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Klassiker-Verlage Teil 1: Akademische Qualität im Kleinoktavformat
Der Manesse-Verlag ist ein Traditionsverlag aus Zürich, welcher besonders mit der seit seiner Gründung 1944 geführten Bibliothek der Weltliteratur verbunden wird. Er zeichnet sich durch eine unkonventionelle Textauswahl, ausführliche literaturwissenschaftliche Nachworte und eine auffällige Schönheit der handlichen Ausgaben mit Leinenumschlag aus. Bis 2017 bestand das typische Cover der Reihe aus einem weißen Untergrund, einem dezenten Abdruck von Titel und Autor sowie häufig romantischen Gemälden vor farbigem Hintergrund im unteren Bereich des Umschlags und umhüllt sich insgesamt mit einem angenehmen Orbit des Klassikers. Das aktualisierte Layout arbeitet nun mehr mit bunten Farben und Kontrasten, verzichtet teilweise auf Umschläge und druckt das Cover direkt auf den Leinenumschlag. Auch wenn man sich damit der Optik der heutzutage sehr verbreiteten, kleinen Hand-Ausgaben verschiedener Verlage anpasst, fällt die Qualität (und ein dementsprechend leicht höherer Preis) der Ausgaben weiterhin auf. Als Reisebuch eignen sich die Ausgaben ganz besonders, auch wenn sie ebenso wie die klassischen Reclam-Hefte eine gesunde Sehkraft – mit oder ohne Unterstützung – voraussetzen.
Neben großen Namen wie Goethe, Tolstoi und Melville (die Autoren der ersten drei Ausgaben von 1944), Thomas Mann, Hermann Hesse, E. T. A. Hoffmann, Theodor Fontane, den Bronte-Schwestern, Jane Austen, Shakespeare, Platon und vielen anderen internationalen Vertretern der Weltliteratur sind hier auch eher unbekannte Werke wie Der Stopfkuchen von Wilhelm Raabe, die wenigen Romane des Dänen Jens Peter Jacobs oder gesammelte Erzählungen aus vielen verschiedenen Ländern im Programm zu finden. Die hochwertigen literaturwissenschaftlichen Ergänzungen zu den Werken und Personen sind bei diesen Unbekannten besonders wertvoll für den Leser. Unbekanntes lässt sich auf diese Weise angemessen einordnen, Autoren grob kennenlernen und auch einschätzen, ob das Werk nur heute wenig bekannt ist oder zu den vielen im Nachgang vergessenen Kunstwerken der Menschheitsgeschichte gehört. Der zeitliche Rahmen reicht hier von Texten der Antike und des Mittelalters über die literarische Romantik bis in das 20. Jahrhundert hinein. 2023 erschienen Werke von Platon, Montaigne und zum 150. Geburtstag von Willa Carther eine Neuauflage ihres 2008 in der Reihe erschienenen Romans Lucy Gayheart. 2018 erschienen Texte von Kafka, Cocteau, Morus, Steinbeck, Turgenjew und Sinclair Lewis. Dabei kann sich der Leser unabhängig vom Bekanntheitsgrad des Textes und des oder der Übersetzer*In auf eine qualitativ hochwertige Textgrundlage verlassen und auf fachkundige Erläuterungen einstellen. Sprachästhetisch und literaturhistorisch interessierte wie bibliophil veranlagte Leser können damit ein umfassendes Vergnügen erwarten. Die neueste Selma Lagerlöf-Veröffentlichung ist von Knausgård-Übersetzer Paul Berf aufbereitet worden, unter den Verfassern der Nachworte sind unter anderem die Autor*Innen Doris Lessing, Norbert Gstrein, Susan Sontag, Uwe Timm, Alexander Kluge, Maarten ’t Hart, Eva Menasse, Arno Geiger, Florian Illies und neben Jan Assman (Entwickler des Modells eines kulturellen Gedächtnisses) und Manfred Pfister (Autor des Standardwerks „Das Drama“) viele andere namhafte Kulturwissenschaftler*Innen, Germanist*Innen, Anglist*Innen, Sprachwissenschaftler*Innen und Musikwissenschaftler*Innen sowie Literaturkritiker*Innen wie Ijoma Mangold.
