Tumgik
#Unsere Vögel und ihre Stimmen
wildbeimwild · 2 years
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Die Kraft der Vogelbeobachtung
Vögel sind lebendige Boten unserer Umwelt Vögel zu beobachten und ihre Stimmen zu hören hat nachweislich positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Man kann sich damit sogar heilen. Wenn wir Vögel bewusst beobachten, können wir Stress abbauen. Unser Immunsystem wird gestärkt. Diese Auswirkungen belegt eine Reihe wissenschaftlicher Studien und mit den Anleitungen in diesem Buch kann man sie…
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krautjunker · 4 years
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Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er? Handwörterbuch der Vogellaute
Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er? Handwörterbuch der Vogellaute
von Thomas Thelen Der pensionierte Deutschlehrer Peter Krauss, zweifach promoviert und mit 60 Semestern an unterschiedlichen europäischen Universitäten ein Bildungsbürger durch und durch, hat mit seinem Handwörterbuch der Vogellaute ein Kompendium geschaffen, das einzigartig ist in all den Welten zwischen zwei Buchdeckeln. Abb.: Grasmücken; Bildquelle: Von Thomas Thelen aus dem Buch…
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nikooktaetab · 4 years
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Kim Eunsook’s rechte Kontaktlinse saß nicht richtig. Beziehungsweise war bestimmt ein doofes Staubkorn darunter oder so. Jedenfalls konnte sie sich, seit ihr Fahrer das gusseiserne Tor passiert hatte, nicht auf die idyllische Szenerie des ehemaligen Olympiageländes konzentrieren. 
Sonnenstrahlen brachen durch mehr oder weniger exotische Baumkronen, der Mercedes fuhr geschmeidig in einer Reihe aus teuren Wagen, emsig die Hügel hinauf. In der Ferne sah man das Meer glitzern, es lag frisch und still unter der Morgensonne. Die gläserne Caféteria des Gebäudes reflektierte bis in die weite Ferne die Sonnenstrahlen, auf dem Campusgelände direkt um das Haupthaus waren hier und da Studenten zu sehen. Es war erfrischend, keine Uniformen mehr sehen zu müssen - auch wenn es bedeutete, dass man sich eventuell mehr Gedanken darüber machen musste, was man anzog.
Mit einem genervten Schnalzen blinzelte Eunsook ein letztes Mal, gerade rechtzeitig, um die Auffahrt mit der niedrigen Mauer drumherum betrachten zu können. Eingebettet in Bäume, mit dem Rücken zum Hügel, erstreckte sich ein modernes, helles Gebäude mit einem flachen Anbau aus ockerfarbenem Stein. Während sich vorn Rosen rankten und hier und da versetzt romantische Blumenkübel, Durchgänge und Efeu den Eingangsbereich einfassten, waren hinter dem niedrigen Anbau Palmen über dem Dach zu erspähen. 
Da es noch früh am Morgen war hörte man nur ein paar erste Vögel und Grillen, doch das Schlagen von mehreren Türen und die lauten Stimmen von Son Chaeyoung und Kim Dahyun, die sich übertrieben enthusiastisch begrüßten, hörte man sicher bis zur nächsten Villa, die sich einen knappen Kilometer weiter die Straße runter befinden musste.
“Aaah, Chewie! Was ist mit deinen Haaren passiert?”, rief eine viel zu wache Minatozaki Sana mit ihrer nasalen Stimme, sie hing bereits an der gebürtigen Taiwanesin, die mit reservierter Miene einen Schritt zurück taumelte und verlegen den strawberryblonden Schopf der Älteren tätschelte.
“Farbe”, antwortete sie nur stumpf und warf Myoui Mina, die gerade aus ihrem Wagen stief, einen hilfesuchenden Blick zu. Diese wandte sich nur mit einem verkniffenen Grinsen ab, fand sich dann allerdings selbst in einer haarsträubend intensiven Umarmung wieder.
“Minariii~”, quietsche die Älteste, Im Nayeon, verspielt, doch ihre Augen funkelten diabolisch. Sie hatte die Türen hinter sich offen gelassen und mit lautem Bellen machte nun Momo’s Norwich Terrier, Boo, auf sich aufmerksam. Er nahm seine Aufgabe als Empfangskomitee sehr ernst und lief schwanzwedelt reihum und schleckte den Mädchen emsig die Knöchel ab, bis er gestreichelt wurde. 
Auch Eunsook ging grinsend in die Knie und kraulte dem Hahn im Korbe der TWICE Frat liebevoll den Kopf. Eine verschlafene Momo tauchte in der Türe auf und klatschte eher mäßig konsequent in die Hände: “Oi, Boo! Komm her, na komm schon?!”
“ENDLICH seid ihr da~”, trällerte Park Jihyo hinter ihr und klatschte aufgeregt in die Hände, “na kommt schon rein! Es gibt Frühstück! Für Sie haben wir natürlich auch etwas bereits gestellt”, wandte sie sich zum Ende hin an zwei der Fahrer, die ihr lächelnd zunickten.
Und unter Geplauder und Gekicher betraten die Mädchen ihre neue Behausung. Eunsook erkannte Jisuk’s Cap und hing sich von hinten über ihre Schulter, erschrocken zuckte sie zusammen. “Na”, machte sie und grinste, Jisuk machte etwas luftleer “Na” zurück. 
Momo war bereits seit einem Jahr hier während Sana und Mina früher angekommen waren und somit war Tzuyu die einzige Austauschschülerin, die das Haus noch nicht live gesehen hatte. Dahyun und Chaeyoung hatten sich links und rechts bei dem großen Mädchen eingehängt und zeigten ihr alles, während der Rest das Handgepäck auf die bereits eingerichteten Zimmer brachte. 
Auf dem Weg nach unten kam Jisuk und Eunsook Yunhee entgegen, sie grinste und Eunsook stieß sie mit der Schulter an: “Na, Unnie, nicht geschlafen?” “Haha. Führ das Gespräch doch mit meinen Augenringen weiter…” Eunsook kicherte und stieß Jisuk mit der Schulter an, die grinsend die Augen verdrehte.
Die Küche, die aussah wie ein pfirsichfarbener Traum geträumt von wahlweise Marie Antoinette oder Jane Austen, hatte eine große, helle Tafel in der Mitte. Nach und nach trudelten sie ein und nahmen Platz. Es gab ein großzügiges Brunch und sie aßen, allen voran Momo und Nayeon, die von allen einen Happen anhaben wollte. Mina klopfte gerade Sana auf den Rücken, die vor Lachen beinahe erstickt wäre da sich Dahyun und Eunsook ein hitzköpfiges Imitationsbattle lieferten, da klatschte Jihyo erneut begeistert in die Hände.
“OKE OKE! Alle mal herhören~”
Dahyun beugte sich in Sana’s Richtung und machte unter tatkräftigem Einsatz von fliegenden Brotkrumen: “Psssscht!” , was Sana nur noch mehr zum Lachen brachte. 
“Seid gefälligst leise, wenn eure Mutter spricht”, schnaubte Jeongyeon, musste aber selbst kichern, als Nayeon ihr schnaubend auf die Schulter schlug. 
Jihyo zog die Brauen hoch und sah mit ihrem breiten Grinsen und runden Augen aus wie eine besonders passiv-aggressive Lokomotive aus dem allgemeinen Kinderfernsehen.
“Hört mal! Ich freue mich, dass wir endlich alle hier sind! Bis auf’s letzte Zimmer ist das Haus nun voll und ich hab mir einige Gedanken gemacht, wie wir unsere Frat nennen werden…”
“Frat”, wiederholte Jisuk, sie wirkte nervös. Eunsook tätschelte ihr beruhigend den Arm, allerdings hatte sie selbst eine zuckende Braue: “Jaaah, das heißt soviel wie Party-Meile, nur als fester Ort.”
“Wir sind der Club”, klassifizierte Yunhee trocken. 
“Wenn du nicht abschließt, kotzen Leute auf deine Kissen aus spanischer Seide”, brachte Chaeyoung es ziemlich charmant auf den Punkt.
“Oh”, machte Jisuk ernüchtert und schien kurz zu überlegen, bevor sie die Schultern zuckte. “Fein. Was steht denn zur Auswahl?”
Jihyo’s Brauen wanderten wieder in die Höhe und sie beugte sich mit verschränkten Händen ein wenig vor. “Ne?”
“Es gibt keine Auswahl, God Jihyo hat entschieden~”, zwitscherte Nayeon und Momo hinter ihr mimte stimmlich einen Heiligenschein. Jeongyeon knallte die Handfläche dramatisch auf die Tischfläche.
“TWICE!”
Die Jüngeren warfen sich ratlose Blicke zu. Chaeyoung blinzelte träge, Dahyun’s Miene war ein versteinertes Grinsen und Tzuyu machte passenderweise einfach nur “Eh?”
“Ehhhh?”, zog Sana es etwas in die Länge und beugte sich auf den Tisch, ihr Haar verfing sich am Ende in einem aufwendig gegossenen Kerzenständer.
“Naja, die Leute werden nicht nur einmal herkommen, wenn sie einmal auf einer Party hier waren.”
“Sondern… zweimal”, schloss Mina tatkräftig nickend und hielt verstärkend zwei Finger hoch, “...Twice.”
Für einen kurzen Moment war es still. Dann wieherten Dahyun, Eunsook und Chaeyoung los. Nayeon, Jeongyeon und Jisuk ahmten unentwegt Jihyo’s Enthusiasmus und dann Mina’s nüchterne Wiederholung nach. Yunhee und Momo warfen sich einen Blick und schnaubten belustigt. 
Nach einer Weile hatten sie sich beruhigt und waren bereit, Jihyo wieder zuzuhören. 
“OKE OKE”, begann sie wieder, die Wangen diesmal etwas wärmer, und warf sich die aschblonden Beachwaves über die Schulter, “also nochmal: ihr seid nun alle stolze Mitglieder einer Frat. Es gibt drei-” und hier hielt sie bestärkend drei ihrer kleinen Finger in die Luft, “-und zwar uns, TWICE-”, hier war vereinzelt erneut Gekicher zu hören, “-und dann zwei männliche. BANGTAN ist den Hügel rechts runter, MONSTA den Hügel links.”
“Bang- eh?”, machte Tzuyu erneut, inzwischen lag ihre Stirn in angestrengten Falten.
“Monsta? Echt jetzt? Unser Name ist Premium!”, meinte Dahyun plötzlich sehr überzeugt und verschränkte mit einem heftigen Nicken die Arme vor der Brust und sah dabei wie ein älterer Herr aus. 
Jihyo blinzelte mit einem unbeirrten Lächeln einige Male hektisch, bevor sie erneut die Hände zusammenschlug: “BANGTAN, MONSTA und TWICE also!”
“Wer is’n da so dabei?”, fragte Eunsook und rieb schon wieder an dem Auge herum, in dem die Kontaktlinse nicht ganz das tat, was sie sollte.
“Ich schicke die Mitgliederliste gleich in den Gruppenchat”, versprach Jihyo und atmete tief ein, “und heute brauche ich eure tatkräftige Unterstützung, denn als einzige weibliche Frat dürfen wir die erste Party des neuen Schuljahres schmeißen~”
Daraufhin klatschten und jubelten sie, bis auf Tzuyu, die völlig lost schien, und Yunhee und Eunsook, die sich einen bedeutsamen Blick zuwarfen. 
Sie planten gemeinsam, wer was vorbereitete, und zerstreuten sich dann wieder. Jisuk und Eunsook folgten Yunhee auf ihr Zimmer und sie ließen sich alle rittlings auf das große Bett fallen. Jisuk verband sich gerade mit dem Bluetooth Speaker während Eunsook sich auf den Bauch rollte. Yunhee und sie sahen sich an, dann seufzte Eunsook und zog ihr Handy aus der hinteren Tasche ihrer Jeans und öffnete den TWICE Gruppenchat.
Mit einem theatralischen Räuspern las sie vor:
“Also. In der MONSTA Frat sind Son Hyunwoo genannt Shownu, Chae Hyungwon, Lee Minhyuk, Yoo Kihyun, ...Lee Jooheon...oh… und Im Changkyun? Sind das-”
“-ich glaub ja.”, murmelte Yunhee und deutete erneut auf den Screen des Handys.
Eunsook wandte sich wieder der weiteren Gruppe zu: “Und in der Frat mit dem charmanten Namen namens BANGTAN sind… ach du Scheiße…”
“...jap.”
“..Kim Seokjin, Min Yoongi, Kim… Kim N-Namjoon…”
Jisuk und Yunhee vermieden geflissentlich, sich anzusehen, als Eunsook königlich über den Namen stolperte.
“...Jung Hoseok… Park Jimin und Jeon Jeongguk.”
“Ausschließlich Ehrenmänner”, schloss Yunhee spöttisch, Eunsook schnaubte, seufzte und ließ ihr Handy auf den Boden fallen um das Gesicht in den Laken zu vergraben und einen dumpfen, theatralischen Schrei auszustoßen. 
“Ja, allerdings”, murmelte Yunhee und bei dem Gedanken, all die bekannten Gesichter heute abend in ihrem Heim zu beherbergen, wurde ihr ein bisschen übel.
“Also… ihr scheint ja nicht so gut auf die Kerle zu sprechen zu sein. Darf man fragen, warum?”, fragte Jisuk vorsichtig in die Stille.
Diesmal stieß Yunhee ein theatralisches Seufzen aus.
“Das ist eine ziemlich lange Geschichte…”
“...ich hoffe, du magst keine Happy Endings. Die hier hat keins”, begann Eunsook und hob den Kopf aus den Kissen, um Jisuk schief anzugrinsen.
Jisuk richtete die Kissen in ihrem Rücken und nahm sich ein Gudetama Plushie, um es im Schoß zu halten. Dann grinste sie die beiden aufmunternd an: “Ich liebe lange, komplizierte Geschichten!”
Yunhee und Eunsook sahen sich verwundert an, dann mussten sie lachen.
“Also gut”, begann Yunhee und Eunsook fuhr dramatisch fort: “Es begann alles damit, dass ich geboren wurde…”
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yalu23 · 5 years
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Der Widersinn der Jagd
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Samstag, 30.November, zwischen den Gemeindegebieten Mank und St.Leonhard am Forst: Treibjagd. Jäger/innen, Treiber sammeln sich im altbekannten Viereck, Hunde laufen dazwischen aufgeregt hin und her. Schüsse knallen. Ich sehe einen Hasen um sein Leben laufen, die Hunde hinter ihm. Das Viereck läßt ihm keine Chance, verzweifelt versucht er zu entkommen. Ich mag mir seine Angst nicht vorstellen...ein Schuß, ein zweiter, eine Salve...der Hase fliegt durch die Luft, überschlägt sich, landet auf der Erde. Ein Hund eilt pflichtgetreu heran, packt ihn, bringt ihn zu seinem „Herrn“. Wo schon ein Hase liegt, tot. Ich bin sehr viel in der Natur unterwegs und man möge jetzt sagen mit Hunden werde ich wohl selten Tieren begegnen. Stimmt nur bedingt. Natürlich begegne ich ihnen. Es gab hier eine Gruppe von 9-10 Rehen, die uns schon kannte. Und die Tiere flüchteten nicht mehr, warteten bis wir vorbei waren...diese Rehe gibt es nicht mehr. Auch kaum Hasen, Fasane, Enten. Alles tot. Die Jägerschaft muss morden, weil es den angeblichen Überschuss an Tieren zu regulieren gilt. Jeder weiß, wir haben keinen Überschuss. Überschüsse schon, aber auf die letzten Tiere, die noch leben. Und Thema Regulierung: Wo sind die Wölfe aus Niederösterreich hingekommen? Ich wage zu wetten, erschossen...irgendwo verscharrt oder tiefgekühlt...bis Gras über die Sache gewachsen ist. Denn ein Wolf im Wald, das geht gar nicht. Schließlich würden alle Kinder in Kürze gefressen werden. Und es geht ja um die sogenannten Nutztiere...die plötzlich so arm sind. Dass sie letztendlich von Mensch ermordet und gefressen werden, zählt hierbei nicht. Dass es in Rumänien mit dem Herdenschutzmanagement durch Hunde funktioniert, interessiert auch nicht. Der Jäger duldet keinen Konkurrenten im Wald. Während der Jagd lief eine Joggerin am Feld vorbei...ihr Hund lief neben ihr und entschied sich todesmüde doch auch aufs Feld zu laufen...nur kurz, ohne jagen zu wollen... er hatte Glück gehabt. Warntafeln, Absperrbänder usw. gibt es nie, obwohl eigentlich gesetzlich vorgeschrieben, brauchen wir hier nicht. Samstag, 7.Dezember, nur eine Woche später am gegenüberliegenden Feld: Treibjagd. Denn hier darf keiner überleben. Zwei tote Hasen sind die Beute auf diesem Feld, man zieht weiter, denn es werden keine Gefangenen gemacht...die Hasen baumeln von Stöcken, Blut rinnt über ihr pelziges Gesicht. Ihr Leben, das ohnehin schon schwer genug ist, weil wir Menschen die Umwelt bereits an den Rand des Kollaps gebracht haben, wurde in Angst und Schrecken und Terror beendet. In Österreich gibt zirka 110.000 JägerInnen, die etwa 600.000 Säugetiere und 320.000 Vögel pro Jahr töten. Die Jagd fällt nicht unter das Bundestierschutzgesetz, die TäterInnen selbst, also die JägerInnen, bestimmen, welche Taten „weidgerecht“, also legal, sind. Die marginalen Gesetze werden so gut wie nicht kontrolliert. Ich selbst habe Jagd auf Hasen in der Schonzeit erlebt, Schüsse aus fahrenden Autos...Ich kenne eine Frau, die im Dorf beim Wäscheaufhängen nur knapp einer Kugel entging. Katzen werden in den Dörfern erschossen, mutwillig. Gewesen ist es dann keiner, weil Mut gehört nicht zum Repertoire der JägerInnen. Stark ist man nur mit der Waffe in der Hand und am Besten in der Gruppe. Muss ich mir als steuerzahlende Bürgerin dieses angsteinflößende Geballere anhören? Ehrlich gesagt, das stört mich am Wenigsten, obwohl ich jedes Mal aufschrecke. Aber ich möchte nicht, dass Tiere gehetzt und getötet werden, nur weil Mitmenschen sich nichts Besseres zu tun wissen. Denn dass die Jagd nicht notwendig ist, würde man endlich die großen Beutegreifer am Leben lassen, dazu gibt es zahllose Studien und wissenschaftliche Ergebnisse. Die Jagd ist ein blutrotes Hobby. Die Berufsjäger, die wenigen, die es gibt, streichen nicht am Samstag durch die Gegend, um auf alles zu schießen, was sich bewegt (unzählige, sogenannte traurige „Unfälle“ belegen dies). Muss ich mitansehen, wie unsere Mitlebewesen gnadenlos verfolgt und ermordet werden? Ich höre schon die Stimmen, soll sie doch wegziehen, die „Zuagroaste“. Wohin? Es wird doch überall gejagt. Und es geht nicht um mich und um meine Befindlichkeiten – es geht um die letzten Tiere, um unseren Planeten, den wir völlig zugrunde richten. Übrigens: Im Herbst 2018 veröffentlichte die ECHA (Europäische Chemikalienagentur) eine Bewertung über die Auswirkungen von Bleimunition, in der die Agentur empfohlen hatte, nicht nur den Einsatz sondern auch den Besitz von Bleischrot zu verbieten. Nächste Woche wieder? Samstag? Treffen zum lustigen Halali? Seht ihr nicht, dass ihr euch selbst damit vernichtet, eure Kinder? Weitermachen, bis zum bitteren Ende? Oder vielleicht doch Wolf, Luchs und Bär den Job machen lassen? Die können das nämlich besser, nachhaltiger, ökologischer und „waidmännischer.“ Mittlerweile bin ich nicht mehr allein mit meiner Meinung, jeder, den ich darauf anspreche, reagiert negativ auf die Jagd. Auch Bauern, die früher ganz anders darüber sprachen. Müssen wir alle, die wir gegen diesen Wahnsinn sind, tatsächlich diesem Treiben zusehen? Keine Chance auf Einhalt? Vielleicht müssen wir den Gegenwind noch forcieren, die Zeit ist die beste dafür. Natur braucht keine Jäger. Read the full article
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wtnvgerman · 7 years
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Episode 109 - Eine Geschichte über Huntokar
(Anhören [ENG])
Dies ist eine Geschichte über Huntokar, sagte eine Stimme im Radio. Eine Stimme, die ihr noch nie zuvor gehört habt, obwohl sie schon euer ganzes Leben mit euch gesprochen hat.
Ich bin Huntokar, die Zerstörerin. Ihr wurdet bereits zerstört, ihr wisst es nur noch nicht.
Einst, weit vor diesem bedauerlichem Jetzt, gab es den Schlammleib. Wir Götter warteten darauf, geboren zu werden. Die Frau aus Italien, der Ferne Prinz und so viele andere. Wir warteten darauf, dass Zeit und Raum anfingen. Im Schlammleib passierte nie irgendwas. Sogar der Gedanke zu Handeln war unmöglich. Im Schlammleib war man noch nicht, aber wusste, dass man eines Tages sein würde.
Und dann begann die Geschichte und wir verteilten uns in das Licht und die Stunden. Wie einfach und leicht alles in diesen ersten paar Jahrtausenden zu sein schien! Es gab immer nur eins von allem.
Die Frau aus Italien tauchte ihre Hände in die Sterne, fuhr mit ihren Fingern durch die großen, leuchteten Spulen des Universums. Der Ferne Prinz erkundete jede weit entfernte Höhle und jedes abgelegene Loch, all die dunklen Orte. Die Wolke in der Ecke des Himmels leuchtete, änderte jede Sekunde ihre Farbe und ließ tote Tiere fallen, lange bevor es Tiere überhaupt gab. Ich saß im Schneidersitz 10.000 Jahre lang in einem See.
Aber nichts währt ewig, nicht mal wir. Bald gab es andere Dinge in unserem Universum und alles änderte sich. Die Frau aus Italien war fasziniert vom Schmerz, den sie diesen Kreaturen zufügen konnte. Der Ferne Prinz begann einige von ihnen in verwundete Sklaven zu formen, die durch das, was ihnen angetan wurde, außer sich getrieben wurden. Die Glow Cloud kontrollierte den Verstand von jedem, der ihr zu nah kam.
Und ich? Ich dachte, ich wäre die Ausnahme. Ich dachte, dass ich sie eher erziehen würde, anstatt sie zu regieren. Ich war von allen von uns die einzig Gute. Aber ich war es, die sie letztendlich wahrlich zerstören würde.
Ich hab jeden Moment seit meinem Fehler damit verbracht, das zusammenzusetzen, was ich auseinander genommen habe, aber – es geht über meinen Verstand. Jede Aktion, die danach strebt zu verbessern, verursacht nur mehr Leid und Schrecken. Sogar mein Erscheinung, einst der Ursprung von Ehrfurcht, ist jetzt fremd und erschreckend für sie. Nichts passt mehr so zusammen, wie es das einst tat.
Cecil. Guter Cecil, den ich immer wieder versucht habe zur Wahrheit zu führen. Ich konnte die Worte nie wirklich rausbringen. Ich bin die Zerstörerin, habe ich ihm gesagt, aber was konnte er davon verstehen? Meine Feigheit verschleierte die Details meines Verbrechens. Ich konnte es nicht ertragen, es zu wiederholen. Bis jetzt.
Ich sage dies auf jeder Welt gleichzeitig: alle müssen verstehen, was passiert ist. Dies ist eine Geschichte über Huntokar. Aber es ist auch eine Geschichte über euch und sie und jede arme Seele, die sie hört. Natürlich sagte ich Cecil im Singular, als ob es nur eins von jedem gäbe. Aber wie wir jetzt wissen, gibt es nicht nur eins von allem. Es gibt einen Cecil, der nicht hören wollte. Es gibt einen Cecil, der hörte, aber nicht verstand. Es gibt einen Cecil, der sein bestes gab, aber versagte. Es gibt einen Cecil, der längst nicht mehr war, bevor ich kam. Es gibt Cecil und Cecil und Cecil und Cecil und dann bin da ich, die ihm wieder und wieder versucht ihm die Entscheidung, die ich getroffen habe, zu erklären. Aber alles, was immer rauskommt, ist die Wahrheit.
Ich bin Huntokar, sage ich. Ich bin die Zerstörerin. Alles wahr. Alles nutzlos.
Jeder von uns wählte sich an diesen frühen Tagen seinen Bereich aus. Die Glow Cloud die Wolken. Der Ferne Prinz die Ferne. Die Frau aus Italien überall außer Italien. Wir alle konnten an unseren ausgewählten Orten tun, was wir wollten.
