#Großstadt
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windschiefe-worte · 3 months ago
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Aus der Küche dringt durch die offene Balkontür das Grillenzirpen zu meiner Linken durch. Ich habe das Wohnzimmerfenster geöffnet und setze mich zu später Stunde ans e-Piano. Einige ruhige Melodien perlen wir zusammen in die Nachtluft. Ob sie irgendwer hört? Meine Liebe zum Leben, die da ein bißchen Weg hoch oben zwischen den Häusern durch die Nacht schwebt und jemanden Herz küssen will.
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michael-rosskothen · 1 month ago
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caymanbloggt · 3 months ago
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Erste Momentaufnahme in der Nacht
Der Mond gibt sich in dieser Nacht wie der Boden einer mattweißen Flasche, in die jemand schräg eine Taschenlampe hält. Vielleicht, weil dieser jemand betrunken ist und nach einer letzten, egal wie kleinen Erhöhung seines Alkoholpegels sucht.
Die Sterne wissen nicht so recht, ob sie sich sie sich hinter dem schluderigen Vorhang aus unsteten Wolken verstecken wollen oder doch nicht. Wenn man diese matschigen Kondensgebilde so betrachtet, könnte man an einen nassen Duschvorhang denken, der mal streichglatt und mal arg zusammengeknüllt vorbeizieht.
Auf dem Hof brennt Licht, nicht viel, aber es reicht, damit potentielle Einbrecher abgeschreckt werden und die Frauen, die hier des Nachts ihren Dienst tun, etwas wohlen fühlen. Bei der Totenstille, welche gerade herrscht, sofern sie nicht alle paar Stunden vielleicht mal von einem vorbeifahrenden Auto unterbrochen wird, scheint jedes noch so kleine Geräusch wie der Angriff eines Raubtieres.
Auch wenn die Duschvorhangwolken an dem Flaschenbodenmond und den Sternen vorbeiwandern, hier unten ist es windstill. Das kältliche Licht des Mondes kann weder groß hervorheben, noch schattieren. Es packt alles in liebloses Plastiklicht, lässt wirken, egal ob schön, langweilig oder hässlich, als wäre es im Ein-Euro-Laden gekauft worden und würde bei näherem beschnuppern nach Billigplastik und Weichmachern aus Übersee riechen.
Cayman und der Kameramann haben es sich auf der vor dem Gebäude gestrandeten, alten, leicht schmuddeligen, senffarbenen Couchgarnitur so gemütlich gemacht, wie es auf Eigentlich-Sperrmüllmöbeln eben geht. Das ist Berlin, sogar noch die gemütliche, friedliche Version von Berlin. Inmitten einer Nacht, die gar gänzlich befreit ist von dem, was neben der Stadt an sich die größten Probleme und Sorgen bereitet: Die Menschen. Denn die meisten von ihnen schlafen. Selbst oben, dort wo der junge Mann sonst immer im kaltweißen Licht vor seinem riesengroßen Kühlschrank steht, ist es dunkel. Im Getränkemarkt im Nebengebäude fahren die beiden Roboter ihre steten Bahnen, mimen eine Zukunft ohne Menschen, Mitarbeiter, Vorgesetzte und Politiker die keine Argumente mehr haben, jemandem zu sagen, er oder sie solle arbeiten gehen, weil Bruttosozialprodukt und der ganze alte Plunder jetzt von Maschinen und KI übernommen wird.
Cayman sitzt nach vorne auf seine Knie abgestützt und schaut auf den Boden. Der Kameramann derweil hat sich von einem Automaten einen dieser Fertig-Eiskaffees gekauft, dem ihm das Ding mit einem lauten Poltern in den Ausgabeschlitz fallen ließ, dass man Angst haben musste, die Zuckersuppe mit Coffeeinezusatz könnte noch hinter der Scheibe alles vollsauen, weil der Becher platzt.
Cayman seufzt...
Der Kameramann süffelt an seinem Einwegtrinkprodukt und stimmt zu: „Die Nacht soll ja angeblich ein Löschblatt sein, für alle Sorgen. Oder für viele Sorgen zumindest. Und jeder Morgen soll demnach ein potentieller Neuanfang darstellen. Glaube ich aber nicht dran. Vor allem nicht für Leute die vor lauter Sorgen gar nicht schlafen können oder wollen.
