#anfängerübung
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fabiansteinhauer · 2 months ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Jede Lehrveranstaltung, die ich mache, ist eine Anfängerübung. Etwas anderes als Anfängerübung kann ich nämlich nicht. Die Vorlesung in Recife, die Pedro Parini so zauberhaft treffend einen Minicurso getauft hat, ist ein Kurs im Minimalen und für die Kleinen, oder aber, wie es in Dirty Rotten Scoundrels heißt: for the children, only for the children, also für Wesen, deren Augenhöhe allenfalls die Tischkante ist.
2.
Ich komme darum mit Cornelia Vismanns Dissertation über Akten, Medientechnik und Recht zurück, weil das ein Buch ist, das anfängt und das auf jeder Seite, von der ersten bis zur letzten, anfangen lässt, mithin selbst dadurch instituiert, in dem es Anfangen (etwa lancieren / dämmern, zaubern/ kippen/ überschreiten oder Züge machen) als Kulturtechnik wahrnehmen und (aus-)üben lässt. Der liebe Ladeur äußerst seine Kritk an Texten manchmal höflich, sagt schlicht, da würde jemand etwas über- oder unterschätzen, ohne gleich seine Maßstäbe der Schätzung und seine Kriterien mitzuliefern und damit anderen aufzudrängen. Lieber lässt er die eigenen Argumentation schwach aussehen, statt die Kritisierten mit Gründen zuzuschütten. Er teilt etwas mit und eine Mitteilung ist noch keine Erfahrung, das ist höflich, weil der Kritisierte die Kritik nicht erfährt, auch nicht am eigenen Leib, es bleibt ja bei der Mitteilung. Und so liest man bei Ladeur ab und zu, das jemand die Anfänge überschätzen würde (zum Beispiel Derrida oder die 'Leute um Kittler', zu denen Vismann gehört). Das gibt einem noch genug Spielraum, sie zu schätzen.
Vismann Buch lässt anfangen. So kann man inzwischen, nach den mehr 25 Jahren, die seit dem Schreiben dieses Textes vergangen sind, ihre Überlegungen zu den Akten in Überlegungen übersetzen, die eine objektorientierte Rechtswissenschaft zu den boundary-objects, den Grenzobjekten anstellen kann oder die eine solche Rechtswissenschaft zu diesem Buch über Kinder anstellen kann (ich zeige gleich einmal die übersetzte Version des französischen 'Quelltextes')
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2.
In seinen Überlegungen zum kindischen Denken benutzt Henri-Wallon den Begriff der Ultra-Dinge, die (wie Akten oder aber Grenz-Objekte) mit Fassungen, mit der Kulturtechnik des Fassens (nicht aber dem Verfassen) zu tun haben. Sie haben damit zu tun, Dinge nicht unbedingt passen zu lassen, aber passieren zu lassen, also auch durchgehen zu lassen.
Ultra-Dinge sind auch scharf und bestimmt konturiert, exakt limitiert und 'liniert', werden dabei aber von den Kinder in magischen und mantischen Praktiken verwendet - und magisch gedacht. Wallons Begriff der Ultra-Dinge taucht bei Merleau-Ponty wieder auf, also auch in Oliver Prechts Buch über den roten Faden, daher weiß ich das alles auch erst. Wie immer dort und dann, wo die Gesetze der guten Nachbarschaft wirken (also in meiner Umwelt und in meinem Milieu), stosse ich genau dann darauf, als Sabine Müller-Malls Entwurf eines juridischen Urteilens in Frankfurt diskutiert wird.
Das ist wie seit babylonischen Zeiten: Leute wie Sie, Frau Doktor, fragen nach dem, was passt. Leute wie ich fragen danach, was passiert.
Die Frage nach dem Passieren und Durchgehen taucht nicht erst mit Vismann Buch zu den Akten, nicht mit Wallons Ultra-Dingen oder Susan Leigh-Stars boundary-objects auf. Die Archäologie führt noch an den rhetorischen Institutionen, fort vor allem an einer Passage bei Quintilian vorbei, nämlich der Passage, in dem seine Kriterien zum Angemessenen und Passenden ausgeschöpft hat und schlicht anmerkt, dass ab dem Augenblick, an dem eine Schöpfung an so etwas wie die Grenze der Akte und Aktionen, damit auch der Passionen, der Grenzobjekte und der Ultra-Dinge gerät, beinahe, fast, schnell oder leicht Sämtliches durchgeht oder Sämtliches passiert: Paene omnia decent. Ich gebe allerings zu, dass mir schwer fällt, paene zu übersetzen und nicht leicht fällt, omnia zu übersetzen. Beinahe passt fast. Sämtliches geht allerdings. Das kindisch zu denken, also im Hinblick auf eine bemessende Zeit, die immer noch kindisch und anfänglich bleibt, die also nicht bloß deswegen, weil sie erwachsen, ist aufgibt, auch kindisch bleiben zu können, das ist ja auch nicht ganz einfach.
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airbrushlife · 2 years ago
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Airbrush Übung Schlingen brushen ist eine Anfängerübung zum üben
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healthandbeauty7 · 7 years ago
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Workout für Zuhause - 20 Min HIIT für Anfänger & Fortgeschrittene - Ganzer Körper trainieren
Workout für Zuhause – 20 Min HIIT für Anfänger & Fortgeschrittene – Ganzer Körper trainieren
Heute gibts das zweite Workout zu Reihe “Abnehm und Fitness Guide 2017”. Hier gehts zu den anderen Videos dieser Reihe: Bei den Übungen die keine Einblendung der Anfängerübung haben gibt es keine Anfängerversion, diese Übung kann auch von Anfängern so ausgeführt werden. Kommt in das BodyShape-Team ►►► http://www.Team-BodyShape.de…
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fabiansteinhauer · 5 months ago
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Legale Theorie
Theory! Que legal! Schauen, wie es ein Schauer tut.
1.
Rechtstheorie kommt in Büchern vor, die relativ häufig aus Texten bestehen, die auf andere Bücher verweisen. Diese Bücher berichten von Schulen und werden in Schulen gelesen, an Universitäten (nicht in Versitäten). Die einen lesen rechtstheoretische Bücher als Verdichtungen, die anderen als Verdünnung, so trifft man sich manchmal sogar an Tischen, um darüber zu diskutieren. Das Studium der Rechtstheorie ist in der Vorbereitung darauf, später einmal angeregt diskutieren zu können, ein bisschen so, als würde man anstehen, manchmal erscheint es einem, als bade man in einem Meer von Weiterreichungen: Man schlägt ein Buch auf und wird weiterverwiesen. The Blackwell Guide to the Philosophy of Law and Legal Theory empfängt einen mit dem Bild, das in der frühen Neuzeit Argument genannt wurde und eine Gliederung darstellt: Man überschaut kapitelweise und überhaupt weise Schulen, fängt zum Beispiel (wie der Blackwell Guide) bei einer Schule an, die dort Natural Law Theory genannt wird und mit dem Namen von Thomas von Aquin verknüpft wird. Man kann, ganz falsch wäre es nicht, den Eindruck bekommen, das Rechtstheorie etwas ist, das in Büchern steht und dort auf andere Bücher verweist. Why not? (Joseph Raz) Die Summa, so scheint es, muss man nicht mehr lesen, tut man es doch, muss man sie nicht mehr übersetzen, wenn doch, dann nicht bolisch, also nicht durch eine kartographische und kalendarische Ausbreitung dessen, was am Schreiben der Summa Aquins unbeständig, meteorologisch und polar ist. Hoffentlich einfacher gesagt: Man muss zur Summa keinen Atlas erstellen. Es reicht, weitergereicht zu werden.
Rechtstheorie aus dem Geist der Kulturtechnikforschung: Recht ist eine Technik der Gutmachung, der Vergütung oder Veredelung, des Passenden und Passierenden. Damit geben und nehmen die Leute Worte, sie versprechen sich und anderen etwas, schließen Verträge, geben sich und anderen Gesetz, sie schwören und fluchen, bezeichnen sich, alle und alles damit. Damit, mit dieser Technik, nehmen und geben die Leute Bilder. Sie orientieren sich und andere, sie handeln und händeln die Welt, geben ihrem Tun Gründe und Richtungen - nicht nur in Form von Sätzen, sondern auch in Form von Sitzen, Städten und Häusern - die Richtungen kommen auch als Leitungen, Rohre, Wege und Kabel, sogar durch Satelliten vor. So ziehen die Leute um, manche ziehen umher. So rücken die Leute vor und zurück, sogar in Ländern rücken sie damit ein, bringen sich und ihre Rechte mit. Theorie schaut sich das, spätestens seit ca. 3000 Jahren an: schaut dabei so, dass manche dachten, es wäre ein Gott, der schaut, ein höheres oder tieferes Wesen, daher soll die sogar ihren Namen haben. Aus dem Geist der Kulturtechnikforschung: Am besten schaut man wie ein Schauer, nimmt Details wahr, noch wie ein meteorologisches Geschehen.
2.
2024 habe ich einen Kurs über Grundlagen des Rechts (Geschichte und Theorie) an der Bucerius Law School in Hamburg gegeben. Die Idee war, von Anfang an Grundlagen des Rechts advanced, also fortgeschritten bis avantgardistisch zu lehren. Dieser Kurs war eine Anfängerübung und nahm sich Grenzobjekte (boudary objects) vor. Statt kanonische Texte mitzubringen, habe ich etwas mitgebracht, von dem nicht sicher wahr und weiterhin nicht sicher ist, ob es überhaupt Recht oder Rechtswissenschaft oder keines von beidem, ob es legal oder illegal ist, ob es rational oder Wahnsinn ist.
Die Anfängerübung adcanced, avantgardistisch geht nicht davon aus, dass wir unser Leben lang bei Null anfangen, ganz im Gegenteil: Sie geht davon aus, dass wir unser Leben lang einem achronologisch geschichteten Material aufsitzen, dem wir triebhaft verflochten sind: Wir nehmen es wahr, sind in gewisser Hinsicht Perzeptoren des Materials, dem wir aufsitzen. Dabei haben wir mit Illusionen eine unsicher Zukunft. Kulturtechniken 'lassen uns umgehen': Sie instituieren, wie Cornelia Vismann gesagt hat. Mit ihnen richten sich die Leute ein und aus. Darauf fokussiert sich die Anfängerübung avanced, avantgardistisch - sie adressiert Anfänger, aber auch alte Partisanen, Senior Partner und noch Direktoren Futsch. Das Unangenehme der Anfängerübung advanced, avantgardistisch: man wird ernst genommen und wie ein Erwachsener behandelt. Das Schöne daran: Die Teilnehmer werden begleitet, Recht äußerst gründlich zu fabrizieren. Wir üben zu formieren, Form zu nehmen und zu geben: Form, die Wort, Bild oder Geste sein kann, aus der man Städte, Landschaften und Gärten sogar Staaten machen kann. Wir üben, uns und andere zu orientieren, zu handeln und zu händeln. Form, die zügig ist, ist Trakt, Stab, Letter und Lanze.
2025 wird die nächste Veranstaltung an der Bucerius Law School stattfinden, diesmal möchte ich sie 'Übung vor Orginalen' durchführen: Die Teilnehmer wählen sich ein Subjekt (eine Person oder ein Thema), ein Objekt oder eine Handlung aus (diese Auswahlmöglichkeiten orientieren sich an Institutionen des römischen Rechts, dort an der Unterscheidung zwischen persona, res und actio.). Wir behandeln das, was sie auswählen, als Original. Die Teilnehmer sollen darlegen, was problematisch ist, was einem Fragen stellt und darlegen, was daran Recht, Geschichte und Theorie ist - und was nicht. Diese Veranstaltung ist nicht gegen Bücher, widerlegt keine anderen Rechtstheorie, schlüpft eventuell durch Nebeneingänge in den Kosmos des Recht hinein und wieder hinaus.
