#es ist einfacher gegen Nazis zu sein wo es keine Nazis gibt
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Ich versuche gerade mich wegen den Wahlergebnissen nicht in einen Flummi der Verzweiflung zu verwandeln und die Frustration zu irgendwas zu nutzen. Fällt dir eine sinnvolle Stelle ein, wo man aktiv werden kann? Oder Organisationen, denen eine Spende was bringen würde
Tja, was für eine gute Frage.
Also als allererstes: das ist eine Frage, die ich mir selbst auch stelle und eine Antwort darauf habe ich leider auch nicht so richtig.
Plus, was den konkreten Fall Landtagswahlen 2024 angeht: sofern man nicht in einem der drei Bundesländer lebt, in denen nächstes Jahr gewählt wird oder zumindest enge Kontakte dahin hat, ist man da ein bisschen zum Zuschauen verdonnert, befürchte ich. Man könnte höchstens die anderen Parteien in den betreffenden Bundesländern direkt finanziell unterstützen, damit sie einen guten Wahlkampf machen können. Und darüber hinaus natürlich auch so an Vereine/Organisationen vor Ort spenden, die sich gegen Rechts bzw. für ein gutes, offenes Zusammenleben einsetzen.
Aber allgemeiner betrachtet (weil AfD ist ja überall und übernächstes Jahr ja auch schon wieder Bundestagswahl): ich kann zuerst nur mal sagen, dass ich persönlich als Konsequenz aus der BTW 2017 (AfD erstmals im Bundestag), den Grünen beigetreten bin. Einfach um zumindest irgendwie einen ersten Schritt zu tun, politisch aktiv zu werden. Das müssen natürlich nicht die Grünen sein, aber eine von den "großen" Parteien sollte es schon sein, finde ich. Ich mag zwar grundsätzlich die Parteienvielfalt in Deutschland, aber mit Miniparteien hat man halt gegen die AfD auch nichts in der Hand. Außerdem ist Demokratie eben Kompromiss und ich würde behaupten, dass bei den 4-5 großen, demokratischen Parteien schon eine dabei sein wird, mit der man sich arrangieren kann, zumal man ja als Mitglied dann auch alle Möglichkeiten zum aktiven Mitgestalten hat. (Ich hab es leider bisher nicht wirklich über eine stumme Parteimitgliedschaft hinausgebracht, aber das kann man gerne besser machen als ich!)
Aber man kann natürlich, wenn man nicht gleich wo beitreten will, auch hier ja einfach erstmal an eine oder mehrere Parteien spenden (es geht hier ja konkret um die Wahlen und man sollte vielleicht nicht vergessen, dass die AfD teils ganz horrende Summen an Parteispenden bekommt und so ein Wahlkampf – Plakate, Wahlwerbespots, Veranstaltungen, Durchs-Land-Reisen, Klinkenputzen – kostet eben Geld).
Und was ansonsten das "Menschen dazu bringen, nicht die AfD zu wählen" angeht, bin ich mittlerweile ehrlich gesagt der Überzeugung, dass das (jetzt aus einer privaten, d.h. nicht politischen Position heraus) nur 1:1 funktioniert. Das heißt über den direkten, persönlichen Kontakt zu einem Menschen, den man kennt. Auch wenn es nervt, auch wenn es anstrengend ist. Auch wenn ich die Reaktion verstehe, abzublocken, Kontakt abzubrechen, wütend zu werden, die Welt in Freund und Feind, Gut und Böse, Wir und Die aufzuteilen — ich glaube aber, dass das nur die Fronten verhärtet, gegenseitige Vorurteile bestätigt, spaltet und letztlich alle extremer macht. Und eine Gesellschaft, um Claire Waldoff zu zitieren, in der keiner mehr weiß, wer er ist, Nazi oder Kommunist, halte ich für nicht besonders erstrebenswert (vgl. Entstehungszeitraum des zitierten Liedes – Es gibt nur ein Berlin, 1932). Und mit dem persönlichen, direkten Kontakt meine ich übrigens keine Faktendiskussionen, keine Überzeugungsarbeit, ganz im Gegenteil: die komplette Ausblendung von allen Themen, die trennen, auch wenn es schwer fällt, auch wenn es vielleicht gegen das Gerechtigskeitsempfinden geht. Das heißt natürlich nicht, dass man etwaige rechte Meinungen und Einstellungen von den besagten Leuten gut finden oder tolerieren sollte. Keine Zukunfstangst und keine Unsicherheit der Welt rechtfertigen Rassismus, Xenophobie, Queerfeindlichkeit und ganz allgemein Menschenhass. Aber das alles geht halt auch durch Gegenrede nicht weg, weil die immer nur die Symptome bekämpft und dadurch die Ursachen womöglich sogar noch verstärkt. Aber wenn ich irgendeine gemeinsame Basis mit meinem Cousin oder meinem Nachbarn oder meiner Tante oder Arbeitskollegin finde, auf die wir uns einigen können, sei es irgendeine Art von Hobby oder Sport oder anderes Interesse, bei dem wir zusammen Zeit verbringen können – vielleicht bin ich dann am Ende die einzige Person im Leben meines Cousins oder Nachbarn, meiner Tante oder Arbeitskollegin, die nicht die immer gleichen Parolen wiederholt. Vielleicht bin ich dann die Person, an die sie denkt, wenn das nächste Mal im Telegramchat von linksgrünversifften Gendergagaisten die Rede ist und vielleicht denkt sie dann, dass ich doch eigentlich fast ganz ok bin trotz allem und vielleicht ist da dann ein ganz kleiner grauer Punkt im schwarz-weißen Weltbild.
Und vielleicht hilft am Ende auch einfach die Demut, sich einzugestehen, dass wir alle – hätten wir andere Sachen erlebt, andere Menschen getroffen, oder wären woanders auf die Welt gekommen – irgendwo im rechten Spektrum hätten landen können. Und sich dann zu fragen, warum das eben nicht passiert ist. Wenn ich zurückgucke in meinem Leben, waren es eigentlich immer gute Freunde, die Familie, vielleicht hier und da noch ein Lehrer oder eine Lieblingsband, die mich ganz grundsätzlich politisch und menschlich geprägt haben und mich zu dem gemacht haben, der ich bin. Und vielleicht kann ich selbst also auch für jemand anderen so ein Mensch sein.
Aber ja... ich weiß, es ist ein weites Feld. Wenn es doch alles bloß so einfach wäre!
#linksgrünversiffte Gendergagaisten hab ich mir grad live ausgedacht und ich finde das ist worttechnisch eine absolute Marktlücke#tja also unterm strich:#ich weiß auch nicht :')#filed under:#anon stellt 1 frage lala schreibt buch#sorrrryyy
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Schwan in Festungsgraben. Mai 2023
Weiß der Henker (wdH.) woran es mal wieder liegt: Ist das schon die Kriegswirtschaft, von der die Grünen träumen? Eine neuerliche Kontinentalsperre? Liegt wieder ein Schiff im Suez-Kanal quer?
Es gibt mal wieder kein XTOL. Schon seit Wochen bis Monaten nicht. Dabei wird das Pulver ganz legal eingeführt, aus dem Staate New York, wie ich glaube. Aber alle Versandhändler in D sind leergekauft. Kein 1l Päckchen zu bekommen, gegen Gold nicht. Mußte ich wieder auf das wilhelminische Gift Rodinal zurückgreifen, das Reichspatent für die Brühe wahrscheinlich genauso alt wie die Zitadelle Spandau auf dem Bild oben.
Was gibt’s sonst? Die üblichen Beschwerden. Ich komme einfach nicht mehr mit, mit all den Fehlverdrahtungen und durchbrennenden Sicherungen in den Köpfen meiner Mitmenschen.
Dabei wurde mein Hirn über Jahrzehnte in hochkonzentrierter linksliberaler Chili-Sauce mariniert. Keiner meiner Freunde damals hätte gewagt, auch nur eine Sekunde einen Gedanken zu denken, der von dem täglich verkündeten Katechismus abgewichen wäre, wie er vom wdH., vom Suhrkamp-Verlag, aus dem Feuilleton der Zeit oder von der Frankfurter Rundschau verbreitet wurde.
Und wenn ich selbst um die Zeit der Volkszählungs-Hysterie (85?, 86?) langsam aus dem sozialistischen Gleichschritt rausgetwistet bin, habe ich mir doch immer zugutegehalten, die Gedankengänge in den Köpfen meiner linken Freunde auf 200 Züge im Voraus zu kennen. Weil ich die Algorithmen durchschaut hatte, mit deren Hilfe meine Freunde sich die Welt sortierten. Ich wußte, wie sie ticken, meine lieben linken Freunde, die lieben kleinen Bubble-Sort-Boys.
Bis ich verwundert mitansehen mußte, wie, ganz dünn und schnurgerade, noch kaum auszumachen, die Rauchfäden aus den Köpfen meiner Kumpels aufzusteigen begannen, von keinem intellektuellen Seitenwind verwirbelt. Das war um die Jahrtausendwende, zur Zeit der ersten islamistischen Anschläge. Allesamt saßen sie auf einmal mit durchgebrannten Schaltkästen rum, kaum noch in der Lage, den dicken Knopf für die Selbstzerstörungs-Routine einzudrücken.
Und obwohl meine Freunde nach den Übergriffen irgendwelcher Pfaffen auf kleine Meßdienerjungs nicht müde wurden, auf die scheiß kath. Kirche und den Papst zu schimpfen, gingen sie wie Granaten in die Luft, wenn man analog ganz schüchtern irgendwelche Anmerkungen zum Islam machte. “Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Der Islam ist eine Religion des Friedens. Khomeini war ein Revolutionär... ” Und drehten immer weiter ab.
Bis wir irgendwann den aktuellen Status erreicht hatten, in dem es meinen angeblich so linken Mitbrüdern das erste Anliegen vor allem anderen ist, alle Nazis dieser Welt nach D zu holen und rundumzuversorgen. Während sie gleichzeitig mit irgendwelchen antischafistischen T-Shirts rumrennen. Ich kriegs bis heute nicht in die Birne, und als einzige Erklärung bleibt mir, daß meine Kumpels einfach von Anfang an so saublöd waren.
Hätte man ja eigentlich auch in der Schule schon merken können. Während sie lernten, bis die Hämorrhoiden bluten, um ein lächerliches Zweierabi abzuliefern, mußten kleine bauernschlaue Jungs wie ich nur hin und wieder mal lässig mit der linken Hand wedeln, um fast genauso gut zu sein. (Nicht, daß ich mich für ein Superhirn hielte, aber die anderen waren einfach noch blöder.)
Und diese “blutigen Hintern” sitzen heute einfach überall rum. In der Regierung, in den Redaktionen, in den Unis, auf den Bühnen. Den ganzen Tag damit beschäftigt, sich gegenseitig zu loben und den Brandgeruch zu ignorieren, der von ihren Schädeldecken rüberweht. Während sie nicht ruhen werden, bis endlich alle Nazis dieser Welt, alle Frauenfeinde und Antisemiten, alle bekloppten Massenmörder und impulsgestörten Machetenfetischisten in D angelandet sein und aus Steuergeldern vollversorgt werden.
Mir doch scheißegal, wo welcher Arsch herkommt, so lange er eben kein Nazi ist und nicht vom ersten bis zum letzten Tag Rentenempfänger. Mit Anspruch auf Dolmetscher und Windelservice, auf deutschen Zahnersatz und Flashback-Traumatherapie. Und noch durchgehend schlechtgelaunt dazu.
Das alles, während ich das Gefühl habe, gegen Wände zu rennen, die täglich dicker werden und höher wachsen. Und ich mir von diesen Trotteln auch noch Sprüch anhören muss, von Leuten, zu blöd, einen Nazi von einem Nußhörnchen zu unterscheiden, die zu allem Überfluß auch noch in Bomberjacken und Plastikschuhen rumrennen, auf der Rübe den ranzig geölten SS-Haarschnitt, als wären sie grad erst aus dem Zeltlager mit der Wehrsportgruppe Hoffmann zurück. Langsam beginne ich zu verstehen, wieso Johnny Rotten irgendwann die Hakenkreuzbinde angelegt hat, damals, 79 oder so, unter all den bescheuerten Linken.
Es ist alles so grotesk, dass ich nächtens durch die Wälder stolpern und den Mond anheulen muß, bis ich endlich mit irrem Kichern in eine gnädige Bewußtlosigkeit versinken darf. Und trotzdem kein Xtol bekomme, woran die Bomberjacken-Anti-Faschisten-Inter-National-Sozialisten wahrscheinlich auch die Schuld tragen.
Das Bild könnte viel schöner sein, hätte ich mein geliebtes XTOL _ und wären die Hirnkästen all der durchgeknallten linken Hinkelgockel, die mich umgeben, endlich repariert oder die Doofs wenigstens auf ungefährliche Posten versetzt. Und das Bild könnte auch schöner sein, wenn der blöde Schwan mal von rechts gekommen und nach links ins Bild hineingeschwommen wäre, ihr Affen.
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Fundstück
Die sittliche Erziehung
aus: Heinrich Mann, Der Hass, 1933
Die gegenwärtigen Diktaturen haben den Drang, die Demokratie zu zerstören bis zu dem Grade, daß künftige Geschlechter nicht einmal den Begriff mehr kennen. Ein Ausspruch Hitlers kennzeichnet besonders gut seine Geistesart und zeigt, wie er die Menschen einschätzt: »Ich weiß wohl«, soll er gesagt haben, »daß wir gewisse Generationen nicht mehr erfassen können. Aber wir werden ihnen die Kinder nehmen.«
Das heißt: die jungen Menschen, über deren Charakterbildung er verfügt, sollen nicht mehr stolz und frei sein. Nie sollen sie den Ehrgeiz kennen, teilzuhaben an einer Gesellschaft, deren Einrichtungen allmählich gerechter werden. Gerechtigkeit und Freiheit sollen gestrichen sein aus dem Geist der Nachfahren. Es soll ihnen nicht beifallen, selbständig zu denken oder nach ihrem Gewissen zu handeln. Einzig der Staat wird ihnen vorschreiben, was wahr sein soll. Die Wahrheit wird nicht mehr aufgefunden werden durch uneigennützige Erkenntnis: denn das ist »Kulturbolschewismus«. Sie wird verfügt werden im Namen der Volksgemeinschaft, eigentlich aber nur von den Machthabern.
Die Rückwärtserziehung einer ganzen Nation hat in Deutschland eingesetzt. Schon ist sie auf der Höhe und zeitigt täglich Ergebnisse, so vielfältig, daß man staunt. Zum Beispiel haben die Studenten unsere Bücher nicht nur verbrannt: sie haben sie auch gestohlen. Nicht alle wurden auf den Scheiterhaufen geworfen, viele fielen in Säcke, und die wißbegierigen jungen Leute verschwanden damit heimlich. So kamen sie zu Werken, die allerdings aus den Wohnungen politischer Gegner herausgeholt waren, aber anders wären sie eben nicht dazu gekommen. Andererseits hatten sie mit der possenhaften Ausräucherung des bösen Geistes ein Verdienst erworben um die Partei, ja, um das Vaterland. Denn das ist bekanntlich das gleiche, und außerhalb der Partei gibt es kein Vaterland.
An manchen Berliner Häusern hängt bei festlichen Gelegenheiten ein Bild Hitlers, mit den Füßen am Boden und dem Kopf im obersten Stockwerk. Die Inschrift verkündet: »Hitler der Arbeiterfreund!« Wirklich ziehen denn auch Tausende von Arbeitern, alt und jung, mit begeisterten Zurufen vorbei am Bilde dessen, der ihre Gewerkschaften zerstört und die Kassen beschlagnahmt hat. Eine gleich große Zahl von Proletariern kann an diesen Kundgebungen des Hochgefühls nicht mehr teilnehmen, denn sie sind gefangen oder umgebracht. Wer vorläufig noch verschont bleibt, ist um so fester überzeugt, daß er sich richtig benimmt so wie hier. Er lebt doch wenigstens. Er kann sogar frische Eier kaufen, wenn er das noch kann.
Eine Handlung und eine Überzeugung sind gut, wenn sie nützlich sind, und nur so lange. Ein treuer Untertan des Diktators und des Vaterlandes, die eins sind, wird man dadurch, daß man gewisse Worte ruft und die gebotenen Bewegungen dazu macht. Mit zunehmender Gewöhnung kommen diese armen Leute allmählich so weit, daß sie ihre früheren Genossen, die im Gefängnis hungern und sich foltern lassen, für Verräter halten. So sieht die neue Erziehung zum wahren Deutschtum aus. Ob sie durchdringt, das richtet sich offenbar nach der Macht derer, die sie erzwingen. Die Vaterlandsliebe bedeutet unter der Diktatur, daß man zum Stärkeren hält.
Man läßt es sich gesagt sein, und die Patienten eines jüdischen Arztes hüten sich, ihn aufzusuchen, trotz allem Vertrauen, das sie zu ihm haben. Sie waren vielleicht durchaus keine Antisemiten, aber Rassengläubigkeit lernt man, wenn es sein muß. Man macht sogar schon mit, wenn ein Vorteil winkt. Wo kein Geschäft mehr geht, ist es ein Trost, wenigstens die israelitischen und marxistischen Konkurrenten loszuwerden. Diese wie jene verschwinden vom Schauplatz, und wem es zu lange dauert, bis sie abhauen, der denunziert sie. Das ist ehrenvoll und ist Gewinn. Einer zeigt den andern an wegen marxistischer Umtriebe oder einfach, weil er »miesgemacht« hat, was laut ministerieller Verordnung verkappter Marxismus ist. Damit macht man sich beliebt und außerdem fällt es so leicht. Das Denunzieren wird ohne weiteres zum Bestandteil der verwandelten Sitten und einer erneuerten Moral, die kraftvoller als die alte ist. Jeder sucht seinen Stolz darin, den Nachbarn zu bespitzeln, mag es ihm im Augenblick auch nichts einbringen. Immerhin sorgt er vor und wird sich auf geleistete Dienste berufen können an dem Tage, wo er selbst denunziert ist. Die gute Gesinnung findet ihre Stütze in der heilsamen Furcht.
Ebenso gute Stützen sind allerdings Haß und Neid. Als wir ausgewanderten Intellektuellen unsere Heimat verließen, war es höchste Zeit. Tags darauf drohte uns Verhaftung und was noch sonst. Tatsächlich hatten unsere lieben Kollegen von den nationalistischen Blättern nichts eiliger, als Nachforschungen anzustellen über unseren Verbleib. »Man hat sie nirgends gesehen; nach Hause sind sie auch nicht gekommen.« Man hielt es nicht aus vor Ungeduld, wir möchten endlich dafür gezüchtigt werden, daß wir so lange und so sichtlich die geistig Überlegenen gewesen waren und daß die Republik uns gesellschaftlich dahin gestellt hatte, wohin wir gehören.
Es war eine gute Zeit für die Schriftsteller im Solde des Herrn Hugenberg, wie auch für ihn selbst, der mehrere Ministerien beherrschte. Seitdem hat Hitler, der frühere Schützling Hugenbergs, ihn untergekriegt. Er mußte abtreten. Seine Partei wurde aufgelöst, auf den Stahlhelm konnte er nicht mehr bauen; da drohte dann auch seinen Zeitungen das Verbot oder die Enteignung. Der Tag kann kommen, wo er selbst verhaftet wird. Wenn seine Mitarbeiter jetzt noch in Entzücken geraten über den Sturz einstiger Größen, dann bewegt sie nicht mehr nur ihr Haß. Das elende Geschick eines sozialdemokratischen Oberpräsidenten wird ihnen wohl schon etwas mehr zu denken geben als noch vor Wochen. Der alte Mann war durch die Stadt geschleift worden, in der er lange der Höchste gewesen war. Die Menge pfiff und heulte, wo er vorbeikam, einst ein so mächtiger Beamter, jetzt als Straßenarbeiter gekleidet, mit einer Schaufel in der Hand. Damit nichts fehle zu seinem Leidensweg, mußte der Unglückliche durch das ganze Oberpräsidium hindurch, wo seine früheren Untergebenen von Amts wegen »Nieder« riefen.
Die Hugenberg-Presse gab diese Auftritte begeistert wieder. In besonderes Entzücken geriet sie über eine Racherede des Nazi-Polizeipräsidenten, übrigens ein verurteilter Mörder, der kurze Zeit vorher aus dem Zuchthaus entlassen war und jetzt für die öffentliche Sicherheit sorgte. Schön. Nur hat man die Empfindung, daß der Schreiber, sosehr er jubelt, doch keine so ungemischte Befriedigung mehr genießt wie damals, als unserem Verbleib nachgeforscht wurde. Eine Ahnung überkommt ihn wohl doch, daß bald auch er selbst und seinesgleichen allen Grund haben könnten, den Aufenthalt zu wechseln. Seither haben sie das Fürchten gelernt, und Furcht ist als Erziehungsmittel noch zuverlässiger als selbst Neid und Haß.
Die neue sittliche Erziehung umschließt die Furcht und den Haß. Auch verbindet sich die Gewaltanbetung mit der Lust am fremden Leid. Der Rassenstaat verlangt von den Seinen, daß sie den Tod anderer befriedigt mit ansehen. Nichts ist eigentlich berechtigter, da doch »der Deutsche nicht gern im Bett stirbt«, zufolge jenem ulkigen Papen, der seinerseits ungefähr ebenso gebettet ist wie Hugenberg und daher immer ungestümer wird. Richtiger hätte er gesagt, daß der Deutsche, wie im allgemeinen der Mensch, überhaupt nicht gern stirbt, weder im Bett noch anderswo. Allerdings bringt das gegenwärtige »System« ihm Unempfindlichkeit bei. Das geht so weit, daß man, kühl bis ans Herz hinan, die Kranken zugrunde gehen läßt, anstatt ihnen, wie früher, wenigstens etwas Milch zu bewilligen.
Immer steht der famose Göring in erster Reihe, ob das Denunzieren für eine Pflicht gegen den Staat erklärt wird oder ob die Seelen sich verhärten sollen gegen das Schauspiel von Hinrichtungen. Die Republik hatte keine mehr gewollt. Jetzt dagegen werden die längst zum Tode Verurteilten hervorgeholt aus den Gefängnissen, wo man sie absichtlich vergessen hatte, und Göring, so unermüdlich wie morphiumsüchtig, findet für eines noch immer Zeit: das ist, Hinrichtungen zu befehlen.
Die kräftigere Moral, zu der diese Nation angehalten wird, hat noch eine Wirkung. Alle passen sich den amtlichen Lügen an und übernehmen sie. Der Reichstagsbrand ist für die Öffentlichkeit eine Tat von Kommunisten, und die werden sie wohl büßen, obwohl sie nichts damit zu tun haben. Wegen Ermordung eines Sipomannes wird eine Unzahl von Kommunisten qualvoll sterben müssen, an Stelle der Nazis, die, wie jeder weiß, auf den Polizisten geschossen haben. Die Nation glaubt felsenfest an diese Wahrheiten, nur ihre einzelnen Angehörigen halten sie allerdings für schamlose Lügen und teilen dies insgeheim einander auch mit. Ebenso liest man ja auch Bücher, die man verbrannt zu haben behauptet. Eine Moral mit doppeltem Boden, das ist die Höhe dieser Erziehung. Denken und Wissen gibt es nur noch, solange man sich nicht erwischen läßt.
So ist es auch mit den Geisterflugzeugen, die niemand gesehen hat; aber das »System« braucht sie, damit es wirkliche Flugzeuge bauen kann. Dasselbe ist es mit der Rassenlehre, deren Unsinnigkeit fast allen Deutschen auffällt, die Dorftrottel vielleicht ausgenommen. Auch die »Eugenik« wird einigermaßen zuschanden gemacht, wenn eine Nation, aus der alle angefaulten Teile ausgemerzt werden sollen, als Führer ausnahmslos nachweisbare Degenerierte hat. Und die wissen es. Und Göring gibt einen Erlaß von sich, aus dem das schlechte Gewissen spricht, einen Erlaß gegen die Mittel, die er selbst spritzt.
Der laut verkündete Antimarxismus steht in offenbarem Widerspruch zu dem mehr und mehr betätigten Bolschewismus. Auch diesen verkündet man, schmückt ihn aber mit dem Beiwort germanisch. Dann ist alles gut. Die Friedensreden stimmen nicht zu dem Rüstungsgeschrei. Aber eine Politik mit noch so offen eingestandenen Ansprüchen auf Eroberung will doch beileibe keine Kriegspolitik sein.
Übrigens ist die Kriegspolitik auch nicht ehrlicher als die Friedensreden. Der Krieg kommt sicher ganz von selbst, entschlossen war man gar nicht. Er wird entfesselt werden kraft seiner sittlichen Erziehung auf Grund von Lügen. Niemals noch ging eine solche Lügenlawine über eine Nation nieder, fälschte ihr die eigene, jüngste Geschichte und brachte fertig, daß sie alles vergaß.
Die sittliche Erziehung entscheidet über die Zukunft einer Nation und der ganzen Welt. Die Demokratie nur stürzen, heißt noch nichts. Den neuen Geschlechtern mußte auch das Fassungsvermögen abgewöhnt werden für den Begriff des Friedens, für die Begriffe Gerechtigkeit und Wahrheit. Hitler hatte richtig gesagt: »Wir werden ihnen die Kinder nehmen.«
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Hass, der seines gleichen sucht - wie eine Schauspieler Kampagne einen medialen Shitstorm los tritt
Die Kampagne #alles dicht machen von über 50 namhaften deutschen Schauspieler_innen um Jan Josef Liefers hat eingeschlagen, in vielerlei Hinsicht. Diese Schauspieler haben es gewagt sich auf künstlerische Weise kritisch hinterfragend über die Maßnahmen der Regierung zu äußern. Dabei bedienten sie sich ihrer Profession entsprechender schauspielerischer Instrumente wie Ironie und Übertreibung. Man möchte meinen: ENDLICH! Prominente aus der gerade mit am stärksten gebeutelten Branche zeigen endlich einmal Kante, kommen aus der Duckstellung heraus und äußern sich kritisch. Neben sehr viel Lob, erfolgte jedoch auch Kritik. "Oh nein, Prominente äußern sich GEGEN die Maßnahmen, das geht natürlich NICHT!" Oft hört man in diesen Tagen: wer sich öffentlich äußert, der muss auch mit dem Echo leben. So weit, so richtig. Wir leben schließlich in einem freien Land. Der mediale Shitstorm, der angesichts dieser Kampagne ausgelöst wurde, sucht jedoch seines gleichen. Da wird moralisch hyperventiliert und werden schnappatmend berufliche Konsequenzen für eben jene Schauspieler gefordert. Große Medien und Schauspielerkollegen werden nicht müde, die Aktion aufs schärfste zu verurteilen und sich von dieser "dreisten" und "verhöhnenden" Sache zu distanzieren. Gemeinsam stimmt in den Chor ein, dass die Schauspieler ein rechtes Narrativ benutzen würden. "Man spiele den Coronaleugnern und der AfD in die Karten. Der Applaus komme aus der rechten (falschen) Ecke. Ein gefundenes Fressen für Querdenker und Verschwörungstheoretiker." So der einhellige Tenor. Über 50 Schauspieler, die sich vermutlich eher links oder Mitte links verorten lassen, werden plötzlich in eine Ecke mit Nazis gestellt. Es ist das ewig leidige Thema der Kontaktschuld. Und eigentlich möchte man diesbezüglich gar nicht mehr viel sagen, weil dieses Thema einfach nur leidig und nervig ist. Außer, dass es einen sehr faden Beigeschmack hat, wenn Jemand einen anderen Menschen als rechts, als Leugner und Schwurbler diffamiert, laut "Nazi, Nazi!" brüllt und berufliche Konsequenzen fordert nur, weil die betreffende Person eine andere Meinung zur Coronapolitik äußert. Während die empörten, moralisch Erhabenen den besagten Schauspielern eine Spaltung der Gesellschaft vorwerfen, scharen sie im Netz unter ihren "zutiefst enttäuschten und erschütterten" Distanzierungsposts den Hater- und Lynchmob in den Kommentarspalten und werden es nicht müde zu "Labeln", indem sie unreflektiert mit Etiketten à la "rechts", "Coronaleugner", "Querdenker", "AfD-nah" oder "Verschwörungstheoretiker" um sich werfen als hätte es diese irgendwo gratis gegeben. Auf diese Weise machen sie genau das, was sie der "Gegenseite" vorwerfen: Spalten. Die ohnehin angespannte Stimmung aufheizen. Diffamieren. Nur dass sie sich dabei im Recht fühlen, auf der moralisch richtigen Seite. Und nun wurde doch wieder ein ganzer Abschnitt auf dieses "Rechts-links, Oben-Unten" - Schubladen Denken verwendet (Mir geht dieses "jeden Andersdenkenden als 'rechts' betiteln" aber so langsam auch auf meine nicht vorhandenen Eier, kann Euch bitte Mal was anderes einfallen?!). Man fragt sich fast (aber wirklich nur fast! ;)), ob diejenigen, die andere so gewissenhaft in rechte Schubladen einsortieren, selbst im tiefsten Inneren ein kleines bisschen Nazi sind. Ups, hat sie nicht gesagt (tja, hat sie doch).
