#vergleichende meteorologie
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Neue Meteorologie
1.
In seinem Buch über den roten Faden beschäftigt sich Oliver Precht mit Maurice Merleau-Ponty, dessen berühmte Schrift über das Sichtbare und das Unsichtbare zur Literatur des Bilderstreites in der Moderne gehört und dessen 'Bild des Bildes' (einem Modell oder einer Hyperreferenz für die Bild- und Rechtswissenschaft) u.a. Lacan, Legendre, Descola und Sommer geprägt haben. Precht kommt allerdings nicht gleich auf Merleau-Ponty zu sprechen, sondern zuerst auf Bruno Latour und dessen Begriff der kritischen Zone, damit auf ein Feld, das man neue Meteorologie nennen kann.
Die drängenden Änderungen, die wahrzunehmen sind, kann man in so einer kritischen Zone verorten, zu der zwar die Fäden gerissen sein sollen, etwa weil das Denken und Wissen sich an Vermeidungen einerseizs, Erhalt und Verteidigung von Errungenschaften gegenüber imaginiert anti-modernen Feinden andererseits orientiert hat. Die vorbildlichen Beispiele solcher Vermeidungs- und Verteidigungsdiskurse können schnell wie elegante und doch bleierne Reitstiefel auf dem Atlantik wirken.
Latour hat die erwähnte Gerissenheit (die verzaubernd wirken kann, weil sich mit ihr die Leute selbst für gerissen, in dem Fall mit Witz Konfrontationen umgehend, halten) am Beispiel der Trennung von Natur und Kultur beschrieben. Precht erinnert im Prolog seines Buches daran, dass diese Trennung nach Latour nicht als unüberschreitbarer Horizont gedacht werden sollte, das ist Teil von Latours Kritik am Dogma der großen Trennung. Das Verhältnis zur Natur sollte insoweit auch nicht als Beherrschung gedacht werden. Es sollte als als "Verflechtung" gedacht werden. Noch ein Vorschlag fällt einem ein, mit Nietzsche gesprochen: man kann diese Trennung, wie jede Trennung, als Verhäkelung denken, als Vorgang, der nicht glatt geht sondern Haken hat, weil so eine Trennung Teil jener Kooperationen bezeichnet, die widerständig und insistierend sind. Der Faden ist gerissen: die Leute haben sich und alles mögliche neben sich so konzipiert, als seien sie aus dem Kosmos ausgestiegen und haben sich derweil in 'lebensgefährliche Illusionen verstrickt'. Es ist, also seien wir jetzt nicht Ripley, sondern die Aliens, die zwar bei aller wütenden und übermächtigen Zerstörungskraft am Ende doch alle regelmäßig von Ripley vernichtet werden.
2.
Precht setzt also an Latours Auseinandersetzung um die von ihm sog. kritische Zone an. Der Mensch ist ein von Natur aus phantasiebegabtes, aufsitzendes Wesen, das auch mit Illusionen eine, wenn auch unsichere und limitierte Zukunft hat. Die Leute leben und sprechen asymptomatisch. Spätestestens ab dreißig oder aber ab dem Tod von Zeitgenossen nämlich so, also hätten sie überlebt und als sei das Merkmal des Überlebens zu ihrem Wesen geworden, ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Zur Herausforderung wird so etwas aber erst mit dem Aufbau monumentaler Aporien - und man kann sagen, dass Precht einer der faszinierenden Schreiber ist, die wie Ameisen daran arbeiten, Aporien in Passagen zu verwandeln. Precht ist einer der Importeure und Übersetzer der Schreiben zur Anthropofagie in Deutschland, er hat u.a. das anthropofagische Manifest von de Andrade übersetzt, herausgegeben und in rechtstheoretischer Hinsicht kommentiert, hat den kannibalischen Metaphysiker de Castro übersetzt und kommentiert. In dem Buch zum roteen Faden beschäftigt Precht sich nun mit einer Ästhetik, die jenseits der deutschuniversitären Systemphilosophie und ihrer Fokussierung auf Kant und dessen Modellen des Urteils liegt. Die spielen heute zwar in originellen und witzigen Verklammerung zwischen Karlsruhe und Transzendentallogiken auch noch eine Rolle, etwa in Sabine Müller-Malls Überlegungen zum Verfassen und Passen (aus dem Anregungen zum Passieren und Durchgehen folgen). Aber die Welt ist mulitplizit - und Precht bringt eine andere Ästhetik ins Spiel, die zeitlich nicht zu Ruhe in Karlsruhe und zu dessen transzendentallogischen Stützen und Zeitspannen zu passen scheint, aber: das ist eine, die Frage.
3.
Precht spricht in Bezug auf Merlau-Ponty von einer Metamorphose der kritischen Zone, die man bei dem französischen Phänomenologen finde und die man dort in eine sublunare Sphäre (davon weiß die alte Meteorologie) und ein supralunares Universum unterscheiden können. Das, so würde ich sagen, ist der Kosmos der neuen Meteorologie. Die Publikationen fallen gerade vom Himmel wie Starkregen oder sprießen hervor wie Pilze im Bergell im Oktober: Oliver Prechts Must-Read, sein neues Buch, das aus der Bezeichnung der Politik gleich auch in eine Betrachtung juridischer Kulturtechniken zu übersetzen wäre, die wahrnehmen und (aus-)üben lassen. Dann flattert auch noch Georges Didi-Hubermans Text über Mareys Windtunnel-Photographien auf den Tisch, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, und zu den Bildern gehören, die so drängend Regung und Bewegung durchgehen lassen, dass sie Warburgs originellen Überlegungen zum römischen Recht nahe kommen (bei dem venditio als actio/Verkauf und als Tosen/ Getöse erscheint). Die neue Meteorologie ist eine andere alte Meteorologie - und ihr Horizont dämmert in genau der Zeit, die Latour mit dem Ausstieg aus der Kosmologie verknüpft, also in der Hochphase der Moderne.