Cayman antwortet: „In der heutigen Zeit, wo Supermärkte rund um die Uhr aufhaben, das Internet ununterbrochen mit mehr aufwartet, als wir alle jemals konsumieren könnten und man an jeder Ecke suggeriert bekommt, dass man etwas verpasst hat, wenn man nicht sofort... Unfug! Nichts wird gelöscht, alles hastet immer weiter und verlangt nach immer mehr. Und die, die feststecken, fühlen sich umso abgehängter und verzweifelter“
Der Kameramann nickt, nimmt einen weiteren Schluck, hält dann wie ein Revolverheld seinen Zeigefinger auf uns und sagt im väterlichen Ton: „Und wenn dem so ist... Ihr seid nicht alleine. Dafür gibt es das Sorgentelefon. Die können vielleicht nicht zaubern, aber die hören euch zu. Das macht oft schon ganz viel. Und wenn ihr respektvoll miteinander umgeht, dann haben beide Seiten was davon!“
Cayman lächelt und blickt uns ebenfalls an: „Und darüber, über diese Menschen, die sich ihre Freizeit, ihre Wochenenden, ihre Zeit als Rentner dafür nehmen, um anderen denen es schlecht geht, zuzuhören und ihnen nach Möglichkeit sogar zu helfen, wurde nun ein großartiges Buch geschrieben. Und das schauen wir uns jetzt einmal genauer an!“
Der Kameramann nickt, hebt seinen Becher und sagt: „Und Äktschenn!“
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Cayman liest
Buchkritik
Dieses Mal:
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Judith Kuckart
"Cafè der Unsichtbaren"
„Das Ohr in der Dunkelheit“
Was macht eigentlich das „Sorgentelefon“?
Wer „Sorgentelefon“ hört oder liest, dem wird vermutlich als erstes DOMIAN einfallen, und danach vielleicht, weil es als einziges im Gedächtnis geblieben ist, der „30-Kilo-Hackfleischtyp“ oder „Der Hitleropa mit seinen scharfen Handgranaten auf dem Dachboden“. Eventuell auch noch die Frau, die immer geil wird, wenn in Kochshows jemand mit Pfannen und Töpfen klappert. Sprich das, was wie bei den Castings von DSDS an, nennen wir es mal, „Paradiesvögeln und Freaks“ am ehesten noch hängenbleibt: Die verrückten oder ab und an auch mal die besonders tragischen Charaktere.
Nichts gegen DOMIAN oder seine Show, und wer dort anruft, der weiß dass er sich in die breiten Öffentlichkeit wagt. Doch sollte man sich durchaus die Frage nach dem Wirklichkeitsgehalt zwischen einer buntbeleuchteten TV-Sendung in aller Öffentlichkeit, und der wahren Arbeit des Sorgentelefons, weitab und jeglichem Glamour und Zuschaueraugen stellen.
Denn Menschen die beim Sorgentelefon anrufen, sind meistens keine verrückten Paradiesvögel die mit ihren Schrullen oder sehr schlimmen Schicksalen kollektiv im Gedächtnis bleiben. Häufig sind es die einsamen, abgehängten, überforderten Mitglieder unserer Hochleistungsgesellschaft, die zwar so tut als sei sie empathisch, es aber in vielen Fällen nicht ist. Es sind Menschen die aus den verschiedensten Gründen ins Abseits oder gar in abgrundtiefe, dunkle Löcher gerutscht sind, oder schon ihr ganzes Leben darin festsitzen.
Die Mitarbeiter des Sorgentelefons sind im schlimmsten Fall die einzigen, denen sich zumindest ein paar dieser „UNSICHTBAREN“ anvertrauen, oder als Blitzableiter für ihre Wut, ihren Zorn, gelegentlich auch ihrem Irrsinn benutzen. Und die Nächte sind für die Anrufer in keinster Weise ein Löschblatt aller Sorgen. Sondern, wenn Sorgen, Ängste, Schmerzen und psychische Probleme Überhand nehmen, sogar weitaus unerträglicher als der Tag. Speziell der Nachtdienst beim Sorgentelefon kann ein harter Job sein, an dem mal ganze Lebensläufe besprochen werden, mal bis auf wenige verzweifelte Worte nur Schweigen herrscht oder wilder, blinder Hass durch den Hörer entgegenpeitscht.
Es ist ein Job, eine „Berufung“, die im Grunde genommen gar nichts mit dem zu tun hat, was das Fernsehen uns bei DOMIAN präsentiert. Das Sorgentelefon ist anonyme Anlaufstelle, Boxsack, Tröster und manchmal letzter Anlaufpunkt, bevor sich jemand das Leben nimmt. Fälle in denen sich sogar jemand AM TELEFON umbringt kommen ebenfalls vor. Somit ist dieser Job, dessen Wert für unsere oftmals ignorante Gesellschaft, welche solche unschönen Dinge mehr als gerne ausblendet gar nicht hoch genug zu bewerten.