Werfen wir Mal einen Blick auf weitere Argumente, womit die Aktion schlecht geredet wird:
Kommen wir als erstes zu dem absoluten Totschlagargument:
"Die Aktion verhöhnt die Pfleger und Ärzte, die an der Front um das Leben der Corona Kranken kämpfen und alle Corona-Opfer und deren Angehörige." Okay, also Kritik an den Maßnahmen der Regierung zu üben, schließt NICHT gleichzeitig aus, dass man höchsten Respekt vor der Arbeit des Pflegepersonals und der Ärzte sowie Mitgefühl für Betroffene hat. Diese Argumentations-Linie verbietet eigentlich jegliche Kritik und erstickt jede Diskussion direkt im Keim, was einfach nur Schwachsinn ist.
"Die Schauspieler sind keine Ärzte und haben keine Ahnung von der Thematik und sollten sich deshalb lieber raushalten." Dass die Schauspieler nicht vom Fach sind, verbietet ihnen noch lange nicht, sich eine eigene Meinung über das Handeln der Regierung zu bilden. Außerdem leben wir im Informationszeitalter: Jeder kann sich aus unterschiedlichen Quellen informieren und sich am Ende selbst ein Bild machen. Die Politiker sind im Übrigen auch nicht vom Fach und treffen trotzdem grundrechtseinschränkende Maßnahmen für 83 Millionen Menschen. Die EINE Wissenschaft, welche sich absolut einig ist, dass der beschrittene Weg absolut richtig und alternativlos ist, gibt es übrigens nicht.
Kritik ist ja okay, aber die Art und Weise ging gar nicht!" Nun ja, Satire tut eben auch Mal weh. Und wahrscheinlich ist sie in unserer sehr dünnhäutig gewordenen Gesellschaft gerade schwer auszuhalten. Letztlich sind Ironie und Sarkasmus nur Werkzeuge, die den Finger in die Wunde halten. Und die Reaktionen zeigen: Es wurde ein Nerv getroffen. Und in einer Zeit, in der viele Menschen sich vorkommen wie in einer Realsatire und eine Absurdität die nächste jagt, sind schwarzer Humor und Satire manchmal der einzige Weg diesem Wahnsinn zu begegnen. Mein Vater, Selbstständig und seit einem Jahr arbeitslos durch die hiesigen Maßnahmen, hat's jedenfalls gefeiert. Für ihn war es Balsam für seine durch Corona-Repressionen geschundene Seele. Ich für meinen Teil habe mich auch gefragt, ob Prominente, die sich über die allesdichtmachen Kampagne ausließen, dies auch bei Böhmermanns WDR-Kinderchor taten, wo Kinder die "böse Corona leugnende Oma" singend an's Beatmungsgerät wünschen. Hier war für mich persönlich eine rote Linie überschritten, da Kinder instrumentalisiert wurden und ganz klar nach unten ins Volk getreten wurde, statt nach oben. Zumindest weiß ich nichts von medialem Gegenwind und Kollegen die sich im großen Stil über den (in meinen Augen nicht das erste Mal geschmacklosen) Böhmi echauffiert hätten. Ich habe in diesem Zusammenhang auch viel gelesen bei dem ein oder anderen Promi: "Ich finde ja auch nicht alles gut, was die Regierung macht, aber die Art und Weise von #allesdichtmachen ging gar nicht." Das ist ja löblich, dass ihr auch nicht alles toll findet. Aber meine Frage: WO seid ihr alle? Wo sind eure Stimmen, liebe Prominente? Es gäbe so vieles zu hinterfragen und thematisieren, so viele haarsträubende Ungereimtheiten und politische Verfehlungen. Warum bezieht ihr nicht Stellung? Oder ist es so viel einfacher mit dem Finger auf die zu zeigen, die genau das tun? Zu schreiben: "Ich find ja auch nicht alles toll, aber ..." Und sich damit ja nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen? Ist die Angst zu groß plötzlich auf der anderen Seite als Aussetzige am Pranger zu landen?
"Es wurde nur gemeckert, konstruktive Vorschläge und Ideen für Verbesserungen kamen allerdings nicht." Ich denke nicht, dass Schauspieler in erster Linie die Aufgabe haben, fertig aus gearbeitete 12 Punkte Listen zu präsentieren. Vielmehr haben sie den Auftrag der Gesellschaft auf kreative Weise den Spiegel vorzuhalten. Diskussionen anzuregen und Begegnung zu schaffen. Sie dürfen auch gern ein bisschen ärgern und den ein oder anderen Nerv triggern. Und ich denke das war in aller erster Linie auch die Intention (und so sagt es ja auch Liefers): Zum Nachdenken anregen. Diskussionsräume schaffen. Kritische Auseinandersetzung anstoßen und auf die von der Regierung stiefmütterlich behandelten Opfer der Kollateralschäden aufmerksam machen. Verbesserungsvorschläge und Forderungen können sich immer noch aus den daraus resultierenden Dialog ergeben. Zumal sich zumindest über Liefers sagen lässt, dass er auch in Zusammenarbeit mit der Corona Beauftragten in Tübingen bereits Projekte unterstützt und viel im Austausch mit Personen vom Fach ist.
Abschließend sei zu sagen: Man kann von der Kampagne und den daran teilnehmenden Schauspielern halten, was man will. Es ist Jedermanns gutes Recht, das ganze nicht gut zu finden. Auch in angemessener Weise darüber diskutieren, ist völlig legitim. Das ist ja auch der Sinn der Sache. In's Gespräch zu kommen. Ob es allerdings Distanzierungs-, Empörungs- und Diffamierungsorgien inklusive der Forderungen beruflicher Konsequenzen jenen biblischen Ausmaßes seitens der Medien und Promi-Elite braucht, wie wir es gerade erleben, ist fraglich. Noch viel fraglicher ist, wie die Schauspieler auf Teufel komm raus in die rechte Ecke gedrängt und auf diese Weise konstruktive Diskussionen im Keim erstickt werden, der Diskurs einfach verunmöglicht wird. Wie dem auch sei: Mag die mediale Hass- und Hetzkampagne biblisch gewesen sein: Die überwältigende Anzahl an positiven Reaktionen, die die Negativreaktionen (in Form von Likes und Dislikes) um ein Vielfaches übersteigt, legt nahe, dass Liefers und Co. scheinbar irgendwie, irgendwo ins Schwarze getroffen haben. Es lässt auch vermuten, dass ein Großteil der Menschen sich in diesen Videos wieder finden. Dass diese Videos den Menschen aus der Seele sprechen. Die Aktion war also trotz allem nicht umsonst. Sie hat für Aufruhr gesorgt. Man redet darüber. Liefers kommt in Talkrunden zu Wort. Spricht mit Laschet. Politiker wie Spahn signalisieren Gesprächsbereitschaft. Menschen, die sich nicht gehört fühlen, haben eine Stimme bekommen. Die Kampagne hat etwas bewegt.
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Ein Statement von einem Herrn, dessen Meinung ich teile:
Oh wei.. wo fange ich an? FICKT EUCH. Damit.... AAAALSO. Vorgestern ist ein Freund von mir (27, gesund, keine Vorerkrankungen) aus einem künstlichen Koma geholt worden. Er lag drei Wochen im Koma. Es ging um Leben oder Tod. Er hatte eine COVID Infektion. Jeder, der das Runter spielt und rum heult, weil es ja so wenige treffen würde, und nur die Älteren. Ihr könnt mich mal. Im erweiterten Freundeskreis sind schon 4 Leute daran verstorben die unter 30 sind. (Edit: Zur Verständnis, es ist eine Deutsche, zwei US-Amerikaner und eine Britin) Gesunde, nicht Vorerkrankte. Von den Älteren fange ich jetzt erst gar nicht an. Es sei ja nicht nötig, Mundschutz zu tragen, weil man schwerer atmen kann und bla.
Ganz ehrlich?! Ich war noch nie so direkt. FICKT EUCH. Ihr denkt mit der Einstellung nur an euch. Euch alleine. Alle anderen sind euch SCHEISSEGAL. Wenn das, so ist, dann bringt doch gleich eure Omas, Nachbarn, oder Menschen die gefährdet sind gleich um. Provokativ, oder? Genau so hört ihr euch an. Hat ja schon fast einen Hauch der NS Zeit, wo alle Kranken und Schwachen "entsorgt" wurden. Einmal das Gefühl zu haben Rebell zu sein. Uiiii toll. Fühlt ihr euch jetzt besser? Und für all diejenigen, die sich darüber aufregen, dass IKEA offen hat. Habt ihr euch einmal damit befasst? Ich war letzte Woche im IKEA in Köln Butzweiler Hof. Draußen war über eine Stunde anstehen angesagt. Alle haben Abstand gehalten. Drinnen war so leer, wie an einem regulären Dienstag Morgen. Sie haben nur ganz wenige Menschen rein gelassen. Überall waren Desinfektionsstände, fast alle haben Mundschutz getragen. (Die Pflicht war noch nicht in Kraft)
Und ihr seid einsam, ja, das verstehe ich. Aber es wird nichts unmenschliches Verlangt. Ja es läuft nicht alles glatt auf Regierungsebene. Es kann viel verbessert werden. Ja, sehe ich alles. Aber habt ihr euch mal in der restlichen Welt umgesehen? Ihr heult auf so hohem Niveau rum, ich KANN und WILL es nicht mehr sehen. Reisst euch doch mal zusammen. Seid ihr wirklich solche MIMIMIS? Stellt euch vor, es wäre in den 90ern gewesen. Kaum / Kein Internet, Nur ein paar TV Sender. Kein Amazon das nach Hause liefert, Kein Handy, Kein Whatsapp usw. Und Verwandte die man nur für Gebühren pro Minute hätte anrufen können. Heute, Flatrate zum Telefonieren, Videotelefone, Online Konferenzen, hunderte von TV Sendern für jeden Geschmack, Netflix, Amazon, Disney Plus, Entertain, Maxdome, Youtube, Facebook. Alles, was euch abverlangt wird, ist einfach zu Hause zu bleiben. Lest Bücher, Offline oder online, Lernt eine Sprache online. Telefoniert. Schreibt. Musiziert. Macht dass, wozu sonst keine Zeit war. Hausputz. Basteln mit den Kindern. Yoga. Bildet euch fort. Seid kreativ. Jetzt habt ihr Zeit.
Ja, ich sehe die Sorgen, dass man vllt. Verfassungsrechtliche Bedenken hat, wie einiges los getreten wurde. Es musste schnell gehandelt werden und sowas gab es nunmal bisher in unseren Bundesdeutschen Geschichte nicht. Aber unsere Staatlichen Strukturen sind so angelegt, dass Opposition genug Möglichkeiten hat, gegenzusteuern wenn etwas in Schieflage gerät. Unsere Demokratie muss erst lernen, wie sie in solchen Szenarien sich bewegen muss. Learning by doing. Auf dem Papier gab es Szenarien, wie man damit umgeht. Aber ist halt Theorie. Praxis ist oft anders. Hört auf zu Bashen.
Ich finde es auch nicht gut, wie Politiker sich nun mit Öffnungsvorschlägen übertrumpfen, um im kommenden Wahlkampf im Herbst als "Helden" darzustehen. Wenn Schüler als Versuchskaninchen herhalten müssen. Und Uneinigkeit in der Politik zu Verwirrung in der Bevölkerung führt.
Und ihr fühlt euch im Polizeistaat? Ehrlich? Fragt eure Urgroßeltern nach der Gestapo. Das ist Polizeistaat. Fragt ehemalige DDR Bürger. Die werden euch was von Polizeistaat erzählen können, oder Menschen in Totalitären Regimes. Fragt Menschen die unter Gaddaffi gelitten haben oder anderen Diktatoren. Chaocesco. Wo Nachbarn sich denunziert haben und dann Menschen verschwunden waren und nie wieder auftauchten. Das ist ein Polizeistaat.
Und zum Thema: uiiii ARD und ZDF werden von der Merkel gesteuert und berichten nicht frei. Hat man euch das Gehirn amputiert? Sachen hinterfragen, okay ja kann jeder. Aber gleich so eine Verschwörung zu machen? Wie oft bekommt die Regierung von Sendungen wie HeuteShow, und Investigativen Formaten auf die Schnauze? Jedes mal , wenn Politiker versucht haben, Einfluss zu nehmen, haben ARD WDR und ZDF das auch öffentlich gemacht. Googelt mal. Das hat einige Politische Karrieren beendet. Ich kenne auch einige die in den Öffentlichen und in den Medien arbeiten. Da gibts keine Verschwörung. Geht mal nach Ungarn, da habt ihr Staatsgelenkte Medien. Ja, in den Öffentlich Rechtlichen sind auch schon Fehler passiert. Warum? Weil dort Menschen arbeiten, die auch mal Fehler machen. Aber gleich von Verschwörung zu reden?
Einmal weniger RTL, RTL2, Welt, Epoch Times, Rechte Verschwörungsseiten, Sputnik, RT Today, RT Deutschland, FOCUS konsumieren. Hirn einschalten. Quellen gegen checken. Ist diese Quelle Seriös? Was schreiben andere, über diese Quelle? Wer ist im Impressum? Wer ist diese Person. Wer ist der Autor? Welche Artikel sind sonst noch veröffentlicht? Welchen Hintergrund hat diese Person? Ist sie nur Friseur oder ein gelernter Journalist? Hat diese Person vllt mal für eine Seriöse Quelle gearbeitet und wurde vllt. entlassen, weil diese Artikel verzerrt oder erfunden hat? Ist sie durch Rassistische Äußerungen aufgefallen? Wir alle haben jetzt alle etwas Zeit. Also nehmt sie euch, um Sachen zu checken. Wir alle haben ein Recht auf Meinung. Meinungen können sehr unterschiedlich sein, ja auch kontrovers. Aber wir haben nicht alle Anrecht auf unsere eigenen Fakten. Was dabei rumkommt, sieht man ja bei Trump, Bolsonaro, Orban.
Youtube channels und Videos die gesperrt / gelöscht werden, werden das aus gutem Grund. Das hat nichts mit Verschwörung zur Verdeckung irgendwelcher vermeintlichen Wahrheiten zu tun und auch nichts mit Zensur. Es ist einfach der Versuch, gegen Falschmeldungen vorzugehen. Hier geht es um Menschenleben.
Man kann ja mal in die USA gucken, was passiert, wenn sowas nicht gelöscht wird. Rush Limbaugh (konservativer bekloppter), "Radiomoderator", der Meldungen und Videos verbereitet, COVID ist hier weil die Schwulen und Lesben dran schuld sind. Und es gibt genug Bekloppte die das glauben. Da wird sowas nicht gelöscht. Wo aufgerufen wird Schwule zu verprügeln.
Also einfach mal die FRESSE HALTEN. Warum ich so vulgär und laut bin? Weil die kleine, dumme Minderheit, die so viel Schund teilt (Ein Arzt der dem RKI widerspricht Videos/Artikel zB) so laut ist.
Plötzlich sind alle zu Statistikexperten avanciert. Alle sind plötzlich Virologen. Wenn ihr Krebs habt, glaubt ihr dem Onkologen und nicht den Zahnärzten oder?? Wenn 40 Ärzte sagen, ja ihr habt Krebs. Glaubt ihr dem einen, der sagt: "Ne, alles gut, machen sie so weiter!"? Also einfach mal die Schnüss halten und ruhig bleiben. Ist beim Klimawandel - nebenbei bemerkt - nicht anders. Ihr hört euch an wie diese Klimagegner. Gemeinsam kommen wir da durch. Und Egoismus hat noch nie was gebracht.
Ich verstehe auch die Eltern, die von ihren Kindern genervt sind. Lagerkoller, das verstehe ich total. Ist nicht einfach. Aber ein Teil (betone hier TEIL !!!) der Eltern erlebt nun, wie verzogen ihre Kinder sind. Das ist selbst verschuldet. Sie sehen nun dass, was vorher entweder nicht gesehen werden wollte, oder konnte, weil die Kids nie zu Hause sind, nur on Tour.
Einige sagen, es kann ja nicht so schlimm sein, sind ja nicht so viele Betroffen. Ja. Weil die Maßnahmen greifen und sich Gottseidank auch ein Großteil der Bevölkerung an die Auflagen hält.
Einige haben Angst um ihre Arbeit, ihre Zukunft. Sie sind mit ihren Ängsten nicht alleine. Wir sind ein Sozialstaat. Wir haben Auffangnetze für fast alle. Ja, es fallen einige durch, und ich selbst, weiss davon ein Lied zu singen. Aber es wird für alle gesorgt werden. Wir werden den Gürtel enger schnallen müssen, ja. Einige Firmen werden es - leider - nicht überleben. Aber es wird weitergehen. Kauft im Laden bei euch im Stadtviertel ein. Nicht bei Amazon ein. Unterstütz lokale Landwirte. Und nicht die Zwiebelbauern am anderen Ende der Welt, weil dort die Zwiebel 3ct. Günstiger ist.
Uns geht es im Verhältnis noch gut. Also alle zusammenreissen. Gegen Nazis. Gegen Verhetzung. Gegen Verschwörung. Für Gemeinschaft. Für Zusammenhalt. Für uns alle.
Danke.
PS: Rechtschreibfehler, die ihr findet dürft ihr behalten. An der stelle zitiere ich Trappatoni: "Ich habe fertig!"
Nachtrag: Ja, leider kommt es immer häufiger zu häuslicher Gewalt, da viele Frauen nicht räumlich ausweichen können. Unterstützt indem ihr genau hinhört, wenn nebenan es laut war, ruft Behörden, klopft an der Tür, helft. Das ist ein sehr schlimmes Problem was auch nur in der Gemeinschaft gelöst werden kann.
EIN SCHÖNER NACHTRAG: Der junge Kerl in dem Bild schreibt vorhin: "Heute war Tag X, ich durfte die Intensivstation verlassen und wurde auf die normale Station verlegt. Als ich rausgerollt wurde jubelten und winkten alle Pflegekräfte und klatschten mich ab. Ein emotionaler und schöner Moment den ich niemals vergessen werde. Normalerweise verlassen die COVID Intensivpatienten die Station im Leichensack - ich war auch kurz davor und das ohne irgendwelche Vorerkrankungen. Ich hätte niemals gedacht, dass es mich so weghaut. Man sieht ja sonst die ganzen corona positiv Menschen zu Hause sitzen und Tee trinken und nicht im Krankenhaus.
Ein herzlichen Dank an alle Ärzte und Pfleger die so einen tollen harten Job machen und stets freundlich agieren und mir das Leben gerettet haben. Und nochmals danke an alle die mir geschrieben haben auf allen Kanälen. Selbst per Post."
(Noch) Ein Nachtrag in eigener Sache: Da dieser Artikel scheinbar häufig geteilt wird, und einige meine "F" Worte nicht toll finden: Eigentlich benutze ich solche Sprache in Postings nicht, aber das Maß war einfach voll. Es sollte in meinem Bekanntenkreis einigen klar machen, dass ich genug habe und einfach nicht mehr hören kann, wie fake doch alles ist, und dass das alles nicht so schlimm sei. Danke
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Hanna und ihr Nazi Vater
Die Klingel läutet, Hanna geht zur Tür und traut ihren Augen nicht. Vor ihr steht ein großer schwarzer Mann, Hanna schlug sofort die Tür zu und rief nach ihren Eltern. Sie schrie:,, Papa da steht so ein schwarzer Mann, von den du mir erzählt hast vor der Tür!'' Ihr Vater war ein großer Mann mit einer Glatze und vielen Tattoos, ihr Vater ging an die Tür und fragte was ein Mann wie er auf seinem Grundstück zu suchen hat. Der unbekannte Mann an der Tür erwiderte, er sei der neue Nachbar. Hannas Vater schlug die Tür vor dem unbekannten Mann zu und rief, verlass sofort mein Grundstück! Hannas Vater schaute zu Hanna runter und erklärt ihr das sie gut gehandelt habe, dieser Mann sei böse und möchte nichts gutes für sie. Hanna verstand das aber nicht, Hanna fragte warum? Du hast mir von Männern wie ihm erzählt, aber er hat doch nichts gemacht außer sich vorzustellen? Hannas Vater wurde wütend und schrie sie an, schickte Hanna auf ihr Zimmer und ging mit ein Bier zurück in seine Garage. Hannas Vater ist der Chef einer Nazi-Gruppierung, der Gruppierung, der Orden. Es ist unschwer zu erkennen, ihr Vater trägt Tattoos, die man klar mit der Rechtsextremen Szene in Verbindung bringt.
Mittlerweile ist Hanna wieder in ihrem Zimmer, sie überlegt was der Mann falsch gemacht hat, dass ihr Vater so unfreundlich war. Papa sagt immer das schwarze Männer Vergewaltiger sind, aber dann hätte er doch nicht freundlich vor mir gestanden und Hallo gesagt? Es wurde Abends und Hanna legte sich ins Bett, morgen ist der erste Schultag, Hanna ist sehr aufgeregt und schläft deshalb wenig.
Am nächsten Tag ist es soweit, Hannas erster Schultag. Die Schule ist von Hanna nicht sehr weit, weshalb ihr Vater Hanna zu Fuß zur Schule bringt, der erste Tag vergeht, Hanna gefällt die Schule. Hanna ist eine gute Schülerin, die ersten 2 Jahre vergehen, es ist jeden morgen das selbe, sie macht sich fertig, packt ihre Schultasche, putzt ihre Zähne, gibt ihrer Mutter einen Kuss und geht mit Papa zur Schule, nach der Schule wartet ihr Vater pünktlich bis sie raus kommt und geht mit ihr zurück. Als das Schuljahr der 3. Klasse beginnt geht Hanna von nun an alleine zur Schule. Ihr Vater meint sie ist mittlerweile Alt genug um den Schulweg alleine zurück zu legen, doch ihr Vater hat ihr Regeln aufgestellt. Hanna geht auf direkten Weg zur Schule, sie grüßt morgens nicht den unbekannten Mann, wenn er zur Arbeit fährt und auf dem Rückweg gilt das selbe, keine Umwege. Als Hannas Vater ihr die Regeln nannte, fing Hanna wieder an zu Überlegen, was hat Papa gegen diesen Mann? Er wohnt doch schon seit 2 Jahren neben uns und wir hatten nie ein Problem mit ihm? Es wäre so als wäre er gar nicht da gewesen. Hanna fand das unfair, warum durfte sie den Nachbarn nicht grüßen? Er war bisher immer nett zu Hanna, wenn ihr Vater nicht dabei war und in Anwesenheit von ihm war er immer still und schaute nicht einmal hoch. Hanna ging also am ersten Schultag alleine zur Schule und als sie vor die Haustür tritt steht der unbekannte Nachbar vor seiner Garage und ging zum Auto. Hanna überlegte, soll sie ihn jetzt trotzdem grüßen? Immerhin ist ihr Vater nicht da, sie traute sich aber nicht und dachte daran, was passieren würde, wenn Papa das herausfindet. Er ist schon immer so sauer, wenn er im Fernsehen Menschen sieht die so sind wie unser Nachbar. Hanna ging zur Schule und der Nachbar fuhr an ihr vorbei, an der Schule angekommen sieht Hanna das Auto des Nachbarn und wundert sich. Hanna geht in ihre Klasse und ihr Nachbar steht mit einem Schwarzen Kind in Klasse, die Lehrerin begrüßt die Klasse und teilt ihnen mit, dass sie einen neuen Schüler in der Klasse haben, Patrick. Der Sohn des Nachbars, die Lehrerin erklärt, dass er jetzt bei seinem Vater lebt und nun in die Klasse geht. Patrick sitzt in der letzten Reihe ganz außen, Patrick war ein eher ruhiger Junge und er kannte niemanden in der Schule. Die Lehrerin bat einige aus der Klasse Patrick doch die Schule zu zeigen und ihn gut aufzunehmen. Hanna ging nach der Stunde zu der Lehrerin und fragte warum so einer wie Patrick in ihrer Klasse sei, immerhin ist er ein Vergewaltiger. Ihre Lehrerin dachte sie habe sich verhört und fragte wie Hanna das meine. Hanna erklärte ihr dann was ihr Vater, Hanna zu solchen Menschen erzählt habe. Die Lehrerin war entsetzt und erklärte Hanna, dass die Hautfarbe eines Menschen nichts mit dem Wesen des Menschen zu tun hat, es sei lediglich die Haut die eine andere Farbe hat. Hanna war nun völlig verwirrt, doch sie ging wie es ihr Vater gesagt hat auf direktem Wege nach hause. Zuhause angekommen hört sie ihren Vater herumschreien und Fluchen. Sie ging zu ihrem Vater und sah das er am Telefonieren ist. Er sah Hanna, wurde ganz ruhig und lag einfach auf. Er schaute Hanna an und fragte ob es ihr gut geht, ob Patrick ihr etwas getan hätte, oder Patrick versucht habe mit ihr zu reden. Hanna verneinte dies und erzählte ihrem Vater von dem Gespräch mit ihrer Lehrerin. Ihr Vater erwidert, dass er grade mit der Lehrerin telefoniert hat und sie soll nicht auf das hören, was die Lehrerin sagt. Ihr Vater schickte Hanna in ihr Zimmer wo sie ihre Hausaufgaben machen soll und ging vor die Tür. Der Nachbar und Patrick fuhren im selben Moment mit dem Auto in die Einfahrt, sie haben noch mit der Schulleitung einige dinge besprochen.
Hannas Vater stürmte auf den unbekannten Nachbarn zu und packte ihn auf Kragen, schaute Patrick an und schrie geh zurück in euer Loch! Der Nachbar japste nach Luft und sagt zu Patrick, er solle in das Haus gehen, es sei alles gut. Patrick lief ins Haus und knallte die Tür hinter sich zu.
Hannas Vater bedrohte den Nachbarn, wenn Patrick versucht mit Hanna zu reden, dann sorgt er dafür, dass Patrick nicht mehr zur Schule gehen kann.
Der Nachbar drückte Hannas Vater von sich weg und schrie, jetzt hören sie mir mal zu! Ich lebe hier mit meinem Sohn, weil meine Ex-Frau kürzlich verstorben ist und ich bin so weit auf Abstand gegangen wie es nur ging, ich schaue sie sogar nicht einmal an, wenn wir uns begegnen. Allerdings wenn es um mein Sohn geht, stecke ich nicht zurück, nicht bei einer Sache! Außerdem, was kann ihre Tochter oder mein Sohn dafür, dass sie ein Problem mit meiner Hautfarbe haben? NICHTS! Also lassen sie meinen Sohn und mich in Zukunft gefälligst in Ruhe!
Hannas Vater schlug dem Nachbarn in sein Gesicht und schrie, dass du so mit mir redest wirst du noch bereuen! Drecksvolk! Ihr seid zu nichts zu gebrauchen, ich habe dich hier geduldet, doch das reicht mir jetzt! Sehe ich das du Hanna nur anschaust, wirst du danach nie wieder sehen können! Ihr seid doch alle nur scheiß Sozialfälle, Vergewaltiger und Schmarotzer!
Hanna beobachtete das alles von ihrem Fenster aus, Hanna hatte angst vor ihrem Vater bekommen, ihr Vater schlug einen Mann ohne Grund, Hanna überlegte wieder, er habe seinen Sohn doch lediglich von der Schule abgeholt. Warum hasst Papa unseren Nachbarn denn so?
Hanna versuchte den Vorfall schnell zu vergessen und tat so, als hätte sie das alles gar nicht mitbekommen und macht weiter ihre Hausaufgaben. Ihr Vater kam in ihr Zimmer und versicherte Hanna, dass sie keine Probleme mehr mit dem Nachbarn haben wird. Hanna verstand das schon wieder nicht, sie hatte doch gar keine Probleme mit dem Nachbarn? Hanna wollte endlich Gewissheit, als ihr Vater sich Nachmittags zum Schlafen hinlegt, ging sie rüber zu dem unbekannten Nachbarn. Hanna klingelt. Patrick macht die Tür auf, Hanna begrüßte Patrick und fragte nach Ihren Vater. Der unbekannte Nachbar ging an die Tür, als er Hanna sah schreckte er zurück und schaute nach Hannas Vater. Hanna fragte den Nachbarn:,, warum hasst mein Vater dich so?'' Der Nachbar verstummte, nach einigen Sekunden sagte Patrick, Hallo Hanna, dass ist nicht das erste mal, dass so was passiert, Papa ist das gewohnt, Menschen haben Angst vor uns, weil wir anders aussehen hat Papa mir erklärt. Hanna erwiderte, aber warum denn? Du bist doch wie ich, oder ist noch etwas anders an dir? Patrick wollte grade antworten, da sagte Patricks Vater, dass Hanna sofort wieder zurück gehen soll, es sei besser für sie und sie soll ihrem Vater nicht sagen, dass sie hier war.
