#kulturtechnikforschung
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fabiansteinhauer · 1 year ago
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-weise und wegweisend
Kulturtechnikforschung, die Bild- und Rechtswissenschaft ist, nennt man in anderen Ländern Jurisprudenz: Wissenschaft einer klugen ars oder Technik, zu der Alexander Kluge ebenso kanonisch arbeitet wie Fritz Bauer, Anna Katharina Mangold wie Marie-Theres Fögen - um nur vier Beispiele aus einem Haufen kanonischer Arbeiterinnen und Arbeiter zu nennen. Es ist die Technik der Gutmachung, Vergütung oder Veredelung sowie des Passenden und Passierenden, die in manchen Ländern ius genannt und auf veraltete und abgestorbene Begriffe wie bonum und aequitas bezogen wird. Ihr Strukturprinzip ist Haufenbildung, ihre Methoden archäologisch und sie begreift die Höhe der Zeit, der man zum Beispiel den Namen Moderne oder sogar Gegenwart gibt, als Oberfläche, aus Tiefe.
Um in dem Feld zu arbeiten, sollte man in drei Techniken und einem Verfahren ausgebildet werden. Die Techniken heißen Scheiden, Schichten, Mustern (sie operationalisieren Differenz und sind insoweit elementare, normative und formatierende Operationen). Das Verfahren liegt darin, alles (was immer es sei) sowohl wörtlich als auch bildlich und damit sowohl für sich als auch für etwas völlig anderes stehend zu begreifen. Ausbildungsdauer: 30 Jahre. Kosten: Keine.
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fabiansteinhauer · 2 months ago
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Der Letter ist Geschichte
Man kann Wahlplakate in Stein meisseln. Erstens geht es und zweitens ist das schon passiert.
1.
Letter ist der Begriff für ein Objekt, das zwiefältig ist. Der Begriff hat europäisch betrachtet, so sagt man, zwei Bedeutungen. Daran schlleßt ein Teil der Leute die Meinung an, man dürfe beide Bedeutungen nicht verwechseln. Wenn man etwas nicht darf, dann, weil man es kann. Was man eh nicht machen kann, muss man auch nicht nicht dürfen. Ein anderer Teil der Leute ist sich schon unsicher, ob die Bedeutung des Begriffes Letter diskret abgezählt werden kann und dann ausgerechnet die natürliche und gerade Zahl 2 dabei herauskommt. Wiederum ein Teil dieses Teils der Leute sagt, dass mit der Zwiefalt ein Zwist, eine Spannung aus Affinitäten, Anstössigkeiten und Polaritäten gemeint sei. Sprich: Der Begriff sei unbeständig, er sei vague im Sinne einer vagabundierenden oder pendelnden, einer zerstreuten Bedeutung. Die sei weder unscharf noch unbestimmt, sie sei nicht leer, gehe weder im Homogenität noch in Heterogenität auf. Die Zwiefalt des Begriffes hat eine sedimentäre Geschichte: Im Begriff findet man historische Schichten, die zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten, besser gesagt in verschiedenen Situationen am Begriff verschiedenen Bedeutungen auftauchen oder erscheinen liessen, verschiedene Ansichten meinen liessen - und damit Verschiedenenes dogmatisch auf den Schirm brachten. So ein Begriff ist schon dann ein diplomatisches Objekt, wenn er sich nicht auf diplomatische Gegenstände bezieht, erst recht dann, wenn er es tut.
Der Letter ist historisch dem assoziiert, was im römischen Recht tabula picta genannt wird. Im lateinischen Begriff ist die Zwiefalt expliziter, die Sprache verwendet schon zwei Wörter für einen Begriff. Dadurch wird der Begriff nicht weniger umstritten, positiver formuliert: er wird dadurch nicht weniger bestreitbar, nicht weniger zu händeln. Der lateinische Begriff verteilt zwar auf zwei Wörter den Begriff, legt damit die Zwiefalt offen. Aber der Begriff besteht weiterhin aus mehr oder weniger zwei Wörtern und bleibt darin unbeständig. Er ist zum Beispiel aus mehr als zwei Lettern, nämlich auch 11 Lettern und einer Auslassung zusammengesetzt, damit literally oder im wörtlich Sinne aus mehr und weniger als zwei Worten, weil zwar die Anzahl der Elemente zunimmt, die aber weniger als Worte sind.
2.
Ein Grundlagenwerk zur tabula picta hat Marta Madero geschrieben. Es ist ein Buch über Bildgebung ("painting") und Schreiben ("writing") im Recht des Mittelalters, gemeint ist das römische Recht der Glossatoren und Kommentatoren.
Für deutsche Rechtswissenschaftler: Das ist ein Buch zur Geschichte und Theorie des Urheberrechts und des Eigentums. Marta Madero gehört zu den Wissenschaftlerinnen, die eine Geschichte und eine Theorie des Verhältnisses zwischen Recht und Medien nicht als Geschichte eines Systems entfalten, das aus Kommunikation besteht und darin ausdifferenziert sein soll, die wiederum phasenweise an eigenen Medien gebunden wäre und in die dann andere Medien eindringen könnten oder deren System und Ausdifferenzierung durch fremde Medien zerstört, aufgelöst, seine Begrenzheit loswerden oder aber 'entdifferenziert' werden könnte. Bilder dringen in der Perspektive Maderos nicht ins Recht ein und lösen die Grenzen des Rechts nicht auf, schon weil in ihrer Perspektive die Juristen darin involviert sind, Bilder wahrzunehmen - und damit erscheinen zu lassen. Sie entfaltet die Geschichte und Theorie der Medien des Rechts und der juridischen Kulturtechniken nicht als System-Umwelt-Beziehung. Sie stellt auch keine expliziten Bezüge zur kanadischen Geschichte und Theorie der Medien her, keine expliziten Bezüge zur Kulturtechnikforschung (die sich erst nach Erscheinung des Buches formiert hat). Marta Madero bezieht sich nicht auf die Referenzen, auf die sich die jüngere deutsche Rechtswissenschaft bezieht, wenn sie sich wieder dem Dogma der großen Trennung annähert (also etwa gleich orale Gesellschaften oder Rechtsordnungen mit Kennzeichen sekundärer Oralität von Gesellschaften unterscheiden will, die strenger durch Schrift organisiert wären). Marta Madero bezieht sich auf Yan Thomas, den französischen Rechtshistoriker. Ich würde sagen: damit hat sie, als das Buch erschien, eine neues Kapitel zur Geschichte und Theorie des Bilderstreites aufgeschlagen. Tabula picta, damit auch Letter, erscheinen in ihrer Perspektive überhaupt nur deshalb als Objekte, weil sie bestritten oder gehändelt werden. Sie ist keine Vertreterin eines radikalen Konstruktivismus. Sie entfaltet die Welt der Juristen nicht als Herrschaft, nicht als Parallelwelt oder als geschlossenes System. Sie entfaltet das Wissen der Juristen als ein Bestreiten, das auch ein Wahrnehmen ist, ein Wahrnehmen das zugleich eine Übung sein kann, die ich wiederum im Hinblick auf die Arbeiten von Aby Warburg als Training, Traktion, als Trahieren, als Tragen und Trachten beschreiben würde. Darin dann betont sie das Artifizielle. In der Welt dessen, was heute so auf Biennalen stattfindet könnte man sagen, dass das, was die Glossatoren und Kommentaroren dank und durch die Umwegigkeit des Rückgriffes auf antike Texte (also Formen oder, mit Warburg gesprochen: Formeln) machen, das sind Interventionen - die dann Inventionen auch Form geben können.
Was Juristen wissen, was sie zu wissen geben, das operiert, indem es operationalisiert und es wird durch Operationen/ Operationalisierungen gewußt und zu wissen gegeben, deren Bezug zur Kommunikation nicht abgewiesen werden soll, er soll nur gelockert werden. Zum Beispiel muss weder gesagt noch geschrieben, weder begriffen noch verstanden werden, was Juristen tun, was man tut - um zu operieren. Eine Operation muss nicht intentional erfasst und getragen sein, sie muss nicht von Medium Sinn getragen, nicht sprachlich formuliert sein. Der Bezug zur Wahrnehmung soll hingegen stärker fokussiert werden, soweit das einer Geschichte und Theorie juridischer Kulturtechniken, auch historischer Versionen Rechnung trägt, die schon dem Begriff assoziiert sind, der in einer antiken Formel gewählt wird: ars.
3.
Maderos Buch ist harter, bester Stoff. Yan Thomas wählt für das Artfizielle des Rechts und der Rechtswissenschaft unter anderem den Begriff der Fiktion. Ihm sei der Begriff frech entnommen: Juristen fingieren, wenn sie machen, was ihnen u.a. die Bezeichnung einbringt, Jurist zu sein. Juristisches Wissen ist artifizielles Wissen. Denken Juristen, dann sie sind Teil einer artificial intelligence. Damit möglichst nur produktive Missverständnisse aufkommen: Juristen wollen nicht nur spielen und sie spielen nicht nur. Sie denken sich nicht nur was aus. Ihre Fingieren ist auch terraforming, um den besten technischen Begriff dafür aus der Welt des science fiction (siehe dazu Peter Moosleitners interessantes Magazin) zu wählen. Schon Yan Thomas schärft einen Begriff der Fiktion, der das Artfizielle der Operationen und die daraus folgende Gestaltungen fassen lässt. Damit machen Juristen unbeständige Verhältnisse händelbar, schaffen einen Umgang mit dem, was zu erwarten sein kann und mit dem, was nicht zu erwarten ist. Ich denke beim Begriff der Kreativität immer an einen Schaum, den die Firma L'oreal herstellt, damit Teenies bis Spätpubertiertende ihre Frisur gestalten können. Wäre das nicht der Fall, würde ich nicht daran denken, dann würde ich vorschlagen, in Bezug auf das, was Marta Madero als ein anderes Kapitel in der Geschichte und Theorie des Bilderstreites entfaltet oder das, was Yan Thomas an der ars und dem Artifiziellen juridischer Kulturtechnik als Fiktion beschreibt,dara zu denken, dass beide die Kreativität der Juristen beschreiben. Weil ich aber an diesen Haarschaum denke und mir Werbespots der 80èr in den Sinn kommen (Stu-Stu-Studio Line), ich also in die Begriffsgeschichte der Kreativität verstrickt bis verklebt bin, lasse ich das.