Und Judith Kuckart hat speziell dem nächtlichen Sorgentelefon und jenen, die diesen WOHLGEMERKT EHRENAMTLICHEN JOB machen, einen großartigen, mal atemlosen, mal abgrundtief finsteren, lebensweisen, zeitweise liebenswerten, traurigen, nachdenklichen... Einfach in vielen vielen Belangen hin... Wirklich GROßARTIGEN ROMAN gewidmet.
Zwar sind die Figuren, die Orte und alles andere frei erfunden, jedoch merkt man, dass die Autorin sich selber ausgiebig mit dem Thema beschäftigt hat und sich in ihrem Buch in keinster Weise um Effekthascherei geht.
Kuckart belässt es außerdem nicht bei den Anrufern, sondern sie begleitet auch jene, die am anderen Ende der Leitung sitzen, schaut ihnen über die Schultern, ist dabei wenn es ihnen schlecht geht, sieht ihre Sorgen, Ängste, Wünsche, Träume und Hoffnungen. Sie ist dabei, wenn jemand von der Vergangenheit nicht losgelassen wird, wenn jemand es nicht schafft über seinen eigenen Schatten zu springen oder auch, wenn sich eine komplette Lebensplanung auf den Kopf stellt, weil sich zwei Blicke treffen, die womöglich schon immer zusammengehört haben. Die Anrufer bleiben gesichtslos und anonym am anderen Ende der Leitung, und bleiben doch oftmals länger bei ihren Sorgentelefon-Mitarbeitern, als es ihnen selber gar lieb ist.
Erzählerische Schützenhilfe bekommt Kuckart von ihrer fiktiven Ich-Erzählerin „Frau von Schrey“, einer alten, etwas exzentrischen, jedoch resoluten Frau, deren Leben sich mehr als einmal radikal verändert hat, und die bestens weiß, was das Leben bereithalten kann.
Jede Figur mit mindestens einem „Ach!“ unter ihrem Dach
Insgesamt sieben Charaktere werden in diesem Buch ihre Arbeit beim Sorgentelefon verrichten, immer am Wochenende und meistens in der Nacht. Dabei werden sie abwechselnd entweder von der Autorin oder von Frau von Schrey begleitet. Und diese Charaktere haben viel, das man beleuchten, besprechen und bewundern oder verurteilen kann. Jede Figur hat ihre eigenen dunklen Flecken oder gar schwarzen Löcher, versteckten Narben, Unzulänglichkeiten, hellen Seiten und Geheimnisse.
Da wäre beispielsweise Rieke, die angehende Theologin. Pflichtbewusst, mitfühlend, ein bisschen naiv und nicht immer ganz frei davon, ihren eigenen Glauben überzubewerten. Im Buch gibt es einen ganz speziellen „Antagonisten“, der faszinierend, wie verstörend daherkommt, dessen (eventuelle) abgrundtiefe Finsternis immer nur von ihm selber angedeutet wird, und der sich einem selber, wie auch Rieke tief in die Seele brennt: „DER SEGNER“. Letztlich jedoch, so viel sei verraten, schafft es die gute Rieke ihm eins reinzuwürgen. Vermutlich verdient, jedoch ist das Ungeheuer nur verdroschen, nicht aber geköpft. Aber das kann ihr egal sein, denn gegenüber des Gebäudes, in dem das Sorgentelefon sitzt, da lebt ein junger Mann in einer der Mietwohnungen. Dieser nennt einen kolossalen Kühlschrank sein eigen und hält nicht viel von Vorhängen. So zieht er, vor seinem Kühlschrank stehend, im hellen Küchenlicht in Szene gesetzt die Aufmerksamkeit auf sich, bis sich seiner und Riekes Blicke schließlich treffen und „DER SEGNER“ seine entsetzlich-liebenswürdigen Monologe voller schrecklicher Andeutungen zukünftig bei jemandem anderen abladen muss. Falls man seine Nummer nicht doch auf Dauer gesperrt hält.