Unser westlicher Blick auf die „Weltliteratur“ beschränkt sich oft auf diese „westliche“ Welt und daher stehen hier englischsprachige Literatur aus den USA und GB sowie europäische Literatur aus Frankreich, Deutschland und Italien im Fokus des sogenannten Kanons. Aber mit der Globalisierung wird der Rahmen immer größer und durch vereinfachte Zugänglichkeit und umfassendere Übersetzungsprojekte werden nahe wie ferne Literaturwelten immer mehr Teil der natürlichen Wahrnehmung der Leser in Europa. Dennoch braucht es in Norwegen einen liquiden Karl-Ove Knausgård, welcher in seinem Pelikan-Verlag norwegische Übersetzungen von u.a. Christian Kracht und Peter Handke verlegt. Die Arbeit des Übersetzers wird selten ausreichend gewürdigt. Die Leipziger Buchmesse fällt mit ihrem Preis für die beste Übersetzung positiv auf. Dabei ist man als Leser gänzlich von ihnen abhängig, da spätestens die asiatischen und afrikanischen Sprachen das Lesen im Original schwierig bis unmöglich machen. Gerade die afrikanische, asiatische und japanische Literatur erreicht in deutschen oder auch englischen Ausgaben die interessierten Leser mittlerweile, ohne dass sie diese selbst bestellen müssen. Sie liegen einfach in den Buchläden aus. Der besondere Reiz ist hier sicher „das Neue“ – stilistisch wie inhaltlich. Literatur fungiert auch als Spiegel einer Gesellschaft und Kultur und so eröffnet sie einen Blick auf die Welt und vergangene Zeiten. Gerade als Leser von profitorientierten und dementsprechend ausgereizten Genres wie der Fantasy- und Horror-Literatur erlebt man diese Erweiterung des Angebots als große Bereicherung.
Der Manesse-Verlag pflegt diese Vielfalt in seiner Reihe schon seit deren Beginn. Die Literatur der Antike wird mit Werken bis zur Gegenwart aus Europa, den nordischen Ländern, Russland, den USA und Kanada, der Türkei, Asien, dem arabischen Raum, Persien und Südafrika weitergeführt. In einer Vielzahl von Anthologien werden die Werke von Autor*Innen all dieser Länder und in all diesen Sprachen direkt vereint. Auch Werke aus dem Katalanischen und Hebräischen sind Teil des Katalogs. Eine gewisse Einführung kann dann entweder hilfreich sein oder den eigenen Blick auf den Text verstellen, aber als mündiger Leser bleibt die Lektüre eines Nachwortes ja eine freiwillige Entscheidung. Bei der Lektüre eines Bandes der Bibliothek der Weltliteratur bietet es meist erhellende und auf ein Minimum reduzierte Informationen, in einigen Fällen auch Erläuterungen zu relevanten Hintergründen.
Eine weitere Hürde ist sicher die Übersetzung. Diejenigen, welche einen Text von einer Sprache in eine andere Sprache übertragen sehen sich nicht nur mit sprachlichen Fragen konfrontiert, sondern auch mit kulturellen wie gesellschaftlichen Fragen, welche die nicht niedergeschriebene Basis von Texten sind und dementsprechend nicht nur mit der Übersetzung weiterzugeben sind. Die Macht der Übersetzung darf nicht vergessen werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Neuübersetzung des Romans Gefährliche Geliebte von Haruki Murakamis Stammübersetzerin Ursula Gräfe, deren 2013 veröffentlichte Übersetzung des 1992 verfassten Romans den Einfluss ihrer eigenen Sprache überdeutlich offenbarte. Vielleicht liest man hier eher einen Gräfe-, denn einen Murakami-Roman. Die Übersetzungen für den Manesse-Verlag sind sprachlich sehr gut und haben einen hohen Standard, welcher zumindest ein großes Bemühen um Originalität und Authentizität vermuten lässt. Als Fazit lässt sich daher festhalten, dass die Bibliothek der Weltliteratur Lektüre auf hohen Niveau bietet – sowohl intellektuell als auch rein optisch und in der praktischen Handhabung.
Persönlicher Zugang:
Ich wurde rein optisch von meinem ersten (gebrauchten) Manesse-Band angezogen, den "Meisternovellen" vom Nobelpreisträger Björnstjerne Björnson (1963 erschienen). Der Auslagetisch eines Antiquariats lockte mit einigen gut erhaltenen Ausgaben der Reihe. Das Cover und die handliche Größe fielen mir als rege Nutzerin des ÖPNV sofort ins Auge. Mein Rucksack wiegt meist schwer, da standardmäßig mehrere Bücher für alle Eventualitäten (wenn auch nicht in dem Ausmaß wie es Rory Gilmore in den "Gilmore Girls" handhabt) darin zu finden sind. Zur Rückenschonung sind handliche Bücher daher ein Muss, während dicke Schmöker Zuhause genossen werden sollten. Zudem wurde mit der Lektüre von Knausgård-Romanen, den in seinem Werk mehrfach angesprochenen Romanen des Skandalautors Knut Hamsun und einigen anderen skandinavischen Romanen (explizit KEINE Krimis) mein Interesse an der nordischen Literatur geweckt. Und hier hat der Manesse-Verlag einige Romane und Erzählungen zu bieten. Anschließend griff ich von selbigem Tisch dann den hochromantischen Roman "Niels Lyhne" vom Dänen Jacobsen und ließ mich von der naturmystischen Kulisse verzaubern. Momentan ist mein "Buch für Unterwegs" der englische Reisebericht "Die Aran-Inseln" von John M. Synge und neben dem schönen grünen Buchrücken sind auch die Illustrationen hier besonders zu betonen. Die Bilder des Films The Banshees of Inisherin können dabei meine Vorstellung allerdings nicht ganz verlassen.
