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Die Brandis
1.
Im nächsten Jahr steht wieder ein Familientag der Familie Brandi an. Stamm Paul Brandi, das ist Stamm Essen, also mein Stamm, ist diesmal dran, den Familientag zu organisieren. Das machen mein Cousin Tim Brandi und seine Frau Christiane mehr als federführend. Ich bin mal wieder für Jux und Dollerei zuständig. Wir treffen uns diesmal in Würzburg.
Aus Würzburg kam die Ehefrau von Karl Brandi, Hedwig Regelsberger. Karl Brandi hat nicht nur seinen Opus Magnum dem Karl gewidmet, Karl V. Der war überhaupt vom heilig-römischen Reich angezogen. Hedwig, seine Frau, kam aus Würzburg und als Tochter des Professors für Zivilrecht und Römisches Recht Ferdinand Regelsberger nicht wie gerufen. Sie kam explizit gerufen, dazu noch geladen. Ich will den Familientag allen Hedwigs der Familie widmen, denke dabei nicht nur an Pappa ante portas ("Mir ist eigentlich immer wohl. Nur wenn dir nicht wohl ist, ist mir auch nicht wohl"), sondern an alle heißungsvollen, sogenannten Angeheirateten sowie die irgendwie anders Angelockten.
Die Brandis erzählen sich noch heute auf den Familientagen, dass sie aus Italien kämen. Die entwerfen sich deutsch-römisch, darin lebt das Phantasma des Reiches auf einer etwas niedriger als souveränen und majestätisch erhabenen Stufe nach. Wir werden uns die Residenz anschauen, die hat auch mehrere Stufen und Schichten, bis runter zu den Satyren, Nymphen und ... Anthropofagen, denen Tiepolo auch einen Ort hinter dem großen, atlantischen Reichsteich reserviert. Das Ganze ist schliesslich römisch und katholisch und soll allen Platz einräumen, alles absorbieren und alles absolvieren.
2.
Vor ein paar Jahren hat Cousin Cornelius Brandi einen Familienfilm über die Herkunft der Familie Brandi gedreht und präsentiert. Er ist nach Rondanina gefahren, das ist in den Hügel des ligurischen Hinterlandes das Dorf, aus dem Francesco Brandi im Zuge der napoleonischen Kriege um 1800 aufbrach, seine Familie als Soldat und mit durchziehenden Truppen verlies, um ein paar Jahre später als ausgewiesen unverheirateter Jüngling in Hamburg neu anzufangen. Scheiden geht immer, immer anders. Der Film von Cornelius liefert leichte und fröhliche Dekonstruktion von Familienmythen. In Rondanina leben schon seit sehr, sehr, sehr langem eigentlich nur Brandis, heute noch ca. 60. Auf dem Friedhof also auch: haufenweise Brandi, Brandi, Brandi. In den Kirchenarchiven ist viel dokumentiert, schon weil es bei jeder Heirat einer Dispens durch den Bischof bedurfte. Das kanonische Recht und das, was die Anthropologen Inzest nennen, hätte sonst der Heirat entgegengestanden.
Was immer auch die Brandis sind, auf Diagnosen kann man sich ohnehin nicht ausruhen. Eine der schönsten Passagen in dem Film zeigt Cornelius, der aus dem Kirchenarchiven kommt und sichtbar an der Information noch zu schlucken hat, dass sich Francesco in Italien zumindest rechtlich nie scheiden liess, bevor er in Deutschland Stammvater wurde, indem er Stammmutter Antonie neu heiratete (diesmal war wenigstens keine Dispens vom Inzestverbot nötig) und dann noch einmal frische Kinder zeugte. Ging ja auch gar nicht, sich scheiden zu lassen. Was ging war, einen Boten zu schicken der erzählt, man sei bei einer Schlacht gefallen. Und was immer geht: keine Papiere, leichter Neuanfang. In der Familie, die er als Soldat verlassen hatte, war er nicht Soldat, aber auch kein Kind mehr, sondern auch Ehemann und Vater. Cornelius taumelt mit dieser frischen Information ein wenig durch das Bild in eine Bar, wo gerade sich die Leute aus dem Dorf zerstreuen. Sie singen eine kontrapunktische, endlose Fuge. In den Gesang klinken sich die Leute, die allesamt kommen und wieder gehen, vorübergehend ein und wieder aus. Sie singen phasenweise und episodisch mit, keiner ist von Anfang bis Ende dabei. Diese Szene ist von Cornelius nicht inszeniert, das machen die Leute in Rondanina schon selbst, das ist römisches Einzugsgebiet und nur weil es Realität ist, hört es nicht auf, Theater zu sein. Diese Szene zeigt, auch wenn es keine Versöhnung gibt, wie nahe man der Versöhnung doch kommen kann. Man braucht halt möglichst eine gute Bar und sollte notfalls ein Stück mitsingen können.