Am nächsten Tag, begrüßte Hanna, Patrick. Sie verstanden sich sehr gut und spielten in den Pausen zusammen. Nach der Schule holte der Nachbar Patrick von der Schule ab und Hanna ging wieder nach Hause. Patrick erzählte seinem Vater das er heute in der Schule viel mit Hanna gemacht hat und sein Vater meinte, dass er aufpassen soll, dass Hannas Vater das nicht mitbekommt. Hanna verschwieg ihrem Vater die anbahnende Freundschaft zu Patrick. Die Tage vergingen wie jeder andere, es gab bisher keine weiteren auseinander Setzungen zwischen den beiden Familien. Hanna und Patrick wollten sich, am nächsten Tag nach der Schule zum spielen wiedersehen. Hanna meinte komm doch um 15 Uhr mal raus, da schläft Papa immer. Hanna ging also um 15 Uhr raus, ihr Vater schlief und bekam von all dem nichts mit. Hanna und Patrick trafen sich dann immer häufiger nach der Schule. Nach etwa 2 Wochen, wartete Hanna wieder bis ihr Vater schlief und schlich sich raus, Hanna und Patrick spielten allerdings so lange draußen, dass ihr Vater bereits wieder wach war, als er nach Hanna sehen wollte war sie nicht mehr da. Er rief bei Hannas Freundinnen an, seine Frau und Hannas Lehrerin, ob sie wüssten wo Hanna sei. Als alle diese Frage verneinten, schoss Hannas Vater sofort der unbekannte Nachbar in den Kopf und stürmte rüber. Der Nachbar erklärte, dass er nichts wüsste, Patrick aber auch weg sei und er ihn nirgends auffinden kann. Hannas Vater war sich sicher, dass Patrick Hanna zu irgendetwas verleitet habe. Er rief seine ganze Gruppierung zusammen um nach Hanna zu suchen. Doch ohne Erfolg, Hanna und Patrick fiel auf, dass es schon sehr spät geworden ist und beide gingen nach Hause. Zuhause angekommen, sehen sie die Polizei, die ganze Gruppierung Hannas Vaters und eine Lautstarke Auseinandersetzung beider Seiten. Hannas Vater entdeckte Hanna und lief sofort zu ihr. Er schrie auf, da ist sie, mit diesem Patrick, Hanna Schatz, komm her, was hat dir dieser Patrick angetan? Hanna fing an zu weinen, Patrick lief zu seinem Vater. Hanna schrie ihren Vater hat, nichts Papa, Patrick ist mein Freund, wir spielen schon länger zusammen. Mir geht es gut und Patrick auch! Hör doch endlich auf damit! Hannas Vater schaute Hanna nur an und schlug sie. Die Polizei schritt sofort dazwischen. Hannas Vater schrie sie an, wie kannst du, du kennst doch die Regeln, dass sind schlimme Menschen, irgendwann wirst du das noch verstehen! Die Polizei verständigte das Jugendamt, Hanna wurde noch am selben Tag zu ihrer Tante gebracht. Ihr Vater musste sich vor der Polizei verantworten, wegen Häuslicher Gewalt gegenüber seiner Tochter. Hanna lebte von nun an bei ihrer Tante, ihr Vater bekam eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten und ihm wurde das Sorgerecht entzogen.
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Cayman liest > Sibylle Berg > Literatur > “Über das Reisen an schlimme Orte
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ERSTER AKT DER REISE
In dieser Gegend von Italien oder Spanien oder sonstwo, wo eben ständig die Sonne scheint, es irgendwie mediterran aussieht und einen an all diese unsäglichen Heilewelt-Zuckerguss-Überzogen-Reportagen, auch bekannt als „MARE TV“ erinnert...
Da brackert gerade jetzt, in diesem Moment ein Reisebus ohne Partikelfilter über die Landstraße...
Dieser mattschwarz-folierte Kilometerfresser-Schrotthaufen hat aber nicht nur keinen Partikelfilter, er scheint nicht einmal mehr einen Auspuff zu haben, an den man so ein Partikelfilterteil dranschrauben könnte...
Auch Radkappen, funktionierende Rücklichter, Bremslichter oder zumindest nur eine einzige Stelle an der Karosserie, die nicht von Schrammen, Dellen, Beulen und Kratzern befleckt ist, hat dieses dunkle Ungetüm, welches unentwegt schwarzen Qualm in der Landschaft hinterlässt noch vorzuweisen...
Dass am rechten Hinterrad zwei der Bolzen Fehlen, welche die Räder davon abhalten sollen, das von ihnen getragene Fahrzeug eigenmächtig zu überholen und auch den „We Hate Everything“-Aufkleber an der Motorklappe am Heck ignorieren wir mal geflissentlich...
Dieses Horrormobil von einem Pauschalreisebus welches unter der Flagge des Busunternehmens „FRAUBERG-Reisen“ - Motto: „SIE HABEN ES NICHT BESSER VERDIENT!“ läuft, ist wie bereits erwähnt, mattschwarz Foliert. Wobei die vielen Kratzer und Schäden am Fahrzeug das Giftgrün der Vorbesitzerfirma verraten und der Bus sich zusätzlich durch seine kreischenden Bremsen und die regelmäßigen Fehlzündungen schon von weitem bemerkbar macht...
Im Inneren des Busses, da hat man sie zusammengepfercht: DIE PAUSCHALTOURISTEN!
Sie schwitzen, sie stinken vom schwitzen, wodurch sie noch mehr schwitzen, sie trinken lauwarmes Wasser aus schweißverschmierten Wasserflaschen, wodurch die noch mehr schwitzen und stinken, manche schlafen und schnarchen und schwitzen, während die japanische Reisegruppe die karge Landschaft fotografiert, die sich endlos vor den dreckigen Busscheiben fortbewegt...
Die Klimaanlage ist kaputt, das war schon so, als man den Bus gekauft hat. Auch der Sitz vom Fahrer ist kaputt, er macht bei jedem Schlagloch wippende Geräusche, die an schlechten Sex in einem kaputten Bett erinnern. Die Sitzbank ganz hinten fehlt, die wurde geklaut und auch die letzte Durchsuchung vom Zoll hat im Innern seine Spuren hinterlassen...
Ganz vorne, neben dem Fahrer erhebt sich nun Reiseleiter Cayman von seinem Sitz...
Er macht sich weder die Mühe, sein zerknittertes Hemd glattzustreichen, noch, den offenen Hosenstall zuzuziehen oder die falsch gebundene Krawatte geradezurücken...
Mit lustloser Hackfresse sagt er:
„Herzlich willkommen bei FRAUBERG-Reisen!
In Kürze werden wir an unserem Ziel, dem Pauschalhotel... Äähhmm... PALOMA DÈ IRGENDWAS... Ankommen!
Die Kimaanlage ist wie schon gesagt im Arsch... WLAN gibt es hier in dieser Gegend nicht...!
Und die komischen Geräusche, die wir die ganze Zeit aus dem Heck hören, das ist die Motoraufhängung!
Und wenn Sie links aus dem Bus gucken, dann sehen Sie Felsen und trockenes Gras...!
Wenn sie rechts aus dem Fenster gucken, dann sehen Sie Felsen und trockenes Gras...!
Wenn Sie durch Front- oder Heckscheibe gucken, dann sehen Sie die verdammte Straße...!
Und wenn Sie noch Fragen, Beschwerden oder einen medizinischen Notfall haben...!
Dann wenden Sie sich BITTE NICHT an mich!
Selber schuld, wenn man seine Reise für neunundzwanzig Euro bei ALDI bucht!“
Ein paar der Japaner schießen ein Foto von Cayman, ein offensichtlicher Influencer schießt ein Selfie mit sich und Reiseleiter Cayman im Hintergrund, eine dicke, nassgeschwitzte Frau weiter hinten schnarcht und hat immer wieder Drei-Sekunden-Abnöe-Aussetzer...
Während Reiseleiter Cayman sich wieder hinsetzt, murmelt er leise:
„Vollidioten!“
Dann gibt der Fahrer Gas, eine dicke, schwarze Qualmwolke nebelt die Landschaft hinter dem Bus ein und lässt erahnen, dass auch der Rest dieser Reise nicht mehr sehr viel besser werden wird...
Dann verschwindet der Bus hinter der nächsten Kuppe...
Cayman liest
Dieses Mal:
Sibylle Berg
“Wunderbare Jahre - Als wir noch die Welt bereisten”
„Travel well, to stop in Hell“
Sibylle Berg : Die menschgewordene Antimaterie
„Wer hat Angst vor Sibylle Berg?“ - Lautet der Titel einer biografischen Reportage über Sibylle Berg, welche vor nicht all zu langer Zeit auf 3Sat zu sehen war. Und auch wenn die Ansagerin von 3Sat gleich im liebevollem Ton meinte: „Nein, keine Sorge! Sibylle Berg tut nichts, die will nur mies machen und aufrütteln! Eine Reportage über eine ganz und gar großartige Frau und ihre einzigartige Karriere...“
Das mit dem „Angst machen“, ist bei manchen Leuten so eine subjektive Sache.
Bei manchen Leuten, da kommt es manchmal schon alleine darauf an, wo man sie zu welcher Uhrzeit antrifft.
Ob man sie tagsüber in einem pseudoantiken, hippen Cafè antrifft, wo Doppelfrappuchinos mit Crisptendered-Lowfatmilk für zehn Euro der Mehrwegbecher serviert werden...
Oder ob man ihnen auf einmal mitten in der Nacht im Stadtpark begegnet, ohne Vorwarnung...
Der Ruf macht die Figur – Ort und Zeit untermauern sie.
Frau Berg hat für sich für Selbestbenennungen wie „Giftspritze“, „den Dolch Im Rücken der hirnlosen Spaß- und Konsumkulturgesellschaft“.
Und seit dem Aufkommen des Rechtspopulismus, auch die Rolle des menschlichen Wadenkrampfes im springerstiefelbeschwerten Laufapparat der leidergottes neuerstarkten, rechten, sogenannten „Politischen Landschaft“ etnschieden.
„NICHTS KONSUMIEREN, MIT NIEMANDEM FICKEN, ALLES HASSEN!“ - Titelte irgendein Kulturverschüttetes Kunst- und Kulturmagazin im Fernsehen, nachdem „GRM“, das aktuelle Buch von Frau Berg herauskam.
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Und joaaaarrr... Das kann man, bei vielen Texten, Kolumnen und Ausführungen der „Blair Witch des Kapitalismus“ so unterschreiben. Der Kapitalismus als In-Steingemeißelte-Und-Goldbemalte Schutzmauer des modernen, wohlstandsverwahrlosten, angstzerfressenen, filterblasenbenebelten, postfaktisch-gehirngefickten, dauerjammernden, sich selber versklavenden ENDZEITKAPITALISTEN – Einer der Todfeinde von Frau Berg.
Neben den Faschos, den Machos und den dauerjammernden Arbeiterameisen, welche im Schlaglicht ihrer eigenen, sinnbefreiten Existenz die jeweils Schwächeren (Flüchtlinge, Arbeitslose, Behinderte, Anderssexuelle...) als Sündenböcke missbrauchen, um sich in ihrem Dasein zumindest für ein paar Augenblicke zugehörig und groß fühlen zu können. Auch „WUTBÜRGER“ genannt. (Wobei es da je nach Wutbürgertyp und natürlicher Umgebung natürlich facettentechnische Unterschiede gibt!)
All diese Vertreter und ihre Auswüchse überschüttet sie nur zu gerne mit mentaler, menschlicher, philosophischer und gerne auch antikapitalistischer oder zumindest „wachstumsfeindlicher Terrorpropaganda“ (Wie es vermutlich jemand wie Christian Lindner von den Freien, Geldgeilen Demokraten“ ausdrücken würde)
Wobei die Faschos, die „DAS-WIRD-MAN-DOCH-WOHL-NOCH-SAGEN-DÜRFEN-!-!-! - Sagendürfer“, die AfDler, die Gartenzaun-Nazis, die Pantoffel-Hitler und all die anderen, rechten bis beschbraunen „Unterrassen“ des modernen, rechten Populismus genauso auf Frau Bergs Abschussliste stehen und regelmäßig verdient mit ebenfalls hektoliterweise „Sprachlicher Finsternis“ übergossen werden...
Dabei ist Frau Berg keine „Hasspredigerin“, die gegen alles und jeden giftet, einfach weil sie alles und jeden scheisse findet. In „GRM“, so sagte sie bei „Stermann und Grissemann“, wolle sie sich mit der Frage außeinandersetzen: „WAS WOLLEN ALLE DIESE GRUPPIERUNGEN DENN EIGENTLICH? - Was wollen die Linken? Was wollen die Faschos? Was wollen die Kapitalisten? Was will der ganze Rest oder auch nicht? Und was tun sie oder auch nicht, um das zu bekommen, was sie eigentlich wollen?“
Hinter dieser düsteren, oftmals kratzbürstigen, gerne bitterbösen, menschlichen Antimaterie, steckt viel mehr, als diese Frau, die auf „SPOON-Online“ jeden Sonntag die dortige Community in die einzigen zwei Bestandteile aufspaltet, aus der diese nun einmal zu bestehen scheint... (Wütende, grenzdebile Hater und „Weiter so!“-Rufer).
Sibylle Berg ist viel mehr, als diese Frau auf dem schwarzweißen Profilbild bei SPIEGEL-Online, auf dem sie so aussieht, als sei sie in dem Moment gerade vom Ladendetektiv beim Klauen erwischt mit der Sofortfilm-Kamera bei höchster Blitzstufe fotografiert worden...
Sie lebt zwischen Zürich und Tel Aviv, sie schreibt Romane, Essays, Kolumnen und Theaterstücke UND sie hat die Welt bereist... Also als man das noch konnte, wie sie es in dem nun hier sezierten Buch mit seinen bitterbös-wahren Reisegeschichten ausdrückt.
Ist die Welt komplett geisteskrank geworden? Oder war die Welt schon immer so, nur uns ist es jetzt erst aufgefallen? Und wann ist es uns aufgefallen? Als die Twin Towers von Flugzeugen umgenietet wurden? Als der Islamische Staat mit seinen schwarzen Toyota-Pickups pausenlos durch die Nachrichtenlandschaften kurvte? Als wir anfingen, uns in unseren eigenen, kleinen Filterblasen in den Social Networks gemütlich zu machen?
Oder passiert da gerade etwas? Etwas, von dem noch keiner weiß, weil es keiner unter Kontrolle hat, was es am Ende mit uns allen macht? Mit der Welt?
Für Sibylle Berg wurde der Blick auf die Welt, insbesondere auf ihre Welt ein anderer, als eines Abends jemand in Tel Aviv, praktisch vor ihrer Haustür den Entschluss traf, genau jetzt eine Maschinenpistole herauszuholen und seinem Wahnsinn freien Lauf zu lassen...
Dahingehen, wo es scheisse ist...
Der gemeine Pauschaltourist, der gemeine Istagrammer auf Urlaubs-/Selfietour und alles andere, was so von der Urlaubsindustrie von A nach B gekarrt wird, will nicht lange über etwas nachdenken, sich großartig mit etwas beschäftigen und sich schon mal gar nicht fragen, was das mit den Leuten und den Ländern macht, die man da gerade mit Selfiestangen, Fotokamera, flüchtiger Aufmerksamkeit und einer All-Inclusive-Deluxe-Package-Karte fürs Hotel- oder Bordbistro bewaffnet, heimsucht.
„Die sollen mal froh sein, dass wir Urlauber hierher kommen! Sonst hätten die hier doch gar nichts zu fressen!“
Ist so einer dieser selbstgerechten, selbstverliebten und humanistisch verlogenen Sprüche, welche das gemeine Tourismusmaterial gerne zum eigenen Schutz vor seiner eigenen Arschigkeit absondert, wenn man ihm die Frage nach der Moral und der Nachhaltigkeit vorhält.
ER, der aus der Zivilisation, der reichen, meist weißen und in allen kulturellen Belangen auf alle Fälle wesentlich weiter entwickelterer Homo Sapiens, aus der Welt des Endzeitkapitalismus ohne Scheu und ohne Moral ist natürlich stets der Überzeugung, dass dieses primitive Volk, welches er gerade in Grund und Boden beurlaubt, gefälligst DANKBAR SEIN SOLL! Man bringt schließlich Geld in die Kassen und die Taschen der Eingeborenen!
Die sollen sich mal nicht so haben! Ja! Auch wenn die immer noch in Holzhäusern hocken, diese komische Sprache brabbeln, die keine Übersetzerapp geschissen bekommt, Insekten fressen und sich vermehren wie die Ratten! Sollen die doch froh sein! Ohne uns Touris säßen die doch total auf dem Trockenen! Den ganzen Plastikmüll? Ach guck dir doch die Verpackungen an! Alles diese Brabbelsprache drauf abgedruckt! Wir essen und trinken fast nur im Hotel! Was können wir dafür, dass die hier zu blöd dazu sind, den Gelben Sack einzuführen! Klappt woanders doch auch!
Soweit also das Selbstverständnis des auflaufenden Tourieviehzeugs, welches in immer größeren Unmengen auf der ganzen Welt verteilt wird, um dort mehr und mehr alles in Grund und Boden zu trampeln, zu fotografieren und zu sightzuseehing...
Soweit das Klischee.
Dann gibt es aber noch so Leute, wie die Frau Sibylle...
Frau Berg geht höchstens unter Waffengewalt auf ein Kreuzfahrtschiff oder in andere Sammelbehältnisse für die zahlende Touristenschlacke von Welt. Sibylle Berg geht lieber an andere Orte, gerne auch mal an welche, deren Besuchung sie wenig später selber hinterfragt, wie sie nur um alles in der Welt AN SO EINEM ORT LANDEN konnte...
Manchmal, da tut sie dies aber auch mit voller Absicht, weil jene Flecken, an denen sich das Tourivieh zum Grasen niederlässt, noch viel unerträglicher sind. Frau Berg reist lieber an Orte, wie in den brasilianischen Regenwald, in ein Gebiet, welches von zwar äußerst gewalttätigen aber auch herzensguten Goldgräbern bewohnt wird, in ein von Elend und dem Krieg zerschundenen Flüchtlingslager im Kosovo oder in das allem „Neuen“ und „Fremden“ feindlich gesinnten Weimar. Nicht immer aus Gründen des Urlaubs, sondern auch schon mal aus beruflichen Absichten.
Aber Frau Berg hat nicht ausschließlich „Elendsgebiete“ und „Krisenzonen“ dieser Welt besucht, sie hat auch die bizarre, selbstgerechte Welt der Kreuzfahrtschiffe persönlich erlebt und durchlebt, sie hat sich mit mit einem Haufen reicher, meistens weißer Wesentlich-Besser-Verdiener im ORIENT EXPRESS die Nächte und Tage um die Ohren geschlagen oder in Bayreuth dem dortigen, mysteriösen, burschenschaftenartigen Treiben der BAYREUTHER FESTSPIELE beigewohnt.
Sie hat sich ein von jeglicher Realität und jedem gesunden Menschenverstand abgeschotteten und streng durchgetakteten und durchinszenierten Touristen-Auffang- und Unterhaltungslager in Afrika angeschaut, in dem man zwar afrikanisches Abenteuerzeugs erleben kann, das aber mit „AFRIKA“ so viel zu tun hat, wie ein Hamster mit Bruchrechnen.
Aber auch die Filmfestspiele in Cannes hat sie besucht, um sich dort mit der alljährlichen Pappmascheewelt der Schönen, der Reichen, der Preisträger und der Berühmten zu beschäftigen und schnell zu der Einsicht zu kommen, dass dort die billigen Pappkulissen sogar noch das haltbarste sind.
Kurzum: Sibylle Berg war so ziemlich überall, vor allem überall dort, wo der normale Touri mit seiner AirBNB-App eh niemals hinkommt oder hingekommen wäre. Denn manche dieser „Reisen“ hat sie schon vor zwanzig Jahren getätigt. Und doch glaubt man beim Lesen, es wäre gerade jetzt! Man ist immer mitten im Geschehen, sitzt direkt neben ihr und schaut Frau Berg interessiert über die Schulter. Ihre Abenteuer, sie sind zeitlos schrecklich-schön und lassen einen nur sehr selten mal, bei einzelnen, kleinen Details kurz aufblicken. So nach dem Motto: „Moment mal! Das war doch damals... Mann ist das lange her! Und immer noch so aktuell!“
Wie als wenn die Tagesschau vor 20 Jahren läuft und man gerade mit dem Rücken zum Fernseher steht und es erst merkt, wenn einer dieser Namen fällt bei dem man aufschreckt und denkt: „Moment mal! Aber der ist doch schon seit zehn Jahren tot!“.
Auf diesen Reisen ist der typische „Giftspritzenhumor“, ist die dunkle Materie, welche Frau Sibylle so gekonnt verteilen kann, auf jeder Seite, jederzeit greifbar. Immer irre komisch, irre böse, irre ehrlich und immer wieder bleibt einem die Belustigung von eben plötzlich im Halse stecken.
Oder aber man realisiert, wie gut man es selber, als First-World-Mensch doch hat, trotz allem.
Wenn Frau Berg am Beispiel einer fiktiven Inderin der unteren Kaste, deren „Leben“ nachvollzieht und in aller Härte, aller Grausamkeit und allem Horror niederlegt. Das sind dann Geschichten, Bilder, die einem im Kopf bleiben und sich dort wie ein Schatten noch später weiter ausbreiten...
Es sind Orte, die entweder vor lauter Dekadenz, Kleinbürgerlichkeit fast in ihrem eigenen Arschloch versinken oder aber es sind Orte, die so schaurig sind, bei denen man schnell begreift dass „dort zu leben“ bedeutet, jeden Tag aufs neue überleben zu müssen, um jeden Preis, dass es einem eiskalt den Rücken herunter läuft.
Der Traum vom Holzhaus in L.A und das fehlgeschlagene Ab-Leben einer fiktiven Figur in Italien
„Mein Gott!!! Was sind wir reichen, weißen, fettgefressenen Touris eigentlich für verweichlichte, selbstgerechte, kleine Arschlöcher?! Wie konnte es nur dazu kommen?!“ - Fragt man sich irgendwann während der Lektüre.
Ja, man schämt sich seiner First-World-Verweichlichung irgendwann massivst.
Wer die Welt in so vielen Facetten vor allem aber in DIESEN FACETTEN gesehen und live miterlebt hat, dem kommt das Gejaule der zivilisierten „McDonnalds-Bevölkerung“ mit ihrer Identitätsangst und ihren ständigen Abstiegsängsten, Mainstreamängsten, Angst-Ängsten und ihrer Hochnäsigkeit gegenüber anderer Länder, denen der Goldlöffel eben nicht so tief im Arsche steckt.... Wie schlechtes Theater vor, inszeniert vom schlechtesten Regisseur aller Zeiten, gespielt von den schlechtesten Schauspielern aller Zeiten.
Vermeintlich großartige und klischeehafte Träume, wie ein eigenes Haus in Los Angeles haben zu wollen, einfach mal blindlinks als junger Kunstschaffender in eine fremde Stadt zu gehen oder einfach mal auf einem Frachtschiff den Seemann heraushängen zu lassen! - Sibylle Berg entzaubert es, weil es nichts Zauberhaftes daran gibt, nie etwas Zauberhaftes daran war...
Weil der erhoffte, der erträumte, magische Abenteuer-Regenbogen nur eine kaputte Neonreklame war und ist, welcher schon immer zwischen zwei kaputten Stufenheckautos in Dreck und Regen im Hinterhof herumsteht.
Reisen ist immer eine einzige Strapaze, zumindest dann, wenn man nicht wie Mastvieh von einem Ort an den anderen von Buffet zu Buffet, von Aufführung zu Aufführung und so weiter geschoben werden möchte. Und dies ist auch nur dann nicht anstrengend, wenn man in der Lage ist, sein Hirn auszuschalten. Also falls man überhaupt mal über irgendwas nachdenkt und sich nicht mit dem bisschen aus BILD und „FEEZBOOK“ zufrieden gibt.
Reisen bildet, vor allem bildet es den Reisenden darin aus, stark zu sein, resilient zu sein, Dinge zu ertragen, die sich nicht ändern lassen, durchzuhalten, auszuhalten, kreativ zu sein und immer möglichst viel selber im Griff zu haben. Jeder der schon mal längere Strecken mit der DEUTSCHEN BAHN fahren musste, der kennt dieses „Lebensgefühl“ zumindest ansatzweise.
Das Abenteuer „Holzhaus in L.A“ wird, im Amerika der ohne soziale Absicherung lebenden Selfmademenschen, mit all seinen Tücken und Problemen, schnell zu einer Tortour. Das Holzhaus wird von der Natur bei lebendigem Leibe aufgefressen und die oftmals widersprüchliche Mentalität der Ammis gibt einem nicht selten den Rest... Vor allem aber die immer kleiner werdenden, finanziellen Mittel, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten (-vor allem schnell obdachlos zu werden), beweisen eindrucksvoll: Schön sind solche Träume nur, solange sie Träume bleiben. Alles andere ist anstrengend und vor allem TEUER.
In Italien, da erzählt sie von den Fragmenten, einer verlorenen Liebe und gruselt den Leser mit dem immer schauerlicher werdenden Lebensweg eines Schauspielers oder ehemaligen Millionärs oder irgendwie sowas, jedenfalls einst ein geiler Typ, der nun immer weiter absteigt. Er verpasst jenen glanzvollen, würdevollen Moment, an dem noch alles gut war und der schöne Schein hätte bewahrt werden können, wäre er in diesem Moment, in dem Augenblick aus dem Leben geschieden, wie er es doch geplant hatte... Doch er tut es nicht, nicht einmal das bekommt dieses Abziehbild des modernen Geld- und Ruhmmenschen hin. So endet er eben so, wie man es erwartet. Im Dreck. Im fremden Dreck und im eigenen. Von Frau Berg liebevoll und großartig als Kopfkinofilm durchinszeniert.
Aber so ist es ja oft, mit diesen Traumvorstellungen im Leben, den Traumvorstellungen von einem besseren Leben. Woanders. Hauptsache woanders. Denn woanders, da ist es besser. Denn woanders, da kann man ein besseres Leben leben und sich besser fühlen, als gerade da, wo man jetzt ist. In fremden Villen, da ist jenes Licht, welches dort des Abends in den Fenstern brennt, wärmer als das im eigenen Heim. Das ist doch immer so. Aber selten mehr als eine innere Fata Morgana, ein Luftschloss, das am Horizont im eigenen Kopf flimmernd und schwelend umher schwebt.
Vorstellung und Realität, sie passen oft nicht zusammen.
Genau dafür hat die Reiseindustrie dann auch ihre Zwanzig-Stock-Megaschiffe, durchgetakteten Pauschalbusreisen und Urlaubsresorts erfunden. Also Orte, die dann genauso sind, wie im Prospekt oder im Fernsehen versprochen, inszeniert, zusammengelogen. Mit herzensguten Menschen, die an den Küstenorten an ihren Verkaufsständen sitzen, Handwerk machen oder wie vor 100 Jahren fischen gehen und zwar sagen, dass das alles echt hart ist, sich aber sonst nicht beschweren können.
Eben genau so, wie man es in MARE TV immer vorgelebt bekommt!
Vorausgesetzt natürlich, die durchinszenierte Urlaubswelt ist keine Bruchbude mit dunklen Flecken auf dem Teppich, Schimmel im Bad und Schamhaaren der unterbezahlten Zimmertante oder irgendwelchen Vorbewohnern auf dem Kopfkissen und der Decke.
Und vorausgesetzt natürlich, das durchinszenierte Urlaubsresort ist keine Baustelle, welche für das Prospekt mit Photoshop schon mal „Im fertigen Zustand dargestellt“ wird. Man kennt das ja, aus diesen Verbrauchersendungen im Fernsehen, wenn jene „Opfer“ dann ihr Recht einfordern, weil man sie wieder einmal über den Tisch gezogen hat...
Und wenn SIE, LIEBER LESER diesen gesamten, viel zu schwer, viel zu sperrig geschriebenen, übertrieben verschachtelten Text bis hierhin überstanden haben und sich nun denken: „Puuuhhhh! Was für ein Scheiss!“.
Ja dann haben auch Sie nun eine anstrengende, kleine Reise hinter sich. Einen Vorgeschmack dessen, wie anstrengend es sein kann, wenn „Der Weg das Ziel“ ist. Sie haben es geschafft! Glückwunsch!
Dort drüben steht der Reisebus zum abflugbereiten Flieger! Sie müssen überhaupt nichts mehr machen! Jetzt können Sie sich aber mal wirklich entspannen!
