#biografiearbeit
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Wenn man die 70 überschritten hat, wird das Leben sprichwörtlich überschaubar. Wie viele Jahre noch? Fünf, zehn, oder gar fünfzehn? Selbst der zuletzt genannte Zeitraum geht schnell vorüber. So schnell wie auch die letzten zehn Jahre vorüber gegangen sind. Da wird es Zeit mal Bilanz zu ziehen. Wem kann man von Herzen danken? Wer hat meine Existenz vernichten wollen oder mir massiv geschadet? Wer hat von mir profitiert, aber selten oder gar nicht „danke“ gesagt? Mich vielleicht sogar schamlos ausgenutzt? Wer war auf meinem Lebensweg ein neutraler Wegbegleiter, einer oder eine die kam und ging? So wie ein Schmetterling, der von Blume zu Blume fliegt. Dazu gehören sicher so mancher „Onenightstand“ oder Kurzzeitbeziehung. Aus manchen hätte vielleicht auch mehr werden können. Manche endeten auch schmerzhaft und haben die Traumata meiner Alptraum-Kindheit nochmals verstärkt. Aber das ist wieder ein anderes Thema. Wenn auch ein Seitenfüllendes. Nur eins: Ich war nie ein Macho, Aufreißer und Trophäenjäger, habe aber auch nichts anbrennen lassen. Manchmal sogar nein gesagt. Habe es bis zu meinem 18/19. Lebensjahr und auch danach mit Frauen schwer gehabt. Doppelten Dank gilt daher der zwei Jahre älteren jungen Krankenschwester (ungarischer Abstammung, Name leider vergessen), die mich zu einem „Mann“ gemacht hat.
Heute will ich mal DANKE sagen. Mein Dank gilt an dieser Stelle allen Menschen, die in irgendeiner Form meinen Lebensweg entscheidend geprägt haben, die mir in schwierigen Situationen beistanden, sich als Schutzengel erwiesen, aber auch einfach als Menschen, durch die mein Leben eine entschiedene Wendung erfuhr. Ohne sie hätte mein Leben einen ganz anderen Verlauf genommen. Ich möchte sie mal als Karmische Türöffner, Puzzlesteine oder Schicksals-Horen bezeichnen; auch auf die Gefahr hin, dass dieser Begriff auf den ersten Blick etwas überfrachtet klingt. Natürlich muss ich mich bei dem ein oder anderen Lebensabschnitt fragen. War es wirklich gut, dass diesen oder jenen Weg eingeschlagen habe? Das spielt am Ende bei der Beurteilung meiner Horen keine Rolle. Sie haben es auf jeden Fall gut gemeint. Wie sich die Dinge dann weiterentwickelt haben, ist ein anderes Thema.
Bevor ich in die frühe Kindheit zurückreise gilt zuallererst mein allergrößter Dank meinem LEBENSMENSCHEN, meiner lieben PARTNERIN, mit der ich inzwischen über 28 Jahre zusammen bin. Und natürlich auch ihren lieben KINDERN, SCHWIEGERTÖCHTERN und ENKELN… „Schicksals-Hore“ war die Spanierin Maria GONZALES, die 1996 zusammen mit den Teilnehmern eines Literaturworkshops den Dichterclub „Flattersatz“ gründete und durch ihre guten Beziehungen öffentliche Auftritte im Frankfurter Club Voltaire ermöglichte… dadurch habe ich meinen Lebensmenschen kennen gelernt.
So und nun beginnt meine Dankes-Zeitreise. Da ist zuerst die beherzte HEBAMME eines Krankenhauses in Hamburg-Barmbek zu erwähnen, ohne die ich wahrscheinlich gar nicht lebend zur Welt gekommen wäre. Die Grundschullehrerin der katholischen Volksschule Mehlem Frau NOTHUM (+), die mich früh förderte, der Kaplan der Gemeinde St. Severin Dr. Winfried HAMMELBECK (+) der meinen Glauben stärkte und damit einen kleinen inneren Schutzraum gegen die schrecklichen Misshandlungen meines Elternhauses schuf. Mein KUNSTLEHRER auf dem Gymnasium, dessen Name ich leider vergessen habe. Schriftsetzer-Lehrling JÜRGEN N., durch den ich nach zahlreichen Demütigenden in meiner Klitsche (die mir mein Prügelvater aussuchte) endlich einen Betrieb fand, in dem ich erfolgreich meine Gehilfenprüfung ablegen konnte. Gleicher Dank gilt dem damaligen Leiter der Druckerei SCHUPPA, der verhinderte, dass mich der Schriftsetzer-Meister nach einem halben Jahr wieder rausschmiss. Ich habe heute noch die traumatische Szene vor Augen, wie die beiden sich anbrüllten: „Er fliegt- er fliegt nicht!“
Nach bestandener Gehilfenprüfung habe ich auf der Berufsaufbauschule zunächst meine Mittlere Reife und später auf der Fachoberschule mein Fachabitur absolviert. Da ist zuvorderst mein Englischlehrer Herr SPON zu erwähnen. Er hat mich trotz meiner miserablen Leistungen nach Kräften unterstütz. Da waren väterliche Gefühle im Spiel. Meinem eigenen Vater hatte ich die Fremdsprach-Lernblockaden zu verdanken. Er hat mich während der Gymnasiums-Zeit regelmäßig beim Vokalbelabhören geohrfeigt und für eine 5 mit einem Teppichklopfer verdroschen. Großen Dank gilt den Lehrern der Fachoberschule, dem Bauhauskünstler und Lebenskünstler Rudi MÜLLER (+) und seinem Kollegen Klaus DETTKE. Ihnen habe ich nicht nur die bestandene Aufnahmeprüfung, sondern auch das Abitur selbst zu verdanken.