Da ist Wanda, die „DDR-Frau“, die sich freiwillig gefangen hält in einer Welt, die es offiziell nicht mehr gibt, und die doch, speziell in Berlin überall nach wie vor lebendig ist. Und sei es als Schmerz einer Trennung, einer Ansammlung von nie eingehaltenen, gebrochenen Versprechen und zerstörten Lebensentwürfen. Wanda ist Hüterin einer Art „Aufbewahrungsstelle“ von DDR-Museumsrelikten, Gerätschaften und Gegenständen, welche andere Menschen dort abgeben. Für Wanda hat die DDR nie aufgehört zu existieren. Schon deshalb, weil es ihre Kindheit war. Bis jener Augenblick eintrat, an dem ihre Mutter erst ihre Arbeit, dann ihren Verstand und schließlich alles andere verlor, und heute nicht mehr zurückgeblieben ist, als fiebertraumhafte Erinnerungen und eine alte Arbeiterjacke.
Da ist Matthias, der „traurige Bauarbeiter“, ein Vagabund, ein unsteter Umherreisender, der in kleinen Miniwohnungen und engen Absteigen im Schlafsack auf dem nackten Fußboden schläft, die Wände mit seinen Fotos in kleine Galerien verwandelt, die so gut wie niemals jemand besuchen wird, und der das Schauspiel liebt, die Kunst, aber an ihrer Ökonomie und ihrer ellebogenhaften Exzentrik stets scheitert. Er ist einer, dem das Leben zwar nicht unentwegt ins Gesicht spuckt, dem jedoch genausowenig etwas geschenkt wird, der manchmal so wirkt, als haben Schicksal und Leben ihn ganz einfach vergessen.
Oder da ist Lorenz, ein ehemaliger, mittlerweile berenteter B-Promi eines Lokalsenders, mit einer Vorliebe für Paranormales und der wenig schmeichelhaften Unfähigkeit, ein arrogantes, in sich selbst zerstrittenes Arschloch zu sein. Lorenz hat im Leben viele Entscheidungen getroffen, die anderen Menschen wehgetan haben, erfahren wir. Wenn ihm derweil etwas ähnliches widerfährt, dann sind wir zwar ein klein wenig bestätigt, jedoch hält sich die Schadenfreude dennoch in Grenzen. Denn wir merken schnell: Lorenz ist ein zerrissener Charakter. Er würde gerne ein liebenswerter Mensch sein, doch etwas in ihm, in seinem tiefsten Wesen grätscht immer wieder dazwischen, und er selber kommt nicht darauf, was es sein könnte, wo es sitzt und wie er es ausmerzen kann.
Frau von Schrey derweil, die uns mit teils schiefer, mal poetischer, mal selbstkritischer und mal wunderschöner Bildsprache durch ihren und den Alltag ihrer Mitstreiter begleitet, wächst einem augenblicklich ans Herz und wartet am Ende der Geschichte noch einmal mit einer „Bomben-Überraschung“ auf. Und der Feststellung, dass Liebe und Politik eine mehr als unheilvolle Mischung ergeben können.
Eine Geschichte über Elend, Einsamkeit, Liebe und Veränderung
Während das Buch wie auch Frau von Schrey uns diejenigen, die beim Sorgentelefon an den Hörer gehen durch ihren Alltag, ihre Sorgen, Nöte, schönen Momente und gemeinsamen Abenteuer begleitet, wird der Blick immer auch wieder auf die Anrufer gelenkt:
Das junge Mädchen, das frühmorgens auf der Toilette sitzend panisch anruft, weil der Schwangerschaftstest positiv ist und sie nicht weiß, wie sie ihren Eltern oder überhaupt jemandem das erklären soll.
Der junge Mann, der weiß dass er pädophil ist und sich davor fürchtet. Den die Angst davor, irgendwann mal etwas schlimmes zu tun nicht nur den Schlaf, sondern auch den Verstand raubt. Ob er schon mal einen Arzt aufgesucht hat? Eine Beratungsstelle? Er schweigt, nuschelt leise und leidend etwas in sich hinein. Er schweigt lange und viel. Irgendwann bedankt er sich, es hätte ein wenig geholfen, er werde nun versuchen zur Ruhe zu kommen.
Der Rentner der pflegebedürftig im Bett liegt, derweil seine Frau sich dazu entschieden hat, sich von ihm zu trennen, weil ER sie gleich zweimal betrogen haben soll. Sagt sie. Das erste mal, so der alte Mann, hat sie sich das zusammenphantasiert. Beim zweiten mal war es echt und viel schlimmer als jede Affäre es jemals sein könnte. Sie fand nämlich heraus, dass ihr Noch-Ehemann... DER FDP BEIGETRETEN IST! Was er jetzt tun solle, fragt er, der zum einen pflegebedürftig ist und zum anderen fast sechzig Jahre mit seiner Frau verheiratet war?!