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ist am 25. Oktober 2023 im Manesse Verlag erschienen! Der Übersetzer ist dieses Mal Michael Stein, der bereits das Kopfkissenbuch ins Deutsche übertragen hat. Stein hat am 31. Januar 2024 einen Vortrag in der OAG Tokyo gehalten, den man sich hier anschauen kann.
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Silvina Ocampo/Adolfo Bioy Casares - Der Hass der Liebenden.
Silvina Ocampo/Adolfo Bioy Casares - Der Hass der Liebenden. #Roman #Literatur #Argentinien #Atlantik #Rezension #Buch #Bücher #lesen
Der bereits 1946 erschienene Roman “Der Hass der Liebenden” ist die einzige gemeinsame Arbeit des argentinischen Schriftsteller-Ehepaares Silvina Ocampo (1903 – 1993) und Adolfo Bioy Casares (1914 – 1999) und für den Leser nicht wirklich greifbar, ein wenig irritierend und doch interessant zu lesen… (more…) “”
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#Adolfo Bioy Casares#Argentinien#Bücher#Buch#Buchbesprechung#Der Hass der Liebenden#Kriminalliteratur#Kritik#Leselust#Lesen#Literatur#Manesse Verlag#Rezension#Roman#Silvina Ocampo
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Katherine Anne Porter: Das Narrenschiff
Katherine Anne Porter: Das Narrenschiff
Bildquelle: https://pixabay.com/de/users/thomaswolter-92511/
„Wenn nicht ein Wunder geschah, würden sie Deutschland nie wiedersehen. Mary und er mussten füreinander die Heimat sein, sie mussten, wohin sie auch gingen, ihr eigenes Klima mit sich tragen, mussten es Heimat nennen und versuchen, nicht an seinen wirklichen Namen – Verbannung – zu denken. In Gedanken sah er Mary am Klavier sitzen und…
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#Amerikanische Literatur#Elke Schmitter#Katherine Anne Porter#Manesse Verlag#Nationalsozialismus#Rezension#Roman#USA
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Prinz Rupis Buchtipps: "Fürst Lahovary – Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler" – von Georges Manolescu
Prinz Rupis Buchtipps: “Fürst Lahovary – Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler” – von Georges Manolescu
Prinz Rupis Buchtipps: “Fürst Lahovary – Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler” – von Georges Manolescu https://literaturradiohoerbahn.com/wp-content/uploads/2021/05/Prinz-Rupis-Buchtipps-Rupi_Monolescu_Lahovary-upload.mp3 Thomas Mann erkannte im Kriminellen vielfach Künstlerisch-Eigenstes wieder. Sein Werk »Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull« fußt auf den Memoiren von Georges…
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#Fürst Lahovary#Georges Manolescu#Manesse Verlag#Paul Langenscheidt#Prinz Rupi#Prinz Rupis Buchtipps#Rezensionen#Ruprecht Frieling#Thomas Sprecher
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Der Winter unseres Missvergnügens von John Steinbeck erscheint im Manesse Verlag, in der Neuübersetzung aus dem Jiddischen von Armin Eidherr, welcher auch ein lesenswertes Nachwort verfasst hat. Mit seinem berühmtesten Werk hat der Humorist dem untergegangenen Milieu des Schtetls ein Denkmal gesetzt und der jiddische Schicksalsroman zählt zu einem der wichtigsten Bücher der Weltliteratur.
#Ethan Hawley#featured#Geld#Gier#John Steinbeck#Liebe#Macht#Manesse#Menschlichkeit#Moral#USA#Verbrechen#Bücher
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Dante
Ihr steigt hinauf.
Das Fundament, das bröckelt zwar,
doch ihr lauft weiter euren Lauf.
Ihr strauchelt und ihr fallt.
Nun stellt ihr fest, so wahr,
“dass der feste Fuß auch stets der untere war.”
(Zitat aus: Dante Alighierri: Die Göttliche Komödie. Manesse Verlag 1963, S.48, V.30.)