Nach dem Fachabi beschloss ich Religionspädagogik zu studieren. Das Studium hat mich gereizt, weil es breitgefächert auch andere Religionen, Philosophie, Geschichte und Pädagogik beinhaltete, also Dinge, die mich schon immer interessierten, während die Kunst eigentlich schon nach der Lehrzeit immer mehr in den Hintergrund trat. Die Szene der Designer hat mich schon damals angeödet. Da ich damals schon eine Menge schrieb, hätte ich am liebsten Germanistik oder Literaturwissenschaft studiert, aber dafür reichte das Fachabitur nicht. Also blieb nur der Fachbereich Religionspädagogik auf der katholischen Fachhochschule. Dafür musste ich ein sechsmonatiges Vorpraktikum absolvieren. Hier gilt mein großer Dank dem Leiter des ev. Jugendzentrums Fritz-Kalle- Straße, Pfarrer Friedrich DEUSINGER, der mich auch bei meiner Kriegsdienstverweigerung betreute.
Auf der katholischen Fachhochschule gilt mein besonderer Dank dem Dozenten für Exegese Dr. H. FUX (oder FOX) und dem Dozenten Hans ZEIMENTZ bei dem ich meine Diplomarbeit über Hermann Hesse schrieb und der mir großes publizistisches Talent attestierte, mir aber leider wegen Formfehlern eine etwas schlechtere Note geben musste. In diese Zeit fällt auch eine etwa 10 Monate dauernde Fernbeziehung zu einer Arzthelferin in der Eifel, die ich durch einen Kommilitonen kennen gelernt habe. Für eine dauerhafte Partnerschaft reichte meine Liebe nicht aus. Das gleiche gilt für eine gelernte Krankenschwester, die ich bei einem Besuch des Hessenkollegs kennengelernt habe. Ich gebe zu, dass ich mich nicht fair verhalten habe. Ich hatte noch nicht zu einer gesunden männlichen Identität gefunden, fühlte mich nicht zuletzt durch meine traumatische Kindheit wertlos. Liebe IRENE, liebe MARIA, danke, dass ihr mich ein Stück meines Weges begleitest habt, und gleichzeitig Entschuldigung, dass ich euch sitzen ließ. Ich habe bitter dafür bezahlt. Dass was danach folgte, bereue ich bis auf den heutigen Tag. Ein wichtiger Mensch in dieser Zeit war der Sozialarbeiter und spätere Trauzeuge Johannes KAHLEN (+) mit dem mich eine intensive Freundschaft verband. Auch bei ihm muss ich mich entschuldigen, dass ich diese wunderbare Freundschaft nicht weiter pflegte.
Nach einer zweijährigen Lehrertätigkeit dem schmerzvollen Scheitern meiner ersten Ehe, Rausschmiss durch den kirchlichen Arbeitgeber und einem fast geglückten Selbstmordversuch, stand ich 1980 vor dem absolutem Nichts. Den Neustart verdanke ich vor allem dem damaligen 1. Landesvorsitzenden der Grünen Peter KEUER, der mich kurzentschlossen nach Kaiserslautern entführte, mich dort bei Bekannten unterbrachte. Während des Bundestags- Wahlkampfes lernte ich INGE kennen. Dann ging alles sehr schnell. Wir wurden ein Paar, zogen zusammen. Auch wenn wir uns nach zwei Jahren wieder trennten, bin ich ihr noch heute unendlich dankbar. Eine Dankbarkeit, die auf Gegenseitigkeit beruht, wie sie mir später mal erklärte. Auch ich habe ihr bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit geholfen. Ihren Abnablungsprozess vorm Elternhaus beschleunigt. In dieser Zeit, als ich arbeitslos und unterhaltspflichtig beruflich vor dem Nichts stand, gab mir der LEITER DER LOKALREDATION DER RHEINPFALZ in Kaiserslautern die Chance für die Zeitung zu schreiben. Das war der Startschuss meiner journalistischen Laufbahn. Gleichzeitig fädelte er ein Volontariat bei einer benachbarten Konkurrenzzeitung ein.
In meiner Zeit als Redaktionsvolontär und Redakteur waren meine Horen, Schutzengel und karmischen Wegbereiter, denen ich Dank schulde, die damalige Seniorchefin der PZ HILDE BECKER-BAISCH (+), die Leiter eines Behindertenheimes, mit denen ich befreundet war, DR. Hartmut JATZKO (der einzige Arzt, der ansatzweise eine Trauma-Therapie durchführte), die liebe, leider schon vergebene Krankenschwester DENISE, und der Fotograph der Konkurrenzzeitung Kurt Udo STRETZ, der mich zu einer Fahrt nach Rom überredete. Dort traf ich meine zweite Ehefrau Elisabeth, eine Französin aus Lothringen. Sie lebte in Paris in Untermiete. Ihre Vermieterin, die ungarische Migrantin MADLEINE AVAR, hat mich sofort ins Herz geschlossen. Sie ist die eigentliche Stifterin unserer Ehe. (schon wieder eine Ungarin als Hore!) Meine Partnerin war ursprünglich gar nicht an einer festen Beziehung interessiert. Madleine hat sie regelrecht überredet. Wie mir meine Ex später auf dem Sterbebett gestand, hat sie mich nicht geliebt, eigentlich nur geheiratet, um versorgt zu sein. Sie wurde nur 36 Jahre alt. Ihr bin ich keinerlei Dank schuldig, außer dass ich durch sie Paris und Umgebung bestens kennenlernte. Die Stadt war damals fast mein zweiter Wohnsitz.