Bis zum nächsten mal!
Dass Sie aber noch dreimal umsteigen müssen und jetzt noch einmal siebzehn Stunden unterwegs sind, weil der Flughafen am anderen Ende der Insel liegt und Ihnen derweil der Reiseleiter ununterbrochen irgendwelche Reiserücktrittsversicherungen auf die Backen quatschen will...
Ja das alles...
Behalten wir erst einmal noch für uns...!
Hätten Sie das Kleingedruckte auf Seite 5 des Infoblattes zu dieser Seite gelesen, dann hätten Sie Bescheid gewusst!
Selber Schuld also!
FAZIT:
“Die Frau in Schwarz mit dem goldenen Herzen aus Stacheldraht”
Düster sind sie, die bösen, kleinen aber leider auch sehr wahren Geschichten, welche Frau Sibylle uns, dem ach so reisefreudigen Volk da um die Ohren haut. Brutal in ihrer Wahrheit, grausam in ihren Details, wunderschön in ihrer Sprache, lyrisch, philiosophisch, zauberhaft... Nur um dem Leser wenige Augenblicke später wieder einen wohlverdienten Tritt in die Eier zu versetzen, sprachlich, sachlich, menschlich und überhaupt, weil wir miesen, kleinen, wohlstandsverwahrlosten Kapitalistenviecher es so brauchen.
Auch weil wir uns ja ganz gerne mal schuldig fühlen WOLLEN, zu den Feiertagen beispielsweise oder bei irgendwelchen Wohltätigkeitsveranstaltungen oder wenn unsere Politiker zu einem der vielen KZ-Gedekstättentagen ihre Reden halten, während im Bundestag einer der Pantoffelfaschos etwas von „Vogelschiss“ faselt und ein anderer Harcorefascho, den die HEUTE SHOW zu recht Bernd und nicht Björn nennt, etwas von einem DENKMAL DER SCHANDE palabert...
Dann macht sich schuldig oder „zu unrecht“ beschuldigt fühlen sogar fast schon Spaß.
Bei diesem Buch aber, da macht das mit dem sich schuld an etwas fühlen keinen Spaß mehr, denn dafür zwiebelt der literarische Tritt in die eigenen, geistigen und seelischen Klöten dann doch zu sehr. Vor allem auch, weil sie immer wieder gerne vorher von Frau Berg wie Tretminen in der Landschaft vergraben werden. Da lacht man und schmunzelt gerade noch über den vorherigen, fiesen aber wahren Satz... Und schon... Kaboom!
Noch bevor man so richtig begriffen hat, was eigentlich los ist, verstanden hat, warum der eine Unterschenkel da vorne liegt und das andere Bein da oben im Baum hängt, da ist man auch schon wieder ganz wo anders.
Und doch zeigt sich die „Königin der Miesmacherei“ auch immer wieder sehr versöhnlich, menschlich, gar liebevoll und liebenswert. Mit einem Blick für die wahren, wichtigen Dinge im Leben. Einem Gespür dafür, wie sich Dunkelheit und Licht nicht immer im Gleichgewicht aber immerzu abwechselnd in ein jedes Leben einmischen und mal manch Schönes oder eben die ein oder andere Trümmerlandschaft hinterlassen.
Ja fast, da möchte man doch glauben... Sibylle Berg wäre ein echter Mensch, mit sowas wie Gefühlen und dem ganzen Scheiss.
Was aber nicht sein kann, hat sie doch selber in ihrem Kommentar auf der Rückseite des Buches „Wir von der anderen Seite“ von Anika Decker so schön geschrieben:
„WÄRE ICH EIN MENSCH, HÄTTE ICH BEIM LESEN MEHRFACH GEWEINT...“
Wäre das also auch geklärt.
„Grausige Orte“ müssen nicht immer ausschließlich deshalb grausig sein, weil es dort Hunger, Krieg und Elend gibt, in der Welt der Schönen, der Reichen und der Skrupellosen, der Welt der Hirnlosen, der Plastikverkleidungen und der Schiffsnamen die mit „COSTA-“ beispielsweise anfangen, da ist es genauso, nur mit besserer Verpflegung.
Der Rest ist eben so, wie es immer ist im Leben... Wenn die Realität auf den Menschen trifft...
Am Ende sitzt immer der Mensch meistens viel tiefer in der Scheisse als zuvor, als er noch beschlossen hatte, all das zu ignorieren oder einfach nur etwas netter anzumalen, damit weder er, noch die anderen was merken.
Es läuft immer nach dem selben, schäbigen Schema ab, endet nur allzuoft im ebenfalls zu erwartenden Schema und beginnt doch immer wieder von vorn.
Siehe den Brüllaffen, den die Brasilianer sich in einen Anzug gesteckt, als Präsidentenattrappe hingestellt haben und nun entweder bejubeln oder aber abgrundtief hassen. Siehe die Briten mit ihren selbsterzählten, selbstgedichteten „Ohne die böse EU werden wir das großartigste Land der Welt!“ oder jener Mann, der einst sagte: „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! MEIN EHRENWORT!“... Es ist immer der Mensch selber, welcher dann im besten Falle als gut angezogene Wasserleiche in der Hotelbadewanne oder als orange angemalter Präsident eines vollkommen widersprüchlichen Weltmacht-Landes endet.
Apropos „Leichen“:
Wie lässt sich die Frage, der Vorwurf denn nun eigentlich beantworten, nach der die Welt angeblich heute viel gefährlicher ist, als „Früher“?. Wie steht es mit der Frage, dem Vorwurf, damals konnte man noch frei die Welt bereisen, ohne Angst vor Terror, Mord und Totschlag haben zu müssen?
Frau Sibylle glaubt offenbar, früher war das alles besser, bis der Terror kam.
Früher gab es auch Terroristen, Gaddafi höchstpersönlich hatte eine eigens zusammengestellte Terrortruppe, welche in seinem Auftrag, von im persönlich ausgewählte Ziele überall auf der Welt angriff und möglichst viele Menschen töten sollte. Das war vor zwischen zwanzig und dreißig Jahren, vielleicht auch schon vor vierzig. Nur eines von sehr sehr vielen, kleineren Beispielen.
Früher, da war die Welt nicht minder, sogar teilweise noch gefährlicher. Nur heute fliegen mehr Flugzeuge, fahren mehr Busse, Autos, sind Reisen viel billiger und die Menschen wollen, können und reisen überall hin. Und wenn dann doch mal ein Reisebus eine Klippe herunterfällt, ein Terrorist ein Blutbad anrichtet oder eine Passagiermaschine abstürzt, dann haben es immer sofort hundert Handykameras gefilmt, ins Netz geladen und tausende Nachrichtenberichterstatter auf hundert Sendern und Nachrichtenportalen berichten rund um die Uhr davon.
Nein, die Welt war vermutlich schon immer ein Ort, der vor allem aus Unordnung, Zerstörung und Chaos bestand. Früher war nicht alles besser, manches anders, einiges langsamer aber nicht unbedingt besser.
Wie dem auch sei...
Nachdem man dieses Buch gelesen hat, da möchte man gar nicht mehr verreisen, man möchte nie wieder was von einem Traumhaus in L.A oder einem Autogramm von Daniel Craig, George Clooney oder anderen Promis wissen, welche man in Cannes ergattern könnte aber nicht wird und man will schon gar nichts mehr von irgendwelchen Kreuzfahrtschiffen hören.
Es sein den, man befindet sich gerade auf so einem, während man dieses Buch liest...
Sollte man sich dann dafür schämen? Vielleicht sogar, weil es einem selber echt gut gefällt? Auf einer schwimmenden Riesenkulisse vom Rest der Welt abgeschottet zu sein?
Nö! kann man so machen!
Man kann sich schließlich auch dann noch weiterschämen, wenn man wieder daheim, das Autogramm von Daniel Craig oder George Clooney an die Wand hängt.
Um dann von sich und dem Autogramm ein Selfie zu schießen und es an all die Leute zu schicken, die man wahrscheinlich weder kennt, noch kennen wollen würde, um sie mit Kram zu beeindrucken, den man nicht braucht, weil man an einem Ort war, für dessen Erreichen man Geld ausgeben musste, das man hätte auf andere Art und Weise besser ausgeben können... Naja Sie wissen schon.
Oder aber Sie verehrter Leser/Leserin/Lesende Person diffusen Geschlechtes, Sie gehören zu jener Gruppe von endverbrauchenden Personen, die sich ohnehin niemals schämt, für egal was.
Weil Sie gar nichts wissen, weil Sie auch nichts wissen wollen, weil es Ihnen Angst macht etwas zu wissen, weil Sie immer nur MARE TV gucken!
Oder dabei zusehen wie diese bräsige HEIKE GÖTZ mit ihrem Scheissfahrrad durch die Landschaften fährt um herzensgute Leute, die irgendwelches Handwerk machen heimzusuchen.
Und im Anschluss in LÄNDER, MENSCHEN, ABENTEUER andere herzensgute Menschen irgendwelches anderes exotisches oder handwerkliches Zeugs machen zu sehen, von dem Sie selber mit Ihrem Panzer-SUV auf der Einfahrt und dem neuangelegten Steingarten in „Tristessehellgrau“ nicht einmal zu träumen gewagt hätten, dass sowas überhaupt existiert...
Na Sie wissen schon.
Und Sie, lieber Endverbraucher dann sagen: „Hach Herbert/Gisela! Iss datt schön da! Also da könnten wir doch mal ne Kreuzfahrt hin buchen/Einen Wohnwagen mieten und hinfahren!
Ja! Ja! JA!
Denn genau so einer/eine sind Sie!
Sie wissen gar nichts!
Sie wollen auch nichts wissen, nichts genaueres jedenfalls!
Ihnen reichen Heike Götz auf ihrem beschissenen Fahrrad und die herzensguten Menschen bei Mare TV!
Sie wissen überhaupt nichts!!
Und das ist wohl auch besser so!!!
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Sibylle Berg
„Wunderbare Jahre – Als wir noch die Welt bereisten“
Taschenbuch
dtv
Ersterscheinung 2016
Preis: 10,00€
PERSÖNLICHE NOTE: 1+
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LETZTER AKT DER REISE
Eine dicke, kaum durchdringbare, schwarze Rauchwolke hinter sich herziehend, mit kreischender Kupplung und einer hörbar ächzender Hinterachse, kommt der Reisebus an seinem Ziel an...
Das (eigentlich nur EIN-STERN-HOTEL – Aber man hat einfach noch drei an die Hausfassade gemalt) VIER-STERNE-HOTEL „Macaradabra Altacamar `Di Carma La Paloma De Los Fouerta“ ist endlich erreicht!
(Keine Sau, selbst im Hotel nicht, hat irgendeine Ahnung, was der Name bedeuten soll).
Dass die Auffahrt ausschließlich aus von auf Baustellen zusammengeklauten Schotterladungen besteht, der „Eingangsbereich“ einen süßlichen Geruch von verwesten Tieren und Katzenkacke verströhmt, drei der vier Scheiben in den beiden Eingangstüren kaputt und nur notdürftig mit Paketklebeband zugekleistert sind und jemand ein Hakenkreuz an dem Pfosten zwischen den beiden Türen geschmiert hat, welches nur halbherzig versucht wurde, wegzuwischen...
All das kümmert unsere Wegwerftouristen nicht...
Sie haben gerademal 29,95€ über ALDI-REISEN bezahlt, also MUSS es sie, DARF es sie nicht im geringsten interessieren, in welcher Bruchbude sie nun nachts von Bettwanzen, Matratzenflöhen, Silberfischchen und anderem Getier in ihren verdreckten Betten lebendig aufgefressen werden...
Mit angeekeltem Gesichtsausdruck blickt Reiseleiter Cayman dem Tourismusvieh hinterher, welches sich da vor ihm, von Schweiß durchtränkt, anspruchslos, resigniert, dumpf durch die hintere Bustür nach draußen zum Hotel bewegt...
Der Busfahrer, der nur Kroatisch kann und damit beschäftigt ist, die Koffer dieser niederen Lebensformen aus der Ladeluke zu zerren und wütend auf den Schotterboden zu werfen, schwitzt jetzt ebenfalls wie ein Schwein... Das macht ihn zunehmend wütender, wodurch er noch mehr schwitzt, weshalb er die Koffer noch zornerfüllter in den Dreck schmeißt und noch mehr schwitzt und nun anfängt, die dumpfe Pauschalzombietruppe wüst zu beschimpfen...
Aber gottseidank auf kroatisch, keiner versteht auch nur ein Wort und der Fahrer weiß das, deshalb wirft er dem Touriviehzeugs auch Dinge an den Kopf, würde man alles verstehen, nicht einmal seine eigene Mutter könnte ihm all das jemals verzeihen...
Reiseleiter Cayman streckt dem Influencer den Mittelfinger entgegen, als dieser das vermutlich dreitausendste Selfie von sich im Bus schießt...
Dann, gerade als Reiseleiter Cayman den Busfahrer zurückpfeifen will...
Kommt einer der japanischen Touristen zurück in den Bus gewackelt, er hebt fragend den Zeigefinger und fragt, vom GOOGLE-ÜBERSETZER unterstützt:
„Aaaaanntttschuuldagungng! Aaabbaa wuuu wihar konnaaan aaabsahhhennn deeenn Kolllosssaaeyum nooch heuuotaaaa?!“
Wutentbrannt tritt Reiseleiter Cayman nach der Nervensäge, doch im letzten Moment wird der kleine, dürre Mann von seiner zeternden Frau am Arm gepackt und weggezerrt...
Mit herabschätzendem Blick schauen Reiseleiter Cayman und sein Busfahrer dabei zu, wie sich diese seelenlose, anspruchslose, hoffnunglose Masse von schweißnassem Menschenfleisch mitsamt seiner TSCHIBO-Plastikkoffer in die Absteige von Ho(s)tel begibt und hinter den quietschend zufallenden, kaputten, verdreckten Glastüren verschwindet...
Reiseleiter Cayman stopft sich ein Kaugummi in den Mund, während der Busfahrer schimpfend wieder Stellung oder „Sitzung“ auf dem pervers quietschenden Fahrersitz bezieht und mehrere Startversuche braucht, bis der Bus anspringt...
Schmatzend mault Reiseleiter Cayman:
„PAUSCHALTOURISTEN...! Die Ihre Urlaubsreise bei nem Discounter gekauft haben...! Und sich dann ernsthaft wunnern, wenn man sie, um die scheiss Kosten wieder reinzubekommen, bei drittklassigen Teppichhändlern, zwielichtigen Edelsteinfabrikanten und Lamafelldeckengroßhändlern einsperrt! Und erst wieder rauslässt, wenn sie für mindestens hundert Tacken irgendwelchen Scheiss gekauft haben! WAS FÜR VOLLIDIOTEN!“
Dann gibt er den Befehl die Türen zu schließen...
Knarzend und klappernd schließen sich beide Türen des Busses...
Dann gibt das Ungetüm mit kreischender Kurbelwelle UND/ODER angenagter Steuerkette fehlzündend Gas...
Und so schnell, wie der Spuk gekommen war, verschwindet er auch wieder, als der Bus hinter der nächsten Straßenkuppe schließlich verschwindet... Um die nächste Ladung Touristen abzuholen.
Ende der Geschichte
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Was hälst du eigentlich von diesem "Punch all Nazis" Spruch? Ich frage speziell wegen eines Posts den ich hier kürzlich gesehen habe(Schick ich dir Seperat). Da geht es um eine Person die aufgrund eines traumatischen Erlebnisses rassistisch geworden ist. Das hat mich schon zum Nachdenken gebracht, dass man vielleicht nicht jedem "Nazi" direkt ohne mal zu reden eine aufs Maul hauen sollte.
2/2: September 12th 2019, 9:22:14 pm · an hour agolrma-vep. tumblr. com/post/187443436318 und lrma-vep. tumblr. com/post/178798690078Ich sage mal im Voraus, dass ich selber keine traumatische Erfahrung mit sexueller Gewalt habe und von daher jetzt sehr allgemein sprechen werde. Diese Person sagt, sie hat, als sie bemerkt hat, dass sie aufgrund ihrer traumatischen Erfahrung rassistische Tendenzen entwickelt hat, sich in Therapie begeben hat und ihre Depression, ihre Ängste und ihren Rassismus überwunden hat.
Und das ist aus meiner Sicht dass verantwortungsvollste was man in so einer Situation tun kann. Diese Person hat gemerkt, dass ihr Verhalten irrational, falsch und unfair war und hat sich geändert. Die hat sich kein Hakenkreuz Tattoo stechen lassen und ist zu Flamme Empor durch die Innenstadt marschiert.Ich nehme es mir nicht heraus zu behaupten, dass ich immun dagegen wäre, nach einer solchen Erfahrung auch Gefühle oder Ängste zu haben, die nicht mit meinem jetzigen Menschen- und Weltbild vereinbar sind - wie gesagt, ich habe so eine Erfahrung noch nie gemacht. Aber wenn man merkt, dass man andere Leute ungerecht behandelt wegen seiner Probleme - ob man jetzt individuell zu jemanden gemein ist oder gegen eine ganze Menschengruppe - dann muss man Hilfe suchen und das hat diese Person getan und da ist aus meiner Sicht das Thema erledigt. Sie gibt ja selber zu, dass das scheiße war. Aber grundsätzlich zu unterstellen, dass jeder der ein Nazi ist - also die freiheitliche Grundordnung einer Demokratie ablehnt, den Faschismus einführen möchte und Minderheiten tot sehen will - eine traumatische Erfahrung gehabt haben muss, ist für mich der falsche Ansatz. Zumal man damit auch die Propaganda dieser Leute unterstützt, denn man würde ja zumindest implizieren, dass diese Gruppen tatsächlich in dem Maßen die Verbrechen begehen, wie Nazis behaupten. Die erste Reaktion zu einem Richard Spencer oder Björn Höcke darf nicht sein: Wow was wenn die Person tatsächlich mal von einem Muslim schlecht behandelt wurde?? :((( Nee. In den meisten Fällen sind sie einfach Arschlöcher. Arschlöcher die in diesen Fällen auch noch Geld damit machen, Hass zu schüren - die wollen sich nicht ändern.
Da macht es eben auch einen großen Unterschied, ob jemand sagt: “Ich habe dass und das durchgemacht, einen Fehler gemacht und mich geändert” oder jemand sowas als Erklärung auffährt aber sich nicht ändert. Zumal: Nazis haben von jeher über sowas gelogen und tun es immer weiter und immer dreister. Unsere Grundvermutung darf nicht werden: Oh vielleicht hat ihm ja ein Muslim/ein Jude/ein POC was angetan!” :/ - Wenn jemand sagt, dass dem so ist und die Person sich ändern will, dann ist das zu unterstützen und dann wäre ich auch dafür, dieser Person zur Therapie zu helfen, sie mit neuem Gedankengut in Kontakt zu bringen und eventuell auch ein paar nette Leute ihnen vorzustellen, wenn sie dazu bereit sind oder mit ihnen in eine Moschee zu gehen um diese Berührungsängste abzubauen (aber nur wenn ich darauf vertrauen kann, dass diese Person sich auch entsprechend verhalten kann)
Ich persönlich finde “Punching Nazis” ist vereinfacht. Es geht darum, Nazis auf jeder Ebene zu bekämpfen. Es geht darum, das Verbreiten ihrer Propaganda zu verhindern. Es geht darum, ihnen Ressourcen vorzuenthalten. Es geht darum, zu verhindern, dass sie Leute angreifen. Es geht darum, sich für eine Aufklärung ihrer Verbrechen einzusetzen. Es geht darum, unsere Demokratie zu schützen. Und das bedeutet auch, dass man situationsabhängig handeln muss. Und eigenverantwortlich - denn es geht nicht um den Rahmen des Gesetzes sondern um Richtigkeit und was du richtig findest, kannst letzten Endes nur du entscheiden. Ob jemand mit der rechten Hand in der Luft grölend über den Marktplatz marschiert oder sagt, dass er an den Folgen einer traumatischen Erfahrung leidet sind unterschiedliche Situationen und du musst dann entscheiden, wie du reagierst. Und das wichtigste ist immer, gegenwärtiges Übel abzuwenden. Wenn jemand deine muslimische Kollegin wegen ihres Hijabs anfeindet, dann ist es egal, was die Person dazu führt, erstmal muss das unterbunden werden, wie auch immer. Ich persönlich habe keinerlei Nahkampferfahrung und bin relativ unsportlich. Ich könnte mich nicht mit jemanden prügeln. Das heißt, wenn ich mitbekomme, wie 2 Schränke von Männern jemanden angreifen wird, wäre “punching Nazis” für mich keine Option. Oder zumindest ein Ticket ins Krankenhaus das dem Opfer nicht hilft. Eine Option wäre, dass ich Hilfe hole und die Polizei rufe oder eine Ablenkung oder Aufmerksamkeit schaffe, um das zu unterbinden und dafür gegebenenfalls auch legale Grenzen überschreite.Aber wenn mir jemand im Vertrauen sagt, dass er eine negative Erfahrung gemacht hat und er deswegen Vorurteile hat und an sich arbeiten möchte - dann würde ich versuchen, mit der Person zu reden. Weil das eine andere Grundhaltung und eine andere Situation ist. Aus meiner Sicht gibt es da auch keine klare Linie- Das ist nicht schwarz-weiß. Letzten Endes kannst du immer nur das tun, was dir in deiner Situation das verantwortungsvollste und klügste erscheint. “Punching Nazis” ist aus meiner Sicht wirklich eher in dem Sinne zu verstehen, dass eben auch Grenzen überschritten werden müssen, um unsere Demokratie zu schützen und dass man auch manchmal im Verborgenen was tun muss. Für viele Menschen wäre z.B. körperliche Gewalt die Grenze - was ein Problem ist, denn Nazis sind die Gesetze egal und du kannst sie nicht immer in dem Rahmen bekämpfen. Und du kannst auch nicht immer auf die Polizei oder den Verfassungsschutz oder die Staatssicherheit zählen, denk an die NSU. Aber viele denken eben, dass alle Menschen im Grunde gut und vernünftig sind und sich mit gutem und intelligentem Zureden auf den Boden der freiheitlichen Grundordnung zurückführen lassen. Aber dem ist nicht so. “Punching Nazis” bedeutet für mich, dass man eben Nazis auf jede Art bekämpfen muss, die nötig ist.Sollte ich in die seltene Gelegenheit kommen, wo ich tatsächlich die Hoffnung habe, jemanden mit Worten bekehren zu können oder ihn sonstwie unterstützen zu können - dann bin ich doch mehr als dankbar, das tun zu können. Dann fahre ich die Leute persönlich zu Exit. Es geht ja nicht darum, sich zu prügeln, weil es so geil ist. Aber das ist halt nicht die Regel und wenn jemand in Gefahr ist auch nicht angemessen. Das ist, als würde ich sehen, dass jemand betrunken seine Frau schlägt und statt die Polizei zu rufen und Hilfe zu holen würde ich ihm eine Nummer der Anonymen Alkoholiker geben. Das kann nicht die Lösung sein.
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Zum bewaffneten Kampf der RAF
Karl-Heinz Dellwo - Zum bewaffneten Kampf der RAF, Vortrag in Leipzig.Ost-Passagen-Kino, 01. Juni 2019, gehalten auf Einladung der SJD - Die Falken Weser Ems.
Nächstes Jahr, am 14. Mai, jährt sich zum 50. Mal die Befreiung von Andreas Baader, ein Ereignis, das in der Geschichtsschreibung als offizielle Gründung der RAF gilt. Können wir heute davon sprechen, dass die RAF Geschichte ist, es also auch eine Geschichtsschreibung gibt, in der sie im Allgemeinen der Zeit betrachtet – und auch bewertet wird?
Wenn ich mir die kleinen Wellen anschaue, die diese Veranstaltung hier vor Ort schlägt, also meine Einladung von einer Gruppe der Falken, die dazu etwas wissen und diskutieren will, dann auf ein erregtes Distanzieren stößt, sage ich mir: Nein, die RAF ist immer noch kein geschichtliches Ereignis, sie scheint aktuell zu bleiben. Das bedarf dann noch einer besonderen Reflexion.
50 Jahre seit Gründung der RAF – ihre Auflösung war 1998, also 28 Jahre später, immerhin auch schon 22 Jahre her – scheint uns selber kein so großer Zeitraum zu sein. Als ich kürzlich ein anderes RAF-Mitglied aus dieser Zeit auf diesen Zeitraum eines halben Jahrhunderts hinwies, war er ebenfalls überrascht. Da wir uns von unserer eigenen Geschichte nicht abtrennen, also auch immer in ihr leben, in ihr denken, erinnern oder reflektieren, erscheint sie uns selber weniger als Geschichte und mehr als Ereignis und damit auch als Raum, der noch nicht wirklich durchmessen ist.
1970, im Gründungsjahr der RAF, wurde ich 18 Jahre alt. 50 Jahre zurück, so wie heute eben die RAF-Gründung 50 Jahre zurück liegt, lag die November-Revolution. Ein Ereignis, unendlich weit weg. Dazwischen lag die Weimarer Zeit, die Nazi-Zeit, der Weltkrieg II, die Restaurationsperiode der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, die Kommunistenverfolgung und der Kalte Krieg, die Entpolitisierung der inneren Klassenkämpfe auf den Zustand ökonomischer Verteilungsfragen, die Revolution in Kuba, die Kolonialverbrechen in Afrika und der antikoloniale Kampf dagegen, der Vietnamkrieg, und endlich der Aufbruch in jener Zeit, die wir mit der Chiffre »68« bezeichnen und den wir als unseren betrachten.
Wir fanden uns ohne tradierte Geschichte wieder. Die Geschichtsschreibung der revolutionären Linken war zerstört, fragmentiert, in das Vergessen-Sein abgedrückt worden. Ich bin mit 19 Jahren einmal ein paar Monate zur See gefahren und traf auf dem Schiff einen älteren Mann, der mir, als wir alleine waren, erzählte, dass er KPD-Mitglied war und dafür später eine Zeit lang im Gefängnis saß – wohlgemerkt: in der BRD, nicht in der Nazi-Periode. Als ich ihn später in einem größeren Kreis darauf ansprach, zuckte er zusammen und erklärte mir hinterher, ich solle ihn bloß nicht in der Öffentlichkeit auf diese Vergangenheit ansprechen. Die Vergangenheit war für ihn verloren und tabuisiert.
Mit dem Sieg der Nazis begann die letzte Zerschlagung systemoppositioneller Positionen in der Gesellschaft, etwas, das durch das Bündnis kaisertreuer und rechtsnationaler Militärs und der sich durch Kriegsbeteiligung am WK I korrumpierten Sozialdemokratie mit ihren Noskes und Eberts damals schon in Gang gesetzt war.
Der restaurierte Kapitalismus nach 45 mit seiner von außen erzwungenen neuen Bürgerlichkeit – es ist kein Verdienst der deutschen Eliten, es wurde ihnen durch die Alliierten diktiert - und den darin bruchlos integrierten Nazis, hat an dieser Vernichtung, an diesem alten Klassenhass der Nazis und der mit ihnen verbündeten Bourgeoisie angesetzt, sie beibehalten und vollendet: Dafür steht das KPD-Verbot 1956. Man bekommt heute noch Atemnot wenn man sieht, wie die in die BRD übergewechselten Verbrecher aus der Nazi-Zeit in der bundesdeutschen Justiz und Polizei, im BND und Verfassungsschutz oder in den Medien weiterhin die Kommunisten verfolgen und sanktionieren konnten. Es sagt alles über diese Zeit und Wagenbach hatte Recht, als er 1996 auf dem Ulrike-Meinhof-Kongress an der TU in Berlin darauf hinwies, dass die bestimmenden Figuren in der Nachkriegs-BRD und ein Großteil ihrer Gesellschaftsmitglieder »unbelehrbare Nazis waren, mit denen man nicht diskutieren konnte und nicht diskutieren wollte«.
Wir, die wir in dieser Zeit aufgewachsen sind, waren also in gewisser Weise geschichtslos. Nicht, dass man uns keine Geschichte anhing. Das wurde dauernd versucht, den Kommunismus und Sozialismus als das Schlimmste auf der Welt zu vermitteln. Aber wir hatten von unserer Seite her keine Klassenkampfgeschichte mehr. Wir hatten nur noch die Geschichte der sich restaurierenden bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft und die war einfach nur verlogen.