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fabiansteinhauer · 5 months ago
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Wozu Rechtstheorie?
Wozu Rechtstheorie? Um mit dem Recht etwas anfangen zu können.
Rechtstheorie liegt nicht erst dann vor, wenn man einen Text vor sich liegen hat, dessen Autor als Rechtstheoretiker gilt, ein Wort wie Rechtstheorie in einem Text auftaucht oder wenn in diesem Text über Rechtstheorie nachgedacht wird. Rechtstheorie fängt schon an, wenn an einen Kanon noch nicht gedacht wird und wenn noch niemand den ersten Schritt gemacht hat, eine Quelle zu fassen.
Sobald man etwas betrachtet und diese Betrachtung mit Recht assoziert, liegt ein rechtstheoretisches Objekt vor, das ist die Betrachtung.
Rechtstheorie kann ein Text sein, muss aber kein Text sein. Rechtstheorie kann ein Objekt sein, muss aber kein Objekt sein. Cornelia Vismann hat sich ein Bild genommen, das in der Hamburger Kunsthalle hängt und eine nackte Frau vor ihren Richtern zeigt. Damit fängt bei Vismann schon Rechtstheorie an, nicht erst, wenn Rawls, Kelsen, Hegel oder Kant signiert haben.
Man kann jetzt auch die Kunsthalle, das Kunstwerk und alle anderen bürgerlichen oder höflichen Wertmarkierungen weglassen: Rechtstheorie beginnt nackt und bar, beginnt auch dann, wenn man nackten Menschen nicht im Museum begegnet, beginnt sogar schon, wenn man sich selbst nackt betrachtet. Rechtstheorie fängt aber auch dann an, wenn man eine alte Pizza am Bahnhof mampft oder die Sterne betrachtet. Sogar dann, wenn man die Sterne sieht und nicht sieht, was vor der eigenen Nase liegt, dann ist das ein Ursprung von Theorie. Nach Hans Blumenberg ist dabei eine Thrakerin, ein Frau hilfreich, die über Thales lacht, weil er in die Sterne schaut und nicht zu dem, was ihm vor der Nase liegt.
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fabiansteinhauer · 5 months ago
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Zeige deine Wunde
Das ist nicht protestantische Staatsrechtslehre, das ist katholische Staatsrechtslehre: Beuys' Installation Zeige Deine Wunde im Lenbachhaus, zu der ich während des Studiums in Passau einmal eine sogenannte Übung vor Originalen machen musste.
Ulrich Bischoff, der später Direktor der Gemäldegalerie in Dresden wurde, hatte einen Lehrauftrag. Der führte uns dann nach München. Übung vor Originalen ist ein Teil sogenannter Anfängerübungen, bereitet aber nicht auf die Anfänge preußischer Klausuren vor. Die Übung vor Originalen darauf vor, Bilder, Objekte, Möbel und Architekturen in urbanen Räumen händeln zu können, sie betrachten und vertragen, mit ihnen etwas anfangen zu können. Die Aufgabe besteht darin, vor einem Publikum zu beschreiben, was man im Rücken hat: das sogenannte Werk. Das waren meine liebsten Anfängerübungen, die mache ich noch heute gerne, auch mit Jurastudenten und Jurastudentinnen (ab Januar 2025 das zweite Mal an der Bucerius Law School). Gezittert habe ich da auch, mache ich auch heute gerne. Man beschämt weder sich noch das Publikum noch das Werk und die Welt im Rücken gerne, muss irgendwie die Loyalitätskonflikte balancieren. Ich mache das gerne, weil Bischoff mich dort immer mit Zucker gefüttert hat, der hat mich immer mit Zensurzucker gefüttert, was gut tat neben dem karge bemessenen Belohnungbrei in den preußischen Klausuren. Eine Frau nahm an den Anfängerübungen teil, die so schön war, dass ich lange nicht wagte, nach ihrem Namen zu fragen. Ich sah, dass sie direkt oberhalb beider Fersen kleine Pflaster trug, was mich nicht mutiger machte, aber dem Mythos empfänglicher.
Zeige Deine Wunde zeigt einen Raum, man sieht alles doppelt, wie diejenigen, die zuviel getrunken haben, sei es Alkohol, Heiligkeit oder politische Theologie. Man sieht besonders gut doppelt, wenn man im Rausch ist. Pathologische Fahrzeuge stehen wie Barren, beiseite geschoben im Eck, das sind nur Bahren. Im Raum scheint sich etwas zu beschleunigen, an anderen Stellen als dort, wo sich gerade etwas verlangsamt. An manchen Stellen wird etwas zum Knoten, an anderer Stelle löst sich etwas. Die Tafel ist ein dogmatisches Medium, die Zeitung titelt dazu auf der linken Seite des Saals Lotta Continua. Man soll auf seinen Titeln beharren und die Kurven kratzen. Dieter Grimm, über den in Scherz und Ernst geschrieben wird, hat mal in Berlin (s)eine Wunde gezeigt, sprich: Als ihm von einem Hörsturz erzählt wurde, erzählte er von einem Hörsturz, in der amtlichen, höflichen, herzlichen und präzisen Art, die sein Stil ist. Von diesem Gespräch über zurückliegendes Fiepen habe ich mehr über die Zukunft der Verfassung gelernt als von den beiden Büchern über die Zukunft der Verfassung bei Suhrkamp. Das liegt nicht an Grimm, es liegt daran, dass ich lieber Anfängerübungen vor Originalen mache als dass ich preußische Klausuren schreibe. Schreiben tue ich gerne, aber weder preußisch noch in Klausur. Das Schreiben ist immer befangen, immer schamvoll, immer unbefangen und schamlos, aber nie für alle gleich. Ich habe gesehen, wie türkische Mädchen in mündlichen Examen vor preußischen Staatsrechtslehrern und vom decorum gerissen wurden, damit triumphierten oder scheiterten, alles kommt vor, sogar in Klausuren. Darum halte ich juridische Kulturtechnik für eine Angelegenheit.
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fabiansteinhauer · 11 months ago
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Was ist dein Gehäuse?
Das von Hieronymus ist bekannt und bewährt. Meines ist das Zugabteil, da kann ich mindestens so gut arbeiten wie Hieronymus in seinem.
Das Flachland steht unter Wasser und ist vereist. Wo ist meine Kamera? Dabei! Wann hätte ich Zeit, das zu fotografieren? Nicht jetzt und dann ist es weg.Gemein! Nie kann ich alles haben!!!!! Den Apparat habe ich dabei, um in der Kunsthalle zu fotografieren. Muss ich auch. Aber alles hätt' ich schon auch gern, also auch gern die Zeit, vereistes Flachland im Januarmorgen zu fotografieren.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Krümel und Lulatsch erklären 'Hier und Da'.mp4
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Distanzschaffen
Anfängerübung, Aby Warburg und juristische Grundlagenforschung. Bevor Christoph Möllers in seinem 2015 erschienen Buch über die Möglichkeit der Normen den Begriff der Distanznahme als Kern seiner Rechtstheorie oder seiner Theorie der Normen definiert hat, hat Aby Warburg das getan. Alle diejenigen, die den Begriff der Norm an den des Symbols knüpfen, tun ähnliches, also nicht nur Möllers und Warburg. Das Symbol ist ein Bruchstück, eine Scherbe, es ermöglicht Entfernung, zum Beispiel über Entfernung zu kommunizieren. Man kann sich trennen und wieder verbinden, weil die Bruchkante der Scherben so verbunden werden können, das eine Identifizierung des Anderen möglich ist: sie passen zu- und aneinander. Dieser Vorgang der Trennung und Bindung kennzeichnet das Bruchstück, das man man Symbol nennt.
Aby Warburgs Entwürfe zu einem früheren Text tragen den Titel "Grundlegende Bruchstücke". Der Titel ist zweideutig. Er kann sich auf eine Schreibeweise Warburgs beziehen, er schreibt dort nämlich Zettel und macht kleine Skizzen, das wirkt für manche Leser auch ohne Auseinanderbrechen (den zusammengefügt war es ja nie) 'fragmentarisch', ihre Erwartung auf das Ganze bleibt ihnen unerfüllt. Der Titel "Grundlegende Bruchstücke" kann sich aber auch darauf beziehen, dass Warburg über Symbole schreibt, und zwar solche, die Gründe legen oder Gründe geben, wie das auch Normen tun können, etwa wenn sie in Verträge, Verfassungen oder Urkunden sich finden.
2.
Den Begriff Distanznahme streicht Warburg in seinen Notizen zu der Einleitung in den Atlas wieder aus und notiert statt dessen Distanzschaffen. Das Distanzschaffen, so begreife ich den Begriff bei Warburg, legt die Distanz, die es schafft, nicht ab und nicht zurück. Das Distanzschaffen richtet einen Umgang mit Kontraktion und Distraktion ein, mit Anziehung und Abstoßung, es lässt Distanz verkleinern und vergrößern und so sogar die Richtung ändern, lässt also von Annäherung zur Vergrößerung einer Entfernung umwenden oder umkehren. Sternenbilder dienen zum Beispiel dafür, eine Orientierung in Zeit und Raum zu bekommen und u.a. eine Vorstellung zu entwickeln, ob ein Termin näher rückt oder ob er schon wieder in die Ferne rückt. Dringlichkeiten werden messbar, sowohl in Bezug auf vorbereitende als auch nachbereitende Maßnahmen. Das Distanzschaffen soll pendeln lassen
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Bilderstreit
Es gibt die Behauptung Worte und Bilder würden sich dadurch unterscheiden, dass Worte demjenigen, was sie bezeichnen nicht ähnlich sehen würden und das Bezeichnete darum auch nicht abbilden würden, während Bilder beides täten. Das Wort Baum sei keinem Baum ähnlich und bilde keinen ab; ein Bild von einem Baum sehe aber einem Baum ähnlich und bilde ihn ab.
Mitchells Fußnote Nr. 10 aus dem Aufsatz "Was ist ein Bild?" geht auf diese Frage ein und verbindet sie mit den Inventionen des byzantinischen Bilderstreites, also mit dem Formen, Begriffen und Konzepten, die sich um 800 herum entwickelt haben. Der Begriff des Ikonodulen und der des Ikonoklasten beziehen sich auf diese Auseinandersetzung, in deren Verlauf auch juristische Gutachten geschrieben wurden.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Anfängerübung
Grundlagenforschung Anfängerübung. Wir üben immer wieder, das ganze Trimester lang, mit Grundlagenforschung anzufangen, indem wir uns anschauen, wie Grundlagenforschung im Alltag so anfängt.
Es gibt Grundlagenforscher, die behaupten, frûher hätten Bilder Juristen nicht beunruhigt, das fange erst jetzt an, weil Bilder sich plötzlich wie Geld, Bücher, Wasser oder Asylanten verhalten würden und Deutschland fluten würden, damit auch das deutsche Recht und die Rechtswissenschaft. Dieser Forscher fangen an, indem sie einen Anfang behaupten. Sie nutzen ein Muster: Früher war die Welt ruhig und stabil, da bot sie eine Heimat, dann kam etwas Fremdes und eine Welt wurde unruhig und instabil.