Wir zogen zusammen ins Rhein-Maingebiet. Ich wurde Redakteur bei der Mainzer AZ. Hier gilt mein Dank zuvorderst dem damaligen Chef vom Dienst der AZ Mainz Karl Heinz HOCK. Ich hatte bei einem Besuch in Wiesbaden zufällig eine Bewerbungsmappe dabei. Die gab ich persönlich bei der Chefredaktion in Mainz ab. Als ich wieder meine Wohnung in Pirmasens betrat läutete das Telefon: „Fahren sie gleich morgen zurück, ich möchte gerne eine Einstellungsgespräch mit ihnen führen!“ Mein Arbeitsplatz, die Lokalredaktion Bingen erwies sich vom ersten Tag an als Intrigenhölle. Der Lokalchef hatte bereits einen Kandidaten für den freien Job und war über mein Kommen stinksauer. Mit Hilfe des linken Betriebsrates und guten Verbindungen zu einem Mitglied der Chefetage gelang ihm nach drei Jahren schließlich mein Rausschmiss. Mein Schutzengel Hock hatte inzwischen die Stelle gewechselt und konnte daher den Vorgang nicht verhindern. Mein Dank in dieser schweren Zeit gilt vor allem dem Leiter der Anzeigenblätter WESENBERG.
In meiner Zeit als Sachgebietsleiter und Tutor im Referat Öffentlichkeitsarbeit eines großen Sozialverbandes hat den größten Dank der damalige GESCHÄFTSFÜHRER verdient, der mich prompt gegen den Willen einiger linken „Kollegen“ einstellte. Nach ein paar ruhigen Jahren, in denen mich die Belegschaft mit 75 Prozent der Stimmen sogar zum gewerkschaftsunabhängigen Betriebsratsvorsitzenden kürte, begann dann das langsame Sterben meiner französischen Exfrau. Zusammen mit dem wiederkehrenden Kindheits-Trauma, Mobbing am Arbeitsplatz und anderen menschlichen Enttäuschungen begann sich mein Leben erneut zu verfinstern, bis es buchstäblich stockdunkel war.
Der einzige Mensch, dem ich Dank schulde, ist die engagierte Hausärztin Frau DR: LYNCKER, die mit guten Ratschlägen und verschrieben Klinikaufenthalten meinen jähen Sturz einigermaßen abfederte.
Nun bin ich fast schon in der jüngsten Vergangenheit angekommen. Hier gilt mein Dank in Sachen Graphic-Novel dem Betreiber der Webseite Erotic-comic-info JOE GAIJINJOE und den Betreibern von Altertuemliches.at. Mein Abschließender Dank gilt dem Theologen und konservativen Publizisten DAVID BERGER, der als aufrechter Kämpfer für die Meinungsfreiheit auch hin und wieder Artikel veröffentlicht, die aus meiner Feder stammen.
Habe ich jemand vergessen? Dann will ich mich hiermit aufrichtig dafür entschuldigen. 70 Jahre sind eine lange Zeit. Die Liste der Menschen, für die ich mich im Laufe meines Lebens bis zur Selbstschädigung eingesetzt habe, würde doppelt und dreifach so lang. Ich denke, dass ich für die Dinge, die ich bekam, auch irgendwie hart gearbeitet habe. Geschenkt wurde mir jedenfalls nichts. Das sogenannte „Peterprinzip“ sowie Seilschaften, Günstlings und Mätressenwirtschaft gingen komplett an mir vorbei. Da haben andere mit viel weniger Können und Talent ganz andere Karieren hingelegt. Für das, was man mir gab, habe ich jetzt DANKE gesagt. Das genügt. Ob dieses Wort von der Hore DIKE abgeleitet ist, jene Göttin, die laut griechischer Mythologie hin und wieder für einen gerechten Ausgleich sorgt?
#Danke#Biografiearbeit#Trauma#gutmenschen#Dämonen#70.Jahre#schicksal#Karma#Freundschaften#feindschaften#Dank und Undank#Wegbegleiter#harte zeiten#gute zeiten#schlechte Zeiten#Dike
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Poesietherapie und kreatives Schreiben - Nicole Grabe
#coaching#mindset#schreiben#vomschreibenleben#kreativität#Poesietherapie#autorin#autorencoaching#biografischesschreiben#biografiearbeit
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Important moments of Theo's life
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…über die tiefenpsychologische Therapie, Biografiearbeit und Rollenverteilung.
#therapy#biografie#tiefenpsychologie#mental heath support#mentalyill#talk therapy#aufarbeiten#eigenes#plottwistedstory#poesie#poetry#zitate#growing#survive trauma#bpd mood#bipolar 2
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... wenn keine Wolken Wellen sind #fantasie #kreativ #wunderwelt #geschichtenschreiber #biografiearbeit #storytellingphotography #wortmalerin #emotionaletexte #visuellesprache
#wortmalerin#fantasie#emotionaletexte#geschichtenschreiber#kreativ#wunderwelt#storytellingphotography#visuellesprache#biografiearbeit
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Next Level: Thema finden
Next Level: Thema finden
Du bis gut in Deinen Job, pflegst Deine Hobbies. Das Leben ist einfach. Und dennoch fehlt da etwas. Ein großes Ziel der persönlichen Weiterentwicklung, die Vision, wie Du in zehn, zwanzig oder 30 Jahren leben und arbeiten willst. Wie findet man die Stoßrichtung des Next Level? (more…)
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#3M-Fasten#Biografiearbeit#Erinnerungsmatrix#Fähigkeiten#Fertigkeiten#holistisch produktiv#Journaling#Kenntnisse#Next Level#Persönliches Wachstum#Persönlichkeitsentwicklung#Skills#Weiterbildung
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BIOGRAFIEARBEIT
Sie möchten Ihre Lebensgeschichte niederschreiben, wissen aber nicht wie? Leben schreiben – Biografiearbeit ist Seelenarbeit!