Ich erwähne das deswegen, weil, wenn man über die Zeit nachdenkt und den Aufbruch darin, dann muss man dazu wissen, dass wir gezwungen waren, alles neu zu beginnen. Wir wussten wenig. Aber das lag nicht an uns. Wir mussten die Wahrheit über die Verhältnisse selber suchen. Von denen, die das System verteidigten, wurde alles verschleiert. Wir wussten zuerst intuitiv, dann aber als Begriff, dass die alten Klassenkampfformen, die Arbeiterbewegung und die mit ihr verbundenen Kampfformen offenkundig geschichtlich verloren hatten, mit der verheerenden Folge, dass 12 Jahre lang das reine Verbrechen in Europa wüten konnte. Wir wussten, dass der Real-Sozialismus ein erstarrter Klassenkampf war, dass der emanzipatorische Impetus, der mit jeder Revolution verbunden ist, natürlich auch mit der Oktoberrevolution in Russland, geopfert worden war im Aufbau einer Staatlichkeit, die nachholend war (der Zarismus hatte in Russland eine in Europa völlig veraltete Staats- und Gesellschaftsstruktur hinterlassen), sowie in der Verteidigung gegen eine von außen angreifende internationale Konterrevolution. Wir mussten also den Klassenkampf neu erfinden. Aus der Vergangenheit war kein Mut zu ziehen.
Und irgendwie ahnten wir, dass die Zeit da war für einen Bruch mit den bisherigen Verhältnissen. In der Reife der Zeit lag damals, dass einem schlagartig klar wurde, wo man hingehörte und wohin nicht. Man gehörte zu denen, die alles verändern wollten und nicht zu denen, die, wenn vielleicht auch reformiert, die Welt der Vergangenheit fortsetzen wollten. Plötzlich war die Vorstellung einer anderen Welt konkret, sie war da und sie war befreiend, ein neues Atmen, ein Zerfetzen des Nebels der Gewohnheiten und es brachte die notwendigen Tugenden für den Aufbruch mit sich: Unerschrockenheit, Mut und Übermut, völliger Verlust der Angst vor Autoritäten und Traditionen, Selbstsicherheit und Selbstvertrauen gegenüber einer Welt, die nicht die unsere war.
Neu erfinden heißt aber auch, in allem neue Erfahrungen zu sammeln, einschließlich möglicher Fehler, die im Kontext eines sich fortsetzenden Klassenkampfes gewiss weniger auftreten. Aber das hatten wir uns nicht ausgesucht. Wir mussten es tun und es gab keinen alten Klassenkampf mehr, den wir fortsetzen konnten.
Und wir haben uns natürlich nach den Gründen der Niederlage des alten Klassenkampfes gefragt. Ich bin 1973 in Hamburg für ein Jahr ins Gefängnis gekommen als Hausbesetzer. Wir hatten ein Haus besetzt mit der expliziten Absicht, etwas Grundsätzliches gegen den Kapitalismus zu machen. Grundsätzlich bedeutete für uns, dass wir einen Raum kämpfend erobern, in dem jedes kapitalistische Prinzip gebrochen ist, das der Verwertung, das der Objektstellung des Menschen, das mit der bürgerlichen Gesellschaft verbundene System aus Schuld und Sühne, Fehler und Bestrafung, Anpassung und Unterwerfung. Der Staat in Gestalt der von der SPD geführten Stadt Hamburg hat das auch so gesehen und einen militärischen Einsatz gegen uns befohlen: Die Räumung war der erste Einsatz eines der neugegründeten SEKs bzw. in Hamburg hieß es MEK, die während der Räumung auch scharf geschossen haben. Ich war ein Jahr lang im Gefängnis, vollständig isoliert und habe viel durchgemacht, aber auch viel gelesen, darunter auch das Buch von Max Hölz: »Vom weißen Kreuz zur roten Fahne«. Vor dem Hintergrund unserer unmittelbaren eigenen Erfahrung, dass auf unsere Hausbesetzung reagiert wurde als hätten wir einen bewaffneten Angriff auf den Staat durchgeführt, mit Gefängnis, Totalisolation, der Gewalt im Vollzug mit seinen ganzen Zurichtungsversuchen, fand ich die Prozessrede von Max Hölz Ende der 20er Jahre, in der er selbstkritisch bemerkte, dass die Linke immer zu harmlos ist, dass sie Mühe mit den revolutionären Kampfformen hat, treffend für unsere eigene Situation. Wir wussten längst vorher, auf was wir stoßen werden und haben es dennoch verdrängt und anders gehandelt. Wir, die wir nach der Hausbesetzung ins Gefängnis kamen, waren wegen Banalitäten hart verurteilt worden und ich zählte zu denen, die daraus den Schluss zogen, dass unser Kampf ein wirklicher sein muss und sich diese Unverhältnismäßigkeit nicht wiederholen darf.
Jahre zuvor hat es den polizeilichen Schuss auf Benno Ohnesorg gegeben, eine von der Justiz dann gedeckte staatliche Exekution, ein Jahr später das Attentat auf Rudi Dutschke, ideologisch vorbereitet und mitinitiiert von den Medien des Springer-Konzerns und der Deutschen National-Zeitung, aber auch von der rechten Berliner SPD-Fraktion unter regierenden Bürgermeister Klaus Schütz.
Um uns herum war eine herrschende Klasse, die wie selbstverständlich zur Gewalt griff und dabei die Unterstützung einer altnazistisch geprägten Mehrheitsgesellschaft hatte, die gewalterprobt war, die jahrelang im Krieg, Mord und Terror gegen andere Völker, gegen Juden, Kommunisten, Roma und Sinti, religiös oder sexuell Verfolgte geübt war und von dieser Sozialisation auch nicht mehr weg kam. Die gesamte Gesellschaft war gewalttätig aufgeladen. Ich erinnere immer wieder daran, dass 1970 in Konstanz der Facharbeiter Hans Obser einen 17jährigen Jugendlichen in Ausbildung auf der Parkbank mit einem Bolzenschussgerät tötete, weil er ihn für einen Gammler hielt und dafür von einer verständigen Justiz zu tatsächlich 3 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, gewiss nicht, weil man die Tat billigen wollte, offensichtlich aber, weil man sie verstehen konnte.
Die Erzählung von der »Demokratie in der BRD« ist eine Lüge, wenn man diese Tatsachen wegdrückt. Von der Form her mag es stimmen, vom Inhalt her nicht und deswegen konnte der »Wirtschaftswunderminister« und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhardt auch die Ständeordnung einer »formierten Gesellschaft« propagieren.
Mit dieser Gesellschaft wollte man keine Gemeinschaft sein und nichts gemein haben. Von ihr wollte man getrennt sein und eigene Wege gehen. Diese Trennung war nur möglich als Bruch, als eine Haltung, die sich gegen das Ganze stellte. Denn es war nicht nur die Mentalität der Mehrheitsgesellschaft für uns falsch. Das ganze Konstrukt einer kapitalistisch verfassten Gesellschaft war für uns falsch und bedrohend.
Wenn wir an die Zeit damals denken, dann haben wir nicht nur die Haltung der altnazistisch geprägten Mehrheitsgesellschaft vor uns. Wir haben es auch mit einer Zeit zu tun, in der das Kapital in einer Verwertungskrise war und zu einem Modernisierungsschub ansetzte. Die Verwertungskrise war offenkundig. Das ganze Geschwafel von der »sozialen Marktwirtschaft« war ökonomisch an eine Grenze gekommen. Das »Wirtschaftswunder«, von dem die bürgerliche Ideologie immer erzählt, müsste man eigentlich in den Bereich der Satire übertragen. Nachdem die Deutschen so fanatisiert waren, dass sie ihrem Führer bis zum letzten Tag folgten und mit aller Gewalt niedergeschlagen werden mussten, war auch das Land zerstört und in der Tat brauchte man zur Aufhebung dieser Zerstörung Massen an Arbeitskräften. Wenn man heute auch wieder alles zerstören würde, käme man morgen dann auch für eine längere Zeit wieder zur Vollbeschäftigung zurück. Aber dieser Wiederaufbau, international auch aus politischen Gründen gegen den Realsozialismus mitfinanziert, war Mitte der sechziger Jahre abgeschlossen und damit trat auch in der BRD die Normalität der kapitalistischen Produktion und ihrer Krisenzyklen wieder in den Vordergrund, der Zwang zur Senkung der Produktionskosten und damit zur Abschaffung von Arbeitskraft.
Auf diese Mitte der sechziger Jahre aufbrechende Krise reagierte das Kapital mit Ausweitung der Ausbeutungsbereiche. Damals begann das, was heute allumfassende Realität im Kapitalismus ist: Auch das private Leben wurde der Verwertung unterworfen. Heute sind alle Lebensbereiche dem Prinzip der Produktion und des Konsums unterworfen. Heute scheint es keine Welt mehr zu geben, in der das Prinzip der Verwertung von Natur und Leben nicht dominierend ist.
Diese Kombination aus reaktionärer Gesellschaftlichkeit und Übergreifen der Verwertung auf die bisher vom Kapital noch nicht der Verwertung unterworfenen Lebensbereiche, machte die Besonderheit der BRD in der westlichen Welt in den sechziger Jahren aus und ist, neben den internationalen Geschehnissen, für die der Vietnamkrieg pars pro toto steht, der Hintergrund, auf dem sich hier die Revolte vollzog, die als Massenhafte 1968 ihren Höhepunkt erreichte.
Und hier können wir dann über den bewaffneten Kampf sprechen. Das Kompendium »1968« war, nach der Oktoberrevolution und den Befreiungskriegen der kolonisierten Menschen der dritte, weltweit relevante politische Einbruch von links in die Welt des Kapitals und hatte als Kern die Vorstellung, das gesamte Leben zu ändern. Das macht jenes »’68« so radikal. Wir erkannten die Welt um uns herum als eine, die wir nicht mehr wollten und plötzlich tauchte eine andere auf, nicht als Traum oder Utopie, sondern als konkrete Möglichkeit. Einem solchen geschichtlichen Moment, in dem das durch das alte System versperrte Fenster zu einer anderen Vorstellung von Leben in gewisser Weise als schmaler Spalt aufging, musste man folgen. Man musste versuchen, das Fenster völlig aufzustoßen. Das war eine wesentliche soziale Triebkraft in 68. Insoweit ist 68 eine wirkliche Revolte gewesen. Ihre später hervortretende Schwäche war, dass die hergestellte und ersehnte Gegengesellschaftlichkeit über die Änderungen im Überbau des Systems nicht heraus kam. Die französische Revolution war möglich, als das Bürgertum mit seinen Manufakturen die gesellschaftliche Produktion und damit deren Versorgung in der Hand hatte und daraus den unnütz gewordenen Adel politisch entmachten konnte. Die 68er-Bewegung kam an die gesellschaftliche Produktionssphäre nicht heran. Dazu fehlte eine politisch bewusste Arbeiterklasse. Deswegen wurde die 68er-Bewegung nicht wirkliche Gegengesellschaft sondern stellte Gegengesellschaftlichkeit nur im Bereich des Überbaus her. Damit war sie mittelfristig integrierbar. Denn im Überbau lässt sich zwar die Vermittlung des Kapitalismus verändern, aber nicht sein Prinzip. An dieser Schwäche ist die radikale Haltung aus 68 nach und nach verblasst, als Hoffnung aber ist sie noch lange geblieben. Nur wusste diese Hoffnung keinen realen Ausdruck mehr in der eigenen alltäglichen Praxis zu finden. Die frontale Erschütterung des Kulturellen, die aus 68 kam und sich auf den Straßen dann irgendwann tot lief, suchte ihre Neben- und Fluchtwege. So entstanden die Ideen des »Marsches durch die Institutionen«, so entstanden die K-Gruppen, so entstanden kulturelle Basis-Initiativen mit antiautoritären Kinder- und Jugendgruppen, die im Bereich der Erziehung und Bildung den Ansatz für eine völlig andere zukünftige Gesellschaft sahen. Die Frauenbewegung entstand. Und es entstanden auch die Bewaffneten Gruppen.
Sie unterschieden sich aber von allen anderen im Realen. Sie verweigerten jede Zusammenarbeit und jede Integration und sie negierten alle Versuche der Käuflichkeit. Sie bestanden darauf, dass der Kapitalismus ein vernichtendes System ist und gestürzt werden musste. Ihre Praxis war nicht auf später ausgerichtet sondern auf den Aufbau von Gegenmacht jetzt. Es ist in Wirklichkeit nicht die Bewaffnung, die den bewaffneten Gruppen vorgeworfen wird und die bis heute dazu führt, dass sie im öffentlichen Raum tabuisiert werden. Das System selber hat überhaupt kein Problem mit Bewaffnung und Gewalt. Auch im extralegalen Surplusbereich des Systems, gemeinhin Kriminalität genannt, ist Bewaffnung ein gewöhnliches Phänomen und führt zu keiner besonderen politischen Erregung.
Was den bewaffneten Gruppen vorgeworfen wird, ist ihre soziale und politische Intransigenz, ihr bedingungsloser Einsatz für den Sturz des kapitalistischen Systems, an dem jeder Integrationsversuch aussichtslos war und scheitern musste. Es ist der Versuch dieser Gruppen, ein »Außen« herzustellen, ein »Anderes«, das die Gesetze und Regeln der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft nicht anerkennt, sondern etwas Neues schaffen will , das auf Seiten des System dazu führt, eine andere Art von Krieg auszulösen, der die Unmöglichkeit des »Außen« und des »Anderen« als unantastbar zu setzen versucht. Denn das »Außen« und das »Andere« ist untrennbar verbunden mit der Frage nach dem Sinn der bestehenden »Normalität« und der Möglichkeit von Gegenmacht und Gegensouveränität, um eine andere, kapitalismusfreie Welt zu schaffen.
Man kann 1968 auch lesen als einen revolutionären Aufbruch, der abgebrochen wurde. Wenn man es so liest, muss man feststellen, dass diese konkret aufgeworfene Frage in ihrer Antwort vakant blieb. Aber damit verschwindet die Frage nicht. Und sie verschwindet schon gar nicht, wo sie im unmittelbaren Leben konkret aufgetreten war. Dieser Abbruch war für viele, für die 68 mit der Hoffnung auf das Ende des Kapitalismus verbunden war, etwas Unerträgliches.
Hier liegt der Grund, warum die bewaffneten Gruppen noch über lange Jahre hinweg als Teil der eigenen linken Geschichte begriffen wurden. Sie sind zur politischen Avantgarde mutiert und haben stellvertretend für eine oder zwei Generationen die Möglichkeit der Revolution oder eben ihre Unmöglichkeit in dieser Zeit praktisch erfahrbar gemacht.
Was waren die bewaffneten Gruppen, was war die RAF, die Bewegung 2. Juni, die RZ oder in Italien z.B. die Roten Brigaden? Ich kann, aus einer historisierenden Sichtweise, keinen Sinn darin erkennen, sie über ihre Aktionsgeschichte zu definieren. Manche Aktionen waren gut, manche politisch oder sozial sinnvoll, manche sozial und politisch falsch. Wie überall im Leben reiht sich auch hier das Richtige am Falschen oder umgekehrt. Und, zurückkehrend auf das Eingangs erwähnte: Es gab keine praktische Erfahrung. Die Erfahrung musste erst gemacht werden. Es musste und muss eine neue Form – und ein neuer Inhalt – des revolutionären Widerstands und Kampfes her.
Ich glaube, wenn man die Besonderheit der bewaffneten Gruppen begreifen will, muss man sich mit der grundlegenden Frage beschäftigen, was historisch mit ihnen aufkam und auftrat.
Der Kapitalismus lehrt und zwingt uns durch einen alternativlos vergesellschafteten Produktionsprozess zur Selbsteintrichterung einer falschen Existenzform durch ständig sich wiederholendes Handeln in seinem Produktions-und Konsumprozess , dass seine Höhle, in der das Leben des Menschen eingefangen ist, unsere ausschließlich mögliche Existenzweise ist.
Der Kommunismus – und der Sozialismus auf dem Weg dahin – sprach in seiner alten Form davon, dass die Höhle ein Ort der bleibenden Unkenntnis, Unfreiheit und Ausweglosigkeit ist. Er wollte durch den Klassenkampf die Menschheit aus dieser Höhle herausführen. Sein Klassenkampf war aber auch verbunden mit der linearen Entwicklung des Technologieprozesses der Menschheit als Bedingung, ihn von den Unbilden des Reiches der Not zu befreien. In der Sicht auf diesen fortschreitenden Technologieprozesses wies er Verwandtschaft mit seinem Feind Kapitalismus auf. Heute wissen wir, dass die lineare Fortschreibung technisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse und in Folge ihre Umsetzung das Reich der Not möglicherweise eher vergrößern als verkleinern.
Slavoj Žižek sprach in einem Vortrag mit dem Titel »Mut zur Hoffnungslosigkeit« vor etwa 1 ½ Jahren im Schauspielhaus in Hamburg das Höhlenbeispiel von Platon an meinte, dass bewaffnete Gruppen wie die RAF vielleicht die historische Aufgabe angenommen haben, die Menschen aus der Höhle zu vertreiben, zur Freiheit zu zwingen.
Das Kritisierbare hieran ist, dass niemand zur Freiheit gezwungen werden kann. Vielleicht aber auch, das Avantgarde notwendig ist und gleichzeitig scheitern muss, denn sie trägt den Widerspruch in sich, dass, wenn sie Masse wird oder sich verallgemeinert, sie sich selber aufhebt und darin zu ihrer eigenen Negation wird. Sie existiert nur als Antrieb, nicht als Betrieb des Ganzen.
Das Produktive am Höhlenbeispiel ist, auf eine Welt hinzuweisen, die außerhalb der Höhle liegt. Wir erinnern uns alle an Francis Fukuyama, der nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus vom »Ende der Geschichte« sprach. Dieses »Ende der Geschichte« meint genau, dass es nichts anderes als die Höhle gibt, dass eine andere Welt nicht existieren kann.
Ich möchte im Kontext der bewaffneten Gruppen noch einen anderen Gedanken aufgreifen. Den des »Deus ex machina«, der Gott aus der Maschine im griechischen Theater, wo die Götter in einer Art von Flugmaschine auf die Bühne hinabschwebten und nach ihren eigenen Gesetzen alles änderten. Inhaltlich ist es die unerwartete Lösung, das Ändern aller Regeln, das Setzen eines Prozesses auf null und damit auf einen Neuanfang. Es ist das Durchbrechen von Spielregeln, die den Fortlauf der Dinge beherrschen und damit unvermeidlich machen. Der »Gott aus der Maschine« taucht hier auf und entscheidet, den Dingen und Prozessen einen ganz anderen Verlauf zu geben. Fast willkürlich, aber vom Subjekt aus bestimmt und Souverän.
Dieser »Deus ex Machina« sollte eine Menschheit sein, die die Prozesse in der Welt, die sie in gang gesetzt hat, unterbrechen und neu bestimmen kann. Der Selbstlauf der Dinge ist das, was am Ende tödlich wird. Den sich ständig beschleunigenden Selbstlauf der Dinge erleben wir derzeit tagtäglich und darin erkennen wir das Abdanken der Politik als Politik in dem Sinne, das Politik die Organisierung eines guten Lebens wäre, während sie heute nichts anderes ist als die Anpassung der Gesellschaften an den falschen Souverän, den globalisierten Markt.
Beides, das Heraustreiben aus der Höhle und das Ändern der Spielregeln und damit die Herrschaft der Menschheit über den Ort und die Zeit – denn das Ändern der Spielregeln ist auch die Änderung einer bisher gültigen Zeit – sind Attribute einer wirklichen Revolution, die sich mit allem was der Mensch hat, gegen jene falsche Welt stellt, in der er nichts anderes ist als das Objekt niederträchtiger Verhältnisse.
Mir ist es inzwischen völlig egal, ob man einzelne Aktionen der bewaffneten Gruppen herausgreift, um sich an ihnen moralisch zu bereichern. Ich finde es auch witzig, wenn der Leipziger Kreisverband der Falken – oder war es Annegret Kramp-Karrenbauer? - erklärt: »Der bewaffnete Kampf der RAF ist für uns kein Weg zum Sozialismus«. Darauf möchte ich antworten: »Da Ihr nicht mal wisst, was Sozialismus ist oder wenigstens sein könnte, könnt Ihr über den Weg doch gar nichts sagen«. Mag sein, ich sprach schon davon, das manches falsch und manche Niederlage auch verdient war. Aber das Zentrale an den bewaffneten Gruppen war, dass sie von einer anderen Welt wussten, dass sie sinnlich von deren Existenz erfasst waren und dass sie wussten, dass der Kampf um das ganze Leben geht. Nur das alleine gab die Kraft, alles durchzustehen und bei allen Sanktionen und aller Gewalt des Systems nichts im Leben zu vermissen. Der Kampf um Interessen ist im Grunde immer reaktionär. Das sieht man nicht nur an den Bewusstseinzuständen einer Arbeiterklasse, die den historischen Begriff von sich selbst verloren hat und der Teilhabe an der Kuchenverteilung hinterherjagt. Jeder Kampf, der nicht das Leben aller berührt, wird emanzipatorisch unfruchtbar bleiben.
Agamben sprach vor einigen Jahren von einem Zustand der Geschäftslosigkeit, zu dem wir uns hinbewegen, den wir herstellen müssen. Geschäftslosigkeit meint nicht die Untätigkeit, sondern Geschäftslosigkeit meint die Verweigerung, Handlungen auszuüben, die im Rahmen des Systems sind. Andrew Culp spricht in seiner Arbeit über Deleuze davon, dass wir erst dann revolutionär Handeln, wenn wir in unseren Handlungen nichts mehr reproduzieren, was zu dem System gehört, dass wir stürzen wollen. Beides spricht vom herzustellenden Stillstand gegenüber einer rasend rotierenden kapitalistischen Megamaschine.
Beides spricht davon, dass es ein »Außen« gibt, ein »Anderes«. Was immer sie auch falsch gemacht haben, so ist dieses »Außen« und dieses »Andere« das, was die bewaffneten Gruppen aufgeworfen haben, der Bruch mit dem Bestehenden, die Entscheidung, nicht innerhalb der herrschenden Logik eine Lösung zu suchen, sondern außerhalb und gegen sie. Es war das notwendige Aufwerfen der Souveränitätsfrage. Ich halte das für einen Verdienst. Und weil dieses Problem für alle, die grundsätzlich am falschen Leben etwas ändern wollen, die dieses demütigende Leben zwischen Produktions- und Konsummonade nicht hinnehmen wollen, heute weiter existiert, kann heute offensichtlich immer noch nicht über die RAF oder die bewaffneten Gruppe aus ihren Intentionen heraus diskutiert werden, sondern hier soll das Tabu stehen und die dumme Distanzierung. Es ist das Tabu der Höhle als unausweichlichem Ort und das der Unveränderbarkeit der Regeln, die heute das Leben unterworfen haben.
Vortrag »Der bewaffnete Kampf der RAF«
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Diskussion nach dem Vortrag »Der bewaffnete Kampf der RAF«
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Der Bonsai-Putsch
LePenseur:"von Fragolin Deutschland ist nur knapp einer Katastrophe entgangen. Am heutigen Tag der Einheit wollte eine Gruppe von sage und schreibe sechs schwer mit Knüppeln und Reizgas Bewaffneten den Umsturz herbeiführen. Das konnte in letzter Sekunde verhindert werden!Dazu ein paar Gedanken. Erstens: Ein Land, in dem ein halbes Dutzend Vollpfosten mit Knüppeln in der Hand die Macht an sich reißen können, ist so ziemlich fertig, oder? Was sagt das eigentlich über Deutschland aus? Dass neben dem kaputten Militär auch der Rest der Staatsmacht auf dem Level von BER angekommen ist? Was machen die, wenn sich morgen nicht sechs sondern sechshundert Leute organisieren und den Führerinnenbunker stürmen? Mit knallharten Wattebällchen? Zweitens: Was genau hat man jetzt eigentlich verhindert? Vorgestern wurden die Wohnungen der sechs Glatzen ausgeräuchert und man fand eigentlich nichts als das großspurige Gedöns vom Großen Umsturz – also nichts, was man nicht auch bei den Antifanten findet, wenn man deren „indymedia“-Einträge filtert. Ich will ja nichts verharmlosen, jede Tat beginnt mit einem Vorsatz, aber wenn die vorgestern noch nicht einmal die Waffen hatten, mit denen sie heute den Großen Umsturz herbeiführen wollten, dann rutscht das irgendwie ins Lächerliche ab. Drittens: Diese Nazi-Idioten gibt es ja schon seit Jahren, die werden auch permanent infiltriert (man sieht ja, bei jedem Chat hat die Polizei mitgelesen, bei den Telefonaten mitgehört), aber rein zufällig jetzt, wo man massive Anti-Merkel-Demonstrationen bei den Einheitsfeiern befürchten musste, muss man urplötzlich einen Staatsstreich von rechts vereiteln, der von wem nochmal durchgeführt werden sollte? Sechs Neonazis mit Knüppeln?? Das stinkt doch eher nach einem Futterhäppchen für die sensationsgeilen Medien, um kurzfristig massive Polizeipräsenz und sofortige Auflösung ungenehmigter Anti-Merkel-Demonstrationen, die in Merkeldeutschland neuerdings wieder ganz nach dem Vorbild des Stasi-Sprech „Zusammenrottungen“ heißen, zu begründen und im Eilverfahren schnell ein paar weitere Einschränkungen der Bürgerrechte durchzubringen, um die Bürger angeblich vor sich selbst zu schützen. Apropos Futterhäppchen. Neben der noch halbwegs lesbaren, wenn man bedenkt, wem sie gehört, „Welt“ befrage ich ja bei solchen Themen auch gerne den linksextremen „Standard“, faktisch die austriakische Alpen-Prawda, die ungefähr so linksliberal ist wie die DDR demokratisch war, und die dortigen Redakteure enttäuschen mich nicht. „Unter den Randalierern, die im Sommer am Rande einer Kundgebung rechter Gruppierungen Jagd auf Ausländer gemacht, den Hitlergruß gezeigt, Andersdenkende attackiert und ein jüdisches Restaurant überfallen haben, könnte sich auch das halbe Dutzend Rechtsextremisten befunden haben, das am frühen Morgen unter dem Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung festgenommen wurde.“ Diesen Satz allein muss man in ein edles Gefäß gießen, ihn genüsslich schwenken, das Bouquet aufsteigen lassen und dann in ganz kleinen Schlucken genießen. Es beginnt schon damit, dass der ganze Satz eine vollkommene Null-Aussage ist. Denn das „könnte“ entlarvt das Konstrukt als reine Aufzählung von Propagandafloskeln ohne irgend eine sichere Verbindung zu den Festgenommenen. Sie könnten zu der Zeit auch gerade in ihrem Stammlokal „Rettet den Föhrer!“ gespielt haben, was sie dadurch versuchen wollten, ihn aus einer besonders großen Flasche Nordhäuser Doppelkorn zu rubbeln. Sie könnten aber auch einfach vor der Glotze gesessen haben und sich irgend einen schwachmatischen Schrott reingezogen haben wie die Mehrheit der Deutschen an diesem Tag. Sie könnten auch in der Hecke hinter einem Spielplatz um die Wette onaniert haben. Oder was Neonazis in ihrer üppigen Freizeit sonst noch so tun. Keine Ahnung. „Sie könnten“ beinhaltet immer „sie könnten auch nicht“ und ist damit eben eine Null-Aussage. Man kann den Satz also inhaltlich abhaken und sich fragen, warum ein Journalist überhaupt einen Satz mit Null-Aussage schreibt.Gut, die Antwort ist einfach: Null-Aussagen verwendet man immer dort, wo man Fakten vortäuschen will, die man nicht hat, um ohne greifbaren Inhalt trotzdem eine Meinungslenkung vorzunehmen. „Bei den Teufelsanbetungen und Hexensabbaten im Forst von Salem hätte auch diese Rothaarige dabei sein können.“ Netter Stil der Berichterstattung, oder? Welche Gräueltaten werden da aufgezählt? Die Hetzjagden gegen Ausländer am Rande rechter Kundgebungen zum Beispiel.Das mit der „rechten Kundgebung“ kommentiere ich nicht mehr. Ich weiß ja, wie die Linksextremen ticken, da ist alles jenseits der Antifa „rechts“. Aber den Beweis der „Hetzjagden“ bleiben die bis heute schuldig. Der einzige Beweis dafür sind Aussagen linksradikaler Antifanten, deren Parolen Merkel inzwischen unreflektiert nachplappert. Und ein Video, das zeigt, wie ein mutmaßlich pöbelnder Migrant von einem ihm wenige Schritte nachlaufenden ebenso pöbelnden Demonstranten verjagt wird. Sonst nichts. Selbst der Verfassungsschutz hat keinerlei Hinweise auf solche Taten, aber eine Behörde darf in einer (Meinungs.)Diktatur grundsätzlich kein anderes Ergebnis liefern als die Große Vorsitzende fordert, sonst gibt es einen Karriereknick. Das haben wir von Maaßen gelernt. Andersdenkende sind anscheinend attackiert worden, das mag stimmen. Man hat nach deren eigenen Angaben einigen linken „Gegendemonstranten“ ihre roten Winkelemente mit SPD-Logo entrissen. Schrecklich! Ansonsten ist auch die Polizei attackiert worden, mit geworfenen Flaschen und „Gegenständen“, allerdings aus den Reihen der Toleranzdemonstranten. Da waren die jetzt Festgenommenen aber sehr wahrscheinlich nicht dabei. Der Hitlergruß ist belegt. Es gibt Beweisfotos und Anzeigen, die Polizei ermittelt. Es waren ganz sicher nicht die jetzt Festgenommenen, denn das wäre bereits bekannt, da sie ja von der gleichen Polizei überwacht und festgenommen wurden, die im Falle der Hitlergrüße ermittelt. Also könnten sie sogar eher nicht diese Leute sein. Sonst hätte man sie schon wegen dieses Zeigens der Rekerlänge einkassiert. Ein jüdisches Restaurant wurde definitiv nicht überfallen. Kann man im „Tagesspiegel“ nachlesen: der Restaurantbetreiber stand vor der Tür und rief einer kleinen Gruppe vorbeiziehender „Rechter“ zu: „Haut ab!“ Daraufhin wurde er angepöbelt und mit einem Gegenstand beworfen. Das ist ebenso wenig ein „Überfall“ wie das Verjagen des Migranten eine „Hetzjagd“ war oder die ganze Demo ein „Pogrom“. Es war ein provozierter und trotzdem nicht minder strafbarer Fall von Körperverletzung. Und w,äre der Wirt nicht Jude gewesen, kann man davon ausgehen, dass in der gleichen Situation auch die gleiche Reaktion erfolgt wäre. Man fädelt also eine lustige Girlande aus Vermutungen, Deutungen und offensichtlichen Lügen und verbindet sie mit einer Null-Aussage. Wenn man zu diesen Mitteln greifen muss, um aus der Festnahme einer Handvoll Neonazi-Idioten einen vereitelten Putsch zu stricken, dann ist für mich der kleinste Funke Glaubwürdigkeiit bereits in einem Meer aus propagandistischen Ausflüssen ersoffen. Das wird eine Schmiere der Extraklasse, die nur einen einzigen Zweck hat: weiteres Aufheizen der Stimmung, weiteres Spalten der Gesellschaft, weiteres Teilen und Herrschen.Und unweigerlich: weitere Einschränkungen der Bürgerrechte. Erdogan wird blass sein vor Neid. Er musste ein Hotel mit Kampfbombern beschießen lassen und Panzer ausrücken lassen, damit ihm seine Osmanen den Putschversuch abkaufen. Bei den effizienten Deutschen genügen sechs geistige Pantoffeltierchen mit großer Klappe und Knüppeln, die vielleicht sogar bei einer Nazidemo mitgemacht haben könnten, was man jetzt aber nicht so genau weiß, um einen Putschversuch auszurufen. Ich habe kein Mitleid mit denen. Wer sich, wie auch immer, irgendwo verabredet, um Leute anzugreifen, gehört in den Bau. Aber das Getöse, das um diesen Fall gemacht wird, wird allzu offensichtlich gepusht und scheint gewollt. Auf „indymedia“ hört man kernigere Aussagen und offene Aufforderungen zum Sturz des faschistischen Drecksstaates, ohne dass da irgendwer in Politik oder Medien ein Ohrwaschel rührt. Da wird ein Popanz aufgeblasen, um anderes dahinter zu verbergen. Franco A. 2.0. Ach ja, noch ein kleines Schmankerl für die mitlesenden Blockwarte: Ich gehe seit zehn Jahren jeden Abend vor die Tür und klatsche dreimal in die Hände, um die Horden alles kaputt trampelnder Nilpferde zu verjagen. Und wisst ihr was? Es hilft! Nicht einmal in diesen zehn Jahren hat es ein Nilpferd gewagt, auch nur in die Nähe meines Hauses zu kommen!Also weiter in eurem unermüdlichen Kampf! Ihr seid einfach die Besten auf eurem Gebiet! http://dlvr.it/Qm7Lkd "
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Fundstück
Wohin es führt
aus: Heinrich Mann, Der Hass, 1933
Was hat der gegenwärtige deutsche Staat an nützlichen Ergebnissen aufzuweisen? Andeutungen und Augentrug, weiter nichts. Auf eigenen Einfällen beruht nicht einmal das. Die »Gleichschaltung« ganz Deutschlands, die dies Regime vorgeblich im Handumdrehen fertiggebracht hat, ist das älteste republikanische Ideal, und Bismarck, der es zum Teil verwirklichte, bewegte sich ganz in der Geistesrichtung von 1848. Die Republik von 1918 bekundete dauernd ihren Willen zur vollkommenen Vereinheitlichung, was nichts anderes bedeuten kann als die zentralisierte Regierung und Verwaltung. Um freilich den Willen in die Tat umzusetzen, hätte die Republik vom nationalen Vertrauen getragen werden müssen. Statt dessen erwehrte sie sich nur mühsam des Bürgerkrieges, und ihn schürte Hitler mit seiner Bewegung. Der Republik war bewußt, daß Gewalt nicht das rechte Mittel ist, damit Länder, die von Natur nichts trennt, ihre veralteten Widersprüche aufgeben. Trotz der Ungunst des Geschickes hat die Republik ihrerseits das Andenken hinterlassen an nützliche Unternehmungen, zu denen sie gelangte dank ihrem Verständnis für die wirklichen nationalen Bedürfnisse. Sie war erfüllt von dem Wohlwollen, das sowohl Demokratie wie soziale Gesinnung erst ermöglicht. So war sie sich auch darüber klar, daß keine Vereinheitlichung der Nation ernstlich in Frage kommt, solange ihre Geisteskultur tief und unheilbar gespalten ist. Tatsächlich lag auf der einen Seite des Abgrundes die Universität und auf der anderen die Volksschule. Kein Weg führte von den Lehrern des Volkes zu den höher Gebildeten. Ja, als die Republik die Herrschaft antrat, befanden die Lehrer sich auf dem Lande noch in Abhängigkeit von den Großgrundbesitzern.