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Dante Alighieri: Die Göttliche Komödie
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Die Göttliche Komödie für Anfänger
Dantes Die Göttliche Komödie, verfasst vermutlich zwischen 1307 und 1321, gilt als das wohl berühmteste Werk der italienischen Dichtung und ist längst zur Weltliteratur geworden. Geschildert wird die Reise des Ich- Erzählers durch die drei Jenseitsreiche Inferno (Hölle), Purgatorio (Fegefeuer) und Paradiso (Paradies). In diesem Werk „ballt sich die ganze Weltgeschichte in einem Kunstwerk zusammen“, wie es Ida und Walther von Wartburg, die Übersetzter dieser Neuausgabe, bezeichnen.
Doch leicht zugänglich ist diese 100 Gesänge umfassende Dichtung nicht. Besonders nicht, wenn man mit der italienischen Literatur wenig vertraut ist. Die Neuausgabe des Manesse-Verlags schafft aber Abhilfe für all jene, die sich bisher nicht an dieses Werk herangetraut haben. Es bietet im Vorwort eine Einführung in das Leben und Werk Dantes, denn wie schnell klar wird ist für das Verständnis der Divina Commedia ein gewisses Grundwissen um Dante und Historie zwingend erforderlich. Diese Einführung ist aber keineswegs trocken - wissenschaftlich. Nein, sie gewinnt durch ihren teilweise begeisternden und mitreißenden Ton einen literarischen Eigenwert, der noch weiter ermuntert, die Dichtung zu lesen.
Jeder Gesang enthält zudem einen umfangreichen Kommentar- und Anmerkungsteil, welcher sich jeweils am Beginn bzw. am Ende des jeweiligen Gesangs befindet. Es ist vermutlich dem Umfang der Kommentare und Anmerkungen geschuldet, dass diese sich nicht im Text befinden und so der Lesefluss beim Umherblättern etwas gestört wird, jedoch sind sie für das Verständnis von sehr großem Wert.
Auch optisch macht diese Ausgabe einiges her: das augenfreundliche Satzbild sorgt für ein angenehmes Lesen und aufgelockert wird dies zusätzlich durch 48 Illustrationen von Gustave Doré, die für mich eine gelungene bildliche Zusammenfassung der Göttlichen Komödie sind.
Die Göttliche Komödie in einer umfangreichen Neuausgabe – für jeden Anfänger, der ein bisschen Ausdauer mitbringt, unbedingt empfehlenswert.
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Morath, Inge. Fiesta in Pamplona. Photographien von Galle, Chapestro, Nisberg und Inge Morath. Manesse Verlag, Zürich. 1955 #ingemorath #pamplona #photobook #photobooks #kunstkiosk #kunstkioskimhelmhaus http://bit.ly/33A4BP6 https://www.instagram.com/p/B4sTA20lcyY/?igshid=h1p61wr4f18q
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From the book: AFRIQUE ~ De l'Equateur au Cap de Bonne-Espérance / Emile Schulthess (Publisher: Manesse Verlag, Delpire Zurich, 1958)
Special thanks to de-salva
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Klassiker-Verlage Teil 3: Große Literatur zum kleinen Preis - Der Anaconda-Verlag
Nun zuletzt zu den Veröffentlichungen des noch jungen, erst 2004 gegründeten und schon 2019 von der Penguin-Verlagsgruppe aufgekauftem, Verlages Anaconda. Neben Klassikern der Weltliteratur werden hier auch „populäre Sachbücher“ und philosophische wie psychologische Texte in handlicher und vor allem preiswerter Form angeboten. Auch Märchensammlungen und Gesamtausgaben gehören zu diesem Katalog. Die Fachbereiche Philosophie und Psychologie haben sich im Rahmen der Literatur entwickelt, bevor sie von einer neuzeitlichen Wissenschaft in akademische Disziplinen eingeordnet und nun dezidiert innerhalb dieser Sparten veröffentlicht werden. Der Anaconda-Verlag fokussiert sich hier aber auf Texte, welche als literarische Texte ausgearbeitet sind und klanghafte Autorennamen mit sich führen. Das umfangreiche und in der Masse etwas willkürlich wirkende Programm verspricht schöne Ausgaben für wenig Geld und tritt damit wirtschaftlich eher in Konkurrenz zu den unprätentiösen, aber auch recht klein gedruckten Reclam-Heften. Über die Qualität der Übersetzungen kann hier nicht umfassend geurteilt werden, aber zumindest fehlen diesen Ausgaben die literaturwissenschaftlichen Einordnungen, welchen man sich beim Reclam- und Manesse-Verlag stets sicher sein kann.