Es gab keine Kriterien für meine Wahl. Ich kam an einem Tal vorbei, trocken, fast leblos. Abgesehen von ein paar mutigen Leuten, die rausgefunden hatten, wie sie dort überleben konnten. Und ich erwählte sie, führte und lehrte sie und nach und nach wuchs eine Stadt heran. Night Vale. Der eine Ort in der Welt, der wirklich meiner war.
Ich bin die Erschafferin.
Und ich nehme an, dass ich in diesem Moment zum aller ersten Mal Liebe für meine Kreation empfand, dass die Zündschnür, die alles zusammenbrechen lassen würde, angezündet war. Obwohl es erst viele Jahrhunderte später passieren sollte, durch den bloßen Beginn meiner größten Zufriedenheit und Freude wurde diese Tragödie unvermeidbar. Als sie sich meiner gütigen Anwesenheit in ihrem Leben bewusst wurden, fingen sie an mich anzubeten. Ihre Liebe gab dem Vorbeiziehen meiner Jahre Sinn und im Austausch gab ich ihnen eine immer bessere Welt. Sie entwickelten Zeremonien die mir gewidmet waren, indem sie weiche Fleischkronen aufsetzten und das erbauten, was später als Blutsteinkreise bekannt war.
Und so war es für eine lange Zeit. Night Vale war kein Ort mit irgendeinem Unterschied zu irgendjemandem in dieser Welt, außer mir, die über es wachte und es liebte. Eine Liebe, die ihr Ende bedeuten würde.
Jetzt, in dieser zerstörten Welt, bin ich vergessen. Sie haben immer noch Blutsteine und sie beten immer noch an, aber nie fragt jemand: was wird in diesen Kreisen angebetet? Warum ist dieses ganze Fleisch an unsere Köpfe gebunden? Was einst ein Tribut war ist nun eine Reihe von Gesten, so menschlich und bedeutungslos, wie sie es war, bevor ich hergekommen bin.
Sie sehen leuchtende Pfeile im Himmel, gestrichelte Linien und Kreise und sie denken sich nichts dabei. Luftverkehr, Weltraumtrümmer, komische Vögel. Sie können und wollen die Nachricht von ihrem Gott nicht lesen. Die einzigen, die sich noch wirklich an mich erinnern, sind die Alten Die, die außerhalb der Zeit stehen. Die gesichtslose alte Frau, die in dieses Land kam, um zu versuchen eine Antwort auf einen Verrat vor langer Zeit zu finden. Sie erinnert sich an mich, obwohl sie nie vor mir den Mund aufmachen würde. Ihre Wege sind Wege des Leids und sie führen nur zu ihr selbst. Sie ist eine geschlossene Schleife einer Person.
Die Glow Cloud erinnert sich an mich, aber kann nichts machen, außer einladende Farben aufleuchten zu lassen, um mich zu begrüßen. Ich hab keinen menschlichen Verstand, den sie kontrollieren kann, also gibt es keinen Weg für uns miteinander zu reden. Und die anderen natürlich, der Ferne Prinz, die Frau aus Italien, die fünfköpfigen Drachen, dieser… Beagle. Sie wissen ganz genau, wer ich bin. Und deswegen sind sie der Untergang von Night Vale.
Der Weg zu dieser Zerstörung wurde von den Menschen gelegt. Sie haben eine Bombe äußersten Grauens entiwickelt, eine Waffe so schrecklich, dass sie niemals benutzt werde sollte und dann damit zu drohen, sie zu benutzen. Narren! Sie traten sich über das ganze Gewässer gegenüber, zankten wegen missverstandene Gedanken und verkünden in immer lauteren Stimmen, dass sie sich darauf vorbereitet haben, die Geschichte ihrer Spezies wegen einem Grund von Stolz zu enden. Einige Götter feuerten das an, genossen das Chaos und die Angst als Vergnügen und verbreiteten Paranoia, während sie durch die Welt gingen. Ich versuchte Night Vale ruhig zu halten. Aber sogar meine Kinder waren nicht immun gegen die wachsende Angst.
Und dann kam der Tag, der 7. November 1983. Ein Übungsweltuntergang, der für den Echten missverstanden wurde und sich so, durch dieses Missverständnis, zum echten Weltuntergang entwickelte. Mhm, die Macht eines Gedankens voller Angst. Die Bombe war in der Luft, es waren nur noch Minuten übrig, die Menschen in Night Vale kauerten sich eng zusammen und wartete auf das Ende ihrer Geschichte.
Ich konnte es sehen, während es passierte. Ich konnte den Blitz und den Feuerberg sehen, die Hitze, die einen Körper nur in seinen Schatten verwandelte. Die sich anschleichende Krankheit und das Austrocknen der Ernte, ich konnte alles davon sehen, als wäre es schon geschehen.
Ich sah hoch in den Himmel, während die Leute um mich herum weinten und sich voneinander verabschiedeten. Und ich sah noch etwas: einen Planeten unglaublicher Größe, der von keiner Sonne beschienen wurde. Einen unsichtbaren Titanen, voller dichtem, schwarzem Wald und zackiger Berge und tiefen, stürmischen Meeren. Er hing so nah, dass er den ganzen Himmel ausfüllte. Und das war der Moment, an dem ich mich entschied, nein. Ich würde sie retten. Ich würde die Stadt, die ich erschaffen habe, retten. Ich bin die Retterin.
Es war eine einfache Idee. Ich müsste Night Vale von dieser endenden Welt entfernen. Ich wusste nicht, ob es funktionieren würde; ich habe noch keinen Gott gesehen, der das versucht hat. Aber ich hatte nur Minuten und ich wusste, dass ich meine einzige Stadt retten musste. Ich war naiv, aber das liebevoll. Ihr solltet mir nicht vergeben, nur weil ich Liebe in meinem Herzen trug. Absichten spielen nie eine Rolle.
Night Vale würde alleine stehen, vom ganzen restlichen Universum abgeschnitten, aber sicher. Das war zumindest, was ich dachte. Keine Handlung ist ohne Konsequenz. Ich bin die Zerstörerin.
Was als nächstes geschah, war ein schreckliches Knackgeräusch. Ein Geräusch, wie ich es noch nie zuvor gehört habe, wie es noch niemand zuvor gehört hat, weil dieses bestimmte Ding noch nie vorher zerbrochen ist, nie in der Geschichte aller möglichen Geschichten. Als ich versuchte Night Vale aus der Welt zu heben, in die sie gehörte, zerschmetterte ich die Realität. Und ich zerschmetterte die Realität nicht nur in meinem Night Vale, sondern in allen Night Vales. Alle Night Vales, die waren oder sein könnten, jedes mögliche Night Vale in jedem möglichen Universum zerbrach gleichzeitig und fiel ineinander.
Es gab ein Night Vale, das genauso wie mein Night Vale war, aber in dem an einem einzigen Tag ein einziger Bürger ein grünes Hemd statt einem gelben Hemd trug. Es gab ein Night Vale, das zu einer riesigen Metropole herangewachsen war: Wolkenkratzer und Menschenmassen und kleine Bars, in denen Leute saßen und über die großartige Dinge redeten, die sie schreiben würden, wenn sie damit aufhören würden so oft zu kleinen Bars zu gehen.
Es gab ein Night Vale, das niemals war, in einer Welt, in der Menschen sich nie entwickelt haben. Es gab ein Night Vale in der die alte Frau Josie nie sterben konnte und es gab ein Night Vale, in der sie nie gelebt hatte.
Es gab ein Night Vale in einer Welt, die überflutet war und diese Stadt trieb auf dem Wasser und gedieh, ihre Lichter schillerten über den Wellen wie ein Ölteppich.
Es gab ein Night Vale, in dem es kein Huntokar gab und diese Stadt hätte vor mir sicher sein sollen, aber dann fielen all die andere Night Vales in es hinein und es wurde auch durch meine Aktion zerstört.
Jedes Night Vale damals, jedes Night Vale jetzt, jedes Night Vale aus Vergangenheit und Gegenwart, jede Stadt mit jeder möglichen Person, die jede mögliche wichtige und unwichtige Entscheidung trifft, alle von ihnen, ein Fraktal von Night Vale, eine endlose Wiederholung von Cecil und Bürgern, und in meinem Moment närrischer Hoffnung, im Glauben, dass ich irgendwas retten könnte… streckte ich meine ungeschickte Hand aus und zerstörte sie alle.
[Tiefes Seufzen] Ich glaube an dieser Stelle würde Cecil es sagen, also Cecil, werde ich es für dich sagen. Lasst uns einen Blick auf das Wetter werfen.
(„Full Metal Black“ von The Royal They)
Night Vale ist zerschmettert. Aber fürs Erste ist es immer noch da. Mhm, Zeit ist erschreckend hartnäckig auf diese Art. Selbst wenn sie schwer verwundet ist, bewegt sie sich. Und so balanciert die Stadt, jede mögliche Version der Stadt, unsicher auf ihrer zerbrochenen Realität. Einige Versionen der Stadt fielen komplett in andere Versionen, werden in ihrer Realität und unerwarteten Kombinationen zusammengeklappt. Andere öffneten bloß Grenzen zu meinem originalen Night Vale, Durchgänge durch die es möglich, aber nicht empfehlenswert war, zu reisen. Für eine Weile glaubte ich daran, dass wir so weitermachen könnten. Wenn wir nur unsere Köpfe senken und darauf bestanden zu leben, ohne die Welt um uns herum anzusehen oder zu beachten, könnten wir einfach weiter machen. Und die Hauptsache war – weiter zu machen. Leugnen war der Schlüssel. Solange wir leugnen, war nichts falsch.
Die anderen Götter waren von dem Ort meines schwankenden Bereichs angezogen, aber ich konnte Waffenstillstand mit ihnen vereinbaren. Sie taten nichts, dass die Balance durcheinander bringen könnte, an der meine Welt gerade so hing und im Austausch durften sie ihre Köpfe reinstecken, sich umsehen, vielleicht ein paar Versionen von meinem Night Vale in ihre Spielwiese für mit Schrecken erfüllte Vergnügen umwandeln.
Andere wurden angezogen, nicht nur Götter. Es gab diejenigen, die kamen, um zu helfen, wie die Engel, die Night Vale so stark leugnet, wie sie ihre eigene Situation leugnen. Und dann gab es diejenigen, die für ihre eigenen minderwertigen Absichten kamen, wie diese schrecklichen Männer und ihre schrecklichen Kisten. Die wichtige Sache war kein lebenswertes Leben. Die wichtige Sache war einfach ein Leben, das fortbesteht.
Aber jetzt haben die fünfköpfigen Drachen mit ihrer Trauer und ihrer Wut alle anderen Götter in diese Situation hineingezogen. Und unser fragiler Waffenstillstand geht zu Ende. Die Spalten weiten sich. Alle möglichen Night Vales öffnen sich zueinander. Es wird nie wieder nur eine Sache von irgendwas geben. Wenn all diese Realitäten real sind, kann kein Sinn entstehen. Alles auf einmal ist im Grunde gar nichts.
Ich hab so sehr versucht Night Vale vorwärts zu bewegen, unwissend was mit ihm passiert ist. Selig ignorant. Aber meine Bemühungen enden hier. Die Welt fällt schließlich auseinander, Stück für Stück, und ich sehe zu. All die Kräfte in meinen tausenden von Jahren und ich kann nur zusehen, wie es zerfällt.
Cecil, guter Cecil. Dessen Leben direkt auf den Bruchlinien dieser zerbrochenen Realität liegt. Er erzählt sein eigenes Ende ohne zu bemerken, dass es sein Ende ist. Er versteht nicht, was mit ihm passiert.
Und deshalb bin ich hier. Erzähle euch die Geschichte, damit ihr wenigstens in eurer Vernichtung wissen werdet, wer euch zerstört hat. Und ihr werden verstehen, dass sie euch nur aus dem liebevollen Wunsch euch zu retten zerstört hat. Möget ihr sie lieber als närrisch und naiv erkennen, statt abscheulich.
Noch während ich spreche schaue ich in den Himmel und sehe den dunklen Planeten unglaublicher Größe in der sonnenlosen Leere sitzend. Unsichtbarer Titan, voller dichtem, schwarzem Wald und zackiger Berge und tiefer, stürmischer Meere. Jetzt ist er so nah. Ich kann ihn direkt über mir sehen. Vielleicht, wenn ich mir genug Mühe gebe, könnte ich ihn berühren.
Dies war eine Geschichte über Huntokar. Sie, die dachte, sie könnte retten. Sie, die, statt zu retten, zerstörte.
Ich bin eine Geschichtenerzählerin. Die Geschichte könnte euch nicht gut tun. Hm. Aber eine Geschichte ist nie für Zuhörer geeignet. Sie ist immer für denjenigen, der sie erzählt.
Gute Nacht, mein Night Vale.
Gute Nacht.
Sprichwort des Tages: Weniger ist mehr. Erleichterung ist der Weg zum Glück. Besitztum macht einen nicht aus. Jedenfalls, danke für dein Portmonee, tschüüüüüß!
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photospoemsthings · 8 years
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Erde
Die schweren Schatten bin ich gewöhnt. Aber am dritten Tag fällt nun auch Asche aus den bleigrauen Wolken. Ganz langsam, dabei ruhelos, wie es Eingeschneit-werden eben so an sich hat. Und Asche, das ist etwas, das wir und ich bis heute nicht gekannt haben. In den ersten Minuten standen wir dicht am trüben Fenster und fühlten uns wie Kinder, konnten es nicht glauben. Das war Freude, nein eher Faszination, die einen Moment später von Angst verschluckt, vollkommen in ihr aufgenommen wurde; Angst wie man sie auch empfindet, wenn man von Flugzeugabstürzen hört und weiß, dass es Freunde gibt, die gerade heute eine Reise angetreten haben; alles weit weg und auf einmal unnahbar nah, man spürt das Aufstellen von Nackenhaaren, man zittert, als sei erstes Eis in den Pfützen und November. Mattia schrie. Wirklich! Asche! Wirklich echte Asche! Er schrie. Ich schrie nicht. Ich holte stattdessen meine Mutter, die auch Mattias Mutter war und im schwach beleuchteten Eingang bei der Küche lag. – In ihrer Hängematte, ihre verbleibenden, filterlosen Zigaretten in Gedanken zählend. Die ausgebeulte, weinrote Schachtel lag auf dem Küchentisch, zu weit entfernt, um sie lustlos und mit nur einer Handbewegung zu erreichen. Der Fernseher lief halblaut, er lief eigentlich immer, denn niemand machte sich die Mühe ihn auszuschalten. Ein Moderator im schwarzem Nadelstreifenanzug vor blauem Grund, rede von den Ängsten, die wir nicht zu haben brauchten, aber doch hatten. Die Angst hatte sich versteckt, deswegen war sie unbezwingbar; war in alle Ritzen gekrochen, die ihr zur Verfügung standen. Etwa in die halbaufgeschlagenen Seiten (als schlüge ein Pfauenmännchen ein blaues Rad) des zerlesenen Buchs, das auf dem gläsernen Beistelltisch beim Fernseher stand. Oder in die unfertigen Einkaufszettel meiner Mutter, aus zerknülltem Papier; sie brachen mitten im dritten Wort ab.
Mutter sagt: Bring mir den Schlüssel, bitte. Hol ihn, er liegt im Sicherungskasten, unten. Ich gehorche, ohne zu weiter fragen. Die Stufen in den Keller hinab sind kalt, ich bin barfuß. Erinnerungen von Wintern, die ich bei meinem Vater verbracht hatte steigen mir an den Innenwänden meines Kopfes entlang. Ich bin verstrahlt, nicht bei mir, meine Gedanken sitzen weit hinter meinen graugrünen Augen, im Hinterkopf, irgendwie zurückgeschlagen, in-sich-selbst-eingeschlossen. Meine Finger kribbeln, die linke Hand ist eingeschlafen und taub. Das Licht ist düster wie aufgesogen, und trotzdem vorhanden. Ich taste mich durch den Keller, an den eingestaubten Gartenmöbeln vorbei, den ausgebleicht bunten Wäschekörben, Putzlumpen, hin zum Sicherungskasten. Da ist ein unscheinbarer Metallkasten, der an der grob verputzen Kellerwand hängt, auf Schulterhöhe. Dort ist unser Schlüssel versteckt. Im Hintergrund das zu mir herunterhallende - und an anderen Tagen beruhigende – Murmeln des Fernsehers im Wohnzimmer. Es klingt, als hätte ich zu lange und zu laut Musik gehört, verzerrt und wie, als seien Tonspur und Wirklichkeit leicht versetzt. Ich bewege die Lippen und flüsterte irgendwas vor mich her. Sie stellen den Strom ab, gerade, als ich noch immer im Keller beschäftigt bin mit zusammengekniffenen Augen und einem dünnen Stechen im Hals, der schwülen Heizungsluft wegen. Ganz unerwartet tun sie das jetzt. Auch ohne Grund, wie ich finde. Mit einem Mal ist es dunkel. Ich zucke zusammen. (Kurz vor dem Einschlafen, wenn man das Gefühl hat endlos zu fallen.) Alle Bewohner der übrigen Viertel werden… Die glattgestriegelte Moderatorenstimme reißt ab.
Wenn jetzt noch irgendwo ein Licht brennt, eine Kerze, Teelichter, sie würden das bemerken, uns finden.
Als ich wieder bei ihr im Wohnzimmer bin, ist Mattia still geworden und Mama sagt: Ich kann es nicht mehr hören, wir bleiben. Das Wort bleiben stößt sie hervor. Als würde das verhindern, dass wir nachdenken darüber, Mattia und ich. Entschlossen zieht sie alle Vorhänge zu. Dann hält sie inne, als würde sie ausatmen. Ihr schwarzes Haar ist zu einem engen Zopf verknotet. Sie ist blass und sieht jünger als sonst.
Das bleibt nicht ewig so, oder Mama? Das kann morgen vorüber sein. Wie? – Ja. Man kann nur warten. Und überhaupt…
Vor Wochen, als die Welt einer gewissen Ordnung und Systematik unterlegen hatte, Katastrophenwarnungen nicht das einzige waren, das in der Nachrichten und auf der Straße von blassen Stimmen zu hören war, auch da war Mattia schon traurig gewesen. Wahrscheinlich war es viel eher Trauer, vermengt mit Wut. Auslöser war etwas, alles sein konnte und nichts. Ein Umschlag hatte im Briefkastenschlitz gesteckt, unachtsam hinterlassen; jeder Spaziergänger hätte ihn wieder hinausziehen können, der Schwebezustand der letzten Wochen hätte noch etwas angedauert. Und wahrscheinlich war Mattia aus diesem Grund, an den brachen Felder vorbei, in die Stadt gerannt, weil es ja hätte ganz anders kommen können, aber genau das war nicht passiert. Er erzählte, er habe sich ein Tagesticktet gekauft, keuchend, und war den ganzen Tag Straßenbahn gefahren, aus dem Fenster starrend, wo einem die Geschwindigkeit immer ein wenig höher vorkam, als sie es in Wirklichkeit war, wenn die die orangen Litfaßsäulen in der dunstig gewächshausartigen Regenluft vorbeischwammen und die Ampeln geradezu auf grün gestellt zu sein schienen, jedes Bezugssystem still stand wie es sonst nur ein Feiertag tut. Der Mann, der sich neben ihn gesetzt hatte, er hatte einen braunen Regenschirm bei sich getragen, den er ausgespannt auf den Boden der Bahn gelegt hatte. Das betonte Mattia, das schien ihm wichtig, ich weiß nicht, warum. Der Mann trug einen Holzkasten voller Farbspritzer unter Arm. Und der Arm, der zitterte, der war erstaunlich lang, für die kurze Statur des Mannes, als sei seine Brust geschrumpft, der Kopf, die Augen, nicht aber seine Extremitäten. Er rückte seine schwere Kunststoffbrille zurecht. Sagte etwas. Möchten sie eine Karte kaufen? Nein. Danke, aber wirklich kein Bedarf. Mattia lehnte ab. Ich male Postkarten wissen Sie, aber niemand kauft heutzutage mehr welche. SMS, Internet, das alles; Sie wissen das vermutlich eh besser als ich. Aber ich wohne hier. Ich kenne alles. Warum sollte ich was kaufen? Wofür?
Nur durch die Stadt fahren. Billige oder genial konstruierte Romane lesen. In Ruhe sein, gelassen werden. Sich der Müdigkeit hingeben. Er war am nächsten Tag wieder in die Stadt gegangen. Und auch am übernächsten.
Ich hatte ihn am dritten Abend, spät, das war gegen 22 Uhr, gefragt: Wo bist du gewesen. Wir hatten auf der Bank auf der verwilderten Terrasse gesessen (rußige Steinplatten und feuchtes Moss in den Zwischenräumen). Da war ein Abstand, eine Lücke zwischen uns, wir saßen ein bisschen voneinander entfernt und Mutter sah verschlafen fern und beachtete uns nicht, abwesend, vielleicht telefonierte sie auch, und schenkte keinem, weder ihrem Gesprächspartner, noch dem Fernseher allzu große Teile ihrer knappen Aufmerksamkeit. Ich habe ihn nicht bekommen, den Studienplatz, sagte er. Dann wurde er still und damit auch ich. Medizin, Soziologie, vielleicht beides. Ich hatte vergessen, für was er sich beworben hatte. Ich wusste das nicht mehr. Ich wusste darüber hinaus auch nicht, was ich sagen sollte, Wenn Mattia still wurde, konnte das ein Zeichen von Traurigkeit sein, aber auch von tiefem Glück. In einem der benachbarten Gärten ging ein Rasenmäher, frisches Sommergras fressend.
Im Nachhinein: Eine beinahe idyllische Erinnerung, irgendwie. Weißes Brot stand auf dem Tisch, Wein. Und das Tischtuch war fleckig. Braunes Pflanzengestrüpp, in ein Quadrat aus Beeten gezwängt, verdurstend. Der warme Kompost. Die schwarzen Vögel auf den hölzernen Strommasten, wie atomisiert. Der kaputte Zaun, die rostige Waschmaschine mit eingeschlagenem Bullauge und mit Kieselsteinen angefüllt im Nachbargarten. Dort, wo auch undefinierbare Drahtspulen lagen. (Pervertierte Geometrie.) Das Taschenmesser, das, unabsichtlich nicht wieder eingeklappt, ein Loch in Mattias Hosenbein geschnitten hatte, weil er es ja immer bei sich tragen musste. Die Flüche der Protagonisten eines fünfaktigen Fernsehfilms, ihr Küsse, der Geruch von blutigem Fleisch auf dem Grill. Die Schneefelder auf den schroffen Berggipfeln, ihr bestechendes Weiß, an dem der Schall der Düsenflugzeuge bricht.
Jetzt. Ich frage Mattia: Ist es gut, dass wir bleiben. Glaubst du, dass es vernünftig ist? Oh, denk doch nach. Mehr sagt er nicht. Was soll ich mit dieser Aussage anfangen, ich weiß es nicht. Die Art wie er das sagt: Denk doch mal! Der Fenstersims ist inzwischen eingeschneit mit schwarzer Asche. Der Wind geht ungünstig, schau auf die Wolken. Südwind. Es zieht direkt zu uns, sagt Mattia und es klingt entschuldigend, aber das könnte eine Maske sein, die er sanft auf seine Stimme gelegt hat. Um was nicht zu zeigen? Wozu? Zieht über uns hinweg, und das ist dann Nacht, so nennt man das, denke ich. Wir haben die Rollläden geschlossen, damit man uns nicht sieht. Von außen.
Warum interessiert sie sich eigentlich nicht mehr für uns? Das war doch mal anders.
Polizeiwagen fahren durch die Straßen. Vakuum. Ohne schrille Sirenen, dafür aber mit dröhnenden Lautsprechern und Blaulicht. Staub wirbelt auf, gelb und im Verhalten wie am Boden gefangene Wolken. Die Lautsprecherdurchsagen bringen die Gläser im Küchenschrank zum beben. Die Blaulichter rinnen durch die fingerbreiten Schlitze, die der Rollladen lässt. Die Polizeiwagen fallen durch die breiten Straßen als seien diese ein Abgrund. Einige Polizisten laufen nebenher, lassen den Blick schweifen, tragen Gewehre im Anschlag, automatisch. Wir sitzen im Dunkeln, ich liege am Fenster und linse durch einen Vorhangspalt. Ich atme langsam, halte mich zurück, zähle jeden Atemzug, ich bekomme kaum genug Luft. Als wäre es mein Atmen, das uns letztendlich verrät. Mehr Asche fällt. Die Polizisten tragen zollblaue Anoraks, Kapuzen; manche von ihnen Gasmasken. Pyroklastisch. Das ist das einzige Wort, das mir einfällt. Ich beobachte sie, liegend, im ersten Stock. In der Diele verhalten Mutter und Mattia sich still. Ein Aschenbecher klirrt, darüber das ungewollte Ticken einer Uhr. Unterdrücktes Husten.
