichen Bedeutungszusammenhang verschränken. Dieses Nachleben mit seiner spezifischen Aussagekraft ist keineswegs ein auf das Gebiet der Kunst beschränktes Phänomen, vielmehr lassen sich derartige Effekte (und gerade Warburg zeigte dies sehr deutlich) bis in die Bildwelten des Alltags hinein verfolgen, gleichgültig, ob es sich um Werbeeinschaltungen, Briefmarken, Münzen oder Buchumschläge handelt.
Wenn nun mit Martin Warnke und Uwe Fleckner (Dritter im Bunde ist Hendrik Ziegler) zwei angesehene Repräsentanten der Warburg-Schule einen gewichtigen Doppelband herausgeben, den sie der "politischen Ikonographie" verschreiben, dürfen die Erwartungen in mehrfacher Hinsicht hoch angesetzt werden. Tatsächlich erweisen sich die zwei ein klein wenig unscharf als "Handbuch" bezeichneten Bände als inhaltliches Schwergewicht ersten Ranges. Gewiss wird es Leser geben, die mit der Materie politischer Ikonografie sich (in welcher Form und aus welchem Grund auch immer) auseinandersetzen müssen - und die beim Blättern durch und Lesen in den Bänden thematische Lücken finden.
Begriffliche Regie
Sicherlich werden Leser und Leserinnen da oder dort diesen einen ganz bestimmten und notwendigen Hinweis gerade hier nicht finden - und dafür jenen dort zu vermissen sich angehalten sehen. Dennoch ist festzustellen, dass es bislang niemand anderen gab, der sich in der Lage sah, für den deutschsprachigen Raum (aber auch weit darüber hinaus) eine derart stupende Fülle an Überblicken zu organisieren, um die 100 Beiträgerinnen und Beiträger aufzubieten, knapp 150 Stichworte auszuwählen, ein durchaus akribisches Lektorat aufzubieten und schließlich der politischen Wissensproduktion nicht wenig an Neuem aufzugeben.
Von "Abdankung" bis "Huldigung" und von "Imperator" bis "Zwerg" - selbstverständlich hat bei der Aufteilung der Schlagworte die ordnende Hand der Herausgeber begriffliche Regie geführt, denn eine allzu pedantische Aufteilung der knapp 1140 Seiten hätte sonst die Stichworte der beiden Bände von "Abdankung" bis "Karikatur" und "Kleidung" bis " Zwerg" strukturiert. Das wäre natürlich auch in Ordnung gewesen. Aber eben dies nicht zuzulassen und mithilfe der Zuordnung einen zweimaligen ironischen Zusammenhang zu stiften ist dahingehend ein editorischer Fingerzeig, dass man sich der vielfachen Aufgabengebiete eines solchen Handbuchs der politischen Ikonografie durchaus bewusst war. Wobei: "Stichwort" trifft es noch nicht ganz (und würde auch einem enzyklopädischen Missverständnis die Bahn ebnen).
Denn es geht ganz klar um politische Situationen und Themen, wenn etwa vom "Bad in der Menge", der "Begegnung von Herrschern", der "Politischen Landschaft", der "Hand in der Weste" und dem "Politischen Material", dem " Recht am eigenen Bild", den "Zwei Körpern des Königs" oder auch dem "Tod des Herrschers" die Rede ist. "Pflasterstein" und "Exekution", "Leerer Thron" und "Wahl", "Majestätsbeleidigung" und "Damnatio memoriae" - die Zusammenhänge zu erschließen, die Kombinatoriken zu erproben: Hier drängen sich tage-, ja wochenlange Lektüren auf, bietet sich immer wieder neues Nachschlagen und Sehenlernen an. Eine Freude und ein Erkenntnisgewinn sondergleichen - auch wenn die mitunter etwas klein geratenen Abbildungen sich gelegentlich einer allzu raschen Einsichtnahme widersetzen.
Aus nahezu jeder der zahlreichen Begrifflichkeiten lässt sich problemlos ein Österreich-Bezug ableiten. So man dies in der Manier eines Sportreporters möchte ... Einer liegt bereits optisch nahe: So wird die österreichische Bundesministerin für Verkehr und Infrastruktur mit kämpferischer Pose abgebildet, ihr folgen in den bildlichen Verweisen u. a. Margaret Thatcher und Hillary Clinton, dies erfährt in weiterer Folge eine Rückbindung an extrapolierte Herrschaftsgesten insgesamt, an Formen körperlicher Rhetorik in Statuen, auf Briefmarken und Gemälden.
Deutlich wird, wie wesentlich sich spezifisches "gestisches Vokabular" aus zahlreichen Kulturzusammenhängen, Querbezügen und deren Abbildungsverfahren herleitet, welche Mutationen derartige Gemengelagen durchlaufen - und dass je aktuelle Fragestellungen die Überlieferung mit neuen Zusatzbedeutungen anreichern (dies gerade auch dann, wenn das Schlagwort dazu "Politikerin" lautet).
Die mediale Repräsentation ist hier entscheidend, wobei etwas eingelagert ist, das zwar unverbrüchlich als Erbe durch die Zeiten weitergereicht wird, oft jedoch als nicht erklärbar stehen bleibt - und gerade deshalb der Analyse und Erklärung bedarf.
Das "Handbuch" stellt in dieser Aufmachung und mit all seiner inhaltlichen Tiefenschärfe natürlich auch eine eminent politische Ansage dar, versteht man es als Werkzeugkasten für den eigenen Erkenntnisanspruch. Dann wird es zum Vademecum derjenigen, die sich über Bilder im politischen Zusammenhang Aufschluss verschaffen, ihren medientheoretischen Ansatz überprüfen oder einfach nur auf die forcierte Reflexion des zu Sehenden und daraus ableitbare Anwendungen abstellen möchten.
Den Primat der Politik einzufordern ist das eine, das andere ist die Notwendigkeit, sie nicht nur sehen, sondern auch lesen zu lernen. Hier ließe sich der Bogen zurück zu Warburg spannen: Auch sein Gesamtwerk ergibt sich erst aus der Zusammenschau seiner Teile (was trivialer klingt, als es zu bewerkstelligen ist). So wie bei seinen Texten wird auch das vorliegende Handbuch erst in seiner Zusammenschau und Umlegung auf reale Bildverhältnisse vollständig - Anhänger eines positivistischen Überblicks oder poststrukturalistischer Missverständnisse werden damit jedoch ihre Probleme haben müssen.
In unserem bereits vom monarchischen Erbe her mit Bildnissen reichlich und gut ausgerüsteten Land drängt sich eine derartige Kultur des Umgangs mit Bildnissen vielleicht nicht unbedingt auf. Und ob die mehr als 1100 Seiten der beiden Bände, die 141 thematischen Beiträge von etwa 100 Autorinnen und Autoren, die mehr als 1300 Abbildungen daran etwas ändern können, bleibe dahingestellt. Viel bessere Unterstützung wird es absehbar jedoch nicht geben.
[ Rez. v. Peter Plener; in: Der Standard v. 14. April 2012 – Link ]
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fabiansteinhauer · 8 days
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Klo senior und Klo junior
1.
Auf den Spuren der Klossowskis, das heißt unter anderem: wir schauen uns das Haus und den Garten von Erich Klossowski in Sanary-sur-Mer an. Erich war eine Art Architekt, eine Art Schneider, eine Art Dramaturg. Klossowski hat nämlich gezeichnet, gemalt, montiert, Theaterbühnen dekoriert und nebenbei noch Pierre Klossowski und Balthasar (Balthus) gezeugt. Sanary-sur-mer ist nicht unbedingt ein Urlaubsort, das ist ein kleines Städtchen an der Küste, das über das hinaus, was alle kleinen Städtchen so haben, noch Strände hat. Im Grunde genommen wie Rio de Janeiro, nur wesentlich kleiner (denn Rio ist auch kein Urlaubsort sondern eine Großstadt, die hat, was Großstädte eben so haben und dazu noch Strände).
Reiche Leute aus Marseille haben in Sanary ihre Villa, das heißt das Haus vor den Toren der Stadt. Keine Superyachten, Segelboote ankern hier. Hier hatte Erich Klossowski so lange Zuflucht gefunden, bis auch der Ort durchkämmt und er interniert wurde. Monsieur Klo lebte hier mit Hilde Stieler, beide kehrten nach dem Krieg nach Sanary zurück, er starb hier 1949, sie 1965. Die Leute hier ehren ihr Andenken, denn durch sie habe ich das alles erst erfahren.