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Vindolanda tablet -   A Birthday party invitation from Claudia Severa to Sulpicia Lepidina (early 2nd century AD).
The two women were wives of Roman cavalry officers who were stationed in garrisons in northern England. They became friends and apparently wrote to each other frequently. Two of the Claudia’s letters written on a wooden tablet have survived the ravages of time. In the letter above Claudia invites her friend to a birthday party that shall take place on the 11th of September. Caudia also explains that the day would be even more enjoyable to her, if Lepidina could come. Most of the letter has been written by a scribe but down right there are also a few lines of Claudia’s own handwriting. It’s a kind of closing of the letter there she describes Lepidina as her “sister” and “soulmate”.
 Source: Fæ [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
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fundgruber · 2 years ago
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aus: Kritik der Digitalisierung
“Mit der Digitalisierung werden in Zukunft nicht mehr Bilder im Recht auftauchen, auch nicht weniger Rechte im Bild. Das Verhältnis wird neu bewertet. Die Bilder der Zukunft werden, so habe ich mal in Studien zum juristischen Bilderstreit geschrieben, rhetorische Bilder sein. Damit meinte ich, das Muster, Messungen und Schichtungen, die früher in der rhetorischen Literatur unter dem Begriff des decorum thematisiert wurden und angeblich längst vorbei und überwunden sein sollen, in Zukunft wieder thematisiert werden, nur eben anders. Heute würde ich ergänzen, dass die Medienwissenschaften und die Kulturtechnikforschung dafür viele Angebote machen. Ihren Sinn ändern Begriffe wie decorum/ Muster ohnehin, sie sind historisch. Muster und Kosmos, Messe, Messung, Schichtung und Skalierung, auch scheinbar ganz abstrakte Begriffe wie oben und unten oder schwerwiegend und leichtwiegend sind historisch und ändern ihren Sinn. Insofern spreche ich von einer Rückkehr des Bilderstreites statt von einer Bilderflut und von einer Rückkehr der Bildrhetorik.” F.S.
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pixelsniper · 6 years ago
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Technologization of Cultural Techniques (Weimar, 22-29 Jun 19) Weimar, June 22 - 29, 2019
Technologization of Cultural Techniques (Weimar, 22-29 Jun 19) Weimar, June 22 – 29, 2019
Deadline: Dec 16, 2018
<http://www.ikkm-weimar.de>
The Technologization of Cultural Techniques.
What Happens When Practices Become Algorithmic Technologies?
Princeton-Weimar Summer School for Media Studies
Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie
(Bauhaus-Universität Weimar)
German Department (Princeton University)
Weimar, Germany
The Princeton-Weimar Summer School…
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miriadonline · 7 years ago
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OPPORTUNITY: Summer School: Scaling. What happens when we scale things (Weimar, 16-24 Jun 18)
Princeton, New Jersey, June 16 – 24, 2018 Deadline: Dec 22, 2017
Scaling. What happens when we scale things up or down?
Princeton-Weimar Summer School for Media Studies Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie (Bauhaus-Universität Weimar) German Department (Princeton University)
The summer school will be directed by Bernhard Siegert (Weimar) and Nikolaus Wegmann (Princeton). The Princeton-Weimar Summer School for Media Studies invites applications from outstanding doctoral students throughout the world in media studies and related fields such as film studies, literary studies, philosophy, art history, architecture, sociology, politics, the history of science and visual culture.
For the most up-to-date information on the program and faculty of the Princeton-Weimar Summer School for Media Studies please visit http://www.ikkm-weimar.de and http://german.princeton.edu/ssms.
All application materials should be sent via email to: [email protected] and must be received no later than December 22nd, 2017.
Coordinators: Katharina Rein (Weimar), Ron Sadan (Princeton) Please submit all inquiries to: [email protected]?
Annual Topic:
Long overlooked, scaling is nonetheless part and parcel of media studies. Marshall McLuhan first called attention to scale and scaling in the formulation of his maxim, The Medium is the Message. “In a culture like ours,” McLuhan writes, “it is sometimes a bit of a shock to be reminded that, in operational and practical fact, the medium is the message. This is merely to say that the personal and social consequences of any medium (…) result from the new scale that is introduced into our affairs.” More recently, the effects of scale have been taken up as a leading question by Lev Manovich. Manovich’s study of “Scale Effects” in the reproduction of visual images – measured in pixels, image size, and speed of access – probes the very future of visual communication in a globalized society. Moreover, if we connect the question of scale to the notorious statement of Protagoras (that man is the measure of all things), the possibilities of scaling technologies question directly the anthropomorphic foundations of all kinds of cultural techniques, like dwelling, reading, writing, making music and so forth.
By now, scaling has become a topic both in media studies and beyond, perhaps because of its almost universal applicability. The physicist Geoffrey West raises scale to the level of a fundamental law of change, claiming that not only biological organisms, but even metropolises and major corporations can be determined by laws of scale. Is this claim of a general theory of scale itself out of scale?
One can scale pretty much anything. The operation is not limited to specific realms of thought in either the humanities or the sciences. Scaling is a principle of architecture, as Rem Koolhaas has shown in his groundbreaking work, S, M, L, XL. At the same time, popular culture abounds in scaling fantasies, such as Honey I Shrunk the Kids and Supersize Me. But although one usually thinks of scaling in terms of size, scaling has equally fundamental importance in the domains of speed and frequency. High-frequency trading e.g. has shifted the market for certain financial products beyond the control of human beings. How does microtemporality relate to macrotemporality? Introducing recursivity into scaling size leads to zooming in and out, which again leads to the topic of resolution, and the question of whether a thing remains identical with itself if we scale up/down the wavelength or the ppi by which we observe that thing. Scientists, too, conduct “pilot” experiments that have to withstand being scaled up. Further, scaling seems always bound up in aesthetics. Questions of scaling figure decisively in literature, music, design and the arts. Is it true, for example, that the difference between a story and a novel is merely in length?
Is there a tipping point where numbers alter the identity of things? Where aesthetics tips over into ontology as in the case of the uncertainty principle? How do we make sense of changing size, speed, frequency? Is scaling a way to get at the blueprint of things? Finally, can scaling processes be controlled? At least here, scaling is relevant in politics as well.
About the Summer School
The Princeton-Weimar Summer School for Media Studies provides advanced training in the study of media and cultural techniques. Focusing on one special topic annually, it affords a select group of fourteen graduate students the opportunity to work with distinguished international scholars from all fields of media studies in an intimate and highly focused context and provides a platform for participants to engage in dialogue with other doctoral students from around the world working in similar or related fields. The directors of the summer school lead five morning seminars. Afternoon sessions taught by the summer school faculty provide further opportunities for interaction and participation. A series of evening events, such as lectures and film screenings explore other facets of the annual summer school topic.
Participants will receive a reader with texts and material for the seminars. The working language of the summer school is English.
How to Apply
All applications should be submitted electronically in PDF format and should include the following:
Letter of Intent indicating academic experience and interest in the summer school’s annual topic (max. 300 words);
Curriculum Vitae (max. 2 pages);
Abstract of a possible presentation at the Princeton-Weimar Summer School for Media Studies (no more than 450 words);
Contact information of two potential references (name, institutional address, email).
Please use the following naming convention for your application files: Lastname_Letter_of_Intent.pdf Lastname_Curriculum_Vitae.pdf Lastname_Abstract.pdf Lastname_Contact_Info.pdf
All application materials should be sent via email to: [email protected] and must be received by December 22nd, 2017. Applicants who have been admitted will be notified in January 2018.
Once admitted, applicants are required to transfer the participation fee, which covers tuition, room and board, as well as all study materials during the entire week of the summer school. The payment of $750 should be received by February 28, 2018 to guarantee a spot in the program. A limited amount of travel funding will be available upon application.
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fabiansteinhauer · 7 months ago
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Letter
1.
Der Buchstabe (den andere als Art, Charakter, Typus, Mahl, Bild, Zeichen oder Symbol bezeichnen) ist das eine, das ist eine Letter oder, wie ich sage: ein Letter. Der Brief ist das andere, das heißt das andere Beispiel für Letter. Im engeren Sinne bezeichnet der Brief ein kurze Sendung, meist ein Schreiben. Im römischen Recht und der Literatur der Glossatoren wird der Brief auch als tabula picta bezeichnet. Insoweit ist der Brief kein Verwandter der Tafel, sondern selbst eine Tafel und damit das, was in der Kulturtechnikforschung als Operationsfeld bezeichnet wird. Das kann auch eine kleine Tafel, eine Tabelle oder Matrix sein. Nach Manfred Sommer wäre der Brief damit auch das, was auf einer phänomenologisch trivialen Ebene auch die bei Sommer sog. Bildfläche ist, was nach Sommer also auch der Acker, eine Wand, ein Tuch ist.
2.