Alles erinnert mich an eine Sache, die so passiert ist in einem Frühling vor mehreren Jahren. Die ganze Situation weckte diese Sache in mir. Ich ging damals noch in die Grundschule, bloß ein paar Straßen entfernt. Die Hinwege waren kein Problem, sie sind mir kaum in Gedächtnis geblieben, bis auf die morgendliche Kälte, die Fettcreme, die mir Mama ins Gesicht schmierte, gegen raue Haut; die roten Autoscheinwerfer, die die sich zurückziehende graue Nacht in Hälften teilte. Warum bleibt mir so etwas nicht im Gedächtnis? Das Gute. Erinnerung zieht sich zurück, gebrandet wie Gezeiten. Das Problem war nicht das und jenes. Das Problem war der Rückweg nachhause, die Zeit nach der Schule. Die Zeit nämlich, in der ich verfolgt wurde. Ich war es gewöhnt, einen Schritt vor den anderen zu setzen, ein Ding nach dem anderen anzugehen, nicht aus Kontemplation, sondern schlicht aus Langsamkeit, denn die Angst vor Glatteis hinderte mich, Verletzungen und Schürfwunden. Angst. Es war Winter, und ich war ein ängstliches Kind. Weit entfernt lebende Tanten, Schwestern meiner Mutter, rätselten gerne über die unbewussten Wurzeln meiner Ängstlichkeit, noch nicht geborgen aus dem schweren Schutt meiner Kindheit. (Es muss an seinem Vater liegen, immer abwesend. Dem Jungen hat es immer an Stärke gefehlt. Verwöhnt ist er auch.) Ich lief langsam und auf den Rückwegen wurde mir das zum Verhängnis. Ich schlich fast, meine Arme in einem grünen Anorak verborgen, in mir zurückgezogen. Da traf mich etwas hart und schnell am Hinterkopf; ich sackte kraftlos – nur aus Schreck – in die kleine Wiese neben der Straße, ich schluckte pulvrig weißen Neuschnee. Die Haut in meinem Nacken brannte (das seltsame Gefühl nicht unterscheiden zu können, ob vor Hitze oder scharf beißender Kälte) und mir schoss Gelächter durch den Kopf, hinter mir, vor mir nur Schwärze.
Einen Moment blieb ich liegen, als hätten meine Glieder versagt, wären in den Boden gewachsen wie die Graswurzeln, die unterm Schnee mein glühendes Gesicht leicht berührten, wund. Dann erhob ich mich und jeder sah die Tränen unter meinen roten und wässrigen Augen; ich rannte, mein hämmerndes Herz.
Ich rannte unglaublich schnell, wie ich noch nie gerannt war, so fühlte sich das an. Eine Mittelklasselimousine schoss aus der Nebenstraße, bremste scharf, hinter mir fluchte jemand, mir war als fiele ich mit jedem meiner langen Schritte. Ich war schon in unsere Straße eingebogen und ahnte mich frei von Verfolgern. Doch da waren sie in einigem Abstand. Sie hatten sich Zeit gelassen, denn sie waren sich sicher. Ich bekam Krämpfe in meinen Beinen, kalte Luft wurde durch meinen Körper gestoßen. Noch 15 Meter. Ich stürzte auf die Stufen vor unsrem Haus und hämmerte auf die Klingel, gegen die Tür. Meine Verfolger beschleunigten, aber plötzlich wurden sie blitzartig langsamer, trabten, spazierten schließlich nur noch, wie zufällig an meinem Haus vorbei. Meine Mütter öffnete die Tür, ich stolperte in den Windfang. Ich konnte aufatmen. Ich war in Sicherheit.
Ich wechselte ein paar Worte mit meiner ihr. Ist alles in Ordnung? Ja, alles gut.
Sie lehnte noch immer an der Straßenecke, einer wippte mit dem Fuß, der andere spielte an seinem Reißverschluss. Sie sahen nicht bedrohlich aus, keine Spur mehr. Nur dort draußen, dort waren sie es. Kaum größer als ich, der nervösere der beiden hatte ein pickliges Gesicht. Der Zweite trug eine ihm zu weite schlammfarbene Hose. Ich lag am Fenster, wie ich es auch in diesem Moment tue (die Polizisten beobachtend oder damals sie).
Plötzlich rührte sich etwas. Einer deutete auf das Fenster, in meine Richtung. Sie wussten, wo ich war. Beide liefen sie auf das Haus zu, nahmen die zwei Treppenstufen unter das Vordach und klingelten. Ich erschrak, drückendes Blut schoss mir in den Kopf. Was wollten sie? Was erhofften sie sich? Heiße Bilder überwarfen sich in mir. Meine Mutter würde sie hineinlassen, zwei Freunde. Schau, das haben zwei aus der Schule geklingelt. Die wollen, dass du mit rauskommst. Mach schon, das tut dir gut.
Die Gegenwart knallte gegen Fenster wie ein Zugvogel, verstarb. Ich verlor sie aus meinem Blickfeld, die standen an der Haustüre, es wurde geöffnet. Im Hausgang hörte ich Schritte. Sie nahmen die Treppe.
Weiter hinten, in der Ferne brennen noch einige Straßenlaternen. In unserer Straße ist alles wie vergessen. Es geht ein leichter Wind, der die sandigen Aschepartikel an den Autokarosserien entlangreibt, Reifenabdrücke wie Fährten auf den Straßen, verfrühte Nacht. Die Polizisten laufen in die Vorgärten einiger Nachbarhäuser, klopfen gegen Fenster und Türen, gelbe Lichtkegel sezieren die Innenräume, wo Stille auskristallisiert ist, auf Leben. Stehengelassenes Geschirr in den Küchen, in jedem Haus dieselbe Nische in der Wand, alles baugleich, die gleiche ungelesene Zeitung im Briefkasten. Digitale Kopien, die Häuser sind bezugsfertig geliefert worden (wohin?).
Die Wagenkolonne kommt ein Haus neben uns zum Stehen. In Begleitung zweier Polizisten tritt eine Familie aus dem Haus, eng aneinander kauernd (wie gerade erst eingezogen), sich wie zufällig berührend; eine baumelnde Hand, die einen Ärmel streift, zwei Füße dicht nebeneinander; zufällig der Größe nach geordnet: Vater, Mutter, Tochter; als sie mir das erste Mal auffiel, hatten wir bereits über zehn Jahre lang Tür an Tür gelebt. Für mich sind zehn Jahre eine lange Zeit.
Alle drei tragen jeweils ein Holzkreuz um den Hals. Das ist es nach dem sie sich ausrichten, bei dem ihre Gedanken sind, als sie die Haustüre hinter sich schließen; auf die Rückbank eines der silbern-blauen Kleinbusse geführt werden; das kräftig laute Zuschlagen einer Autotür klingt zwischen den Hauswänden erstaunlich lange nach.
Mattia plötzlich hinter mir, außer sich und glücklich, hell. In Kontrast. Ich habe mich getäuscht! Vollkommen getäuscht. Man hat mich genommen. Ich verstehe zuerst nichts, bis er einen zerflederten Brief aus seiner Hosentasche zieht und mit ihm vor meinen Augen herumwedelt. Wenn er das jetzt dürfte, er würde laut lachen. Ich dachte, wenn sie mir schreiben, bin ich abgelehnt. Kannst du dir das vorstellen; im Gegenteil, das Gegenteil ist der Fall, ruft er gedämpft und macht noch ein paar Wedelbewegungen. Moment, Du hast ich nicht gelesen? Er sagt, Nein. Er sagt, Nein, das wollte ich nicht. Aber ist das jetzt nicht völlig egal? – Beide schauen wir wieder durchs Fenster. Eine Krähe schwingt sich in die Luft zu den Bergen hin, sonst tut sich nicht mehr. Hast du den Schlüssel noch?
Immerhin: Alles eine Bewegung. Und auch, wenn in Wahrheit nichts gut ist: Es kommt immer etwas neues. Ein Ismus, in dem man sich verlieren kann, die die chaotischen Stadtbeschreibungen einer Erzählung, ein Mädchen. Der Mensch in die Verknüpfungen, die er sich schafft hineingelegt und sie für die Welt haltend; derweil ist die Welt aus den Dingen, die verknüpft werden, nicht aus Verknüpfungen.
Die Polizeikolonne rollt weiter. Ein Polizist schreit etwas durch sein Megaphon, ich nehme es nicht wahr, die Worte müssen undeutlich sein. Plötzlich kommen sie auf Höhe unseres Hauses zum Stoppen.
Man hat uns bemerkt. Mein Augenpaar, wie ich am Fenster liege. Oder was weiß ich. Bemerkt – schon wieder. Auch diesmal. Asche liegt auf den Vorfahrtsschildern. Vielleicht ist es Nacht.
Es geht alles ganz schnell. Mehrere Männer stehen im Raum. Einer sagt, Sie müssen mit uns kommen. Mattia lehnt sich zu mir, flüstert. Ich spüre nichts, versteh nichts, aber der blaue Lampenschirm aus Papier an der Decke schwingt ganz leicht. Warum tut er das?
Wir stehen draußen. Sie haben uns nach draußen geführt. Einer der Polizisten wendet sich ab, er müsste zur Säulen erstarren. Der Schlüssel, hast du ihn mir gegeben? Der Schlüssel, für den Tresor, fragt meine Mutter. Sie hat bisher geschwiegen, sie steht hier, als hätte man sie nach draußen getragen, als hätten das nicht ihre eigenen Füße getan. Ich antworte nicht.
Der Schlüssel, wo ist er? Sag schon…Na, sag‘s endlich, wir haben keine Zeit mehr.
Ich stürze auf die Knie.
Der Horizont raucht kohlenfarben, greift nach uns mit seinem Graudunkel. Mattia und Mutter starren einen Moment ins Leere, dann senken auch sie sich. Und wir graben mit den Händen in der kalten Asche, suchend, als sei es Muttererde.
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my-life-fm · 4 years
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"Noch nie war die Biodiversität größer – und die meisten Wildtierbestände regulieren sich selbstständig erfolgreich."
» Im Schweizer Kanton Genf entschied die Bevölkerung 1974 durch Volksabstimmung für ein allgemeines Jagdverbot auf Säugetiere und Vögel. Mit überaus positiven Auswirkungen für die Natur, Tiere und die Menschen: Noch nie war die Biodiversität größer – und die meisten Wildtierbestände regulieren sich selbstständig erfolgreich. An den Ufern des Genfer Sees und der Rhône erhöhte sich die Zahl der überwinternden Wasservögel auf spektakuläre Weise - ohne Zweifel eine Folge der ausbleibenden Störungen durch die Jagd. Vögel und die anderen Wildtiere verlieren immer mehr einen großen Teil der unnatürlichen Scheu, die durch die Jagd hervorgerufen wird. So werden wild lebende Tiere wieder erlebbar: Die vielen Vögel an den Gewässern lassen sich von den Menschen nicht stören. Spaziergänger bekommen regelmäßig Wildtiere wie den Feldhasen zu Gesicht – mit etwas Glück kann man am helllichten Tage sogar Hirsche beobachten. So erhalten die Menschen ein verlorengegangenes Verständnis für die Natur und ihre Zusammenhänge zurück. ... | ... Mit einer großen Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wurde die Jagd im Kanton Genf verboten. [...] In der Folge wurde ein Fauna-Gesetz verabschiedet und eine konstitutionelle Fauna-Kommission gegründet, in der Vertreter vom Naturschutz und vom Tierschutz entscheiden, ob eventuell Regulationen, Eingriffe oder auch Schadensvergütungen notwendig sind -ein Abschuss sollte immer das letzte Mittel sein. ... | ... das Beispiel Genf beweist, dass es – auch in der dicht besiedelten Kulturlandschaft - ohne Jäger geht, ja, dass es Natur und Tieren sogar viel besser geht und dass auch die Menschen davon profitieren. ... | ... Durch die Abschaffung der Jagd im Schweizer Kanton Genf 1974 bekam das Gebiet des Genfer Sees und des Flusses Rhône internationale Bedeutung für den Vogelschutz. ... | ... Der Kanton Genf hat heute einen stabilen Huftierbestand von rund 60 Rothirschen und 200 bis 300 Rehen. [...] Die Reh-Population ist seit Jahren stabil. Immer wieder wird die Frage gestellt, ob die Rehe nicht Schäden im Wald verursachen. „Wir haben in Genf vor allem Eichenwälder“, erklärt Faunainspektor Gottlieb Dandliker. „Und es ist ganz klar: Das Reh bedroht den Wald nicht.“ ... | ... Dank Jagdverbot ist Genf eine der letzten Bastionen für Wildkaninchen und Rebhühner auf Schweizer Boden [...] Vor der Volksabstimmung im Jahr 1974 hatte die Jagdlobby behauptet, ohne Jagd wäre der Feldhase im Kanton Genf von der Ausrottung durch Beutegreifer bedroht. Das Gegenteil war der Fall: Inzwischen erfreut sich der Kanton Genf einer gesunden, vermehrungsfähigen Feldhasenpopulation - der größten in der Schweiz. ... | ... Die Befürchtung der Landwirte, dass das Jagdverbot mehr Schäden an Kulturen bringen werde, hat sich nicht bewahrheitet: Die Schadenszahlen im Kanton Genf sind vergleichbar mit denen von Schaffhausen - obwohl in Schaffhausen die Jagd erlaubt ist. Durch die vielen Feldhasen kommt es zu Schäden an Sprösslingen von Sonnenblumen. Doch die Genfer Landwirte werden dafür durch jährliche Zahlungen von 30.000 bis 60.000 Franken entschädigt. Rehe verursachen vor allem Schäden in Fruchtbaumplantagen und an Weinreben. Die jährlichen Entschädigungszahlen liegen hier zwischen 20.000 und 80.000 Franken. ... | ... Um Schäden durch Wildschweine in der Landwirtschaft zu verhindern, werden elektrische Zäune um die Kulturen aufgestellt. »Das ist eigentlich ganz einfach - da reichen zwei Bänder«, erklärt Dandliker. Diese Methode sei sehr effizient. ... | ... Weil das Schadenspotential durch Wildschweine in der Landwirtschaft hoch ist, hat die Regierung einen Beschluss gefasst, die Wildschweine durch Abschüsse zu regulieren. „Diese Regulation erfolgt ausschließlich durch Wildhüter, es werden keine Amateurjäger einbezogen“ [...] Tierschutz bedeutet vor allem die Vermeidung von angeschossenen Tieren. [...] „Stresssituationen wie bei Treibjagden - wo die Tiere wissen: das war eine ganz furchtbare Sache - gibt es bei unserer Regulation nicht.“ Führende Bachen werden nicht geschossen - aus ethischen Gründen. Denn wenn die säugende Mutter fehlt, sterben die Kleinen. Auch die Leitbachen und die großen Eber werden nicht geschossen. ... | ... Was ist nun die gesellschaftliche Bilanz des Jagdverbots? Das Jagdverbot hindert ein paar Hundert von 500.000 Genfern an der Ausübung ihres Hobbys im eigenen Kanton. [...] Das Jagdverbot ermöglichte eine Rückkehr vieler Tiere und einer Artenvielfalt in den Kanton und macht Wildtiere für die Menschen wieder erlebbar. Und: Das Jagdverbot erhöhte die Sicherheit für Spaziergänger ... | ... Eine repräsentative Meinungsumfrage aus dem Jahr 2006 ergab 90 Prozent Zustimmung zur Beibehaltung des Jagdverbots. ... | ... Somit wird in Genf seit 40 Jahren auf einer großen Fläche und in einer Kulturlandschaft ein einmaliges Experiment erfolgreich durchgeführt. ... | ... Der Kanton Genf setzt sich mit einer Fülle von Maßnahmenplänen und konkreten Projekten für den Schutz und die Förderung der biologischen Vielfalt ein. ... | ... Elf professionelle Wildhüter (Gardes de l’environnement) sind mit der Aufsicht über die Naturreservate sowie die Flora und Fauna betraut. Diese Naturschützer erledigen eine Vielzahl von anderen Aufgaben wie die Kontrolle der Naturreservate, Wildschadenverhütung und die Überwachung der Fischerei. Im direkten Kontakt mit der Bevölkerung vor Ort sind sie auch in der Umweltbildung tätig. Laut Genfs Faunainspektor Gottlieb Dandliker kostet der Einsatz der professionellen Wildhüter den Steuerzahler pro Jahr weniger als eine Tasse Kaffee: Insgesamt sind es ca. 1.200.000 Franken auf 500.000 Einwohner – und zwar inklusive Wildschadensprävention in der Landwirtschaft (250.000 Franken) und Entschädigungszahlungen an die Landwirte (350.000 Franken). [...] er weist darauf hin, dass das Jagdverbot den Kanton günstiger kommt als mit Jagd ... | ... Der Kanton Genf ist mit 500.000 Einwohnern und 30.000 Hunden dicht besiedelt: Es sind suburbane Verhältnisse. Und so spielen nicht nur Schutzgebiete eine große Rolle, sondern auch die Förderung der Stadtnatur und die Naturpädagogik. ... | ... Das Programm „Natur in der Stadt“ vernetzt städtische Grünflächen mit dem ländlichen Umfeld und fördert die Anlage von Biotopinseln wie Gärten, Kleingewässer oder begrünte Dächer. Sogar ehemalige Betriebsstandorte werden zu Biotopen umstrukturiert. Für öffentliche Gartenanlagen gilt die „Garten-Charta“ für ökologische Bewirtschaftung und Förderung der Artenvielfalt, der sich über 200 private Kleingärtnerinnen und -gärtner und verschiedene Nichtregierungsorganisationen angeschlossen haben. ... | ... durch die Fragmentierung der Landschaft durch die Bebauung und die Autobahnen rund um die Stadt Genf haben die Wildtiere weniger Möglichkeiten zu wandern. Daher spielen Passagen für die Wildtiere in der Zusammenarbeit mit Frankreich eine große Rolle. [...] «
Julia Brunke  ::  Freiheit Für Tiere  ::  Februar 2014  ::  40 Jahre Jagdverbot im Kanton Genf  ::  http://www.freiheit-fuer-tiere.de/artikel/40-jahre-jagdverbot-im-kanton-genf.html
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edufunnb-blog · 6 years
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Die Kiebitzgeschichte (Infotainmentgeschichte für die Exkursion - siehe Vorpost -)
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Hintergrundinformation:
Kiebitze sind Bodenbrüter; ihre Eier galten früher als Delikatesse, dürfen heute aber nicht mehr gesammelt werden, da der Kiebitz in seinem Bestand global bedroht ist. 2015 wurde die Art auf die Internationale Rote Liste gefährdeter Vogelarten gesetzt.
(Quelle Wikipedia)
Kiebitze fliegen mit lockeren, gemächlichen Flügelschlägen, die Flügel selbst sind auffällig breit und paddelförmig gerundet. Durch die im Flug blinkende schwarze Ober- und schwarzweiße Unterseite kann man fliegende Kiebitze schon aus weiter Entfernung bestimmen (Quelle: Nabu)
Klucks Abenteuer
Der kleine Kiebitz Klucks flatterte aufgeregt.
Gleich würde er seinen ersten Flugversuch wagen.
So toll sah das immer aus bei Mama und Papa.
So so stark und schön wollte auch er durch die Lüfte fliegen.
Er streckte seine Flügel, spannte sich an und stürzte sich mutig vom Ast.
„Ich kann es, ich kann es, schaut“ zierpte er seinen Geschwistern zu.
Einen Flügelschlag, dann noch einen.
Langsam fühlte er sich sicherer.
Doch plötzlich erfasste ihn eine starke Windböe.
Er wusste nicht wie er damit umgehen sollte, flatterte, versuchte in der Luft zu bleiben und wurde doch vom Wind zu Boden gedrückt.
Der junge Vogel stürzte auf einen Stein und ihm wurde schwarz vor Augen.
Als er wieder wach wurde streckte er vorsichtig seine paddelförmigen Flügel und schüttelte das Köpfchen.
„Alles noch dran“ piepte Klucks erleichtert, „aber wo bin ich?“
„Wo sind Mama und Papa und meine Geschwister Klacks und Klocks?“
Hilflos sah er sich um.
Dort drüben, auf der anderen Seite des Steins, da waren Vögel.
„Die werde ich fragen“ dachte er und hoppste zu ihnen.
„Hallo ich bin Klucks“könnt ihr mir sagen, wo ich zu Hause bin?“
„Hier nicht“, antworteten die Vögel. „Siehst du nicht, wie anders wir aussehen? Unser Gefieder ist braun und wir haben Schwimmhäute zwischen den Krallen. Du siehst ganz anders aus, dein Bauch ist weiss wie Schnee, frag einen weißen Vogel!“ quackten sie und flogen davon (hier die Kinder raten lassen, welche Vogelart Klucks gefragt hat)
Klucks sah sich wieder um und sah einen großen, weißen sehr eleganten Vogel in der Nähe.
Aufgeregt hüpfte er zu ihm.
„Hallo ich bin Klucks“ kannst du mir sagen, wo ich zu Hause bin?“
„Hier nicht“ antwortete der Vogel „siehst du nicht, dass ich viiiiieeeeel größer bin und schöner? Du bist klein und oben ganz schwarz (hier die Kinder wieder raten lassen, wen Klucks gefragt hat)
Traurig tappste Klucks weiter durch das hohe Moorgras, da hörte er vertraute Stimmen hinter dem großem Gebüsch. „kiju-wit“ „kiju-wit“ „kiju-wit“ ertönte es und er wusste, endlich hatte er seine Familie wiedergefunden
(Quelle Bild: NaBu)
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melbynews-blog · 6 years
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Der Vogel-Killer-Strom – EIKE – Europäisches Institut für Klima & Energie
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Der Vogel-Killer-Strom – EIKE – Europäisches Institut für Klima & Energie
Klar ist: Wenn je­mand ge­gen un­se­ren Tier­schutz ver­stößt, muss das be­straft wer­den.“ Gesagt hat das die neue Ministerin im Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Hört, hört, denn in der strafrechtlichen Praxis ist das leider überhaupt nicht klar. Auf deutschem Boden und in deutschen Küstengewässern zerschlagen rund 30 000 Windstromanlagen*) unbestritten seit Jahren und in den nächsten Jahrzehnten hunderttausende Vögel und Fledermäuse, jährlich derzeit rund 100 000 bis 150 000. Es sind Morde aus niedrigen Motiven. Die Betreiber der Anlagen handeln aus Gewinnsucht. Aber ist je ein Betreiber für diese Morde vor Gericht gestellt und bestraft worden? Hat man je einen Bericht darüber gelesen? Frau Klöckner handeln Sie.
Tierschutzverstöße: Häufung von Einzelfällen oder Systemversagen?
Der eingangs zitierte Satz von Julia Klöckner stammt aus einem Interview mit der FAZ vom 26. März, dort auf Seite 4. Er fiel im Zusammenhang mit Tierschutzverstößen in der viehhaltenden Landwirtschaft, also nicht im Zusammenhang mit Windstromanlagen, an denen viele Landwirte durch Pachteinnahmen allerdings ebenfalls viel verdienen. Tierschutz in diesem Zusammenhang ist auch für die FAZ  kein Thema, denn: Windkraft für den „Klimaschutz“ ist doch etwas Gutes, Vogelmord daher hinzunehmen. Klimaschutz ja, Vogelschutz nein. Die Interviewer-Frage lautete: „Ver­stö­ße ge­gen Tier­schutz ge­hö­ren, glaubt man dem me­dia­len Grund­rau­schen, zum All­tag. Ist das ei­ne Häu­fung von Ein­zel­fäl­len oder Sys­tem­ver­sa­gen?“
Julia Klöckner (CDU): Tie­re sind Mit­ge­schöp­fe, kei­ne Weg­werf­wa­re
Klöckners Antwort: „Es ist falsch, Land­wir­te pau­schal un­ter Ge­ne­ral­ver­dacht zu stel­len. Klar ist: Wenn je­mand ge­gen un­se­ren Tier­schutz ver­stößt, muss das be­straft wer­den.“ Die beiden Interviewer haken nach: „Aber es geht da­bei doch auch um Preis­druck, um gleich­gül­ti­ge Ver­brau­cher, um Tier­zucht­kon­zer­ne, und den Land­wirt, der am En­de ei­ner kom­pli­zier­ten Ket­te al­lein da­steht.“ Klöckners Antwort: „Wir ha­ben in Eu­ro­pa und vor al­lem na­tio­nal ho­he Tier­schutz­stan­dards. Es geht in den meis­ten Fäl­len nicht um ein Ge­set­zes­de­fi­zit, son­dern um ein Voll­zugs­de­fi­zit, al­so um ef­fek­ti­ve Kon­trol­len durch die zu­stän­di­gen Be­hör­den. Tie­re sind Mit­ge­schöp­fe, kei­ne Ma­schi­nen oder Weg­werf­wa­re.“
Aber Vögel und Fledermäuse sind es
Also, wir haben hohe Tierschutzstandards. Schön zu wissen. Aber Vögel und Fledermäuse haben nichts davon, für sie sind sie offenkundig außer Kraft gesetzt. Sie also sind Wegwerfware. Ein Gesetzesdefizit, Frau Klöckner, oder ein Vollzugsdefizit? Möglicherweise hat die nunmehr Ministerin in ihrer verinnerlichten politischen Korrektheit noch nie oder noch nie so genau mitbekommen, was mit diesen Tieren der Lüfte geschieht, wenn sie in die Nähe der 30 000 Windkraftanlagen in Deutschland geraten. Der Naturschützer Dr. Friedrich Bruer hat das einmal so beschrieben:
Wie das fliegende Getier in die Rotorblätter hineingesaugt wird
„Kommt ein Vogel oder eine Fledermaus auch nur in die Nähe des Rotorblattes, saugt sie der Unterdruck unweigerlich gegen das Rotorblatt und es ist um sie geschehen. Dieser Unterdruck baut sich immer dann auf, wenn der Wind langsamer wird und sich das Rotorblatt wegen seines hohen Trägheitsmomentes nur verzögert verlangsamen kann. Da der Wind ständig wechselt, wechseln auch der Unterdruck und der resultierende Sog ständig. Verstärkt werden die Druckschwankungen und der Sog durch den Turmschatten-Effekt, weil immer dann, wenn ein Rotorblatt hinter dem Turm vorbei saust, es durch den Windschatten muss, den der Turm erzeugt. Obwohl sich die Druckwellen mit Schallgeschwindigkeit ausbreiten und sich dabei mit dem Quadrat der Entfernung abschwächen, hört man ihr Wummern noch kilometerweit. Daran erkennt man die enorme Wucht der Druckschwankungen und ihre Gefährlichkeit für Vögel und Fledermäuse. Die Hersteller wissen das natürlich, weil die Druckschwankungen, die sich ja pausenlos wiederholen, sogar die Rotorblätter zerstören können. Deshalb führen sie millionenteure Prüfungen durch, um zu testen, ob die Rotorblätter die Druckschwankungen aushalten. Vögel und Fledermäuse kommen in den Tests aber nicht vor.“
Warum schweigen die Naturschutzverbände?