Am Anfang verweisen einige der Autoren darauf, dem Autor Mitchell sei zuerst eine historische Wende, eben die Flut und das Eindringen der Bilder aufgefallen. Weil er der erste gewesen sei, zitieren sie ihn am Anfang, u.a. mit dem Aufsatz Was ist ein Bild?, aber manchmal auch mit anderen Texten.
Dort steht am Anfang, früher habe es einen brisanten Bilderstreit gegeben, im Byzanz des 8. und 9. Jahrhunderts. Plötzlich wendet sich etwas, aus dem Anfang der Geschichte wird plötzlich ein anderer Anfang. Der Bilderstreit, von dem Mitchell spricht, wurde nicht nur um Recht und Gesetz geführt, sondern auch mit Recht und Gesetz, vor allem auch mit Juristen und Rechtswissenschaft, natürlich nicht im Sinne deutscher, moderner Rechtswissenschaft. Ein neuer Bilderstreit fängt plötzlich mit einem alten Bilderstreit an. Die Entfernung zum Anfang, das Maß der Distanz gerät in Bewegung, als würde etwas kippen, wanken oder pendeln zwischen neuen und alten Zeiten. Gibt es da nicht einen Widerspruch? Ja klar gibt es denn, aber solange man widersprechen kann, besteht auch noch Freiheit.
Mitchell behauptet nun wirklich an keiner Stelle, dass Juristen erst jüngst von Bildern beunruhigt würden. Schon ob er unter dem Begriff iconic turn eine historische Zeitenwende versteht, ist strittig. Ich behaupte: Nein, siehe Bildregeln 2009. Mitchell verorte ich selbst in einer bildrhetorischen Traditio, in der man bildlich über Bilder spricht und damit Schreiben, Sprechen und Bilden (Bildgebung) kreuzt. Meine These ist, dass die Rhetorik nicht nur eine Kulturtechnik ist, sondern auch eine historische Wissenschaft von Kulturtechniken und dass sie darum davon ausgeht, dass man ein Bild normativ, operativ und rekursiv definieren sollte, also nicht über sein Wesen oder nur seine Optik, sonder über die Technik, Bilder zu geben, zu teilen, zu formatieren, zu übertragen - und dass dafür auch Worte, Menschenkörper, Gesten, Gewänder oder Architekturen dienen können, weil ein Bild nicht unbedingt das Medium des Bildes sein muss, Bilder also nicht aus und in Bildern bestehen müssen. Die Rhetorik verbinde ich mit einem Nachdenken über das, was ich einmal Kreuzung genannt habe, was ich und viele andere (besonders schön Ino Augsberg) auch Falten nenne. Sogar das Scheiden, von dem ich aus Anlass einer Abtrittsvorlesung (!) gesprochen habe, beschreibe ich dort über Kreuzungen, vor allem das Kapitel Worte isolieren gibt dafür ein Beispiel, für ein Kreuzen, bei dem man zwar etwas unterscheidet, geichzeitigt aber etwas übersetzt und etwas unterschlägt und nur so auch etwas 'reinigt',wie Latour sagt. Vor dem Kreuzen war nicht reiner, nachher ist es das bedingt. Vor dem Kreuzen war nichts hybrider, nachher ist es das bedingt.
Dass es im Recht vor einem historischen Datum keine oder wenig Bilder, danach aber (mehr) Bilder gegeben hätte, das ist insofern immer noch vorstellbar, aber doch sehr situativ gedacht, sprich: Die Geschichte, die mit dem Ereignis anfangen soll, dürfte oder könnte klein, kurz und knapp sein, vielleicht eine Biographie Anekdote über einen Juristen, dem früher etwas nicht, dann aber aufgefallen wäre. Vielleicht die Geschichte eines Amtsgerichtes oder eines Bundesverfassungsgerichtes, die sich entschließen, Bilder an Wände zu hängen oder sogar, nun auch Glaswände als Bilder eines transparenten Gerichtes zu begreifen, nicht nur als natürliche Lichtquelle.
Der Wissenschaft ist grundsätzlich nicht zu trauen. Es noch nicht wissenschaftlich, Quellen zu zitieren, auch nicht, wenn man glaubt, einen Maßstab dafür zu haben, was eine wissenschaftliche Quelle sei. Wenn man die Quelle kritisch liest, kritisch wendet, analysiert, zum Beispiel mit anderen Quellen vergleicht und aus Widersprüchen und Übereinstimmungen Argumente entwickelt, dann werden Zitate allmählich wissenschaftlich. Vor allem kannan sich, wenn einem ein Zitat um die Ohren fliegt, nicht rausreden, der andere habe es eben gesagt, man habe das nur von dem. Ein Zitat will gut überlegt sein, man holt sich in gewisser Hinsicht einen Fremdkörper in seinen Text.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Bilder und Terror
Unter anderem gibt es die These, dass sich der Terrorakt dadurch auszeichnet, auch ein Bildakt zu sein. Gewalt, die gezeigt wird und deren Bild noch einmal sprengt, was ein Mord sein soll, das soll Terror sein. Hassan Eslaiah, Yousef Masoud, Ali Mahmud und Hatem Ali haben am 7. Oktober Fotos gemacht, die u.a. über die Agentur ap veröffentlich wurden. Gegen alle vier läuft seit ungefähr Mitte November 2023 ein Verfahren bei der Bundesanwaltschaft. Nicht nur dieser Fall, jeder Fall wirft auch prinzipielle Frage auf. Extreme Fälle und Ausnahmefälle werfen auch Fragen für solche Fälle auf, die nicht extrem und keine Ausnahme sein sollen. Die Frage stellt sich also zum Beispiel nicht nur für die Fotografen, sondern auch für diejenigen, die die Fotos verbreiten, also die Agenturen, die Plattformen im Netz und die einzelnen User. Eine Frage auszuweiten soll die Antwort nicht verunmöglichen, das soll Antworten schärfen.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Visualität
1.
Nicholas Mirzoeff ist einer der internationalen Schreiber (nicht unbedingt ein Autor), die Bilder so behandeln, dass ich sagen kann: sie behandelt sie als Grenzobjekte und normativ.
Wie man im deutschen Recht das Dogma findet, dass das moderne, bürgerliche Bildrecht mit dem Bismarckfall angefangen habe oder die These findet, dass erst mit jüngeren Bildern Juristen durch Bilder beunruhigt würden, anders gesagt: mit einer der vielen Thesen zum Anfang eines neuen Verhältnisses zwischen Bild und Recht hat auch Mirzoeff eine These zum einen Anfang, den er den Anfang der Visualität nennt oder: Visualities first domain. Das seien die Plantagen in den Sklavenwirtschaften gewesen: Der abwesende Souverän und Eigentumer habe so seine Herrschaft über die Sklaven ausgeübt. Mirzoeff assoziiert das Bild mit einem Effekt, den er dann weiter mit einem Begriff Autorität nennt. Visualität ist bei ihm eventuell eine autoritäre Fassung von Bild und Recht.
Wenn man das Bild normativ und operativ definiert, kommt man Mirzoeffs Vorstellungen nahe, aber im Detail gibt es Unterschiede. Darum etwas vorab, bevor ich Mirzoeff weiter lese: Normen sind nicht verbindlich, durch sie kann man mit Limits der Bindung umgehen, also sowohl mit Verbindlichkeit als auch mit Unverbindlichkeit. Normen tragen Konflikte aus, so, wie man auch Zeitungen austrägt: An Normen und durch sie wird etwas unterschieden, das läuft rekursiv, das heißt: Die Kontur der Norm und damit die Norm selbst erscheint durch die Trennungen und die Assoziationen, die man dank der Norm und durch die Norm vollzieht. Man kann das tautologisch und widersprüchlich nennen: Etwas erscheint dank und durch seine Erscheinung. Manche nennen das selbstreferentiell, ich nicht, weil in dem Vorgang etwas kreuzt - also zum Beispiel Rauschen und Information, Sprache, Laut, Ton, Krach, Sehen und Blindheit etwas austauschen, was zwar vom Selben durchzogen sein kann, aber nicht durchzogen sein muss - es kann kann von Fremden, von Alterität durchzogen sein. Was daran an diesem Vorgang offen ist, was daran geschlossen ist, was daran beschreibbar ist und was daran nicht beschreibbar ist, was daran begreifbar ist und was daran unbegreifbar - diese elementare Frage verschiebe ich einfach mal und sage: Man kann die Grenzen eines Bildes wie die Grenzen einer Norm nicht leugnen, sie sind nicht selbtgenügsam. Sowohl die Norm als auch das Bild betrachte ich als unbeständig.
Durch ein Bild, das normativ und operativ definiert wird, kommt zwar Wahrnehmung vor, dadurch wird etwas, nicht nur, aber auch das Bild wahrnehmbar (auch so, wie man Recht wahrnimmt, also bestreitbar und in gewisser Hinsicht ausübbar). Das Bild teilt aber auch die Wahrnehmung, teilt auch die Effekte. Das Bild ist nicht unbedingt autoritär, die Autorität wäre ein Teil des Effektes, ein anderer wäre etwa die Potentialität. Wie man im römischen Recht ab einer bestimmten Zeit auctoritas und potestas unterschieden hat (das wird für Warburgs Staatstafeln wichtig, weil der Unterscheid zwischen auctoritas und potestas später von einzelnen Autoren auch als Unterschied zwischen weltlicher und geistiger Macht übersetzt wird), so müsste man hier die Effekte des Bildes weiter unterscheiden. Wenn es eine Bildmacht gibt, dann ist das ein Effekt, der ebenfalls über Trennungen und Assoziation operiert, in dem Macht also zu nicht eine Ressource wird, die man hat oder nicht hat. Sicherlich kann man Macht nach denen unterscheiden, die sie ausüben und denen, sie sie erleiden, nur ist das nicht der Grundlage der Macht, nicht ihre Substanz, nicht ihr Bestand. Macht trennt und assoziiert dann auch den, der Machthaber oder Machtloser sein soll, auch in dem Sinne, dass die Macht ihn dann spaltet oder zerteilt - und ihm die Existenz einer Assoziation gibt, die man treffenderweise für eine unbeständige Angelegenheit hält.
Das Bild lässt Sinne wahrnehmen, weil es Sinne teilt, formiert, weil es Macht teilt, wenn nicht in die Formen, die man auctoritas und potestas nennt zum Beispiel die Formen, die andere Autoren konstitutionelle oder institutionelle Macht nennen (den Unterschied findet man zum Beispiel bei Vincent Descombe).
2.
Zurück zu Mirzoeff: Mirzoeffs schreibt nicht nur eine Gegengeschichte (gegen die anderen Geschichten stehen), er liefert auch Gegenbilder, gegen die andere Bilder stehen. Mirzoeffs Theorie des Bildes ist ein Dogma (den Begriff verwende ich nicht pejorativ, sondern als Synonym für Norm, die mit Bild einhergeht).
Mirzoeff arbeitet dabei auch an dem Bild, das ich ein römische Bild nenne und auf die Gründungerzählung von Plinius beziehe, mit der das Bild die Aufgabe habe soll, eine Abwesenheit zu überbrücken und einen Abgrund zu meistern oder zu bewältigen. Von da aus fasst Mirzoeff das Dogma der Visualität anhand des abwesenden Souveräns und Eigentümers, der mit dem Bild die Sklaven beherrscht.