Wir wollen, damit es für Rechtswissenschaftler einfacher wird zu folgen, den Begriff des Operationsfeldes durch den der Ordnung ersetzen, müssen dafür technisch die Ordnung definieren, und zwar als vollständiges Synonym für den Begriff des Operationsfeldes, wie er in der Kulturtechnikforschung gebraucht wird. Das Beispiel für ein Operationsfeld schlechthin ist dort die Tafel, als Mensa oder Tisch, als Bild (tabula picta) und als optischer Apparat ( Raster, velum, Fenster, Zentralperspektive oder Schirm). Ordnung setzt in dem Sinne Wiederholbarkeit oder Sekundarität voraus, etwas was einen Abgleich ermöglicht, zum Beispiel Ortung und Zeitbestimmung. Ordnung normiert Raum und Zeit. Das Operationsfeld ist ein Feld der Operationen, die Ordnung, die dazu ein Synonym bildet, ist in dem Sinne eine Ordniung für Züge und Regungen, für alles, in das bewegte und bewegende Körper involviert sind. Damit setzten wir gegenüber Manfred Sommer, dem es vor allem auf die Fläche ankommt, noch einen anderen Akzent: Wenn wir den Letter als eines von zwei Beispielen heranziehen, dann zielen wir auch auf eine Untersuchung zu Zügen und Regungen, zu dem, was in der Kulturtechnikforschung eine Operationskette oder bei Thomas Hobbes trayne oder consequence genannt wird. Wir möchten noch einmal neu ansetzen bei der Frage nach den Kulturtechniken, die Vismann in Verben, Handlungen oder Akten beschrieben hat.
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chemin champoux, saint-paul-de-joliette
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fabiansteinhauer · 9 months ago
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Gefühle ordnen I
1.
Bilder regeln, Worte isolieren, Reden schneiden, Tafeln gehen: Das sind Titel von verschiedenen Texten, einmal von einem Buch gewesen (wurde dann aber Bildregeln), dreimal sind das Kapitelüberschriften. Alle Formulierungen folgen einem Muster, das mit einem Motiv der Forschung zu Kulturtechniken zu tun hat, und das Vismann in einem Aufsatz ("Kulturtechnik und Souveränität") unter anderem am Begriff des Mediums erläutert hat. Das Motiv zielt darauf, einen rekursiven (zirkulären oder kreisenden) Vorgang zu beschreiben, in dem Bilder zwar geregelt werden aber auch regeln. Ob Juristen über Bilder oder Bilder über Juristen entscheiden, dass läst sich darin nicht entscheiden. Ob die Juristen mehr Macht über Bilder oder die Bilder mehr Macht über Juristen haben, lässt sich darin nicht entscheiden. Nicht in einer Forschung und nicht mit einer Forschung, die von Rekursion ausgeht. Worte isolieren und werden isoliert, Reden schneiden und werden geschnitten. Und Tafeln gehen? Das war das letzte Kapitel aus meiner Frankfurter An- und Abtrittsvorlesung, nach der man dem Brauch nach den Zuhörern Essen und Trinken anbietet, man baut dann immer ein kleines Buffet vor dem Hörsaal in Frankfurt auf. Der letzte Titel weicht scheinbar das Muster auf, aber nicht wirklich. Er bringt es auch auf den Punkt, weil er normative und operative Vorgänge mit dem Verschlingen und Verzehren verbindet. Ich bin schon schon länger von Aby Warburg begeistert, nicht erst, seitdem ich das Buch darüber schreibe; schon länger auch von Theophagie (bin katholisch getauft) und Anthropofagie, bin inzwischen brasilianisiert.
Kurz gesagt: die Stelle der Macht wandert in den Schleifen der Rekursion. Macht ist ein Effekt und sekundär, Macht folgt und lässt folgen. Normen folgen und lassen folgen. Recht folgt und lassen folgen. Wissen folgt und lässt folgen. Die Schelifen der Rekursion beschreibt die Kulturtechnikforschung über Operationsketten. So beschreibe ich im ersten Kaptel von Bildregeln nicht einfach die Macht, die ein Bild haben soll oder wie ein Bils ins Recht eindringt. ich beschreibe Vorgänge, in denen etwas zu einem Bild gemacht wird - und dabei Gerichte, Anwälte, Redaktionen, Zeitungen, Gesetze involviert sind. Die Grenze zwischen dem, was ein Bild sein soll und dem, was Recht sein soll, wird mit Bildern und Rechten und nicht nur nur mit Bildern und Rechten gezogen. Und so weiter und so fort. Mit Begeisterung lese ich immer wieder das erste Kapitel von Gunther Teubners Buch über Autopoiesis und Recht, eine geschichte, die sich in den Schwanz beisst und von dem erzählt, was entanglement genannt wird, auch weil es an Rekursion hängt. Obwohl ich mich am Begriff der Selbstreferenz störe, teile ich Teubners Vorstellungen über Referenz und Rekursion.
2.
In Vismanns Umfeld hieß es einmal Medien bestimmen die Lage, Vismann schrieb damals in der ersten Hälfte des Aufsatzes, die Medien seien der Erbnehmer des Souveräns (was in der zweiten Hälfte des Aufsatzes wieder relativiert wurde). Die Kulturtechnikforschung beschreibt was sie beschreibt normativ und operativ - und 'nicht ohne Rekursion', also auch nicht ohne das, was zum Beispiel Karl Heinz Ladeur eine Verschleifung nennt. Das Subjekt ist in Bezug auf die Unterscheidung vom Objekt und in Bezug darauf, wie es das Objekt beobachtet, wahrnimmt, an dem oder mit dem Objekt etwas macht (etwas ausübt zum Beispiel) vom Objekt trennbar, aber das ist nicht das, was Jack Goody eine große Trennung nennt. Das ist keine absolute Trennung, das Subjekt ist nicht absolut und das Objekt ist nicht absolut. In die Trennung zwischen Subjekt und Objekt sind Subjekt und Objekt involviert. Ein Hammer wird beherrscht, wenn man nu nutzen weiß, was er als Gebrauch vorgibt. Wenn ein Handwerker sich vom Hammer unterscheidet und denn Hammer nutzt, ist der Hammer nicht nur in die Nutzung des Hammers involviert. Der Hammer macht den Handwerker dann nicht nur Hämmern (und nicht Schrauben oder Schreiben), der Hammer ist sogar schon darin involviert, sich vom Handwerker zu unterscheiden. Der Hammer hat eine Form, die Bruno Latour ein black box nennt, weil in sie eingeschlossen ist, was dem Handwerker entzogen ist. Das Holz hat er nicht geschlagen, nicht geschliffen, den Stahl nicht gegossen, der hat den Hammer nicht hergestellt und muss nicht einmal wissen, wie man das macht.
Müsste man erst verstehen, was Strom ist, wie er funktioniert und wie ein LED Leuchtmittel funktioniert, bevor man das Licht einschaltet, bliebe es in weiten Deutschlands heute sehr lange dunkel, nicht nur heute. Kulturtechniken setzen nicht unbedingt Hermeneutik voraus. Man muss den Hammer nicht verstehen, um Hämmern zu können, muss die Technik nicht verstehen, um sie gebrauchen zu können. Das geht so weit, dass sogar das Lesen, Schreiben, Denken und der Gebrauch von Bildern nicht unbedingt hermeneutisch erläutert wird. Dafür gibt es ja Hermeneutik, aber man muss texte nicht verstehen, um sie zu nutzen. Das klingt radikal, gut so, aber muss nicht so radikal sein - wenn Theorien Beschreibungen liefern, bleibt ja ohnehin erstmal alles mehr oder weniger an seinem Platz. Der Mensch ist nicht Herr im eigenen Haus, der Theoretiker nicht der Beherrscher der Welt. Der Theoretiker macht nur etwas wahrnehmbar - und wenn für ihn gilt, was er über den Handwerker und Hammer sagt, dann wird die Kulturtechnikforschung an Kulturtechniken hängen, die wieder rekursiv den Theoretiker in etwas einbinden - zum Beispiel in das Schreibzeug, dass er nutzt.
3.
Aby Warburgs Geschichte und Theorie des Rechts, die 1929 in den Staatstafeln ihre Summe findet, ist ohne die Tafeln und ohne die Technik, die Warburg in der Einleitung Distanzschaffen nennt, die er aber an andere Stelle auch Gestellschieberei nennt nicht nur nicht denkbar, sie ist ohne diese Tafeln und die Technik nicht wahrnehmbar. Diese Summe denkt sich Aby Warburg nicht alleine, die Tafeln und die Fotos denken mit, sie lassen Denken. Wie in den Medientheorien von Walter Ong und Jack Goody, wie in dem berühmten Satz von Freidrich Nietzsche, dass das Schreibzeug bei unseren Gedanken mitarbeite, sind die Objekte in das Distanzschaffen involviert. Das Objekt ist daran beteiligt, sich vom Subjekt zu unterscheiden.
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fabiansteinhauer · 10 months ago
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Kulturtechnikforschung
1.
Man kann die Geschichte und Theorie zu juristischen und/ oder juridischen Kulturtechniken auch als Geschichte und Theorie des Assoziation verstehen. Das liegt nicht nur an den Impulsen, die Vismann (und auch ich) durch Bruno Latour erfahren haben.
Ich setze voraus, dass das Recht eine Assoziation ist - also eine Verbindung, die verbindlich sein soll und die unbeständig ist. Im deutschen Sprachgebrauch, insbesondere in der Ausbildung zum Juristen, wird der Begriff der Assoziation teilweise pejorativ verwendet, vor allem der Begriff assoziativ. Schreibt ein Korrektor an den Rand eines Gutachtens "assoziativ!", dann meint er das nicht lobend, nicht so, dass hier Verbindungen und Verbindlichkeit hergestellt wird. Eher das Gegenteil wird gemeint: Die Verbindungen seien zu instabil, um zu halten oder im richtigen Sinne hergestellt zu sein, zum Beispiel seien sie zu sprunghaft, zu weit, zu maßlos, zu ungewohnt, zu sonderbar, quasi nicht normal genug. Vielleicht will der Korrektor auch sagen, dass man zuviel von der Mühe sehe, mit der sich Juristen darum kümmern, Verbindlichkeit und Verbindungen zu bestreiten (wie man einen Haushalt oder einen Wettkampf bestreitet). Vielleicht ist es ein Rest alter theologischer oder naturrechtlicher Vorstellungen, vielleicht ein Rest des rhetorischen Trainings, dass Juristen in der Ausbildung dazu angehalten werden, Verbindungen herzustellen und dabei keine Spuren harter Arbeit zu sehen zu geben, also eine Verbindung möglichst leicht, ungezwungen und natürlich erscheinen zu lassen, nicht mit Sorgen und Mühe hergestellt. Es lassen sich viele Gründe dafür liefern, dass die Anmerkung "assoziativ" am Rande einer Klausur soviel heißt wie "nicht assoziativ genug".