Die Überschrift zu Bruers Beitrag lautet „Das Fukushima des Naturschutzes – Windräder töten Vögel und Fledermäuse und warum die Naturschutzverbände dazu schweigen“. Der ganze Beitrag hier. Veröffentlicht hat ihn das Europäische Institut für Klima und Energie (EIKE) am 10. Oktober 2011, dazu zahlreiche Leserkommentare – auch mit kritischer Meinung dazu. Sein Mitglied im wissenschaftlichen Fachbeirat, der Physiker Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke, schreibt dazu: „Langsam sich drehende Windräder suggerieren eine heile Energiewelt. Welcher Laie weiß schon, wie weit die Wirklichkeit davon entfernt ist? Und warum schweigen die Naturschutzverbände zur grausamen Realität, wie mit Lebewesen umgegangen wird, zu deren Schutz wir ethisch und insbesondere auch als Christen verpflichtet sind?
Alle früheren grünen Überzeugungen über Bord geworfen
Lüdecke weiter: „Die Grünen haben sich in der Vergangenheit bei vielen Gutmenschen berechtigterweise einen Platz im Herzen erobert, weil sie konsequent für den Tier- und Landschaftsschutz eintraten. Mit diesem Eintreten für eine richtige Sache hat es nun ersichtlich ein Ende, und das hässliche Antlitz von gesellschaftsverändernden Ideologen kommt zum Vorschein. Alle früheren grünen Überzeugungen werden über Bord geworfen. Windräder werden als Hebel eingesetzt, um eine Industrienation ‚umzugestalten’ – zum Nachteil unserer Volkswirtschaft und des Wohlstands unserer künftigen Generationen! Dass dabei zudem noch Landschaft und Natur in großem Ausmaß geschädigt werden, schert die Grünen nicht.“
Die deutschen Intellektuellen: Wieder einmal versagen sie
Lüdecke nochmals: „Angesichts der so gut wie kompletten, freiwilligen Gleichschaltung der Medien und aller politischen Parteien sprechen viele Stimmen bereits von einem neuen Faschismus, diesmal einem grünen. Wir wollen uns aus Platzgründen hierzu nicht äußern. Es sei nur angemerkt, dass insbesondere wieder einmal die deutschen Intellektuellen versagen, wie bereits in unserer unseligen Vergangenheit geschehen, als es noch Zeit gewesen wäre. Man duckt sich weg, man hört weg und man sieht weg, obwohl in privaten Gesprächen die meisten Zeitgenossen mit entsprechender Bildung sehr gut erkennen, was gespielt wird. Schließlich möchte man Karriere und Ruf nicht gefährden – hatten wir doch alles schon einmal!“
Die Bundesregierung nimmt in Kauf, was geschieht
Ich selbst habe über das Thema 2017 schon einmal geschrieben. Der Titel: Für die Energiewende gehen sie auch über Leichen . Sie finden den Beitrag hier.  In einer Meldung der FAZ vom 19. Dezember 2016 (Seite 21 im Wirtschaftsteil) war zu lesen  „Die Bundesregierung nimmt für die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes Beeinträchtigungen beim Natur- und Artenschutz in Kauf.“ Zählt Vögel totschlagen nur als eine Beeinträchtigung?
Bienen sind „systemrelevant“, Vögel und Fledermäuse offenkundig nicht
Abschließend noch einmal zurück zum FAZ-Interview mit Julia Klöckner. Dort wird sie auch dies gefragt: „Im Ko­ali­ti­ons­ver­trag kommt selbst die Bie­ne vor. Ist das nicht et­was über­trie­ben?“ Die Ministerin Klöckner antwortet: „Bie­nen sind sys­tem­re­le­vant. Der wirt­schaft­li­che Nut­zen ih­rer Be­stäu­bungs­leis­tung ent­spricht rund zwei Mil­li­ar­den Eu­ro – pro Jahr al­lein bei uns in Deutsch­land.“  Die Interviewer fragen weiter: „Dann wol­len Sie ein Ver­bot bie­nen­schäd­li­cher Pflan­zen­schutz­mit­tel wie der Neo­ni­co­ti­no­ide?“ Antwort Klöckner: „Wir brau­chen ge­si­cher­te wis­sen­schaft­li­che Grund­la­gen, um zu wis­sen, was der Bie­ne scha­det. Be­reits jetzt ha­ben wir in Deutsch­land ei­ni­ge Stof­fe des­halb ver­bo­ten, weil nach­ge­wie­sen ist, dass Bie­nen ih­re Ori­en­tie­rung ver­lie­ren, wenn sie mit ih­nen in Be­rüh­rung kom­men. Für mich ist klar: Was der Bie­ne scha­det, muss vom Markt.
Die sich aufdrängende Folgerung zum Vogeltod durch Windstromanlagen: Vögel und Fledermäuse sind offenkundig nicht systemrelevant, dürfen also weiter dezimiert werden. Sollte Frau Klöckner auch dafür Bestrafung durchsetzen wollen, hat sie noch viel zu tun. Doch würde sie damit schon in Merkels Kabinett scheitern.
________________________________________________________________________
*)  In Deutschland standen Ende 2017 insgesamt 28 675 Onshore-Windstromanlagen (Quelle hier) und vor den deutschen Küsten insgesamt 1196 Offshore-Windstromanlagen in zwanzig Seegebieten (Quelle hier).
Der Beitrag erschien zuerst auf K.-P- Krauses Blog hier
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monotheismus · 7 years
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Verschiedene Wege und Methoden, um in sha'a Allah zu erkennen, was in den Beweisen wirklich enthalten ist
Allahu ta’ala sagte: Und Ich habe die Jinn und die Menschen nur dazu erschaffen, dass sie Mich anbeten. (adh-Dhariyat:56)
→ Daran muss man sich selbst immer wieder von neuem erinnern. Ständig, kontinuierlich, und pausenlos. Je mehr man sich vergegenwärtigt, dass die Jinn und die Menschen nur für die Anbetung von Allah erschaffen worden sind, desto klarer wird das Bild in sha'a Allah.
Und Er ta’ala sagte: Und das ist ein gesegnetes Buch, das Wir herabgesandt haben, also befolgt es, und habt Taqwa (Gottesfurcht), sodass ihr Erbarmen finden möget. (al-An’am:155)
→ Es ist ein gesegnetes Buch, das vom Herrn der Welten herabgesandt worden ist. Von Demjenigen, Der uns alle erschaffen hat, und zu Dem wir zurückkehren werden. Es ist voller Beweise und Erklärungen, vom Anfang bis zum Ende!
Er ta’ala sagte auch: Und diejenigen, die Kufr tun, wenden sich von dem ab, vor dem sie gewarnt werden. (al-Ahqaf:3)
→ Darin ist auch ein Beweis dafür enthalten, dass es äußerst notwendig ist, sich mit der Offenbarung ausreichend zu beschäftigen. Jeder Muslim weiß, dass er das tun muss. Der Grund dafür, dass ich an dieser Stelle trotzdem darauf hinweise, ist: um zu zeigen, wie viel in den islamischen Beweisen wirklich enthalten ist. Der Bericht darüber, dass diejenigen, die Kufr tun, sich von der Offenbarung abwenden, ist mehr als ausschließlich („nur“) ein Bericht darüber, dass sie deshalb Kuffar sind. In ihm ist viel mehr als „nur“ das enthalten. Wie zum Beispiel die Pflicht, sich intensiv mit dem zu beschäftigen, was unser Herr herabgesandt hat.
Allahu ta’ala sagte: Befolgt das, was zu euch von eurem Herrn herabgesandt wurde. (al-A’raf:3)
Und in »Bayan Talbis al-Jahmiyyah« von Ibnu Taimiyyah wurde das hier zitiert (8/230): Es ist bekannt: Das Befolgen von dem, was ihnen Allahu ta’ala vom Buch und der Weisheit befohlen hat, kann nur geschehen, nachdem sie es verstehen und sich die Bedeutung davon vorstellen.
(Das ist eine Aussage von jemand anderem, also nicht von Ibnu Taimiyyah selbst. Aber auch er sagt, dass es ohne Zweifel wahr ist).
Allahu ta’ala sagte: Und Allah sagt die Wahrheit. (al-Ahzab:4)
Er ta’ala sagte auch: Und wessen Aussage ist wahrhaftiger als die von Allah? (an-Nisa’:122)
→ Wer sich als Muslim bezeichnet, der sagt nicht wortwörtlich, dass die Aussage von Allahu ta’ala falsch wäre. Und ich bitte Ihn um Zuflucht vor dem Shirk und dem Kufr. Aber viele bezichtigen Ihn der Lüge, Er ist hoch erhaben. Es ist nicht ausreichend, dass man die Offenbarung nur mit der Zunge als wahr bezeichnet… man muss ihr wirklich (!) folgen. Und man muss sich ständig vergegenwärtigen, dass der Schöpfer der Himmel und der Erde die Wahrheit und nur die Wahrheit sagt.
Allahu ta’ala sagte: Denken sie nicht tief über den Qur'an nach? Und wenn er von jemand anderem als Allah wäre, würden sie darin gewiss viel Widerspruch finden. (an-Nisa’:82)
Ibn ul-Qayyim sagte in »Madarij as-Salikin« (3/453): Allah subhanahu [wa ta’ala] hat die Gleichnisse geprägt, und sie sind die Beweise des Verstandes.
Und Er ta’ala sagte: Denken sie nicht tief über den Qur'an nach, oder sind auf (ihren) Herzen ihre Verriegelungen (angebracht)? (Muhammad:24)
Und Ibnu Taimiyyah sagte in »an-Nubuwwat« (2/1091): Vielmehr stimmen die richtigen Beweise des Verstandes alle mit den Propheten überein, sie widersprechen ihnen nicht.
→ Zum Streben nach Wissen gehört es, dass man lernt, zwischen den wirklichen Beweisen des Verstandes und den un-logischen (!) Scheinargumenten zu unterscheiden. Die wahren Beweise des Verstandes haben natürlich überhaupt gar nichts mit der Un-Logik der alten Griechen und Römer zu tun, die sie, vollkommen verblendet, als „Liebe zur Weisheit“ („Philosophie“) bezeichnet haben.
Rasulullah صلى ال عليه وسلم sagte: Wenn ihr auf Allah vertraut (Tawakkul macht) mit dem gebührendem Vertrauen auf Ihn, dann würdet ihr gewiss so versorgt werden, wie die Vögel versorgt werden. (At-Tirmidhiyy hat diesen Hadith überliefert, und er sagte: hasanun gharib).
→ Es gibt größere Gemeinsamkeiten zwischen der „Suche nach Nahrung“ sowie dem Streben nach Wissen. Man kann in beiden Fällen nicht einfach nur abwarten und hoffen, sondern man muss es auf die richtige Art und Weise angehen. Dazu gehört auch das Hoffen auf das Erbarmen von Allah - aber das ist etwas völlig anderes als einfach nur abzuwarten und zu hoffen.
Und Ibn ul-Jawziyy sagte in »Sayd ul-Khatir« (Seite 125): Die Asbab sind ein Weg, der unbedingt beschritten werden muss.
(Die Asbab sind die Gründe, und gemeint ist: die Gründe dafür, dass Allahu ta’ala jemandem etwas ermöglicht. Also: Es ist notwendig, dass jeder sich stark bemüht, das zu tun, was er eben tun kann. Gleichzeitig soll er auf Allah vertrauen, und Ihn auch oft um Erleichterung bitten.)
Allahu ta’ala sagte: Wahrlich, diese lieben das schnell Eintreffende, und lassen hinter sich einen schweren Tag. (al-Insan:27)
→ Darin ist auch ein Beweis dafür enthalten, dass es verpflichtend ist, sich auf sehr starke Weise nach dem Paradies zu sehnen. Wie gesagt: in den Ayat aus dem Qur'an ist viel enthalten, sehr viel sogar.
Von ’A'ishah wird überliefert: Der Prophet صلى ال عليه وسلم hat seinen Kopf zum Himmel gewandt. (al-Bukhariyy)
→ Das ist eine gewaltige und gewichtige ’Ibadah, sie gehört zum Nachdenken über die Schöpfung. Das bewegt das Herz sehr, in sha'a Allah.
Allahu ta’ala sagte: Wahrlich, diejenigen, die Kufr tun, denen werden weder ihre Besitztümer noch ihre Kinder etwas vor Allah nützen, und diese, sie sind der Brennstoff des Feuers. (Es ist) so wie der Brauch von den Leuten von Fir’aun und denen vor ihnen. Sie haben Unsere Ayat für Lüge erklärt, so hat sie Allah wegen ihren Sünden ergriffen, und Allah ist streng im Strafen. (Ali ’Imran 10-11)
Und Er ta’ala sagte: Und Allah will das Jenseits (für euch). Und Allah ist ’azizun hakim. (al-Anfal:67)
→ Im Jenseits gibt es das immerwährende Leben. So muss man für den gewaltigen Tag vorsorgen, an dem die Erde beben wird, der Himmel sich spaltet, und die Berge zu Staub werden.
Allahu ta’ala sagte: Und an jenem Tage wird Jahannam herbeigebracht werden. An jenem Tage wird sich der Mensch erinnern, und was nützt ihm die Erinnerung? Er wird sagen: „Hätte ich doch nur (etwas) für mein Leben vorrausgeschickt!“ An jenem Tage also wird niemand so wie Er strafen. Und niemand wird so wie Er fesseln. Oh du beruhigte Seele! Kehre zu deinem Herrn zufrieden und mit Wohlgefallen zurück. Tritt also ein unter Meine Diener. Und betrete Mein Paradies. (al-Fajr:23-30)
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prseiten · 7 years
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Otto, der Indianer mit der Brille, ein neuer Mann für Santo Domingo und ein Krimi aus dem Orient – Fünf E-Books von Freitag bis Freitag zum Sonderpreis
Sind Sie schon einmal einem Indianer mit einer Brille begegnet? Das kommt nicht so oft vor. Im ersten der fünf Deals der Woche, die im E-Book-Shop www.edition-digital.de eine Woche lang (Freitag, 10.11.17 – Freitag, 17.11.17) zu jeweils stark reduzierten Preisen zu haben sind, jedoch kommt ein solcher Indianer mit Brille vor. Und er heißt auch noch Otto. Und Otto alias Häuptling Adlerauge kommt auf einmal in Schwierigkeiten. Schwierigkeiten, ungeahnte Schwierigkeiten, so könnte auch ein Stichwort für die anderen vier Sonderangebote lauten. So muss sich der Kennedy-Anhänger und neue US-Botschafter in Santo Domingo, Henry Walter Mitchell, erst noch in seinem Gastland zurechtfinden. Der Hampelmann und fröhliche Tänzer Friedolin sieht, dass sich die beiden Jungen Tim und Wim in eine falsche Richtung entwickeln und kann zumindest anfangs scheinbar nichts dagegen tun. In der ägyptischen Wüste kämpft Karawanenführer Ahmed mit einer Spezialtruppe zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels. Und ein DDR-Botschafter muss sich in seinem Heimatland plötzlich mit unglaublichen Vorwürfen auseinandersetzen, die seine Tochter erhebt. Kann das wirklich so stimmen, was Claudia da behauptet? Will man sie wirklich fertigmachen? Ein noch immer aktuelles Buch über Anmaßung, Opportunismus, gar Feigheit und deren Mechanismen. Erstmals 1982 erschien im Kinderbuchverlag Berlin „Der Brillenindianer“ von Hildegard und Siegfried Schumacher: Otto alias Häuptling Adlerauge ist mit seinen Eltern in eine andere Stadt gezogen. Dort, in dem Wald hinter dem Neubaugebiet, findet er auf einem seiner Streifzüge eine geheime Burg, die drei größere Jungen sich errichtet haben. Ihr Häuptling Branco nimmt Otto in die Bande auf. Warum Bande, fragt sich Otto, dann sind sie ja gar keine Indianer. Tatsächlich zwingen sie Otto zu Dingen, die nichts mit seiner Indianerehre zu tun haben. Als er auch noch in einen Kaufhallendiebstahl verwickelt und seine Brille gestohlen wird, sucht er die Unterstützung seiner Eltern. Doch ganz allein mit seiner Freundin Antje will er die drei Großen zur Rede stellen. Hier zur Einstimmung das ganz kurze 1. Kapitel und ein längeres Stück des 2. Kapitels: „1. Kapitel Hast du jemals einen Indianer mit Brille gesehen? Du kennst doch Indianerfilme noch und noch, und was sahst du da? Geritten wurde, geschossen, geschlichen, geschwommen, Friedenspfeife rauchte man, grillte ganze Bären am Spieß, Tomahawks wirbelten durch die Luft, scharfäugig spähten Indianer nach dem Feind aus, oder sie blickten voller Verachtung vom Marterpfahl auf ihre Gegner. Eine Brille aber, nein, eine Brille trug niemand! Es hatte auch keiner Sommersprossen. Niemand lag einfach so auf der Wiese und träumte in die Wolken. Und hast du auch nur einen gesehen, der am Fluss saß und rein zum Spaß die Beine ins Wasser baumeln ließ? Unmöglich — sagst du, und du kennst dich mit diesen Filmindianern aus —, da kommen weder Wolkenträumer noch Beinebaumler vor, und eine Brille — sagst du —, wie sieht denn das aus: Federkrone, Adlerblick und ’ne Brille davor! Außerdem gibt es von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf der Prärie keinen Optiker, das weiß doch jeder, und jedermann weiß auch, Indianer haben fortwährend kühn und unheimlich aktiv zu sein. Aktiv ist unser Indianer. Er rennt — nein, er hüpft gerade die Treppe hinunter, und obwohl gar nicht Frühling, sondern herrlich heiße Sommerzeit ist, pfeift er „Alle Vögel sind schon da“. Mal wirft er das linke, mal das rechte Bein beim Hüpfen vor. Das ist kein echter Indianer! Er sieht nur so aus. Aber dich kann er nicht täuschen, schon darum nicht, weil er eine Brille trägt und, statt zu schleichen oder sich sonst nach weit und breit bekannter Indianerart fortzubewegen, vergnügt vor sich hin pfeifend Stufe für Stufe abwärts hopst. In einem Neubau dazu! Nein, und hätte er sich sieben Häuptlingsfederkronen auf den Kopf gestülpt, dich täuscht er nicht! Der nachgemachte Indianer ist Otto aus dem fünften Stock. 2. Kapitel Gestern war Otto eingezogen im Neubaublock am Stadtrand von Eichberge. Natürlich nicht allein, sondern mit seinen Eltern und Elle, der kleinen Schwester. Das heißt, Elle war einstweilen bei Onkel Udo und Tante Gitta in Drosseldorf. Kleine Kinder stören beim Umzug. Otto sollte auch dort bleiben. Er hatte abgelehnt und seine Armmuskeln spielen lassen, der Vater musste sie abfühlen, und dann hatte er beschlossen: Gut, weil Onkel Udo der Ernte wegen beim Umzug ausfällt, machst du mit. Ein bisschen hilft es doch. Ein bisschen! Darüber konnte Otto nur lachen. Er hatte sich nicht geschont, war treppauf, treppab gelaufen, hatte keuchend Kisten und Kasten geschleppt, an die zehn Liter Schweiß verloren und zum Ausgleich mindestens zehn Brausen getrunken. Todmüde war Otto abends ins Bett gefallen. Auch am Morgen blieb noch viel zu räumen und einzurichten. Trotzdem hatte die Mutter ihm beim Frühstück zugeredet: „Guck dich draußen um, geh spielen, Junge!“ Zuerst wollte Otto das weit von sich weisen. Wie gesagt, er war ja kein kleines Kind wie Elle, aber nach kurzem Überlegen gelangte er zu der Einsicht, dass man Eltern nicht durch zu große Hilfsbereitschaft verwöhnen dürfte. Also hatte er sich dem Willen der Mutter gefügt und war in seiner Indianeruniform samt Pfeil und Bogen und Kriegsbeil frohgemut abgezogen. Die Sonne schien, wie es sich in den großen Ferien gehört, die Eltern hatten ihre Beschäftigung, und Otto fühlte sich frei, so frei wie ein Adler in den Lüften. Was kann der Mensch mehr verlangen! Otto hatte seine Indianeruniform bisher nur in Drosseldorf getragen. Dort hatte er eine Menge Freunde, und der Wald begann gleich hinter der Wiese, die an den großen Garten grenzte. Es war nur ein Katzensprung ins freie Indianerleben mit den Drosseldorfer Rothäuten. Während der Schulzeit war an solch ein Leben nicht zu denken gewesen. Otto hatte vor dem Umzug auch in der Stadt gewohnt. Links lauter hohe Häuser, Typ 1900, rechts dasselbe, unten Geschäft an Geschäft und vor der Nase der Busbahnhof. Dort passten Indianer wie er und seine Stammesbrüder aus Drosseldorf nicht hin. Schade, dass die Freunde so weit weg wohnten, denn hier in Eichberge lag der Wald genau wie bei Onkel Udo und Tante Gitta hinterm Haus, sogar noch dichter. Vom Balkon im fünften Stock hatte Otto direkt in die Baumkronen gucken können. Endlich im Grünen! Die Mutter freute sich, doch der Vater hatte gesagt, dass in den nächsten Jahren abgeholzt und weitergebaut werden sollte. Vorläufig fehlte jedes Anzeichen dafür, weder Planierraupen noch Turmdrehkran und Zementsilo. Jahre — eine Ewigkeit. Vor der Haustür lag kein Indianerland. Überall machten sich Sandberge breit. Bis zur festen Straße füllte man sich die Schuhe voll. Otto fand, die Gegend vorm Haus sah nach halbhohen Ostseedünen aus, nur das Meer war nicht da. An seiner Stelle reihte sich Neubau an Neubau, und wo ihre Balkons die erste Sommerbleiche hinter sich hatten, durchquerten rechteckig angelegte Plattenwege und abkürzende Trampelpfade die Rasenflächen. Dahinter die große Kaufhalle und der Komplex mit Sparkasse, Friseur und Restaurant. Zivilisation also und uninteressant.“ Unter dem Titel „Der Resident“ erschien erstmals 1973 beim Mitteldeutschen Verlag Halle-Leipzig der 2. Band der Dominikanischen Tragödie von Wolfgang Schreyer: Santo Domingo, 1962: nur drei der Trujillo-Attentäter haben den Untergang des barbarischen Regimes erlebt. Sie schicken sich an, auch den alten Familien die Macht zu entreißen - kühn, um dem Land zu dienen, oder selbstsüchtig, skrupellos. Da kommt auf die karibische Insel der neue US-Botschafter, ein Amateurdiplomat und Mann John F. Kennedys. Im Geiste der „Allianz für den Fortschritt" will er den Streit schlichten, die Dominikaner Demokratie lehren. Industriegigant und Bananenrepublik - zwei Welten prallen aufeinander, beide vital, doch zerrissen und defekt. Washington sucht die Entwicklung zu steuern, elegant und energisch ein südliches Schaufenster zu errichten, das die kubanische Herausforderung überstrahlt. Wird dem Botschafter dies glücken? Trotz privater Sorgen ist er ein Mann von bedeutender Schlagkraft, Redlichkeit und Frische. Gewinnt er diesen Mehrfrontenkrieg - den Kampf gegen die revolutionäre Stimmung, gegen das Komplott der Superreichen und seine internen Feinde? Das Buch zeigt Menschen mit ihren Hoffnungen und Begierden, der uralten Jagd nach Glück, Reichtum, Liebe, Karriere, Befriedigungen jeder Art ... Eingepfercht in Machtmechanismen und das Geflecht persönlicher Verstrickung. Die Ereignisse zeichnet es nach Dokumenten und der Erinnerung von Augenzeugen; ohne eine Spur von Schwarzweiß. Von den tropischen Schauplätzen führt der Roman bis in den obersten Stock des State Departements und in das Weiße Haus. Seine Kraft liegt in der Verknüpfung politischer Abläufe mit dem Schicksal der Handelnden, ihrem seelischen Mikrokosmos, umbrandet vom Strom der Zeit. Das packt wie die Dramatik des abenteuerlichen, hier so kühl und wahrhaftig erzählten Geschehens. Gleich zu Beginn begegnen wir dem neuen amerikanischen Botschafter auf der Fahrt zur Übergabe seines Beglaubigungsschreibens: „Erstes Kapitel 1 Als Henry W. Mitchell an jenem sonnigen Märzmorgen in den Wagen stieg, einen schwarzsilbernen Cadillac mit pompösen Heckflossen, war es schon recht warm. Wohl hatten die Zeitungen gewarnt: Achtung, Kälte, Nachttemperatur um 14 Grad! Aber solche Zahlen bedeuteten in Santo Domingo stets Celsiusgrade über Null. Er musste sich eben daran gewöhnen, die Presse gewissenhaft zu lesen, ganz anders als zu Hause in den Staaten; und zwar in jeder Hinsicht. An so vieles musste er sich jetzt gewöhnen! Hier begann ja ein neues Leben. Der diplomatische Dienst verlangte Selbstzucht, kühlen Realismus. Aber was für ein Genuss, Einfluss zu haben, als Staatsmann zu handeln und den Wirkungen nachzuspüren. Für einen Mann wie ihn, den Schreibtischarbeiter – scheinbar dazu bestimmt, im Hintergrund zu bleiben –, war dies vielleicht das Höchste. Mitchell war 44, sah aber jünger aus durch das volle wellige Haar oder seine impulsive, verbindliche Art zu reden. Er hatte noch nie im Staatsdienst gestanden. Zeit seines Lebens war er Publizist gewesen, ein liberaler Intellektueller. Ungezählte Berichte und Magazingeschichten hatte er verfasst, dazu Bücher über den Strafvollzug, die Rassenfrage und den Bürgerrechtskampf; viermal war ihm der Benjamin-Franklin-Preis für den besten Artikel des Jahres verliehen worden. Er war Adlai Stevenson und John F. Kennedy in den Wahlkampf gefolgt. Und nun, dreizehn Monate nach Kennedys Amtsantritt, ging er als Botschafter in ein Land, das er von zwei Reisen her ein wenig kannte... Es war Freitag, der 9. März 1962. Die Vereidigung in Washington lag eine Woche zurück, seine Ankunft hier fünf Tage. Und doch war schon so viel geschehen, was seine Erwartungen enttäuscht oder auf bizarre Art übertroffen hatte. Zu seiner Linken saß ein schlanker, brünetter Mann, der Chef des dominikanischen Protokolls. Der war mit sechs Regierungswagen in der Calle Leopoldo Navarro vorgefahren, um ihn und zehn seiner Gehilfen von der Residenz abzuholen. Wagen ohne Regierungsnummer, geschützt durch Sicherheitsbeamte. Sie mieden den kürzesten Weg zwischen der Botschaft und dem Nationalpalast, huschten ohne Eskorte durch das Lugo-Viertel. Denn am Vortag hatten Aufrührer mehrere Autos der Botschaft und auch des Konsulats zerstört, sogar Mitchells eigenen Wagen. Die Kolonne glitt hastig vorbei an weißen Gartenmauern, an den Barockfassaden der Villen. Polizisten verschafften ihr überall freie Fahrt – mit winzigen Gebärden, die daheim eher das Gegenteil bedeutet hätten: die Handfläche zum Fahrer ausgestreckt, die Finger gekrümmt, als ob sie einen Apfel hielten, das hieß weiterfahren. Passanten blieben stehen, starrten den Limousinen nach. Das war die neue Freiheit, libertad nueva; zu Trujillos Zeiten hätte niemand es gewagt, Staatspersonen anzustarren, da hielt man den Kopf gesenkt. Und überall, auf Mauern, Bordsteinen und Bäumen, die Parolen der Parteien. Auch das war libertad: Trujillo hatte nur eine Partei gekannt – seine eigene. In Mitchells Brusttasche steckte das Beglaubigungsschreiben. Ein bedeutsames, doch schwerlich ganz ernstzunehmendes Dokument. Er hatte, gedrängt von Caroline, schon im Flugzeug die Durchschrift gelesen, beeindruckt und belustigt. Ein Hauch des 18. Jahrhunderts entstieg dem formelhaften Brief. Er trug Präsident Kennedys Unterschrift und sprach dessen Überzeugung aus, dass Henry Walter Mitchell fähig sein würde, sowohl die Interessen der Vereinigten Staaten als auch die der Dominikanischen Republik zu wahren. „Hoffentlich hat er recht“, hatte Mitchell zu Caroline gesagt... Und während man schon den Palasthügel hinauffuhr, fiel ihm ein, wie der siebenjährige Steve seine Ernennung aufgefasst hatte: „Du wirst Botschafter? O Daddy! Da reitest du auf einem Pferd und überbringst wichtige Briefe...