Ich unterstütze Sie gern und diene Ihnen als Autorin für Ihre Biografie. Den Rahmen und den Umfang stimmen wir gemeinsam im Vorfeld ab, und schon steht Ihrem Projekt nichts mehr im Weg: Sie erzählen und ich schreibe.
Das Niederschreiben Ihres Lebens bietet Ihnen nicht nur die Möglichkeit, Ihre einzigartige Geschichte für die Nachwelt festzuhalten, sie werden auch tiefer bei sich selbst ankommen. An der eigenen Biografie zu arbeiten ist eine Möglichkeit, das Leben in der Rückschau zu ordnen und aus einer Vogelperspektive zu betrachten. Es unterstützt Sie Zusammenhänge besser zu verstehen und das Erlebte leichter loszulassen - denn nun hält das Papier Ihre Erlebnisse fest.
Biografisches Arbeiten – Jedes Leben ist einzigartig und erzählenswert!
Wir alle nehmen täglich an den Leben der anderen Teil. Wir erzählen uns gegenseitig private Erlebnisse oder die persönliche Meinung zu Dingen und Geschehnissen. Die meisten von uns haben sicherlich auch schon einmal in der Biografie eines anderen Menschen - meist einer bekannten oder berühmten Person - gelesen oder eine Lebensverfilmung angeschaut. Wir bewundern Menschen, die außerordentliches geleistet, besondere Erfolge erzielt oder eine spezielle Begabung haben. Doch was ist mit der Anerkennung unserer eigenen Erfolge? Wir selbst reihen während unserer Lebenszeit ebenfalls kleinere und größere Erfolge aneinander – oftmals ohne diese als solche zu bemerken oder genügend anzuerkennen.
In seiner persönlichen Biografie hat jeder von uns Höhen und Tiefen zu verzeichnen, jeder von uns hat einmal mehr oder weniger im Leben gewagt, ist neue Wege gegangen oder hat am guten Alten festgehalten. Wie auch immer, in der Regel treffen wir unsere Lebensentscheidungen nach bestem Wissen. Wir lernen jeden Moment dazu und unsere Erfahrungen lassen uns mit zunehmenden Alter lebensklüger werden. Es kann von großem Wert sein dieses Wissen an folgende Generationen weiter zu geben – für die anderen, aber auch für uns selbst. Was habe ich wichtiges und wertvolles gelernt, was ich meiner Nachwelt gerne mitgeben möchte? In der biografischen Arbeit kann die Antwort auf diese Frage gezielt erörtert werden oder sie kristallisiert sich schon allein durch das Niederschreiben des Lebensverlaufes sowie der kleinen und großen Lebensereignisse der betreffenden Person heraus.
Während seiner Lebensrückschau kommt der Erzählende oftmals in eine tiefe persönliche Sinnsuche. Wofür habe ich gelebt, was habe ich erreicht, was gibt es noch zu tun? Deshalb werden Biografien auch nicht immer für die Nachwelt geschrieben – sondern wir können unsere Geschichte auch einfach nur für uns selbst festhalten. Und mit einem offenen Blick zurück, erkennen wir meist tatsächlich diesen Sinn und die größeren Zusammenhänge unseres Lebens. In einer autobiografischen Niederschrift begibt sich derjenige allein auf die Suche. Im Zwiegespräch mit einem Biografen verläuft dieser Prozess interaktiv. In der Regel entsteht währenddessen eine neu geordnete Struktur: So wie ein aufgeräumtes Haus, in das man gern nach einem langen Arbeitstag zurückkehrt, um seinen verdienten Feierabend zu genießen.
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EIN WENIG BIOGRAFIE-ARBEIT ZU MEINEM 70. NAMENSTAG
Heute ist Nikolaustag, also mein Namenstag. Ich muss vorausschicken, dass ich Zeit meines Lebens mit diesem Namen – KLAUS - buchstäblich TOTUNGLÜCKLICH war, stammt er doch von meinem im Krieg gefallenen Onkel KLAUS (Panzergrenadier), den mein Vater seit frühster Kindheit gehasst, gehänselt, geschlagen und schikaniert hat. (Wie später auch mich)
Seinen eigenen Sohn 1954 (auf Wunsch der Mutter) den Namen des verhassten Bruders zu geben, zeugt von einer seltsamen Persönlichkeitsstruktur, die sich nur 6 Jahre später in unbändigen Wutausbrüchen, sadistischen Quälereien, körperlichen Misshandlungen und Demütigungen immer unverhohlener zeigte. Der Hass gegen mich hielt übrigens ein Leben lang an, wie die „Enterbung“ in seinem handgeschrieben Testament hinlänglich beweist. Das Ergebnis dieser traumatischen Kindheit: Jahrzehntelange schwere Depressionen (darunter ein fast geglückter Selbstmordversuch), die sich später naturgemäß auch auf Partnerschaften, berufliche Laufbahn, Freundschaften usw. auswirkten. Lange habe ich geglaubt, dass meine Kindheit bis zum sechsten Lebensjahr, bis zur Geburt meiner Schwester 1960 „normal“ und glücklich war. Der Schalter zur Hölle erst später umgelegt wurde.