2.
Darum sind die beiden Begriffe Assoziation und assoziativ gut gewählt, wenn man an der Geschichte und Theorie von Verbindungen und Verbindlichkeiten arbeitet, die an sich nicht bestehen, die, wenn überhaupt, nur künstlich, artifiziell, technisch bestehen und dabei unbeständig bleiben, schon weil sie keinem Fixpunkt aufruhen und keiner Garantie aufsitzen. Sie brauchen immer ein bisschen zu viel und immer ein bisschen zu wenig um behaupten zu können, sie seien an sich Verbindungen, an sich verbindlich, würden in sich einen Fixpunkt finden und in gewisser Hinsicht zu sich kommen. Im Kontext der Rechtswissenschaft ist die Kulturtechnikforschung Wissenschaft von etwas, was nicht nur Recht ist. Im Kontext der Bildwissenschaft ist sie Wissenschaft von etwas, was nicht nur Bild ist. Soweit die Kulturtechnikforschung sich mit der Geschichte und Theorie der Wissenschaft befasst, befasst sie sich mit etwas, was nicht nur Wissenschaft ist.
2.
Assoziationen sind dank und durch Kulturtechniken Assoziationen. Sie sind durch Trennungen verbindlich und durch Trennung eine Verbindung, obschon sie ja Unterschiedliches verbinden und obschon sie nur dadurch verbinden, in dem sie trennen.
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fabiansteinhauer · 11 months ago
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Rechtsschattierungen
1.
Alles das, was im Recht vorkommt, kommt auch außerhalb des Rechts vor, nur in anderen Richtungen und Reihenfolgen, auf und in anderen Schichten, zu anderen Stellen und Passen, in anderen Formen, auf anderen Linien, mit anderen Regungen.
In manchen Gesellschaften, die römischen Gesellschaften und ihre Nachfolger gehören dazu, hat sich eine strenge Wacht darüber entwickelt, was das Recht sei und was es nicht sei, ab wann eine Quelle eine Rechtsquelle wäre und ab wann eine Methode juristisch sei, ab wann die Worte, Bilder und Gesten den Juristen gehören würden und ihnen eigen seien. Man systematisiert, qualifiziert, verdichtet und verdickt den Begriff des Rechts, sei es in affirmativer Hinsicht oder aber, wie bei Daniel Loick, in kritischer Hinsicht.
Wir nennen das dichte und dicke Recht mit seinen Eigenheiten und exklusiven Zugängen, mit seinen Unersetzlichkeiten den juristischen Komplex. Die Resonanz stoppt nur nicht, die Wiederholungen und Reproduktionen, das Echo und die Reflexe gehen weiter, was juristisch kreist, kreist weiter, zieht weiter Kreise, bleibt weiter angestossen und anstossend.
Wir sprechen von einem juridischen Komplex, wenn die Art und Weise, wie im Recht Differenz operationalisiert wird, sich wiederholt, ohne dies von der Rechtswissenschaft und Juristische als Eigenheit reklamiert, beansprucht oder registriert wird und wenn es im übrigen keine Rolle spielt, wie dick und dicht oder wie dünn und verwässert, wie eigen und wie fremd darin Normen auftauchen. Der juristische Komplex und der juridische Komplex klingen verwechselbar, sind sie auch.
2.
Wenn Leute am Strand den Strand unterschreiben, wenn es im Slut Club nur geflüsterte oder mit der Hand und Faust vollstreckte Gebote und Verbote gibt, die keine juristische Institution für sich reklamieren würde, dann hat man es mit einem juridischen Komplex zu tun: Etwas, was sich wie das Recht gibt, ohne Recht zu sein, etwas, was dem Recht ähnlich ist oder dem Recht eine Übersetzung liefert. Die Moral, die Religionen, die Ateliers, die Bars, die Trampelpfade, boliviansche Straßenkreuzungen - dort wimmelt es von Juridismen. In Kants Philosophie, bei Schiller, Kleist und John Ford wimmelt es von Juridismen. Unter einem Juridismus verstehen wir nicht den Kern eines solchen Rechtssystems, das mit der bürgerlichen Gesellschaft, dem Kapitalismus und der deutscher Philosophie des 19. Jahrhunderts assoziiert wird. Wir verstehen darunter Wiederholungen dessen, was juristisch passiert. Es gibt geradezu Doppelgängerwissenschaften zur Rechtswissenschaft, die heißen Theologie, Literaturwissenschaft, Soziologie, Ethnologie oder Anthropologie. Es gibt Doppelgängerpraktiken zu den Praktiken des Rechts, es gibt, wie es bei Trotzki heiß: die Kneipe, die Kirche und das Kino, Moskauer Hinterhöfe, die Weltbank und daneben wieder bolivianische Straßenkreuzungen.
Nicht nur Juristen unterscheiden etwas, entscheiden etwas und verabschieden etwas, nicht nur sie schichten und skalieren etwas, nicht nur sie mustern etwas, nicht nur sie formatieren etwas und bestimmen dessen Mobilität, halten es an, hemmen es oder geben ihm einen Schub, nicht nur sie gebieten und verbieten. Nicht nur sie vertragen sich und etwas, verfassen sich und etwas.
3.
Normativität begegnet dem Menschen in vielen Erscheinungsformen, Normen vielfältiger Art regulieren sein Verhalten und ermöglichen Gesellschaft. Unter den juristischen erscheinen Gesetz, Gebot und Vertrag als möglicherweise primäre Typen (Hasso Hofmann). Die Rechtswissenschaft diskutiert seit je her Fragen der Rechtsquellentypologie und -hierarchie, sie engagiert sich in der Ordnung der Normen juridischen Typs und versucht dabei, Kollisionsregeln zu entwerfen. Doch es gibt auch andere Formen von Normativität; soziale Regeln oder und moralische Gebote scheinen als die wesentlichen Typen, hinzu kommen religiöses Gesetz und technische Normen. Die Bezeichnungen wechseln ihre Bedeutung, sie besitzen teils überschneidende Semantiken. Sie erfüllen unterschiedliche Funktionen, gemeinsam ist ihnen aber der Regelungsanspruch für menschliches Verhalten. Historisch ist zu vermuten, dass sie sich ausdifferenziert haben. Rechtstheorie und Rechtssoziologie streiten leidenschaftlich darüber, ob es sich bei diesen Normen (noch) um Recht handelt; wenn ja, dann wäre der Begriff des Rechtspluralismus einschlägig. Oft wird Rechtspluralismus aber auch nur auf Phänomene bezogen, bei denen ein engeres Begriffsverständnis von Recht in Ansatz gebracht wird. Rechtspluralismus beschäftigt sich dann mit dem Verhältnis verschiedener Rechte zueinander in ihrer Regelung sozialer Beziehungen. Um die absichtsvolle Erweiterung des Fokus auf andere Normativitäten anzuzeigen, die nicht notwendig als Recht begriffen werden, soll stattdessen der Begriff „Multinormativität“ verwendet werden. Unser Projekt möchte sich dieser Multinormativität aus rechtshistorischer Sicht widmen. Es geht uns um die Beschreibung und Analyse der Koexistenz, Kooperation und Kollision dieser verschiedenen Normativitäten in der Frühen Neuzeit, mit einem Schwerpunkt auf dem 16. bis 18. Jahrhundert. (Thomas Duve)
3.
Dem Phänomen spüren wir nach nach: Mit Arbeiten zur Rhetorik und Evolutionstheorie, zu Bildern und Rhetorik, zum Kino- und Persönlichkeitsrecht, zum Indusdelta, Textilien, Arbeiterinnen und Wasserkanälen (Großwerk von Palvasha Shabab!).
Worte isolieren, Reden schneiden, Tafeln gehen: Wir erforschen Kulturtechniken, die durchgehen, sprich: die sich diesseits und jenseits solcher Unterscheidungen finden, die in anderen Wissenschaften für konstitutiv und fundamental, institutionell notwendig, unverrückbar, unbestreitbar, unersetzbar und nicht austauschbar halten. Das nenne ich mit einem Begriff von Roger Caillois diagonale Wissenschaft, er definiert den Begriff an einer Stelle denkbar leicht: Es geht darum, den wirklich wichtigen Unterscheiden nachzugehen.
Ich fokussiere dabei jene Techniken, die damit zu tun haben, Sinn und Sinne zu formatieren, wahrnehmbar und ausübbar zu machen und dann noch die Regung dieser Formen zu bestimmen, etwa wie mobil und wie unbewegt, wie limitiert und wie exzessiv diese Formen reproduziert werden sollen. Die Distribution von Form und Norm interessiert mich, damit werden Konflikte ausgetragen, wie man auch Zeitungen austrägt. Dass ich Figuren wie Aby Warburg erforsche, die als sog. Rabula, also als juristische Aussenseiter, Unqualifizierte, Häretiker oder Laien eine andere Wissenschaft vom Recht entwickelt haben, das folgt auch daraus, dass ich mich für diese Formatierung, die Wahrnehmungen und Ausübungen interessieren.
Solche Kulturtechniken macht man auch in der Rhetorik, Poetik und der Ästhetik zum Thema. Dass ich das so tue, das hat mit Prämissen zu tun, die zufällig sind, andere machen das anders.
