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Das besondere Gedicht
Sommerfrische
Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß, Das durch den sonnigen Himmel schreitet. Und schmücke den Hut, der dich begleitet, Mit einem grünen Reis.
Verstecke dich faul in die Fülle der Gräser. Weil's wohltut, weil's frommt. Und bist du ein Mundharmonikabläser Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.
Und laß deine Melodien lenken Von dem freigegebenen Wolkengezupf. Vergiß dich. Es soll dein Denken Nicht weiter reichen, als ein Grashüpferhupf.
Joachim Ringelnatz
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Streiflicht

Sebastian Christoph Gollnow/Sebastian Christoph Gollnow/dpa Alle Wucht und Resilienz der deutschen Defensive spiegelt sich in den Namen der Verteidigerinnen: Elisa Senß kämpft im EM-Halbfinale mit Spaniens Mariona Caldentey um den Ball.
(SZ) Mythos Fußballer-Name: Mancher hat in der Vergangenheit seinen Namen schon mal als Warnung verstanden. Der alte Verteidiger Herbert Finken pflegte sich seinen Gegenspielern mit einem Kurzgedicht vorzustellen: Mein Name ist Finken/und du wirst gleich hinken. Mythos Fußballerinnen-Name: Die Spielerinnen haben eine spektakuläre Europameisterschaft absolviert, und auch ihre Namen sind natürlich so melodiös oder wenigstens beziehungsreich wie die der Männer, man merkt es, wenn man nochmal die Team-Tableaus durchblättert. Schönes Beispiel: die deutsche Defensivarbeiterin namens Elisa Senß. Sehr angemessen, denn wo sie hinlangt, wächst kein Gras mehr. Alle Wucht und Resilienz der deutschen Defensive spiegelt sich in den Namen der Verteidigerinnen. In den Hammerduellen mit Frankreich und Spanien wehrte sich nicht Senß allein: genauso Knaak und Wamser.
Der Zauber der Fußballerinnen-Namen entfaltet sich am allerbesten in Kombinationen, die niedlich klingende Schweizer Diminutiv-Dreierkette Stierli-Wälti-Fölmli lenkt von der wahren Kampfkraft der Eidgenossinnen allerdings ein klein wenig ab. Bei Belgien, zum Zeichen der wenigstens auf dem Fußballfeld gelungenen Emanzipation, sind die Frauen (Justine Vanhaevermaet) so buchstabenreich wie die Männer (Toby Alderweireld). Die Torfrau der Niederländerinnen, Daphne van Domselaar, klanglich absolut auf einer Höhe mit Disney-Legenden wie Klarabella Kuh und Gundel Gaukeley. Bei den Niederländerinnen außerdem im Mittelfeld am Start: Wieke Kaptein, die die Kapteins-Binde tragen könnte – wäre sie denn Spielführerin. Die Italienerinnen sind einerseits als Werbeträgerinnen reizvoller Regionen unterwegs (Valentina Bergamaschi, Martina Piemonte), andererseits (Sofia Cantore, Arianna Caruso) der Musikalität verhaftet und verpflichtet. Außerdem spielte Eleonora Goldoni bei den Italienerinnen mit: bei den Engländerinnen dagegen nur Lucy Bronze. Und in der deutschen Nationalmannschaft verteidigte, leider nur bis zu ihrer frühen Verletzung, Giulia Gwinn. Für Belgien verteidigte Laura Deloose, und es wäre eine schöne Pointe gewesen, diese beiden im Zweikampf zu beobachten. Gwinn oder Deloose, zwischen diesen Extremen spielt sich doch das Leben ab.
Zum Abschluss die Traumelf nicht der Alliierten, sondern der Alliterationen, wenn Vor- und Nachname mit dem gleichen Buchstaben beginnen, wie bei Coca-Cola, PayPal oder TikTok. Es spielen also: Cata Coll; Hafrún Halldórsdóttir, María Méndez, Maren Mjelde, Rhiannon Roberts; Sherida Spitse, Grace Geyoro, Katariina Kosola; Nadia Nadim, Barbara Bonansea, Melvine Malard. Eine so wohlklingende wie teamübergreifende Europa-Auswahl, zur Erinnerung an eine aufregende Fußballmeisterschaft. Ein Turnier der Knalleffekte in der Schweiz, deren Torhüterin den herrlichsten all der herrlichen Namen trägt: Peng.