Das republikanische System und vor allem der Minister Becker, ein Mann von unvergeßlichen Verdiensten, hat alles von Grund auf geändert. Das System hat den Volksschullehrern die Freiheit gegeben. Es hat unter großen Kosten, zuerst in Preußen, Seminare geschaffen, die einen Übergang sicherten zwischen Volksschule und Universität, zwischen der herrschenden Klasse und dem Volk. Das war eins der Mittel, die das demokratische Regime verwendete, um langsam, aber sicher den Geist der Zwietracht und der Abschließung zu überwinden, ebensowohl in den Klassen der Gesellschaft wie in den einzelnen Provinzen des Landes. So sollte es eins werden.
Dies Werk der Geduld wurde natürlich vernichtet durch den Sieg des Nationalsozialismus, denn dem liegen weder Geduld noch Arbeit. Er erläßt lieber Machtsprüche. Nun kann aber kein Machtspruch das Nichtvorhandene ins Leben rufen. Mit wieviel Lärm und Geschrei auch verkündet wird, Deutschland sei geeint, einfach durch das Erscheinen des großen Hitler, dessen Genius alle Friedrichs und Bismarcks weit hinter sich lasse: die Einheit bleibt so unvollendet wie je. Die örtlichen Regierungen bestehen ruhig weiter, und manche betätigen ihren Gegensatz zu Berlin, wie sie es von alters her gewohnt sind. Es bedeutet gar keinen Unterschied, daß sie sich jetzt alle zu derselben Siegerpartei bekennen.
Wenn die Reichsregierung der Weltmeinung mehr oder weniger aufrichtige Zugeständnisse macht, benutzt Bayern gerade diesen Augenblick, um erst recht nicht mit sich reden zu lassen. Es verhaftet Kaufleute, die weder Juden noch Kommunisten sind, übrigens nichts Ungesetzliches getan haben. Gleichzeitig beschlagnahmt die bayrische Polizei, trotz allen Vermittlungsversuchen, das Geld einer früher in München ansässigen Persönlichkeit. Jetzt lebt diese in der Verbannung, aber sie ist zu bekannt, Berlin möchte ihr die Rückkehr erleichtern. Dieselbe Polizei versucht sogar, den Vizekanzler Papen am Reden zu verhindern, sie verbot den Katholikenkongreß, wo er auftreten sollte. Als die Versammlung dennoch abgehalten wurde, kostete sie die Katholiken eine beträchtliche Zahl Verwundeter und Toter, sie waren von den Nazis hingeopfert.
Auch in Berlin nehmen die Behörden aufeinander nur bedingte Rücksicht. Eine vergleichsweise maßvolle Zeitung verfiel dem zeitweiligen Verbot, obwohl die Reichseisenbahn sie mit Geld aushält. Ein jüdischer Chemiker, berühmt durch seine allgemein nützlichen Erfindungen, glaubte um seine Verabschiedung einkommen zu müssen. Die Reichsregierung lehnte sie ab. Der preußische Minister dagegen bestellte ihn hin, ließ ihn drei Stunden warten, und endlich fertigte ein Mann in SA-Uniform ihn kurz ab, er sei entlassen.
Hitler und Göring liegen bekanntlich im Streit um die Macht. Der Minister maßt sich dauernd die Befugnisse des Kanzlers an; das geht so weit, daß dieser die Flucht ergreift aus Furcht vor einem Handstreich des andern.
Bei den Bürokraten herrscht Anarchie. Außer im Propagandaministerium, wo das System seine Triebkraft hat, wird nirgends ernstlich etwas getan. Jeder arbeitet gegen den anderen, und Dekrete werden erlassen, nur um Tags darauf umgestoßen zu werden. So ging es mit dem phantastischen Beschluß, daß den Nazistudenten die Examen besonders leicht gemacht werden sollten.
Die Diktatur hat weder das Land noch die Verwaltung vereinheitlichen können. Es wäre merkwürdig, wenn ihr gegen Arbeitslosigkeit und Elend etwas Durchgreifendes eingefallen wäre.
Da hat sie nun den von der Republik geschaffenen freiwilligen Arbeitsdienst umgewandelt in Zwangsdienst. Diesmal hat sie sich keine republikanische Idee angeeignet, sondern eine offenkundig bolschewistische Einrichtung. Man wundert sich wohl, daß in einem Lande, wo Arbeitsmangel herrscht, ein Teil der jungen, ungeübten Arbeitslosen verwendet wird für Arbeiten, die gelernte Arbeiter schneller und besser leisten könnten. Als ob es sich um die Brauchbarkeit der Leute und um ihre Leistungen handelte! Der einzige Zweck ist bei alldem, was die Diktatur sich ausdenkt und unternimmt, die Menschen klein zu kriegen und ihnen jeden Gedanken an Widerstand auszutreiben.
Sie hat allerdings den Plan übernommen, eine Autostraße gradenwegs von Berlin nach Mailand zu bauen, mit Luxushotels auf der ganzen Strecke. Der Plan paßt so wenig zu der wirklichen Wirtschaftslage, daß er einigermaßen gegen den Anstand verstößt. Die Sache ist aber die, daß der Diktator wahnsinnig gern Auto fährt und gar nicht gern zu Fuß geht, obwohl ihm das vielleicht gut täte und seinen Kopf etwas klarer machen könnte. Außerdem spricht mit, daß die beabsichtigte Straße ein augenfälliger Beweis wäre für die enge Verbindung der beiden Faschismen. Am Grunde jeder praktischen Maßnahme und selbst des Wagenverkehrs suche man die rücksichtslose Entschlossenheit eines Regimes, das dauern will.
Daher besteht auch der erste Schub von Arbeitsdienstpflichtigen aus Mitgliedern der herrschenden Partei. Sie sollen die nächsten abrichten. Sie sind dann die Führer, und aus den anderen machen sie Maschinenmenschen im Dienst eines Systems der Gleichschaltung, wo die Arbeit entartet zur Sklaverei.
Lange Zeit stiegen einige durch Arbeit zu Ehrenstellen auf. Viele aber verdankten der Arbeit alle ihre Hoffnungen auf ein gesichertes Dasein und gerechtere Einrichtungen. Es gab eine Auslese von Arbeitern, sie führte ein geistiges Leben, so gut hatten die Gewerkschaften ihre Fortentwicklung organisiert. Ein Netz von Volkshochschulen überzog das Land, und Lehrer, deren Gehalt aus Beiträgen der Arbeiter zusammenfloß, fuhren von einer Industriestadt zur anderen. Der ganze Bienenstock ist zerhauen worden mit Gummiknüppeln.
Denn da die Diktatur nichts schuf und dennoch dauern wollte, mußte sie eben zerstören, was aus den Köpfen anderer stammte. »Den Marxismus verfolgen« bedeutet in Wirklichkeit: unwissende Massen; kein Eigenleben des Volkes wird mehr geduldet; aus ist es mit all seinem Streben nach Glück; und um das Volk über seine Leere hinwegzutäuschen, bleibt nichts, als seine restlose Militarisierung.
Begründete Hoffnungen gibt es nicht, so versucht man es denn weiter mit Vorspiegelungen und mit einer leerlaufenden Begeisterung. Ihrem Auftrieb dienen Feste – in jeder Gestalt, unter den verschiedensten Vorwänden, mit oder ohne Feuerwerk. Im Grunde ist es jedesmal dasselbe, Massen werden geblendet durch ihre Masse. Der Betrug wird ihnen allmählich klar. Die Arbeiter gehen nur dienstlich hin. Wer keine Bescheinigung beibringen kann, daß er dabei war, darf sich darauf gefaßt machen, zu fliegen. Die Unglücklichen müssen ihre Sonntage damit hinbringen, daß sie eingekeilt von einem Fuß auf den anderen treten, daß sie bei Strafe der Verhaftung ihren rechten Arm in die Luft schleudern und Siegheil rufen, auch wenn sie das Gegenteil wünschen.
Die Republik hat so etwas nie von ihnen verlangt. Es mag sein, daß ihr nicht in erster Linie daran lag, durch Zwang zu herrschen. Vielleicht hatte sie auch kein Geld. Die jetzigen Gebieter haben noch weniger. Das stört sie weiter nicht; der Befehl ist ausgegeben, niemals auf das Geld zu sehen, weder bei Festen – noch wenn alle bespitzelt werden. In jeder anderen Sache sind diese Leute unfähig, nur Sinn für die Macht haben sie allerdings. Sie meinen, wichtig sei einzig und allein, die Macht zu behalten.
Ihretwegen braucht dies Land weder Wahrheit noch Gerechtigkeit. Eine geordnete Wirtschaft kann es ebenso entbehren wie gesunde Nerven. Nicht notwendig ist, daß es lebt, aber unerläßlich, daß sie es regieren.
Durchdrungen von diesem obersten Gesetz, veranstalten sie politische Prozesse wegen nicht begangener Verbrechen, ja, sogar gegen unbeteiligte Personen, wie in Sachen des Reichstagsbrandes. »Wir brauchen es noch.« Diese unbefangene Rechtfertigung scheint ihnen vollauf zu genügen. Da sie von jeher über die Novemberverbrecher den verbrecherischsten Unsinn von sich gegeben haben, werden diese Reinheitsfanatiker gewiß nicht verfehlen, die früheren republikanischen Führer wegen Hochverrats aburteilen zu lassen. Inzwischen genießen sie munter ihren eigenen gelungenen Hochverrat.
Ihr kleinbürgerlicher Macchiavellismus verleiht ihnen die Dreistigkeit, öffentlich zwar dagegen aufzutreten, daß die nationalsozialistischen Arbeiterausschüsse ihr Mütchen kühlen an allen anderen Arbeitern. Berufen sich diese aber auf eine solche Kundgebung, dann setzt ihnen der Minister auseinander, die sei nur für das Ausland bestimmt gewesen. Der Trick liegt so nahe, daß man sich höchstens wundert, warum das nicht längst gemacht worden ist.
Wäre alles damit getan, daß man sich an die Macht anklammert, dann hätten sie es geschafft. Leider ist auch noch die Wirtschaft da, und die lahmt etwas, seitdem sie in ihrer Hand ist. Da gibt ihr Geldmangel ihnen denn die widersprechendsten Kunstgriffe ein, um sich welches zu verschaffen. Wenn sie den Besitz ihrer Gegner beschlagnahmen, sieht dies einigermaßen aus, als läge ein dringendes Bedürfnis vor, und nicht nur ein unersättlicher Haß. Natürlich handeln sie dabei, wenn auch einseitig, durchaus im Sinn des vielberufenen Marxismus, dessen unerbittliche Verfolger sie vorgeblich sind.
Immerhin decken die Zwangsvollstreckungen noch nicht den Bedarf; daher versuchen sie es gleichzeitig mit kapitalistischen Mitteln, die nur etwas sonderbar sind. So haben sie sich eine Lotterie ausgedacht, was ein bißchen komisch anmutet, wenn damit Brot und Arbeit beschafft werden sollen für eine ganze Bevölkerung. Es sieht aus, als zweifelten sie, daß eine außerordentliche Einkommenssteuer viel helfen könnte. Andererseits aber versprechen sie den Kapitalisten Straflosigkeit und sogar Prämien, wenn sie ihr Geld aus dem Ausland zurückholen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Kapitalisten sich hüten. Auch die nationalsozialistisch gesinnten werden kein Vertrauen haben, solange die Politik der Regierung den Handel lahmlegt und ihm alle die Länder verschließt, die sie gegen Deutschland aufbringt.
Der Außenhandel-Index sinkt ständig, voriges Jahr um dieselbe Zeit betrug er das Vierfache. Nur die schwerindustriellen Konzerne werden indessen gemästet mit Staatsaufträgen – ganz unproduktiven Aufträgen, denn es handelt sich um Kriegsmaterial. Einer der Führer der Konzerne, der berüchtigte Thyssen, ist Staatsrat geworden nach dem Willen Hitlers, der damit noch sichtbarer macht, wie sehr er die Wirtschaft ausliefert an den schlimmsten Feind jeder Reform. Das ist das Eingeständnis des Diktators, daß Reformen nicht stattfinden werden, solange er selbst noch die Macht hat.
Das Hitlersystem hat sich gleichgeschaltet und läßt weiterhin geschehen, was andere kapitalistische Länder nicht kennen und was ein historisches deutsches Unglück ist: daß einige Kanonen- oder Giftgasfabrikanten und einige bankrotte Großgrundbesitzer die Hand legen dürfen auf eine ganze Nation. Und die wollte er revolutionieren! Er wird sie allerdings revolutionieren, aber ohne es zu wissen und zu wollen.
Der Teil der Besitzenden, der gehätschelt wird zum Schaden aller anderen, kann entweder nicht sehen und glaubt sich immer noch in sicherer Deckung, oder er tut nur so. Schließlich haben grade diese Leute mit ihrem Gelde dies Regime errichtet. Seitdem haben die Vertreter des Regimes notgedrungen darauf verzichtet, irgend etwas auszuführen von den Versprechungen, die sie dem Volke gemacht hatten. Die sozusagen Gemäßigten halten bis jetzt die wichtigsten Stellungen besetzt. Aber es verheißt nichts Gutes, wenn man »gemäßigt« ist, während die Bewegung, in der man drinsteckt, augenscheinlich dem Alleräußersten zutreibt.
Andere beanspruchen ihre Nachfolge. Die rechnen mit der Weltkrise und mit der Hungersnot, die diesem Lande schon auflauert. Man kann sie sich ganz gut vorstellen, wie sie Fragen stellen an die Arbeitslosen und die Unzufriedenen, die auch in den »Stürmen« zahlreich sein sollen. »Nun, was meint ihr dazu, daß Göring sich seine Wohnung für 80000 Mark neu tapezieren läßt?« Die Antwort wird wohl lauten, daß ein wirtschaftlicher Aufschwung, und sogar ein nationaler, anders aussieht. Wenigstens vor den Ereignissen dachte man ihn sich ganz anders. Solche Dinge werden schon zu oft ausgesprochen. In gewissen Gegenden versammeln sich Tausende, um offen das »Vierte Reich« herbeizurufen, und das wäre einfach der Bolschewismus.
Die Machthaber wissen es sehr wohl und sind gegen alles gerüstet. Verschwörungen zu Fall bringen und es so einrichten, daß sie selbst die Stärkeren sind: wenn sie sonst nichts können, das können sie. Daher haben sie sich auch den Stahlhelm beigebogen, unter dem üblichen Vorwand, er wäre kommunistisch zersetzt. Außerdem glauben sie die Reichswehr zu einem nationalsozialistischen Kampfmittel machen zu können. Wie immer hilft ihnen die Schlaffheit der anderen; aber hier sind es preußische Generäle, und die wären früher anders aufgetreten.
Die bewaffnete Macht der Reaktion soll ihnen beistehen gegen ihre S. A. Denn das sind schließlich Proletarier; das jetzige Regime hat sie radikalisiert, und nach eingetretenen Ernüchterungen könnten sie mit den Kommunisten zusammengehn. Gegebenen Falles würde die herrschende Bande sich nicht lange besinnen, sie ließe schießen auf ihre eigenen Stützen; auch diese sind ihre Opfer.
Der vorauszusehende Aufstand würde sicher im Blut erstickt werden, in sehr viel Blut. Er würde sich aber wiederholen, ja, man müßte Erhebungen künstlich veranstalten, nur um sie niederschlagen zu können. Sonst würde man am Ende hineinschlittern in einen unfreiwilligen Marxismus, eine Art Reflexhandlung, bedingt durch alles, was vorgekommen und was leichtfertig geredet ist. Zu oft hat man, um der Redensart willen, anerkannt, daß »die deutsche Revolution eine sozialistische Revolution ist«. Wenn das Glück es will, kann sie dahin führen.
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Beautiful Freak
Der Ein-Meter-Neunzig-Mann, der Minuten zuvor auf Geheiss der Meisterin vor den brennenden Teelichtern auf die Knie gesunken ist, bricht jetzt in Tränen aus. Das Mozart-Requiem, das aus dem hastig in die Mitte des Stuhlkreises gezerrten Ghettoblasters dröhnt, hat ihm den Rest gegeben, den Damm zum Brechen gebracht. Noch vor einer halben Stunde war er einfach nur ein Mann Ende fünfzig, der keine Erklärung dafür fand, warum es ihm schwer fällt, Emotionen zu zeigen. Ein paar suggestive Fragen und angezündete Teelichter später weiß er jetzt: Sein Vater war ein Nazi und zwar ein richtig hohes Tier. Er trägt die Verantwortung für den Tod von über zehntausend jüdischen Kindern, da er einen geheimen Fluchtweg verraten hatte. „Meines Wissens war mein Vater ein einfacher Dachdeckermeister aus Kassel und hatte mit der NSDAP nichts zu tun.“ – Tja, so leicht kann man sich täuschen, mein Lieber! Jetzt hat er zwar einen Nazi-Verbrecher-Vater, aber dafür auch Emotionen, die ganz ungehindert aus ihm herausschiessen, während er zu Lacrimosa stellvertretend für seinen Vater die Seelen der toten Kinder um Vergebung bittet. Ich bin zwar schon spätestens beim Ghettoblaster ausgestiegen, aber als wir jetzt von der Guruistin dazu animiert werden, den Chor der ermordeten Kinder zu mimen und uns vor dem wimmernden Mann aufbauen, ist endgültig Schluß!
Bis heute habe ich mir nicht ganz verziehen, dass ich nicht sitzen geblieben oder einfach gegangen bin, sondern mich mit den gut fünfzehn anderen Teilnehmern wie eine schlechte Laientheatergruppe um den armen Mann gruppiert habe. Ich stand da zwar ohne das geringste darstellerische Engagement, aber ich habe mitgemacht. Und das, obwohl ich wusste, dass hier nicht nur die Geschichte und das unsägliche Leid von Menschen missbraucht wurde, sondern auch in die Biographie des knienden Mannes eine frei erfundene Geschichte implantiert wurde, die ihm zwar erst einmal eine Erklärung liefern, ihn aber für den Rest seines Lebens nicht mehr loslassen und noch viele, viele Familienaufstellungen buchen lassen würde. – Erst in der Mittagspause stahl ich mich davon. – Eine halbe Monatsmiete ärmer, aber einen Intensivlehrgang zum Thema Gruppendynamik und die Erkenntnis, dass ich so verzweifelt dann doch nicht war, reicher.Längerfristig betrachtet war es vielleicht sogar eine gute Investition. Denn diese Familienaufstellung blieb der letzte Versuch, durch fremde Hilfe in diesem Leben noch „normal“ zu werden. Besser gesagt, zuerst einmal die Ursache für mein nicht „normal“ sein zu eruieren, denn bevor man den Tumor herausschneiden kann, muss man ja wissen, wo er sitzt. Das versuchte ich seit meiner frühsten Jugend herauszufinden: Durch Gesprächstherapien, Psychoanalyse, Tarotkarten, Traumatherapie und Traumanalyse, schamanische Rituale, Kinesiologie, Astrologie, Meditation und zuletzt eben auch noch durch diese unwürdige Veranstaltung. Durch diese habe ich zumindest erfahren, dass es viele Menschen gibt, die noch wesentlich gestörter sind als ich. Und auch, dass ich manchmal eben genau so funktioniere, aufstehe und mitmache, wie alle anderen auch. Aber an meinem Gefühl des „anders Seins“, des „nicht dazu Gehörens“ änderte das nichts. Und auch an meinem Leiden darunter nicht.
Wer hätte geahnt, dass die große Erlösung so simpel wäre: Eine einfache kleine Pandemie hat gerichtet, woran ich ein halbes Leben gescheitert bin. Und zwar – so größenwahnsinnig, diese Möglichkeit auch nur zu denken, war ich selbst in meinen aller megalomanischsten Phasen nicht – frei nach dem Motto: „Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muß der Prophet zum Berg.“ Die geniale Lösung für mein Problem bestand nicht darin, dass ich so wurde wie alle, sondern dass alle so wurden wie ich.
Es begann mit unspektakulären Dingen: Brotbacken und ausgedehnte Spaziergänge. – Zugegeben, Gewohnheiten, die an Exotik leicht zu überbieten sind – ich wäre auch nie darauf gekommen, unser täglich Brot oder Spaziergänge in sozialen Netzwerken zu posten. Und plötzlich war beides Volkssport geworden. Auf meine anfängliche Verwunderung folgte bald schon Unbehagen: Zwanghafte Toilettenbesuche vor meinen Spaziergängen, ständig kurz vor der Dehydrierung… Ich bin selten weniger als zwei Stunden unterwegs und da muss man eben schon mal. Früher kein Problem: Außer vielleicht an den Wochenenden waren so wenige Menschen in „meinen“ Wäldern und Parks unterwegs, dass ich mich immer irgendwo hinter einen Busch hocken konnte – heute undenkbar. Aber auch sonst: Menschen stören mich nicht nur beim Urinieren, sondern auch beim Denken und viele Menschen verhindern beides gar. Dazu wurde der Spaziergang plötzlich wissenschaftlich ausgeschlachtet: Sportärzte, Psychologen und Promenadologen (sic!) erklärten uns, wie wichtig das Spazierengehen für Volkskörper und -seele sei. Meine diebische Freude über die stibitzten Stunden, über mein komplett unproduktives und absichtsloses Tun, mein stiller Widerstand gegen Neoliberalismus und Selbstoptimierung hatten sich in ihr Gegenteil verkehrt: Von nun an gehörten Spaziergänge auf die To-Do-Liste jedes anständigen, nützlichen Mitglieds der Gesellschaft – Um die eigene Arbeitskraft zu erhalten und um nicht womöglich depressiv zu werden und den Spaß am Konsumieren zu verlieren.
Meine erste Trotzreaktion bestand darin, mich hinter geschlossenen Vorhängen einzuigeln, viele Zigaretten zu rauchen und mein politisches Engagement in die digitale Welt zu verlagern, indem ich auf Facebook Werbeanzeigen wegklickte: „Alle Werbeanzeigen von Nestlé Deutschland verbergen“ – bämm, in your face, Kapitalismus! Das könnte man ein Leben lang machen, denn die abgeschlagenen Drachenköpfe wachsen zuverlässig nach. Gut, dass mein Appetit durch das tagelange vor dem Bildschirm hocken praktisch nicht mehr vorhanden war, denn das Brotbacken hatte ich ganz eingestellt. Lange konnte ich meinen Bewegungsdrang allerdings nicht unterdrücken. Zähneknirschend fing ich an, wieder spazieren zu gehen. Von nun an jedoch nicht mehr im Grünen, sondern bevorzugt entlang den hässlichsten und meistbefahrenen Straßen Berlins. Urinieren ging da zwar auch nicht, aber immerhin blieb ich so weitestgehend von ambitionierten Neu-Spaziergängern verschont.