Erst der Besuch des Peter- Handke-Museums im Kloster Griffen 2023 hat mich auf schmerzliche Art eines Besseren belehrt. Ein Gestörtes Verhältnis zu Vater wie auch Mutter wird einem buchstäblich in die Wiege gelegt. Ein Schlüssel für diesen schmerzhaften Tatbestand können Kinderbilder sein. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man dort den Keim für spätere Tragödien. Beim Betrachten der Bilder sollte man sich von der Frage leiten lassen: Wie sehen glückliche Eltern aus – oder solche, die ihrer „ehelichen Pflicht“ genüge getan haben? Wie sieht eine glückliche Mutter aus – oder eine, die vielleicht ein anderes Kind haben wollte? Eine fürbass schmerzhafte Frage, an der ich mich erst nach 70 Jahren herangewagt habe.
MARIA HANDKE HAT IHR KIND GELIEBT –
Das lebensgroße Foto von MARIA HANDKE (Jahrgang 1920) und dem kleinen Peter (6.12. 1942) am Eingang des Museums in Griffen sagt mehr als tausend Worte. Die junge Mutter drückt den kleinen Peter fest an sich. Kopf an Kopf. Sie strahlt übers ganze Gesicht. Ihre Augen sagen: Das ist MEIN KIND. Es stammt von dem Mann, den sie im Herzen immer noch liebt. Als das Bild entstand ist sie bereits mit einem anderen, den Unteroffizier Handke verheiratet. Dennoch blieb PETER Marias ganz besonderes Kind. Sie hat ihn zeitlebens unterstützt, gefördert ihn auf seinem Weg zum berühmten Schriftsteller begleitet. Ihre Liebe war unauslöschlich und hat auch über den Tod hinaus bestand.
Unter diesem Aspekt habe ich auch meine frühen Kinderbilder von 1954 noch mal unter die Lupe genommen. Meine Mutter hält mich im Arm wie einen Sack Kartoffeln. Ihr Gesicht ist regungslos. Die Lippen zusammengepresst. Auch mein Vater macht keinen glücklichen Eindruck. Er hält mich im Arm, wie einer der das Bündel Mensch am liebsten gleich wieder loswerden will. Auch hier kein Lächeln. Wie ich später erfuhr, wollte mein Vater zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Kind. Meine Mutter dagegen war 1954 bereits 34. Für die damalige Zeit war das schon ein Spätgebären. Mein Vater hoffte noch immer auf den Durchbruch als freischaffender Künstler. Dummerweise fand er in Hamburg keine Galerien, die Gefallen an seinen spätimpressionistischen Werken fanden. Für den Versuch sich wenigstens an den bereits auslaufenden Expressionismus-Zug aufzuschwingen (Nolde usw.) fehlte ihm der Mut und wohl auch das Können. Erinnern seine Bilder, zum Beispiel die, die er in der Gefangenschaft in einer Kaserne bei Tunis gemalt hatte, doch sehr an den deutschen Blut und Boden-Realismus, den er in seiner Jugend wie er mit später erzählte „sehr schätzte“ und es sehr bedauerte, dass die Werke der Nazizeit für immer unter Verschluss seien. (Dass ausgerechnet linke Wiesbadener Eliten ihn später förderten ist ein echter Treppenwitz.) So blieb ihm angesichts der von meiner Mutter gewünschten Geburt – meiner Missgeburt - nur den Weg in den schnöden Grafik-Betrieb. Er wurde Trickfilmzeichner. Damit war dann wohl auch meine Rolle als zukünftiger Sündenbock und Prügelknabe für alle Zeiten gesichert. (Und findet ganz im Zeichen eines Generationsübergreifenden Stockholmsyndroms seine unselige Fortsetzung)
Auch das gemeinsame frühe „Familienfoto“, spricht bei genauerem Hinsehen Bände. Sehen so glückliche junge Eltern aus? Keiner der beiden Erwachsenen lächelt. Mein Vater schaut selbstverliebt und todernst in die Kamera. Meine Mutter schaut in die Ferne. An was denkt sie? Vielleicht an ihren bis dato im Krieg vermissten ehemaligen Verlobten? Niemand schaut mich an. (Auf dem Bild mit meiner neugeborenen Schwester strahlt meine Mutter dagegen übers ganze Gesicht)
MEINE MUTTER HAT MICH ZEITLEBENS GEHASST
Fünf Jahre später nach den vielsagenden Mutter-Kind-Bildern schiebt mich meine Mutter in den letzten beiden Schwangerschaftsmonaten eiskalt zu Verwandten ab. Weitere drei Jahre später lande ich trotz bester Gesundheit als „VERSCHICKUNGSKIND“ in einem dieser berüchtigten Heime, wo Kinder ihren ausgekotzten Fraß noch mal essen müssen! Die Frage, ob meine Mutter mich geliebt hat, ist hiermit wohl hinreichend und endgültig beantwortet. NEIN!