Die Rechtswissenschaft, die sich unter anderem über Cornelia Vismanns Arbeiten außerhalb der juristischen Fakultäten und Fachbereiche und in Opposition zu ihnen entwickelt hat, klingt einigen hochqualifizierten Rechtswissenschaftler fremd in den Ohren - und der natürliche Reflex ist, dass das nicht sein könnte, weil sie doch die Spezialisten wären, ihnen eigentlich alles bekannt wäre und letzlich sie dochdiejneigen wären, die jedes Wort verstehen und insofern auch bewachen müssten. Das halten wir für einen der Vorteile jender Rechtswissenschaft, die sich außerhalb der juristischen Fakultäten und Fachbereiche entwickelt hat: Sie ist formal, sie ist verfremdet uns sie verfremdet. Wofür haben wir schließlich unsere praktischen Erfahrungen gesammelt?
Ich denke, dass es ohnehin reicht, wenn jedes Jahr 1414 neue Bücher zu Carl Schmitt, 342 zu Hans Kelsen, immerhin noch 23 zu Rudolf Smend erscheinen und insgesamt eine zehnfache Menge davon zu den unbestreitbaren und unumstrittenen Autoritäten der Rechtswissenschaft erscheinen. Auch die Fußnotenketten sind doch gesichert, die Zitatvereinigungen müssen auf keine rote Liste bedrohter Spezies, da kann man auch mal andere Leute und anderen Materialen in den Blick nehmen.
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fabiansteinhauer · 5 months ago
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Bolische Übersetzung
Querela->Spes->la belle noiseuse->Die schöne Querulantin-->Das unbekannte Meisterwerk-Maskiert-persönlich nehmend und gebend-für söhnend und sühnend->durch klamme Stellen passierend, also durchgehend phobisch und anhaltend leuchtend-Lady Justice.
Die Kulturtechnikforschung kritisiert und analysiert Operationsketten, das sind jeweils im Detail Trennungen, Assoziationen und ein Austausch/ eine Austauschbar halt, ein Laden, Kassieren, Einhalten und Aushalten. Wenn ich heute nochmal Vom Scheiden schreiben würde, würde ich das in einem Vor- oder Nachwort vor- oder nachtragen. Eine Übersetzung kann lässig kommen, man sagt sich Gerüchte. Dann werde ich Worte dazu machen.
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fabiansteinhauer · 11 months ago
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Gute Nachrichten
1.
Bewilligt. Der Antrag auf den nächsten Forsch- und Lehraufenthalt in Pernambuco ist von brasilianischer Seite aus bewilligt. Recife, minha cidade, ich komme zurück, schon 2024, vielleicht sogar für vier Wochen.
Strenges Programm! Zwei Sachen sind zu erledigen: Der Forschungsbericht ist zu übergeben, d.h. das Protokoll und die Kommentare zu dem Aufenthalt 2019. Dazu würde ich gerne, falls ich wirklich vier Wochen dort sein kann, jede Woche 90 Minuten vortragen mit anschließender Diskussion. Perspektiven einer Kulturtechnikforschung, die Bild- und Rechtswissenschaft sein soll, das ist etwas aufwendig, weil es doch für viele neu und ungewohnt ist und man etwas Zeit braucht, um von den rhetorischen Institutionen (die in in Recife Lehr- und Forschungsschwerpunkt sind) über juristische Institutionen (sei das jetzt Gaius oder ein aktueller Fall zum Privatrecht oder zu Menschen- und Grundrechten) zur Theorie der Kulturtechniken zu kommen.
2.
Dann will ich drei Sachen weitertreiben: ein Protokoll zu einem Forum auf der Insel Itamaraca (die Fotos wurden mir einmal gestohlen); eines zu dem Sumpf in Recife (sehr unsicher, ob und wie ich das mache) und eines zu einem Markt im Sertao, denn ins Sertao muss ich eh so oft und lange wie möglich.
Der Markt in Buique bietet sich als Rindermarkt an, einmal war ich schon kurz dabei. Pesquiera ist noch noch nicht ganz Sertao, das ist in einem kleinen, sanften und recht grünen Tal, das sich bei Arcoverde zum Sertão hin öffnet, dort liegt dann auch schon das Val Catimbau (oben im Bild) mit seinen mäandernden Tafelbergen und seinen Graphismen nahe, das ist bereits magische Zone.
Ich kann es noch nicht wirklich glauben, dass ich wieder nach Recife komme, vermutlich werde ich erstmal leicht weinerisch oder mild hysterisch geschüttelt, wenn ich lande und das irrisierte und irrisierende Licht, die chromatische Aberration um mich herum habe und dann sicher weiß, ich könnte jetzt in zwei verschieden fantastischen Hotel wohnen: dem altschicken Hotel Central ohne Klimaanlage aber mit Nachbarschaft zu dem Wohnhaus von Clarice Lispector oder aber in dem 1980-Hotel schlechthin, dem Atlante-Plaza, dem Hotel mit blauverspiegelter Fassade, Klimaanlage, Dachpool und Bar unter künstlichem Wasserfall, also in der Zeitmaschine, die einen in die Filmära zurückträgt, in der Pierre Richard und Gert Fröbe noch in gemeinsamen Filmen auftraten oder Typen wie Albert R. Broccoli Talente wie Lotte Lenya und Robert Shaw um sich sammelte, um ... James-Bond-Filme zu produzieren. Kicher! Das muss man sich mal vorstellen. Der ganze Aufwand für fröhlichen Neunzigminutenklimbim, mit dem man dann noch eine große Industrie finanzierte. Gab es alles mal, wird Tag für Tag unglaubhafter, aber manche Hotels in Recife erinnern daran, dass es mal Zeiten gab, in denen Heterogenität und Homogenität wie Fuchs und Hase 'Gute Nacht' sagten. Nix wie hin.
Das Hotel Central hat zwei Sterne, rational betrachtet ist das korrekt berechnet. Kostes darum nur ungefähr 30 Euro pro Nacht mit Frühstück. Das ist ein Witz, totaler Witz. Das Hotel ist eine Sehenswürdigkeit, ein Museum, ein Studierobjekt. Man sollte seine Phobien leicht in Unerschrockenheit übersetzen können, sonst wird es in der Nachbarschaft schnell rauh und ungemütlich. Die Nachbarschaft lebt nämlich, thut einem aber nix, wenn man ihr nix thut und immer genug Geld bereit hat, das man gerecht zu teilen bereit ist. Zivile Besteuerer und Zöllner können einem da mal schon begegnen, aber die begegnen einem auch hier. Der Vorteil des Central: Das war der erste sogenannte Hochaus von Recife, ist äußerlich geschickt renoviert, vermittelt etwas vom Glanz der dreißiger Jahre und man bekommt eine Sinn für die Maße und die Explosion der Maße. Keine Klimaanlage, auch das iste in Vorteil, weil man von der Luft und der Feuchtigkeit erfährt, ohne sie in den Standard globaler Industrieproduktion zu übersetzen. Der Körper merkt sich das schnell, Luft hat Dialekte und Akzente, Färbung und Modulierungen, und es lohnt sich, auch wenn man vermutlich am Anfang glaubt, dort keine Luft zu bekommen und niemals schlafen zu können. Es geht, man gewöhnt sich daran - und hat dann Erinnerungen, die man sonst nicht hätte, das dichtet ein bisschen am Lebenslauf.
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fabiansteinhauer · 29 days ago
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Kulturtechnikforschung
Don't trust the Staatsrechtslehrer! Vertraue nicht der Beschreibung, die Thomas Vesting und Karl Heinz Ladeur den Arbeiten von Bernhard Siegert geben. Sie behandeln ihn als Setzling im Schach des Ladeurismus-Vestingismus. So bescheibt Bernhard Siegert seine Forschung zu den Kulturtechniken:
Im Wesentlichen versteht man unter Kulturtechniken die rekursiven Operationsketten, die den Medienbegriffen vorausgehen, die aus ihnen abgeleitet werden. Bilder wurden schon hergestellt, bevor es einen abstrakten Bildbegriff gab; das Zählen ist älter als die Zahl usw.
Trotzdem setzen Operationen wie Zählen oder Schreiben stets technische Objekte voraus, die in der Lage sind, diese vollziehbar zu machen und die sie daher in einem gewissen Maße auch bestimmen. Auf diese Weise sind Kulturtechniken historisch entstanden im Prozess der rekursiven Interiorisierung technischer Objekte und der Exteriorisierung von Praktiken. Daraus folgt u. a. dass Kulturtechniken nicht auf individuelle Praktiken oder Skills reduzierbar sind.
Unterscheidungen sind weder ontologisch noch transzendental gegeben; Unterscheidungen werden prozessiert. Jede Kultur beginnt mit der Einführung von Unterscheidungen: innen/außen, weiblich/männlich, heilig/profan, roh/gekocht, menschlich/nichtmenschlich, Signal/Rauschen usw. Diese Unterscheidungen werden von Techniken prozessiert (so zum Beispiel prozessieren Türen die Unterscheidung zwischen innen und außen), die daher keiner der beiden Seiten der Unterscheidung angehören. Sie nehmen vielmehr die Position eines vermittelnden Dritten ein. Die Liste der “elementaren Kulturtechniken” (Lesen, Schreiben, Rechnen, Bildermachen) muss daher ergänzt werden um die Liste sogenannter “primitiver” Kulturtechniken. Diese bilden den Primärprozess der Artikulation, durch den Zeichen und Dinge, Figur und Grund, Medium und Botschaft, Form und Materie, Organismus und Milieu allererst unterschieden werden. Die Position eines Dritten definiert diese primitiven Kulturtechniken als Medien. Kulturtechniken können daher begriffen werden als Medien, die die Reproduktion, Beobachtung, Verschiebung, Remediierung, und weitere Ausdifferenzierung von Unterscheidungen prozessieren.
Kulturtechniktheorie lehnt jegliche Ontologie philosophischer Begriffe ab. Es gibt keine Menschen unabhängig von Kulturtechniken der Hominisierung, es gibt keine Zeit unabhängig von Kulturtechniken der Zeitmessung und -organisation, es gibt keinen Raum unabhängig von Kulturtechniken der Raumbeherrschung.