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Das besondere Gedicht
Der Tote
War’s ein Traum? Ist’s wahr? – Was macht’s! Bilder ziehn und fliegen. Einen Toten sah ich nachts auf der Bahre liegen. Schlug die Augen nicht mehr auf, hielt den Mund geschlossen und ließ doch den Worten Lauf, die im Kreis zerflossen:
Schreiner, füge mir den Sarg aus sechs starken Brettern. Wer das Herz in Schlummer barg, trotzt nicht mehr den Wettern. Wer am Wege niederfiel, müde und verlitten, braucht, dass er ihn leit zum Ziel, keinen Gott zu bitten.

Wem die Sonne nicht mehr scheint, kann die Liebe missen. Wieviel Trauer um ihn weint, braucht er nicht zu wissen. Himmel – Hölle, Dunkel – Licht, heitrer oder trüber – Tote unterscheiden nicht. Lust und Leid: vorüber!
Schreiner, richte mir die Truh aus sechs starken Brettern. In den Grabblock meißle du, Steinmetz, diese Lettern: Menschen, lasst die Toten ruhn, euer ist das Leben. Jeder hat genug zu tun, Arm und Blick zu heben.
Lasst die Toten! Sie sind frei im durchnäßten Sande. Euch entringt der Sklaverei! Euch der Not und Schande! War ein Kampf des Lebens wert, spart dem Tod die Spende – aber nehmt des Toten Schwert! Führt den Kampf zu Ende!
Kämpft, o kämpft und nützt die Zeit zu der Menschheit Glücke! Fällt ein Mann, so steht bereit: Vorwärts! Schließt die Lücke! Wollt ihr denen Gutes tun, die der Tod getroffen, Menschen, lasst die Toten ruhn und erfüllt ihr Hoffen!
Erich Mühsam (1878 –1934)
Bild: Stolperstein in Lübeck vor dem Buddenbrookhaus – im Andenken an den gebürtigen Lübecker Schriftsteller und Anarchisten Erich Mühsam, der 1934 in Oranienburg bei Berlin von den Nazis ermordet wurde.
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Streiflicht
Wer im Wohnmobil reist, nimmt sich die Freiheit, immer daheimzubleiben. Wer das nicht mag, kann trotzdem tolerant gegenüber den Kastenschläfern sein.
(SZ) Was der Sattelzug auf der Autobahn ist, ist das Wohnmobil auf der Landstraße: ein Verkehrshindernis. Ja doch, Lkw sind notwendig für die Versorgung von Mensch und Wirtschaft. Wohnmobile wiederum sind für viele Menschen seelisch notwendig. Sie vermitteln, sagen Wohnmobilisten, den Eindruck von Freiheit: Ich kann stehen bleiben, wo es mir gefällt. Und ich habe immer mein eigenes Haus dabei. Oder wenigstens eine bewegliche Mietwohnung. Das Wohnmobil ist ein Symbol des mobilen Konservativismus. Mit dem eigenen Haus bewegt man sich durch eine Welt, die sich allein durch die Bewegung ändert. Als Wohnmobilist stellt man den individuell gewünschten Grad der Veränderung selbst her („jetzt fahren wir aber weiter“ ), ohne sich selbst verändern zu müssen. Man ist ein teilnehmender Beobachter mit Mobilitätsgarantie. Das könnte man etwa mit der Rolle etlicher Abgeordneter in der Unionsfraktion der Regierungskoalition vergleichen: Solange es ihnen gefällt, bleiben sie stehen und schauen zu. Sobald aber der Jens wieder mal nichts checkt, fahren sie einfach weiter. Bei der SPD ist das im Prinzip genauso, nur dass Jens da Lars heißt.
Symbolpolitisch gesehen ist das Wohnmobil das Fahrzeug der Gegenwart. Dies schlägt sich auch im Verkehr nieder. Es scheinen so viele Wohnmobile unterwegs zu sein wie nie zuvor. Gerade jetzt, da fast alle Ferien haben, schaukeln auf Haupt- und Nebenstraßen die weißen oder beigen Kästen oft am Anfang mittlerer Schlangen durch die Gegend. Vor allem wenn Männer am Steuer sitzen, merkt man an der Fahrweise, dass sie innerlich den Umstieg von der 250-PS-Limousine auf den Dieselkastenwagen noch nicht ganz vollzogen haben. Vermutlich ist ihnen bewusst, dass sie, führen sie in ihrem Auto hinter ihrem wohnmobilistischen Ich her, über den Ferienschleicher fluchen würden. Also holen sie aus dem Wohnwagen auf Selbstfahrlafette so viel heraus, wie es nur geht. Er vibriert, wackelt, und wenn ein Windstoß kommt, wird einem bang. Aber man kann stehen bleiben, wo es einem gefällt.