Ein Bild von einer glücklichen Mutter findet der werte Leser im Anschluss auf der Seite über Peter Handke, den ich hiermit ganz herzlich zu seinem 82. Geburtstag gratulieren möchte…
#doppelte moral#stockholm syndrome#Biografiearbeit#gutmenschen#Narzissten#Psychopathen#Kindesmisshandlungen#traumata#Peter Handke#6.12#nikolaus#Namenstag#Mutterliebe
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Freundliche Schätze aus Fotoalben
Ich wette, dass jeder von Ihnen in einer stillen Stunde Schätze aus Fotoalben bergen könnte. Dazu möchte ich Ihnen ein kleines privates Beispiel geben. Denn auch ich habe Schätze aus Fotoalben zu bieten.
Schätze aus Fotoalben: Die erste Apfelsine
Schätze aus Fotoalben
Ist dieser kleine Fratz mit seinen großen Kulleraugen nicht absolut niedlich? Zugegeben, ich bin im Laufe der letzten weit über 50 Jahre definitiv aus meinem hölzernen Spielstühlchen herausgewachsen. Umso dankbarer bin ich meinem seligen Vater, dass er seinerzeit geistesgegenwärtig mit dem Fotoapparat draufgehalten hat, als ich zum ersten Mal in meinem jungen Leben in eine Apfelsine gebissen habe. Meinen weit aufgerissenen Augen ist anzumerken, dass ich den spontanen Sinnesreiz des fruchtsauren Genusses damals noch nicht recht in „lecker“ oder „igitt“ einzuordnen wusste. Und auch heute noch amüsiere ich mich königlich über diesen so liebevoll konservierten Augenblick meiner Kindheit.
Schätze aus Fotoalben als Grundlage für die Biografiearbeit
Heute arbeite ich als eine so genannte zusätzliche Betreuungskraft nach §53c SGB XI in einer stationären Pflegeeinrichtung. Und das gewährt mir die Freude und den Luxus, mein Vergnügen über die fruchtsaure Momentaufnahme meiner Kindheit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern meines Seniorenzentrums in geselliger Runde teilen zu können. Dazu brachte ich eines fröhlichen Sonntags privates Fotomaterial (mit und ohne Apfelsinen) für eine lustige generationsübergreifende Gruppen-Biografiearbeit auf meinen Wohnbereich mit. Selbstverständlich waren auch alle willkommenen Gäste herzlich dazu eingeladen und aufgerufen, mit eigenen Fotos oder auch ganzen Fotoalben lebhaft zu dieser bildstarken Sonntags-Veranstaltung beizutragen. Beim Betrachten der zahlreichen Zeit-Zeugen wurden viele spannende Erinnerungen wieder quicklebendig. Und das hier verewigte Zeitkolorit sorgte dafür, dass selbst die damals üblichen Schwarz-Weiß-Fotos für die farbigsten Rückblenden sorgten.
Schätze aus Fotoalben
Fröhlich ausgelassene Familienfeiern, so wie beispielsweise die hier rechts abgebildete, kannten viele Veranstaltungsteilnehmer noch bestens aus ihren eigenen „Lebensbüchern“. Darum entwickelten sich auch sofort viele interessante Gespräche, in denen wir gemeinsam die guten alten Zeiten erst Revue passieren und anschließend hochleben ließen. Dabei kamen wir nicht nur vom Hölzchen aufs Stöckchen, sondern auch vom Nierentisch zum guten alten Boiler über dem Spülstein in der Küche. Bilder sagen eben immer mehr als 1000 Worte. Besonders gefreut habe ich mich über ein Fotoalbum, das der Sohn einer Bewohnerin eigens zu diesem Sonntagsangebot mitgebracht hatte. Zu sehen gab es da jede Menge Bilder, die anlässlich der goldenen Hochzeit der Bewohnerin gemacht wurden. Da ist es gut nachvollziehbar, dass die Zeit an diesem Vormittag nur so dahin flog.
Und da wir schon bei dahin fliegender Zeit sind: Der süße Bub, der auf dem Gruppenfoto ganz vorne zu sehen ist, zählt inzwischen über 60 Lenze. Da kann man nur mit Wilhelm Busch sagen:
Einszweidrei, im Sauseschritt, läuft die Zeit; wir laufen mit
– Carina Collany –
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Important moments of Theo's life
#minotaurus#minotaur#biografiearbeit#biografie#kunsttherapie#kunstunterricht#kunsttherapieausbildung
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Biografiearbeit - der Weg zu deinen Ressourcen
Biografiearbeit – der Weg zu deinen Ressourcen
Wenn du lernst deine Lebensgeschichte zu begreifen, dann kannst Du auch deine Lebensentwicklung gestalten.