Das will ich nicht widerlegen, ich will widersprechen, sobald das Dogma sich aus Situation löst, für das es gefasst wird; also sobald es sich vom Gebiet dessen löst, was Mirzoeff so schön bildllich eine first domain, eine fürstliches Anwesen oder eine herrschaftliche Domäne nennt. Aby Warburg hat eine andere Vorstellung vom Bild, die nicht von den Plantagen und Landbesitzern in den Kolonien kommt, sondern aus dem Bankgeschäft einer Hafenstadt und einer Familie, die sich in der Tradition von wandernden Wechslern sieht. Hamburger, Florentiner, Jude: pendelnd beschreibt sich Aby Warburg. Auch wenn er teilweise mit den Kulturtechniken arbeitet, mit denen die Verwalter auf den Plantagen arbeiten und sich diese Technik in seiner Geschichte und Theorie das Bildes fortsetzt, nämlich mit Verwaltungstechniken, die wiederum mit Akten, Tabellen, Listen, Protokollen und Kalendern arbeiten, kommt er doch zu einer anderen Geschichte und einer anderen Theorie - und das zeigt sich prinzipiell, also gerade an dem, was man dann als Anfang ins Spiel bringt. Auch Warburg definiert das Bild normativ und operativ, aber weiter noch darüber, dass bestimmte Regungen [Bewegungen] operationalisiert werden. Warburg befasst sich gleich am Anfang seiner Bild- und Rechtswissenschaft 8also ab 1896) zwar mit der mancipatio, also einem Akt, mit dem man (auch) Sklaven erwerben kann. Aber die mancipatio kommt weiter zum Einsatz (str. inwieweit), Warburg sieht in der Beziehung zwischen Herren und Sklaven nicht unbedingt etwas Negatives, vor allem aber markiert die mancipatio für Warburg nicht den Anfang der geschichte des Bildes. Im Atlas, der ab 1924 in Hamburg langsam entsteht, macht Warburg klar, dass er als erste, anfängliche Bilder Sternenbilder ansieht. Die mancipatio interessiert ihn, so lautet meine These, weil sie als Bild schafft, was Sternenbilder schaffen. In der mancipatio, die schon Gaius als Bild, sogar als eine Art wirbelndes Bild versteht ( "Est autem mancipatio, ut supra quoque diximus, imaginaria quaedam venditio...") sieht, das spitze ich jetzt zu, ein Vorbild und das ist das Sternebild, das um den Menschen elliptisch kreist, in dem doppelten Sinne, in dem etwas um etwas kreisen kann, also es damit umfassen kann, aber auch seine Krise Form und Formlosigkeit geben kann, also den Menschen logisch (sprachlich) begreifen und (krachend) kreischen lassen kann.
Kurz und mit den Begriffen für Warburgs Bibliothek gesagt: Wie Sternenbilder lässt die mancipatio Wort geben und sich ein Bild machen, lässt orientieren und handeln, alles kommt bei Warburg aber in Situationen auf, die alles andere als beherrscht sind. Weil da kein Wort ist, muss man eines geben, weil man nichts sieht, muss man sich ein Bild machen, weil man keine Orienioterung hat, muss man sie finden, weil man ohnmächtig ist, muss man handeln. Mirzoeff assoziert das Bild mit Beherrschung, Warburg mit unbeherrschten Situationen, sogar unbeherrschbaren Situationen. Es ist wohl kein Zufall, dass der Anarchist Edgar Wind in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre intensiv an Warburg gerät, eine wichtige Rolle bei der Rettung der Bibliothek spielt und in den ersten Jahren in London si viel anstösst, bis er selbst wohl zum Anstoß und, wie manche behaupten, zur Paria des Insitutes wird.
Warburg und Wind sind zwei der wenigen Figuren, die das Bild nicht an Macht ketten, nicht mit Macht verschmelzen und nicht mit Macht verlöten oder verschweißen, sich nicht dann damit beschäftigen, wenn es sich um Leitbilder handeln soll - und die das Bild doch normativ und operativ definieren. Nur definieren sie es weiter über Regung, die anarchisch erscheint, weil sie unbeständig, meteorologisch und polar ist, sie kommt und geht, mit ihr kommt und geht was, das alles bleibt schwer berechnbar bis unkalkulierbar, aber gerade dafür sollen Bilder interssant sein: Bei aller Rigidität des Unverbindlichen mit der Rigidität des Unverbindlichen umgehen zu können. Bei aller Austauschbarkeit sollen man mit dem Austausch umgehen können, bei aller Auswechselbarkeit mit der Auswechslung, bei aller Windigkeit mit dem Wind, bei aller Wendigkeit mit den Wendungen, bei allem Kippen mit dem Kippen, bei allen Kehren mit den Kehren. Warburg zu sagen, er sei nicht machtsensibel, das wäre wohl ein Hohn. Warburg sammelt Nachrichten über Gewalt, immer, egal ob es sich um Polizei, Soldaten und Kriminelle handelt, jede Ausübung von Gewalt stösst ihn an, manche sogar um. Aber das Macht nur Macht sei und nur Macht Macht, das glaubt er nicht. Schon darum führt er auf Tafel 78 zwei unterschiedliche Mächte vor und eine Grenze, die damit mitten durch die Macht geht.
3.
Es gibt einen Bedarf nach Theorieimport, Bedarf danach, auf Leute wie Mirzoeff zu verweisen. Es gibt Gründe dafür, warum solche Untersuchungen nicht an deutschen Fakultäten geschrieben werden, ich liefere sie aber nicht, gebe sie nicht, auch nicht weiter, weil ich diese Gründe für Quatsch und ärgerlich halte. Mirzoeffs Buch von 2011 erschließt einen Diskurs über Recht und Bild, versteht Rechtswissenschaft nicht als die Literatur, die Gerichtsentscheidungen und dazu noch die Literatur von staatlich anerkannten Rechtsautoritäten noch einmal zusammenfasst, kritisch kommentiert, systematisiert und dann vielleicht noch mit Zierleisten Philosophie versieht. Vor allem schreibt er ein Buch, weil andere es nicht tun, auch wenn er nicht behauptet, er sei der erste, der sich über das Thema Gedanken gemacht hätte. Ob und inwieweit Mirzoeff eine andere Vorstellung von dem Verhältnis zwischen Recht und Bild hat als ich oder als Aby Warburg, dazu habe ich bisher nur minimal etwas gesagt, nicht einmal den Fuß in die Tür gestellt, nur so ein bisschen angeklopft, ein paar kurez Passagen bei Mirzoeff und bei Warburg abgeklopft.
Eins kann ich eindeutig sagen, nämlich warum ich Mirzoeff hier vorstelle: Visualität ist bei ihm entweder das Sichtbare im Sinne von Cornelia Vismann, also eine Einrichtung oder Insitutierung von Sicht, die durch eine Sperre (englisch a bar), also eine Trennung und eine Assoziation (Vismann: "Cancellierung) erscheint. Das kann auch eine nackte Sichtbarkeit, nichts als Sichtbarkeit sein, aber die Nacktheit darin ist eben auch ein Akt, der wie ein Akte operiert, also auch über Sperren, Cancellierungen operiert (das beschreibt Vismann nicht im Aktenbuch, aber in ihrem Text "Vor ihren Richtern nackt"). In seiner Einleitung schreibt Mirzoeff "visuality is not the visible", ich würde das im Hinblick auf die Möglichkeiten der Übereinstimmung mit Vismann eventuell so übersetzen: Visualität ist zwar das Sichtbare, aber das Sichtbare ist eine gesperrtes, cancelliertes Sehen.
Entweder ist Visualität bei Mirzoeff also das Sichtbare im Sinne von Vismann, oder nicht, aber dann entwirft er immer noch eine Geschichte und Theorie der Visualität, in denen Sehen und die Sicht von Anfang an auch normativ und operativ verstanden werden, in dem Sinne: nicht so unschuldig wie Blümchen auf der Wiese, nicht als das, was noch frei und unbegrenzt wäre, bevor dann angeblich später erst das Recht käme. Mirzoeff füttert keine Phantasien über rechtsfreie Räume und unberührte, unlimitierte Sinne. Die Gründe, die mich Cornelia Vismann haben entdecken lassen, die sind insofern die gleichen Gründe, die mich Mirzoeff haben entdecken lassen. Heute bringe ich diese Gründe immer auf eine Formel: Immer dann, wenn etwas anfängt, dann fängt auch das Recht an, weil Anfangen eine juridische Kulturtechnik ist. Meine These lautet nicht, dass alles auf der Welt Recht ist, ich will aber an allem beobachten können, wie Juristen involviert sind - und entdecke bisher immer etwas.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Was ist ein Bild?
1.
Das Bild ist eine Norm und die ist eine Regung. So definiere ich das Bild, normativ und operativ. Bildregeln sind nicht nur Regeln von etwas anderem als einem Bild, die für das Bild gelten sollen. Das Bild ist ein Regler, denn es regt, sich und anderes, an, auf und ab.
Bildregeln sind auch das, was ein Bild regelt und diese Regeln können etwas regieren. Bildregeln können die Normen sein, die von Bilder ausgehen, sie ganz ohne Sätze auftauchen und trotzdem schon mit Sprache assoziiert sind und insoweit schon mit und ohne Sprache trennen und getrennt sind. Regeln müssen nicht in dem formuliert sein, was man im engeren Sinne Sprache nennt, also nicht mit Worten und Sätzen formuliert werden. Sie müssen nicht schriftlich formuliert werden. Sind sie im engeren Sinne sprachlich oder schriftlich formuliert, können sie immer noch sowohl ein Bild sein als auch etwas über Bilder sagen. Der Vater, der sich jeden Tag stumm an die Tafel setzt und damit das Signal gibt, dass die anderen sich jetzt auch an die Tafel setzen dürfen, dass kann eine stumme Bildregeln sein. Ein Türm die geöffnet wird und ein Zug von Richtern durch eine Tür, ihre Aufreihung hinter einer Stuhlreihe, der Umstand, dass sie ihre Kopfbedeckung absetzen und sich hinsetzen: Das kann eine Bildregel sein, die zum Beispiel markiert, dass ein jetzt Verfahren beginnt, das man mündlich nennt, als ob das ganze Gebäude, die Tische und Stühle, die Akten und Körper, die Kleidung, also ob all' das alles, das ganze Verfahrensgerüst Mund und nur Mund, ein riesiger Mund wäre.
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2.
Bildregime sind nicht nur Regime, die von außerhalb des Bildes und von etwas anderem als das Bild das Bild bestimmen sollen. Bildregeln und Bildregime; das sind zusammengesetzte Worte, sie können aber auch eine Assoziation bezeichnen, die man kurz und knapp Bild nennt. Sie können das nicht nur bezeichnen; das Bild kann das Zeichen sein, dass man als Bildregel bezeichnet. Bilder können die Bilder sein, die man als Bildregime bezeichnet. Ein Bild das regelt, das zum Beispiel den Regler bestimmter Affekte nach oben oder nach unten schiebt, also jemanden aufregt und wütend macht, ihn zittern und änglichst sein lässt, ihn begeistert und euphorisch macht, ihn lieben und begehren lässt, ihn an die Decke oder zu Boden gehen lässt, ihn klagen, versöhnen oder befriedigen lässt, das kann eine Bildregel, ein Bildregime sein - durch etwas, von dem man dann auch überlegen kann, ob man es als Objekt oder Subjekt oder als Akt (eventuell Handlung), Medium oder sonstwie betrachten sollte. Bildregeln können Bilder sein, müssen aber keine Bilder sein, es können auch Worte und Begriffe sein, die einem Bild gegeben und einen Bild assoziert werden und die Assoziation, die ein Bild ohnehin ist, mitbestimmen sollen. Aber dann sind dem Bild assoziiert, sie "durchqueren" es eventuell, wie Louis Marin einmal gesagt hat, beschneiden es oder lüften es, auf das es mehr Raum einnehmen und mehr Zeit haben kann.