Aus der Wohnmobilbranche heißt es, dass es kriselt. Nun kriselt es überall so viel, dass man, wenn es bei einem selbst nicht kriselt, den Eindruck hat, etwas sei nicht in Ordnung. Jedenfalls soll es ein Überangebot an Wohnmobilen geben, weil man in der Corona-Zeit sehr viel verkauft hat. Im eigenen Kasten auf Rädern konnte man sich gut isolieren. Jetzt verkauft man nicht mehr so viel, das Isolieren ist nicht mehr in. Corona war gut für Wohnmobile, die AfD und Andrea Tandler, wenn auch für Letztere nur kurzfristig. Für die nächsten Ferienwochen ist es wichtig, dass man den Kastenschläfern mit Wohlwollen und Toleranz begegnet. Sie haben sich eine Art von Freiheit gekauft oder gemietet, die den Nicht-Wohnmobilisten unzugänglich ist. Muss ja nicht alles allen zugänglich sein.
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Everyone is screwed up, broken, clingy, and scared, even the people who seem to have it more or less together. They are much more like you than you would believe. So try not to compare your insides to their outsides.
-- Anne Lamott
(Grimentz, Switzerland)
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Someone asked me if I could provide a small bio but I’ve accidentally deleted the question (and the answer).
I don’t want this person to think I’m that impolite. Also, this post is probably eleven (OMG) years overdue, — so here it is as it was before me choosing the wrong item from one of the drop-down menus.
I’m an Oxford-based researcher (mostly cultural history and contemporary literature) who also happens to be a published poet (English translations are quite limited in number, sorry).
I like experimenting with sound. Here’s, for instance «October in Four Days and Five Spaces», an album of field recordings, — and also some other stuff).
I take interest in all things AI lately and spend some considerable time talking to Midjourney (see some results on Behance, Instagram or Twitter). There’s also one Evocation Engine from Latent Space (follow me, — says Visual Ratatosk)
This particular pic comes from one of my dialogues with Midjourney: we were talking about having vision, about being observant — and about being able to see.
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Zu guter Letzt
Zu guter Letzt
Der Jakobus-Brief aus dem Neuen Testament gehört in einem zunehmend entchristlichten Land nicht unbedingt zu den talking pieces beim Sommerfest. Und dennoch kennen die meisten die verballhornte Version eines Satzes aus eben jenem Brief: Alles Gute kommt von oben. Das „Original“ dieses Sprichworts liest sich in der Bibel so: „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichtes und der Finsternis.“ Man könnte aus diesem Satz eine ganze Predigt machen, sei es für die Kirche oder für die Zeitung, auch wenn das Predigen in der Zeitung im Vergleich zum Rumbelfern auf X an Bedeutung verloren hat.
Ich schaute neulich bei Jakobus nach, weil mich der Friedrich dazu gebracht hatte. Der nämlich sprach in seiner Eigenschaft als CDU-Chef und Bundeskanzler diesen Satz: „Man kann Abgeordneten keine Befehle von oben geben.“ Damit wollte er begründen, dass diverse Unionsabgeordnete nicht für die von der SPD für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagene Frauke Brosius-Gersdorf stimmen wollten. Der Vorgang als solcher ist in den vergangenen Tagen ausführlich kommentiert worden. Da ich der von mir begründeten assoziativ-phänomenologischen Kolumnistenschule angehöre (ich bin ihr einziges Mitglied), glaube ich ohnehin, dass Jens Spahn nicht so aussieht, als könne er ein erfolgreicher, gar guter Fraktionsvorsitzender sein. Eine Voraussetzung des assoziativ-phänomenologischen Kommentierens, das sich auch auf Fragen stützt wie: Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?, liegt darin, dass man Äußerlichkeiten ernst nimmt. Peter Handke hat, zumindest früher, so geschrieben, wie er aussah, Elfriede Jelinek tut das noch heute.