Die manisch-lebenslustige Frau, die sooooooo gerne küsst! Ja sie KÜSST SO GERN! SIE KÜSST UND FEIERT SOOOOO GERN! Aber etwas anderes kommt ihr nicht mehr in die Tüte, nach all den schlimmen Dingen, die ihr angetan wurden! Die Vergewaltigungen, die Schläge, all das andere! Nein nein! Wir wollen FRÖHLICH SEIN UND KÜSSEN! KÜSSEN! JA KÜSSEN!
Der psychisch gestörte, der keinerlei Impulskontrolle mehr hat. Der voller Hass ist. Der die gesamte Welt in Fetzen schreien und zerreißen will. Vor allem Frauen. Alles Fotzen. Gehören alle plattgemacht. Ach was... KALTGEMACHT. Er ruft immer dann an, wenn selbst die Polizei nicht mal mehr an seiner Haustür poltert, weil die Nachbarn mal wieder die 110 gerufen haben, weil er so außer sich ist, ohne genauer zu wissen warum. Weiber vermutlich, die ganzen Fotzen. Weil die ganze verdammte scheiß Wut in ihm nicht wegwill. Weil alle kaltgemacht gehören. Der ganze scheiß Fotzenhaufen.
Der einsame Perverse, der nicht mehr verlangt, als dass jemand am anderen Ende des Hörers dabei ist, wenn er sich des Nachts schnell einen runterholt. Er muss niemanden beschimpfen oder bedrohen, er hat nichts gegen niemanden. Er ist bloß einsam, vermutlich sehr introvertiert und hinterher glücklich.
Die Frau die ihre alte Mutti pflegt. Bei der die Krankenkasse sagt: „Ein Pflegeaufwand konnte nach Aktenlage nicht festgestellt werden“.
Der Elektriker, der nicht mehr weiß wo ihm der Kopf oder das Leben steht, weil er ein Kündigungsschreiben für seine Wohnung erhalten hat. Wegen angeblicher Ruhestörung.
Wieder die Frau mit ihrer alten Mutti.
Der Pädophile wieder. Heute Nacht ist es mal wieder besonders schlimm sagt er. Zu wissen dass man „krank“ ist, gefährlich ist.
Ob er mal einen spezialisierten Arzt aufgesucht hätte? Nein, bis jetzt nicht. Angst. Scham.
Beim Sorgentelefon zu arbeiten bedeutet ZUHÖREN – Das Sorgentelefon ist ein Ohr und ein Anker im Getöse des Alltages am Tag und in der drückenden Schwere der Nacht. Wenn die Sorgen, Nöte, Dämonen und Ängste einen zersetzen und es sich anfühlt, als würde man in unsichtbarer Salzsäure ertrinken. Beim Sorgentelefon zu arbeiten bedarf eines dicken Panzers außen, der Geduld eines tausend Jahre alten Mönches innen und der Auffassungsgabe eines Adlers. Wenn das nächste mal jemand andeutet sein Leben beenden zu wollen und es dann in der Leitung immer stiller wird oder sich dieser Verdacht aufdrängt, muss man geistesgegenwärtig handeln. Wenn die Polizei vor der Tür steht, weil sie die Leiche gefunden, die letzten Kontakte durchsucht hat und beim Sorgentelefon den letzten Kontakt kurz vor dem Ableben festgestellt hat, dann ist es zu spät. Es muss nicht immer ein durchgeknallter Nazi-Opa sein, der scharfe Handgranaten auf dem Dachboden herumräumt, damit man sogleich begreift, dass hier gerade Menschenleben auf dem Spiel stehen. Manchmal, oder gar viel öfter ist Schweigen ein viel deutlicheres Indiz.
Schon deshalb kann nicht einfach jeder beim Sorgentelefon anfangen. Es braucht bestimmte Charakterwerte, Eigenschaften. Welche das sind, das entscheidet im Falle des Buches ein sehr engagierter, wie abgeklärter Leiter. Wohlwissend, dass jene, die er sich dort ins Team holt, eventuell gar nicht lange durchhalten, garantiert aber eines Tages weiterziehen. Rieke zum Beispiel „muss“ diesen Job machen, für ihre weitere Ausbildung. Bleiben wird sie nicht, trotz aller christlichen Menschenliebe.
Und jetzt stelle man sich noch vor, man arbeitet beim Sorgentelefon... IN BERLIN!