2.
Das Bild ist eine Norm, an ihm und durch das Bild wird Differenz operationalisiert, zum Beispiel entschieden, was wahrnehmbar sein soll und wie wahrnehmbar sein soll und was nicht wahrnehmbar oder wie etwas nicht wahrnehmbar sein soll. Bilder sind in dem Sinne nicht nur visuell, sie sind auch nicht-visuell. In dem Sinne zeigen sie nicht nur etwas, sie verstecken auch etwas. Sie lassen blicken und sie blenden. Die Wahrnehmung der Bilder betrifft nicht nur das Auge. Bilder lassen auch Tasten und Hören, Greifen und Tanzen. Alle höheren und niederen Sinnen, alle Sinne noch vor ihrer Einteilung und Abschichtung danach, ob sie höher oder niedriger sind, sind durch das Bild aktivierbar, alles an Sinnen kann durch passioniert werden. Aby Warburgs Bildwissenschaft ist u.a. am Sehen und Greifen interessiert, also an den Sinne, die über das Auge und die Hand laufen. 1896 beginnt er, sich explizit mit dem Recht, mit dem römischen Recht zu befassen und beschäftigt sich mit der mancipatio, einem Geschäft, einer Handlung (sic!) oder einem Akt, mit dem ein römnischer Bürger, ein Quirit, das Eigentum an einem Sklaven erwerben kann. Gaius nennt die mancipatio ein Bild, imago, genauer gesagt eine Art bildlichen Verkaufes. Dieser Akt involviert das Sehen und das Greifen, manche Autoren assoziieren den begriff der mancipatio mit dem Begriff manus, das heißt Hand. Bilder müssen nicht unbedingt gesehen werden, auch die Hand in ihnen zum Einsatz kommen, die Hand kann etwas zum Bild machen.
2.
Auf den Staatstafeln zeigt Aby Warburg auf der ersten Tafel (Tafel 78) das Protokoll eines diplomatischen Protokolls, das teilweise als lebendes Bildes (tableau vivant) beschrieben wird. Bilder können aus Menschenkörpern und Architekturen bestehen, aus Zügen oder Aufzügen, aus Auf- und Abritten - und aus den Bewegungen, Gesten und Gebärden, die dort vollzogen werden. Nicht nur das Auge und die Hand, auch die Knie und die Kniebeuge können Bilder fassen oder erfassen. Es kann Bilder gegeben, die ohne Worte und Klang, ohne Musik und Krach nicht wahrnehmbar sein sollen. Bilder können Zeremoniell sein. Die systenmtheoretische Forschung hat historisch zu der These geführt, nämlich bei Milos Vec, es gäbe keine Zeremonielwissenschaft mehr und kein zeremoniales Wissen mehr, weil das Recht sich ausdifferenziert hätte. Ich halte die Systemtheorie und den Einfluss auf die historischen Thesen auch insoweit für falsch. Aus, aus, aus, die Differenzierung ist auf, Deutschland ist Weltmeister? Selbst wenn das einmal der Fall sein sollte, sellbst wenn sich einmal in Bielefeld Meister finden, so what? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Differenzierung ist nie aus und geht nie aus, sie fängt immer wieder von vorne an, ist immer wieder anfänglich. In diesen verhälntissen etwas zu vereinfachen und zu sagen, sicherlich könnten Bilder alles möglich sein, normalerweise seien sie aber dies und nicht das oder der gewöhnliche Juriste würde aber darunter und nicht das verstehen, das kann man machen, die Juristen machen es ja andauernd. Und reproduzieren damit den Bilderstreit, sie sagen es ja, weil offensichtlich gesagt werden muss, weil sonst noch jemand das nicht so sieht.
Die französische und die anglo-amerikanische Rechtswissenschaft, in Deutschland nur die Ansätze von mir (Bildregeln) und Vismann (Bildregime) setzen nicht mit der Unterscheidung zwischen Wort und Bild ein und machen die Unterscheidung zwischen Wort und Bild nicht zu einer prinzipiellen, kategorialen, ersten, zentralen Unterscheidung. Bei Daniel Damler bin ich mir nicht sicher. In früheren Arbeiten gab es Ansätze, den Unterschied zwischen Bild und Wort zu einen Unterschied zu machen, der die Methode trägt. In späteren Texten rücken Überlegungen zur Synästhesie ins Zentrum.
Ich halte auch die Deutung von Vismanns Arbeiten in dem Band Neue Theorien des Rechts für verzerrend, die Herausgeber ziehen sie in den systemtheoretischen Kontext, der bei ihr meines Erachtens weniger wichtig ist, als es die Luhmannzitate hier und da nahe legen. Die Unterscheidung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit spielt bei Vismann nicht die Rolle einer großen Trennung, auch nicht die zwischen Wort und Bild. Bei mir spielen beide Unterscheidung nicht die Rolle einer großen Trennung. Meine Texte sind nicht nutzbar und nicht plünderbar, um zu sagen, Bilder seien mächtiger als Worte oder um zu sagen, Schrift sei stabiler als mündliche Sprache. Sie sind nicht ausbeutbar um zu sagen, dass Bilder besser Gedächntisleistung ermöglichen würden. Stabilität und Gedächtnis sind zweischeidige Angelegenheiten. Wenn man mit Bildern sich besser bestimmte rechtliche Konstellationen merken können soll, wie manche behaupten, dann ist das limiert hilfreich, weil sich Recht ändert. Was ich von meinem Studium zivilrechtlich noch erinnere, würde mich heute vor Gericht lächerlich machen und im Examen vermutlich durchfallen lassen. In der Rhetorik gibt es den mnemotechnischen Einsatz von Bildern; in der Warburgforschung ist die Mnemotechnik ein wichtiges Gebiet geworden; aber Mnemotechnik hat dort Geschichte und Geschichten. Die sogenannten imagines (das ist u.s. ein Begriff aus mnemotechnischen Passagen der rhetorica ad herennium) liefern Formen für das die Rede (die Sprache und Aufführung, also auch Zeremoniell und Protokoll ist), die immer anders gefüllt werden müssen, die also unbeständig sind, weil sie Bestandwechsel organisieren.
Thomas Vestings Argument, der Schall würde bei der Aussprache zerfallen, die Schrift würde aber stehen bleiben, das überzeugt mich für Aussagen über Kontinuitöt und Diskontinuität oder über die Erweiiterung und Verkürzung von reflexiven Möglichkeiten nur limitiert (um nicht zu sagen: kaum), weil beides, Schall und graphische Spur, zum Distanzschaffen eingesetzt werden, beides Muster erzeugt und beides für das Symbolische eingesetzt wird.
Ich weiß, dass man das Material mit dem Sinn verwechselt, das hat auch Witz (über den Vismann in Texten über Versäumnisurteile auch witzig geschrieben hat). Aber die Lesart der kanadischen Medientheorien, die Mitte des 20 Jahrhunderts und auch mitten im kalten Krieg die Mediengeschichte als eine Abfolge aus Schritten und Sprüngen schilderte, die eine Architektur des Geistes aufgebaut haben sollen und immer wieder Abstände vergößert haben sollen, sowohl zur eigenen Vergangenheit als auch zu den Dingen und zu sich selbst, die also Reflexion und Distanz und damit Theorie und Geist immer größer gemacht haben sollen und schließlich zu dem geführt haben sollen, was Goody (kritisch) die große Trennung nannte, was später sogar zu einer Geschichte großer Anreicherung und Bereicherung wurde, das überzeugt mich nicht.
Warum? Weil Warburg eine andere Geschichte erzählt, in der das Distanzschaffen die Distanz, die es schafft, nicht zurücklegt und im Distanzschaffen die Distanz größer und kleiner gemacht werden kann. Schon Medien zu trennen und dann zu reinigen und zu isolieren, scheint mir seltsam. Dass man versucht, einen reinen Bildbegriff zu fassen, der nicht Bildsprache sondern, wie jüngst eine Autorin schrieb, nur über "bildliche Bilder" spreche, und nicht über sprachliche Bilder spreche, scheint mir gelinde gesagt seltsam. Man will über Bilder sprechen und dass sie gleichzeitig nicht an die Sprache geraten. Dass Bilder und Sprache limitiert sind, das will ich nicht bestreiten. Warum aber ausgerechnet Juristen oft so streiten, als ginge kein Riss durch den Gegenstand und als sei er umbestreitbar, das ist doch nur ein Trick. Dass sie so über Dinge sprechen, als hätten sie mit den Dingen nichts zu tun, dass sie das Subjekt so sauber vom Objekt abtrennen wollen, das scheint mir seltsam.
Die Trennung zwischen Wort und Bild kann eine Rolle spielen, muss sie aber nicht, sie wird in allen Fällen mit einer Assoziation zwischen Wort und Bild einhergehen. Wie Bruno Latour einmal schrieb: Die Reinigung wird mit einer Vermischung, die Vermischung mit einer reinigung einhergehen. Ich habe früher von Kreuzungen gesprochen: Bildregeln sind Kreuzungen. Das Bild ist eine Kreuzung, es ist prinzipiell sowohl eine Assoziation als auch eine Trennung. Das muss keine große Trennung sein, vor allem nicht im Sinne Jack Goodys. Ich widerspreche den Thesen, dass man die Unterscheidung zwischen Wort und Bild zur Grundlage der Unterscheidung ganzer Gesellschaften machen sollte, also zum Beispiel Goodys und Ongs Schriftgeschichte nutzen sollte, um einen Vorsprung westlicher, literater Gesellschaften vor illiteraten Gesellschaften zu behaupten. Das man mit Schrift mehr Distanz zu sich und den Dingen gewinne als ohne Schrift, das halte ich für eine gewagte These, die also vague wahr sein kann und in eben dem Maße auch vague unwahr sein kann. Wie ein Nußschale wird die Wahrheit dieser Aussage in einer Brandung der Möglichkeiten tanzen, untergehen, hochkommen und sich verkehren. Dass Bilder emotionaler wirken würden als Schrift ist so wahr wie die Vorstellung, dass es nachts kälter ist als draußen.
Dass man Gesellschaften danach unterscheiden kann, wie die Bilder besprechen, wie sie mit denen umgehen - dass glaube ich auch. Ich glaube, dass man Museen in Russland schon an der Art und Weise erkennt, wie die Besucher sich dort verhalten. Wird man in ein russischen Museum gebeamt, sagt einem niemand, man sei jetzt im Russischen Museum in St. Petersburg - und sieht man dann, wie dort Eltern den Kindern Bilder erklären und diese Bilder nicht unbedingt so behandeln, wie Besucher der documenta die jüngsten 423 Bilder von Gerhard Richter, aber Bilder unbedingte wie Dokumente und Zeugnisse von Wahrheiten, Wichtigkeiten, Ideen und Moralitäten, Siegen und Verlusten, Scheitern und Glück behandeln, dann weiß man auch ohne Ortsangabe: man ist im Osten, in Russland eventuell, einer Gesellschaft mit einer anderen Bildkultur. Ich bion mir nicht sicher, aber Erfindungen des byzantinischen Bilderstreites könnten durchaus Begriffe geliefert haben, die hilfreich sein können, solche Unterschiede auch heute zu beschreiben, Unterscheide, die nicht nur das Verhältnis von Feindschaft und Freundschaft zu Bildern betreffen, sondern auch die Bereitschaft zur Übersetzung oder aber zum Beharren auf Unübersetzbarkeit.