Doch das Thema sollen Klassiker-Ausgaben und herausstechende Klassiker-Reihen sein. Beim Anaconda-Verlag ist hier die Reihe „Große Klassiker zum kleinen Preis“ anzuführen, welche seit 2005 gepflegt wird. Das Sortiment umfasst hier erwartbare europäische Klassiker von Fontane und Goethe über Kafka, Musil und Schiller bis zu Oscar Wilde und Stefan Zweig sowie viele weitere bekannte Vertreter der französischen, russischen, amerikanischen und britischen Werke. Hinzu kommen Klassiker der Antike und etwas überraschend Klassiker der Science-Fiction-Literatur von H. G. Wells oder Klassiker der Abenteuerliteratur wie die Werke von Robert Louis Stevenson. Belletristik, Krimis, Abenteuerromane, Romanzen, Gedichte und vieles mehr werden in dieser Reihe vereint, wobei solche breitere Fächerungen auch beim Manesse-Verlag zu beobachten sind und im Reclam-Verlag schon lange gepflegt werden. Einige der einst von "ernsthaften Lesern" und Wissenschaftlern verpönten Unterhaltungsromane haben es mittlerweile in die Literaturhistorie geschafft und haben sich diese Position neben den typischen Klassikern langfristig erarbeitet.
Im Falle des Anaconda-Verlags werden die Möglichkeiten wie Nachteile des breit aufgestellten Profils besonders deutlich: Die Klassiker stehen im Katalog gleich neben Ratgebern, Gehirnjogging-Übungsheften, Rätselbüchern und Hexenkunst-Bänden. Diese Bandbreite von Pop bis Klassik ist neben dem Preis sicher das größte Pfund des Verlages, dessen Veröffentlichungen aber dennoch einen etwas billigen Beigeschmack behalten und in ihrer Detailgestaltung weniger kunstvoll wirken wie andere Ausgaben. Wie beim Manesse-Verlag prägt sich das einheitliche Layout aber gut ins Gedächtnis ein. Ein weißer Umschlag mit Titelaufschrift, darunter ein Gemälde oder eine Grafik sowie auf Buchrücken und der Rückseite ein bunter Farbstreifen, wodurch ein Regal mit solchen Ausgaben sehr schön anzusehen ist. Die Ausgaben sind gebunden, recht günstig verarbeitet und werden ohne Umschlag verkauft. Handlich sind die Klassiker dieser Reihe in jedem Fall, anders als die Gesamtausgaben im Verlagsprogramm. Doch diese Problematik ist altbekannt und dürfte jedem klar vor Augen stehen, welcher versucht die klassische Klett Cotta-Ausgabe des Herr der Ringe (roter Umschlag mit zwei Lesebändchen) zu lesen oder eine Shakespeare-Gesamtausgabe im Großformat zu heben versucht hat. Diese vom Bechtermünz-Verlag 1991 veröffentlichte Ausgabe kann eigentlich nur auf dem Boden liegend gelesen werden, schon allein um den Rücken und die Muskulatur der Arme zu schonen. Die meisten Gesammelten Werke des Anaconda-Verlages haben einen händelbaren Umfang und auch das Design ist durchaus ansprechend. Die bunten Cover werden mit Konterfeien der gewichtigen Autoren verziert, welche sich leicht vom Buchdeckel absetzen.
Im Gegensatz zu den beiden anderen genannten Verlagen hat der Anaconda-Verlag keine lange Verlagstradition anzubieten und, angesichts des jungen Verlagsalters kaum erstaunlich, noch keinen ikonischen Status unter den Publizisten erreicht. Das Programm ist umfangreich, aber in der Auswahl der Klassiker eher konservativ geprägt. Damit entsprechen sie aber dem inhärenten Verlagsbestreben und einem Pop-Denken, welches sich klar nach dem möglichen Absatz an ein Massenpublikum richtet. Diesen Regeln müssen letztlich alle Verlage folgen (solange sie über einen längeren Zeitraum existieren wollen), aber manche erlauben sich auf dem Rücken des Erfolges der allseits bekannten Werke die Veröffentlichung einiger ausgefallenerer Titel. Ein ähnliches Verfahren müssen auch Theater in der Gestaltung ihres Spielplans oder Filmstudios in der Planung ihrer Projekte verfolgen. Erfolgsproduktionen garantieren die Umsetzung ausgewählter Herzens- oder Nischenprojekte. Anaconda erfüllt aber das gegebene Versprechen von günstigem Preis und der leichten Zugänglichkeit. Die Textaufbereitung und Textgenese steht natürlich weniger im Vordergrund und die Werke werden nicht so sorgsam aufbereitet und kommentiert.
Dennoch erfüllen Verlage wie der Anaconda-Verlag oder auch der Nikol-Verlag einen wichtigen Zweck. Mit ihren oberflächlich schönen Büchern bieten sie sich als Geschenkbücher an und damit werden vielleicht noch ein paar Leser von Klassikern für diese so oft als „langweilig“ gescholtene Literatur gewonnen. Zudem erlaubt der geringe Preis sich an einem Werk zu versuchen und nicht abzuwägen, ob die Lektüre die Kosten wert ist oder eher sein wird. Solche Schicksale der grundsätzlichen Abweisung erleiden auch Filmklassiker der Vergangenheit, welche dann von jungen Zuschauern als technisch veraltet und damit zu schlecht abgetan werden. Dabei zählen hier neben Technik und der reinen Visualität ja auch Geschichten, Darstellungen, Schauspiel und gerade im Szenenbau viel künstlerische Kreativität, welche heute von Computern illusorisch hergestellt wird.