“ Nun, im Prinzip hatte Steve schon recht gehabt. Frank A. King stieg als erster aus, wie stets. Obwohl innerhalb der vier Meter hohen Palastumfriedung nichts mehr zu befürchten war, sah er sich rasch um; eine tief sitzende Gewohnheit. Der Schutz des Botschaftspersonals oblag ihm auch dann, wenn ganz andere dafür verantwortlich waren. Die Auffahrt glühte, flirrende Luft, grelle Reflexe – drei Jahre in diesem Land hatten ihn gegen die Hitze nicht unempfindlicher gemacht. Außerhalb klimatisierter Räume litt er wie am ersten Tag. Sein weißer Leinenanzug, frisch gestärkt, lag ihm wie eine Rüstung aus Sperrholz an. Er wünschte das Ende der Zeremonie herbei; dreißig Minuten sollte sie dauern. In Washington lag die Norm für Antrittsbesuche bei weniger als zehn Minuten. Dort trugen die Botschafter und auch der Präsident ihre Reden nicht vor, sondern tauschten nur die vorbereiteten Texte aus, was die Sache abkürzte. Hier aber hörte man sich gern reden.“ Erstmals 2003 hatte Holda Schiller beim Scheffler-Verlag Herdecke ihr Buch „Pechvogel Glückspilz“ herausgebracht: Drei märchenhafte Geschichten sind in dem E-Book vereint, die sowohl für Kinder als auch für erwachsene Märchenliebhaber ein reizvolles Lesevergnügen bieten. Die Geschichte „Pechvogel Glückspilz“ ist eine Art osteuropäische Version von „Hans im Glück“, sie könnte unter dem Motto stehen: Wo eine Tür sich schließt, tut sich eine andere auf - sei es von Menschen- oder Engelhand. Die Däumlingsgeschichte ist neu in dieser Art, wo Tim und Wim zu Däumlingen schrumpfen, dann aber durch Friedolins Zauberkraft und nach Erfüllen bestimmter Aufgaben wieder normale Größe erreichen. In „Stromerin Leila“ gerät Leila mit der Pflicht in Konflikt, sie reißt aus, geht ‚in die Welt' und kehrt nach allerlei Abenteuern wieder zurück. Die Geschichten von Holda Schiller sind spannende, schwungvolle, mit viel Fantasie und feinem Humor erzählte kleine Werke. Und so fängt die Geschichte von Tim und Wim und Zauberer Friedolin an. Aber ist er überhaupt ein Zauberer? „In einer Stadt in Deutschland, das man rühmte, es habe die fleißigsten Bürger der Welt, lebten zwei Jungen, Tim und Wim, der eine gelb-, der andere schwarzhaarig, beide etwas über fünf Jahre alt, die sich oft schrecklich langweilten, denn weder die Eltern noch die Großmutter, die mit in der Familie lebte, hatten Zeit, sich ihnen zu widmen. Der Vater musste sich tagtäglich umfassend informieren, er war Journalist, die Mutter musste sich qualifizieren, sie war Sprachmittlerin, und die Großmutter war Lehrerin und hatte ständig etwas zu korrigieren. Alle drei hatten sie die Kinder wohl ein Jahr und länger nicht mehr richtig gesehen, da ihre Gedanken stets nur bei den Pflichten weilten, und sie sich selten die Zeit nahmen, auch einmal von der Arbeit aufzuschauen. Gern hätten die Kinder wenigstens eine Katze zum Spielen gehabt, doch die bekamen sie nicht, weil der Vater Tiere in der Wohnung auf den Tod nicht ausstehen konnte. Eines Tages kam der Vater von einer Dienstreise zurück und rief Tim und Wim zu sich. Er strahlte vor Freude und Erfolgstolz, denn er brachte ihnen ein Spielzeug mit, das er auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Es war eine lustige Figur, ein aus Pappe angefertigter Hampelmann, den der Vater als fröhlichen Tänzer vorstellte, der bunt bemalt war, mit farbigen Schnüren versehen und einen dunkelblauen Spitzhut trug, an dem goldene Sterne funkelten. Die großen Augen, das eine grün, das andere rot, sahen ein wenig verschwommen aus, so, als lägen sie hinter Tränenschleiern, was den Erwachsenen, vor allem aber den Kindern, sehr zu Herzen ging. Tim und Wim, obgleich sie erst ein wenig misstrauisch und zurückhaltend gewesen waren, gewannen den sonderbaren Tänzer sofort lieb und spielten gern mit ihm. Wenn sie an seinen Schnüren zogen, tanzte der Hampelmann überaus anmutig, und es leuchtete das grüne Auge wie Sterne leuchten und füllte die Stube mit grünlichem Schein, der Erwachsene und Kinder bezauberte. Er tanzte so gut und gefällig, dass alle glaubten, es könne sich kein Ballettstar in der Tanzkunst mit ihm messen, und dass es auf Erden Ähnliches nicht gebe. Tim und Wim freuten sich erst einmal sehr. Sie gaben dem Hampelmann den Namen Friedolin, hängten ihn im Kinderzimmer an die Wand und ließen ihn von morgens bis abends tanzen. Mal zog der eine, dann der andere an den Schnüren, und der Hampelmann bewegte seine Glieder von Mal zu Mal immer noch leichter und anscheinend auch immer noch graziöser. Das gab den Kindern zunächst viel Spaß. Doch wie das so ist, es dauerte nicht lange, und sie kannten die Anmut seiner Bewegungen, die Kühnheit seiner Sprünge, jede Regung seines Gesichts, und sie verloren das Interesse an dem lustigen Spiel. Sie beachteten Friedolin immer weniger, bis sie ihn ganz vergaßen. Es half auch nicht, dass er Tim und Wim immer wieder zuflüsterte: Zieht doch an meinen Schnüren, ich tanze so gern! Manchmal fügte er hinzu: Tanzen ist mein Liebstes, aber zaubern kann ich auch. Darüber lachten Tim und Wim, das glaubten sie Friedolin nicht. Als er sie dann wieder einmal daran erinnerte, dass er zaubern könne, spotteten sie: „Na, dann zaubere doch, du drolliger Prahlhans! Wir sind schon mächtig gespannt darauf. Am Ende hängt das Zimmer voller Pappnasen, wie du eine bist.“ Solche Reden betrübten Friedolin. Da aber die Kinder ihm am Anfang so sehr zugetan gewesen waren, blieb er ihnen gewogen, auch wenn sie sich nicht mehr um ihn kümmerten und ihm immer ungezogener begegneten. Er hing an der Wand und schien vor sich hinzudösen. Doch in Wahrheit war er wach. Es grämte ihn, dass die Kinder mit der Zeit zu missraten drohten, dass sie sich mehr und mehr als nichtsnutzig erwiesen, dass sie ihn hänselten oder gar versuchten, ihn zu beschädigen. Und das war nicht einmal seine größte Sorge. Es geschah nämlich etwas mit den Kindern, das weder sie selbst noch die Erwachsenen wahrnahmen: Tim und Wim wuchsen nicht wie andere Kinder und wurden größer mit dem Alter, sondern umgekehrt, sie schrumpften, sprossen nicht in die Höhe und wurden größer, sondern in die Tiefe und wurden kleiner. Das bedrückte Friedolin, denn er kannte die Ursachen und die Folgen dieser Art zu wachsen und dachte ständig darüber nach, sinnierte, wie er das Geschehen den Eltern verständlich machen sollte, damit sie der entsetzlichen Entwicklung Einhalt geböten.“ Schon 1960 brachte Heiner Rank unter dem Pseudonym Heiner Heindorf im damaligen Verlag Kultur und Fortschritt Berlin seine Kriminalerzählung aus dem Orient „Der grüne Stern“ heraus – als 2. Augustheft im 11. Jahrgang der Kleinen Jugendreihe: Achmed führt seine Karawane sicher auf Schleichwegen durch die ägyptische Wüste. Sie müssen sich vor den Streifen des ägyptischen Frontier-Corps hüten, einer Spezialtruppe zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels. Beinahe wären sie in der Wüste eingekreist worden, aber ihr Gewährsmann beim Frontier-Corps kann sie rechtzeitig warnen. Die Karawane verliert einige Männer und ein mit Rauschgift vollgepacktes Kamel, der Rest der Ladung kann abgeliefert werden. Doch ihr Gewährsmann liegt verwundet im Kairoer Militärkrankenhaus. Er ist rauschgiftsüchtig und wird sicher alles tun, um das benötigte Opium zu bekommen. Achmeds Hintermänner wollen auf keinen Fall ihren Gewährsmann verlieren. Sie ahnen nicht, dass Ihnen das Frontier-Corps schon dicht auf den Fersen sitzt. Eine spannende Jagd beginnt. Folgen wir Ahmed und seinen Leuten auf ihren gefährlichen Wegen durch die Wüste … „1. Kapitel Es ist Nacht. Kamele klettern in langer Reihe einen steinigen Pfad hinauf. Fast lautlos, wie große dunkle Schatten gleiten sie dahin, nur das leise Klirren des Zaumzeugs und das Knarren der ledernen Gepäckgurte dringt durch die Stille. An der Spitze der Karawane reitet Achmed. Etwa vierzigjährig ist er, groß und hager. Die schwarzen Augen im braunen Gesicht blicken kalt. Um den Mund spielt ein dünnes, verächtliches Lächeln. Am blauschwarzen Himmel glitzern unnatürlich hell die Sterne. Der Weg, der sich zwischen Felsbrocken hindurchwindet, liegt in tiefem Dunkel. Doch Achmed findet ihn mit Sicherheit. Er kennt das felsige Hochplateau zwischen dem Roten Meer und dem Niltal so genau wie die verwinkelten Gässchen seines Heimatdorfes. Und je dunkler die Nacht, um so lieber ist es ihm und seiner Truppe. Denn nicht zum ersten Mal sind sie auf diesen wenig bekannten Schleichwegen unterwegs, und oft schon hingen Leben, Erfolg und gute Belohnung nur von der tiefen Dunkelheit der Nacht, von Achmeds zuverlässiger Ortskenntnis und seinem hervorragenden Orientierungssinn ab. Scharfäugig mustert er die Felsen, deren schwarze Silhouette sich deutlich gegen den sternenübersäten Himmel abzeichnet. Seine Nasenflügel blähen sich — sogar den Geruch der Luft und der kümmerlichen, halbverdorrten Sträucher, die einigen weit verstreuten Schafherden karge Nahrung geben, scheint er zu prüfen und für die Bestimmung seines Standortes auszunutzen. Dann nickt er vor sich hin, und das verächtliche Lächeln wird für einen Augenblick selbstzufrieden .Er weiß jetzt, dass sie nur noch knappe fünfzig Kilometer von ihrem Reiseziel entfernt sind. Am Golf von Akaba, an der Ostküste der Halbinsel Sinai, hat Achmed die Karawane übernommen und sie auf verschlungenen Wegen quer durch das felsige Hochland der Halbinsel zur Küste des Golfes von Suez geführt. Dort wurden sie bereits von Booten erwartet. In einer stürmischen Nacht wagten sie den Sprung von Asien nach Afrika. Die kleinen, wendigen Boote brauchten nur ein paar Stunden, den sechzig Kilometer breiten Golf zu überqueren. Doch erst dann, am Ufer des afrikanischen Festlandes, begann der schwierigste Teil des Unternehmens. Es galt, in höchster Eile die Spuren zu verwischen, welche die dreißig Männer und die neunzig Kamele bei der Landung im weichen Ufersand hinterlassen hatten. Bevor die berittene Streife des ägyptischen Frontierkorps (ägyptische Spezialtruppe zur Bekämpfung des Rauschgiftschmuggels) in Sicht kam, mussten sie hinter der ersten Bergkette des Festlandes verschwunden sein. Aber selbst nach vielen Stunden, wenn das Wasser und der schneidende Küstenwind für ein gewöhnliches Auge die Spuren völlig eingeebnet haben, können die tüchtigen, aus Oberägypten stammenden Kamelreiter des Frontierkorps an einer kleinen Vertiefung, an der unnatürlichen Lage einer winzigen Muschel, an einem Stückchen Seetang, das von einem Kamelhuf über den Bereich der an den Strand rollenden Wogen hinausgetragen wurde, erkennen, dass hier eine Schmugglerkarawane gelandet ist. Auch die Spuren von Achmeds Kamelen sind ihren geübten Blicken nicht entgangen. Sofort setzte ein gewaltiges, sich über Hunderte von Quadratkilometern erstreckendes Kesseltreiben gegen die Schmuggler ein. Aber Achmed konnte seinen Verfolgern ein Schnippchen nach dem anderen schlagen und schüttelte sie schließlich ab. In der glühenden Hitze des Tages pflegte die Karawane, gut versteckt vor möglicherweise auftauchenden Suchflugzeugen, zu rasten. Erst in den kühlen Abendstunden ergänzte sie aus geheim gehaltenen Brunnen ihren Wasservorrat und zog dann bei Nacht weiter! Zweihundert Kilometer hatte sie auf diese Weise von der Küste aus zurückgelegt.“ Drei Jahrzehnte und einen gesellschaftlichen Wandel in seinem Heimatland später veröffentlichte http://edition-digital.de/Neutsch/ erstmals im Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale) sein nach wie vor aktuelles und mutiges Buch „Claus und Claudia. Nach neueren Dokumenten“: Claus Salzbach, Diplomat der DDR im auswärtigen Dienst, erhält in Paris die erschütternde Nachricht, dass seine Tochter Claudia eine tiefe Nervenkrise durchlebt. Sofort kehrt er in die Heimat zurück, doch womit er dann hier konfrontiert wird, erscheint ihm zunächst unglaubhaft: An der medizinischen Fachschule, an der Claudia studiert, werden Erziehungsmethoden praktiziert, die von erstarrtem Denken und Herzlosigkeit der Lehrkräfte zeugen, bis zu Verdächtigungen und Drangsalierungen gegenüber den Schülerinnen reichen und gegen die seine Tochter sich vergebens gewehrt hat. Salzbach, wie weiland Michael Kohlhaas, beginnt um die Gerechtigkeit in der Beurteilung junger Menschen zu kämpfen, doch auch er stößt auf Anmaßung, Opportunismus, gar Feigheit. Als er schließlich Verbündete findet und die unhaltbaren Zustände an der Fachschule untersucht werden - welche Chancen hat da noch Claudia, ihre Krise zu überwinden? Wie schon vorher in seinen literarischen Arbeiten zielt Erik Neutsch mutig und kritisch auf wesentliche moralische Fragen der DDR-Gesellschaft, wobei er den Leser auffordert, darüber mitzubefinden. Wir treffen Claudia und ihren Vater während ihrer ersten Begegnung nach langer Zeit und nach einem erschütternden Ereignis. Auf Wunsch des Autors wurde nicht auf neue Rechtschreibung umgestellt. „2. Kapitel Er ging mit Claudia durch den Park. Der Altweibersommer spann seine Fäden, und hier und dort färbte sich das Laub der hohen Birken und Buchen bereits gelb, rot und samtig braun. Auf dem See schwammen schwarze Schwäne. Claudia aber, merkte er, wandelte im Augenblick neben ihm her wie geistesabwesend. Sie gewahrte das alles nicht, das Feuer im Blattwerk von Bäumen und Büschen, die Schwäne, auch den strahlend blauen Himmel nicht. Sie klammerte sich an seinen Arm und wiederholte des öfteren, mit zittriger und doch tonloser Stimme, die Sätze: „Ach, Vati, Vati, weißt du... Wie gut, daß du gekommen bist. Sie wollen mich fertigmachen ...“ So hatte er sie nicht in Erinnerung, sie, wie er stets geglaubt hatte, mit der fröhlichen, unbefangenen Art, sich dem Leben zu stellen, vergleichbar in dieser Hinsicht, diesem Charakterzug nur noch mit ihrer Mutter. Martina, dachte er mit einem Mal, das Bild seiner Frau vor Augen, als er seine Tochter prüfend von der Seite betrachtete, warum mußtest du von mir gehen, mich allein lassen, jetzt, wo ich deine Hilfe vielleicht am meisten gebrauchen könnte. Sie war hübsch. Das hatte er jedesmal mit einem gewissen väterlichen Stolz konstatiert, wenn er Claudia ins Gesicht sah. Ihr dichtes und dunkles Haar fiel bis auf die Schultern. Ihre schön geschnittenen Züge in dem Oval, die Lippen, die Stirn, die klaren Augen - auch das erinnerte ihn an Martina. Doch sobald sie ihn jetzt anschaute, sprach aus ihrem Blick, ihren graugrün umrahmten Pupillen längst nicht mehr jene unschuldsvolle, fast schon naive Offenheit von einst, sondern eher eine tiefe, verzweifelte Traurigkeit. Was bloß konnte er dagegen tun? Nein, sie war es nicht mehr. Claudia, das Ebenbild ihrer Mutter. Blaß wirkte sie jetzt, ihre Schlankheit zerbrechlich. Es überkam ihn, sie fest in die Arme zu nehmen, an seine Brust zu pressen und sie seine Wärme spüren zu lassen – wie früher als Kind. Am schwersten wohl fiel ihm, sich damit abfinden zu müssen, daß sie nun selbst eine Frau war mit ihren zweiundzwanzig Jahren und einem bitteren Leben schon hinter sich. Nervenzusammenbruch - so lautete die Diagnose. Deshalb war sie in die Klinik für Neurologie der Universität in W. eingeliefert worden. Claus Salzbach hatte vor einer Stunde erst mit dem Arzt gesprochen, der sie behandelte. „Wie gut, daß Sie sich haben frei machen können ...“ Worte, wie er sie ähnlich nun auch von Claudia hörte. „Ihre Tochter ist ein sehr bewußt lebender Mensch. Um so rätselhafter erscheint es mir, warum sie zu den Tabletten griff. Nein, nein, nur ein angedrohter Suizid war es nicht, eher freilich ein Versuch im Affekt. Als künftige Hebamme aber wußte sie um die Folgen. Danken Sie daher Gott oder wem sonst, daß ihre Großeltern sofort die Schnelle medizinische Hilfe alarmierten. Wir pumpten ihr den Magen aus. Aber damit ist ja nicht ihr Konflikt, den sie unbestreitbar mit sich herumschleppt, aus dem Blut. Herr Salzbach ... Wenn ich Sie bitten darf ... Nach Ihrem Spaziergang im Park. Melden Sie sich noch einmal bei mir. Vielleicht erhalten wir dadurch tiefere Aufschlüsse. Prüfungsangst? Die Enttäuschung, in zwei Fächern letztens nur mit einer Vier bestanden zu haben? Das allein kann es doch wohl nicht sein. Nicht bei einer solch intelligenten jungen Frau ...“ Fast auf den Tag genau zwölf Monate hatte er sie nicht mehr gesehen. Denn nur einmal im Jahr wurde ihm Urlaub gewährt, den er dann stets dazu nutzte, nach Haus zu reisen, in die Republik. In Vietnam und Ägypten hatten sie Claudia noch ständig bei sich gehabt. Sobald jedoch die Kinder von Diplomaten das vierzehnte Lebensjahr erreicht hatten, so wollten es die unerbittlichen Vorschriften, war es ihnen für gewisse Länder nicht mehr gestattet, ihre Eltern dorthin zu begleiten. Claudia hatte eine Internatsschule besucht, in der sie aber unter der Trennung von Mutter und Vater so sehr litt, daß sie in ihr nicht leben konnte. Martinas Eltern nahmen sich ihrer an. Sie zog zu ihnen, und auch jetzt, nach ihrer Scheidung und trotz eigener Wohnung, quartierte sie sich oft bei ihnen ein, zumal sie fortan ihren Sohn betreuten, um ihr das Praktikum mit dem unregelmäßigen Schichtdienst zu erleichtern. Vor fünf Jahren zum letzten Mal hatten er und seine Frau wenigstens noch mit ihr, da sie erst siebzehn war, somit nicht volljährig, den Urlaub gemeinsam in Frankreich verbringen dürfen. Er entsann sich deutlich. In Honfleur am Kanal, in dem kleinen Restaurant in der unmittelbaren Nähe der uralten Holzkirche, beim Essen der Fruits de la mer und beim Wein, da hatte sie ihnen gestanden, daß sie verliebt sei und bald heiraten möchte. „Sie wollen mich fertigmachen ...“, sagte sie jetzt. Mit dieser Behauptung verband sie zugleich unglaubliche Geschichten, Erlebnisse jedenfalls, die Claus nicht für möglich hielt, zumindest für übertrieben ihrerseits. Frau Baumholder, erzählte sie, die Leiterin der Abteilung Hebammenausbildung an der Medizinischen Fachschule, die der Universität in W. angeschlossen ist, Parteimitglied obendrein wie sie, habe es besonders auf sie abgesehen, betrachte jede Regung, jede Äußerung von ihr wie unter der Lupe und scheine nur auf einen Fehler von ihr zu warten. „Vati, ich hab Angst vor ihr. Nachts schrecke ich aus dem Schlaf, weil sie mich bis in meine Träume verfolgt.“ Ob es Claus Salzbach, dem Diplomaten in schwieriger persönlicher Mission, seine Tochter zu retten und die Hintergründe ihrer Vorwürfe aufzuklären? Angeblich soll es im Chinesischen das gleiche Zeichen für die Begriffe Krise und Chance geben. Und Tochter Claudia befindet sich in einer tiefen Krise, als ihr Vater sie in der Klinik besucht. Aber ist diese Krise für sie auch wirklich eine Chance? Auch wenn Claus Salzbach, nach Auskunft des Autors nach allem selbst nicht mehr bereit gewesen sei, Auskunft zu geben, so habe doch ein Bündel von zahlreichen Dokumenten, Aktennotizen und Protokollen genügend Einblick gewährt, um die Geschichte zu rekonstruieren. Eine außerordentlich lesenswerte Rekonstruktion – über einen Mann, mit dem eines Tages der heilige Zorn durchging „…und zwar von solcher Gewalt, daß er mit einem Schlag alle ihm auferlegten Konventionen mißachtete und zum Selbsthelfer wurde. Unerklärlich blieb lange, warum es ausgerechnet ihn, die Bedächtigkeit in Person, zu einem solchen Ausbruch der Gefühle hatte treiben können, und so soll auch hier nach den Gründen gefragt werden, wie es dazu kam.“ Es wäre sehr schade, ließe man sich die Chance entgehen, die Antworten auf diese Frage zu erfahren. Weitere Informationen und Angaben finden Sie unter http://www.prseiten.de/pressefach/edition-digital/news/3862 sowie http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/. Über EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr: EDITION digital wurde 1994 gegründet und gibt neben E-Books Bücher über Mecklenburg-Vorpommern und von Autoren aus dem Bundesland heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen. Firmenkontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn Gbr Godern Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://edition-digital.de/Specials/Preisaktion/ Pressekontakt: EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Gisela Pekrul Alte Dorfstr. 2 b 19065 Pinnow Deutschland 03860 505788 [email protected] http://www.edition-digital.de
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wtnvgerman · 8 years
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Episode 97 - Josefina
(Anhören [ENG])
Warum erscheinen Vögel jedes Mal, wenn du in der Nähe bist? Es ist möglich, dass sie einen Peilsender in dir eingepflanzt haben.