4.
Naturen fassen, so wie die Hunde und andere Gefährten es tun, das heißt, dass dieses Fassen Teil jener Kooperationen bildet, die widerständig und insistierend sind - und damit auch in jenen exzessiven Reflexionen auftauchen, die man noch mit beissenden Reflexen, mit und gegen Pawlow, assoziiert. Johan Host arbeitet an der Verfassung des Natürlichen. Überlegungen dazu, wie Naturen fassen sollen oder wie man sie fassen soll, können nicht als Widerlegungen oder Einsprüche gegen die juristischen Methoden des Verfassens das u.a. in (klassisch-modernen Versionen bei Sabine Müller-Mall) mit einer Hierarchisierung von Normen, Souveränität, Beherrschung oder aber in den fantastisch verzweigenden, postmodernen Entwürfen bei Teubner mit evolutionären Errungenschaften, zuwachsenden (vermehrten und vergrößerten) Wissensbeständen und Denkräumen (Komplexitätszuwachs und Differenzvermehrung), ebenfalls mit Exzessen und Mängeln assoziiert ist. Sie können allerdings parasitär, dienend und servierend operieren. Fassungen sind Versionen, deren Drehung und Verdrehung nur da stoppt, wo ein dialektisches Bild, eine Konstellation, ein Bewegtbild oder ein Bild, durch das Regung geht, Aporie und Passage stellt. Fassungen stocken oder winden sich anhaltend wie diejenigen, die nach den Leuten schauen, weil an denen immer etwas absteht, die Haare, Ohren, Fäden oder ein Knopf.
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Alienation
Recht als Verfahren ist, kulturtechnisch betrachtet, Kunst als Verfahren, schon weil das Recht nach römischen Institutionen die Kunst der Vergütung und Veredelung, des Gutmachens und Passierens ist. Ein historisches und theoretisches Grundlagenwerk dazu ist ein Film, den das Kollektiv Kuleshov 1926 am Rande von Moskau als einen letzten Revolutionsfilm gedreht hat. Walter Benjamin nennt diesen Film, dessen 'Premieren' (erste Aufführungen) er in Moskau sieht, in seinen Notizen Nach dem Gesetz. So ist der Film in Deutschland bekannt. An drei Drehbuchversionen hat Viktor Shklovskij geschrieben. Meine These lautet, dass dieser Film als Institution, nämlich wie das Manual eines Rechts, das verfahren soll, betrachtet werden kann. Mit filmischen Mittel schärft und präzisiert das Kollektiv Kuleshov, zu dem Shklovskij gehört, die Vorstellung von Recht, Kunst und Verfahren. Der Film ist ein letzter Revolutionsfilm, nicht der letzte Revolutionsfilm. Nicht einmal für die Revolution, deren Name Oktoberrevolution sein soll, ist das der letzte Revolutionsfilm. Das ist ein Revolutionsfilm des Jahres 1926, eines Jahres, in dem für längere Zeit, nicht für immer, so ein Film das letzte Mal möglich erschien. Das ist ein bürgerliches Kammerspiel, ein Schneewestern, ein (Natur-)Katastrophenfilm und ein Courtroomdrama.
Die Szene ist an einer Grenze, die gleichzeitig einen Pol bildet, an dem Osten in Westen kippt, die früher russisch und heute amerikanisch sein soll. Diese Grenze fließt, treibt und reißt in dem Film, sie heisst in der indigenen Sprache Yukon. Das klingt nicht nur so ähnlich wie sakon, es soll auch so übersetzbar sein, also bezeichnen, was auch der Begriff sakon bezeichnen soll und was man weiter mit Nomos oder Gesetz bezeichnen kann. Es bezeichnet allerdings auch eine Stelle hinter dem Pferd, nicht nur einen Zaun, sondern auch einen ziehenden Fluss. Schon im einsprachigen Wort passiert Übersetzung, da machen weitere Übersetzungen auch nicht fett. Dieser Film ist in dem Sinne auch bewegte und bewegende Anschauung oder Theorie der Revolution und des Gesetzes.
An diesem Projekt habe ich bis 2018 intensiv gearbeitet, bis schließlich erst eine Gastprofessur in Brasilien und dann das Projekt zu Warburg in den Vordergrund rückte. Das Projekt verlangt auch weitere Archivrecherche in Russland, speziell in Moskau und St. Petersburg. Das Projekt schlummert, es ist nicht abgeschlossen. Unter anderem ist das Projekt auch Teil einer Kritik des Eigenen und Eigentümlichen. Zum Kontext des Projektes lohnt es sich, in die JZ zu schauen, da hat Ino Augsberg einen Aufsatz methodisch verfahren veröffentlicht, der aus mir nahem Forschungsinteresse geschrieben ist.
#geschichte und theorie os#vergleichende Meteorologie#nach dem gesetz#kunst als verfahren#recht als verfahren#pantheon
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Wissenschaft vom Regen
Ceci n'est pas Patti Lateranensi. Aber immerhin ist das Patti Smith [mum is punk] und Patti Smith ist mehr oder weniger heimlich eine Heldin aller Polarforscher, weil sie selber Polarforscherin ist, tapfer und mit lyrischen Mitteln.