Ein in nahezu allen Aspekten vergleichbarer Anbieter ist der seit mehr als 25 Jahren existierenden Nikol-Verlag aus Hamburg, dessen Klassikerreihe Leinen mit Goldprägung häufig en masse in allen Buchläden und ganz besonders bei bekannten Ladenketten zu finden sind. Der Verlag selbst benennt "Lizenzausgaben und Neuübersetzungen aus den Bereichen der Sach- und Fachbücher, insbesondere Natur- und Geisteswissenschaften sowie populäre Geschichte, aber auch Ratgeber zu den Themen Gesundheit, Fitness, Lebenshilfe und viele weitere“ als weitere Kernelemente ihres Programms (s. online unter: Über uns — Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG (nikol-verlag.de), womit ein nahezu deckungsgleiches Angebot besteht wie beim jüngeren der beiden Verlage. Auch die Preisskala und die Werkauswahl ist sehr ähnlich. Aber angesichts der elitären Ausgangslage der Literatur (von welcher der Reclam-Verlag einst Abstand nahm) ist die Existenz solcher Verlage unbedingt wünschenswert. Denn die Klassiker der Literaturgeschichte verdienen es immer wieder gelesen zu werden und die Geschichten aus fernster Vergangenheit weisen viel öfter als man glauben möchte Hinweise und Beobachtungen auf, welche auch für die Gegenwart von Bedeutung sind. Grundsätzlichen Fragen der Menschheit, insbesondere den Reibungen im gemeinsamen Existieren in dieser nur scheinbar homogenen Gruppe, widmen sich viele dieser „Klassiker“ mit allgemeingültigen oder auf die jeweilige Gegenwart transferierbaren Ansätzen. Oder aber sie regen im Kontrast zur Gegenwart zum lautstarken Widersprechen an, eine gesunde Debattenkultur zu tatsächlich relevanten Fragen ist ja auch nicht zu verachten.
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Frankenstein - Mary Shelley
Frankenstein – Mary Shelley
Vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar*! Erscheinungsdatum: 02.10.2017 Seitenanzahl: 464 Seiten Verlag: Manesse Verlag Erhältlich als: Hardcover: 22,00 Euro eBook: 17,99 Euro Hier erhältlich: Verlag, Amazon** Zur Autorin: Mary Wollstonecraft Shelley, die 1797 in London als Tochter einer Frauenrechtlerin und eines Revolutionärs geboren wurde, schrieb im Alter von zehn ihr erstes…
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Rezensionen: Gerhard Luhofer spricht über "Faber oder Die verlorenen Jahre" von Jakob Wassermann
Rezensionen: Gerhard Luhofer spricht über “Faber oder Die verlorenen Jahre” von Jakob Wassermann
https://literaturradiohoerbahn.com/wp-content/uploads/2021/03/Rezensionen-Jacok-Wassermann-Faber-oder-die-verlorenen-Jahre-luhofer-upload.mp3 Rezensionen: Gerhard Luhofer spricht über “Faber oder Die verlorenen Jahre” von Jakob Wassermann Der Manesse-Verlag hat mit ‚Faber oder die verlorenen Jahre‘ einen fast vergessenen Roman eines fast vergessenen deutschen Schriftstellers, Jakob…
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#aus.gelesen#Faber oder Die verlorenen Jahre#Gerhard Luhofer#Jakob Wassermann#Manesse Verlag#Rezensionen
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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Eigenschreibweise: Frankfurter Allgemeine. Zeitung für Deutschland; kurz F.A.Z. oder FAZ) ist eine deutsche überregionale Abonnement-Tageszeitung. Sie gehört mehrheitlich (zu 93,7 %) der gemeinnützigen Fazit-Stiftung und wird von der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH verlegt.
Redaktionsgebäude, Hellerhofstr. 9, Frankfurt am Main
Jürgen Kaube (* 19. Juni 1962 in Worms) ist einer der vier Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und zuständig für das Feuilleton. Außerdem ist er Herausgeber und Autor von Sachbüchern.
Seit 1992 schrieb Kaube regelmäßig für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 1999 trat er zunächst in die Berliner Redaktion ein und wechselte 2000 nach Frankfurt am Main, wo er schwerpunktmäßig über Wissenschafts- und Bildungspolitik recherchierte und schrieb. Ab 2008 leitete er das Ressort „Geisteswissenschaften“. In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung verantwortete er die wissenschaftsjournalistische Kolumne „Erkenntnis und Interesse“, heute umbenannt in „Soziale Systeme“. Im Januar 2012 wurde Kaube einer der Stellvertreter des damaligen FAZ-Kulturchefs Nils Minkmar.