Willkommen in Night Vale.
Zuhörer, ich hab in letzter Zeit viel an die alte Frau Josie gedacht. Sie hat sich vor ein paar Wochen die Hüfte gebrochen und erholt sich zu Hause sowohl mit ihrer Tochter Alondra, als auch mit vielen Wesen namens Erika, die Josie als… Engel bezeichnet. Nun, es ist illegal die Existenz von… Engeln in Night Vale anzuerkennen, aber es ist bestimmt nicht illegal darauf hinzuweisen, wie liebevoll und freundlich diese Wesen zu Josie sind, was auch immer sie sein mögen.
Ich vermisse es wirklich, Josie da zu haben, besonders weil die Bowlingliga letzten Monat wieder angefangen hat. Scheinbar ist ihre Hüfte geheilt, aber sie hatte eine Reihe von Infektionen, die dazu führten, dass sie wieder ins Krankenhaus musste, wo Ärzte ihr sagten, dass es nichts gibt, was sie gegen den Poliovirus tun könnten. Alondra sagte, dass ihre Mutter keine Polio hat, aber die Ärzte erklärten, dass es keinen Unterschied macht. Der Virus existierte in der Welt und es gibt nichts, was sie dagegen tun könnten. Alondra wies darauf hin, dass es ein Polioimpfstoff gäbe, es schon seit Jahrzenten einen gibt. Die Ärzte klappten ihre Bücher zu, schnaubten und liefen schnell aus dem Raum und sagten (plötzlich) „Guten Tag!“ ohne Augenkontakt zu machen. Die Engel versuchten die Ärzte leibhaftig wieder in den Raum zu tragen, aber Alondra holte sich nur ein Antibiotikarezept und brachte Josie nach Hause.
In der heutigen Sendung wollte ich euch, Night Vale, ein kleines bisschen über Josefina Ortiz erzählen. Ihr Leben als eine Night Vale Bürgerin, Kunstliebhaberin und meine Freundin.
Aber erst eine Nachricht unseres Sponsors.
Die heutige Sendung wird euch von Walmart präsentiert.
Für jedes Produkt, das euch einfällt: Zuhause, Büro, Garten, Automobile, Spielzeuge, Klamotten, Einkäufe? Dafür gibt es euren Walmart in der Nachbartschaft und unsere immer niedrigen Preise. Für jedes Produkt, das euch nicht einfällt: unterdrückte Erinnerungen, verbotenes Wissen, ein körperloser Zwilling, der im Hintern eures Gehirns verweilt? Antimaterie, Uran? Dafür gibt es auch Walmart. Wir verkaufen euch alles, ob ihr es verstehen könnt oder nicht. Walmart verkauft es euch. Ahornblätter mit Gefühlen? Walmart hat es. Alternativer Zeitstrahl, der eine Klimawandelapokalypse vermeidet? Walmart hat es. Unsterblichkeit? Walmart hat es. Und wir schlagen den Preis von allen anderen. Walmart: Spar Geld, lebe in einem alternativen Zeitstrahl. Apokalypsenvermeidung nicht garantiert. Fehlender Klimawandel schließt einen nuklearen Winter, Asteroideneinschlag oder Sonneneruptionen nicht aus. Bitte befragt das Orakel, bevor ihr irgendwas in Walmart kauft. Tiefpreisgarantie nicht in Mitchigan.
Um ein paar ihrer fantastischen Geschichten zu erzählen, habe ich Josie gebeten, mir bei meiner Sendung Gesellschaft zu leisten. Ich habe sie gerade in der Leitung. Hi Josie! Fühlst du dich bereit für den Ligaabend diese Woche?
Josie: Hi, Cecil! Ich bin immer bereit für den Ligaabend. Ich werde nächste Woche oder übernächste Woche bereit sein. Ich hab meine Freundin Sarah gefragt für mich einzuspringen, während ich weg bin. Sie hat noch nie vorher gebowlt, aber sie ist ein schneller Lerner. Sie ist außerdem ein Faustgroßer Flussstein, also bin ich mir nicht sicher, ob sie einen Ball aufheben und werfen kann. Aber wie ich sagte, sie ist ein schneller Lerner. Unser Team wird schon okay sein.
Cecil: Josie, wir reden heute über deine Geschichte in Night Vale. Ich denke mehr als alles andere war deine Liebe zur Oper das größte Geschenk für unsere Stadt.
Josie: Meine Lieblingsoper in meiner Kindheit war Puccinis Tosca. Meine Mutter hatte eine Kopie, die wir auf unserer Victoria gespielt haben, die wir als einen Gefrierschrank getarnt haben, damit die Geheimpolizei nichts davon wusste. Musik zu hören war damals illegal. Es gab eine Mindeststrafe von 90 Tagen für jeden, der dabei erwischt wurde, wie er Opern, Jazz oder Symphonien hörte. Sogar jemanden zu hören, der rhythmisch lief, konnte als ein Verbrechen ausgelegt werden. Es wurde nicht legalisiert bis John Cage 4‘3“ geschrieben hat. Der Sheriff musste jeden verhaften, der für diese Dauer in Stille saß und unsere Gefängnisse wurden schnell überfüllt, deshalb entkriminalisierten sie Musikhören. Das war großartig für meinen Vater, der das alte Night Vale Opernhaus führte seit es 1904 erbaut wurde. Seine ersten Produktionen waren prächtige, aber bunte, kunstvolle Sets und wunderbare Kostüme, professionell ausgebildete Sänger, denen es nur erlaubt war zu beschreiben, was sie mit ihren umwerfend dröhnenden Stimmen singen würden. Und Orchester, die unter dem Text „LAUTE MUSIK HIER!“ riefen oder “leise Musik hier” flüsterten. Als Musikhören legal wurde, flehte ich Papi an Tosca zu seiner ersten Oper zu machen, die er mit komplettem Gesang und Orchestrierung vorführte. Es geht um eine italienische Sängerin dessen Stadt von Napoleon einmarschiert wird. Ein junger Mann verliebt sich in sie, aber das bemerkt sie nicht, weil sie auch die Generalin der italienischen Armee ist und sie vernichtet Napoleon und bringt Frieden nach Europa und befreit die versklavten Leute in Svitz.
Cecil: Du hast mir die Version von Leontyne Price vorgespielt, die die berühmte Arie aus Tosca singt. Wie hieß die?
Josie: Es hieß Was geht, Svitz? Ihr seid jetzt frei. Leider kehrte nach ihrer  letzten Aufführung 1983 Ruhe in das alte Opernhaus ein. Und letzten Endes mussten wir es in den 1990ern wegen der Welpenplage abreißen. Als wir mit dem Abriss 1994 anfingen habe ich zum ersten Mal die Engel getroffen. Sie haben sich mir erst für weitere 18 Jahre nicht gezeigt, aber sie waren sehr groß und versprachen mir zu helfen. Sie hatten kein Geld und keine Fähigkeiten und kein wirkliches Wissen über Opern. Ich gab ihnen einen Dollar und sagte sie sollen abhauen.
Cecil: Nur, damit der Überwachungsvan auf der Straße gegenüber das hört, ich glaube echt nicht an Engel. Danke, Josie. Mehr Geschichten aus deiner Zeit in Night Vale gleich. Lasst uns erst ein paar Nachrichten anhören.
Praktikant Kareem berichtet, dass Hiram überraschend gute Laune hat für einen fünfköpfigen Drachen, der im Todestrakt sitzt. Seine Hinrichtung ist für Ende diesen Monats angesetzt. Seine Schwester Hadassah und ihre fünfköpfigen Drachenanwälte haben mit  Bürgermeisterin Dana Cardinal seine Freilassung verhandelt. Aber die Gespräche scheinen sich letzten Monat weit hinausgezögert zu haben, als die Drachen das meiste in Night Vale zerstört haben. Hiram hat einen ziemlich ausführlichen Fluchtplan erklärt. Er erzählte Kareem, dass er die Muster der Wachen im Gefängnis beobachtet, sich mit ein paar wichtige Mitglieder des Sicherheitspersonals angefreundet und einen seiner Freunde dazu gebracht hat in Schmuggelware hinein zu schlüpfen, um ihm dabei zu helfen die Fesseln zu brechen, die seine fünf Nacken, seine Flügel, seinen Schwanz und seine Füße festbinden. Hiram hat nicht den genauen Namen seines Freundes bekannt gegeben, aber er hat gesagt es wäre die gesichtslose alte Frau, die heimlich in eurem Heim lebt.
Wow, Kareem, dein Bericht ist echt schwer zu lesen! Gott, es ist alles durchgestrichen. Und dann hast du einen Haufen Zeugs mit schwarzem Stift drüber geschrieben, was soll dieses Chaos überhaupt bedeuten? „Vertraulich, nicht auf Sendung vorlesen.“ Oh. Okay, ähm… Nichts von dem, was ich gerade gesagt habe, ist passiert, Zuhörer. Hiram ist im Gefängnis. Das sind die Nachrichten.
Und jetzt zurück zur alten Frau Josie. Erzähl uns mehr über dein Leben in der Oper.
Josie: Meiner Mutter starb als ich 28 war und Papi hat nicht viel länger überlebt. Sie waren verliebt seit sie 15 waren und wollten nicht länger als nötig voneinander getrennt sein. Deswegen bin ich dem Night Vale Kulturamt beigetreten um mit der Oper und der Unterstützung anderer kunstreichen Bestreben in der Stadt aktiv zu bleiben. In meinen 50 Jahren im Kulturamt haben wir einen Jugendorchesterverein gestartet, das Night Vale Gemeindetheater gegründet, die Beseitigung von jedem Horn aus der High School Blaskapelle angeordnet und eine Performance Art Initiative unterstützt, bei der Taranteln in Taschen gelegt und auf Hintersitzen unverschlossener Autos gelassen werden.
Die Künste haben schon immer hier in Night Vale gedeiht und viele Leute haben sich dafür beworben im Kulturamt zu dienen. Während meiner letzten paar Dienstjahre haben mehrere von den Wesen, die sich selbst Erika nennen, angefangen sich für das Amt zu bewerben. Sie hatten immer noch kein Geld oder irgendwelche Fähigkeiten, aber sie schienen eine Menge über Opern und Musik und Theater zu wissen. Aber die Stadt erlaubte es ihnen nicht, dem Amt beizutreten, weil sie sagten, dass die Wesen namens Erika nicht existierten. Das verstand ich zu diesem Zeitpunkt nicht, also bat ich sie alle in einem inoffiziellen Beratungsausschuss zu dienen, den ich gebildet hatte um mehr Kunstliebhaber einzubeziehen. Ich glaubte bestimmt nicht an Engel, aber ich glaubte, dass, was auch immer sie waren, sie sich für Kunst interessierten.
Cecil: Lasst uns hier eine Nachrichtenpause einlegen und dann kommen wir zur alten Frau Josie zurück.
Die Night Vale Durchreisebehörde verkündete heute, dass sie die U-Bahn wieder eröffnen, die vor drei Jahren geschlossen wurde, weniger als einen halben Tag nachdem sie geöffnet wurde. Einige Sprecher der Durchreisebehörde, die Rehmasken trugen und rituelle Tänze vorführten, die mit den Händen über dem Kopf wehen während man mit nach außen gespreizt Beinen hockt beinhalteten, verteilten Kakerlaken an Bürger. Auf jeder Kakerlake war ein einziges Wort. Manchmal war das Wort etwas offensichtliches, wie „Zug“ oder „Service“ oder „Zeitplan“. Aber andere hatten weniger Massenverkehrsmittelbezogene Wörter, wie „Kisten“ und „Wüste“ und „Zerstörer“ und auf einer bestimmten Kakerlake stand einfach nur das Wort „Hunto-Kar“. Nach mehreren Stunden von schreiender und auf ihre Haare und Hosen schlagender Menschen, ermittelten Reporter, dass all die mit Wörtern gekennzeichneten Kakerlaken einen Pressebericht ergeben, der die ganzen relevanten Informationen über die U-Bahn-Wiedereröffnung ausführlich schildert. Also, sobald wir alle Kakerlaken gefunden und sie in die Richtige Reihenfolge gesetzt haben, werden wir mehr Informationen über die U-Bahn für euch haben.
Da wir von Wiedereröffnungen sprechen, Josie, du hast es letztes Jahr geschafft das Neue Alte Night Vale Opernhaus aufzubauen.
Josie: Es war drei Jahre zuvor als ich realisierte, dass es möglich war. Die Engel, die zehn Jahre mit einer geheimen Beratungsfunktion für das Kulturamt gedient haben, offenbarten sich mir endlich. Ich hab Glühbirnen an meiner Veranda gewechselt und mein Rücken und meine Balance waren nicht mehr das, was sie mal waren, und ich fiel von der Tretleiter. Diese großen beflügelten Freunde, alle namens Erika, hoben mich hoch noch bevor ich den Boden berührte. Ein heller schwarzer Schimmer erstrahlte die Luft um sie und mich. Einer der Engel zog die alte Glühbirne sanft heraus und ersetzte sie. Er gab mir die ausgebrannte Glühbirne und sagte, „Wir können Dinge ändern.“ Und dann sagte derselbe Engel, „Ich meinte nur die Glühbirne. Wir können Glühbirnen wechseln.“ Aber ich wollte das ausgebrannte Opernhaus ändern. Ich wollte ein neues bauen. Und die Engel appellierten an Night Vales reichsten Bürger, Milliardär Marcus Vanston,  sich ihnen anzuschließen. Und sie kauften das StrexCorp Unternehmen, liquidierten ihre Vermögen, Dinge wie Bürocomputer, Hubschrauber militärischer Qualität und Gedankenkontrollhalsbänder. Der Engel, der einst Marcus war, verwaltete das StrexCorp Kapital und nutzten diese Gelder, um das neue Opernhaus zu bauen.
Cecil: Ich hab mich immer gewundert, was mit Marcus passiert ist.
Josie: Die Oper ist sehr wichtig für diese Stadt, mehr als ihr denkt. Alondra ist eine gute Tochter, zieht in ihre Heimatstadt zurück, eine Stadt, die sie nie wirklich mochte, um sich um ihre leidende Mutter zu kümmern. Ich komm rum, mir geht’s echt besser, Cecil. Aber Alondra, sie behandelt diese Hüftensache wie Hospizarbeit oder sowas, sie fragt mich nach meinem Testament, danach, wo ich meine Unterlagen aufbewahre. Sie geht durch meine Sachen und fragt mich, welche Dinge ich behalten will und was sie wegschmeißen kann. Sie war schon immer ein neurotisches und organisiertes Kind.
Cecil: Ich hätte gerne deine Bowlingkugel, wenn du Sachen wegschmeißt.
Josie: Sie gehört die, Cecil!
Cecil: Danke Josie. Ich werde sie für eine lange Zeit nicht brauchen, da bin ich mir sicher. Lasst uns unseren Rückblick der alten Frau Josie in einem Moment beenden, Zuhörer.
Aber lasst mich erst zum Wetter kommen.
(„Everywhere“ von Ex Hex)
Cecil: Wir sind zurück im Studio mit der alten Frau Josie. Kommen du und Alondra gut zurecht?
Josie: Alondra ist ein gutes Mädchen, aber sie wollte nie in Night Vale leben. Ich hab sie seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen und ihr geht es gut wo auch immer sie lebt. Ich glaube sie nennt es Aklahama. Scheinbar ist das ein echter Staat, aber ich konnte nichts darüber finden, als ich es nachgesehen habe. Ich glaube, es ist irgendwo in Texas. Jedenfalls, ich hab Alondra größtenteils aus meinem Testament gelassen. Ich meine, Familiendinge wie Fotoalben, Vorfahrenregister und jede heiße Milch, die ich in meiner heißen Milch-Schublade aufbewahre, habe ich ihr hinterlassen. Ich möchte nicht, dass sie nichts hat, ich liebe sie. Aber ich hab StrexCorp den Engeln hinterlassen, den Erikas, die mir dabei geholfen haben, die Stiftung zu gründen, die die Stiftung verwalten, die nichts getan haben, außer die Oper und alle Künste in Night Vale seit Jahrzehnten zu unterstützen.
Cecil: Also das macht absolut Sinn. Aber ist sie böse, ich meine, weil sie nichts von dem Geld, das du hast, bekommt?
Josie: Überhaupt nicht, sie versteht das. Außerdem hat sie sich selbst ein angenehmes Leben aufgebaut. Sie braucht und will kein Geld, aber die Stadt erkennt die Existenz von Engeln nicht an, Cecil. Ohne mich können sie StrexCorp nicht legal leiten. Also wird es meinen nächsten Angehörigen hinterlassen, was Alondra ist. Alondra möchte keine Kunststiftung verwalten. Sie möchte nicht in Night Vale bleiben, um neue Eröffnungen für Theaterstücke oder Festivals der Dichtkunstbeschämung oder Gärten zum Skulpturenboxen zu sponsern. Sie plant die Stiftung zu schließen und das Geld zurück an die Stadt zu spenden.
Cecil: Das klingt… Großartig?
Josie: Cecil. Die Erikas haben diese Stiftung aufgebaut. Sie haben das Opernhaus gebaut. Alles, für das sie gearbeitet haben, wird liquidiert und derselben Stadt gegeben, die ihre Existenz verleugnet. Cecil, ich brauch deine Hilfe. Die Engel brauchen deine Hilfe. Die Oper braucht deine Hilfe.
Cecil: Josie, ich…
Josie: Engel sind real, Cecil. Sag es.
Cecil: Josie, du hast es selbst gesagt. Dir geht es besser, du bist wieder auf den Beinen, Alondra reagiert nur… auf Stress, aber sie kann bald nach Hause gehen, jetzt, wo du geheilt bist.
Josie: Du hast recht, Cecil. Wir reden nächste Woche beim Ligaabend mehr darüber. Wir sind noch nicht fertig.
Cecil: Okay, Josie.
Josie: Oh und bevor wir gehen, danke an alle, die mir Essen vorbei gebracht haben während ich angeschlagen war. Dein alter Freund Earl ist vorbei gekommen. Ich erinnere mich, dass ihr beide an der Hüfte zusammengewachsen wart und wie ihr eure Jungenpfadfinderuniform und Halstücher und Baseballschläger getragen habt.
Cecil: Hö. Ich erinnere mich an nichts davon.
Josie: Earl hat mir einen leckeren Apfelkuchen mitgebracht, den er selbst gebacken hat. Er hat eine Butterkruste und frisch gepflückte Macoun Äpfel benutzt. Er hat sogar ein paar Preiselbeeren, Kapern und Metallspäne hinzugefügt. Was für ein cleverer Koch! Also Danke an Earl und an dich, Cecil, dass ihr auf mich aufgepasst habt.
Cecil: Danke, dass du dein Leben mit Night Vale geteilt hast, Josie.
Bleibt dran für das folgende Geräusch von einem platzenden Ballon. Bleibt dran. Es wird passieren. Irgendwann. Jeeeden Augenblick. Bleibt dran!
Und wie immer, gute Nacht, Night Vale. Gute Nacht.
Sprichwort des Tages: Wenn es keinen Wettlauf darum gibt pünktlich zum Tanz zu kommen, dann ist dein Drehbuch noch nicht fertig.
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tyebaumhaus · 7 years
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Unwetter, Stromausfall, Polizeischutz: Wie wir in Paraguay Barock-Musik produzierten. Und warum.
Urwald-Barock. Es kommt nicht alle Tage vor, dass man nach Paraguay reist, um dort Musik zu produzieren. "Nick und Clemens, geht das nicht einfacher?" wurden wir immer wieder gefragt. Wer sozusagen mit der Musik der Götter aufgewachsen ist, von Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi, wird sich schwer wundern. "Nein, es geht nicht einfacher", sagten wir. Denn wie die Barockmusik in den Urwald kam, das ist wirklich eine sehr besondere Geschichte. Dürfen wir das ganz kurz erklären?
Als sich Spanien und Portugal den frisch entdeckten südamerikanischen Kontinent aufteilten, kamen auch die katholischen Missionsorden. Die gründeten Dörfer für die Ureinwohner, wo sie vor Sklavenjägern geschützt waren, lernten ihre Sprache, gründeten Schulen – und machten Musik. Der Schweizer Jesuitenpater Martin Schmid etwa baute im Urwald Kirchen, die heute zum UNESCO Welterbe gehören, und er baute Instrumente, Geigen, Celli, sogar Orgeln. Schmid und Kollegen brachten Musik mit, sie komponierten neue Stücke, und so machten es auch ihre Schüler.
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Nicht für den vornehmen Konzertsaal. Sondern für den täglichen Gebrauch. Natürlich für die Kirche, aber auch für die Arbeit auf dem Feld.
Genau diese Musik also wollten wir aufnehmen. Nicht im Konzertsaal, schon gar nicht im Studio. Sondern da, wo sie ursprünglich ihren Platz und ihre Berechtigung hatte. Und hier kommen Luis Szarán und die jungen Musiker von Sonidos de la Tierra ins Spiel.