Die Unterscheidung zwischen westlichen Gesellschaften und nicht-westlichen Gesellschaften würde ich trotzdem nicht auf die Linie der Unterscheidung eines Mediums legen. Der Inhalt eines Mediums, das bleibt mir von McLuhan immer als erstes im Gedächtnis, ist nämlich immer ein anderes Medium. Anders gesagt: Sie sind auch Form, vor der und hinter der, über der und unter der andere Formen auftauchen, und wenn medien etwas vermitteln, dann über Trennungen und Assoziationen, also mit und ohne andere Medien, mit und ohne andere Formen.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Was ist ein Bild?
1.
Wir schlagen für den Anfang vor, das Bild nicht als dasjenige zu definieren, das sichtbar oder visuell wäre. Wir schlagen vor, dass Bild als Norm zu definieren - nämlich als Stelle, an der Differenz operationalisiert wird, indem man Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Wahrnehmbarkeit und den Entzug von Wahrnehmbarkeit einrichtet. Das heißt weiter, dass wir die Norm nicht als dasjenige definieren, das verbindlich ist. Wir definieren die Norm als die Stelle, an der Differenz operationalisiert wird, also Verbindungen und Unverbindlichkeiten eingerichtet werden, anders gesagt: Norm ist das, an dem und durch das getrennt und assoziiert wird.
Warburg, auch das wollen wir übernehmen, verbindet die Vorstellung von Bildern und Normen mit einer Technik, die er Distanzschaffen nennt. Auch das Distanzschaffen, so behaupten wir, operiert mit Normen, die nennt Warburg Symbole, durch die etwas getrennt und assoziiert wird. Norm und Symbol sind insoweit bei Warburg Synonyme. Wir weichen also von anderen Definitionen ab und widersprechen ihnen. Wir widerlegen sie nicht. Wir definieren nämlich das Bild und die Norm technisch, künstlich und übernehmen dafür selbst die Verwantwortung. Uns hilft die Vorstellung nicht, dass eine Norm verbindlich und darin eteas zwingendes liege. Wenn anderen diese Vosretllung hilft, solllen sie sie haben. Uns hilft die Vorstellung, dass die Norm das ist, an dem und durch das man trennen assoziieren kann. Ist die Norm ein Satz und lautet der Satz Du sollst niemanden ermorden, dann ermöglich der Satz den Streit darum, wie weit ich mit meinen Tötungshandlungen gehen soll und ab wann ich sie unterlassen soll. sie ermöglichden Streit darum, wer und was zur Assoziation des Tötbaren gehört und wer zur Assoziation des Verschonbaren gehört, ermöglicht den Streit darum, ab wann aus der Beendigung und Verhinderung von Leben ein Mord wird.
Wir, pluralis maiestatis: Das Bild verpflichte ich nicht darauf, sichtbar oder visuell zu sein. Ich verpflichte es darauf, normativ und ein Norm zu sein. Ich verpflichte die Norm nicht darauf, verbindlich zu sein, sondern darauf, eine Differenz zu operationalisieren, also zum Beispiel eine Unterscheidung möglich zu machen. Andere Begriffe des Bildes widerlege ich nicht, andere Definitionen der Norm widerlege ich nicht. Was ich wiederlege, wäre die Behauotung, dass man das Bild oder die Norm nicht so definieren kann. Ich habe es nämlich gerade getan. Es ging.
Dafür habe ich gute Gründe. Denn das ermöglicht mir, das zu beobachten, was sich mir aufdrängt, also die Fragen zu schärfen, die sich mir stellen und die Antworten zu geben, die man meines Erachtens geben sollte. Ich glaube nicht, dass man aus dem Streit und aus der Unverbindlichkeit aussteigen kann, man kann nicht aus der Möglichkeit der Affirmation und nicht aus der Möglichkeit der negation aussteigen. Aus der Kontigenz kann man nicht aussteigen, nicht aus der Relation, nicht aus der Limitierung.
3.
Aby Warburg hat noch einen besonderen Bildbegriff. Der, so lautet sich die These, verbindet die Vorstellung des Bildes mit der Vorstellung von spezifischen Bewegungen oder Regungen, nämlich unbeständigen, meteorologischen und polaren Bewegungen oder Regungen. Obwohl der Begriff weniger gebrächlich ist, aber weil er dem Begriff des Rechts, der Regierung, dem Regime und der Regie schonn assoziiert wurde, spreche ich lieber von Regung als Bewegung. Bilder regen, sie regen sich und regen dann andere auf, andere ab: Immer dann, Bilder die einen Aufregen und die anderen abregen oder die anderen sich nur aufregen, weil andere sich über Bilder aufregen und sie selber in diesen Bildern kein Grund zu Aufregung sehen, dann ist iconic turn. Dann ist Bilderstreit, werden Bildern von unterschiedlichen Seiten in doppeltem Sinne bestritten.
Warburg schildert seine Wissenschaft wiederholt als Wissenschaft von Bildern, durch die Regung vorkommt. Die Regung schildert er immer wiede als das, was ihn interessiert. In der Dissertation von 1892 ist es das sogenannten bewegte Beiwerk, flatternde Kleider und Haare, Wind, die ihn interssieren. Die Reise von 1895/ 1896 führt in zum Tanz. Die Regung, aus der heraus Warburg seine Wissenschaft ist entwickelt ist spezefisch, wie gesagt: unbeständig, meteorologisch und polar. Ist sie nicht unbeständig, nicht meterologisch und nicht polar, bedrängt sie Warburg nicht; dann überlässt er die Beschäftigung auch gerne anderen.
Unbeständig heißt unter anderem, dass die Bewegung alles an ihr ändert, von der Richtung über die Geschwindigkeit, von den Ursachen, Anstössen, den Triebkräften über die Bahnen bis hin zu den Zielen, von den Fahrzeugen bis zu den Wegen. Nach eine Vollbremse wäre eine Bewegung, weil die Vollbremse Bewegung ändert. Meterologisch heißt, dass Körper involviert sind, sie kommen und gehen und deren Erscheinen und Verschwinden schwer berechenbar bis unkalkulierbar ist. Ich orientiere mich bei denmegriff der Meterologie (den Warburg nicht zentral entfaltet, implizit erschließe ich das) vor allem an zwei Autoren, nämlich Thomas Hobbes und Rene Descartes, also an zwei Autorenm die an der Schwelle der Neuzeit den Begriff der Meterologie in naturwissenschaftlicher und gesellschaftstheoretischer Hinsicht verwenden. Polar ist schließlich eine Regung, in der Kehren, Kippen oder Wenden vorkommen. Die Drehung der Erde, das ist das einfachste Beispiel, ist polar, weil damit Positionen von Himmelskörpern wiederkehren, Jahreszeiten, Lichtverhältnisse wiederkehren, sich zwischendurch aber auch umkehren. Polar sind regungen, die sich um Achsen oder Scharniere drehen. Mal ist es hell, dann dunkel, dann wieder hell, dann wieder dunkel: Die Regung ist polar. Mal sieht man etwas, mal nichts: das ist eine polare Regung.
Das Bild ist eine Norm, die Norm eine Regung. Wie dabei Differenz operationalisiert wird, wie dabei etwa unterschieden wird, wie dabei assoziert wird, das ist eine der zentralen Fragen der Rechtswissenschaft, für die ich Verantwortung übernehme. Das halte ich auch für subjektiv, deswegen aber nicht für nicht objektivierbar. was subjektiv ist, kann objektivierbar sein. Was objektiv ist, kann subjektivierbar sein. Ich entwickele diese Vorstellungen aus der Beschäftigung mit Aby Warburg heraus, behaupte aber nicht, dass Warburg das auch so sieht. Fragen können wir ihn nicht mehr. Obschon sein Wille launisch gewesen sein soll, verspreche ich, seinen Willen ernst zu nehmen und nicht brutal oder grob zu behandeln.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Wozu iconic turn?
Immer dann, wenn Bilder aufregen und Bilder regiert werden sollen, dann ist iconic turn. Immer wenn Bilder die einen an- und die anderen abturnen, dann ist iconic turn.
Wir definieren für eine Anfängerübung die juristische Grundlagenforschung als Forschung an der Geschichte und Theorie von Grenzobjekten oder boundary objects. Das sind Objekte, an denen die Rechtswissenschaft und das Recht an Grenzen stoßen und sich etwas teilt, unter anderem das Wissen, aber auch alles andere, also auch der Glauben, das Handeln, die Emotionen und Sinne oder, abstrakt gesprochen: die Operationen. Sie teilen sich durchgehend auf, man muss sagen: sie zerteilen sich auch. Hat man es mit Sprache zu tun, teilt sich die Sprache durchgehend auf, so daß man es mit einer eigenen Sprache und einer fremden Sprache zu tun bekommt und weiter noch. Teilt und zerteilt man die Sprachen, unterscheidet man sie nicht nur nach eigener und fremder Sprache. Man teilt dann auch zwischen Sprache, Laut, Krach, Geräusch, Stummheit oder Sprachlosigkeit. Sprache zu teilen und dann auf der einen Seite die Sprache zu lassen, auf der anderen Seite die Bildsprache, das ist schon so eine Operation, die an Grenzobjekten stattfindet.
In der Anfängerübung beschäftigen wir uns konkret mit zwei Sorten von Grenzobjekten: Mit Aby Warburg, einer Person, anhand derer die Frage, ab wann jemand als Rechtswissenschaftler qualifiziert ist, eventuell nicht im Konsens beantwortet werden kann. Das wird eventuell strittig werden, sein und bleiben - und umstritten zu sein, ist eventuell keine Katastrophe, denn das ist Art. 1 I GG oder § 433 BGB auch, sondern eine produktive Unsicherheit. Die zweite Sorte sind die beiden Staatstafeln, Tafel 78 und 79 aus dem Mnemosyneatlas, auch das sind Grenzobjekte. Wir befassen uns mit Bildern als Grenzobjekten und so wird in dieser Anfängerübung die Geschichte und Theorie des Bildes zu einem Grundlagenfach der Rechtswissenschaft. Wir stellen den iconic turn nach, wiederholen ihn mal wieder und sind nicht die erste, der wird seit mindestens 2500 Jahren wiederholt. Man kann sagen: Es sind nicht die Bilder, die plötzlich dort eindringen, wo sie vorher nicht gewesen sein sollen. Der Bilderstreit kehrt zurück, immer wieder zurück. Den Anfang des Forschungsprojektes, das schließlich 2009 zu der Publikation Bildregeln führte, markiert ein Skizze und Ideensammlung, die ich 2005 in dem von Kent Lerch herausgegebenen Band Sprachen des Rechts III veröffentlicht habe: Die Rückkehr des Bilderstreites ins Recht. Den Autoren, die das Verhältnis zu Bildern so schildern wollen, wie das Verhältnis zu Flüchtlingen und Flüchtigem, liefert dieser Aufsatz keine Munition. Wer Bilder so betrachtet, als seien das unzuverlässige und nicht besonders vertraunswürdige Gestalten aus dem nahen und fernen Osten, die man besser kontrolliert, den dürfte dieser Aufsatz irritieren. Wer glaubt, er sei der originellste und erste, der über das Verhältnis von Recht und Bildern nachdenkt, der dürfte diesen Aufsatz äußerst enttäuschend finden. Machen Sie einen Bogen um diesen Aufsatz, der ist nix für sie, wenn Sie an ihren Standpunkten festhalten wollen und es nicht so kompliziert haben wollen mit dem Recht und den Bildern. Wenn sie sagen wollen, dass früher alles rein war und pltözlich Bilder das Recht stören, dass Bilder schneller, wichtiger, schwerer, mächtiger als Rechtsbegriffe seien: gucken Sie bloß nicht in diesen Aufsatz, er hilft ihnen nicht, um zu glauben, was sie glauben.