Eines der größten, sozialen Moloche des Landes. Könnte man glauben. Ein Ort an dem es von Bekloppten, die sich gegenseitig immer noch bekloppter machen nur so wimmelt. Gegen den selbst die Büroräume von Twitter/X wie ein Bällebad im Kinderparadies wirken. DEM Siedepunkt der eiseskalten Ellebogengesellschaft schlechthin. Verteidigend muss man jedoch hinzufügen, dass überall dort, wo viele Menschen auf einem Fleck leben, natürlich expotentiell die Rate an „Problemen“ jeder Art rapide ansteigt. So oder so ist der Arbeitsplatz beim Sorgentelefon hartes Holz.
Aus unter anderem diesem Grund sollte man immer eine Vase mit frischen, bunten Blumen oder gleich zwei ins Arbeitszimmer stellen. Und guten Kaffee im Pausenraum griffbereit haben. Denn die Finsternis, welche aus den Telefonhörern kriecht, selbst wenn immer mal wieder auch gelacht wird oder man doch helfen kann, sie zerrt an einem. Man lernt an diesem Ort fürs Leben, mit ein wenig Pragmatik auch Demut für das eigene Leben. Jedoch sollte man niemals all die schlimmen Dinge zu nahe an sich herankommen lassen, keine Freundschaften oder ähnliche Beziehungen zu den Anrufern entstehen lassen. Denn professioneller Abstand ist das A und O.
Dann kann dir selbst DER SEGNER nichts mehr anhaben. Und wenn er mit seiner bettwarmen Stimme, der extrem höflichen, liebenswerten Umgangsform und seinem beeindruckenden Intellekt auch noch so tief in deine Seele blickt. Das abgrundtief Böse muss nicht immer heroisch besiegt werden. Das Sorgentelefon ist nicht das Bundesamt für Weltrettung oder die Justice League. Wenn wir dem schwangeren Mädchen den nötigen Mut beigebracht haben, ihren Eltern zu beichten, dem einsamen Perversen ein etwas weniger einsames Wochenende beschert haben oder der Frau mit ihrer Mutti vielleicht einen Tipp geben konnten, an welchen Anlaufstellen man sich melden kann, damit der Krankenkasse in den Arsch getreten wird oder sonstwie Hilfe bezogen werden kann...
Dann hat man bereits eine oder gar gleich mehrere kleine Welten, Leben, Schicksale gerettet oder sie zumindest auf einen anderen, besseren Weg gebracht. Und für sich selber etwas mitgenommen, das einen das ganze, restliche Leben wie ein Talisman begleitet.
FAZIT
„CAFÈ DER UNSICHTBAREN“ ist ein Buch, welches einen ausgesprochen finsteren Sog entwickeln kann. Es zerrt beim lesen an der Seele und an den Nerven, aber gleichzeitig will man es, kann man es nicht weglegen, weil sich die Sprache, die Figuren, die Anrufer und ihr ihr Elend, die hellen Momente, wie die schönen, lyrischen Bilder zu etwas vermengen, das die Sogkraft eines preisverdächtigen Thrillers mit sich bringt.
Das Buch wird seiner gesteckten Grundaufgabe mehr als gerecht. Zum einen zu zeigen, was das Sorgentelefon eigentlich ist, wer die Menschen dahinter sind, wie auch jene, die dort anrufen. Niemand wird ausgelacht, vorgeführt oder platt dargestellt. Selbst eher unsympathische Figuren wie Lorenz haben Tiefe und Hintergrund, geben ohne es selber zu sagen zu verstehen, dass Menschen komplizierte Wesen sind, mit mal weniger und mal mehr Verzwicktheiten, Fehlern, Narben und inneren Widersprüchen.
Die fiktive Ich-Erzählerin Frau von Schrey ist eine wunderbar-liebeswerte Figur, deren hochtrabendes, lyrisches Sprachbild zwar manchmal ganz schön anstrengt, jedoch mit tollen Wortgebilden, wunderbaren Bildern, Selbstironie- und Kritik, sowie einer finalen Offenbarung gekonnt durch das Buch führt.
Mit einem überkorrekten Sachbuch haben wir es hierbei mitnichten zu tun. Alles ist fiktiv und immer wieder schweift die Handlung ab, weg von den Telefonen und hin zu tun einzelnen Figuren und ihren Leben, ihrer Vergangenheit und ihrer Selbst. Nebenher spielen das im Koma der Osterfeiertage liegende Berlin, sowie die niemals ganz untergegangene DDR gar nicht so kleine Nebenrollen.