Ich gehe davon aus, dass nicht nur austauschbar ist, was das Recht sein soll. Ich gehe auch davon aus, dass alles dasjenige, was als Recht erscheint, dank technischer Manöver erscheint, die mit einem Austausch, einem Wechsel, einer Übersetzung oder einer Versetzung einhergehen. Das Manöver stellt etwas, unter anderem so, als sei es Recht - und unter dem Dogma großer Trennung filtert es dabei etwas so, als sei es Recht und nur Recht und nicht mehr etwas anderes als Recht. Was als Recht gestellt wird, das ist in dem Sinne eine Verstellung, Kontrafaktur oder eine Fiktion. Etwas wird im Vorgang gekreuzt, das ist wie ein Verschlingen. Im Bildrecht lässt sich das besonders deutlich beschreiben: Man verwendet Bilder, allein schon der Streitgegenstand ist ein Bild, der Prozeß ist theatralisch und volle Bilder, das Gesetzbuch hat ein Schriftbild - und am Ende sind die Bilder so verwendet, als ob das moderne Recht bildfrei wäre. Die Verwendung der Bilder ist wörtlich zu nehmen, man wendet sie ins Unbildliche. Hier wird eine Grenze des Recht gekreuzt, weil gleichzeitig das Recht darüber definiert wird Text zu sein, man aber dennoch an und mit Bildern arbeitet. Gekreuzt wird in einem weiteren Sinne: Die Bilder werden durchgekreuzt, cancelliert um einen Begriff von Vismann zu verwenden. Gekreuzt wird auch so, wie es Spencer-Brown in seinem Formenkalkül nahelegt, denn man operiert mit der (Rechts)Form, wechselt dabei in der Unterscheidung die Seite der Form. An Bildern kann man das beschreiben, es gilt aber für alles das, an dem Recht exerziert. also wahrgenommen oder ausgübt wird und das dennoch kein Teil des Rechts sein soll, sei es Fleisch, Religion, Wohnblock, Algorithmus, Pilz, Verkehrunfall, Derivat, eine Transaktion, ein Geschäft oder eine Jeans aus Pakistan, die in Duisburg auf dem Müll landet und auf ihrem kurzen weg durch die Welt eine Reihe von Rechten aneinandergeraten lässt.
Man kann die kulturtechnische Operation analytisch zergliedern, in ihr eine Trennung, eine Assoziation und den erwähnten Tausch beobachten. Diese analytische Zergliederung ist kunstvoll, damit auch künstlich, auch wenn man kaum sagen kann, dass alle drei Operationen in Wirklichkeit eine Operation seien (schon weil die technischen Elemente in ihrer rekursiven Anlage keine kleinsten Elemente sind und sie immer aus einer Zusammensetzung dessen bestehen, was sie selber sein soll). Schon am Begriff des Rechts kann man die kulturtechnische Konditionen beobachten, wenn man diesen Begriff auf eine Referenz festlegt. Schon das ist eine Verwechslung und sie läuft ein bisschen so, als würde ein Schiedsgericht ein falsche Teekesselchen aussondieren, um ein richtiges Teekesselchen präsentieren zu können. Man halbiert einen Begriff, wenn man sagt, von welchem Begriff er abstammt und von welchem er nicht abstammt, präsentiert diese Hälfte dann aber als Ganzes.
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Retraite
Im Garten der Schreib- und Leseretraite gehen die Sommerferien dramaturgisch spektakulär dem Ende entgegen. Am Ufer des Inn bilden sich, wie pubertär noch linkisch, die Eiskristalle unsymmetrisch. In der Nacht lässt ein Schneegewitter das Tal bereits vibrieren. In den Alpentraum huscht ein Topf Käsefondue und vergießt dabei keinen Tropfen. Warte Topf, warte! Noch bin ich nicht so weit.
So wurden es dann doch Dreijahreszeitenferien.
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Leute betreten eine Fabrik
1.
Heute ist die Fabrik ein Haus aus Stein in Frankfurt. Ich warte auf Roberto Ohrt und Axel Heil, um über Warburgs Staatstafeln zu sprechen - und um gemeinsam zu überlegen, welche Buchform man dem Projekt geben kann, das nicht notwendigerweise ein Buch sein muss, aber in Buchform übersetzt werden kann. Die beiden im Film, das sind sie noch nicht, weder der richtige Ohrt noch der pünktliche Heil. Bald, aber bald kommt die stillend geballte Zeit, dann kommen auch sie, der richtige Ohrt und pünktlich' Heil. Dann kennt uns keiner mehr hier: wir sind dann entfernt, aber nicht weg, nur im Gespräch über Warburg vertieft.
Für eine rechtstheoretische Arbeit gebe ich einen besonderen, keinen allgemeinen Rat, der in seiner Besonderheit aber einem allgemeinen Rat von Armin von Bogdandy diametral oder diagonal entgegensteht: Armin von Bogdandy rät dazu, nicht in fremde Disziplinen sich einzumischen, man renne eh nur hinterher und könne als Jurist nie soviel in fremden Disziplinen wissen, wie die Fremdisziplinierten. Armin von Bogdandy geht allerdings auch davon aus, dass die Juristen über andere Dinge als Recht nichts wüßten, ein Gedanke den man öfters trifft, immer wieder heißt es, Juristen seien keine Medienwissenschaftler, keine Evolutionstheoretiker, sie wüßten nichts von Bildern oder Körpern, von Fabriken oder Bällen und Fröschen, andere wüßten da mehr. Seltsame Idee, fragwürdige Einstellung.
2.
Mein Rat, der dem Beispiel von Cornelia Vismann folgt ist ein anderer. Disziplinbildend arbeiten, sich immer seine eigene, notfalls vorerst namenlose Wissenschaft entwickeln, also so arbeiten, dass man als Jurist noch das Feld für die Anderen und Fremden mitbestimmt. Man muss über Warburg eben so arbeiten, dass man nicht nur zu Ohrt und Heil fahren muss, sondern Ohrt und Heil auch einmal zu einem kommen müssen. Wenn man als Jurist über Aby Warburg nicht so arbeitet, dass die Warburgforschung davon etwas irrisiert (sic!) kann, dann soll man es gleich lassen.