2.
Wozu iconic turn? Vor wenigen Tagen gab es Aufregung um eine Anzeige des Unternehmens h&m. Der Anzeige wurde Sexismus vorgeworfen, sie wurde zurückgezogen. In dem Fall sind Bilder zum Streitgegenstand geworden, bevor es in der Öffentlichkeit ein juristisches Verfahren gab, wurden die Bilder zurückgezogen. Die Klage blieb juridisch, die Lösung blieb juridisch. Man hat das Problem ohne Juristen und ohne Recht gelöst, das geht nämlich auch.
Der Konflikt ähnelt (vorsichtig gesagt) einem Konflikt um eine Fotografie, die der amerikanische Fotograf Helmut Newton 1978 von der Künstlerin Grace Jones gemacht hat und das auf dem Cover einer deutschen Zeitschrift auftauchte. Damals wurde daraus ein juristisches Verfahren, der Verlag wurd verklagt, man sprach damals von der Sexismus-Klage. Klägerin war Alice Schwarzer, sie schreibt in der Emma später:
"Ihr sollt euch kein Bild von mir machen. - Der alttestamentarische Gott erließ nicht zufällig dieses Gebot. Er wusste, dass, wer sich ein Bild vom anderen macht, sein Bild dem/der anderen überstülpt. In der Geschichte der Menschheit haben Bilder zweifellos das Bild vom Menschen stärker geprägt als Worte. Und wir leben in einer Zeit, in der die Macht des Bildes erneut zunimmt. Gerade Frauen können ein Lied davon singen. Gerade sie sind tausendfach fixiert in Werbung, Medien, Film und Kunst: als Hure oder Heilige, als Körper ohne Kopf, als Objekt, das benutzt oder zerstört werden kann - ganz nach Lust und Laune des Betrachters. Es gehört zum Backlash, dass das "starke Geschlecht" die Definitionsmacht über das "schwache Geschlecht" nutzt, bis zum Anschlag. Im Namen der so genannten "Freiheit der Kunst" ist mit Frauen alles möglich Diese Bildermacht ist so allgegenwärtig, dass viele sie noch nicht einmal mehr als solche wahrnehmen. Eine Reaktion darauf ist die andauernde Empörung über das Frauenbild der Werbung. Ach, wenn es nur das wäre ... Längst hat die Bilder-Propaganda vom Untermenschentum der Frauen ihren Triumphzug durch Medien und Kunst angetreten. Im Namen der sogenannten "Meinungsfreiheit" oder "Freiheit der Kunst" ist alles möglich - mit Frauen sogar das, was, würde es Ausländer oder Juden treffen, längst Gegenstand öffentlicher Empörung und staatlicher Verbote wäre. Der Tat geht der Gedanke voraus. Bevor man es tut mit dem/der anderen, führt man ihn oder sie in der Phantasie vor: als solche, mit denen man es machen kann und denen es nur recht geschieht. Das war in der jüngeren deutschen Vergangenheit nicht anders. Die viehischen Transporte jüdischer Menschen an die Stätten ihrer seriellen Vernichtung waren ja nicht nur Resultat eines seit Jahrhunderten verwurzelten Antisemitismus. Sie wurden auch gezielt vorbereitet von einer mit allen Mitteln der Kunst betriebenen Wort- und Bild-Propaganda gegen "den jüdischen Untermenschen": So sieht einer/eine aus, den/die ihr anspucken, vertreiben, töten dürft... Der 1920 in Berlin geborene Großbürgersohn Helmut Newton hatte einen jüdischen Vater. Seine von ihm verehrte Fotolehrerin Yva wurde in Auschwitz ermordet. Er selbst flüchtete rechtzeitig nach Australien. Doch das Herrenmenschentum nahm er mit, in ihm lebt es weiter. Seine Phantasiewelt ist bevölkert von Tätern in Uniform oder Nadelstreifen und Opfern, deren besondere Anziehung meist darauf basiert, dass sie stark sind und erst noch gebrochen werden müssen: hochgewachsene blonde Gretchen, glänzende schwarze Sklavinnen und lüsterne Herrinnen, die ihren Herrn suchen."
Ob man dem zustimmt oder nicht: Die Passage ist so treffend, weil sie deutlich macht, dass um Bilder offensichtlich normativ und rechtlich mindestens seit dem gestritten wird, seitdem es monotheistische Religionen gibt. In der kurzen Passage macht Schwarzer deutlich, dass der Streit um Bilder ihr ein Streit um Herrschaft und die Spitze der Herrschaft, um Schöpfung und wahre, richtige, schöne Schöpung ist, um die Teilung der Geschlechter und die Teilung der Sinne, also auch darum, was hoch und und was niedrig sein soll. Schwarzer bringt Tabu, ich sage das explizit ohne bestimmten oder unbestimmten Artikel. Es wird Leser geben, die zustimmen, die das abwegig finden, die es übertrieben oder noch milde ausgedrückt finden.
In jüngerer zeit hat der Streit um Bilder im Kontext der Auseinandersetzung um die Teilung der Geschlechter, Fragen des richtigen Menschenbildes und des richtigen oder falschen Begehrens, um Gewalt und Lust Satzungen, Verträge, Artikel, Gesetesinitiativen und juristische Dissertationen hervorgebracht. Unter anderem Berit Völzmann hat darüber (ihre Dissertation) veröffentlicht: Geschlechtsdiskriminierende Wirtschaftswerbung. Zur Rechtmäßigkeit eines Verbots
geschlechtsdiskriminierender Werbung im UWG, Baden-Baden 2015.
3.
Bilder sind also aktuelle Grenzobjekte, man kann sagen: Wir beschäftigen uns mit aktuellen Fragen, mit geschichte und Theorie jetzt und in der Praxis. Meine These ist, dass die Dissertation von Berit Völzmann einen Streit führt, um den es auch schon in der Dissertation von Aby Warburg über Sandro Botticelli von 1892 geht, um den es später in dem Streit um die Anzeige von h&m geht, in dem es auch bei der sog, Sexismus Klage von Alice Scharzer gegen den Stern ging und um den es tatsächlich, wie Schwarzer treffend darstellt, wohl schon in der Antike und im Buch Genesis ging. Die These lautet: Das ist ein Bilderstreit, der seit 2500 Jahren auch mit schriftlich überlieferten Quellen geführt wird.
Wie einheitlich oder homogen, wie unterscheidlich und heterogen dieser Streit ist, damit wird man sich auseinandersetzen müssen. Wie kontinuierlich oder diskontinuierlich dieser Streit geführt wird, damit wird man sich befassen müssen. So einfach, wie manche von tausendjährigen oder zweitausendjährigen Werten ausgehen und glauben, die seien das Heile, Ganze einer Kultur, das iszt hier schwer möglich, denn das ist die geschichte eines Streites, pathetischer gesagt: eines Kampfes, weniger pathetisch gesagt von Auseinandersetzungen und Zusammensetzungen, abstrakter gesagt: von Trennungen und Assoziationen, von Differenz und Wiederholung.
Wir definieren für die Anfängerübung das Bild als ein Grenzobhekt der Rechtswissenschaft, wir definieren es auch als ein minores Objekt. Eine Reihe von Autoren beschreiben das Bild als ein Medium das emotionaler, instabiler, unbeständiger, bewegter sei als andere Medien, etwa als Begriffe. Sie beschreiben Bilder so, wie andere wiederum Frauen beschrieben haben, die angeblich auch emotionaler, instabiler und unbeständiger als Männer und darum besser kontrolliert werden müssten. In jüngeren Texten dreht sich das Argument weiter: Junge Frauen würden von Bildern eher krank, u.a. magersüchtig, und seien darum schutzbedürftiger.
Dass wir in der Anfängerübung das Aby Warburg, zwei Tafeln und das Bild als Grenzobjekte vorstellen, hat subjektive und objektive Gründe, konkrete und abstrakte Gründe. Man könnte so eine Anfängerübung ganz anders angehen, muss man aber nicht. Unter anderem sollte man von Anfang an auch üben, Konflikte zu übersetzen und zu vergleichen - sich also zu überlegen, wie treffend im Detail etwa Alice Schwarzers Argumente sind. Von einer Anspruchgrundlage oder eine stragrechtlichen Norm, von einer öffentlich-rechtlichen Norm oder von Grundrechten habe ich noch nichts erwähnt. Auf etwas wird Alice Schwarzer zurückgriffen haben, um ihre Klage in eine juristische Klage zu übersetzen. Nicht nur Juristen klagen, andere zun es auch. In solchen Fällen, wenn andere machen, was Juristen machen oder wenn etwas anderes dem Recht ähnlich ist und doch dem Recht nicht unbedingt eigen oder exklusiv zugehörig sein soll, wenn es nicht durch eine Garantie dem Recht gesichert erscheint, wollen wir von Juridismus reden. Eine Klagen können also juridisch oder juristisch geführt werden - die oben abgedruckte Passage kann man eine juridische Klage nennen, die würde auch ganz ohne staatliches Recht, ohne staatliche Gerichte so geführt werden. der eine oder andere Rabbi, der eine oder andere Spezialist des Talmud oder des kanonischen Rechts könnte freilich wiedersprechen, und sagen, das sei schon mehr als eine juridische Klage, das sei eine juristischer Klage und die Grundlage der Klage sei klar genannt: Das Buch Genesis - und das sei eine Rechtsquelle.
Noch einmal: Ich glaube, dass man auch in Warburgs Dissertation schon den Streit findet, den Schwarzer oder Völzmann führen. Der Nachweis muss übersetzen - er ist noch nicht geführt.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Vor dem Gesetz
Kommen sie vom Land oder aus einer Stadt, wollen sie was von Recht und Gesetz wissen? Vor dem Gesetz und vor dem Recht steht etwas, es könnte jemand, aber auch nur etwas sein.
Eine Anekdote: Das Forschungsprojekt über Warburgs Staatstafeln habe ich inzwischen mehrfach vorgestellt, auch vor Juristen und Rechtswissenschaftlern. Das heißt, dass ich teilweise 90 Minuten mit Hilfe der beiden Tafeln von Aby Warburg gezeigt habe, wie, warum, mit welchen Medien und Techniken er die Unterzeichnungen der Lateranverträge, die Ratifikation der Urkunden und die Gründung eines neuen römischen Staates protokolliert (so auf Tafel 78) und wie er das alles kommentiert, nämlich auf Tafel 79. Es passiert dann ab und zu, dass die erste Frage der Juristen und Rechtswissenschaftler lautet: Was hat das mit Recht zu tun? Können Sie noch einmal kurz wiederholen, was das jetzt mit Rechtswissenschaft zu tun hat?
Lateranverträge, Staatengründungen: Offensichtlich kann so etwas nichts mit dem Recht zu tun haben. Kann sein, dass Verträge und Staatengründungen nur scheinbar was mit Recht zu tun haben. Mein Eindruck ist: je größer die Koryphäe, desto eher schien ihr, ich hätte bisher nicht ein Wort von Recht und seiner Wissenschaft verloren, alles sei nur äußerlich gewesen, alles nur Worte und Bilder, alles nur Schall und Rauch. Es gibt manchmal den Zug bei Experten, zu denken, sie wüßten Bescheid und würden alles kennen. Wenn die es nicht kennen und verstehen würden, könnte es nichts mit dem Gegenstand zu haben.