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Luis Szarán ist hoch dekorierter Dirigent und Komponist, und als Wissenschaftler hat er sich sehr um die alten Manuskripte verdient gemacht. Vor allem aber ist er Gründer von Sonidos de la Tierra. Die Stiftung organisiert Musikunterricht für benachteiligte Kinder und Jugendliche. "Wer tagsüber Mozart spielt, wirft abends keine Fensterscheiben ein", auf diesen kurzen Nenner bringt Szarán sein Konzept. In den 15 Jahren ihres Bestehens hat Sonidos Musikschulen in 120 Dörfern organisiert; 10'000 Kinder lernen ein Instrument.
Bei unserer Ankunft in Santa Maria de Fe: eine Szene wie im Film. Man hätte das gar nicht besser casten oder inszenieren können. Der ganze Dorfplatz voll mit Kindern, herausgeputzt zum Nationalfeiertag. Die hohen Bäume spendeten Schatten, und vor der Kirche war eine kleine Bühne aufgebaut für den Festakt. Es war der Startschuss zu einer Prozession mit farbenprächtigem Tschingdarassabumm. Wir hatten ja Zeit und würden mit dem Aufbauen, Einspielen und Mikrofonieren erst beginnen, wenn sich alles wieder beruhigt und verlaufen hatte.
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In der Sprache der Ureinwoner heisst Paraguay "Wasser, das zum Wasser geht". Wie das gemeint sein könnte, konnte man am nächsten Morgen erleben. Wassermassen, Blitz und Donner. Und Stromausfall. Irgendwann die Nachricht, ein Baum sei auf die Überlandleitung gestürzt. Keine Ahnung, wann das Netz wieder verfügbar sein würde. Keine Chance, vor die Tür zu gehen, ohne innerhalb kürzester Zeit bis auf die Haut nass zu werden. Spontane Jam-Session in der dunklen Kirche. Magische Momente. Zum Hinschmelzen. Unmittelbarer Gedanke: Buena Vista Social Club. Mal mindestens.
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Der Sonntagsgottesdienst wird extra für uns auf den späten Nachmittag verschoben, damit wir endlich zum Arbeiten kommen. Aber wir haben die Rechnung ohne Wirt gemacht, das heisst: ohne die Casualien zu bedenken. Der Sturm hat ein Opfer gefordert, genau genommen war es eher einer rustikalen Elektroinstallation, die auf Isolierungen und Sicherungen verzichtet, zuzuschreiben, dass wir morgens erst einmal einen beeindruckenden Leichenzug abwarten mussten: In russenden Bussen, röhrenden Pickups und einem langen Korso knatternder Zweiräder zog die Trauergesellschaft um den alten Platz der Reduktion, zur Kirche, und nach kurzer Zeit weiter zum Friedhof.
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Ein Problem ist und bleibt der Lärm. Südamerikanische Motorräder sind wie Hunde: je kleiner, desto lästiger. Und irgendjemand flaniert immer motorgetrieben vor der Kirche vorbei – oder doch in vielen Kilometern Entfernung, aber das ist egal, weil der Lärm auf geheimnisvolle Weise nicht nur nicht gedämpft, sondern magisch verstärkt wird. Der Bürgermeister lässt die Strassen sperren. Mit dem dünnsten Flatterband, das wir je gesehen haben: Dieses Schnürchen ist - wie soll man sagen: es wird noch nicht einmal als Handlungsempfehlung wahrgenommen. Der Nutzen ist, man muss es so sagen, gleich Null. Aber der Bürgermeister macht, was Politiker immer tun: er handelt. Und deshalb bekommen wir am darauffolgenden Tag Polizeischutz: An der Kreuzung postieren die schweren Geräte, drinnen machen es sich die Uniformierten gemütlich. Als wir vor Jahren einmal versuchten, in Wien eine Strasse wenigstens partiell zu sperren... man darf gar nicht daran denken! Aber Eintrag ins Logbuch: Aufnahmen unter Polizeischutz, daran könnte man sich gewöhnen. (Nur die Vögel schiessen sie uns nicht von den Bäumen: das würde eh nichts bringen, sondern nur das Geschnatter verstärken.)
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Es gibt in den alten Berichten der Missionare beeindruckende Darstellungen der wilden Tiere, vom Tiger bis zur Wasserschlange. Unnötig zu sagen, dass sich unsere Lust auf Safari in Grenzen hielt, wir wollten uns lieber auf die Musik konzentrieren. Das sagt sich leicht! Plötzlich raschelt’s im Gebälk, es macht Plumps direkt in Nicks Hemdkragen, dann macht es noch einmal Pumps, und auf dem Fussboden landet ein haariger Achtbeiner, sucht sich einen Platz zwischen den Kabeln und  hört andächtig beim Musizieren zu. Jemand stülpt einen Palstikbecher über sie, um sie in Freiheit zu bringen, da zeigt sich eindrucksvoll, welche Kraft diese Tiere haben: Immer wieder springt die Spinne hoch, und hätte man den Becher nicht festgehalten, hätte sie ihn locker umgeworfen. Mal klären, ob Schäden durch Wildtiere in unserem Versicherungsschutz abgedeckt sind.
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Die Versuche, das mitgebrachte Clavichord zu stimmen, sind so vielfältig wie vergeblich. "Das passiert uns hier immer wieder", sagt Luis Szarán: die Luftfeuchtigkeit, die Hitze...  Das Orgelpositiv verrichtet brav seine Dienste, die manchmal hängenden Tasten stören uns nicht besonders. Wir sind nur froh, dass wir nicht auch noch auf historischen Instrumenten musizieren. Es ging uns ausnahmsweise ja auch nie um einen "Originalklang", sondern darum, die Musik möglichst frisch und sozusagen von der Leber weg wieder zum Leben zu erwecken.
So einfach ist das gar nicht. Wie in der Zeit üblich, wurde eigentlich immer nur das Nötigste aufgeschrieben: mehr oder weniger ein Gerüst. Wenn man nur spielt, das auf dem Papier steht, dann klingt das meistens recht mühsam. Also braucht es Musikanten, die etwas daraus machen! Ein schönes Beispiel dafür ist ein Stück für zwei Geigen: Es ist nur ein Notenblatt, die Musiker stehen sich gegenüber und spielen los. Gustavo und Roberto machten sich einen Spass daraus, ein Spiel, ein Duell, und als sie dann auch noch anfingen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, wurde aus dem braven Stück eine richtig coole Nummer.
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Wenn wir als Produzenten arbeiten, können wir ganz schön lästig werden. Weil wir nicht locker lassen, wenn wir eine bestimmte Stelle noch einmal brauchen. Aber die Geduld der Jungen mit uns war beeindruckend! Und das Glück erst, wenn dann doch Stellen geklappt haben, die zunächst noch völlig unsingbar oder unspielbar schienen. Aber auch das gehört dazu, diese Musik auf eine Art unmittelbar und echt zu präsentieren: In einer Kirche, in der ein Pater Anton Sepp vor gut 250 Jahren genau das Gleiche versuchte. Mit dem Unterscheid, dass er hinterher keine CD veröffentlichen konnte.
"Als wären sie geboren für die Musik", schwärmte Pater Sepp von Seppenburg damals über seine Eleven. Wir haben es selbst erlebt: Daran hat sich über die Jahre nichts verändert.
Die CD erscheint im Herbst 2017 im Label klanglogo und wird natürlich auch online erhältlich sein.
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southamerica17 · 7 years
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Epsiode 9 - Rio (Day 42-64)
Wie versprochen wird nun Paulo seine Eindrücke zu Rio zum Besten geben:) Es ist auf jeden Fall eine aussergewöhnlich coole Zeit in Rio gewesen. Zuerst die Ankunft von Anand und Paulo, und schliesslich auch noch das Wiedersehen mit Ramón einige Tage später. Einfach zusammen das Leben geniessen; brasilian style; so hatte ich mir das Ende meiner langen Ferien vorgestellt;) Viel Spass mit Paulo's Eindrücken!
Rio Am Flughafen in Rio angekommen, nehme ich mir ein Taxi. Da zahle ich schon direkt bei der Ankunft zu viel für meine Reise zur Gastfamilie; wie ein blutiger Anfänger. Dies obwohl ich doch schon vor zwei Jahren in dieser Stadt gewesen bin! Schon im Auto ist dies jedoch wieder vergessen und ich freue mich, die Gastfamilie wieder zu treffen. Sávio und Ana-Claudia gewähren uns für drei Wochen Unterkunft und Verpflegung. In der Zwischenzeit sind sie für Alex und mich wie unsere brasilianischen Eltern. Wir haben sie schon vor zwei Jahren kennengelernt, als wir das erste Mal das pulsierende Leben in Rio entdecken durften. Immer laut, vollgestopft mit Leuten, tropfend heiss, hektisches Treiben auf allen Strassen und inmitten zwei Schweizer, die auf freche Art die Stadt unsicher machen.
Vor 2 Jahren haben wir meine Schwester besucht, die zu dieser Zeit ein Austauschjahr in Rio de Janeiro genoss und kaum aus dem Schwärmen kam. Schon damals blieben wir bei der Gastfamilie, die uns herzlich begrüsst hatte und während 5 Wochen sehr ans Herzen gewachsen ist. Für Geschichten aus dieser Zeit müsst ihr jedoch Alex oder mich direkt fragen. Langsam erwache ich aus meinem Fluss der Erinnerungen. Das kühl klimatisierte Taxi bringt mich zum Haus von Ana und Sávio und somit auch in die Gegenwart zurück. Erneut frage ich mich, wie es wohl Alex auf seiner Reise durch ganz Südamerika ergangen ist. Und ich freue mich unglaublich, ihn nach einer gefühlten Ewigkeit zu treffen. Besonders gespannt bin ich, seine Geschichte aus erster Hand zu erfahren. Anand habe ich keineswegs vergessen. Er ist jetzt schon einige Stunden in der Stadt und falls alles geklappt hat, konnte Alex und die Gastfamilie ihn am Flughafen abholen. Vor meinem inneren Auge habe ich mir schon oft vorgestellt, wie Alex, Anand und ich durch Rio wandern, die Stadt erkunden, faul am Strand liegen oder uns andersweitig erholen. Je näher ich dem Haus komme, desto mehr freue ich mich. Meine Vorfreude und Erwartungen sprengen fast jeden Rahmen. Gleichzeitig schleicht sich ein warmes Gefühl der Vertrautheit langsam meinen Füssen entlang hoch und krabbelt weiter bis in die Fingerspitzen. Ironischerweise kommt es mir vor, als komme ich zu Hause an. Und das, obwohl ich vor ungefähr 24 Stunden mein Zuhause hinter mir gelassen habe; zumindest für 3 Wochen. So gesehen, ging ich nie von Zuhause weg. 
Als ich ein paar Minuten später im Hause ankomme, werde ich herzlich und stürmisch von Ana-Claudia und Sávio begrüsst. Sie haben sich so sehr gefreut, dass es mir schon fast zu viel wurde. Das Haus selbst sieht noch so aus, wie ich es vor 2 Jahren verlassen hatte. Die Möbel sind immer noch dieselben und lebensfreudig angemalt. Hauptsache bunt! Und alles unterschiedliche Farben, traumhaft einfach und einfach traumhaft. Auf dem Tisch immer noch ein Chaos, auch wenn nicht dasselbe. Und ein kleiner Hund, den man nur all zu leicht übersieht. Zufrieden richte ich mich ein und warte bis Alex und Anand vom Wechselbüro zurückkommen. Wir freuen uns riesig, uns wieder zu sehen und erzählen uns stundenlang Geschichten. Schlussendlich ist es spät und ich entscheide mich schlafen zu gehen. Es bleiben nur wenige Stunden, bis einem die Tageshitze am nächsten Morgen aus dem Schlaf kitzelt. Verglichen mit der emotionalen Ankunft, die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen ist, rasen die Tage an uns vorbei. Das Wetter bietet nur sehr wenig Abwechslung; es ist jeden Tag stickig heiss und der Schweiss tropft schon fast von den Wänden. Für Anand und mich fühlt es sich an wie eine Dauersauna. Wir kommen vom kalten Winter und werden mit einer Schocktherapie begrüsst. Nach wenigen Tagen zeigt sich dann die Anpassungsfähigkeit: Zu den meisten Zeiten halten wir die immerwährende, drückende Hitze ziemlich gut aus. Während die Sonne am höchsten steht, bewegt sich nichts, weder innerhalb noch ausserhalb des Hauses. Ab und an kläfft ein Hund, doch selbst jenes Bellen verhallte innert Kürze wieder. Diese gelassene Atmosphäre nutzten wir perfekt, um unser Programm zu füllen. Wir widmeten all unsere Aktivitäten mit vollem Fokus auf die Erholung und passten uns dabei dem Umweltbild mit Perfektion an. Schon lange rannten wir in der Schweiz der Zeit hinterher und haben uns kaum eine Pause gegönnt. So viel Zeit auf einmal ist schon paradiesisch. Das wissen wir natürlich mit verschmitztem Lächeln zu geniessen. 
Sobald die Tage sich dem Ende neigen, beginnt sich die Welt von Rio wieder zu drehen und unsere eigene Welt zu bewegen. Wir haben jeden Tag kleine Projekte, die wir nach 4 Uhr nachmittags mit höchster Motivation und Elan in Angriff nehmen. Einige der spannendsten Unternehmungen sind der Besuch vom höher gelegenen Viertel Santa Teresa, der Cristo Redentor, der im Urwald versteckte Wasserfall und die wunderschönen Strände, allen voran die Beobachtung des Sonnenuntergangs auf dem Felsen Pedra do Arpador, und zum bombastischen Abschluss der Carnaval im Sambódromo. Vom Anfang bis zum Hollywood-mässigen «Happy End» sind diese Ferien ganz grosses Kino. Santa Teresa
«Eines der schönsten Viertel von Rio ist Santa Teresa…», schwärmt uns Alex mit verträumten, glänzenden Augen vor. Er kann von Glück reden, dass er vor zwei Jahren eine private Führung durch eben dieses Viertel geniessen durfte. Laut Alex ist nicht nur die Aussicht wunderschön, zusätzlich gäbe es im Zentrum des Viertels ein kleines Lokal, dass die besten Pão de Queijo und die beste Açai verkaufe. Im Pão de Queijo wird einem köstlichen Brot (meist lokaler) Käse einverleibt. Diese Spezialität, die praktisch an jeder Ecke verkauft wird, haben oft auch einen unterschiedlichen Geschmack an jeder Ecke. Jeder Zweite behauptet, die Besten Pães de Queijo zu verkaufen… Die Açaí ist eine Frucht, die in der gleichen Form und Konsistenz, wie die italienische Granita, angeboten wird. Sie wird oft mit Bananen und einer Getreidemischung angeboten und aus einem Becher gelöffelt; ganz simpel und einfach. Die beste Art etwas zu machen. Auch bei diesem Produkt verhält es sich gleich, wie beim einverleibten Käsebrot: Jeder zweite Fruchtsaftladen oder jedes andere gastronomische Geschäft bietet diese Köstlichkeit an. Trotzdem konnten wir nie genug davon bekommen. 
Anand und ich müssen diese ungestümen Behauptungen von Alex natürlich auf Herz und Nieren prüfen. Währenddessen glaube ich als Hobby-Carioca (die Bezeichnung für die Bevölkerung von Rio de Janeiro) nicht, dass wir tatsächlich auf dem Weg zur besten Açaí sind. Beeindruckt und gesättigt von den köstlichen Portionen macht sich erneut ein Lächeln auf unseren Gesichtern breit und wir beginnen über die wahnsinnig schöne Aussicht über die Millionenstadt Rio zu reden. Es waren zweifelsfrei die besten Aussichten der Stadt. Noch eine Weile geniessen wir die Abenddämmerung und machen uns dann auf Richtung erstem Bloco… was dies ist, erfährt ihr ein wenig später im Bericht.
Cachoeira do Macaco - Der Versteckte Wasserfall im Urwald Inzwischen ist einige Zeit vergangen und auch Ramón ist in Rio de Janeiro angekommen. Zusammen planen wir einmal ein bisschen in die Natur zu verschwinden und dafür zeigen uns die Töchter der Gastfamilie einen bekannten Wasserfall im Urwald. Dort kann man sich gut entspannen und sogar ein wenig auf Abenteuersuche gehen. In einer grösseren Gruppe von sieben Personen gehen wir zum ersten kleinen Wasserfall am Fusse des Hügels. Es stellt sich heraus, dass es der tiefste von mehreren Wasserfällen ist. Jedes Wasserbecken des unteren Endes der Wasserfallkette ist ein wenig ferner ab von der Zivilisation und ich meine an jedem Ort ein wenig mehr Frieden in mir zu verspüren. Gleichzeitig stossen wir auch immer mehr ins Herzen des Urwaldes. Die singenden Vögel gewinnen an Bedeutung, die zivilisierte Welt ist bald vergessen. Wir geniessen es am untersten Wasserfall und kühlen uns bereits hier ab. Trotz dem kalten Wasser starten wir bald mit einer Wasserschlacht; Anand bekommt einfach nicht genug. Obwohl wir alle schon längsten völlig nass sind, fordert er alle immer wieder heraus. Besonders wollte er sich mit dem Freund der jüngeren Tochter, Gabriel, messen. Oder war das etwa ein scheuer Annäherungsversuch? ;) Bald klettern wir weiter und ein motiviertes brasilianisches Paar zeigt uns den Weg zum nächst höhergelegenen Wasserfall. Der nette Ehemann gibt uns auch gleich einen Crashkurs, um in diesem unwegsamen Gelände bestehen zu können: «So werde ich innerhalb von 5 Minuten zu einem waschechten Bergsteiger» oder so ähnlich… er konnte ja nicht wissen, dass er damit schwer unseren Alpinisten-Stolz kränkt. Alex und ich tauschten vielsagende Blicke aus, während wir spielerisch dem malerischen Trampelpfad folgten. Auch Ramon und Anand zeigten die gleiche Agilität und bewegten sich geschickt im Dschungelgrün. Die brasilianischen Gefährten schienen jedoch ein bisschen mehr Mühe mit dem Weg zu haben. Wir warteten geduldig und mit einem breiten Grinsen auf sie. Es muss wohl nicht erklärt werden, dass der zuvorkommende Lehrer damit eingeschlossen ist…
Wie ihr seht, sind selbst Schweizer mit portugiesischer bzw. indischen Nationalität/Herkunft, ein wenig eingeschnappt, wenn ihnen grundlegende Wandertechniken nahegelegt werden;) Am zweiten Wasserfall hat es zu viele Leute für uns. Dies stört besonders die Ruhe, die wir doch so sehr suchen. Wir gehen weiter und lassen Clara, die jüngere Tochter, und ihren Freund Gabriel zurück. Zusammen mit Júlia steigen wir weiter an der ‘steilen Felswand’ empor und bald verhallen die vielen Stimmen aus dem kleinen Wasserbecken. Wir sind wieder in der harmonisch ruhigen Natur und können hin und wieder wunderschönen Schmetterlingen beim Flug durch Licht und Schatten beobachten. Ein faszinierender Tanz, der scheinbar keinen klaren Anfang und kein klares Ende hat. Er wird lediglich durch unsere Perzeptionsfähigkeiten beschränkt und überlasst alles ausserhalb der Spekulation und unserer blühenden Fantasie. Was für ein Ort! Je weiter wir fortschreiten, desto ruhiger werden die Gedanken, irgendwann ruhen wir uns am friedlichsten Ort aus und geniessen einfach die Zeit, die sich uns gibt…
Die Strände und der Stein des Waljägers Natürlich mussten wir die weltberühmten Strände von Rio de Janeiro wieder besuchen. Alex und ich sind besonders von Ipanema und Leblon begeistert. Beide bilden eine wunderschöne Küste und haben die beste Wasserqualität. Währenddessen an der Copacabana viele Brasilianer sich in Footvolley üben, eine weitverbreitete Trendsportart, oder sich in Ruhe bräunen. Zwischen Ipanema und Cocpacabana befindet sich dabei einer der bedeutungsvollsten Felsen, um einen Sonnenuntergang zu geniessen. Traditionellerweise applaudieren die Einwohner von Rio der Sonne hinterher, wenn diese ihr Tageswerk getan hat und hinter dem Horizont verschwindet. Dieser Brauch stammt von der Idee, dass man der Sonne für ihr tägliches Werk danken möchte und sie deshalb ehrt. Die (Ur)-Einwohner wollten dazumals sichergehen, dass die Sonne am nächsten Tag auch wiederkehrt und wieder ihren Zauber vollbringt. Dieses Ritual wird auch heute noch vollzogen, insbesondere hier, da sich der Fels des Waljägers perfekt auf den Sonnenuntergang ausrichtet. Wenn die Sonne schliesslich langsam hinter der Felszunge, welche die berühmte Favela Morro do Vigidal auf dem Rücken trägt, untergeht und die letzten tiefroten Strahlen hinter dem Kamm verschwinden, bleibt ein mystisches, leicht unbehagliches Gefühl zurück. Während einige Sterne langsam zum Vorschein kommen, fragt man sich, ob die Sonne auch wirklich wiederkommt. Obwohl die Frage ziemlich sinnlos ist, nehme ich mir vor, bei nächsten Mal ebenfalls zu klatschen; vielleicht ist es aber auch nur das Bier.
Carnaval – Ganz Grosses Kino Die Zeit vergeht wie im Flug, der Carnaval macht langsam auf sich aufmerksam und die ersten Blocos finden statt. Der Umzug trägt den Namen eines mehrstöckigen (Haus-)blockes. Die ursprüngliche Idee eines Bloco ist, dass die Leute eines solchen Blocks gemeinsam einen Carnaval-Umzug um ihren eigenen Block planen und jedes Jahr ein neues Sujet wählen. Am Tag des Blocos laufen die verkleideten Anwohner vor einem Wagen, welcher von oben bis unten gefüllt ist mit Lautsprechern, Sängern und Organisatoren. Hinter dem Lastwagen läuft die lokale Marching Band (portugiesisch: bateria) hinterher und bereichert den Samba, welcher aus den Boxen plärrt, mit traditionellen Instrumenten. Normalerweise führt der Bloco einmal um den jeweiligen Block herum. Heutzutage gibt es verschiedenste Blocos: stationäre Blocos, um den Block herum, einer Strecke entlang, etc. Doch schon nach den ersten paar Blocos entsteht eine getrübte Stimmung, weil Amamd aus studiums-technischen Gründen nach 10 Tagen leider schon wieder nach Hause muss. Auch wenn uns das von Anfang an bewusst war, realisieren wir es erst am Tag seiner Abreise so richtig. Als Dankeschön spricht Anand all seine erlernten Portugiesisch Kenntnisse auf ein Video, das Ana-Claudia und dem Rest der Familie viel Unterhaltung und viele gute Erinnerungen an ihn übrig lässt. Wir lassen Anand mit einer Träne im Auge nur ungern gehen. Gleichzeitig setzen wir auch ein Lächeln auf und denken an all die guten Ereignisse, die wir in dieser kurzen Zeit zusammen erlebt haben. Es war eine wunderschöne Zeit. Je eher es auf den offiziellen Carnaval zugeht, desto häufiger und grösser werden die Blocos. Fleissig machen wir Bilder und Videos von den besten Blocos und schicken sie Anand, damit auch er daran teilhaben kann. Leider ist es jedoch nicht das Gleiche ohne Anand. Glücklicherweise hat er schon zugesichert, dass er das nächste Mal länger bleiben wird und mit uns an den Blocos weitere Sambas tanzen wird. 
Die Stimmung der gesamten Millionenstadt wandelt sich innert wenigen Stunden radikal und alle scheinen der Extase zu verfallen. Unglaublich, dass diese Stadt jedes Jahr für eine ganze Woche Kopf steht und kein anderes Thema neben dem Carnaval präsent ist. Alle verkleiden sich und feiern ausgelassen. Wir schliessen uns der Feierstimmung an und denken über fast nichts mehr nach; wir geniessen in ausgelassener Stimmung das Geschehen um uns herum, lassen uns treiben und werden ein Teil davon. Zum Glück erwachen wir noch rechtzeitig aus der faszinierenden Trance; Alex und ich freuen uns schon riesig auf den heutigen Abend, die Vorfreude ist schon fast auf dem Höhepunkt und in mir sprudelt die Fantasie. Wie wird es wohl heute Abend? Was wird uns erwarten? 