2.
Die Graphik zeigt Flavio Gioia (Flavio Amalfitano). Der italienischen Seefahrer galt als Erfinder des Kompasses. Zitat eines Textes von Schloss Rheydt:
Obgleich dies heute stark in Zweifel gezogen wird schreibt man Gioia weiterhin die Entwicklung der klassischen Kompassgestaltung zu: ein geschlossenes Behältnis mit Glashaube, in welchem sich die magnetische Nadel auf einer genordeten Windrose bewegt. Akkurat und verlässlich arbeitende Navigations- und Messinstrumente waren von entscheidender Bedeutung für das Zeitalter der großen Entdeckungen, aber auch das Anfertigen von Karten und deren Nutzung.
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fabiansteinhauer · 1 month ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Loslassen: In der zweiten Sitzung der Vorlesung in Recife will ich Vismann loslassen, voll loslassen auf bleiernd-träge Wissenschaften vom Recht, loslassen aber auch, wie man nach Hannah Arendt etwas sein lässt, nämlich ziehen lässt.
In der zweiten Sitzung am 13.11. will ich also die 3 Stunden nutzen, um den Blick von Vismann auch abwenden und auf Literaturen der Kulturtechnikforschung lenken zu können, die den widerständigen und insistierenden Kooperationen nach 2010 weiter nachgegangen sind. Navigationen ist auch der Name einer Zeitschrift für Medien- und Kulturwissenschaften, die an der Universität Siegen herausgegeben wird. Siegen ist neben Berlin, Weimar und Basel das vierte Zentrum der deutschsprachigen Kulturtechnikforschung (also den Kreisen, die Vesting mit Weite, Dominanz und dem Namen Kittler verbindet). Erhard Schüttpelz ist einer der Herausgeber, der sich auch intensiv mit juridischen Kulturtechniken befasst. einer der besten Kenner Cornelia Vismanns und Adolf Reinachs (dem Autor der Phänomenologie des bürgerlichen Rechts), nicht nur in der Szene der Kulturtechnikforschung.
Navigation 15 (2015) ist ein Heft über Kooperation. Alle Aufsätze sind dort hervorzuheben, besonders wohl Susan Leigh Stars Aufsatz über die Struktur schlecht strukturierter Lösungen, über Grenzobjekte und heterogenes, verteiltes Problemlösen; Schüttpelz' Kommentar dazu, die Notiz zum Grenzobjekt, dann der von ihm und Sebastian Gießmann geschrieben Text zu den Medien der Kooperation (auch zur einer anderen, nicht staatsrechtslehrenden Rezeption Vismanns). Dort liest man zu Infrastrukturen und dem, was Vesting inkrementelle Prozesse nennt, auch wenn er in seinem Aufsatz zur Kulturtechnikforschung die Forschungen und die Rezeptionen Vismanns gar nicht erwähnt, die dazu stattfinden, um für den Leser ein verkürztes und einseitiges Bild der Kulturtechnikforschung zeichnen zu können. Sein Text zu Vismann, parteilich, ein, wie es jemand mal zu seinem Kommentar gesagt hat, ein Kommentar in eigener Sache, der Schlagseite hat, u.a., weil er sich auf Schlagworte stützt.
2.
Ich glaube, dass Kooperationen, die widerständig und insistierend sind, Verhäkelungen sind (ein Begriff, den Nietzsche zur Archäologie der Wissenschaften vom Recht eingeführt hat). Die Kooperationen haben Haken, etwa den, sich auf das einlassen zu müssen, was sich nicht dem Imaginären fügt. Denkt man Kooperation nach wie vor in Bezug auf die drei elementaren Züge juridischer Kulturtechnik, also in Bezug zum Trennen, Assoziieren und zum Austauschmanöver, denn bietet es sich in Bezug auf die Literatur Baseler Archäologen und ihrer Folgen (also Bachofen, Nietzsche, Warburg, Benjamin, Klossowski, Caillois) auch an, auf die Literatur von Jacques Ranciere zu achten, zum Beispiel auf den Text Si l'art résiste à quelque chose? den er zu Nietzsche und Deleuze vorgetragen hat. Frank Ruda und Jan Völker haben den Text übersetzt: Ist Kunst widerständig?
Ich würde den Begriff der Kunst hier nicht nur so lesen, wie er systemtheoretisch oder aber in Grundrechte als Institution oder in Helmut Ridders Text zur Freiheit der Kunst nach dem Grundgesetz und zu den Kollektiven gelesen wird, nicht nur so, wie er in Kommentaren zum Grundgesetz gelesen wird. Ich würde ihn auch so lesen, wie er in Passagen der juridischer, juristische und rhetorischer Institutionen gelesen wird (Quintilian, Corpus Iuris Civilis), auch wie er bei Michel de Certeau gelesen wird. Dann ist Kunst auch Begriff und Technik, die maßlos kontrahieren und distrahieren können, sich damit nicht in Vorstellungen der Ausdifferenzierungen fügen, sondern auf eine Weise wild pulsieren, wild denken (Lévi-Strauss) oder wildern, die z.B. Aby Warburg erst die Diagnose schizoider Paranoia, später dann, korrigiert, einer schweren manisch-depressiven Phase, also einer aus den Fugen geratener Melancholie und Bipolarität eingebracht hat. Dass man das wieder fügen kann, das hat Warburg auch gezeigt, aber im Grunde genommen fügt sich da in erster Linie oder prinzipiell nichts. Messen lässt es sich, sgar wilder und archaischer, als es Gertrude Bing vielleicht vor ihrem Besuch der Feiern der Lateranverträge im Petersdom unmöglich, danach aber auch möglich erschien (sie schreibt dazu im Tagebuch der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg ein Protokoll, das für Tafel 78 und 79 maßgeblich wird)
Kunst setzt was, nicht unbedingt Ohrfeigen oder andere Sätze. Kunst ist insofern etwas mit 'nem Akkusativ, 'nem Genitiv oder 'nem Dativ, wie juridische Kulturtechnik. Sie ist aber eben auf die ambigue Weise eigen, die auf ebenso ambuige Weise fremd ist. Mit ihr stellt und verstellt sich was, mit juridischer Kulturtechnik kultiviert man was, kultiviert sich was, wenn auch wie auf dem Land, wo in einem Jahr die Kartoffeln verfaulen während man nicht weiß, wohin mit den Äpfeln. Mit Kunst und juridischer Kulturtechnik lässt sich eins prima operationalisieren: Waiting for Pommes.
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3.
Damit der Widerstand verkehren und noch insistieren kann, man ihn dann wahrnehmen kann ist er in Spannungen zu entfalten, die man wiederum mit großen und kleinen Zahlen messen, schätzen und zählen kann, auf-, nach- und vorlesen kann, schreiben kann.
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fabiansteinhauer · 1 month ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Was ist es, das unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch, widerständig und insistierend, dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen?
Von mir aus kann man das, was an Forschung zu den juridischen Kulturtechniken passiert, weiten und dominanten Kreisen um Kittler zurechnen. Wenn so eine Verkürzung hilft, etwas greifen und packen zu können, ist das nicht schlecht. Ich würde dennoch vorschlagen, dann nicht nur drei Personen zu fixieren und die nicht einseitig zu lesen, also nicht nur Kittler, Siegert und Vismann als die weiteren und dominanten Kreise um Kittler zu erwähnen. In einer Manier juristischer Autorisierung, Repräsentation und Signatur wird u.a. auf einen Text von Vismann zurückgegriffen, der nicht gründlich gelesen und nicht eingebettet, um wie ein monumentales Subjekt begreifen zu können. Vismann wird in der Kürze wie der Souverän ihrer Texte dargestellt, der zu sehr auf Souveränität geachtet hätte. Tricky! Not witty!
Dass Verkürzung juristisch wichtig und produktiv ist, ist nicht zu leugnen, man kann Lektüre dann den Logiken eines Schriftsatzes vor Gericht unterwerfen. Aber Rechtswissenschaft kann mehr als der Staatstrechtslehre hilfreich zu sein und jeweils die nächste Entscheidung in Sachen Höhe der Zeit vorzubereiten. Als Einführungstext würde ich unbedingt neben dem Texten von Siegert und Maye, die für ein Lehr- und Handbuch geschrieben wurden, neben dem Text von Cornelia Vismann, der wie ein Antrag auf Einrichtung eines Lehrstuhls, als eine Art Jobbewerbungsschreiben geschrieben ist, unbedingt auch den didaktischen Text von Sybille Krämer und Horst Bredekamp zu den Kulturtechniken empfehlen, vor allem im Hinblick auf Fragen der Hand und der Manipulation (Wider die Diskursivierung der Kultur in: Bild-Schrift-Zahl), dazu auch die Texte von Erhard Schüttpelz mit ihren Bezügen zur anglo-amerikanischen Forschung (um Vestings Trick, die Kulturtechnikforschung als einen weiten und dominanten Kreis kontinentaleuropäischen Zentrismus darzustellen, zu durchschauen) sowie Markus Krajewskis Texte zu den Quasi-Objekten. Don't trust the Staatsrechtslehrer. Was Vesting über Kulturtechniken schreibt, ist Darstellung, die zumindest für mich nicht fruchtbar und hilfreich ist, vielleicht anderen.
2.
Kooperation, widerständig und insistierend: Schon die Systemtheorie, die in meiner Arbeitsbiographie vor der Hinwendung zur Kulturtechnikforschung steht und die auch bei Vismann eine Vorstellung einnimmt, die sie mit Koschorke als Widerstände der Systemtheorie beschrieben hat, hat einen gigantischen Begriffsapparat, um Kooperationen, Widerstände und Insistenzen zu beschreiben. Eventuell ist der Begriffsapparat sogar größer als derjenige der Kulturtechnikforschung, damit sicher auch schwerer zu händeln. Who knows?