2.
Pierre Klossowski schreibt u.a. einen Kommentar zu Bachofen, das ist der Text: Kultische und mythische Ursprünge gewisser Sitten der römischen Damen. Friedrich Balke hat in mehreren Texten zu den Gesetzen der Gastfreundschaft (einem weiteren Buch von Klossowksi) Klossowskis Beiträge zur Bild- und Rechtswissenschaft kommentiert, Methode: Gute Kunst muss verbessert werden, scharfe Passagen müssen weiter geschärft werden, Dichtes muss verdichtet werden. Ein fulminanter Text in der Schriftenreihe von eikones ist zu einem Instantklassiker der jüngeren Beiträge so einer Bildrechtswissenschaft geworden. Klossowski schreibt frenchgerman legal theory, also gelehrte und unbeständige Rechtstheorie, die nicht unbedingt in den Dienst des Rechts gestellt wird.
Der Text über die römischen Damen ist, weil das ein Kommentar zu Bachofen ist, auch ein Beitrag dazu, wie Savigny mit seinen Arbeiten anderen den Kopf, offensichtlich mit bezaubernden Effekten, verdreht hat, denn Bachofen wurde bei Savigny ganz fiebrig. Die Ausschweifungen, von denen geschrieben wird, kreisen in den Schreibern weiter, auch so etwas ist einerseits Effekt einer umwegigen Lektüre, die dank und durch die Umwege eine technische Lektüre ist. Anderseits ist es auch ein Effekt des Nachlebens der Antike. Vielleicht ist das Nachleben der Antike technisch oder artifiziell. Auf jeden Fall ist im Mythos von Exzessen die Rede, von ausschweifenden römischen Damen, dann liest man davon bei Bachofen, dann auch bei Klossowski - und ihr Schreiben selbst wird ausschweifend.
3.
Da wo Schweife sind, wo etwas schweift, sei es nun ausschweifend oder weitschweifig, da beginnt das Feld der Meteorologie und, nach Dürer, der Melencolia (von demjenigen, das eine Welt im Rücken hat/ das eine Welt hat, die rückt und das insofern immer das hat, was ihm fehlt.
Der bildrechtswissenschaftliche Kern dieses Textes liegt in der Auseinandersetzung mit der Archäologie des Mythos und mit dem, was Klossowski ein simulakrum nennt. Ich möchte daran erinnern, dass Sitten auch Trachten und Trachten nicht nur folkloristische Kleidungstücke sind. Trachten sind auch Trakte, Träger oder Trajekten: Formen, die gezogen sind und durch die ein Zug geht, die darüber hinaus plastisch (also Körper) und bewegt sind, durch die damit auch eine Regung/ ein Regen geht. Die Sitten sind nicht einfach Verhaltensweisen, die idealerweise in satzförmigen Regeln zu fassen wären.
Die Archäologie des Mythos ist auch eine Archäologie des römischen Recht, Bachofen hat bei Savigny gelernt. Was Savigny ( z.B. in kurzen Pointen) anstösst, will Bachofen zu einem System ausbauen. So veröffentlicht er 1861 das Mutterrecht, das ein systematisches Buch sein soll (und eine der Geschichten entfaltet, mit denen aus Matriachaten Patriachate sich entwickelt haben sollen). Klossowski wiederum destilliert daraus Elemente, die scharfe Figuren für eine Bildrechtswissenschaftler bringen. Neben dem Begriff des simulakrum sind das zum Beispiel Passagen zu 'Stadien' der Geschichte, die Klossowski mit Distanz zu den evolutionären Annahmen, damit aber mit Affinität zu einem 'Formenkalkül' schildert. Was bei Bachofen drei evolutionäre Stadien der Geschichte sind, wird bei Klossowski als Form einer Schichtung (und als Schichten einer Form) lesbar, mit der sich das Dogma der großen Trennung entwickelt. Die Wesen werden in Stadien, in Schichten einer sedimentären Geschichte, Götter, anthropomorph und fangen an, die Geschlechter so zu teilen und zubübertragen (sich so zu reproduzieren), wie es in den Gesellschaften und Stadtstaaten die Menschen machen sollen. Klossowski arbeitet dabei eine Ambiguität heraus, die bei allen doppelgesichtigen Göttern ins Bild kommt und damit seit der Antike, besonders wieder im Humanismus, mit der Prudentia und der Iurisprudenz assoziiert wird. Klossowskis Schilderung legt die Idee nahe, dass diese Doppelgesichtigkeit eine Affinität zu der Stratifikation/ Schichtung hat, die in juridischer Kulturtechnik (Rhetorik), über die enge Verknüpfung zwischen den 'drei Stilen' und dem decorum hat. Das decorum soll sich in drei Stilen entfalten (entweder hoch oder niedrig oder in mittlerer Lage), hat in dem Sinne zwei ausschlagen Pole und ist damit Verarbeitung einer Verdoppelung, die ambigue bleibt. Anders gesagt: die doppelten Gesichter des Janus, der Carne, der Cardea, der Prudentia und anderer römischer Wesen markiert unter anderem auch den Blick auf die beiden Pole.
Simulakrum: Beitrag zur Geschichte und Theorie dessen, was u.a. auf einer internationalen Konferenz in Hongkong im Dezember als legal imagineries verhandelt wird.
Dazu ist sehr, sehr viel zu sagen und zu fragen, aber darum forschen wir auch am MPI für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie auch die Bildrechtswissenschaft.
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fabiansteinhauer · 10 months
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Story of initiation/ Nachleben der Antike
1.
In der englischen und amerikanischen Literatur ist es vielleicht das Genre der Schullektüre schlechthin: Die sogenannte Story of Initiation. Das ist Literatur, die einführt und eingeführt wird. Wer das liest, so erzählt und zitiert Jesper Svenbro in seiner Archäologie des Lesens, die den Namen Ameisenwege trägt, wird in den Arsch gefickt. Das ist eine etwas subtile und ordinäre, durchaus auch pornographische Bescheibung für eindringliche Lektüre.
Die Amerikaner haben ein Talent für dieses Genre. Das muß man ihnen lassen. Sogar das Kino führt das regelmäßig vor, in diesem Jahr zum Beispiel mit The Holdovers, einem kleinen adventlichen Film zum Nachleben der Antike, in der Paul Giamatti eine gewisse Ähnlichkeit mit Aby Warburg hat.
Aby Warburgs Figur taucht natürlich zweimal in dem Film auf, zweimal als Vater derjenigen Figur, die sich allmählich als Protagonist der Geschichte entpuppt, einmal als der geistige Vater, ein Lehrer antiker Geschichte und einmal als schizoider Patient, der der leibliche Vater des Protagonisten ist. Der Titel des Films, The Holdovers meint die Überbleibsel oder Reste - und damit exakt dasjenige, das seit der Antike und von der Antike übrig ist.
2.
Für die Art und Weise, wie im amerikanischen Kino Glätte und Gerissenheit, Oberflächlichkeit und Abgründigkeit zusammengesetzt werden, liebe ich dieses Kino immer wieder, auch wenn es immer wieder scheint, jetzt sei es endgültig vorbei mit allem amerikanischem Glanz. Das republikanische Erbe können sie hochhalten, das muss man ihnen lassen. Das fantastisch geschriebene Drehbuch wird von Alexander Payne hochgelehrt und dezent in bewegte Bilder übersetzt, die Dramaturgie der Herauschälung und Zuspitzung liefert einen kanonisch einsetzbaren Lehrfilm ab. Der Film ist nichts als light and magic, wie es an einer entfernt an Anna Karenina erinnernden Stelle zu den dunklen Kammern antiker Überbleibsel heißt.
Giamatti hat in dem Film nicht nur Ähnlichkeit mit Aby Warburg, sondern auch mit Gunther Teubner, einem derjenigen, die ich gerne als meine Doktorväter verstehe. Das ist die gleiche Augenstellung, ohne die auch das Werk von Gunther Teubner meines Erachtens nicht anmessend begriffen und betrachtet werden kann. Der Blick tritt auseinander und zusammen, laufend verhält er sich wie eine Lunge kontrahierend und distrahierend oder wie ein Ei kullernd. Der Film schliesst für mich ein Jahr am MPI ab, für das ich dankbar bin.