Die unsicheren, unreifen, unfertigen Wissenschaftler, die nur unvollständig qualifizierten Wissenschaftler können nicht ausschließen, dass die Lateranverträge rechtliche Verträge sind und die Gründung eines römischen Staates ein Rechtsakt, dass Protokolle und Kommentare juristische Techniken sind; dass das Dogma der katholischen Kirche auch Recht ist und dass die Kommunion auch ein rechtliche Seite hat; sie können nicht ausschließen, dass das Verzehren auch eine juristische Technik sein kann. Vielleicht wußten sie es nur noch nicht. Aber es gibt fertige Wissenschaftler, die sind sich sicher, dass das alles nicht sein kann, denn sie hätten noch nie davon gehört, es selber noch nie so gesehen, noch nie von Aby Warburg gehört. Darunter gibt es sogar solche, die von ihm gehört haben, die wissen eventuell, wie schon gezeigt wurde, dass Aby Warburg nichts mit Recht und Rechtswissenschaft zu tun hätte: Er sei doch Jude oder aus einem jüdischen Haus, ein Fremdling, die Juden würden ohnehin wie verrückt interpretieren, das sage sogar das römische Recht; und Warburg habe nicht nur wie verrückt interpretiert, sondern es gäbe eine medizinische Diagnose, die bewiesen hätte, dass er nicht normal, dass er pathologisch verrückt gewesen wäre. Überhaupt seien Geschichte und Theorie Phänomene des Elfenbeinturm, sie selbst würden viel realer und realistischer arbeiten; andere könnten sagen, der käme aus der Bank, das seien doch Betrüger, das habe nichts mit ernsten Recht und ernster Rechtswissenschaft zu tun: alles nur Überbau und Illusion, alles nur der Form nach Recht und nicht das Recht selbst.
Das sei alles Phantasma. Ich wette, dass sie ihren Standpunkt behalten können, auch wenn ich 100 mal 90 Stunden argumentiere. Das Recht bleibt limitiert und nicht nur das: es hält sich nur durch Trennungen, nur über Distanz und nur über Differenz. Ich komme nicht rein, ohne gleichzeitig am Außen haften zu zu bleiben.
Meine These: das ist nicht mein privates Problem. Anderen geht nicht besser und nicht schlechter. Unter anderem erklärt sich so vielleicht, warum man Robert Alexy 23 Ehrendoktorwürden verabreicht, es reicht nie, er bräuchte noch tausend damit er Anerkennung findet, endlich Anerkennung. So erklärt sich vielleicht, warum C 4 Professoren neidisch oder gekränkt reagieren, wenn andere bekommen oder werden, was sie nicht bekommen oder werden und warum sie glauben, sie seien Außenseiter und Underdogs, dürften nicht mehr sagen was sie wollen, wenn die einmal nicht zu einer Talkshow eingeladen werden, keinen Hegelpreis bekommen, kein Bundespräsident werden oder ein paar Aktivisten im Vorlesungsaal randalieren. Sie bekommen von der Volkswagenstiftung ein Opus Magnum Stipendium, aber wenn das Buch dann nicht oft genug rezensiert wird und genug gelobt wird, glauben sie, sie seien total draußen, wie die Ratten würden sie behandelt - und der nächste Nazivergleich und Stalinistenvergleich ist nie weit, nicht in Deutschland.
Wie, man muss immer noch was beweisen, sich immer noch durchsetzen, immer noch gibt es Widerstände und Insistenzen? Ja klar, das ist das Recht. Niemand und nichts hängt an der Referenz, ohne von ihr getrennt zu sein. Die Selbstreferenz hält nicht dichter und stabiler, ist nicht besser verlötet, verschweisst, verschmolzen, verbunden oder veknotet als die Fremdreferenz. Referenzen gibt es durch Trennungen, das sind Entfernungsmittel, Symbole, die man zum Distanzschaffen braucht. Das Recht kann sich nicht durch fremde Kräft begründen und durch eigene auch nicht, ohne gleichzeitig zu wanken und zu kippen, nicht ohne Gründe, Grund und Boden unter den Füßen zu verlieren.
Anekdote, nichts als Anekdote. Offensichtlich haben die 90 Minuten Auseinandersetzung mit Lateranverträgen und Staatsgründungen nicht dazu geführt, dass der eine oder andere Jurist, der eine oder ander Rechtswissenschaftler auch nur etwas vom Recht, nur ein Fitzelchen vom Recht mitbekommen hat.
Alles was wir über das Recht erfahren, wissen wir nämlich über Formen, Medien, Techniken: Worte und Bilder, die zumindest eine äußerliche Seite haben und denen darum immer gesagt werden kann, nur äußerlich zu sein. Alles nur Worte und Bilder über das Recht und immer noch nicht drin. Es ist ein bisschen wie im kalten Krieg, wenn die einen Krieger im Westen sagen, die im Osten würden von Recht sprechen, aber kein Recht meinen und die Krieger im Osten sagen, die im Westen würden von Recht reden, aber kein Recht meinen.
Die Anekdote ist eine Anekdote, und doch teilt sie etwas sehr ernstes mit. Man ist nie drin, kommt nie rein, nicht ohne etwas zu bestreiten und bestritten zu werden, nicht ohne umstritten zu sein und nicht am Äußeren haften zu bleiben. Daniel Damler, der seit einigen Jahren über Recht und Bilder forscht, muss sich von Systemtheoretikern vorhalten lassen, nicht zu beachten, dass das Recht sich nur aus eigener Kraft und mit sich selbst begründen zu können, aber Bilder seien dem Recht nicht eigen und gehörten nicht zur Selbstreferenz. Es gibt die Idee, und die könnte auch bei Luhmann schon angelegt sei, die Selbstreferenz habe ein eigenes Medium und ein Bild sei das nicht. So kann man eben auch streiten, in dem man Eigenes verteidigt und Fremdes verdammt.
2.
Es gibt die Geschichte des Liebesbeweises. Beweis mir Deine Liebe! Man bringt Blumen und kann sich sagen lassen, es seien doch nur Blumen. Man kann Liebesbriefe schreiben und sich sagen lassen, das seien doch alles nur Worte über die Liebe. Man kann einen goldenen Ring bringen und sich sagen lassen, sei doch nur materiell. Man kann ein Leben miteinander verbingen und wenn es hochkommt eine zweistellige Anzahl von Kindern miteinander zeugen und sich sagen lassen, es seien alles nur fleischlische Gelüste, Hormone und Körperfunktionen gewesen. Man wird auf das Begehren zurückgestoßen, sowohl das Begehren, den Beweis zu bekommen als auch das Begehren, ihn zu erbringen. Man kann sagen: die Liebe ist ein Begehren. Das kann man auch über das Recht sagen, Aby Warburg ist einer derjenigen, der das unter anderem nahelegt, ich komme später dazu. Cornelia Vismann hat das in ihrem Buch über Akten auch behauptet (und dazu im Kontext einer Interpretation von Franz Kafkas Parabel Vor dem Gesetz auf zwei französische Autoren, nämlich Gilles Deleuze und Felix Guattari verwiesen).
Wenn der Vorschlag von Klaus Röhl, die Unterscheidung zwischen Bilder im Recht und Bildern über das Recht Sinn macht, dann nur durchgehend, sprich: an jedem Detail, jedem Begriff, jedem Element und Merkmal, jedem Grund, jedem Bild bricht dieser Unterschied auf. Alles, was man liefert, um ins Recht zu kommen, stapelt man über das Recht. Nicht stillt Differenz, nichts stillt die Notwendigkeit, Differenz operationalisieren zu können. Die Unterscheidung macht nur dann sind, wenn sie bis ins Innerste und bis ins Äußerte Sinn macht.
3.
Noch einmal: Röhls Vorschlag macht überhaupt nur dann Sinn, wenn er durchgehend Sinn macht. Und dann gehen die Grenzen des Rechts mitten durch das Recht, noch durch sein 'Innerstes'. Anders gesagt: Der Vorschlag macht Sinn, indem er nichts schließt, nichts schließen und beschließen lässt und in dem er nichts öffnet, nicht öffen lässt. Er ermöglicht nur, Differenz zu operationalisieren, Trennungen mitzumachen, Scheidekünste zu üben, in dem Fall mit zwei Begriffen: intern/ extern, mit zwei Vorstellungen, denen eines Innen und eines Außen. Was im Kino läuft, ist ein Film über das Recht, der ein Film im Recht sein kann: Er kann Streitgegenstand werden, etwa weil an ihm Rechte strittig werden: Grundrechte, Zivilrechte oder Strafrecht. Pierre Legendre hat einen Film gedreht, das ist ein Film über das Recht und ein Film im Recht, denn dieser Film ist Teil von Legendres Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, nicht anders als die Bücher die er schreibt und nicht anders als die Bücher wird er im Unterricht zu Ausbildung von Juristen gezeigt. Der Vorschlag, den Röhl macht, der ist lächerlich, aber auch komisch und witzig. Und wäre er nicht zu bestreiten, wäre nicht etwas dran, was abgewiesen und zurückgewiesen werden muss und nicht gleichzeitg etwas dran, auf das man sich einlassen muss, weil es ein Problem mit sich bringt, das man nicht einfach wegerklären sollte, dann hätte ich Klaus Röhl gar nicht erwähnt.
Das Problem, dass der Vorschlag mitbringt ist grundlegend: An jedem Detail muss das Recht seine Grenzen finden, weil es diese Grenzen nicht hat, nicht so, wie man im Tresor etwas hat. Hätte das Recht diese Grenzen, müsste man sie nicht mehr finden, nicht mehr formulieren, nicht mehr um- und reformulieren, müsste sich nicht wiederholen und nichts anderes versuchen. Das Recht, so schlage ich vor: ist nicht beständig, es ist unbeständig. Es muss nicht unbedingt stabilisieren, muss keine Verhaltenserwartungen, muss gar nichts stabilisieren, kann auch destabilisieren. Wenn es nie beständig war, dann muss das Recht seine regungen und Bewegungen nicht beibehalten, es kann alles an der Regung ändern. Es muss nicht leben, nicht wie das Leben funktionieren, muss nicht etwas sein, was seit 2500 sich autopoietisch so reproduziert, wie die Hunde, die Karnickel oder Tiere, die auf einer roten Liste stehen und bei denen man sich sorgt, dass sie aussterben. Es kann sein, dass das Recht gar nicht lebt, das die Theorie der Autopoiesis falsch ist. Aby Warburg etwa geht von einem anderen Begriff als dem an biologischen Theorien des Lebens entwickelten Begriff der Autopoiesis aus. Nach Warburg lebt die Antike nicht, lebt also auch das römische Recht nicht im gegenwärtigen Recht. Warburg spricht vom Nachleben, das ist etwas, was auch in dem Sinne nach dem Leben liegt, wie es im Tod liegt. Nicht alle gehen davon aus, dass Recht autonom und nur autonom, rein und nur rein ist. Das kommt im Alltag vor, der Alltag im Recht. Es gibt Literatur im Recht und Recht in der Literatur, Kunst hier und da, Recht da und hier: Wenn es Systemreferenzen gibt, sind sie austauschbar und ersetzbar, übersetzbar. Im Hinblick auf die bekannte 'grenzpolizeiliche Befangenheit' nationaler Wissenschaften, die sich darum sorgen, dass etwas Fremdes eindringt halten wir das systemtheoretische Vokabular eher für einen Fluch als ein Segen. Die Nachteile überwiegen.
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