“Leben lässt sich nur rückwärts verstehen, muss aber vorwärts gelebt werden.” (S. A. KIERKEGAARD)
Vor kurzem habe ich eine Schulfreundin aus der Grundschulzeit getroffen. Zuerst haben wir uns nicht erkannt. Ich hatte einen Termin in einem neuen Kosmetikstudio. Die Kosmetikerin stellte sich…
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... wir haben noch zwei Plätze frei... und genügend Blätter und Inspiration sowieso... https://diewortmalerin.com/autorenkurse/biografiekurs/ Ein Autorenworkshop von und mit Sonja und Rüdiger Lehmann Jeder Mensch ist einzigartig. Wäre es nicht schön, wenn auch Sie schon bald Ihre eigene Biografie in Händen halten würden? Ein Werk, das Ihr Leben und Ihre Person in Ganzheitlichkeit für viele weitere Generationen weiterleben lässt? #schreibseminar #autorenkurs #biografie #biografiearbeit #memoiren #erzähledeinegeschichte #lebenslinien
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„Klaus“ -Nomen est Omen – oder wenn sich bei der Namensgebung Abgründe auftun
Wenn ein Elternpaar ein Kind tauft, so sind in der Regel mit der Wahl des Namens positive Menschen verbunden. Ein Star, den man besonders bewundert, ein Mensch, der als Vorbild gilt, ein Heiliger, ein Schutzpatron, ein geliebter inzwischen verstorbener Verwandter, den man auf diese Weise posthum seine Ehrerbietung zeigt, ein guter Freund oder auch eine historische Persönlichkeit, die als Held, Künstler oder Staatenlenker großes geleistet hat. Es gibt jedoch auch Fälle, wo dies nicht der Fall ist. Wo ein Vater aus nicht nachvollziehbarer „Familien-Raison“ seinen einzigen Sohn nach einem verhassten verstorbenen Bruder tauft. Der Grund: Die Mutter des Vaters hat darauf bestanden, dass der erste männliche Nachkomme, der nach dem zweiten Weltkrieg das Licht der Welt erblickt, nach dem gefallenen Lieblingssohn „KLAUS“ genannt wird. Dieses Unglück ereignete sich mit meiner Geburt am 14. Juli 1954, neun Jahre nachdem der ursprüngliche Namenträger in einem Harzdörfchen namens „Elend“ mutmaßlich in einem provisorisch eingerichteten Lazarett mit 21 Jahren wenige Tage vor Kriegsende qualvoll sein Leben aushauchte.
Mein Vater stieß meinen Namensgeber KLAUS in eine Jauchegrube
Geboren wurde KLAUS vor genau hundert Jahren am 26. Juli 1923 in Breslau als zweiter Sohn eines mährisch stämmigen oberschlesischen Kaufmannes, der sich in der Schlesischen Hauptstadt in bester Lage ein Feinkostgeschäft aufgebaut hatte. Wie ich aus vielen Berichten von Verwandten später erfuhr, wurde KLAUS, der etwas dicklich, unbeholfen und ungeschickt war, von meiner Großmutter – die wohl erst beim zweiten Kind zu ihrer Mutterrolle fand – in jeder Hinsicht bevorzugt. So wurde KLAUS für meinen Vater schon sehr früh zur Hassfigur. Er quälte und drangsalierte ihn und entwickelte schon sehr früh jenen Sadismus unter dem auch ich später als Kind immer wieder leiden musste, ehe ich nach jahrlangen Misshandlungen an schweren Depressionen erkrankte.
Höhepunkt der Gewaltorgien gegen KLAUS war ein Vorfall, der sich wohl bei einem Verwandtenbesuch im Riesengebirge abgespielt hat, als mein Vater, den ihm körperlich unterlegenen Bruder in eine Jauchegrube stieß. Möglicherweise haben all diese Demütigungen dazu geführt, dass KLAUS, ab der Pubertät, gefördert durch die NS-Sport-Begeisterung, seinen Körper optimierte und trimmte und sich schätzungsweise 1941 freiwillig den Panzergrenadieren anschloss. Eine Eliteeinheit, bei denen einem nichts geschenkt wurde. Harter Drill und brandgefährliche Einsätze an vorderster Front. Umgekehrt vermied mein Vater, obwohl von den Nazis begeistert, jede Eigengefährdung und kam als „Etappen-Hase“ relativ gut durch den Krieg. Obwohl er nach eigenen Aussagen der beste Schütze der Kompanie war und man ihm entsprechende Angebote machte Scharfschütze zu werden, vermied er geschickt jeglichen direkten Feindkontakt und wurde „Melder“, trug statt einem Gewehr eine Pistole, die nie zum Einsatz kam. Sein einziger Fronteinsatz in Nordafrika beim Afrikachor endete ziemlich schnell mit englischer und schließlich französischer Gefangenschaft, während KLAUS als Panzergrenadier regelrecht verheizt wurde. Zuletzt war er Unteroffizier und führte wohl eine kleine Gruppe versprengter Soldaten an, die versuchten in den Wäldern des Harzes die Übermacht der Amerikaner zu stoppen.
Als stände ich an meinem eigenen Grab
Ich erinnere mich noch gut an den Tag als ich 1990, kurz nach dem Fall der DDR-Grenze endlich an seinem Grab im ehemaligen Sperrgebiet stand. Zuerst standen mir nur die Tränen in den Augen, als ich auf dem schlichten Holzkreuz meinen Namen las. Dann weinte ich hemmungslos. Ich stellte mir vor wie mein Namensgeber blutjung tödlich getroffen noch einige Stunden oder vielleicht noch Tage auf seinem Feldbett liegt, nach Morphium schreit, das vielleicht in den letzten Kriegstagen gar nicht mehr in ausreichend Mengen vorhanden ist. Wie sich so kurz vor Kriegsende das Tor des Todes öffnet. Ich stand am Grab eines jungen Mannes, dessen Schicksal mich posthum lebenslang begleitet wie ein dunkler beinah dämonischer Schatten. Heute weiß ich, mit seinem Tod ging mein eigenes Martyrium weiter. Mein Vater hat den lebenslangen Hass auf seinen Bruder KLAUS eins zu eins auf mich übertragen. Von meinem sechsten bis zu meinem zwölften Lebensjahr wurde ich regelmäßig misshandelt, oftmals wegen Kleinigkeiten – nicht gerade sitzen bei Tisch – gezüchtigt. Interessanterweise haben Verwandte stets unterschiedlich auf diese Gewaltorgien reagiert. Während die einen aus unerklärlichen Gründen stets Sympathien für den Aggressor zeigten, waren die anderen – darunter meine Großmutter mütterlicherseits und ein Onkel und eine Tante furchtbar entsetzt. Besonders verletzt haben mich die höhnischen Äußerungen einer Cousine, die tatsächlich meinte, man könne für sein Leiden – in diesem Fall durch Misshandlungen verursachte Traumata - nicht nur die Eltern verantwortlich machen. Dass ich für Menschen, die um meinen Vater, weil er ein bekannter Lokalkünstler war, einen Personenkult aufbauen, kein Verständnis habe, liegt auf der Hand.