So lernen wir recht schnell: Menschen die „Unsichtbar“ sind, weil... gibt es sehr viele, weitaus mehr, als die kleine Zahl derer, die es schaffen beim Sorgentelefon anzurufen und sich kund zu tun. Und je größer die Stadt, desto anonymer, einsamer sind viele Menschen. Und manchmal sind beide Seiten der Leitung davon betroffen. Nur weiß das hintere Ende, dass es eine Aufgabe hat, stärker sein muss. Denn die Stimme oder das schmerzerfüllte Schweigen auf der anderen Seite, die flehende oder wahnwitzige Stimme möchte für einen kurzen Augenblick erhört werden, jene Mitmenschlichkeit spüren, welche ihr ansonsten verwert wird, weil...
Judith Kuckart hat ein schönes, wenngleich anstrengendes, lebenskluges Buch mit tollen Charakteren, ohne platte Klischees oder Effektgewitter geschaffen, welches ein Thema aufgreift, das viel zu sehr untergeht in unserer Gesellschaft. Und all das, ohne jemals zu missionieren oder aktivistisch aufzutreten.
Dieses Buch hat vieles: Humor, Düsternis, Spannung und Mitgefühl. Und wenn man davon ergriffen ist, dann kann es damit enden, dass man es in gerade mal intensiven Lesesitzungen durchsuchtet und währenddessen alles um sich herum komplett vergisst.
Und mehr als das kann Literatur zu einem ernsten, sozialen Thema nicht leisten.
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Judith Kuckart
„Cafè der Unsichtbaren“
Buch gebunden
DUMONT
Erschienen 2022
Preis: 23,00€
PERSÖNLICHE NOTE: 1+++
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Letzte Momentaufnahme am Ende der Nacht
Allmählich wird es Zeit, auch dieser Nacht ihr Ende zuzugestehen. Selbst wenn es nach wie vor nicht danach aussieht, als wenn es jemals wieder Tag werden würde. Der Glasflaschenbodenmond hat sich mittlerweile hinter die Gebäude und Mietshäuser mit ihren schwarzen Fenstern verzogen und ein paar der kaltweißen Sterne als übergroße LED-Birnchen zurückgelassen.
Für manche Menschen bleibt es auch dann Nacht, wenn schon längst die Sonne aufgegangen ist.
Und Cayman wie auch der Kameramann hoffen, dass zumindest ein paar von ihnen geholfen werden konnte. Und sei es, weil jemand ihnen zugehört hat. Jemand diese Last auf ihren Schultern für einen Moment aufgegriffen und ihrem erdrückenden Gewicht zugestimmt hat, oder dieses gar vermindern konnte.
Cayman steht auf und streckt sich: „Ein neuer Morgen beginnt bald. Here we go again“
Der Kameramann trinkt den letzten Schluck von seinem Eiskaffee: „Aber sein wir mal ehrlich, ganz ehrlich... Wann hast DU das letzte mal überhaupt an das Sorgentelefon gedacht? Dass es das gibt? Und hättest du, wenn du in so einer Lage wärst, jemals die Idee in Erwägung gezogen, da anzurufen? Oder dort zu arbeiten? Auch noch ehrenamtlich? Am Wochenende? Mitten in der Nacht?“
Cayman nickt anerkennend, wie leicht verschämt: „Wohl eher nicht. Mir wären höchstens DOMIAN und der Dreißig-Kilo-Hackfleischtyp eingefallen und ich hätte gedacht... Näää! Zu der Freakshow gehöre ich garantiert nicht. Oder ich wäre einer von denen gewesen, die dann schweigen und kein Wort rausbringen“
Der Kameramann schaut sich nach einem Mülleimer um, findet aber keinen. Und kommt auch nicht auf die Idee, dass ganz Berlin neben seiner Bestimmung als Openair-Hundeklo ein einziger, großer Wastecontainer ist, wenn es mal ganz fies betrachtet. Die gute Erziehung und das linksgrünversiffte Umweltbewusstsein verbieten es.
Cayman lächelt: „Gib dir keine Mühe. Wir machen es wie immer... Nur in unserem Fall freiwillig“
Derweil von den fremden Stimmen verwundert, kommt Matthias die Treppe herunter, öffnet die Tür zum Hof und blickt sich um.
Doch da ist niemand. Die versessene, senffarbene Couch steht da wie immer, das Tor ist geschlossen und es ist, bis auf ein weiter weg vorbeifahrendes Auto, totenstill.