Der Rat folgt aber auch schon aus dem Gegenstand: Einem Recht, das Bild ist und einem Bild, das Recht ist. Mein Gegenstand ist ein Gegenstand, der von Anfang an geteilt und gespalten ist, der von Anfang an ein Grenzobjekt und boundary-object ist, seitdem es Wesen gibt, die Bilder nehmen und geben. Von Anfang an hat zwar die Rechtswissenschaft von Bildern etwas gewußt, musste sich aber dieses Wissen von Anfang an mit fremden und anderen Leuten, Laien, anderen Disziplinen, kriminellen und legalen Gottheiten, Häretikern, Magikern, Sternendeutern, Computisten und Protonotaren teilen.
Ich arbeite nur zu Recht und Bild, darum kann ich nicht genau sagen, ob das nicht bei allen Objekten so ist, zu denen Juristen das Wissen behaupten wollen. Beim Bildrecht/ Rechtsbild kann ich aber meine Hand dafür ins Feuer legen, dass es keine andere Chance gibt, als sich auf die Teilung und Spaltung des Gegenstandes einzulassen. Armin von Bogdandy hat in einem Punkt Recht: einen Lehrstuhl bekommt man an juristischen Fachbereichen in Deutschland damit nicht. Wer aber einmal als Forscher auf eine wohlgesonnene und milde Loyalitätserpressung hereinfällt, der fällt immer herein und wird nie ein Chef, der dient dann immer den anderen Weltbildern. Und die Welt ist größer als ein Lehrstuhl. Überall stehen zum Beispiel Klappstühle, die immer republikanischen Nachfolger der kurulischen Wagen- und Richtstühle rum.
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Containerwissenschaft
Alles Kasten, alles Kisten, alles Form. Was in Bilder steckt? Kisten, Kästen, Zettel, Formen. Sie stecken ja selber drin, also steckt's auch in ihnen. Am besten gefällt mir an Zettelkästen, in denen auch Kästenzettel auftauchen können (weil sie wendig sind), die vergleichende Meteorologie: Schneit's heute? Oder morgen? Wem schneit's heute schon wieder? Merci für jeden Zettel, der verzettelt.
You may contain me, you contain the war.
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Klo senior und Klo junior
1.
Auf den Spuren der Klossowskis, das heißt unter anderem: wir schauen uns das Haus und den Garten von Erich Klossowski in Sanary-sur-Mer an. Erich war eine Art Architekt, eine Art Schneider, eine Art Dramaturg. Klossowski hat nämlich gezeichnet, gemalt, montiert, Theaterbühnen dekoriert und nebenbei noch Pierre Klossowski und Balthasar (Balthus) gezeugt. Sanary-sur-mer ist nicht unbedingt ein Urlaubsort, das ist ein kleines Städtchen an der Küste, das über das hinaus, was alle kleinen Städtchen so haben, noch Strände hat. Im Grunde genommen wie Rio de Janeiro, nur wesentlich kleiner (denn Rio ist auch kein Urlaubsort sondern eine Großstadt, die hat, was Großstädte eben so haben und dazu noch Strände).
Reiche Leute aus Marseille haben in Sanary ihre Villa, das heißt das Haus vor den Toren der Stadt. Keine Superyachten, Segelboote ankern hier. Hier hatte Erich Klossowski so lange Zuflucht gefunden, bis auch der Ort durchkämmt und er interniert wurde. Monsieur Klo lebte hier mit Hilde Stieler, beide kehrten nach dem Krieg nach Sanary zurück, er starb hier 1949, sie 1965. Die Leute hier ehren ihr Andenken, denn durch sie habe ich das alles erst erfahren.
2.
Pierre Klossowski schreibt u.a. einen Kommentar zu Bachofen, das ist der Text: Kultische und mythische Ursprünge gewisser Sitten der römischen Damen. Friedrich Balke hat in mehreren Texten zu den Gesetzen der Gastfreundschaft (einem weiteren Buch von Klossowksi) Klossowskis Beiträge zur Bild- und Rechtswissenschaft kommentiert, Methode: Gute Kunst muss verbessert werden, scharfe Passagen müssen weiter geschärft werden, Dichtes muss verdichtet werden. Ein fulminanter Text in der Schriftenreihe von eikones ist zu einem Instantklassiker der jüngeren Beiträge so einer Bildrechtswissenschaft geworden. Klossowski schreibt frenchgerman legal theory, also gelehrte und unbeständige Rechtstheorie, die nicht unbedingt in den Dienst des Rechts gestellt wird.
Der Text über die römischen Damen ist, weil das ein Kommentar zu Bachofen ist, auch ein Beitrag dazu, wie Savigny mit seinen Arbeiten anderen den Kopf, offensichtlich mit bezaubernden Effekten, verdreht hat, denn Bachofen wurde bei Savigny ganz fiebrig. Die Ausschweifungen, von denen geschrieben wird, kreisen in den Schreibern weiter, auch so etwas ist einerseits Effekt einer umwegigen Lektüre, die dank und durch die Umwege eine technische Lektüre ist. Anderseits ist es auch ein Effekt des Nachlebens der Antike. Vielleicht ist das Nachleben der Antike technisch oder artifiziell. Auf jeden Fall ist im Mythos von Exzessen die Rede, von ausschweifenden römischen Damen, dann liest man davon bei Bachofen, dann auch bei Klossowski - und ihr Schreiben selbst wird ausschweifend.
3.
Da wo Schweife sind, wo etwas schweift, sei es nun ausschweifend oder weitschweifig, da beginnt das Feld der Meteorologie und, nach Dürer, der Melencolia (von demjenigen, das eine Welt im Rücken hat/ das eine Welt hat, die rückt und das insofern immer das hat, was ihm fehlt).
Der bildrechtswissenschaftliche Kern dieses Textes liegt in der Auseinandersetzung mit der Archäologie des Mythos und mit dem, was Klossowski ein simulakrum nennt. Ich möchte daran erinnern, dass Sitten auch Trachten und Trachten nicht nur folkloristische Kleidungstücke sind. Trachten sind auch Trakte, Träger oder Trajekten: Formen, die gezogen sind und durch die ein Zug geht, die darüber hinaus plastisch (also Körper) und bewegt sind, durch die damit auch eine Regung/ ein Regen geht. Die Sitten sind nicht einfach Verhaltensweisen, die idealerweise in satzförmigen Regeln zu fassen wären.