KLAUS, der nicht zuletzt durch die Misshandlungen meines Vaters auf die Irrwege geriet im Krieg etwas Besonderes leisten zu müssen, wurde das LEBEN gestohlen. Mir, dem Namens-Nachfolger wurden sechs oder sogar zehn entscheidende LEBENSJAHRE, nämlich die Kindheit gestohlen. Jahre in denen Kinder und Jugendliche Selbstbewusstsein und Mut aufbauen, in denen sie ihre Kreativität entdecken, zum Beispiel Gitarre spielen lernen, ihre Talente zu echten künstlerischen Leistungen ausbauen. Durch Förderung, durch Anregung. Dies alles wurde größtenteils verhindert, Talente und Begabung buchstäblich ausgeprügelt. Dass ich mir später durch manche Umwege und harte Arbeit die ein oder andere Nische erarbeitete war dann nicht mehr dem Urvertrauen, sondern dem Ehrgeiz geschuldet. Vor allem aber ein Wettlauf mit der Zeit. Denn fehlende Jahre sind nicht so leicht zu ersetzen.
Mein großes Interesse gilt in letzter Zeit vermehrt den Künstlerbiografien. Nicht alle hatten eine unbeschwerte Kindheit, aber Gewalterfahrung findet man (Ausnahmen Oasis-Brüder M. Jackson) eher selten. Aber immer frühe Förderung. Schriftsteller Peter Handke beispielsweise wurde von seiner Mutter vergöttert, die bereits sehr früh sein literarisches Talent unterstützte. Ähnliches erfährt man in musikalischer Hinsicht von Keth Richard oder Jonny Hallyday. Dieses Glück blieb mir leider versagt. Heute als alter Mann kann ich sagen, dass ich als Kind in eine Traumwelt flüchtete, aus der ich als Heranwachsender nur mühsam herausfand.
Epilog:
KLAUS begleitet mich wie ein Schatten, wie ein zweites Ich. Er macht deutlich, wie unverarbeitete Konflikte von einer Generation auf die nächste übertragen werden. Wie Täter und Aggressoren dabei triumphieren, Denkmäler bekommen, während die Opfer vergessen und sogar verhöhnt werden. Aber wo Schatten ist, ist bekanntlich auch LICHT: KLAUS war dabei als ich 1974 den Wehrdienst verweigerte, weil ich nicht mehr zulassen wollte, dass andere mich willkürlich herumkommandieren. KLAUS war dabei, als ich 1977 mühsam als Nachtwächter in einer Fabrik mein Studium finanzierte. KLAUS war dabei, als ich mich 1984 in Pirmasens schützend vor einen Obdachlosen stellte, der aus nichtigem Grund von einem Taxifahrer mit einer Eisenstange angegriffen wurde. Lange habe ich mit meinem Namen gehadert, wollte mir sogar einen anderen Vornamen zulegen, bis ich die tiefere Bedeutung meines Namens entdeckte. Klaus, die Abkürzung von Nikolaus heißt „Der mit dem Volk kämpft“. Und ich in der Tat habe ich mich oft für andere eingesetzt, als Gründungsmitglied der Grünen (die damals noch nicht so linkslastig waren), als Betriebsrat und zuletzt für die Meinungsfreiheit und die Opfer importierter Gewalt, bis mir das Blockparteien-Regime schmerzhaft die Grenzen aufzeigte. 2016 habe ich ein Gedicht geschrieben, dass ich meinem Namensgeber und dem gleichfalls gefallenen Verlobten meiner Mutter zu Ehren heute nochmals veröffentliche:
Meine zwei Gräber
Zwei Gräber gaben meiner Seele Gestalt
Russlands Erde und der deutsche Wald
Eisige Steppe und ein hölzernes Kreuz
Im Schatten des Berges, der alle erfreut
Morgen, vielleicht noch in diesem Jahr
Besteig ich den Brocken ein einziges Mal
Schau Richtung Russland, sichtlich gerührt
Verfluch den Dämon, der euch alle verführt
Bin seit der Geburt lebendig begraben
Körper und Seele randvoll mit Narben
Das bisschen Freude, Glaube und Mut
Ward früh zerschlagen, geblieben ist Wut
Ich lernte früh mich gründlich zu hassen
Statt Fortuna mit beiden Händen zu fassen
Geblieben ist Trauer ein Leben lang
An die Ufer gespült, wie wertloser Tang
Morgen, vielleicht noch in diesem Jahr
Besteig ich den Berg und schaue ins Tal
Blick Richtung Breslau, schau ungestört
Verfluch den Dämon, der mein Leben zerstört.
#Biografiearbeit#Namensgeber#Klaus#Trauma#Gewalt#Mißhandlungen#Stockholmsyndrom#zweiter weltkrieg#Kriegsgräber
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Important moments of Theo's life
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