Mir aber geht es diesmal nicht um Merzens Aussehen, sondern um die Formulierung, man könne Abgeordneten „keine Befehle von oben geben“. Abgesehen davon, dass Befehle immer von oben nach unten ergehen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass Merz sich für den, wie es bei Jakobus heißt, „Vater des Lichts“ hält. Dennoch verortet – schreckliches Wort – Merz sich irgendwie „oben“. Damit spielt er wohl nicht auf seine Hobby-Existenz als Privatpilot an, auch wenn Piloten immer wieder mal im Vergleich zu Nicht-Piloten oben sind. Auch geht es nicht um seine Körpergröße, derer er sich allerdings auch politisch bewusst ist. Merz misst 1,98 Meter, sein Rivalenfreund Markus Söder 1,94 Meter. Im Oktober 2024 sagte Merz, es könne sein, dass er nur noch 1,96 messe, um sich an Söder „von oben“ anzupassen. Das ist nicht nur enorm sauerländischer Humor, sondern auch die Bestätigung dafür, dass Merz sich für „oben“ hält – und zwar nicht nur körpergrößenmäßig.
Nicht einmal der Regierungssprecher Stefan Kornelius würde, Jakobus folgend, behaupten, dass „alle gute Gabe“ von diesem Oben – wir führen hier das Oben als Seinszustand ein – komme. Lars Klingbeil wiederum, in der SPD eine Mischung aus Herbert Wehners Aktentasche und August Bebels Uhr, umgebaut auf Solarantrieb, residiert rein hierarchisch nicht in Merz’ Oben, sondern ein paar Zentimeter darunter und gleicht darin Markus Söder. Man tut sich schwer, einen Mitbewohner von Merz’ Oben zu finden. Da wäre vielleicht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (1,78 Meter), der Merz nicht an Länge gleichkommt und schon deswegen in einem eigenen Oben lebt, was seine Freunde manchmal mehr bedrückt als seine Gegner. Das Schloss Bellevue beherbergt ein spezielles Bundespräsidenten-Oben, das fast jeden Amtsinhaber in dessen eigener Wahrnehmung ungefähr einen halben Meter größer macht, es sei denn, es kommt jemand mit einem schon sehr speziellen Privatoben wie etwa der ehemalige Präsident Gauck. Ob das Bellevue-Oben geschlechtsunspezifisch ist, wird sich bei der Nachfolgerin von Steinmeier zeigen.
Nun muss man Friedrich Merz zugutehalten, dass er nicht daran glaubt, sein Aufstieg habe etwas mit dem Vater des Lichts zu tun. Donald Trump (1,90 Meter) dagegen glaubt, dass Gott ihn nicht nur vor dem Attentäter in Pennsylvania gerettet habe, sondern auch, dass er, also Gott, ihn, also Trump, Amerika regieren lassen wolle. Trumps Oben ist so weit entfernt, dass die dort sehr dünne Luft möglicherweise viel, aber keineswegs alles erklärt. Im Vergleich zu Trumps Oben ist Merz’ Oben glücklicherweise so weit unten, dass es nur ein Weitoben ist, wenn man zum Beispiel aus der Weitunten-Perspektive von Beatrix von Storch (1,70 Meter) nach oben schaut.
Noch ist es nicht lange her, dass Merz als Kandidat angekündigt hat, was es mit ihm alles nicht mehr gäbe. Dazu gehörten auch, meine Worte, Insubordinationen in Partei und Fraktion. Das hört sich immer gut an, entspricht aber nicht der Wirklichkeit. In allen Fraktionen gibt es Menschen, deren nahezu höchster Lebenszweck die Insubordination ist, also das Abweichen von der Mehrheit, das Nölen, das verbale Hinterhertreten. Diese Menschen merken meistens, dass ihnen von Seiten der Fraktionsführung, von oben, nichts wirklich Schlimmes passiert, sie aber andererseits durch die Einladung in Talkshows belohnt werden. Talkshows leben geradezu von Abweichlern jeder Art, sei es von der Parteilinie oder der Vernunft.
Friedrich Merz weiß, wie das mit dem Abweichen ist, weil er von sich selbst abwich, als er Ende Januar mit den Stimmen der Union, der FDP und der AfD seinen Migrationsantrag verabschieden ließ. Leider gab es auch damals keinen anderslautenden Befehl von oben, dem Merz gefolgt wäre.
Kurt Kister.
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camino portuguese / villa praia de ancora
© 2025 Yiannis Krikis
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„Ein Nein zur Migration ist ein Ja zum Rassismus.“
Ursula Krechel
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