Die Archäologie des Mythos ist auch eine Archäologie des römischen Recht, Bachofen hat bei Savigny gelernt. Was Savigny ( z.B. in kurzen Pointen) anstösst, will Bachofen zu einem System ausbauen. So veröffentlicht er 1861 das Mutterrecht, das ein systematisches Buch sein soll (und eine der Geschichten entfaltet, mit denen aus Matriachaten Patriachate sich entwickelt haben sollen). Klossowski wiederum destilliert daraus Elemente, die scharfe Figuren für eine Bildrechtswissenschaft bringen. Neben dem Begriff des simulakrum sind das zum Beispiel Passagen zu 'Stadien' der Geschichte, die Klossowski mit Distanz zu den evolutionären Annahmen (so aber mit Affinität zu einem Formenkalkül) schildert. Was bei Bachofen drei evolutionäre Stadien der Geschichte sind, wird bei Klossowski als Form einer Schichtung (und als Schichten einer Form) lesbar, mit der sich das Dogma der großen Trennung entwickelt. Die Wesen werden in Stadien, in Schichten einer sedimentären Geschichte, Götter, anthropomorph und fangen an, die Geschlechter so zu teilen und zu übertragen (sich so zu reproduzieren), wie es in den Gesellschaften und Stadtstaaten die Menschen machen sollen. Klossowski arbeitet dabei eine Ambiguität heraus, die bei allen doppelgesichtigen Göttern ins Bild kommt und damit seit der Antike, besonders wieder im Humanismus, mit dem Janus, der Prudentia und der Iurisprudenz assoziiert wird. Klossowskis Schilderung legt die Idee nahe, dass diese Doppelgesichtigkeit eine Affinität zu der Stratifikation/ Schichtung hat, die in juridischer Kulturtechnik (Rhetorik), über die enge Verknüpfung zwischen den 'drei Stilen' und dem decorum hat. Das decorum soll sich in drei Stilen entfalten (entweder hoch oder niedrig oder in mittlerer Lage), hat in dem Sinne zwei ausschlagen Pole und ist damit Verarbeitung einer Verdoppelung, die ambigue, wendig und windig bleibt. Anders gesagt: die doppelten Gesichter des Janus, der Carne, der Cardea, der Prudentia und anderer römischer Wesen markiert unter anderem auch den Blick auf zwei Pole, die mit rhetorischen Institutionen konnotiert sind.
Simulakrum: Beitrag zur Geschichte und Theorie dessen, was u.a. auf einer internationalen Konferenz in Hongkong im Dezember als legal imagineries verhandelt wird.
Dazu ist sehr, sehr viel zu sagen und zu fragen, aber darum forschen wir auch am MPI für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie auch die Bildrechtswissenschaft.
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Haikuss
Die Bockenheimer Treppe steht.
Im Wasser fliesst was.
Unter dem Schirm gibt eine jemandem einen Haikuss.
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Via fundgruber und noch
Schieß- oder Scheißsturm
1.
Das Personal des Shitstorms, einer Untergattung des Bildersturms (der Shitstorm ist der Primark-Jogginganzug unter den Bilderstürmen), rekrutiert sich u.a. aus den Agenturen der Öffentlichkeitsarbeit. Aus der Sicht der Geschichte und Theorie des Bilderstreites ist das freilich selbstverständlich, weil Bilder in dieser Perspektive nur dadurch wahrgenommen werden, dass sie bestritten oder gehändelt werden.
Bildakte sind dort keine einseitige Aktion, keine einseitige Deklaration. Bildakte sind/ ist das, was auch historischer Begriff für eine Akte ist: ein Händel(n). Ein Händel(n) ist eine mehr oder weniger wilde Ökonomie und mehr oder weniger zahme, schwer zu bändigende Ökologie, mehr oder weniger explizit damit auch Meteorologie. Bilderstreit ist ein gewagtes Geschäft.
2.
Das Personal des Kampener Pfingstwunders, dem Frühlingsshitstorm von der Nordsee 2024, kam aus der Welt des professionellen Kommunikationsnachwuches, sagt man. Madame 'the shitstorm is now and i finally found the perfect recipe for it' sei gleich von der PR-Agentur, für die sie in einem ihrer Jobs versiert arbeitete, entlassen worden. Ihre Partei zeigt sich solidarisch den Solidarischen und leitet ein Ausschlussverfahren ein. Die Gefühle der Katholiken seien verletzt, sagt ein Sprecher der Kirche. Meine Gefühle, so übersetze ich sündenbeladenes Katholiklein und ich einfacher Arbeiter am Komödienberg des Herrn diese Anmerkung, die ebenfalls aus der Welt der PR- Agenturen zu kommen scheint, sind passioniert. Sie wogen auf und ab, branden lange schon an, wie unter anderem seit dem Moment, an dem ich erfahren habe, dass wir unseren Gott ans Kreuz geschlagen haben und seitdem jede Woche mindestens einmal ihn verzehren.
Es gibt zwei Schichten im Milieu des Shitstorms: diejenigen, die nichts zu verlieren haben und die darum wie immer die Avantgardisten in diesem Bereich sind. Nicokado Avocado (Schreibweise ungewiss) würde ich dazu zählen. Ganz und restfrei richtig bezeichnet man ihn als Internetstar. Diese Figuren treiben die krassen Formate aus, senden Tag und Nacht aus ihrem Kinderzimmer und von anderen sozialen Brennpunkten. Von Orten aus, die ihnen nicht gehören, nutzen sie das Ungehörige, von da aus entwerfen sie Besessenheiten und nutzen jede Attraktion, die Scham bietet, als Ressource für ihre Formate. Senden, sehen, suhlen: eins. Sie feiern das Pubertätsformat in Reichweiten, von denen wir früher keine Albträume bekommen hätten, weil solche Reiche in unsere Träume überhaupt noch nicht einfielen. Dann gibt es diejenigen, die was zu verlieren haben. Die bringen die Form nicht voran, sie agieren so, wie manche es von Vater Bach sagen: sie vollenden sie. Dazu gehört die Eidgenössin, nach der man den aktuellen Endsommershitstorm 2024 benennen kann.