Kurz nach unserer Ankunft konnten wir je ein Ticket für den Carnaval im berühmten Sambódromo ergattern, eines der letzten 1'000 Tickets, die es dieses Jahr noch zu haben gab. Endlich ist der Abend des Spektakels da. Wir werden in wenigen Stunden erfahren, was sich während des Grossereignisses so abspielt, über welches in der ganzen Welt gesprochen wird. Da wir nur Tickets mit nicht nummerierten Plätzen haben, müssen wir genügend früh aufbrechen. Schon um halb 7 Uhr abends stehen wir vor Ort, um uns gute Sicht auf das Geschehen zu sichern. Aus taktischen Überlegungen trennen sich Alex und ich beim Eingang ein letztes Mal, bevor das fulminante Spektakel beginnt. Er besorgt uns Verpflegung und ich sorge für zwei gute Plätze. Die Show dauert schliesslich die ganze Nacht. Für die ersten paar Stunden sind wir somit verpflegt. Der portugiesische Prospekt verrät uns gerade einmal so viel: Der jährliche Wettbewerb der prestigeträchtigsten Sambaschulen Rios, in welchem sie um den Titel der besten Schule kämpfen, besteht aus einem breiten Programm. Es gibt 2 Ligen, in denen je 12 Sambaschulen um den Superbowl des Sambas wetteifern. An jedem Abend gibt es 6 Sambaschulen, die ihre Kostüme und ihre Interpretation eines gewählten Sujets präsentieren, beginnend am Freitag des Carnavals. Am Sonntag und Montag sind dann die Sambaschulen der obersten Liga an der Reihe, beziehungsweise sind heute die letzten sechs Schulen an der Reihe. Pro Schule werden ca. 4'500 Personen durch das Stadion gehen, dafür habe sie genau 1 Stunde und 15 Minuten Zeit. Durchschnittlich erträgt ein Zuschauer 3 Sambaschulen, bevor er nach Hause geht. Alex und ich wussten nicht, wie viele wir aushalten werden. Schliesslich geht es am nächsten Tag nach Hause. Das Spektakel begann 3 Stunden nach unserer Ankunft im Sambódromo, welche wir nutzten, um ausgiebig über die Ferien zu schwärmen und die besten Erlebnisse nochmals zusammenzutragen. Die erste Sambaschule beginnt urplötzlich und bombastisch. Trotzdem benötigen sie einige Zeit, bis sie direkt vor uns stehen. Vom Gefühl her präsentiert sich jede Sambaschule besser, als jene zuvor. Wir folgen dem Treiben und kommen nicht aus dem Staunen. Zum Glück fallen uns aber die Kinnladen nicht runter, welche beherrschen wir gerade noch. Die Stunden fliegen durchs Stadion und keiner kann sie festhalten. Nach der fünften Schule ist es jedoch schon weit über 4 Uhr morgens und wir sind totmüde. Daher entschieden wir uns zu bleiben, bis der letzte Wagen der sechsten Schule in die Strasse einbogen ist und wir ihn aus der Ferne genügend beobachten können. Anschliessend machen wir uns schleunigst aus dem Staub, um nicht wie Sardinen in der U-Bahn stehen zu müssen. Gleichzeitig mit dem Einzug der letzten Schule, setzt auch schon die Morgendämmerung ein. Bevor wir die Metro erreichen, ist es hell. Am Fruchtsaftladen besorgen wir uns ein letztes Mal einen Organgensaft bzw. einen Ananassaft für Alex und dazu wollen wir uns die letzte Açaí dieser Ferien teilen. Die Bedienstete war jedoch so freundlich und gab uns (unaufgefordert!) eine zweite Açaí dazu; was für ein Glück!! Als wir endlich zu Hause ankommen, fallen wir erschöpft ins Bett und schlafen schnell ein.
Was für Ferien! Paulo
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wtnvgerman · 8 years
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Episode 91 - Der 12:37er
(Anhören [ENG])
Beiß nicht in die Hand, die dich füttert. Pack sie erst. Nimm die Schlüssel. Befreie dich. Dann beiß in die Hand… und lauf.
Willkommen in Night Vale.
Spannende Nachrichten für Eisenbahnenthusiasten (und Fans von Pünktlichkeit): Der Zug um 12:37 nach Red Mesa ist pünktlich in der Night Vale Station angekommen.
Äääääh, mehr oder weniger pünktlich. Night Vale hat seit etwas mehr als einem Jahrhundert weder eine Bahnstation noch Bahnverkehr. Also die Bahn ist ungefähr hundert Jahre zu spät. Das ist im Moment natürlich ein Grund zur leichten Verwirrung.
Die Station, die da war, wo jetzt die Little League Baseballfelder sind, wurde stillgelegt und abgerissen, nachdem man entdeckt hat, dass die Gleise einfach irgendwie mitten in der Wüste aufhören und an nichts anschließen.
Die Geheimpolizei des Sheriffs hat den Zug umzingelt, welcher direkt auf der Linie der zweiten Base angehalten und seine Türen nicht geöffnet hat. Es ist noch nicht klar, woher der Zug gekommen ist, ob es überhaupt Passagiere gibt und falls ja, in welchem Zustand sie sind.
Sheriff Sam verkündete, dass er ein begeisterter Eisenbahnenthusiast sei – oder, wie er sich selbst nennt, ein Eisenbahnfan. Er schnitzte eine kleine Kombüse aus einem Balsaholzblock, um seinen Enthusiasmus zu demonstrieren. Er sprach meinen Namen außerdem wiederholt „Sessil“ aus, also macht mit der Information was ihr wollt.
Wir werden euch bei dem Bericht weiterhin auf dem Laufenden halten.
Jedenfalls, drüben bei Somerset hat sich eine Menge aus mehreren hundert Leuten versammelt. Sie haben sich selbst in eine ordentliche einreihige Schlange organisiert. Niemand von ihnen weiß, wofür sie sich angestellt haben, oder wo der Anfang der Schlange ist.
Bewohner der Nachbarschaft, Wayne Ferry, sagte, dass er sich ungefähr um 7:00 Uhr morgens angestellt hat und die Schlange war bis dahin schon ziemlich lang. Er weiß nicht wie weit hinten er in der Schlange steht.
„Ich hab meine Freundin Charelle gesehen und sagte, ‚Gute Morgen, Charelle!‘ und bin dann weiter zum Ende der Schlange gelaufen“, sagte Wayne, „aber ich bin immer wieder an Charelle vorbei. ‚Gute Morgen, Charelle!‘ hab ich jedes Mal gesagt. Schlussendlich hat sie mich vorgelassen.“
Wayne sagte, die Schlange fällt in sich selbst zusammen. Es gibt weder Anfang noch Ende, obwohl sie eine perfekte Gerade zu sein scheint. Immer mehr Leute schließen sich der Schlange an, nur um rauszufinden, wofür sich alle anstellen.
Wayne fügte hinzu, „Worauf auch immer wir warten muss richtig cool sein!“
Man muss so einen kindlichen Optimismus bewundern, obwohl Optimismus zu ziemlich sicherer Enttäuschung und/oder Verletzung verdammt ist.
Wir haben mehr über den Zug um 12:37 nach Red Mesa. Dutzende Freiwillige sind angekommen, um vor der altertümlichen Dampfmaschine Selfies zu schießen. Und auch um aus Angst vor dem plötzlichen Anachronismus zu weinen.
Sheriff Sam applaudierte diesen bürgergesonnen Helfern, indem er sie in ein kleines Hühnerdrahtgehege einpferchte und sie mit einem elektrischen Megafon anschrie.
Sheriff Sam hat, als Teil der Polizeiuntersuchung dieses mysteriösen Zuges, eine abstrakte Statue aus Schmiedeeisen entworfen, die scheinbar einen Vogel abbildet, der eine Schlange verschlingt. Wir glauben, es soll die Grausamkeit von einem Menschen gegenüber einem anderen darstellen und die fürchterlichen Zustände, in denen Immigranten dazu ausgenutzt wurden, die Eisenbahnen unserer Nation zu bauen. Außerdem repräsentiert diese Eisenkonstruktion sicherlich die Unbezwinglichkeit des amerikanischen Kapitalismus, aber jeder, der irgendeine Art von Kunst direkt anschaut, bekommt Kopfschmerzen und Kunst zu verstehen ist meistens verhängnisvoll, also ist sich niemand sicher.
Äh, wie ist der Zug ohne Gleise hergekommen? Wo ist er hergekommen? Und jetzt, wo eine riesige Metallskulptur im Weg ist, wie wird er wegfahren? Wie viel würde ein Ticket in heutigen Dollars überhaupt kosten? Wer sind die Leute mit den Rehmasken, die sich auf den Baseballfeldern sammeln?
Oh. Sondermeldung. Ein paar Leute mit Rehmasken versammeln sich um den Zug und verteilen Kakerlaken an die Schaulustigen. Auf den Kakerlaken sind Sprüche gedruckt, Sachen wie „Vorne Business, hinten Messer“ und „#Nicht Alle Züge.“
Komisch.
Zuhörer, ich hab genauso viel Ahnung wie ihr. Naja, fast. Ich bin ziemlich gut im raten.
Und jetzt, der Verkehr.
Ihr fahrt in einer nebligen Nacht. Ihr seht schwach die Schlusslichter von einem Auto vor euch. Ihr seht auch schwach die Frontscheinwerfer von einem Auto hinter euch, alle fahren langsame 50 km/h.
Aber dann gingen die Lichter der anderen Autos einfach aus, gleichzeitig. Sind die anderen Autos noch da? Es ist zu neblig, um zu sehen. Solltet ihr langsamer fahren? Schneller? Wenn ihr langsamer fahrt, könnte euch das Auto von hinter euch rammen. Wenn ihr schneller fahrt, könntet ihr das Auto vor euch rammen. Am besten bleibt ihr bei 50.
Aber euer Tacho schleicht auf 60. Der Druck hat euch an den Rand eurer Nerven getrieben. Eure Chefin, Catherine, hat in letzter Zeit echt Stress gemacht und ihr drückt euren Fuß nach unten, ohne es zu bemerken.
Jetzt seid ihr bei 65. Solltet ihr zurück auf 50? Was, wenn die Autos noch da sind und sich eurer Geschwindigkeit anpassen? Ist es sicher, wieder zurück auf 50? Solltet ihr bei 65 bleiben?
Warte… ihr seid jetzt bei 70. Ihr wart so besorgt, dass ihr 65 gefahren seid und habt euch mit dem, was Catherine euch über schreckliche viertel drei Verkäufe erzählt hat, aufgehalten, dass eure Geschwindigkeit wieder hochgeschlichen ist.
Ihr stelle euch drei Autos vor, die durch die Nacht rasen, alle von euch nur ein paar Zentimeter von einem Knochen zermalmenden, lebensveränderten, möglicheiwese lebensbeendenden Aufprall entfernt, ehe ihr euch verseht fahrt ihr 100, dann 110, dann 130. 130!
Ihr könnt es kaum glauben. Ich meine, war es nicht Tinas Account, der versagt hat, und nicht eurer? Wie kann viertel drei eure Schuld sein?
Ihr könnt jetzt unmöglich langsamer werden. Das Auto hinter euch wird keine Zeit haben, um seine Geschwindigkeit anzupassen. Und wo ist das Auto vor euch?
Immerhin ist die Straße gerade… oder ist sie das? Und, seid ihr überhaupt noch auf der Straße? Kann man das irgendwie wissen? Überall um euch ist Nebel. Wenn ihr einen Unfall baut, selbst wenn ihr überlebt, wird irgendjemand den Trümmerhaufen finden, um euch zu retten?
Ohne es zu bemerken, habt ihr euren Fuß angehoben und das Auto ist runter auf 100 km/h. Ihr lasst euren Fuß vom Gas und euer Auto wird immer langsamer. 80… 65… 50… 30… 15… und dann null. Ihr habt angehalten. Keine Unfälle, keine quietschenden Reifen.
Ihr zieht die Handbremse an und steigt aus eurem Auto und lauft in den Nebel, euer Gesicht angespannt und tränenverschmiert. Ihr fragt euch, wie Tina so lange Raucherpausen machen kann und Catherine deswegen nichts sagt.
Der Nebel bedeckt eure kalte Haut und ihr hört Vögel direkt über euch.
Das war der Verkehr.
Wir haben ein spannendes Update vom Baseballfeld! Der Zug hat seine Türen geöffnet. Noch ist niemand ausgestiegen. Er sieht vollkommen leer aus. Die Geheimpolizei hält sicheren Abstand, während sie den eingepferchten Augenzeugen freundlich zuruft, den Zug zu betreten und nachzusehen, was los ist. Ein paar steigen widerwillig rein.
Die Gestalten mit den Rehmasken, die genauso wie die Durchreiseliebhaber aussehen, die vor drei Jahren das U-Bahn-System in Night Vale gebaut haben, stehen in einer invertierten V-Formation draußen im linken Mittelfeld, ihre Schultern und Köpfe hüpfen auf und ab, als würden sie leise lachen.
Bis jetzt ist keiner von den… ähm… „Freiwilligen“… wieder rausgekommen, trotz der freundlichen Warnungen und hilfreichen Drohungen der Geheimpolizei des Sheriffs durchs Megafon.
Der Stadtrat konnte nicht um einen Kommentar zu dem Zug erreicht werden, da sich die ganze Situation unglücklicherweise mit ihrem jährlichen (und allerersten) Wohltätigkeitsgolfturnier, irgendwo weit weg von irgendwelchen Gefahren, überschneidet. Außerdem hab ich mir gar nicht erst die Mühe gemacht, sie um ein Kommentar zu beten.
Teddy Williams, Besitzer der Desert Flower Bowling Alley und Arcade Fun Complex, verkündete, dass an diesem Wochenende die Lasertag-Abenteuer-Grube nach 20 Jahren wieder eröffnet wird. In einer reuevollen Stellungnahme, die diese Woche veröffentlich wurde, sagt Teddy, dass er endlich rausgefunden hat, wie man die Energieeinstellung der Laser verringert.
Laut Willams schriftlicher Stellungnahme, „Tut mir echt leid, also wow, ich hätte nie gedacht, dass… jedenfalls, alles ist gut jetzt. Außerdem kenne ich einen Doktor, der auf Körpergliedwiederbefestigung spezialisiert ist“, verlautet die Stellungnahme.
Die Stellungnahme ging weiter, „Also, Spinnen mit acht Beinen können es sich leisten, ein paar zu verlieren, richtig? Aber wir Menschen, mit nur zwei? Mist! Was hab ich mir bloß dabei gedacht? Entschuldigung. Ich meine, niemand ist gestorben oder so“, sagte Teddy, „und ich hab mich entschuldigt, oder? Aber Cecil geht einfach auf Sendung, liest Berichte auf seine herablassende Art vor,  setzt bescheuerte Stimmen auf, macht meine Punktsetzung und Volksprosa zum Gespött, verdreht alles zu einem langen Satz mit vielen Nebensätzen und Tangenten, die abschweifen, wie verzweigte Pfade in einem Wald, so dass, wenn man einen abzweigenden Pfad nimmt und der dann zu einem anderen Pfad wird, man nicht weiß, ob es ein neuer Pfad ist oder derselbe Pfad, auf dem man schon war, oder vielleicht ist man nur im Kreis gelaufen und, jedenfalls, das ganze Zitat dauert so lange, dass man vergisst, dass es die Worte von jemand anderem sind, bis er sagt ‚sagte Teddy‘“, sagte Teddy.
Naja. Zuhörer, ich… glaube nicht, dass ich den Rest der Stellungnahme vorlesen muss. Aber ich werde erwähnen, dass es am Neueröffnungswochenende der Lasertag-Abenteuer-Grube 20% Rabatt auf den Einlass gibt und jeder kriegt eine Einverständniserklärung völlig umsonst!
Ein Update vom Baseballfeld: die Geheimpolizei des Sheriffs hat den Zug bestiegen und ist  nicht wieder rausgekommen. Kurz bevor sie einstiegen, haben sie die verbliebenen Zeugen gewarnt, den Zug nicht zu besteigen. Dann, kurz nachdem die Geheimpolizei eingestiegen ist, sind die Zeugen selbst in den Zug gestiegen… und sind auch noch nicht rausgekommen.
Viele Leute wurden gesehen, wie sie ihr zu Hause oder die Schule oder ihren Arbeitsplatz verlassen haben, um zur Station zu laufen, alle ganz aufgeregt Selfies zu machen und aus existenzieller Angst vor diesem Riss nicht nur in Zeit und Raum, sondern auch unser Vertrauen in die grundlegende Physik zu weinen.
Die Gestalten in Rehmasken sitzen alle in der Hocke und trommeln mit ihren offenen Handflächen auf den Boden.
Da sind jetzt mehr Menschen im Zug als seine Passagierkapazität zulässt, aber die Leute steigen immer noch ein und verschwinden mühelos im Zug. Night Vale ist leer. Alle wollen den Zug besteigen.
Ich… ich fühle denselben Drang den Zug zu besteigen, den ihr alle verspürt, Zuhörer, und wenn da nicht meine strenge Professionalität und Hingabe für diese Sendung wären, würde ich selbst in diesem Zug sein. Aber ich muss widerstehen. Ich werde hier in meinem Studio bleiben… und…
Wisst ihr was? Schon gut. Ja. Mhm. Ich werde mir das ansehen. Okay. Äh, lasst uns einfach zum Wetter übergehen.
[Studiotür geht auf und zu]
(„Windows“ von Angel Olsen)
Zuhörer, ich bin wieder zurück. Ich bin wieder zurück in der Sendekabine.
Der Zug um 12:37 nach… wohin auch immer (sicherlich nicht Red Mesa) ist weg.
Als die Türen sich mit uns in den Passagierwagen schlossen, hörten wir das Trommeln des massiven Motors, das Drehen von Getrieben und Rädern, eine große Dampfpfeife. Als ich aus dem Fenster sah, sah ich die Baseballraute, ich sah Häuser und Bäume, ich spürte, wie wir uns bewegten, an Geschwindigkeit zunahmen, beschleunigten. Ich spürte es in meinen Ohren. Aber die Autos, Bäume, Häuser und Baseballfelder schienen sich… erst überhaupt nicht zu bewegen.
Dann zogen sich die Bäume in den Boden zurück. Die Häuser bauten sich selbst ab. Strommäste in der Ferne und hohe Gebäude verschwanden. Da waren mehr Pflanzen, mehr Wasser, das Gras wuchs höher und höher bis die Baseballfelder nichts weiter als Abdrücke in meinen Augenlidern. Die Wolken bewegten sich schneller und schneller. Ich sah die Sonne nach rechts wie ein Pop Fly über den Himmel kullern, ich sah es wieder und wieder. Das Himmelszelt pulsierte blau. Und orange. Und schwarz. Und gelb. Blau und orange und schwarz und gelb, blau und orange und schwarz und gelb, schneller und schneller, flackerte dunkel und hell, flackert dunkel und hell, ein desorientierender Impuls in unserem Passagierwagen.
In der Millisekunde Dunkelheit sah ich überall leere Sitze. In der Millisekunde Helligkeit saßen überall um mich herum meine Night Vale Mitbürger. Diese beiden Realitäten gleichzeitig und überlagert.
Vorne im Wagen stand, nur in den Augenblicken der Dunkelheit zu sehen, eine Frau, die eine Rehmaske trug.
Sie starrte direkt in mich, lief langsam, stolperte alle paar Schritte – nicht ungeschickt, sondern absichtlich, ein schmerzhafter und grotesker Tanz. Sie schien die Kontrolle über ihren ganzen Körper zu verlieren, nur um sich würdevoll wieder zu fangen… und wieder.
Sie hielt an, Zentimeter vor mir. Ich konnte sehen, dass ihr Körper mit Kakerlaken bedeckt war.
Sie sagte, „Sie nehmen unsere Miniaturgebäude weg. Sie packen sie in Kisten und senden sie zum Warenhaus hinter der Wüste. Ihre Interessen werden gefördert. Es könnte nicht schrecklicher sein.“
„Miniatur? Also, wie die winzige Nation von Menschen unter Bahn 5 des Bowling Alley und Arcade Fun Complex? Oh, wusstest du, dass sie die Lasertag-Abenteuer-Grube wiederer-“
Sie nahm ihre Maske ab. Ihr echtes Gesicht war das Gesicht eines Rehs. Ihr Gesicht und die Maske sahen exakt gleich aus.
„Wer bist du?“ fragte ich.
Sie beugte sich zu mir, Insekten krabbelten über ihre lange, braune Schnauze. „Ich bin der Zerstörer. Sie nehmen unsere Gebäude weg. Sie packen sie in Kisten. Ihre Interessen werden gefördert. Ich bin der Zerstörer.“
Das pulsierende Licht der Sonne hörte auf und jetzt war es dunkel. Kein Night Vale. Sogar die Rehköpfige Frau war verschwunden. Um mich herum gab es, kaum sichtbar in diesem dunklen Zugwagen, spärlich zerstreut Männer, die Kleider einer vergangenen Ära trugen und Holzkisten hielten. Sie saßen aufrecht, verdreht und beobachteten mich still.
Mein Gesicht und meine Brust juckten. Meine Kopfhaut juckte. Ich konnte ein Kitzeln entlang meiner Oberschenkel spüren. Ich setzte zum Kratzen an… und ich spürte sie. Ich spürte sie alle. Ich schrie und schlug sie weg, hunderte von Kakerlaken in meiner Jeans, meinem Hemd, meinem Haar, ich wo- ich wollte würgen, aber stattdessen windete ich mich nur.
Und ich fühlte das Gras unter mir. Ich sah das Sonnenlicht über mir. Ich… ich sah Bäume, i- ich hörte eine Frauenstimme. I- ich schmeckte nichts.
„Cecil? Warum bist du in unserem Feld? Du solltest auf der Arbeit sein!“ Lucia Tereschenko, eine der Little League-Trainer (außerdem ein Geist) stand über mir, eine Gruppe von Kindern in Baseballkappen und Trikots hinter ihr.
„Es… es tut mir Leid… Lucia, ich…“, sagte ich, stand auf, betastete meine Brust, nach Insekten fühlend. „Hast du hier eben einen Zug gesehen oder… ein paar Männer mit Kisten?“
Es gab eine lange Pause. Lucia sah aus, als würde sie mir entweder antworten oder mich schlagen wollen.
„Cecil, da ist etwas auf dir“, sagte sie.
Ich griff mit meiner Hand an meinen Nacken und zog eine Kakerlake hervor.
Lucia sah sie sich genauer an.
„Oh! Was steht denn da auf der Kakerlake?“
Wir sahen beide auf den Schriftzug auf dem Rücken der Kakerlake.
„Huntokhar“, lasen wir gemeinsam.
„Süßer Name für einen Käfer!“ sagte sie. „Jetzt geh zurück auf die Arbeit, Cecil. Wir machen jetzt Innenfeldübungen.“
Ich rief Carlos an, aber… er hatte keine Ahnung vom Zug oder von dem, was heute passiert ist. Ich rief Sheriff Sam an, der über die Vorstellung lachte und sich dann fünfzehn Minuten über die Medien beschwerte. Ich versuchte die Vertreter der Night Vale Durchreisebehörde zu kontaktieren, aber ihre Leitung ist belegt (wie sie es immer ist, seit sie ihr Büro vor drei Jahren eröffnet haben). Ich rief Teddy Williams mit ein paar Fragen über die winzige Menschennation unter Bahn 5 an, aber… er schrie und legte auf.
Ich kontaktierte Wayne Ferry und bestätigte, dass die Menschenschlange bei Somerset total real ist und dass sie immer noch auf das warten, wofür diese Schlange da ist. Haben nichts vom Zug gehört.
Ich… ich muss es geträumt haben. Der Zug, die Frau in der Rehmaske, die Männer mit Kisten, oder… oder… halluziniert?
Vielleicht hat das Militär ein paar neue Chemtrails für den Markt getestet. Oder die Durchreisebehörde hat ein neues imaginäres Zugsystem für den Markt getestet. Wer weiß?
Oh. Äh, Kareem hat mir gerade einen Zitrone und Honig-Tee gebracht. Er riecht echt und er fühlt sich warm in meiner Hand an. Ugh. Oh! Und heiß auf meinen Lippen! Äh, danke für den Tee, Kareem, und- und danke für das realste Ding, das ich heute gespürt habe!
[Ähem] Der Zug um 12:37 nach unbekannten Orte, aus unbekannten Orten, ist verschwunden und wie vieles anderes in unsere Erinnerungen, war er wahrscheinlich von Anfang an nicht mal hier, aber…
Huntokhar. Huntokhar ist real. Richtig?
Kareem! Huntokhar ist real! I- i- i- i- ich sah es auf einer... einer Kakerlake. Lucia, der Geist, der- der- der die Little League trainiert, hat es mir gezeigt!
Kareem schüttelt seinen Kopf und zog sich aus dem Studio zurück. Vergiss nicht zu blinzeln, Kareem!
Und er ist weg.
Bleibt dran für das folgende Geräusch eines schlagenden Herzens, ein gedämpftes Schluchzen, eines nahen Flüsterns, während ihr angeblich alleine im Dunkeln seid, und all eure anderen Lieblingsjams aus der 1980ern und 90ern.
Und, wie immer, gute Nacht, Night Vale. Gute Nacht.
Sprichwort des Tages: Hier ist die Kirche, da ist der Kirchturm. Öffne sie und sieh, wie alle Menschen wegen dem Riesen schreien, der gerade das Dach aufgerissen hat.
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