Systeme und deren autopoietischer Erhalt oder deren Autodestruktion stellen mir aber keine beruflichen Fragen - schon weil andere Forscher dem schon viel länger und viel besser nachgehen, als ich das kann, wie etwa Gunther Teubner und Anna Beckers. Mit stellen Kreuzungen Fragen, dazu noch Verkehr und Verkehrung, mir stellen Wechsel und Verwechslungen, bolische Übersetzungen und geballte Täuschungen Fragen, zum Beispiel Kontrafakturen und kontrafaktische Stabilisierung (ein magisches Oxymoron!) Mir stellen große und kleine Trennungen, große und kleine Assoziationen, große und kleine Austauschmanöver Fragen - und die Systemtheorie hat dezidiert festgestellt, dass ihr das so keine Fragen stellt, genau und scharf in einem Aufsatz der Sozialen Systeme, in dem auch der Anthropologie und Aristoteles eine gewisse Untauglichkeit zur Lösung ihrer Probleme bescheinigt wird.
3.
Kooperation, widerständig und insistierend: In der Kulturtechnikforschung arbeitet Vismann u.a. mit Bruno Latour, der Akteur-Netzwerk-Theorie, um solche widerständigen und insistierenden Kooperationen zu beschreiben. Im Aufsatz zu Kulturtechnik und Souveränität wählt sie den Begriff "Eigenpraxis der Dinge", das klingt auch nach Eigen-Value und Eigenkraft. In ihren Arbeiten verfolgt sie aber nicht die entsprechenden systemtheoretischen Literaturen zum Eigen-Value, forscht auch nicht weiter danach, auch nicht zu dem, was Andreas Fischer-Lescano später in der Kritischen Theorie Frankfurter Schule Abteilung Nichtbenjamin zur Eigenkraft verfolgt.
Ich glaube, dass Vismann an der Stelle entweder den Begriff Eigenpraxis der Dinge unbedacht benutzt oder geblufft hat, vielleicht auch auf eine technische Weise, in der noch am Apparat gefeilt wird. Alles das passiert in Bewerbungs- und in der Antragspoetik auf beste Weise produktiv. Man wirft was hin, wirft Schlingen aus, wird schon. Man darf es nicht beim Wort nehmen und auf einer goldigen Waage einrasten lassen. Vismann greift sonst auf anthropologische Literatur zurück, auch auf Walter Benjamins Faszination von Dingen aus der Kindheit, also zum Beispiel Dingen, die man vielleicht besser mit Wallon Ultra-Dinge nennt. Sie verfolgt Operationen, die auf Operationsfeldern, auf Bühnen, in Szenen oder auf einem Chorus etwas vollziehen. Sie verfolgt Züge, nennt das in dem Aufsatz zu Kulturtechnik und Souveränitätt Vollzüge, sowohl im Aktenbuch als auch im Buch zu den Medien der Rechtsprechung geht es da auch um Dinge, die zueinander in Spannung stehen und die darum so eigen sind, wie sie fremd sind. Vielleicht wählt man besser den Begriff Grenzobjekt statt Eigenpraxis der Dinge, denn die Leute überlesen so schnell, wie Vesting das tut, die Ambiguität dessen, was eigen sein soll und darin noch fremd bleibt. Die Eigenpraxis der Dinge ist den Dingen selbst fremd, vielleicht so, wie die rätselhaften Hieroglyphen der Ägypter den Ägyptern selbst ein Rätsel waren.
Ob der Aufsatz durch das Schlag- und Stichwort besser, oder schlechter wird? Kommt darauf an. Wenn sie damit einen Job bekommen wollte: Zwei Jahre durfte sie einen Lehrstuhl vertreten, während intensiver Therapie. Diesen Lehrstuhl habe ich später vier Jahre vertreten, unter wesentlich weniger schwierigen Bedingungen, es fehlten allenfalls die juristische Bibliothek und die juristische Fakultät nebenan, um (wie später wesentlich besser in Basel) eine produktiven Austausch und produktive Irritation zwischen Rechts- und Medienwissenschaftlern allein dadurch anzustoßen, dass beide im Raum sitzen. Siegert, großes Herz, hat vielleicht in kleinen Momenten mich zu sehr abgesnobt, aber das ist eigentlich auch toll, liebenswürdig und eventuell war es ein Spiegel. Schon für mich war die Zeit viel zu kurz, für Cornelia Vismann muss das wie ein Wimpernschlag für das, was sie machen wollte, gewesen sein. Diese Zeit war extrem unbeständig und schloss Apokalypse ein, bringt aber auch hervor, was seine Apokalypse schon hinter sich hat.
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fabiansteinhauer · 1 month ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Was ist es, das unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch, widerständig und insistierend, dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen?
Weil das die leitende Frage der Kulturtechnikforschung ist, von der ich die ich betreibe, kann man antworten: das sind juridische Kulturtechniken. Die Kulturtechnik, die Recht wahrnimmt oder Recht wahrnehmen lässt ohne exklusiv, einzigartig, dem Recht eigen oder aber systematisch Recht zu sein ist juridische Kulturtechnik. Man muss auchdann nicht von juristischer Methode sprechen, wenn beides verwechselbar und austauschbar ist. Logisches Schließen mit seinen scholastischer raffniertes Schreib- und Mnemotechnik, seinen Diagrammen und ramistisches Tabellen ist zwar auch juristische Methode, ist auch mit der Geschichte der Jurisprudenz und Rechtswissenschaft verbunden, muss aber nicht für die Anwendung oder Auslegung von Gesetzen angewendet werden, kann auch anders verwendet werden. Rhetorik, Ars, Hermeneutik, Logik, Statistik, Mathematik, Poetik und schließlich Ästhetik sind Namen für Disziplinen, die viele juridische Kulturtechniken und teils auch juristische Methoden sammeln. Die rhetorischen Institutionen, Manuale, wie Quintilians Text, lehren solche Techniken in der Antike. Weil sie instituieren, richten sie ein, ein, an und ab. Man kann diese Disziplinen mit einem Verdacht auf Manipulation begleiten, werden sie auch seit Anfang an. Sie fabriziert Menschen, etwa den abendländischen Menschen, von dem Pierre Legendre spricht. Das ist bewunderungswürdig und kritikwürdig.
2.
In der Kulturtechnikforschung hat Horst Bredekamp an der Modellierung von Keilen vorgeführt, welche Vorteile Kulturtechniken mit ihren Manipulationen, ihren Ab-, An-, Aus- und Einrichtungen bieten können. Thomas Vesting gibt den falschen Eindruck, wenn er vorschlägt, die Kulturtechnikforschung einseitig zu verstehen, wie er auf die Idee kommt, lässt sich rationalisieren, aber er müsste das übernehmen, weil es einen Kommentar in eigener Sache betrifft.
In den literarischen Referenzen der Moderne knüpft die Kulturtechnikforschung u.a. an den Arbeiten von Leroi-Gourhan an, der mit seinen Arbeiten zur Geschichte der Hand und der Handhabung, des Händeln und Handelns mit der Hand auch einen Beitrag dazu geleistet hat, den Menschen und seine Gesellschaft als etwas zu behandeln, was von Natur aus artifiziell und phantasiebegabt operiert und seine Existenz der Existenz eines Apparates verbunden ist. Aby Warburg geht, im 19. Jahrhundert, dem nach, was später zum Beispiel als Erweiterung oder Ausbau des menschliches Körpers, etwa als Prothesenthese diskutiert wird, startend nach Warburg beim Horn (Fingernagel und Haar) u.a. am Begriff der Tracht und des Schmucks. Er assoziiert beide Begriffe nach Vorbildern, die aus rhetorischen Institutionen stammen könnten, nämlich mit Vorstellungen des Dezenten, des Musters, des Tuches sowie mit der Vorstellungen eines Schwankens (Wallen?), wie es in rhetorischen Institutionen dann auch auf psychologische und affektive Höhen und Tiefen bezogen wird. Hier wird das Verhältnis zwischen sublimen Affekten und subtilen Affekten bereits als melancholisches Verhältnis denkbar. Aus einer älteren Beschäftigung mit Händen und Manipulation wird er in einem Gespräch, das er 1896 mit dem Rechtsvergleicher Sally George Melchior führt, auf den Begriff der mancipatio aufmerksam. Schon Gaius nennt diese mancipatio ein Bild, legt nahe, dass dort etwas simuliert und angetäuscht, aber eben auch effektiv ausgetauscht wird. Die mancipatio manipuliert den Sklavenhandel, sie reguliert ihn.
3.
Man könnte auch sagen: das, was Recht wahrnimmt ist das, was an der ars boni et aequi, der Kunst der Gutmachtung, Vergütung, der Veredelung sowie des Passenden, Passierenden oder Durchgehenden nicht unbedingt Recht, aber unbedingt Kunst sein soll. Das kann gleichzeitig, weil diese Kunst dem Recht nicht exklusiv eigen ist, eine Kunst des Handelns, Händelns und der Handhabung sein, sogar eine Kunst der Manipulation, sogar der Mimesis et Cie (Roger Caillois). Dem deutschen Staatsrechtslehrer könnten die Haare zu Berge stehen. Soviel kann das sein und er will doch nur wissen, ob da jemand den Staat oder die Gesellschaft höher schätzt und ob er Internetkonzerne regulieren oder nicht regulieren will, der rest verwirrt ihn eher.
Ab einem gewissen Zeitpunkt, sagt man so, habe der Begriff der Kultur seinen Genitiv verloren, wenn das der Fall: Ich hänge den Begriff der Kultur wieder an Begriffe des Rechts an, hake damit ein und nach. Das gilt auch für Begriffe der Technik. Kunst verstehe ich in dem Zusammenhang also nicht als etwas, das ein ausdifferenziertes System wäre. Die Kunst verstehe ich als etwas, das kooperiert, widerständig und insistierend. Ich will damit nicht die nächste documenta würdigen müssen oder aber die Malerei von Daniel Richter. Die Geschichte und Theorie juridischer Kulturtechniken ist nichts Allgemeines. Sie taugt nicht für Gesellschaft im Ganzen und Globalen, taugt weder für die Totalität von Gesellschaft und Mensch noch für die Vorstellungen der Fragmentierung. Sie taugt für die Vorstellung vaguer und speisender Wesen und Sozietäten, für elliptische, kreisende Technik mit Hemmungen und Schüben, Fällen und Flüchten.