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fabiansteinhauer · 4 months
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Mater et caput
Apropos Übersetzung: Die Lateranverträge heißen auf Italienisch patti lateranensi (wie Patti Smith, nur dass die Familie der Laterani keine Schmiede, dafür aber viele Immobilien hatte und dann enteignet wurde).
1.
Im Januar habe ich aus Anlass der im November anstehenden Reise nach Recife von unserer kleinen Forschungsgruppe zur Übersetzungen der Rhetorik berichtet. Die Gruppe ist informell organisiert, man kann das ein Netzwerk nennen.
Mich interessiert im Moment, noch im Zusammenhang mit dem Projekt zu Warburg, die Polarität rhetorischer Institutionen. Das heisst, dass ich mich dafür interessiere, was in rhetorischen Institutionen über Polarität geschrieben wird. Diese Frage ist unter anderem eine Frage nach dem decorum und nach juridischen Kulturtechniken, die mustern und stratifizieren (vgl. Bildregeln).
Das ist zweitens eine Frage nach der historisch wandernden Bedeutung zweier, leicht verwechselbarer Begriffe: energeia und enargeia. Kurz gesagt sind beide Begriffe auch Teile eines Diskurses zu Energien (Regungen?), die laden und geladen sein sollen, noch bevor Aby Warburg seine Vorstellungen zur Polarität auf die NaturWissenschaften des 19. Jahrhunderts einzustellen versucht.
2.
Die Fragen sind zwar Fragen danach, was in rhetorischen Institutionen zur Polarität geschrieben steht. Aber sie können nicht allein im Rückgriff auf schriftliche Zeugnisse und Begriffsgeschichte beantwortet werden, wenn man nicht den Begriff der Schrift zum einem Begriff der Graphien und Choreographien und den Begriff des Begriffes nicht zum einem Begriff fassender und erfassender oder tragender und trachtender Kulturtechnik erweitert.
Was in rhetorischen Institutionen geschrieben steht, also zum Beispiel bei Quinitilian, muss über Protokolle erschlossen werden, die Quintilians Schreiben erstens übersetzt haben und zweitens übersetzbar gehalten haben. Quintilian schreibt nämlich über das Sublime und das Subtile, über hohen und niedrigen Stil, in einer Stadt, die schon hügelig war und dabei höhere und niedere Stadtteile hatte, als er noch flach lag und in Windeln steckte. Die Säulen standen bereits in stratifizierter Ordnung, die Statuen der Götter, Nymphen und Satyre hatten und warfen schon Blicke, noch bevor sich der kleine Quintilian auch nur einmal in seiner Wiege umdrehen und ah oder oh sagen konnte. Autorinnen wie Nadia Koch rekonstruieren die Begriffe darum archäologisch aus den Objekten, die dem Schreiben vorlagen.
Quintilians Schreiben ist schon übersetzt, übersetzt Rom ins Schreiben, übersetzt pastoralen und urbanen Verkehr, sogar Segeln und Schifffahrt in Worte - und wird wieder in alles das übersetzt. Quintilians Schreiben kann archäologisch gelesen werden, weil Quinitilian schon archäologisch schreibt, also mit Brocken Roms Brocke Roms schreibt. MultipliCity ist keine Erfindung der Moderne, das ist ein Erinnerung daran, dass Recht und Stadt koextensiv sind, dass damit auch Grundbegriffe und gründliche Linien, allen imaginär und symbolisch voran das Wort Roma und seine gründlichen Züge durch das das pomerium koexistent und kooperativ sind.
Die Frage danach, was in rhetorischen Institutionen zur Polarität geschrieben steht, die geht in die Frage nach dem Nachleben der Antike über. Die rhetorische Lektüre definiere ich technisch als eine umwegige, umgeschlagene (involvierte und konvertierte) also selber schon technische Lektüre, die über antike Quellen führt. Den Begriff der rhetorischen Lektüre will ich insofern verengen, wie ich den Begriff der rhetorischen Institution verengen möchte. Nur die Lektüre, die Umwege über Rom und antike Referenzen macht, soll rhetorische Lektüre sein. Nur eine kleine Anzahl von Texten sollen rhetorische Institutionen sein: Quintilian gehört dazu, wie die Rhetorik, die dem Herennius geschrieben wurde, also als klamme Sendung oder Letter (nicht als Buch) konzipiert wurde. Ciceros Schreiben, Horaz' Schreiben: Die gehören auch sicher dazu.
Und das Nachleben der Antike? Auf den Zetteln meines Tumblr habe schon öfters die beiden Helmut Rahns erwähnt, den braven und nicht öffentlich polaren Übersetzer und den offen polaren, nämlich öffentlich fußballspielenden Helmut Rahn. Der brave Übersetzer hat aus Quintilian das gemacht, was Johann Joachim Winckelmann aus der Antike gemacht hat. Sprich: Dieser Rahn hat die rhetorische Institution edel, einfältig, still und groß gemacht. Der hat etwas extrapoliert. Die deutsche Version ist in einem sogar mehr als nietzeanischen Sinn ein Halbschreiben, das die Frivolität und das Satirische, die Muliplizität (das Urbane und das Pastorale!), das Laute/ Kreischende/ Nöselnde und das Kleine/ Mindere der rhetorischen Institutionen zwar nicht hat verschwinden lassen, aber so entfernt hat, dass es verstellt und die Wahrnehmung insofern sediert ist. Die deutsche Übersetzung ist nicht total einschläfernd, nur zur Hälfte, und zwar zu allem dem, was weder edel noch einfältig, weder still noch groß ist. Das schlummert im deutschen Text.
So übersetzt man in einigen Momenten und an einigen Orten decorum mit Angemessenheit, nicht mit Messung, Messe oder Missen, nicht mit Pass, Passion, Passieren oder Passage. Man muss nur mal lesen, was sich die Frankfurter Schule Abteilung Nichtbenjamin in den 1990' er Jahren unter einem Sinn für Angemessenheit vorstellt. Kaum das, was im Fußballstadion und bei Doktor Flotte abgeht Man denkt ans Musterhaft Habermasianische und bei Musterung kaum an die Censoren oder gar an Kreiswehrersatzämter. Dass Musterung etwas mit Blicken und Schirmen einer kriegerischen Stadt inklusive ihres Hafens, ihres Nachtlebens und inklusiver intensiver, hoher und niederer Milieus zu tun hat, das kann man übersehen. Aber wozu sollte man das tun? Der Asket macht aus der Tugend eine Not, man muss ja kein Asket sein.
Paene omnia decent, gegen Ende (beinahe) geht doch alles durch, das schreibt Quinitilian selbst, natürlich erst nahe beim Ende seiner Institutionen. Man muss mit den rhetorischen Institutionen machen, was Aby Warburg mit der Antike gemacht hat: Die Polarität protokollarisch und archäologisch wieder entfalten, statt sie einzuschläfern und schlummern zu lassen.
Die Polarität rhetorischer Institutionen ist ihre Meteorologie. Rhetorische Institutionen sind vorübergehend, ihre Elemente sind Details, die kommen und gehen, deren Erscheinung schwer berechenbar bis notorisch unkalkulierbar bleiben und deren Entfernung zwar gemessen werden kann. Die Maße rasten aber nicht ein, sie können nur limitiert anhalten, sind nur befristet parkbar, nur episodisch paradiesisch.
2.
Im Juni sammelt sich ein Teil der Gruppe um Ino Augsberg in Kiel. Ich schlage vor, einmal die Polarität der Institutionen zu diskutieren.
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fabiansteinhauer · 2 months
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Formen
Wir gehen im folgenden davon aus, dass Formen zügig und/ oder gezogen sind. Sie sind zügig/ gezogen und bilden als Form auch ein Trajekt. Sie haben Falten. Dass sie Falten haben, heißt auch, dass diesen Formen involviert ist, was sie hinter sich gelassen haben oder ausschließen sollen. In gewisser Hinsicht sind sie diplomatisch und tragen Entferntes mit. Die Grenzen der Form gehen mitten durch die Form, durch die Form kommt die Grenze vor; diese Grenzen sind Kreuzungen oder Versäumungen. Die Form sondert das Informelle nicht aus, ist vom Informellen nicht ausgesondert. Jenseits der Form findet man andere Formen. In der Form geht die Form nicht auf: sie kann von ihrer Negation und von ihrem Anderen durchzogen sein. Zügige und faltige Formen sind keine reinen Formen, das sind Formen, die in ihrer Präsenz und Gegenwart nicht aufgehen. Ihnen hängt etwas an, sie haben mehr als nur sich und sind mit sich nicht eins. Diese Formen sind keine ersten und keine letzten Dinge. Den Begriff der Fiktion und denjenigen der Vorstellung assoziieren wir eng mit dem Begriff zügiger, gefalteter Form. Dass Formen Einheiten bilden, das behaupten wir nicht. Wir behaupten, dass dasjenige, was wahrgenommen und/ oder kommuniziert wird Form ist.