Aber es ist ja nicht so, dass mein Gefühl der Andersartigkeit auf Spaziergängen und Brotbacken fußte. Es ging um viel Grundsätzlicheres: Es war schon immer schwer für mich, zu beurteilen, ob ich durch das Leben, das ich führe, so geworden bin, oder ob ich mir ein solches Leben ausgesucht habe, weil ich eben bin wie ich bin. Wahrscheinlich Letzteres, denn das Gefühl, nicht dazu zu gehören – egal wozu – begleitet mich schon spätestens seit dem Kindergarten. Das Gefühl blieb stets diffus, war nicht konkret festzumachen. Meine Wertung jedoch tendenziell negativ: Ich war eben irgendwie nicht so schön, nicht so selbstbewusst, nicht so stabil, nicht so unbeschwert, nicht so erfolgreich wie die anderen. Ich dachte, redete, bewegte und benahm mich seltsam. Ich nahm Dinge wahr und mir zu Herzen, die andere nicht bemerkten.
Ich war froh, dass Mix-Tapes aus der Mode gekommen waren – keine der vielen Kassetten meiner Verehrer aus den 90ern kam ohne „Beautiful Freak“ von den Eels aus. – Gut gemeint, vielleicht sogar als ultimativer Liebesbeweis, aber was hätte ich darum gegeben, stattdessen den wesentlich uncooleren Hit „Barbie Girl“ gewidmet zu bekommen. „Life in plastic, it’s fantastic“ – fantastischer auf jeden Fall, als ich zu sein. Erschwerend kam hinzu, dass mein „anders Sein“ ja keinerlei weitere Auszeichnung enthielt, als eben „irgendwie anders“. Wäre ich eine geniale Autistin gewesen, die das U-Bahnnetz von New York detailgetreu, in Blindenschrift aufmalen könnte oder die Frau mit den längsten Beinen der Welt… Aber so war ich eben nur sowas wie eine Cola mit Kirschgeschmack – nicht besonders lecker, aber mal was anderes…
Im letzten Jahr jedoch stellte ich fest, dass mir meine Andersartigkeit durchaus auch manchmal ein Gefühl der Überlegenheit geschenkt hatte. In diesem Punkt unterscheide ich mich wahrscheinlich kein bisschen von all den vielen anderen Sonderlingen: Erst dadurch, dass zum Beispiel die Ungewissheit und die Unvorhersehbarkeit plötzlich in den Fokus der Allgemeinheit rückten, wurde mir klar, dass das Bewusstsein darüber schon immer in mir vorhanden gewesen war. Mir war immer klar gewesen, dass nichts wirklich planbar ist, dass nichts ewig dauert und ich immer in der Lage sein muss, mich veränderten Umständen anzupassen. (Welches Grundschulkind schläft schon mit gepacktem Köfferchen unter seinem Bett und hat einen ausgeklügelten Notfallplan, falls eine schnelle Flucht vonnöten würde?) Was mir nicht klar war, war die Tatsache, dass ich auf diese mühsam erworbene Kompetenz, den Umgang mit der Ungewissheit, auch ein bisschen stolz war: Die Mischung aus prekären Lebensumständen und gewissen Persönlichkeitsmerkmalen hatte mich dazu befähigt, besser auf etwas vorbereitet zu sein, als all die „Normalen“. Ich war quasi eine Soul-Prepperin.
Doch was geschah jetzt? Je länger die Pandemie dauerte, desto weniger einzigartig kam ich mir vor. Plötzlich wurde sich rund um mich rum über „mein Leben“ beklagt: Schon erwähnte unsichere Zukunft, Angst um den Job, zu Hause sitzen, arbeiten wollen und nicht dürfen, Existenzängste, immer flexibel bleiben und sich den neuen Gegebenheiten anpassen, sich gleichzeitig über- und unterfordert fühlen, den Tag selbst strukturieren müssen, sich hilflos fühlen, nicht gebraucht, Einschränkung von sozialen Kontakten (auch wenn das bei mir freiwillig geschieht, weil ich ohne viel Zeit für mich Zeit mit anderen nicht genießen kann), dieses Jahr keine Reise planen können – außer vielleicht an die Ostsee, wenn alles gut läuft… Hallo! Das war doch mein Bier! Meine Realität seit langer Zeit. Ein großer Teil meiner Mitmenschen schien also nicht einmal ein paar Wochen meines Lebens zu ertragen. – Jetzt erst wurde mir bewusst, was ich in all den Jahren geleistet habe… Und auch, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist, mein Anderssein. Jetzt, wo alle so geworden sind wie ich, fehlt es mir sogar ganz schön! Wenn ich könnte, würde ich laut in die Welt rufen: „Ich will mein Leben zurück!“ – aber sogar diesen Satz hat man mir geklaut.
Also, liebe Klone: Findet doch bitte so schnell wie möglich wieder zurück in Euer perfekt funktionierendes und organisiertes Leben! Nehmt die nächste Ausfahrt zur Autobahn und lasst mich auf meiner Holperpiste voller Schlaglöcher allein! Bei näherer Betrachtung gefällt es mir hier nämlich ganz gut. Man kommt zwar nur langsam und mühsam voran, sieht aber dafür auch, was da rechts und links am Wegesrand ist. Und wartet mit dem „normal“ werden bitte nicht, bis alles um Euch rum wieder „normal“ ist, denn das wird es eventuell überhaupt nicht mehr. Ich brauche Euer Anderssein zum Anderssein, und ich kann es kaum erwarten, endlich wieder alleine ich zu sein!
(Zuerst erschienen bei CulturMag, 1.5.21)
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Hass, der seines gleichen sucht - wie eine Schauspieler Kampagne einen medialen Shitstorm los trittDie Kampagne #alles dicht machen von über 50 namhaften deutschen Schauspieler_innen um Jan Josef Liefers hat eingeschlagen, in vielerlei Hinsicht. Diese Schauspieler haben es gewagt sich auf künstlerische Weise kritisch hinterfragend über die Maßnahmen der Regierung zu äußern. Dabei bedienten sie sich ihrer Profession entsprechender schauspielerischer Instrumente wie Ironie und Übertreibung. Man möchte meinen: ENDLICH! Prominente aus der gerade mit am stärksten gebeutelten Branche zeigen endlich einmal Kante, kommen aus der Duckstellung heraus und äußern sich kritisch. Neben sehr viel Lob, erfolgte jedoch auch Kritik. "Oh nein, Prominente äußern sich GEGEN die Maßnahmen, das geht natürlich NICHT!" Oft hört man in diesen Tagen: wer sich öffentlich äußert, der muss auch mit dem Echo leben. So weit, so richtig. Wir leben schließlich in einem freien Land. Der mediale Shitstorm, der angesichts dieser Kampagne ausgelöst wurde, sucht jedoch seines gleichen. Da wird moralisch hyperventiliert und werden schnappatmend berufliche Konsequenzen für eben jene Schauspieler gefordert. Große Medien und Schauspielerkollegen werden nicht müde, die Aktion aufs schärfste zu verurteilen und sich von dieser "dreisten" und "verhöhnenden" Sache zu distanzieren. Gemeinsam stimmt in den Chor ein, dass die Schauspieler ein rechtes Narrativ benutzen würden. "Man spiele den Coronaleugnern und der AfD in die Karten. Der Applaus komme aus der rechten (falschen) Ecke. Ein gefundenes Fressen für Querdenker und Verschwörungstheoretiker." So der einhellige Tenor. Über 50 Schauspieler, die sich vermutlich eher links oder Mitte links verorten lassen, werden plötzlich in eine Ecke mit Nazis gestellt. Es ist das ewig leidige Thema der Kontaktschuld. Und eigentlich möchte man diesbezüglich gar nicht mehr viel sagen, weil dieses Thema einfach nur leidig und nervig ist. Außer, dass es einen sehr faden Beigeschmack hat, wenn Jemand einen anderen Menschen als rechts, als Leugner und Schwurbler diffamiert, laut "Nazi, Nazi!" brüllt und berufliche Konsequenzen fordert nur, weil die betreffende Person eine andere Meinung zur Coronapolitik äußert. Während die empörten, moralisch Erhabenen den besagten Schauspielern eine Spaltung der Gesellschaft vorwerfen, scharen sie im Netz unter ihren "zutiefst enttäuschten und erschütterten" Distanzierungsposts den Hater- und Lynchmob in den Kommentarspalten und werden es nicht müde zu "Labeln", indem sie unreflektiert mit Etiketten à la "rechts", "Coronaleugner", "Querdenker", "AfD-nah" oder "Verschwörungstheoretiker" um sich werfen als hätte es diese irgendwo gratis gegeben. Auf diese Weise machen sie genau das, was sie der "Gegenseite" vorwerfen: Spalten. Die ohnehin angespannte Stimmung aufheizen. Diffamieren. Nur dass sie sich dabei im Recht fühlen, auf der moralisch richtigen Seite. Und nun wurde doch wieder ein ganzer Abschnitt auf dieses "Rechts-links, Oben-Unten" - Schubladen Denken verwendet (Mir geht dieses "jeden Andersdenkenden als 'rechts' betiteln" aber so langsam auch auf meine nicht vorhandenen Eier, kann Euch bitte Mal was anderes einfallen?!). Man fragt sich fast (aber wirklich nur fast! ;)), ob diejenigen, die andere so gewissenhaft in rechte Schubladen einsortieren, selbst im tiefsten Inneren ein kleines bisschen Nazi sind. Ups, hat sie nicht gesagt (tja, hat sie doch).Werfen wir Mal einen Blick auf weitere Argumente, womit die Aktion schlecht geredet wird:Kommen wir als erstes zu dem absoluten Totschlagargument:"Die Aktion verhöhnt die Pfleger und Ärzte, die an der Front um das Leben der Corona Kranken kämpfen und alle Corona-Opfer und deren Angehörige."Okay, also Kritik an den Maßnahmen der Regierung zu üben, schließt NICHT gleichzeitig aus, dass man höchsten Respekt vor der Arbeit des Pflegepersonals und der Ärzte sowie Mitgefühl für Betroffene hat. Diese Argumentations-Linie verbietet eigentlich jegliche Kritik und erstickt jede Diskussion direkt im Keim, was einfach nur Schwachsinn ist."Die Schauspieler
sind keine Ärzte und haben keine Ahnung von der Thematik und sollten sich deshalb lieber raushalten."Dass die Schauspieler nicht vom Fach sind, verbietet ihnen noch lange nicht, sich eine eigene Meinung über das Handeln der Regierung zu bilden. Außerdem leben wir im Informationszeitalter: Jeder kann sich aus unterschiedlichen Quellen informieren und sich am Ende selbst ein Bild machen. Die Politiker sind im Übrigen auch nicht vom Fach und treffen trotzdem grundrechtseinschränkende Maßnahmen für 83 Millionen Menschen. Die EINE Wissenschaft, welche sich absolut einig ist, dass der beschrittene Weg absolut richtig und alternativlos ist, gibt es übrigens nicht.Kritik ist ja okay, aber die Art und Weise ging gar nicht!" Nun ja, Satire tut eben auch Mal weh. Und wahrscheinlich ist sie in unserer sehr dünnhäutig gewordenen Gesellschaft gerade schwer auszuhalten. Letztlich sind Ironie und Sarkasmus nur Werkzeuge, die den Finger in die Wunde halten. Und die Reaktionen zeigen: Es wurde ein Nerv getroffen. Und in einer Zeit, in der viele Menschen sich vorkommen wie in einer Realsatire und eine Absurdität die nächste jagt, sind schwarzer Humor und Satire manchmal der einzige Weg diesem Wahnsinn zu begegnen. Mein Vater, Selbstständig und seit einem Jahr arbeitslos durch die hiesigen Maßnahmen, hat's jedenfalls gefeiert. Für ihn war es Balsam für seine durch Corona-Repressionen geschundene Seele. Ich für meinen Teil habe mich auch gefragt, ob Prominente, die sich über die allesdichtmachen Kampagne ausließen, dies auch bei Böhmermanns WDR-Kinderchor taten, wo Kinder die "böse Corona leugnende Oma" singend an's Beatmungsgerät wünschen. Hier war für mich persönlich eine rote Linie überschritten, da Kinder instrumentalisiert wurden und ganz klar nach unten ins Volk getreten wurde, statt nach oben. Zumindest weiß ich nichts von medialem Gegenwind und Kollegen die sich im großen Stil über den (in meinen Augen nicht das erste Mal geschmacklosen) Böhmi echauffiert hätten. Ich habe in diesem Zusammenhang auch viel gelesen bei dem ein oder anderen Promi: "Ich finde ja auch nicht alles gut, was die Regierung macht, aber die Art und Weise von #allesdichtmachen ging gar nicht." Das ist ja löblich, dass ihr auch nicht alles toll findet. Aber meine Frage: WO seid ihr alle? Wo sind eure Stimmen, liebe Prominente? Es gäbe so vieles zu hinterfragen und thematisieren, so viele haarsträubende Ungereimtheiten und politische Verfehlungen. Warum bezieht ihr nicht Stellung? Oder ist es so viel einfacher mit dem Finger auf die zu zeigen, die genau das tun? Zu schreiben: "Ich find ja auch nicht alles toll, aber ..." Und sich damit ja nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen? Ist die Angst zu groß plötzlich auf der anderen Seite als Aussetzige am Pranger zu landen?"Es wurde nur gemeckert, konstruktive Vorschläge und Ideen für Verbesserungen kamen allerdings nicht."Ich denke nicht, dass Schauspieler in erster Linie die Aufgabe haben, fertig aus gearbeitete 12 Punkte Listen zu präsentieren. Vielmehr haben sie den Auftrag der Gesellschaft auf kreative Weise den Spiegel vorzuhalten. Diskussionen anzuregen und Begegnung zu schaffen. Sie dürfen auch gern ein bisschen ärgern und den ein oder anderen Nerv triggern. Und ich denke das war in aller erster Linie auch die Intention (und so sagt es ja auch Liefers): Zum Nachdenken anregen. Diskussionsräume schaffen. Kritische Auseinandersetzung anstoßen und auf die von der Regierung stiefmütterlich behandelten Opfer der Kollateralschäden aufmerksam machen. Verbesserungsvorschläge und Forderungen können sich immer noch aus den daraus resultierenden Dialog ergeben. Zumal sich zumindest über Liefers sagen lässt, dass er auch in Zusammenarbeit mit der Corona Beauftragten in Tübingen bereits Projekte unterstützt und viel im Austausch mit Personen vom Fach ist.Abschließend sei zu sagen: Man kann von der Kampagne und den daran teilnehmenden Schauspielern halten, was man will. Es ist Jedermanns gutes Recht, das ganze nicht gut zu finden. Auch in angemessener Weise darüber diskutieren, ist völlig legitim. Das ist ja auch der Sinn
der Sache. In's Gespräch zu kommen. Ob es allerdings Distanzierungs-, Empörungs- und Diffamierungsorgien inklusive der Forderungen beruflicher Konsequenzen jenen biblischen Ausmaßes seitens der Medien und Promi-Elite braucht, wie wir es gerade erleben, ist fraglich. Noch viel fraglicher ist, wie die Schauspieler auf Teufel komm raus in die rechte Ecke gedrängt und auf diese Weise konstruktive Diskussionen im Keim erstickt werden, der Diskurs einfach verunmöglicht wird.Wie dem auch sei: Mag die mediale Hass- und Hetzkampagne biblisch gewesen sein: Die überwältigende Anzahl an positiven Reaktionen, die die Negativreaktionen (in Form von Likes und Dislikes) um ein Vielfaches übersteigt, legt nahe, dass Liefers und Co. scheinbar irgendwie, irgendwo ins Schwarze getroffen haben. Es lässt auch vermuten, dass ein Großteil der Menschen sich in diesen Videos wieder finden. Dass diese Videos den Menschen aus der Seele sprechen. Die Aktion war also trotz allem nicht umsonst. Sie hat für Aufruhr gesorgt. Man redet darüber. Liefers kommt in Talkrunden zu Wort. Spricht mit Laschet. Politiker wie Spahn signalisieren Gesprächsbereitschaft. Menschen, die sich nicht gehört fühlen, haben eine Stimme bekommen. Die Kampagne hat etwas bewegt.
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Toxische Fandoms - Jeder hat seine Sicht auf die Dinge
Offenbar werden der arme Zack Snyder und seine Kirche von Snyder (Zack nicht Scott!)TM nun von den toxischen Fans der Comicverfilmungen gemobbt, denn diese toxischen Fans sind ja so gemein zu diesen armen unbescholtenen Leuten, zu denen ja überhaupt nicht Ray Fisher, der habituelle bösartige Lügner, der versucht Existenzen zu zerstören nur weil Cyborg in einen “Justice League”-Film weniger wichtig hat als Batman, Wonder Woman und Superman, Zack Snyder, der allen die es gewagt haben an Filmen, die im selben Universum spielen zu machen zu wollen das Leben zur Hölle gemacht hat, oder all jene netten Hater, die das MCU, das Arrowverse, und alle DC-Filme, die nicht von Zack Snyder gemacht wurden, auf das Schlimmste bashen und beschimpfen, und gar jene Zeugen von Zack, die sogar unter die News darüber, wer im neuesten “Star Wars”-Film mitspielt, den Hasthag “Release the Snyder Cut” gepostet haben und das über Jahre hinweg, zählen. Es ist ja nicht so, dass es ungefähr täglich News über ein Projekt, was wirklich niemanden außer den Mitgliedern der Kirche von Snyder noch interessiert verbereitet werden, was ja überhaupt nicht der Grund dafür war, warum selbst jene, denen es am Anfang egal war, ob es einen Synder Cut gibt oder nicht, inzwischen nur noch so genervt sind, dass sie nichts mehr darüber hören können. Oh, nein, die Kirche von Snyder (Zack nicht Scott)TM hat das Internet nicht über Jahre hinweg anstrengend für alle anderen Nicht-Mitglieder gemacht und solange Hate verbreitet bis sie bekommen haben, was sie wollen. Sie sind die armen Opfer hier, die überhaupt nicht, sobald der Director’s Cut veröffentlicht sein wird, den nächsten Hashtag nämlich “Release the Real Snyder Cut” ins Leben rufen werden. Sie alle haben ja überhaupt keine Ähnlichkeit mit der guten alten FPÖ, die behauptet die anderen würden sich wie Nazis verhalten, wenn sie ihren Mitgliedern und Wählern erklären, dass sie nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Sarkamus aus.
Ja, es sind immer die wieder diejenigen, die Hass verbreiten, die sich dann als Opfer stilisieren. In der Politik so wie im Internet. Denen geht nicht ein, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem auch dem nettesten Mensch der Kragen platzt, und dieser netteste Mensch dann einfach nur noch jedes Mal, wenn er so eine Person sieht diese anschreien möchte, dass sie bitte endlich - endlich - die Klappe halten soll, weil einen nicht interessiert was sie zu sagen hat, man es nicht mehr hören kann, und man mit den Inhalten eben nicht nur überhaupt nicht übereinstimmt, sondern sogar der Meinung ist, dass nur ein Wahnsinniger solche Inhalte überhaupt verbreiten würde.
Die Kirche von Snyder (Zack nicht Scott!)TM sind bekannterweise die toxistischen Fans innerhalb des Comic-Fandoms, da sie wirklich alles und jeden attakieren, der nicht Zack Snyder ist. Und wie gesagt zwischenzeitlich sogar Leute und Dinge, die überhaupt nichts mit Comicverfilmungen oder auch nur Comics zu tun haben bzw. nur in sehr sehr weitläufiger Form.
Aber es ja so, dass jeder immer darüber jammert, dass das Fandom, zu dem er gehört das toxischte Fandom von allen ist, dass kein anderes Fandom so toxisch ist. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich auch immer gedacht habe, ich wäre gerade im toxischten Fandom, das es gibt, dann aber ein Fandom entdeckt habe, das noch toxischer war, nur um einige Zeit später eines zu finden, das noch toxischer ist. Dann hatte ich offenbar endlich das Fandom gefunden, dass schlimmer und toxischer ist als alle anderen bzw. die speziellen Fans darin, die die toxistschen Fans überhaupt waren, nur um zusehen zu müssen wie andere Fandoms vor meinen Augen plötzlich in Richtung irgendwie noch toxischer mutiert sind oder aus dem Nichts entstanden sind und plötzlich da waren und Gift verspritzt haben.
Deswegen neige ich heute dazu zu sagen, dass es eine Frage der Sichtweise ist. Ja klar, es liegt nahe anzunehmen, dass ein Fandom, das es geschafft hat jeden, der nicht die eigene Meinung zu 100% teilt zu vertreiben oder in den geheimen Untergrund zu treiben, wohl das toxischte Fandom der Welt sein muss. Allerdings hat dieses Fandom keine Todesdrohungen gegen die Hälfte der involvierten Darsteller, in dem, was man eigentlich vorgibt ein Fan von zu sein, ausgesprochen, also könnte man wohl eher argumentieren, dass doch dieses Fandom das toxischte der Welt sein muss. Allerdings hat dieses Fandom das nur per Social Media gemacht und nicht die privaten Wohnadressen von Darstellern und Autoren im Internet mit der damit verbundenen Aufforderungen diesen Leuten das Leben zur Hölle zu machen veröffentlicht, also müsste wohl doch wiederum dieses Fandom das toxischte der Welt sein. Aber dabei gibt es in allen diesen Fandoms doch trotzdem immer wieder normale Leute, die nicht mit all dem einverstanden sind, aber sicherlich gibt es Fandoms wo nicht nur gewisse Plattformen sondern das gesamte Fandom von all diesen noramlen Personen verlassen wurde, also müssten doch diese Fandoms die toxischten der Welt sein, aber dieses Fandoms waren ja nicht immer so, im Grunde beginnen alle Fandoms durch gemeinsame Liebe und erst im Laufe der Zeit wird es toxisch wegen unterschiedlicher Meinungen, Vorlieben, und Besessenheiten, und vor allem auch wegen all jenen, die sich dem Fandom nur anschließen weil es gerade populär ist dort aktiv zu sein, oder man eine Gelegenheit sieht seine eigene politische Agendra voran zu treiben. Und nicht zu vergessen, dass selbst die toxischten Fandoms vor dem nicht endenden wollenden Lockdown des Lebens weniger toxisch waren als sie es jetzt sind, und so gesehen....
Es kommt eben immer auf die Sichtweise an. Jemand hat mir mal sarkastisch gesagt: “Oh ja, weil es ja ein Fandom gibt, das nicht toxisch ist”. Und ich würde dem gerne widersprechen und sagen, dass es solche Fandoms gibt, aber die Wahrheit ist: Vielleicht mag es uns so erscheinen, aber das mag nur auf der einen Plattform so sein, wo sich höflichere Leute zusammengefunden haben als auf den anderen. Und selbst wirklich nette kooperative Fandoms brauchen in Wahrheit vermutlich nur einen kleinen Schubs um zu mutieren und ihren inneren Hass auf den Rest der Welt freien Lauf zu lassen.
Also ja, jeder hat das Pech im toxistischen Fandom der Welt gefangen zu sein. Denn jeder hat mit dieser Behauptung aus seiner Sicht recht. Sogar die Kirche von Synder (Zack nicht Scott)TM, denn immerhin sind sie die Jünger der Director’s Cut und der ehrlichen Meinung, dass sie doch immer nur die Wahrheit verbreitet hätten. Denn vergesst nicht: Das Wort Fan kommt von Fanatiker, und die meisten Fanatiker sind religiöser Natur und wissen nicht, dass sie Fanatiker sind.
So einfach ist das.
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Die verlorene Ehre der Katharina Blum
Deutsch: Dieser Blogeintrag sieht ganz anders aus, weil er eine Analyse des Buches von Heinrich Böll und des Films von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta beinhaltet. Ich habe mich schon ein ganzes Semester mit diesem Werk beschäftigt und möchte diese Arbeit mitteilen.
Verständnis gegen Verzeihung in zwei Versionen der Katharina Blum
Schon im Titel dieses Werkes offenbart sich die Mehrdeutigkeit der Geschichte. Heinrich Böll betitelte seinen Roman Die Verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann, was die Verfilmung von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta vor dem oder abschnitten. In beiden Geschichten erschießt Katharina Blum einen Journalisten als Verteidigung gegen die Angriffe der Medien, aber die Entscheidung den Titel vor oder nach dem Bindewort oder zu betonen wirkt unterschiedlich auf den Zuschauer oder Leser aus. Die Verfilmung zeigt hauptsächlich die verlorene Ehre vor, um Katharina Blum zu schikanieren und Verzeihung vom Publikum anzuregen. Währenddessen hebt die originale Literaturversion von Böll die Gewalt und ihre Nachwirkungen hervor und führt den Leser zur Beantwortung der Titelfrage: wohin sie [d. h. die Gewalt] führen kann. Deswegen treibt der Untersuchungswinkel der Literatur den Leser an, Katharina zu verstehen, mitten in einem Attentat auf ihren Charakter.
Sowohl Böll in seinem Roman als auch das Regie-Team in der Verfilmung musste eine Frau als Märtyrin der Gewalt der Medien darstellen. Eine weibliche Hauptfigur betont „die Zerstörung des Individuums durch die Ordnung der Macht“ und nach Renner verbinde diese Darstellung einer individuellen Geschichte zugleich mit den Bildern einer autoritären patriarchalen Gesellschaft, die in durchaus überzeichneter Weise präsentiert werde (Renner, 2010, 33). Eine einzelne Frau gegen das Patriarchat durch die Medien dargestellt ist eine empfindlichere und schwächere Protagonistin. Die Betonung im Film ihrer verlorenen Ehre zwingt den Zuschauer auf, die scheinbare logische Schlussfolge zu gelingen und Katharina zu vergeben, denn stellen ihre nonnenhafte Adrettheit und unsterbliche Treue zu Ludwig im Zusammenhang mit der Verleumdung sie als Opfer vor. Der Zuschauer hat keine Chance, ein anderes Urteil über Katharina Blum zu fällen: Eine der ersten Dialogzeile des Films bezieht sich auf die altmodische Hauptfigur auf einem maskierten Ball für lustige und jugendliche Leute.
Böll erstellt die Figur von Katharina, die auf traditionellen deutschen weiblichen Tugenden wie Ordentlichkeit, Sparsamkeit und Fleiß basiert, aber Martha Wallach in Women in German Yearbook zufolge entscheide der Film sich, diese Eigenschaften visuell zu betonen (Wallach, 1985, 65-66). Katharinas Adrettheit wird durch ihre Kleidung und ihr Benehmen im Film hervorgehoben. Es ist als hätten Schlöndorff und von Trotta Katharinas Kleidung neugestaltet. Im Film wird Katharina ihrem Spitznamen „Nonne“ gerecht. Aber laut Böll kleidet Katharina sich am Maskenball “mit einer roten Nelke im Haar, in roten Strümpfen und Schuhen, in einer hochgeschlossenen Bluse aus honigfarbener Honanseide und einem gewöhnlichen Tweedrock von gleicher Farbe“ (Böll, 1974, 22). Rot ist nicht nur die Farbe des sexuellen Verlangens, sondern auch des Blutes, der Gewalt: Elemente dieser Farbe, die der Film zusammenbringt. Weswegen bei der Verfilmung der Party Schlöndorff und von Trotta sie mit einem schwarzen Rock und einer weißen Bluse verkleideten, was laut Wallach in den Zuschauer an eine Nonne erinnere und lasse sie jünger aussehen (Wallach, 1985, 68). Bei einer Szene, in der Katharina die vielen Zeitungsartikel über sich liest, sieht sie aus wie eine Nonne, um das Muster ihrer Reinheit zu erstellen und diese Szene findet gerade vom Mord zur Erinnerung ihrer Unschuld statt In Bezug auf ihre Reinheit fügten die Regisseure eine Reinungszwang hinzu. In ihrer Zelle zwischen den Verhören putzt Katharina die Toilette. Diese „compulsive cleaning scene“ (69) nur im Film erweitert die traditionellen weiblichen Werte, die Böll darlegte.