Am 9. Dezember 2014 berief ihn der Aufsichtsrat der FAZ zum 1. Januar 2015 in den Herausgeberkreis der Zeitung, als Nachfolger des im Juni 2014 verstorbenen Frank Schirrmacher. Er ist wie dieser für das Feuilleton zuständig.
Kaube ist Lehrbeauftragter im Bereich „Neuere Deutsche Literaturwissenschaft“ am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg. Seit 2008 ist er Mitglied des Hochschulrates der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster.
2012 verlieh die Stiftung Marktwirtschaft Kaube den Swift-Preis für Wirtschaftssatire.
Mit seinem Sachbuch Max Weber – Ein Leben zwischen den Epochen war Kaube 2014 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.
2015 erhielt Jürgen Kaube den Ludwig-Börne-Preis. Der Laudator, der Historiker Dan Diner, würdigte Kaubes Befähigung, „die wissenschaftliche Kultur von Geist und Sache in luzider Klarheit und begriffsnaher Zuspitzung in den öffentlichen Raum zu tragen“. Jürgen Kaube stehe mit oft scharfen Urteilen wie Ludwig Börne in der Tradition der Aufklärung.
Werner D’Inka (* 16. November 1954 in Freiburg im Breisgau) ist ein deutscher Journalist und einer der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Erstausgabe1. November 1949 Erscheinungsweise montags bis samstags Verkaufte Auflage 238.438 Exemplare (IVW 3/2018, Mo–Sa) Reichweite 0,76 Mio. Leser (MA 2017 II) Herausgeber Werner D’Inka Jürgen Kaube Berthold Kohler Holger Steltzner Geschäftsführer Thomas Lindner (Vorsitzender), Volker Breid www.FAZ.net
Die verkaufte Auflage beträgt 238.438 Exemplare, ein Minus von 40,4 Prozent seit 1998. Die Zeitung hat die höchste Auslandsverbreitung aller deutschen Zeitungen (abgesehen von Boulevardblättern). Ihre Hauptkonkurrenten sind die Süddeutsche Zeitung und Die Welt.
Die Linie der Zeitung wird nicht von einem Chefredakteur, sondern von den Herausgebern bestimmt.
Die FAZ verfügt mit 41 Auslandskorrespondenten über eines der größten Korrespondentennetze der Welt. In größeren Metropolen gibt es mehrere spezialisierte Auslandskorrespondenten für Politik, Wirtschaft und Feuilleton, so in Brüssel (4), London (4), Madrid (2), Moskau (2), New York (3), Paris (2), Peking (2), Rom (2), Washington (2), Wien (2). Im Inland unterhält die FAZ (neben der Redaktion der Rhein-Main-Zeitung) Redaktionsbüros in Berlin, Bonn, Dresden, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Kassel, Leipzig, München, Stuttgart und Wiesbaden.
Die FAZ verkaufte im Zuge der Konzentration auf die Kernkompetenz im September 2005 ihre Buchverlage Kösel-Verlag und Deutsche Verlags-Anstaltmit dem Manesse Verlag an die Verlagsgruppe Random House. 2006 stieß die FAZ Buch- und Zeitschriftenverlag auch den Kunstbuchverlag Prestel ab. Nach wie vor erscheinen FAZ-Bücher im so genannten FAZ-Institut.
Die FAZ gilt als bürgerlich-konservatives Medium.
Im Geschäftsjahr 2012 machte die Verlagsgesellschaft durch den weiteren Rückgang der Anzeigenerlöse einen Verlust von 4,3 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr durch den Verkauf von Vermögen noch ein Ertrag von 19,3 Millionen Euro erwirtschaftet worden war. 2013 stieg das Defizit weiter an, auch der Umsatz ging zurück. Zum Ausgleich wurde Anfang 2014 die Seitenzahl der Zeitung reduziert, damit verbunden waren Personaleinsparungen in der Redaktion.
Am 16. September 2014 kündigte die FAZ an, bis 2017 jährlich 20 Millionen Euro einzusparen und bis zu 200 von 900 Stellen zu streichen.
Die FAZ spielt in vielen gesellschaftspolitischen Diskussionen eine meinungsbildende Rolle und löste sie häufig aus. So veröffentlichte sie etwa wesentliche Debattenbeiträge des Historikerstreits der 1980er Jahre, unter anderem von Ernst Nolte und Michael Stürmer, zuerst. Der Mitherausgeber Frank Schirrmacher stieß 2002 die Debatte über Martin Walsers Roman Tod eines Kritikers an, als er den – gewissermaßen traditionellen – Vorabdruck des neuen Walser-Romans verweigerte und in einem offenen Brief ausführlich begründete, was der Rezension eines noch nicht veröffentlichten Buchs gleichkam.