Für die Rechtstheorie heißt das, das wir das positive Recht nicht mit der Form und den Rest der Normativität mit informeller Kultur oder informellen Institutionen identifizieren. Wo eine Norm ist, da ist eine Form. An jeder Passage oder Stelle, an der oder durch die Differenz operationalisiert wurde, da ist eine Norm und da ist eine Form. Die Beispiele für Formen, an die wir denken, entstammen der Mediengeschichte. Es gibt zwei ideale Beispiele: Letter und das Tafelbild (Tabula picta). Diese Beispiele dienen uns, weil sowohl Letter als auch Tafelbilder in ihrer Form entzweit bleiben, darum über zwei Schichten weiter beschrieben werden.
Die Reproduktion von Formen, von der Luhmann spricht, assoziieren wir mit einer Geschichte und Theorie des Nachlebens der Antike, das heißt gleichzeitig: mit einer Vorstellung von Archäologie, nach der der Mensch von Natur aus ein phantasiebegabtes und 'aufsitzendes' Wesen ist, das mit Illusionen eine ungewisse Zukunft hat, bis es stirbt. Dieses Wesen lebt in gewisser Hinsicht asymptomatisch, lebt zum Tode hin so, als ob es überleben würde. Wo dieses Wesen aufsitzt, da sitzt es den Formen auf, die wir u.a. für zügig/ gezogen und faltig halten. Es mag Formen geben, die beides nicht sind, die also nicht auch Zug sind oder Züge haben, die keine Falten haben und deren Grenzen damit nur eindeutig sind, sondern Grenzen sich auch nirgends wiederholen. In Bezug auf Wahrnehmung und Kommunikation gehen wir davon aus, dass man eine Form wahrnimmt - unter Wahrnehmung einer anderen Form und unter Wahrnehmung von etwas anderem als Form. Man kommuniziert Form - mit anderer Form und mit anderem als Form.
Es kursiert in Deutschland die These, mit der Form der Schrift und im Objekt des gedruckten Buches habe eine Umstellung von Bildern auf Begriffe stattgefunden. Das wird für die Religion und sogar für das Recht behauptet, in der Kombination aus religiöser und rechtlicher Vorstellung lässt sich schon erahnen, dass so etwas von Staatsrechtslehrern behauptet wird. Wir gehen von Verhältnissen aus, wo das Vethältnis zwischen Bild und Begriff als Ablösung nicht der Fall ist, wo aber Formen eingeführt werden, die auf Schrift und Buchdruck so blicken lassen, als ob sie Mündlichkeit und Bildlichkeit jeweils als ein Anderes hinter sich gelassen hätten. Die Form der Schrift kann Mündlichkeit und Bildlichkeit auf eine Rückseite schlagen, der Buchdruck kann als Form und als Medium Formen und Medien mittragen, die, obschon er sie mitträgt, dann andere Medien und Formen, sogar überwundene Medien und Formen seien sollen. So kann der Buchdruck das Dogma der großen Trennung tragen, wie etwa bei den Juristen, die behaupten, mit ihm habe gesellschaftlich eine Umstellung von Bildern auf Begriffe stattgefunden.
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fabiansteinhauer · 7 months
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Recht und Gerechtigkeit als Pathosformel
1.
Inwiefern hat Niklas Luhmann in dem Buch zu sozialen Systemen von den erloschenen Vulkanen des Marxismus gesprochen? Präziser gefragt: welcher Genitiv ist dem Autor eigen? Schreibt Luhmann auch vom anfeuernden Marxismus erloschener Vulkane (wie etwa von dem Argument, vergehende Umwelten würden uns im sogenannten Anthropozän bedrängen, die Welt nicht mehr als Kapital zu begreifen) oder nur von den erloschenen Vulkanen des Marxismus? Was ließ Luhmanns Schreiben leben, was hielt dieses Schreiben (für) tot? Die zwar erloschenen, dafür aber ergrünten Vulkane oder/und die feuer- und aschespeienden, dafür aber rotglühenden Ausbrecher? Das ist zwar schwer zu sagen, zu sagen aber ist es.
2.
Aby Warburgs Ikonologie, die Wildwissenschaft ist, weil sie Polarforschung, Bild- und Rechtswissenschaft ist, beantwortet solche Fragen, indem sie solche Fragen an Pathosformeln beschreiben lässt, die entfernte, polare, unbeständige und meteorologische Zeit- Denk- und Spielräume ( "Antike") nachleben lassen sollen, und in denen weder der Tod eine Abwesenheit garantiert noch das Leben ein Versprechen auf Gegenwart erfüllt. Weder Leben noch Tod sind durch Pathosformeln, die nur und immerhin nachleben lassen sollen, garantiert oder gesichert, weder für die Zukunft noch für das Hier und Jetzt, nicht einmal für die Vergangenheit. Es kann sein, dass Pathosformeln eine Geschichte haben, kann aber auch sein, dass sie keine haben.
Pathosformeln sind sedimentär und aufrührbar, einem Geschichte sitzen sie immer auf, nämlich demjenigen Haufen aus Zügen, die normativ, kooperativ und rekursiv schon Züge geben, bevor sich nur ein Säugling erste Fragen stellt oder etwas sich systematisiert. Pathosformeln sind Teil einer Kanzleikultur und einer Welt im Rücken, die Thomas Melle wieder einmal polar genannt hat, die Vismann am Anfang ihrer Geschichte der Akten treffend mit einem Haufen, mit Aktenbergen beginnen lässt und in der noch das weiße Papier ein Haufen, zum Beispiel aus Lumpen, ist.
Gerechtigkeit als Zufall ist ein gealterter und immer noch elliptischer Titel dafür, dass Recht und Gerechtigkeit frei sind, einen melancholischen Kurs nehmen, dessen anderer Name Glück und Unglück oder Fortuna aka occassio, Zufall, ist. Luhmanns Formel als Pathosformel lesen heißt, das beste daraus zu machen, notfalls zu unterstellen, dass er beide Versionen sich angeeignet hat und nicht nur Systemtheoretiker, sondern auch ein praktisch chaotischer Marxist gewesen sein kann, praktisch chaotisch, weil er was durcheinandergebracht hat am akademischen Marxismus. Er hat, wie sein Schreiben nahelegt, die Formel zügig, blind und flugs verwendet.
Vulkane sind meteorologische Grenzobjekte und insoweit Gegenstand einer vergleichenden Meteorologie. Im Recht zieht nicht nur eine vulkanische Pathosformel (befeuernd, löschend oder erloschen) Form und Formlosigkeit durch, ist nicht nur durch Form und Formlosigkeit durchgezogen. Es liegt nahe zu sagen, alle Pathosformeln seien vulkanisch, weil der Pathos eine hohe oder sogar ausbrechende Erregung sei. Ganz falsch ist das nicht, könnte aber nicht scharf genug gesagt sein. Sie sind vulkanisch, weil sie meteorologisch sind, nicht erst seit Descartes. Warburgs Pathos kommt zwar auch haufenweise daher und insofern möglicherweise mit hoher Erregung. Die kann aber bremsen, hemmen, kann also auch aus routinierter Regung ausbrechen. Das Hohe daran muss aber weder sublim, noch souverän, muss nicht herrschaftlich und herrschend sein. Es kann auch minore, niedere, auch niederträchtige Regung sein, auch Wahnsinn, auch Pathologie. Warburg lässt wiederum dasjenige, was an Pathosformeln passioniert, an Passionen privat und was daran wieder pathologisch sein soll, sich nicht nehmen. Er begreift sie in und durch Akte, weil sie Passion/ Passivität und Aktion, insoweit sogar Pathologie und Kuratorium ineineinander übersetzbar machen sollen. Das Ungehörige muss nicht Angehöriges sein. Das Private kann öffentliche Praxis sein. Logik kann rational sein, die Vernunft kann rationiert sein, auch die Pathologik. Treffend wurden Warburgs Formeln in der Literatur auch niedriger, nämlich aus als Ethosformeln beschrieben. Man hat auch die Ethik zu einer polarforschenden Wildwissenschaft, zur Bild- und Rechtswissenschaft gemacht. Die Meteorologie ist zwar rigide räumlich, aber ebenso rigide zeitlich, das einzige Reine an ihr ist das Vorübergehende, ein Kommen und Gehen, vom dem Thomas Hobbes im Leviathan mit vornehmer Zurückhaltung nahelegt, es sei unverbindlich. Schwer berechenbar scheint es, weil es bar jede Berechnung und Bar jeder Berechnung sein kann.