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fabiansteinhauer · 1 month ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
Zur Wiederholung: Der Anthropologe Lévi-Strauss bezweifelt, dass die Ideen vom Zuwachs an Komplexität dasjenige sein können, was auch ein sinnvolles Forschungsprogramm werden kann. Man kann den Beginn des Buches von 1962 wie einen Einspruch gegen jene Gesellschaftstheorie lesen, deren Stationen über Durkheim oder Weber zu Luhmanns Idee der anwachsenden Komplexität und Fragmentierung führt. Der Einspruch kann nichts widerlegen. Er kann eine andere Perspektive einräumen, um offensichtlich drängenden Fragen eine Gasse zu geben - allesamt Fragen, die sich nicht an der Unterstellung entzünden, dass wir (in) Gesellschaft seien sollen, sondern daran, was es heißen soll, Menschen zu reproduzieren und was es heißen soll wenn Menschen nicht nur Menschen reproduzieren, sondern auchg alles mögliche neben dem Menschen (für Juristen, die zu allem was zu sagen haben keine unbekannte Fragestellung). Oder so: wie soll das überhaupt gehen? Wie sollen Menschen Menschen fabrizieren und alles mögliche neben dem Menschen?
Ich gehe davon aus, dass das erwähnte Bündel an Fragen auch eine Frage der Rechtstheorie ist, ihr will ich mit Methoden nachgehen, die ich mit dem Begriff der Kulturtechnikforschung assoziiere (und die ich im Rahmen des Kurses anhand der Vorstellung von Vismanns und Warburgs Arbeiten vorstellen möchte).
Wie sollen Menschen Menschen und alles mögliche neben dem Menschen fabrizieren? Ich unterstelle, dass das kulturtechnisch geschehen soll, dass die Kulturtechnik normativ ist, weil sie u.a. symbolisch operiert - und dass diese Normativität als Effekt operationalisierter Differenz über juridische Kulturtechniken beschreiben werden kann. Man könnte diese Normativität auch als Fall dessen behandeln oder händeln, was Thomas Duve Multinormativität nennt, auch als Fall der Multidisziplinarität im Sinne Marietta Auers oder überhaupt als Gegenstand aller jener Forschungen, die zum Recht und damit zu etwas anderem als Recht (etwa zur Literatur, Ökonomie, Kultur oder Religion) forschen. Die Unterschiede, die sich in den Ansätzen ergeben, wären recht schnell und leicht durch kleine Übersetzungen und Perspektivwechsel zu überwinden.
Mein Interesse richtet sich aber nun einmal besonders auf juridische Kulturtechniken - auf ars, d.h. auf eine Kunst, die gutmacht (Gutes macht oder restituiert), vergütet oder veredelt (etwa im Sinne der Baseler Archäologen Bachofen und Nietzsche oder ihrer Kommentatoren Benjamin und Klossowski), die etwas passieren oder durchgehen lässt (auch im Sinne von Aby Warburg und dessen Ideen zu Trajans Gerechtigkeit).
Was sind juridische Kulturtechniken? Während juristische Methoden dem Recht eigen sind, zu seiner Autonomie und seinem Proprium zählen und etwas von einem epistemischen Monopol haben, dessen scharfe Verteidigung auch die deutsche Rechtswissenschaft auszeichnet, sind juridische Kulturtechniken dem Recht nicht eigen. Einfach gesagt: Juristen brauchen sie, um Rechte wahrnehmen und ausüben zu können, aber andere verwenden sie anders, also für andere normative Formen und Praktiken. Juristen unterscheiben, das tun Teenies aber auch. Schreiben, lesen und Rechnen sowie 'Bildgebung' (also etwa Zeichnen, Entwerfen, Modellieren, Idealisieren oder aber Metaphorisieren) sind bekannte Beispiele.
Die rhetorischen Institutionen bilden antike Manuale von Kulturtechniken; dort findet man also Beispiele (Quintilian oder der anonyme Autor der Rhetorik an Herennius lehren nicht nur, wie man spricht, sondern auch wie man schreibt und Bilder gibt oder wie man sich gebärdet/ gestikuliert und kleidet). In der aufkommenden Moderne rückt die Ästhetik als eine Disziplin nach, die wie die Rhetorik oder die Poetik anfangen will, die Praxis an die Hand zu nehmen . Baumgartens Grundlagentext ist noch als Manual, als Anleitung zum Händeln zu lesen, aber schnell wird die Ästhetik zur abstrakten und äußerst grundsätzlichen, universitären Systemphilosophie.
Mich interessiert die 'Vorgeschichte' einer Ästhetik eher, eine Reihe von wichtigen kunsthistorischen Arbeiten aus den spätern sechziger Jahren und den siebziger Jahren begründen klar, warum sie eher so einer Vorgeschichte und dann den rhetorischen, mathematischen oder auch den juristischen Auseinandersetzungen nachgehen als dem Zusammenhang zwischen Kunst und deutschuniversitärer Systemphilosophie. Zu diesen Arbeiten zähle ich Michel Baxandalls Giotto and the Orators, sein Buch über die Wirklichkeit der Bilder (beide zu auch zur Geschichte der Rhetorik und Mathematik), Heiner Mühlmanns Dissertation über die Ästhetische Theorie der Renaissance (zur Geschichte der Rhetorik und einer Kunstgeschichte als Regel- und Manualgeschichte), Horst Bredkamps Buch über Kunst als Medium sozialer Konflikte oder die Arbeiten von Hubert Damisch und anderer Autoren zur Geschichte der Zentralperspektive als einer Kulturtechnik. Von dieser Geschichte lebt in der Ästhetik etwas jenseits der deutschuniversitären Systemphilosophie, also auch jenseits einer systematischen Rezeption der Schriften von Kant und Hegel nach.
Ästhetik verstehe ich also als juridische Kulturtechnik, das ist kein allgemeines Verständnis, nicht alles will ich an der Ästhetik verstehen, nur das, was an ihr Echo, Resonanz oder Kooperation mit normativen und juristischen Phänomenen ist und das man darum juridisch nennen kann, weil es das Recht betrifft, aber nicht nur das Recht betrifft. An der Ästhetik forsche ich, soweit sie dabei widerständig und insistierend kooperiert, Rechte und Gesetze zu fabrizieren, damit auch den Menschen Menschen und alles mögliche neben dem Menschen fabrizieren zu lassen . Die Ästhetik halte ich für eine Technik, Erfahrungen zu machen und etwas wahrzunehmen, auch im Sinne einer (Aus-)Übung. Weder der Begriff der Urteilskraft noch derjenige der Schönheit oder des Erhabenen ist für mich zentral. Ich binde den Begriff nicht unbedingt an eine Kunst, die System oder Institution sein soll, auch nicht an die Irrationalität. Erfahrung, Wahrnehmung, (Aus-)Übung, das ist für mich an Ästhetik zentral - und über Aby Warburg dann auch jene Züge, mit denen Passionen in Aktionen und Aktionen in Passionen gewendet werden können. Mit Maximilian Herberger und mehr noch Pierre Legendre sehe ich da auch die Nähe zwischen Ästhetik und Dogmatik, denn auch die halte ich für eine Technik, Erfahrung zu machen. Man würde wohl er sagen: etwas erscheinen zu lassen oder aber einen Schein zu besorgen (zu kuratieren sozusagen).
Einer der Kulturtechniken, von denen sowohl Vismann als auch Warburg und Pierre Legendre sprechen, lässt sich ein Begriff geben, der zwar vom Rechtsbegriff getrennt ist (also unterschieden wird), aber nicht unbedingt groß getrennt ist. Das ist der Begriff des Reigens oder aber: Tanzen. Gemeint ist eine choreographische Kulturtechnik, die auch mit dem Begriff des Protokolls assoziiert ist. Die Aufnahme oben zeigt reigende, reizende, ausschlagende und kreisende Wesen - diese Wesen tanzen einen Spiegeltanz auf einem Coco in Olinda. Hier fabrizieren Menschen Menschen und alles mögliche neben dem Menschen, teils über ihm, teils unter ihm. Hier werden zum Beispiel Geschlechter geteilt und auch jene Trennung wird operationalisiert, von der Luhmann den Verdacht hatte, dass die zu einem Metacode wird, der das Recht verschwinden lässt, nämlich die Unterscheidung zwischen Inklusion und Exklusion.
Reigen ist nicht nur nur ein Begriff, der dem Rechtsbegriff affin, ähnlich oder verwandt sein könnte. Reigen ist keine Metapher des Rechts, dem Recht keine Metapher. Der Begriff Reigen hat bezeichnet, was der Rechtsbegriff bezeichnet, er ist dem Rechtsbegriff nicht nur ein unvollständiges Homonym, sondern auch ein unvollständiges Synonym, insofern auch austauschbar. Das ist kein perfekter Austausch, aber wer und was ist schon perfekt? Ein Rechtsbegriff ist das ja auch nicht. Reigen ist eine juridische Kulturtechnik, das ist eine choreographische Regung, damit auch Regelung, Regime und Regie. Choreograpisch ist die Regung, weil technisch Körper einen Zug machen, indem sie auch andere Körper nachmachen, Vorbildern nachtanzen zum Beispiel oder anderen Körpern beim Tanzen verwandt werden wollen. Der Tanz wird nicht nur reguliert, das Reigen wird nicht nur reguliert, beides ist selbst Regung, normativ, juridisch und sogar dogmatisch kommt das vor.
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