Sie stammt aus einem Milieu, das noch jung ist und alles total super findet, es sei denn, dass es total faschistisch ist. Dieses Milieu hat das sog. finish (gemeint ist nicht das Ende, sondern das, was Produkte haben) einer NetflixSerie oder einer von HBO, wenn dort Hollywoodstars mitspielen. Dieses Milieu ist total offen und ganz gespannt, wie das sich entwickelt oder aber wird. Ein Problem dieses Milieus ist, dass es noch Jüngere gibt, die zwar nicht alles total finden, dafür aber total faschistisch sind. Dagegen kämpft dieses Milleu, zum Beispiel in der Organisation kleiner 5 oder aber Operation Libero. Man vergisst ja manchmal, dass das sorgfältig gepflegt Reizende alle reizt, auch die Ungepflegten und die zwar besorgten aber dabei unsorgfältigen Bürger. Eine Zutat des perfekten Shitstorm, der ohnehin zu den Ereignissen gehört, die sich umso gewaltiger entfalten, desto unbedeutender der Anlass ist: in augendienerischer Angelegenheit muss gestolpert werden. Ein Mord macht keinen Shitstorm, wie Oma Hanna immer sagte.
Der liebe Gott steckt im Detail: im deutschsprachigen Raum ist der Amoklauf der Welt der Sportschützen affin und die Welt der Sportschützen ist durch die tragischen Katastrophen wiederholt dem Amok assoziiert worden. Der Welt der Jäger und Förster ist die Welt des Amok weit entfernt, am Ventil des Blattschusses allein wird das nicht liegen. Jäger und Förster benutzen die Pistole im Bild nicht. Sportschützen benutzen sie gerne.
3.
Inzwischen gibt es Bücher zum Influencerrecht, also dem der Flünzer und Fleusen, die man Influencer nennt. Man flaggt das als Rechtsgebiet aus. Wer weiß, nachdem es eine Medienverfassung und eine Digitalverfassung geben soll, gibt es vielleicht auch eine Influenceverfassung. Ich feile derweil eher am Recht des Bilder- und Scheißsturms.
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Einbetten
Die Einbettung ist ans Bett nicht unbedingt gebunden, nicht unbedingt daran gebunden, die Norm als Bett und die Regel als Regula zu verstehen. Man kann dasjenige, in das ein anderes eingebettet ist, auf Anregung von Cornelia Vismann auch als Theater, Szene, Bühne oder Chorus (Tanzfläche) und auf Anregung von Aby Warburg auch als Tafel oder Tisch, sogar Stuhl, Stadt oder Land, auch Pol oder Bahnhof (Stelle, an der Züge angehalten und abgefahren werden) verstehen. Die Einbettung kann insofern ein meteorologischer Vorgang sein.
Segundo premio (Isaki Lacuesta, 2024)
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Herbst
Gestern wäre der Düsenknallanwalt Dieter 96 Jahre alt geworden. Wenn der Vater stirbt und wenn die Mutter stirbt, schneidet etwas ein, geliebte Menschen sind nicht mehr erreichbar. Der Mensch bald er fort ist. Nachher kommt er nicht mehr. Man legt mit der vorläufig richtigen Illusion, Überlebender zu sein, ihre Zeit ab, was wiederum diese Zeit konserviert und erstarren lässt. Sie wird angehalten, was dieser Zeit nicht bekommen kann.
Es ist dann irritierend, wenn man darauf stösst, dass die Zeit, die man aufwendig abgelegt hat, an anderen Stellen einfach so weitergeht. Geliebte Menschen leben weiter, nachdem das Zwischen brach. Sogar die Zeit der Toten lief weiter, nachdem sie starben. Begegnet man Zeitgenossen der Menschen, die man verloren hat, tauchen sie einem wie ein Gespenst auf. Vermutlich hat man sich selbst bereits, zumindest teilweise, in ein Gespenst verwandelt, ist schon ansatzweise Alb den anderen. Der erste Nebel soll einen daran erinnern, dass man pusten oder windige Gegenden aufsuchen kann.
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Sublunare Physik
1.
Claus Zittel hat Descartes' Schrift über Meteore übersetzt und herausgegeben /eingeleitet und kommentiert. Er bezeichnet die Meteorologie Descartes' dort auch als sublunare Physik (eine besondere Unterphysik). Die Meteorologie übernimmt es, dasjenige, was nicht sicher am oder im Himmel, nicht sicher auf oder unter der Erde sitzt, zum Gegenstand der Wissenschaft zu machen. Zittel spricht zudem von einer traditionellen Meteorologie, die sich mit allen Kondensationsphänomenen, mit der Wolkenbildung, dem Eis und dem Schnee, mit Eigenschaften und Formen von Erdteilchen, aber auch mit der Entstehung von Erdbeben und Vulkanen befasst hätte. Sie sei den Elementtheorien, der Kosmologie, Klimatologie und der Ethnographie assoziiert. Schon weil, wie Luhmannisten und Humanisten wissen, auch Begriffe, Metpahern und Theorien, auch Routinen, Gesten und Paraden, sogar Tafeln und Zettel (um ein paar Beispiele zu nennen) kondensieren (sei es, weil sie kondensiert werden oder weil sie es, wie manche behaupten, von selbst tun), haben das Recht und seine Wissenschaft ihr Bezüge zur Meteorologie nicht verloren. Allerdings ist auch nichts gewonnen an diesen Bezügen, sprich: sie sind unruhig, oder besser und wie bei katholischen Missionaren und in der (minoren) Anthropologie gesagt: unbeständig. Immerhin das, die Unbeständigkeit, bleibt im meteorologischen Zugang denkbar. Im übrigen überlappt sich ohnehin fast alles und alles das, wozu Unter dem Gesetz etwas steht, das überlappt sich ohnehin, denn mein Zettelkasten, Schaufenster und Schirm gilt Marginalem und allen Limits von Norm und Form, allen Grenzen der Differenzierung, auch wenn sie aufgequollen und trotzdem scharf erscheinen. Wenn Differenzierungen und Limits nicht geleugnet werden können, aber nicht genügsam, auch nicht selbstgenügsam sind, dann machen sie mich schreiben, kribbeln und scribbeln auch.