Die Formeln lassen durchgehen, ähneln nicht nur demjenigen, was in rhetorischen Institutionen decorum (Gemustertes und Durchgehendes) genannt wird. Sie können rhetorischen Institutionen auch unähnlich sein und doch wie sie musternd und passierend, musterhaft und durchlassend. Die Formeln sind zwar vague, aber sie sitzen keine Leere auf, sie können sich nur nicht auf eine hylemorphistische Architektur stützen, kein Inhalt diktiert ihnen die Form und das, was sie loswerden sollen. Diese Formeln sitzen keiner Leere auf, sie sitzen schon Durchzogenem und Durchgezogenen, schon Formen und Formosigkeit auf. Pathosformeln ziehen Form und Formlosigkeit durch. Wenn das, weil es auch Distinktionen Züge gibt, Distinktion ziehen oder zeichnen lässt und dabei Zeit-, Denk- und Spielräume unmarkiert stellt, könnte man sie für ein Kalkül nutzen. Das muss allerdings nicht systematisch sein, kann auch meteorologisch sein. Ikonologie als Wildwissenschaft schlägt nicht vor, Gerechtigkeit weder als Kontingenz- Transzendenzformel zu begreifen. Sie rät nicht dazu, in Anbetracht des Imaginären und Realen kein Systemtheoretiker zu sein. Sie schlägt vor, sich vorzustellen, dass Differenzierungen weder ausgehen noch aus sind und dass Selbstreferenzen meteorologisch situiert sein können, größer oder kleiner vorkommen (egal, an was man sie und was man ihnen anhängt), dass sie also durchgehend und anhaltend halbgeschrieben (Nietzsche) werden. Ihr Künstlerbegriff sollte Fremdreferenz und ihr Künstlername Warburgbank lauten. Man könnte Doppelnamen daraus machen, wenn schon Leuthäuser-Schnarrenberger möglich ist, warum nicht auch Selbstreferenz-Fremdreferenz?
Ihre meteorologische Situierung macht die Referenzen nicht löchriger als die übrigen Institutionen der Kanzleikultur. Sie sind weiterhin cum ex nutzbar, obschon die Nutzung ex nihilo ein kurzes und stolzes Gedächtnis verlangt.
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fabiansteinhauer · 9 months
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Horn und Brille at the bar
Horn und Brille at the bar ist science at the bar, wenn diese Wissenschaft scharf schaut und quasi Keratin (also hart und spitz und auf eine Weise am Rande des Organischen angesiedelt) ist, unde de nicht anders als händelbar oder bestreitbar um das Leben und den Tod ringt.
Antonio Negri und das Nashorn sind zwei rare Wesen, beide hatten nicht nur Expertise für das Nachleben der Antike (also für polare/ polarisierte und entfernte Zeiträume) sie sind auch immer schon Element der Expertise zum Nachleben der Antike gewesen. In beiden kommt vor, wovon ihre Rede ist.
Antonio Negri ist, wie es in den Nachrichten heute heißt, "gestern oder vorgestern" gestorben. Ich wette, dass das umstritten bleibt. Ich habe keinen guten Wein und kein gutes Brot im Haus, die Läden sind geschlossen, morgen werden wir in Erinnerung an ihn bei uns ein kleinen Leichenschmaus halten und ihn ehren und uns um das Verzehren des Negri, der auch gewaltig war und anderen etwas zufügte, Gedanken machen.
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fabiansteinhauer · 10 months
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Was wissen wir vom Mord?
Manchmal juckt es mich auch in den Fingern.
Die Leute teilen die Bildern von Kriegstoten auf tumblr, sie machen es immer wohl sortiert. Die einen zeigen solche Toten, von denen sie sagen, das seien keine Juden und keine Israelis, aber Palästinenser (man scheint auch im Tod noch einen Pass zu besitzen und nur vorsortierten Leuten anzugehören) und die anderen zeigen nur Tote, von denen sie sagen, das seien Juden und Israelis, aber keine Palästinenser (man scheint auch im Tod noch einen Pass zu besitzen und nur vorsortierten Leuten anzugehören). Die erstaunliche Sortiertheit der geteilten Bilder, die reinliche Mitteilung, die standfest-ständige Positionierung, die gleichzeitig über blutschverschmierte Körper und davon Abgetrenntes läuft, die ist begrifflich vielfältig fassbar, man kann da sehr viel zu sagen, abtun lässt es sich wohl nicht, die Leute wollen sortieren und tun es. Sie wollen sortiert vom Mord wissen und wissen lassen. Sie werden so recherchiert haben, wie das Leute eben tun.
Die Leute wissen auch was sie tun, wenn sie geradezu wie mit liniertem Millimeterpapier sortierte zerfetzte Körper nur von denen einen und niemals von den anderen zeigen. Es hilft nichts, dass man kotzen möchte. Die Leute wissen, dass man nicht über die Leichen kotzen möchte, sondern über das Milimeterpapier und die Sortiertheit, mit der das alles in den Netzwerken fein säuberlich distribuiert wird. Sie machen es trotzdem, nicht unbedingt weil sie regungsgeil sind. Gründe gibt es viele am Rheine und am Nile. Es sind ja auch soziale Netzwerke, die bestehen aus Linien und Knoten und sind the law/ the love of Sortiment. Die Leute teilen die Bilder der Toten, als wären das Unterschriftenlisten und hängen hochengagiert ihren Namen darunter. Die Leute wollen wissen, wer mordet.
Es gibt nicht einen Fitzelchen Indiz dafür, optimistisch sein zu können, es gibt nur Indizien dafür, seinen Pessimisus organisieren zu müssen, oben drauf Sahnehäubchen: ihn irgendwie noch fröhlich zu organisieren.
Mich juckt nicht in den Fingern, an den sortierten Mitteilungen der Morde teilzunehmen, never! Ich brauche nicht einmal Jesuiten, die mir sagen, dass die Reproduktion des Mordes den Mord reproduziert. Mich juckt es statt dessen in den Fingern, den Sortierern einfach mal eine kräftige Ohrfeige zu geben. Ihr wisst doch, wie bekloppt die Sortierung ist, redet euch nicht damit raus, ihr wäret aber auf Seiten der größeren Opfer, ihr Idioten, und stündet tapfer den größeren Tätern entgegen. Ohrfeigen tue ich deswegen nicht, weil ich das nicht trainiert habe und das technisch gar nicht hinbekomme. Nur die körperlich mangelhafte Ressource hält mich zurück. Es juckt.
2.
Die Institution des Mordes lässt Antike nachleben. Zu seinem Text über Dürer und die Antike, den Tod des Orfeus und den Begriff der Pathosformel sammelt Warburg Zeitungsnachrichten von aktuellen Morden und kommentiert das mit seiner Sorge um kehrende Wesen, in dem Fall auch ein Wesen, das er Bestie, ewig wiederkehrend und Mensch nennt. Er hält diese Zettel in seinem Zettelkasten zurück.1929 wird er sogar den Mord an Matteotti nur wie in einer Black Box versteckt zeigen, weil dieser Mord zu nahe ist.
In der Institution des Mordes lebt unter anderem segmentäre Differenzierung nach. Der Mörder und seine Richter differenzieren segmentär, wer segmentär tötet, darf von sich glauben, eine absolute und superlative Tat vollbracht zu haben. Der Mörder und seine Richter finden in der selben Institution ihre Worte und Bilder, ihre Orientierungen und Handlungen. Von wem festgestellt wird, dass er segmentär getötet hat, der darf als Mörder gelten und auch bestraft werden. Ich würde das gerne ändern, die Größe wenigstens kleiner stückeln, aber der Anspruch ist in gewisser Hinsicht lächerlich und närrisch.