Am Wichtigsten ist die Kluft zwischen ihrer Erfahrung beim Schießen im Film und Roman. Böll schrieb eine Protagonistin, die sich schon gut mit einer Pistole auskennt: „Katharina habe sich als sehr gute Schützin erwiesen und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass sie schon als junges Mädchen beim Schützenverein gekellnert habe“ (Böll, 1974, 182). Laut Wallach würden ihre Jugend und Unschuld sie impulsiver beim Schießen machen. (Wallach, 1985, 70). Wegen dieses Handlungsunterschieds werden vorsätzlicher Mord und Verbrechen aus Wut gegenüber den Medien und aus Leidenschaft, um Ludwig wiederzusehen, entgegengestellt. Ein Verbrechen aus Leidenschaft wird leichter gesellschaftlich und gesetzlich vergeben. Katharinas Zusammenzucken hätte nur im Film gezeigt werden können. Diese Gesichtsausdrücke beim Scheißen entlasten sie, während die Zitate aus dem Buch sie verurteilen: „Ich dachte natürlich auch an den Erschossenen da in meiner Wohnung. Ohne Reue, ohne Bedauern. Er wollte doch bumsen und ich habe gebumst, oder?“ (Böll, 1974, 188). Einigermaßen in Bölls Darstellung ist sie eine echte reuelose Mörderin und im Film bleibt Katharina etwa jungfräulich und von den Medien beschädigt. Es ist einfacher der „Nonne“ zu vergeben als der Schrotflinte-fähigen Sünderin.Die Umkehrung der Handlung in der Verfilmung schafft andere Urteile gegen Katharina Blum als das Buch. Wenn Blum den Journalisten am Ende der Handlung wie im Film erschießt, erreicht der Film Sympathie für die verhaftete Protagonistin, während das Buch den Leser gleichzeitig ihre Teilnahmslosigkeit am Terrorismus und die Gewalt der Medien hinterfragen lässt. Er fängt mit einer Art Spionage an. Der Zuschauer ist schon der Polizei gegenüber misstrauisch. Die Nahaufnahmen von Ludwig Götten, dem gesuchten Terroristen und Katharinas einmaligen Liebhaber, stellen ihn eindeutig als eine Zielscheibe dar. Das Schwarz-Weiß-Filmmaterial und Halbnah-Einstellungen von ihm und Katharina begleitet von spannender Musik stellen die zwei Hauptfiguren unter Beobachtung und erhöhen den Verdacht der Zuschauer gegen das Untersuchungsteam. Die Kamera zeigt eine Detail-Aufnahme der Adresse Katharinas Wohnung und der Intimität ihres ersten Kusses mit Ludwig. Die Spannung steigt und führt am Ende zu einem Mord, was begeisterte Gespräche im Kino führen würde. Das Buch lässt nichts Spannenderes nach dem Anfang kommen, weil die Tat schon offenbart wird. Der Roman hätte keine solche Spannung schaffen können, weil ein Film dem Zuschauer gleichzeitig Bild, Ton und Räumlichkeit anbietet: Katharinas Viktimisierung werde in brillanter Farbe verdeutlicht (Wallach,1985, 65).Die Farbe dieser Viktimisierung heißt Sexualität. Am Anfang des Films im Gegensatz zum Buch sieht der Zuschauer die Untersuchung Katharinas Wohnung, wo sie nackt für die Polizeisuche ausziehen muss, um eine Analinspektion zu bekommen, die dem Buch fehlt. Die sexuelle Ausbeutung im Film trägt zu Katharinas Verletzlichkeit bei. Die Reihenfolge des Films befasst sich dann mit ihrer verdorbenen Ehre und deswegen betont er gerade am Anfang die Momente, in denen Katharina missbraucht und verleumdet wird, um Mitleid zu erregen. Professorin Charlotte Armster zufolge werde die sexuelle Ausbeutung der Handlung von andren Kritikern und Filmwissenschaftlern vernachlässigt. Dieses wiederkehrende Thema ist ein Übergriff auf ihr Privatleben und drückt Blum ihre Belastungsgrenze zu erreichen. Armster meint, Blums finanzielle Situation von der Polizei und Tötges durch die Annahme erklärt werde, dass sie als Prostituierte tätig sei und es werde berichtet, dass Blums Scheidung durch Ehebruch verursacht wurde. (Armster, 1988, 90) und nichts davon sollte sie kriminalisieren. Blum wird als Verbrecherin wegen ihrer Beziehung zu einem Verbrecher angeklagt. Ihre einmalige Angelegenheit wird von einem SWAT-Team untersucht, was gar nicht dem mutmaßlichen Verbrechen entspricht. Politische Angriffe sind nicht genug, um den Leser anzuregen: “Katharina Blum must be degraded sexually and made into „that kind of woman “who would do anything“ (Armster, 1998, 87). Die Sexualisierung der Protagonistin erregt auch mehr Sympathie und ist wichtig im Zusammenhang mit dem Mord dieses Krimi Romans.
Das Buch fängt mit dem Verbrechen an, zu dessen Begehung Katharina von den Medien getrieben wird. Deswegen versucht der Zuschauer bei dem Roman den Mord zu verstehen, ohne zu viel Mitleid für Katharina. Schon im dritten Kapital (jedes Kapital besteht aus ein paar Absätzen) wird ihr Bekenntnis erzählt: „sie habe mittags gegen 12.15 in ihrer Wohnung den Journalisten Werner Tötges erschossen. . . sie selbst habe sich zwischen 12.15 und 19.00 Uhr in der Stadt umhergetrieben, um Reue zu finden, habe aber keine Reue gefunden; sie bitte außerdem um ihre Verhaftung, sie möchte gern dort sein, wo auch ihr >>lieber Ludwig<< sei“ (Böll, 1974, 12). Bei diesem Anfang gibt es weniger Fähigkeit des Publikums zu vergeben, aber mehr Wunsch ihre Psychologie zu verstehen. In Margarethe von Trottas Film Hannah Arendt sagt die Titelprotagonistin, Verständnis sei nicht dasselbe wie Vergebung. Hannah Arendt, die auch stark von den Medien kritisiert wurde, versucht den Nazi vor Gericht zu verstehen und will ihm dennoch nicht seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit verzeihen. Deswegen geht die Erzählung der Katharina Blum danach darum, wie der Leser ihr Verbrechen auffassen kann. Das Buch bietet etwas Journalistisches und Sachliches an, was der Film versucht, zu nachnahmen, aber er gelingt es laut Jameson Kismet Bell Medienwissenschaftler nur durch Zwischentitel mit dem Datum an die Sachlichkeit und Zeitlichkeit des Berichts aus dem Roman erinnern. Im Roman ist der Unterschied zwischen Erzählung und Bericht sehr deutlich, aber schwer zur Leinwand zu übersetzen (Kismet Bell, 2015, 64-5). Der Zuschauer verliert sich zwischen Neutralität und Emotionalität und wird wegen der Spannung der Ermittlung von der Sachlichkeit des Films abgelenkt. Zusammenstellung von Emotionen verursacht eine bessere Auffassung von Katharina Blum und infolgedessen mehr Mitleid für sie als im Roman.
Der Leser nimmt an der Ermittlung teil, während im Film der Zuschauer sich Hoffnungen macht, dass Ludwig befreit würde, damit er und Katharina zusammen sein könnten. Der Erzähler des Romans gibt dem Leser direkt die Hinweise. Die Quellen, die aus Interviews und veröffentlichten Zeitungsartikeln bestehen, werden gelesen. Die Ermittlung ist sachlicher als im Film und weckt weniger Emotionen an. Bei der Literatur ist die Hauptsache die Entdeckung, wohin die Gewalt der Medien einen normalen Menschen führt. Im Gegensatz zum Buch sieht der Zuschauer die überwältigenden Stapel von Zeitungen, aber er liest sie nicht die entweihenden Briefe vor, die eine Armee der Anonymität ihrer Angreife gegen ihr als leidige Frau zeigen. Im Film sieht man den Tod Blums Mutter, den von Tötges ausgelöst wird. Der Journalist interviewt sie auf ihrem Sterbebett und erdichtet Zitate aus ihren Wörtern und Katharina liest über die falschen Vorwürfe und den Tod ihrer Mutter in der Zeitung, als hätte sie ihre eigenes Mutter durch ihrer Verwicklung zu Ludwig getötet. Es gibt mehr Verdruss, wenn der Zuschauer nicht weiß, wie schlecht Katharina verleumdet wird. Im Roman jedoch steht die Wortverdreher einfach vor den Augen des Lesers: “aus seiner [Blornas (Katharinas Arbeitgeber)] Äußerung, Katharina sei klug und kühl >>eiskalt und berechnend<< gemacht hatte und aus seiner generellen Äußerung über Kriminalität, dass sie >>durchaus eines Verbrechens fähig sei<<“ (Böll, 1974, 48). Der Leser fasst die Quellen zusammen, sodass er am Ende des Buches ein überlegtes Urteil fällen könnte. Im Gegenteil dazu erfährt der Zuschauer den Mord der Journalisten, nur nach der Verleumdung, der Beleidigung und der Gewalt gegen Katharina. Laut Wallach sei die Zerstörung ihres Privatlebens und Ansehens und sogar der Seele dieser vorbildlichen und wehrlosen Frau bösartig, dass Katharinas letzte verzweifelte Rache verzeihlich werde (Wallach, 1985, 68).
Die Auslassung oder Änderung von Details in der Verfilmung im Gegensatz zum Buch löst eine andere Reaktion des Publikums aus. Die Veränderung der Ordnung des Buches in der Verfilmung erreicht ein höheres Spannungsniveau. Katharinas Eigenschaft adrett zu betonen wirkt mehr Mitleid und Vergebung aus, währenddessen führt die sachliche Information voller indirekter Rede zu unterstreichen zu einem tieferen Verständnis der gesellschaftlichen Probleme und die Verunglimpfung einer anständigen Frau, die sich eben in einen sogenannten Terroristen verliebt. Die Kontroverse im Buch sollte um die Humanisierung des Terrorismus gehen, aber im Film geht die Frage darum, wie Blum von der Zeitung behandelt wird. Das Buch ermöglicht eine Beurteilung des Lesers und die Botschaft ist weniger eindringlich als im Film. Der Film stellt einen entscheidenden Standpunkt dar, während das Buch objektiv Berichte und Zeugenaussage anbietet und deswegen überlasst das Urteil dem Leser. Die filmische Kontroverse stellt das Übertreten der Medien und ihre Ausübung von Autorität zur Schau. Mit einer Leserschaft von Nachbarn, Arbeitgebern, Freunden, Pfarren und Fremden von Katharina Blum wird ein Attentat auf ihren Charakter durch Wortverdreherei, eine Sexualisierung ihres Charakters, Untersuchung ihrer Familie, ihres Ex-Ehemannes, ihres Liebhabers und ihrer Finanzen deutlich und schuldet die Medien. Blum erschießt den Journalisten nur als ihre Persönlichkeit, ihr Privatleben, ihr innerstes Selbst verletzt wird. Armster zufolge sei die Ermordung keine Rache für eine veröffentliche verlorene Ehre, sondern aus Verteidigung die private Integrität (Armster, 1988, 93). Im Film kann man das klar sehen und hören: In der Mordszene wird kein Gespräch geführt. Zwischen Blum und Tötges gibt es nur einen Monolog, in dem Tötges die Gewalt der Medien untertreibt und zu Blum eine sexuelle Annäherung versucht. Er und die Zeitung vertreten die gesellschaftliche Autorität, die von den Medien gegen Blum als Einzelperson beherrscht wird. Dies wirkt Ekel über die Medien auf den Zuschauer aus. Ganz am Ende des Films wird der Zuschauer mit dem Bild einer Zerstörung des Privatlebens und das Gefühl verlassen, dass die Zeitung verantwortlich dafür ist.
Bibliografie:
Armster, C. (1988). Katharina Blum: Violence and the Exploitation of Sexuality. Women in German Yearbook: Feminist Studies in German Literature & Culture, 4(1), 83-95. doi:10.1353/wgy.2012.0042
Böll, H. (1974). Die verlorene Ehre der Katharina Blum: Oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie fuhren kann Erzählung. Gutersloh: Kiepenheuer & Witsch.
Kismet Bell, Jameson. (2015). The Theatricality of Media: The Ethics of Adapting Die verlorene Ehre der Katharina Blum to the Motion Picture. Monatshefte, 107 (1): 64-83. Bogaziçi University, Istanbul.
Martin, E. (2007). The Global Phenomenon of "Humanizing" Terrorism in Literature and Cinema. CLCWeb: Comparative Literature and Culture, 9(1). doi:10.7771/1481-4374.1023
Renner, R. G. (2010). 1989 und die Folgen. Deutsche Gegenwartsgeschichte im Nachwendefilm. Pandaemonium Germanicum (Online), (16), 22-52. doi:10.1590/s1982-88372010000200003
Wallach, M. (1985). Ideal and Idealized Victims: The Lost Honor of the Marquise von O., Effi Briest and Katharina Blum in Prose and Film. Women in German Yearbook: Feminist Studies in German Literature & Culture, 1(1), 61-75. doi:10.1353/wgy.2012.0018
English: In Fall 2020 I took the Senior Seminar for my major in German Studies and the topic of the course was German History through Film. I primarily studied the films of Margarethe von Trotta and the film Die verlorene Ehre der Katharina Blum (The Lost Honor of Katharina Blum) based on the novel by Heinrich Böll caught my attention and was the subject an argumentative essay and a final research paper that I wrote, comparing the book and film. I won’t translate my entire essay from German to English, but instead I will reiterate the main points of the essay and discuss the structure of the book.
The main difference is in how each version represents the protagonist, Katharina Blum who is under police investigation for having a brief affair with a wanted domestic terrorist. I argued that the film version elicits forgiveness for Katharina from the audience, while the novel emphasizes the need to try to understand her character in making our judgements. We can see this just from thinking about the title in its entirety. The Lost Honor of Katharina Blum, or How Violence Develops and Where it Can Lead. The film pains Blum as a victim of a ruthless newspaper by depicting her as nunlike and innocent, while the original text remains objective and journalistic in order to explain what the violence from the newspaper drives Katharina Blum to do, which results in an act of terrorism. The investigative style of the book comprised of reports and interviews is a stark contrast to the behavior of the journalists at Zeitung newspaper who twist words and mutate Blum’s image into a promiscuous terrorist-tied prostitute.
The subtitle differences between the film and the book can be found through the clothes, sound and camera shots and the order of the series of events. Katharina is dressed much more modestly in the book which aligns with the innocent version of herself that the directors brought to the silver screen. On the contrary, in the book she smokes cigarettes and has experience shooting a gun, which diminishes her angel-like qualities as she shoots the journalist at the very end of the film.
The book begins by explaining there was a crime and matter-of-factly tells of the murder. As all films seek to do, directors Volker Schlöndoff und Margarethe von Trotta wanted to create suspense and therefore leave the murder to the end, to arise emotions and shock, leading the audience to forgive Blum who would have had to kill out of necessity in the film’s version of the story. The film emphasizes the surveillance of Blum and her one-time lover and wanted man, which the journalistic style of the book is unable to do as it lacks image, sound and the ability to transfer the film material from color to black and white, which shows nature of police cameras at that time.
This read is not only a thrilling investigative novel, but also sheds light on historical events. Böll wrote this book in 1974 in the wake of the Rote Armee Fraktion (RAF), a radical leftist group established in 1968, which was the object of such media attention as described in the novel. Even in 2021 we find that democracy is not always so stable, the media runs rampant, and privacy is often violated, making this book a must-read even nearly 50 years later.
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Woche 47-50: Fragmente eines Krankenhausaufenthalts
Wie sich herausstellte, stand ich nicht "einfach nur" unter gruseligem Streß. Nein, ich hatte eine recht heftige Anämie! Das merkten wir allerdings erst, als ich ein paar Tage nach dem Umzug physisch zusammenbrach.
ABW: Geh mal lieber zum Arzt. Ich: ... schaff ich nicht... zu weit weg... ABW: Die Polyklinik ist da drüben! 200 Meter! Ich: ... zu weit weg... ABW: ... Bereitschaftsdienst? (die Nummer, die man anruft, wenn man nicht sicher ist, ob man zum Arzt muß, ob man ein bestimmtes Medikament mit einem bestimmten anderen zusammen nehmen darf usw. usf.) Ich: *wähl* Warteschleife: *nerv* Bereitschaftsdienst: Ich schick Ihnen mal ne Ambulanz. Ambulanz: *tatütata*
(Am Umzugstag selber war schon so eine Situation gewesen: Ich: *komme nicht vom Boden hoch* 3 ABW-Onkel und -Tanten: *hiev* 3 ABW-Onkel und -Tanten: Komm! Die Meerschweinchen sind schon in der neuen Wohnung! Ich: wstfgl 3 ABW-Onkel und -Tanten: Meerschweinchen! Ich: ... müüüde... 3 ABW-Onkel und -Tanten: *schaffen es irgendwie, mich in die neue Wohnung und ins Bett zu bugsieren* ABW-Tante: *kocht mir noch ein Instant-Nudelsüppchen* Ich: 👍 ABW-Tante: Aber nicht in der Nacht die Meerschweinchen aus dem Ställchen lassen, OK? Ich: wstfgl ABW-Tante: In Worten, bitte! Ich: 👍 ABW-Tante: ... OK, das lasse ich mal so gelten. Damals waren wir noch der Überzeugung, daß es nur Umzugsstreß war und es mir am nächsten Morgen besser gehen würde. BESSER HAHAHAHA~~)
Dann durfte ich also endlich mal in dem Wagen fahren, den ich schon oft bewundert hatte, nämlich den mit der Nummer KU6221 (KU = Keski- (Mittel-) Uusimaa und 06221 gefällt mir, weil's die Vorwahl von Heidelberg ist (da hatte ich zu Festnetztelefoniezeiten Freunde, daher ist mir die Nummer vertraut)).
Dann lag ich einige Stunden in der Notaufnahme, während um mich herum Leute in verschiedenen Varianten der aktuellen Moderichtung "Ganzkörperkondom" herumwuselten und mir diverse Körperflüssigkeiten abnahmen und sonstige Tests durchführten.
Solange ich in der Horizontalen war, ging's mir ja gut.
Wie privilegiert ich bin, wurde mir bewußt, als ein paar Betten weiter ein albanischsprachiger Mensch eingeliefert wurde. (Ich kann eigentlich gar kein Albanisch! Aber natürlich lauschte ich mit soooooo großen Linguistenohren, weil's eine fremde Sprache war, und irgendwann fiel mir auf, daß Patient und Dolmetscherin an Stellen, wo ich so rein diskurstechnisch "ja" gesagt hätte, "po" sagten, und dann wurde mir klar: Albanisch! Danach fiel mir dann auch auf, daß gefühlt jeder zweite Vokal ein Schwa war, und etwas später fing ich dann auch an, Zahlwörter herauszuhören. Immerhin. Aber ich schweife ab.)
Der arme Kerl brauchte für wirklich alles die Dolmetscherin. Ich hingegen konnte einfach so (einfach so!) den Rufknopf drücken, in der Gewißheit, daß, wer auch immer gelaufen kommt, mit mir eine gemeinsame Sprache hat. (Da ich ein gebildeter Mensch bin und Ärzte und Pfleger ebenfalls dazu neigen, gebildete Menschen zu sein, konnte ich sogar erwarten, mit Wer-auch-immer-gelaufen-kommt zwei oder drei gemeinsame Sprachen zu haben. Ich habe zwischendurch mit einem Pflegeschüler etwas Schwedisch parliert, was Spaß gemacht hat.)
Immerhin ist's eine Uni-Klinik, da ist die Wahrscheinlichkeit, daß irgendwo jemand Sprache X kann, wohl etwas größer als anderswo.
Zwischendurch bekam ich auch einen Covid-19-Test verpaßt. Ich hatte gruselige Sachen gehört ("die stoßen dir ein Ding in die Nase, ganz tief, BIS IN DIE SEELE REIN!!1!"), aber so schlimm war's nicht. Der Typ kratzte mir ein wenig auf der Oberseite des Velums herum, was für uns Linguisten wegen der Phonetik kein soooo unbekannter Ort ist, und das war's dann. Ich hatte fast das Gefühl, ich hätte mir selber schon tiefer in der Nase gebohrt, obwohl das eigentlich anatomisch unmöglich ist.
Naja gut, immerhin bin ich Covid-19-frei.
Irgendwann rollten sie mich dann samt Bett in die Über-Nacht-Beobachtungsstation (wo die Leute in normaler Krankenhauskleidung herumliefen und nicht mehr im Ganzkörperkondom). Inzwischen hing ich auch am Tropf: im einen Beutel irgendwas Isotonisches mit Kochsalz und im anderen Beutel anderer Leute Thrombozyten.
... das war auch so ein Drama. Anscheinend habe ich schüchterne Venen.
Pfleger: *packt Kanüle aus* Venen: *haben's gesehen und versuchen sich hintereinander zu verstecken* Pfleger: *pieks* Ich: 🎶 AUFERSTANDEN AUS RUINEN UND DER ZUKUNFT ZUGEWANDT Pfleger: *versucht's am anderen Arm* Ich: 🎶 ALTE NOT GILT ES ZU ZWINGEN UND WIR ZWINGEN SIE VEREINT Pfleger: *gibt auf und ruft einen Anästhesisten* Ich: 🎶 UND DIE SONNE SCHÖN WIE NIE Anästhesist: *flupp* OK, ist drin. Ich: 🎶 ÜBER DEUTSCHLAND SCH– ach, das war's schon?
DANN GAB'S ENDLICH ABENDESSEN~~
(Das Krankenhaus Peijas hat eine ganz ausgezeichnete Küche! Außer am Wochenende, wenn die Köche alle frei haben. Zum Glück wurde ich an einem Freitag eingeliefert. Auf der Zunge zergehendes Hühnchen und ein wundervoller Gemüseauflauf, mmmm.)
Und am nächsten Tag kam ich auf die Innere und da blieb ich dann übers Wochenende.
Und am Sonntag war Unabhängigkeitstag und im Fernsehen lief Tuntematon Sotilas und das ist kein Film, den man sich angucken sollte, wenn's einem eh schon schlecht geht. (Fun fact: Zu Marskis Geburtstag brauen sie sich hastig Kilju (Zucker+Hefe+Zeit und dann hat's genug Alkohol, daß man sich damit besaufen kann) und singen diverse Lieder, unter anderem versuchen sie sich an "Die Fahne hoch", was mir als Deutscher (vor allem mir als Deutscher eher linker Ausrichtung) etwas... seltsam erschien. Hatte aber eine gewisse Komik, weil sie alle den Text nicht konnten. "Die Fahne hoch... rei... Reigen? ... fesge... 'ossen..." Ich so: "DIE REIHEN FEST GESCHLOSSEN, ihr Nazi-Luschen! Und die restlichen zweieinhalb Strophen schaffen wir auch noch!" Finnische Soldaten im Film: *der Reihe nach betrunken umkipp*) Und irgendwie dauerte der Film gefühlt länger als der 2. Weltkrieg (den er beschreibt) und am Ende sind (realistischerweise) alle tot und es kommt patriotische Musik und man sieht rauchende Ruinen, die anscheinend Karelien darstellen sollen.
(Wer eine handlichere Version will, möge Onward towards Our Noble Deaths von Shigeru Mizuki lesen. Ist dasselbe, nur kürzer und als Manga und mit Japanern in Südasien statt mit Finnen in (Damals-noch-nicht-ganz-Russisch-) Karelien.) (Überhaupt: Shigeru Mizuki. Alles ist besser mit Yōkai. Meinjanur.)
*seufz*
"Dank" Covid-19 gab's dann statt des traditionellen eher langweiligen Empfangs beim Präsidenten eine tatsächlich recht interessante mehrstündige Sendung, in der "das Jahr in Finnland" Revue passierte und in der auch diverse Künstler auftraten und ihre Sachen deklamierten, tanzten oder sangen, und zwischendrin immer wieder aus irgendwelchen Gründen der Präsident zu verschiedenen Themen interviewt wurde. Weil, äh, ist ja Unabhängigkeitstag.
(Bißchen peinlich nur, als die Mitglieder einer Tanztruppe vom Reporter gefragt wurden, was sie denn gegen den Klimawandel täten: "Ich mach Mülltrennung!" "Ich fahr mit dem Fahrrad!" Ich so vor dem Fernseher: *augenroll* "Ich mach Online-Aktivismus gegen die Konzerne, die für über 90% der Klimagase verantwortlich sind!")
Und am Montag haben sie mich dann rausgeschmissen entlassen. Mit einer langen Liste neuer Diagnosen (1. Anämie bislang unbekannten Ursprungs; 2. geheimnisvolle, aber inzwischen aufgelöste Thrombose am Rande der linken Lunge; 3. Hiatushernie, die genau wie die Thrombose überraschend auf einem zu einem völlig anderen Zweck angefertigten Röntgenbild auftauchte) und Medikamente (1. riiiiiiesige Eisentabletten, täglich zu nehmen; 2. Blutverdünner). Außerdem darf ich bis auf weiteres mein altes Antidepressivum nicht nehmen, weil (wer hätte das gedacht) eine schrecklich seltene Nebenwirkung von dem Zeug Magenblutungen sind und die Krankenhausärzte lieber nichts riskieren wollten. (Zu der Hiatushernie: JAHRELANG haben sie mich von Kopf bis Fuß abgeklopft auf der Suche nach der Ursache meines "idiopathischen" Reflux; ich habe keine Magengeschwüre, ich habe keine Helicobacter in nachweisbaren Mengen, ich habe... gar nichts? ICH HABE EINE HIATUSHERNIE! ICH WUSSTE ES einself)
(Mit Blutverdünnern ist übrigens nicht zu spaßen. Ich habe mir gestern abend beim Versuch, eine Packung Wurstaufschnitt zu öffnen, eine kleine Schnittwunde zugefügt und die fing jedesmal, wenn irgendwie Feuchtigkeit draufkam, wieder leicht zu bluten an. Jetzt bleibt das Pflaster drauf! Bis zum Wochenende aber mindestens!)
Jetzt bin ich seit einer Woche auf Escitalopramentzug, was ja auch gar lustig ist. Im Prinzip fühlt es sich an, als wäre ich nonstop betrunken. Das Ganze soll noch etwa 2 Wochen lang andauern. Bis dahin muß ich mich vorsichtig bewegen (denn die Welt dreht sich um mich) und habe einige IQ-Punkte weniger als sonst und wer mit mir reden will, muß L-A-N-G-S-A-M und bitteschön in Standardsprache reden. Mit scharfen Gegenständen und anderen Sachen, an denen man sich verletzen kann, muß ich auch vorsichtig sein, siehe oben.
Und ich bin auch schon seit einer Woche in der neuen Wohnung (eigentlich seit zweien, aber die erste davon war ja eher so Krankenhaus), und dank ABW ist auch schon einiges ausgepackt. Die eine ABW-Tante meinte heute, sie habe übrigens zu Hause etliche neuwertige Duschvorhänge (ich so: ???, sie so: *schulterzuck*) und sie bringt die mal vorbei und dann gucken wir mal, ob mir einer gefällt. (Wäre ja schon schön, wenn ich nicht jedesmal nach dem Duschen das ganze Bad abwischen muß!)
Was echt gewöhnungsbedürftig ist: Das Einkaufszentrum mit (unter anderem) den ganzen Lebensmittelgeschäften ist direkt um die Ecke. Ich brauche mich also nicht ein- bis zweimal in der Woche abzuschleppen, sondern kann einfach öfter gehen und dann kleine handliche Tüten heimtragen. Bis jetzt habe ich das jedesmal vergessen und dann viel zu schwere Tüten gehabt...
Ich habe auch schon einige Nachbarn kennengelernt (äh, "danke", liebe Aufzugswartungsfirma, daß vier von uns, davon eine Rollstuhlfahrerin, über eine Stunde im Erdgeschoß warten mußten, bis das Ding wieder lief). Und da das Haus sehr tierfreundlich ist (im Ernst, in der Hausordnung steht "Haustiere ausdrücklich willkommen"), kenne ich auch einige vierbeinige Nachbarn, zumindest von der Stimme her. In der Wohnung direkt neben meiner wohnt anscheinend ein größerer Hund (zumindest hat er eine recht tiefe Stimme), der zu bestimmten Tageszeiten (Essenszeit, Herrchen/Frauchen kommt von der Arbeit heim) sein Essen bzw. seinen Menschen begrüßt. Gesehen habe ich den Hund aber noch nicht.
Und ich habe endlich einen Tiefkühlschrank! Halleluja! Und die Benutzung der Waschmaschine (etc.) im Keller ist kostenlos! (... die Miete ist ja hoch genug, da darf gerne irgendwas kostenlos sein.)
Weil wir aber natürlich alle darauf brennen, zu erfahren, wohin denn nun mein ganzes Hämoglobin abgehauen war, mußte ich inzwischen noch einmal zur Blutabnahme und außerdem zur Magenspiegelung. Meine letzte Magenspiegelung war nach dem Tod meiner Mutter und dem Autounfall damals auf der Grumbachtalbrücke (Saarländer wissen: die ist echt hoch) das schlimmste Erlebnis, das ich je hatte (nein, ich übertreibe nicht, und ich spreche als jemand, der 11 Jahre Schulmobbing hinter sich hat); also bat ich sie diesmal, mir so viele Tranquilizer zu geben, wie sie nur finden konnten. Daraufhin bekam ich eine halbe Stunde vor der Prozedur einen Tropf mit irgendeinem Benzodiazepin und die ganze Sache war tatsächlich erträglich. Netterweise durfte ich auch meine "Begleitperson" (Plüschtier zum Dran-Festklammern) mitnehmen. Allerdings ließen sie mich wegen der Beruhigungsmittel nicht allein nach Hause, ich mußte also in eine Taxifahrt investieren. Aber immerhin fühle ich mich nicht retraumatisiert, das ist ja auch etwas wert.
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