Wo etwas (endlich) definiert ist, da hört es nicht auf, übersetzt oder übersetzbar zu sein - die meteorologische Kondition ist der Sprache, den Symbolen und Signalen involviert. Die sublunare Physik ist eine Physik des Schwebens und damit etwas von dem, das nicht nur unter dem Mond stattfindet. Woanders schwebt etwas auch. Walter Schulz, ein einst an der Universität in Tübingen amtierender Philosoph, hat nach dem zweiten Weltkrieg eine Metaphysik des Schwebens geschrieben, die dem gilt, was an der Kunst der Vergütung, Gutmachung, Veredelung (Ars Boni) sowie des Durchgehenden (et aequi), also an derjenigen Kulturtechnik, die auch Recht genannt wird, nicht mehr unbedingt vergütet, gutmacht, veredelt oder durchgeht, aber unbedingt Kunst geblieben sein soll und damit schwebt. Das kann sogar Recht sein, auch wenn Juristen dann sagen würden, dass sich dieses Recht so nicht wiederholen lässt. Andere könnten, unabhängig vom Recht, von einer Ästhetik mit ethischen Dimensionen oder aber einer Ethik mit ästhetischen Dimensionen sprechen. Schulz' Metaphysik des Schwebens, das zeigt das Präfix erwartbar an, gilt dem, was auch zur Hochkultur, dort wiederum der literarischen, bildungsbürgerlichen (und protestantischen) Hochkultur gerechnet wird. Griechenland, Schiller, deutscher Idealismus, Bildungroman: Quasi alles drin. Schulz' Buch ist ein akademisches Lehrbuch, in direktem Sinne also eine Institution.
Was Zittel in Bezug auf Descartes sublunare Physik nennt, schwebt nicht so hoch, zumindest nicht so hochgeschätzt und hochbewertet wie die Literaturen, aus denen Walter Schulz in instituierender Absicht seine Metaphysik des Schwebens geschrieben hat. Das sei direkt gesagt: Wovon Zittel mit Descartes spricht, das kann auch Nebel auf der A3 sein, sogar Zigarettenqualm im Tannenbaum, einer Bockenheimer Eckkneipe, in der einmal viel geraucht werden durfte und die Leute das bis zum persönlichen Limit ausnutzten. Es sei nicht nur direkt gesagt: Alles was schwebt gehört zu einer Physik des Schwebens, damit zur Meteorologie, unabhängig davon, ob es hoch geschätzt oder tief bewundert, abfällig geschätz oder nicht bewertet, nicht geschätzt wird, gehört aber nicht zur Metaphysik des Schwebens, nicht in ihrer bei Schulz instituierten Form.
2.
Schweben soll als Bewegung oder aber Regung verstanden werden, die vage ist und die dasjenige, das bewegt ist oder bewegt, in jedem Augenblick seiner Situierung vorläufig, vergehend oder vorübergehend und unbeständig situiert sein lässt. Insoweit ist das Vage nicht das Unbestimmte und nicht unscharf. Sogar etwas, was aufsitzt (das können Kondenstropfen sein, aber auch ein Mensch, der mit Illusionen zwar eine bezeichete und bezeichnende Zukunft, aber weiterhin ungewisse und limitierte Zukunft hat) kann in dem Sinne schweben. Für ein solche Vagheit ist etwas am Begriff des Vagen zur Vogue, zu Begriffen und Phänomenen der Mode abgewandert, mit Warburg und Luhmann gesprochen: Die Zeichen des Vaguen sind zur Vogue gependelt. Historisch läßt sich die Bewegung umkehren, wenn man daran erinnert, dass die entsprechenden Begriffe vom selben Ort gekommen sind und sich in Erinnerungen wieder am selben Ort einfinden können. Mode ist also ein Schwebephänomen. Ihre Präsenz und Gegenwart kann noch so effektiv oder gar drängend sein, sie bleibt ein Aufsitzen und unbeständig. Die Mode ist wohl kein schlechtes Beispiel, um sich mit dem Schweben als einer Bewegung oder Regung und wissenschaftlich als Meteorologie zu befassen, vor allem dann, wenn man das in rechtswissenschaftlicher und normativer Absicht tut. Denn sie spielt sich deutlich in dem ab, was man zu den Trachten zählt. Auch da gibt es eine instituierte Metaphysik, nämlich die Metaphysik der Sitten, die in anders korrumpierten Sprachen Metaphysik der Kostüme oder Trachten heißt.
3.