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Herman Melville: Mardi und eine Reise dorthin
Ein grandioses Abenteuer
„Nachdem ich in jüngster Zeit zwei Reiseerzählungen aus dem Pazifik veröffentlicht hatte, […] kam mir der Gedanke, tatsächlich ein Südseeabenteuer als Fantasieerzählung zu schreiben, um zu sehen, ob diese Fiktion nicht möglicherweise für wirklich genommen werden kann.“
Diesen Satz lässt Herman Melville, den die meisten Leute wohl hauptsächlich als Autor von Moby Dick kennen, seinem Roman Mardi und eine Reise dorthin vorangehen. Mit dem 1849 erschienen Roman wagt der damals 30-jährige Melville erstmals den Sprung ins Fiktionale, nachdem er zuvor die zwei realistischen Reiseerzählungen Typee (1846) und Omoo (1847) erfolgreich veröffentlicht hatte. Mit diesem Roman, der heute als Vorläufer von Moby Dick gilt, legt Melville einen Abenteuerroman vor, der doch so vieles mehr ist als das: Mardi ist eine Liebeserklärung an die Ferne, das Meer und das Unbekannte, eine Zivilisations- und Gesellschaftskritik voll philosophischer Raffinesse, in der jedoch auch die Liebe nicht zu kurz kommt. Der Manesse-Verlag hat diesen zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Roman in einer hochwertigen Ausgabe mit einem ausführlichen Kommentarteil nun noch einmal neu herausgegeben.
„Wir sind los! Die Untersegel und Toppsegel sind gesetzt, der korallenbehangene Anker baumelt vom Bug; und zusammen werden die drei Oberbramsegel der Brise übergeben, die uns auf die See hinaus folgt wie das Gebell eines Hundes.“
Das große Abenteuer beginnt, als Taji mit einem Kameraden von einem Walfängerschiff, das bisher erfolglos den Pazifik durchstreifte, desertiert. Als die beiden in einem kleinen Beiboot Kurs auf fremdes Land nehmen, stoßen sie auf das wunderschöne Mädchen Yillah, das sie auf einer wilden Reise mit in die Inselwelt des Archipels Mardi nimmt. Als sie jedoch plötzlich verschwindet, begibt sich der verliebte Taji mit vier Kameraden auf eine ereignisreiche Suche, die ganz unter dem Zeichen der klassischen Irrfahrt steht. Ein Abenteuer jagt das nächste und zusammen ergibt sich das Bild einer völlig fremden Welt, die zwar voller Gefahren ist, die aber doch als so unglaublich schön beschrieben wird, dass sich jede Reise dorthin zu lohnen scheint.
„Über ihre Schönheit sage ich nichts. Es war die eines Kristallsees in einem unergründlichen Wald, gänzlich voller Licht und Schatten, mit flüchtigen Offenbarungen: bald tiefgründig dunkel, bald in Sonne gekräuselt, doch immer funkelnd und wechselnd und ineinander übergehend.“
Melvilles Prosa ist in diesem Roman poetischer als so manches Gedicht. Atmosphärisch beschreibt er das Meer und schildert beinahe wie ein Philosoph die existenziellen Probleme, denen man sich auf See zu stellen hat. In einem ganzen Kapitel beschreibt der Autor die quälende Ungewissheit, die mit einer Windstille einhergeht und die es auszuhalten gilt. Und Melville muss es wissen: Er selbst war ein echter Seebär. 1841 heuerte er auf einem Walfängerschiff an und unternahm später als freier Schriftsteller lange Auslands- und Vortragsreisen. Entsprechend ist sein Vokabular durch viele nautische Begriffe geprägt, die jedoch in einem ausführlichen Kommentarteil, der sich praktischerweise am Seitenende und nicht wie so oft am Ende des Buches befindet, erläutert werden. Außerdem liefern der Kommentarteil sowie das Nachwort von Übersetzer Rainer G. Schmidt wertvolle Infos zu historischem und entstehungsgeschichtlichem Hintergrund, die es erlauben, das Werk auch in seinem Entstehungskontext zu lesen.
Mardi und eine Reise dorthin – ein fantastischer Abenteuerroman in einer liebevoll und sorgfältig editierten Neuübersetzung.
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Bischof, Werner. Japan. Manesse Verlag, Zürich. o. J. #wernerbischof #photobook #photobooks #japan #kunstkiosk #kunstkioskimhelmhaus http://bit.ly/2NHQwID https://www.instagram.com/p/B4fb428FDIN/?igshid=k8wng3tjf1in
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