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fabiansteinhauer · 10 months
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Passieren
1.
Die Leute, die ich heute zum Forschen hin und her schubse, sind inzwischen jünger als mein Sohn, kommen aber noch aus der gleichen Welt wie mein Sohn und meine Schwiegertochter, bis dann eines Tages Leute aus einer schon wieder anderen Welt als die unserer Kinder zu einem stoßen, ab da geht es auf das Greisenalter zu, noch ist es nicht so weit und wird auch lange nicht der Fall sein. Meine Mutter lebt noch, und sie ist nun eine Greisin, was soll man machen? Das beste draus, Mamas Spruch nämlich: Das Leben ist eines der schönsten.
2.
Wenn man sich Gesichter anschaut, schaut man aus zwei Weisen der Richtung auf das Gesicht: Aus einer räumlichen Richtung und aus einer zeitlichen Richtung. Kennt man das Gesicht schon lange, bildet das jüngere Gesicht ein Raster und ein Muster, das so wirksam wie das velum das aktuelle Gesicht wahrnehmen lässt, in dem es dabei kooperiert, ihm Form zu geben. Das jüngere Gesicht sitzt dann auch wie ein Wasserzeichen und alles das, was durchscheinen kann, in dem aktuellen und ins Opake hin vorläufig abschließenden Gesicht.
Anders herum ist es, wenn man Gesichter das erste mal sieht: dann bildet die Erwartung auf das kommende Gesicht das Raster, mit dem man das aktuelle Gesicht wahrnimmt. Diese Erwartung ist nicht leerer als das, was einem das Gedächtnis sonst direkter liefert, das Gedächtnis ist im Medium er Erwartung auch nur auf weiteren Wegen beteiligt. Man schaut dann ältere Gesichter erinnernd auf das aktuelle Gesicht. Einmal hält das Sehen etwas zurück, einmal zieht es etwas auf.
Sedimentäre Geschichte ist auch archivierte Geschichte, aber den Begriff des Archivs soll man wörtlich und bildlich verstehen. Das Archiv kommt auf allen entfernten und gelegten Linien vor. Was für den Blick auf Gesichter gilt, gilt auch für den Blick auf alles anders: man schaut schichtweise auf etwas, durch die Raster der Vergangenheit und die Erwartungen, also das institutionelle Gerüst, das einen mehr oder weniger anspruchsvoll Zeit durchhalten, warten oder erwarten lässt. Aktuell sieht man wenig, geschichtet viel und alles plastisch. Auf solchen Umständen baut noch mit weiteren Umwegigkeiten eventuell auf, was Warburg das Nachleben der Antike nennt und was man beispielhaft an den Madonnen und ihren Söhnen wahrnehmen kann.
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fabiansteinhauer · 10 months
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Sohn/ Sonne/ Sun/ Son/ Sol
1,
Dürer sei diesem Motiv in einer italienischen Hafenstadt begegnet, die enge Kontakte zum Osten pflegte. Da kommen insbesondere zwei Städte in Betracht, eine davon erwähnt Niklas Luhmann in Die Kunst der Gesellschaft, das ist Otranto, dort war es nicht. Otranto und seine Mosaik: Zu südlich, zu magisch, zu klein, zu archaisch, das ist nur etwas für den gründelnden Niklas Luhmann, aber nicht für Albrecht Dürer, der war dafür zu zaghaft und modern.
2.
Die andere Stadt ist Venedig, diese Stadt war es. In Venedig habe Dürer das Motiv gesehen, es sei vom Osten her nach Westen gewandert, er bringt das Motiv über die Alpen nach Norden: Eine souveräne, verwaltende, richtende und gesetzgebende Figur, die auf einem animalischen Möbel, einem pelzigen und lebendigen kurulischen Stuhl sitzt und die phobisch strahlt.
Das ist noch eine osmanische Figur - wie die zahlreichen osmanischen Figuren, die man auf Warburgs Staatstafeln noch sieht, vor allem auf Tafel 78 in Figur von Papst Pius XI. mit der Tiara und den Straußenwedeln. Mitten in Westrom entdeckt Warburg oströmische und östlichere als römische Figuren, sie sind für ihn die ersten und nicht die letzten Zeugnisse eines Nachlebens der Antike.
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fabiansteinhauer · 11 months
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Zumutable
1.
Kollabieren oder kollaborieren, das ist hier die Frage!
Fragen, die gestellt werden, sollen beantwortet werden. Also Keynote Co_Lab. Das heißt: Colaben üben, Kulturtechniken zweierlei Mitesser oder eines Mittessens, eines Verzehrs, an dem andere und anderes auf anderen Seiten teilnehmen können.
Colaben wäre eine Kulturtechnik, die im Verzehr verkehren kann - und damit den Labenden zum Gelabten und das Gelabte zu Labendem machen kann. Im Hinblick auf Markus Krajewskis kommend komische Keynote in Helsinki ist zu ergänzen, dass das Colaben eine Kulturtechnik ist, die vom Aperitiv oder Apéro über das Dispositiv bis hin zum Digestiv reicht - und repetetiv zurück.
Das ist die anthropofagisch und theofagisch manifestliche Antwort, die man wohl geben kann, wenn man sie an den und mit den Tafeln gibt, die Warburgs Staatstafeln sind.
Nicht unbedingt großes und nicht unbedingt kleines, aber durchgehend skalierbares, immer vergrößerbares und verkleinerbares Bankett eines Bankiers, der unbedingt, bis ins Detail und in immer entfernten Bögen skalieren will, weil er mit Polarität umgehen will.
2.
Afformative, strike! In Bochum formiert und normiert sich die Bild- und Rechtswissenschaft. Das ist the next big thing in einer kommenden Reihe von next big things: In Helsinki wird es im Januar 2024 über Vismanns Kulturtechniken und in Luzern auch hoffentlich im weitern Verlauf des nächsten Jahres weitergehen. Wimmelnd baut sich eine Forschungsgruppe auf, die an einer Bild- und Rechtswissenschaft interessiert ist, deren Methoden Methoden der Kulturtechnikforschung sind. Da bin ich dabei. Alle reden vom System, wir von der Meteorologie.
Ich bin eingeladen worden, weil ich eine Frage und eine These habe. Frage: Gibt es eine unbeständige Rechtswissenschaft? Antwort: Ja, das ist unter anderem die Bild- und Rechtswissenschaft, die man bei Aby Warburg findet.
These: Aby Warburg arbeitet über 30 Jahre lang an einer Bild- und Rechtswissenschaft, die um den Begriff und mit dem Begriff des Polaren kreist. Die Staatstafeln sind dazu eine Summe, die summiert und dabei summt, deren Kreisen also auch nöselt. Warburg assoziiert dort auch Kulturtechniken des Polarisierens, des Umgangs mit Polarität, mit Kulturtechniken des Verzehrens oder Verschlingens. Warburgs begreift Polarität nicht systematisch, der Begriff ist bei Warburg nicht systematisch und wird nicht systematisch verwendet. Er wird aber trotzdem durchgehend und präzise verwendet. Warburg entwickelt insoweit seine Polarforschung, aber er entwickelt sie nicht nur im Medium des Begriffs. Er entwickelt sie auch mit und durch und an Bildern, besonderen Bildern, nämlich Bildern, die Polobjekte sind (und darin sogar nur phasenweise, stellenweise Bilder).
Diese Bild- und Rechtswissenschaft kreist um Polobjekte und mit Polobjekten. Das sind Objekte, die unter anderem Achsen oder Stäbe haben können und die (damit) drehbar, wendbar, kippbar oder kehrbar sind - das sind seine Tafeln und Tabellen.
Mit Kreisen meine ich Technik, also auch Kritik. Mit Kreisen meine ich keinen Stand, aber einen meteorologischen Zustand, also auch Krise. Warburg kreist konkret: er arbeitet konkret elliptisch, tabellarisch, kalendarisch, verzettelnd. Das kann man Montage nennen, seltsame Montage, nämlich solche, die nicht nur montags stattfindet und nicht nur montiert. Sie schiebt dringend Gestelle durch Raum und Zeit, durch Denkräume, die Zeit- und Spielräume bieten - also eher Zeit schaffen als Zeit haben. Das ist eine prognostische, kreditierende, magische und mantische Montage, Montage für zukünftige Tage, auch wenn sie , gerade weil sie aus dem Vergehen des Vergangenen, aus dem Nachleben der Antike schöpft: ordinär gesagt: aus alten Sekreten und alten Digesten, die hochsteigen, wie die Scheiße in Häfen bei Hochwasser.