Trachten sind äußere Zeichen am Menschen, zeichenhafte Kleidung oder eine eingefrorene Mode sind wohl das Beispiel für Trachten schlechthin, aber nicht das einzige Beispiel. In Kants Version kommt Kleidung als Beispiel gar nicht vor. Tracht ist allgemeiner gesagt alles dasjenige, durch das ein Trachten und Tragen geht, was also zum Beispiel auch eine Betrachtung möglich macht (einrichtet oder ausrichtet) oder etwas tragbar macht. Dazu findet man sogar bei Kant Beispiele, nicht nur seine berühmte Taube. In diesem weiteren Sinne spielen Trachten auch bei Aby Warburg eine Rolle. Warburg nutzt beide Begriffe deutlich, durchdacht und methodisch, der Atlas zum Beispiel trägt und soll Betrachtung ein- und ausrichten, dafür ist er seit mythologischen Zeiten da. Auf den Staatstafeln, also den letzten beiden Tafeln der letzten Version des Mnemosyne-Atlasses, übersetzt Warburg sein Denken zum Trachten und Tragen in die Technik, die Geschichte und Theorie über kleine Täfelchen auf großer Tafel zu entfalten, also in eine bildliche Methode, die auch ikonologisch genannt wird und die auch dann nicht aufhört, begrifflich assoziiert zu sein, wenn sie über Bilder läuft. Naheliegend: Es geht dort um Verträge, ihr Schweben, ihre Meteorologie, um die Gründung einen neuen römischen Staates und ihre Unbeständigkeit. Er übetsetzt also nicht nur seine Technik, sondern protokolliert und kommentiert auf diese Weise die Lateranverträge. Warburg hat eine besondere (keine allgemeine) Meteorologie im Blick, kein allgemeines Schweben. Wenn diese meteorologische, in einer Schwebe situierte Bewegung oder Regung polar ist, dann hat er sie im Blick und sogar im Griff, auch wenn das nicht heißt, sie bestimmend zu kontrollieren, also zu bewältigen oder zu meistern. Sie lässt sich mitmachen oder operationalisieren, durch dasjenige, was Warburg Distanzschaffen nennt.
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Boliden
Boliden sind bolische Objekte, dazu sind sie noch Gegenstände vergleichender Meteorologie. In der Meteorologie bezeichnet man als Boliden nämlich einen Körper, der in eine Atmosphäre eintritt und dabei hell aufglüht, oft sogar verglüht. Die Sternschnuppen sind Boliden. Im weiteren Sinne sind das geballte Objekte, vermutlich immer mit wilden, immer zumindest nicht zahmen Energien.
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Distrust
Lawly, isn't it?
prds is, from the opposite end, sdrp, socialist democratic republic of passages, passions and pathology or parties (str.). Einerseits Paradies, anderseits Paradas.
2.
Die leichte Taube, das schreibt Kant in einem seiner schönsten, wenn nicht dem schönsten, unbedingt kafkaesken Satz zur vergleichenden Meteorologie und Kasuistik (Falltechnik), indem sie in freiem Flug die Luft theilt, deren Widerstand sie fühlt, könnte die Vorstellung fassen, daß es ihr im luftleeren Raum noch viel besser gelingen werde.
Edgar Wind - Art and Anarchy, 1962, p. 62
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Dichte
1.
Der Zettelkasten auf tumblr wurde einmal, und zwar im Januar 2022 auf Null gestellt (nur drei ältere Zettel wurden öffentlich gelassen) und von da an neu gefüllt, das zweite mal seit Januar 2018, dem Monat, in dem ich auf Einladung von Jens Kersten und Susanne Lüdemann am Institut for advanced studies in München während eines Projektes zum Gesetz und zum Revolutionsfilm damit begonnen hatte.
Einmal vier Jahre gefüllt, denn wurde die Füllung nahezu vollständig privatisiert, die Zettel sind jetzt alle in meinem privaten Zettelkasten. Und dann ab 2022 neu und wieder öffentlich gefüllt. Ehrlich gesagt wollte ich im Januar 2022 mit dem Projekt aufhören, aber jetzt bin ich doch froh, dass ich nochmal neu angesetzt habe. Neben dem Archiv der enttäuscten Erwartung ist das mein zweites großes digitales Projekt zu Rechtswissenschaft und sozialen Netzwerken, zum Schreiben und Bilden in Zeiten der sogenannten Digitalisierung. Das ist experimentell, dafür gibt es keine Förderung von der VW-Stiftung aber immerin von der Max-Planck-Gesellschaft - und auf jeden, der so ein projekt sinnlos findet kommt einer, der es sinnvoll findet. Auf jeden, der das im Publiktationsverzeichnis für nicht angemessen und der das für unwissenschaftich und unseriös hält, kommt einer, der es genau anders herum sieht.
An den Unis stehen Sie, das seit Ihr, in den Startlöchern: Die Leute, die nicht aus der Welt ihrer Professoren kommen und die nicht nur andere Bücher und Bilder, nicht nur ein anderes Recht im Kopf haben als die Herren Staatsrechtslehrer und Superkenner, sondern die unter dem Lesen und Schreiben, unter dem Urteilen, Richten, Verwalten, Vertragen und verfassen auch etwas völlig anderes verstehen als Ihre Lehrer und denen bald ohnehin die unvorhersehbare Zukunft gehört.
2.
Inzwischen hat der öffentliche Teil meines Zettelkastens eine kritische Dichte erreicht, die mich selbst überrumpelt (und mir jeden morgen ordentlich Freude bereitet) - weil sie exakt das in Gang setzt, was ein Zettelkasten meiner Vorstellung nach tun soll. Ich verwende den Zettelkasten nicht systematisch, nicht als Akkumulation von Wissen, sondern als eine Maschine zur Entwendung und Windung von Wörtern und Bildern, wenn man so will: als Ventilator vergleichender Meteorologie. Manche Zeichen und Zettel wollen ja nicht irgendwohin geblasen werden, dann muss man eben nachhelfen. Stosslüftungsepistemologie wäre eine feine Sache.
3.
Huhu, ich könnte heulen: verzettelt sich auch nur eine einzige Schülerin und ein einziger Schüler von mir auf Tumblr oder sonstwo? Scheint nicht so, aaaargh, alles umsonst, alles eitel' Tand!
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