Für den Bruchteil eines Momentes, welcher längst dabei ist, sich wie ein einzelner Tropfen Milch in einem stilliegenden Badesee für immer aufzulösen, glaubt er die Anwesenheit mindestens einer Person wahrzunehmen.
Aus einem Impuls heraus tritt er auf den Hof, stellt seine Atmung so leise wie er kann und wird zu einer menschlichen Radaranlage, die versucht etwas zu erfassen, das vielleicht nie da war, wenn man nicht weiß, dass es jemals da war.
Als sein Blick erneut auf die senffarbene Couch geht, kneift er die Augen zusammen. Ist es die Beleuchtung, der Einfallwinkel des künstlichen Lichts? Oder sind da gleich zwei Sitzmulden? Und warum fällt ihm das auf? Oder ist das alles nur Einbildung?
Wo sollten die Personen hin sein? Vor allem so schnell? Das Tor ist geschlossen.
Schließlich dreht Matthias sich leicht misstrauisch um, geht zurück und zieht die Tür hinter sich zu.
ENDE
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gutachter · 4 months ago
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Mieten oder kaufen: Immobilienmarkt spielt verrückt
„…Auf dem Immobilienmarkt herrscht Flaute: Seit die Zinsen steigen, fallen die Preise. Branchenkenner erwarten, dass die Preise wieder steigen. Welche Faktoren spielen aktuell eine Rolle auf dem Immobilienmarkt? Für BR & ARD hat Plusminus recherchiert. Gut 260 Quadratmeter Grund und 80 Quadratmeter Wohnfläche kosten 56.500 Euro. Dafür bekommt man in so mancher Großstadt gerade mal eine Garage.…
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risk-bot · 10 months ago
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der-saisonkoch · 10 months ago
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Ulla aus Karl-Marx-Stadt
Ulla aus Karl-Marx-Stadt
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justanotheroneofakind · 1 year ago
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Fake it till you make it.
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altherasart · 1 year ago
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(via Mauspadundefined mit "Stadtleben im Blick: Skyline der Moderne" von AltherasArt)
https://www.redbubble.com/de/shop/ap/149299617?asc=u
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n3vermlnd · 1 year ago
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unbekannt
In den neonbeleuchteten Straßen der Großstadt tanzt sie, das schöne Mädchen, eingehüllt in einen Schleier aus Geheimnissen und Träumen. Sie ist die Verkörperung der Mysterien, die zwischen den Wolkenkratzern verborgen liegen.
Ihre Augen spiegeln die Lichter der Stadt wider, während ihr Herz im Rhythmus der pulsierenden Metropole schlägt. Ihre Stimme ist sanft, aber ihre Worte bergen eine unergründliche Tiefe, die dich in eine Welt voller verborgener Geschichten entführt.
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roweblog · 1 year ago
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dota & funny van dannen - vertonung des gedichts "großstadtliebe" von mascha kaléko
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sensenmaedchen · 2 years ago
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I love living in an apartment area. When the windows are open I can hear someone across the street playing classical piano. Cigarette smoke wafts up sometimes. I can see someone’s monitor through the window, they’re playing a video game. I can hear stomping upstairs that tells me the grandchildren are visiting. It’s a comfortable adjacentness.
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michael-rosskothen · 1 month ago
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kokeethornton · 2 years ago
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Ein Fuchs muss tun was ein Fuchs tun muss :) Moin!
Die Quelle dazu : Fuchsforscherin Sophia Kimmig zu Gast | NDR.de - Fernsehen - Sendungen A-Z - DAS!
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xheartbrokengurlx · 2 years ago
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Sie sitzt im Bus. Draußen ist es schon dunkel. Die Lichter der Großstadt ziehen sie in den Bann. Sie schaut während der Fahrt aus dem Fenster, beobachtet alles genau. Sie denkt über den heutigen Tag nach. Eigentlich war er fast perfekt, aber sie muss ständig daran denken, wie sie verletzt wurde. Wieder und wieder.
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gutachter · 7 months ago
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Baukrise in Deutschland lässt Eigenheimquote sinken
„…Warum bleiben so viele in Deutschland ohne eigenes Zuhause? Erfahren Sie, wie fehlende Wohnungen und steigende Mieten das Leben Tausender beeinflussen und was Experten als Lösung sehen. Ein kritischer Blick auf die aktuellen Herausforderungen und praktische Lösungsvorschläge, die den Wohnungsmarkt verbessern könnten. Inmitten des pulsierenden Lebens der deutschen Großstädte, unter den…
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risk-bot · 10 months ago
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