3.
Aby Warburg ist modern, aber nicht nur modern. Er ist auch nicht modern gewesen, ein Zeitgenosse des Unzeitgemäßen noch dazu. Er arbeitet an einer Rechtswissenschaft, die das Recht nicht darauf verpflichtet, stabil oder stabilisierend zu sein. Die Wissenschaft soll das Recht nicht darauf verpflichten, beständig zu sein, nicht darauf, systematisch oder ausdifferenziert zu sein. Er arbeitet an einer Wissenschaft, die mit Unbeständigkeit umgehen soll - auch durch Unbeständigkeit. Warburg polarisiert und übt Umgang mit Polarisierung. Er assoziiert vague und übt Umgang mit vaguen Assoziationen (die weder leer noch unbestimmt sind). Was Warburg übt, das ist, was er wahrnimmt. Wie Bruno Lima einmal gesagt hat: Warburgs erster Satz aus den grundlegenden Bruchstücken, Du lebst und tust mir nichts, das ist eine Meditation, eine Übung, eine Wahrnehmung: auch ein Singen im Walde.
Warburgs Rechtswissenschaft ist Bildwissenschaft. Warburg hat ein anderes Bild im Blick als dasjenige, das Pierre Legendre im Blick hat. Warburgs Bild soll keinen Abgrund meistern und keine Abwesenheit bewältigen. Das soll weder Garantie noch garantiert sein. Das soll Legendres Bild, der sich insoweit treu an das Dogma großer Trennung und darüber an römisches Recht, an Plinius, Cicero, an Sätze des Prätors hält. Warburgs Bild soll es hingegen ermöglichen, mit Wechsel und Verwechslung umzugehen, mit Verkehr und Verkehrung, mit einem Verzehr, der colabend sein kann, der einen verzehrt oder einen verzehren lässt. Beide schreiben gegen Mittsommernacht, zum Mittessen, aber nur Warburg auch mit dieser Nacht und um sie mitmachen zu können.
Legendres Bild- und Rechtswissenschaft ist eine aus dem Geist seines Bildes, der Sprache, der Schrift und des Buches. Warburgs Bild- Rechtswissenschaft ist eine aus den Tafeln und den Akten: aus dem Kalender des Filocalus, aus der notitia dignitatum, aus den Krönungsdiarien, aus dem Protokoll, aus dem Kommentar, aus dem Zettel, aus den Tabellen.
Kommt ihr? Zumutable wäre es!
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fabiansteinhauer · 1 year
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Studio- und Bürokratie
In der Grisaille nähert sich das Nachleben der Antike dem bürokratischen Formular auch farblich an. Ferrari ordnet die Bilder tabellarisch an. Die Szene mit dem Deuter und Schauer Laokoon ist schon eine Gerichtsszene oder Richtsszene, sie bildet hier ein Formular und eine Schicht. Die Szene mit Jesus und Pilatus ist diesem Formular eingetragen, sie sitzt der anderen Schicht auf. Das ist ein Bild-im-Bild, das nach Kemp auch als Heteroglosse angelegt ist und die Form eines Kommentars hat. Das sind so Laokoonstellen.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Kanzleikultur
1.
Man kann über Aby Warburg nicht viel Neues sagen, aber viel Altes ist noch zu sagen, vor allem, indem man es weiter wendet. In den letzten Jahrzehnten haben zahlreiche Texte Warburgs Denken, seine Techniken und sein ‚Treiben‘ hell leuchten lassen und dessen Modernität betont.
Die Rekonstruktion des Bilderatlas MNEMOSYNE hat Warburgs Projekt frisch und mit großem Gewinn plastisch neu erschlossen. Es gibt immer noch viel zu entdecken, aber es dürfte auch anerkannt sein, dass Warburg der Bildwissenschaft einen nicht zu unterschätzenden Schub gegeben hat. Ich will Warburg aber noch einmal auf eine ältere Welt beziehen, die etwas mit Rom, Staaten und Verwaltungen sowie dem Bank- und Wechselgeschäft zu tun hat, nennen wir das die römische Kanzleikultur. Cancelculture ist in römischem Kontext eine dumpfe Denunziation, weil alles an, in, durch und mit Rom auch Kanzleikultur ist und dabei nicht, wie Vismann rekonstruiert hat, ohne das Cancellieren auskommt. Mich interessiert derjenige Warburg, der aus der Kanzleikultur kommt und über Ksnzleikultur etwas zu wissen gibt.
2.
Die beiden letzten Tafeln des Atlas (78,79) bieten sich besonders an, wenn man insoweit sogar dem Rechtswissenschaftler Warburg nachgehen will. Sie bilden eine Summe dessen, womit er sich seit 1896 genauer, phasenweise und in mehreren Schritten befasst hatte. Warburg widmet sich auf den Tafeln wieder seinen zentralen Themen, dem Nachleben der Antike, dem Distanzschaffen und einer Geschichte und Theorie der Bilder. Und er schließt 1929 mit den beiden Tafeln ab, was er 1896 begonnen hatte: seine phasenweise Rechtwissenschaft, also die Phasen seiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit einem Recht, das selbst wiederum für Phasen weise ist, nämlich eine Klugheit für das Vage und Polare, mehr noch : für das unbeständig Vorübergehende, mithin für die Meteorologie entwickelt hat. Man kann und sollte diese beiden Tafeln nicht nur bild- sondern auch rechtswissenschaftlich lesen, ich werde beides versuchen, indem ich die Tafeln als Beitrag zur einer Geschichte und Theorie juridischer Kulturtechniken interpretiere. Ich nenne diese beiden Tafeln Staatstafeln.
Warburg beschäftigt sich auf ihnen mit der Restitution einer alten Idee, nach der die Kirche eine Körperschaft, eine juristische Person und sogar ein Staat sein soll[1] .
Der alte Kirchenstaat geisterte seit einem ‚katholischen Trauma‘, seit Garibaldis Truppen am 6. Oktober 1870 an der Porta Pia die römische Stadtmauer durchbrachen und Rom einnahmen, noch in den Köpfen einiger Römer. Die Vereinigung Italiens hatte etwas Unklares in Herzen und Hauptstadt hinterlassen, das man die römische Frage nannte. Die Frage lautete in Kernsätzen: Wo ist die Kirche, wo ist der Staat? Wo ist das eine Reich und wo das andere? Wo ist der Himmel, wo die Erde? Ist Rom caput oder kaputt? 
3.
Die römische Frage wird 1929 angeblich beantwortet, als der Heilige Stuhl und das Königreich Italien am 11. Februar die Lateranverträge schließen [2]  :
„Der Heilige Stuhl und Italien [haben] es für richtig erachtet [...], jeden Grund des zwischen ihnen bestehenden Zwiespalts dadurch zu beseitigen, dass sie eine endgültige Regelung ihrer gegenseitigen Beziehungen vornehmen“ heißt es in der Präambel des Versöhnungsvertrages. Die Parteien tauschen an dem Tag etwas aus, unter anderem sogar den Namen eines Staates. Der Kirchenstaat, Stato della Chiesa, immerhin schon 756 entstanden, wird ‚entfernt‘, also in eine historische Distanz gerückt. An die Stelle eines alten Gebildes tritt mit klar gezogenen Linien ein neuer römischer Staat. Der heißt seit dem Vatikanstaat, Vatikanstadt, Staat der Stadt Vatikan oder Stato della Città del Vaticano. Die Verträge sollen auch gewährleisten, dass dieser Staat an moderne Infrastrukturen angeschlossen wird, an das Wasser-, Elektrizitäts- und das Bahnnetz.
Ein Zwiespalt soll beseitigt sein. Der 11. Februar ist heute im Vatikanstaat ein Feiertag, er gilt als Gründungsdatum dieses Staates. Eine Jubiläumsedition der vatikanischen Post zeigt auf dem Bogen für vier Briefmarken den klaren und präzise Zug der kartographischen Linien um das Staatsgebiet sowie auf den gezähnten Marken das damalige Staatsoberhaupt (Papst Pius XI) und dasjenige des Jubiläumsjahres (Papst Franziskus I). Die Marken sind Zahlungsmittel, der Druck ist auch gestanzt, die Marken sind ein Ergebnis moderne Technik, sie symbolisieren aber dazu noch die ältere Technik, an Vorbilder anzuschließen.
Die Edition verkreuzt die Personen diagonal. Das Vor- und Nachbild dieser Briefmarkenedition (eines Bilderfahrzeuges) führen so die Verbindlichkeit jenes Tausches vor, den man Genealogie nennen kann. Im Tauschmanöver kreuzt sich das, was getrennt werden soll und trennt sich das, was gekreuzt werden soll.
4.
Die Parteien der Lateranverträge tauschen an dem Februartag 1929 einiges aus: wechselseitige Anerkennung, Schreiben, Unterschriften, Gebärden, Zeichen und Noten. Der Heilige Stuhl erkennt Rom als Hauptstadt Italiens an, das Königreich Italien erkennt den Vatikan als souveränen Staat und die Souveränität des Heiligen Stuhls an, erklärt den katholischen Glauben zur Staatsreligion und verpflichtet sich in einem Finanzabkommen, Guthaben des Heiligen Stuhls abzugelten. Man soll in Bezug auf diese Verträge alle Einzelheiten unterscheiden, sonst sind sie nicht zu unterscheiden, normative Vorgänge stehen insoweit unter einem gewissen, auch graphischen Wiederholungszwang.  Man kann die technischen und normativen Operationen mit dem lateinischen Verb fingo/fingere bezeichnen, das meint dann nicht unbedingt erfinden, das hat vor allem Yan Thomas in dem Text fictio legis herausgearbeiten. Das Fingieren zählt Thomas nicht zu den Handlungen, nicht zu dem, was in intentionalen Ausführungen aufgeht, sondern zuden Operationen oder Operationalisierungen, also zu einer Technik, die Material aufsitzt und an Material ansetzt. Yan Thomas geht so weit, Rom als das Empire der Fiktion zu bezeichnen, also als etwas, dessen Voraussitzungen (sic!) limitiert empirisch sind. Ausdenken ist damit insoweit gemeint, weil das Fingieren, organisch oder nicht, mit oder ohne Apparate, hantiert.
Fingieren berührt etwas, zieht etwas durch und konturiert etwas, selbst wenn es nur Konturen oder andere Linien nachzieht. So schreibt man Verträge  und Gesetze, zieht mehr oder weniger gründliche Linien um ein Gebiet und gründet damit Staaten. Ausdenken heißt insoweit, dass das Denken ausgestaltet wird und erfinden heißt, dass Spuren effektiv werden: Etwas wird in Form geladen. Fingieren ist Formladung, die Form wird geladen, weil sie von woanders herkommen muss, sie wird nicht das erste mal auftauchen, sondern von woanders herkommen. Sie wird Reproduktion sein. Die Form wird geladen, weil ihre Bewegung in sie eingeht. Wo die Form sich setzt oder stellt, wird die Bewegung nicht gestillt, nur geladen. Auf der Ebene des Fingierens sind Technik und Dogmatik auch in der Moderne Synonyme. Fingieren ist in diesem Sinne auch in der Moderne eine elementare juridische Kulturtechnik.
Noch einmal verdoppeln Gesetz- und Bildgeber im Februar 1929, quasi in Anwesenheit von Gertrude Bing und Aby Warburg Rom, sie lassen dort eine geistliche Macht und da eine weltliche Macht erscheinen. Sie ziehen auch eine Linie durch Rom, wie die Gründungslinien, die im römischen Recht pomerium heißen. Neben Mommsen oder Vismann, die auch diese (choreo-)graphischen Vorgänge als Teil römischer Verwaltung begriffen, ist es insbseondere Leon Battista Alberti, der eine präzise Beschreibung des pomerium gelieferthat: unter umwegigem Rückgriff auf antke Quellen, aber der Umweg ist die Technik, zumal die, die Antike auch dann nachleben lässt, wenn sie in schwachen oder niederen Bildern auftaucht, also solchen Graphismen, denen der Status des Bildes nicht so schnell zuerkannt wird.
1929 durchtrennen die Parteien der Lateranvertäge etwas, auch die heilige und ewige Referenz Rom, sie kitten die Referenz damit aber auch, sie bleibt intakt. In Art. 1 des Konkordates versichern sich die Parteien des heiligen Charakters der ewigen Stadt und erneuern jenes pastorale, polizeiliche und höfliche Schutzversprechen, das die Verstaatlichung des Glaubens schon lange begleitet:
“In considerazione del carattere sacro della Città Eterna, sede vescovile del Sommo Pontefice, centro del mondo cattolico e méta di pellegrinaggi, il Governo italiano avrà cura di impedire in Roma tutto ciò che possa essere in contrasto col detto carattere.”
Dieses Versprechen wurde gebrochen.
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[1] Strittig, vgl. u.a.  Johannes 18,36; Erasmus von Rotterdam, Julius exclusus e coelis, Cambridge 1517; dt. Papst Julius vor der Himmelstür, Mainz 2011
[2] Die bestehen aus dem Versöhnungsvertrag (Trattato fra la Santa Sede e l’Italia), einer Finanzkonvention (Convenzione Finanziaria), einem Konkordat (Concordato Fra la Santa Sede e l’Italia) sowie dem Annex, ein Kartenmaterial zum Gebiet des Vatikans und von Immobilien im Stadtgebiet, die teilweise das Privileg eines exterritorialen Gebietes erhalten.
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fabiansteinhauer · 1 year
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Das Nachmachen der Antike
In einem von Warburgs Zettelkästen finden sich Mitbringsel von der Reise nach Rom. Ein Schnipsel zeigt ein Doppelbildnis , wie es im römischen Verwaltungsrecht der notitia dignitatum nach, etwa auf dem kalamarion (einem Tintenfass oder einem Federhalter) dem Kaiser reserviert war. Für diese Reservierung gibt es mehrere Thesen. Die notitia dignitatum kommt aus einer Zeit, in der Rom schon nach West und Ost geteilt ist und das kaiserliche Amt darum verdoppelt und gespalten ist. Eine andere These sagt, dass Doppelung und Spaltung das Prinzip der Referenz, der Repräsentation, eines Symbols und einer Norm sei, dafür stehe das empirische und kaiserliche Amt ein. Warburg, der auf Tafel 79 vage oder murmelnd an den Gründungsmord der faschistischen Diktatur erinnert, bringt Zeugnisse der monarchischen und diktatorischen Regierung mit.
Warburgs Vorstellung von Nachleben hängt an dem, was mit dem Begriff Technik übersetzt und mit Mimesis assoziert wird: An einem artifiziellen, künstlichen, künstlerischen oder kunstvollen Vorgang, der 'referenziert', Referenzen kopiert, imitiert oder nachahmt oder nachmacht. Nachleben ist keine natürliche Angelegenheit. Warburg spricht vom Nachleben der Antike, nicht vom Nachmachen der Antike. Aber in beiden Fällen wählt er schon in der Formulierung einen Genitiv, der offen hält, wo die Aktionen und die Passionen sitzen. Sowohl im Bild als auch den Personen können sie sitzen. Man kann die Formulierung so lesen: sie, die Antike, würde nachleben. Man kann sie auch so lesen: Wir würden sie nachleben. In beiden Fällen wird Warburgs Vorstellung Teil seiner Polarforschung und Teil seiner Geschichte und Theorie des Vagen, das bei ihm aber nicht unbestimmt oder leer, sondern verschlungen und verschlingend ist. Da ist das Verhältnis zwischen dem Subjekt und dem Objekt polar bewegt und vage. Dieses Verhältnis ist ein technisches, normatives, symbolisches, protokollarisches, diplomatisches Verhältnis: es ist 'distanzgeschafft' und nachgemacht.
Wenn man die Staatstafeln nutzt, um daraus eine Bild- und Rechtswissenschaft zu extrahieren, die sich für juridische Kulturtechniken interessiert, also für die Frage, wie das Wissen des Rechts übertragen und geteilt wird, dann rückt neben dem Distanzschaffen das Nachmachen in den Fokus der Aufmerksamkeit. Distanzschaffen plus Nachmachen gleich Referenzieren: das könnte eine Gleichung sein.
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