Die treffen sich eben am Abend und singen dort ihren einklinkbaren und ausklingbaren Gesang. Cornelius kommt ins Gespräch, der ist auch Anwalt (in Hamburg) und fragt an einer Stelle, woher die Familie Brandi eigentlich käme. Die Antwort lautet, jetzt allmählich erwartbar: das sei ein typisch deutscher Name. Sie seien aus Deutschland oder Österreich, eventuell während der Kinderkreuzzüge nach Italien ausgewandert. Die Brandi oder Brandis sind wohl die Brandlhubers des ligurischen Hügellandes.
Mythen kann man entlarven. Dann hören sie nicht auf zu sein, dann werden sie Schmetterlinge. Alberto Grandis Buch ist fantastische Komödie, das ist wirklich urkomisch, ich glaube jedes Wort sofort. Ich rechne sogar damit, dass irgendwo und irgendwann das G in B und das B in G kippte, ich mit Grandi also verwandt bin. Grandi ist Richter beim (Markus Krajewski, halte dich fest!) Internationalen Tiramisu World Cup in Treviso!! Eine Koryphäe auf dem Gebiet des Mampf und dazu noch sehr witzig.
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Flatulenz
1.
Wo Digesten und die Gesten sind, da sind Insekten, da wird geflogen. Erick Purkhiser, alias Lux Interior, Held der kleinen Bungalowbewohner in den Achtzigern, der ist inzwischen auch tot, aber hier steht er wieder auf und zeigt Mädchen der Rechtsprechung, was Mikrophone sein können, nämlich Medien eines reigenden und reichenden Stabsagens, das ordentlich poliert.
2.
Das Konzert der Cramps in Essen hat stattgefunden. Paul Brandi, Urgroßvater (Bruder von Karl Brandi und Stammvater von Stamm Essen, also meinem Stamm) hat dort das Geld für die Stadt gehütet und es verwaltet, seine Tochter Ingrid heiratet den Architekten der Zeche Zollverein Fritz Schupp. Die Schwester von Ingrid ist Lisa, von der ein Bildnis des Staatsrechtslehrers als kleiner Fabian in meiner Wohnung in der Polisophienstraße steht, die Büste eines Winzlings aus Zement. Der Bruder von Lisa und Ingrid ist Klaus, das ist mein Opa. Der heiratet Käthe Klinkenberg, die Tochter von Adolf Klinkenberg, der Ingenieur und später mit dem Bruder von Paul und Karl Brandi, dem Ernst Brandi, im Vorstand der Vereinigten Stahlwerke war.
Als einer aus der zweiten Reihe im Vorstand lebte Adolf Klinkenberg nicht auf gleichem Level wie die Nr. 1 der Verwaltung (Albert Vögler) in diesem Unternehmen. Das decorum unterscheidet dort sehr genau, alles, vom Auto über die Auffahrt zum Haus, die Stallungen und Tennisplätze und die Möbel und das Personal im Haus. Das war alles zwar toll, aber nicht so toll wie bei Albert Vögler, weil der im Vorstand die erste Reihe war. Adolf war also nicht erste Reihe, sondern nur zweite Reihe, dafür musste er sich aber auch nicht wie Albert Vögler Anfang Mai 1945 erschießen und konnte gemütlich seinen Ruhestand, die große Bibliothek und so viel Wein, wie er wollte, genießen.
Seine Tochter Käthe (meine Oma) und ihr Mann Klaus (mein Opa und der Sohn von Paul, Neffe von Karl und Ernst Brandi) wohnten in dem Haus von dem zeitweise überlebenden Adolf, also in einer Art zwar anspruchsvollem, aber zweitreihigem Ring des Nibelungen, über den Richard Wagner eine Oper komponiert hat. Ehrlich gesagt ist das Haus meiner Großeltern sogar dritte Reihe, denn über die Eigentümer der Werke haben wir noch gar nicht gesprochen.
Was eine große Anreicherung oder große Bereicherung ist, das wissen Leute, die in solchen Häusern groß werden, ganz gut. Kohle und Stahl liefen ganz gut im zwanzigsten Jahrhundert, da fiel auch für den Vorstand noch genug ab. Ich kann mich gut an jedes Detail erinnern. Die anderen könnten Visconti schauen, am besten Die Verdammten, auf italienisch lautet der Titel La caduta degli dei, also auf Deutsche eher wie der letzte Teil des Ring des Nibelungen: die Götterdämmerung. Treffender Titel (in dem Film von Visconti geht es freilich zuerst um die erste Reihe, die Eigentümer). George Bernard Shaw, einer der Gründer der Fabian Society, hat das in seinem Buch Wagner-Brevier ganz gut beschrieben.
3.
Am Ende sind immer alle tot, zwischendurch gilt es, sich nicht zu bekloppt zu verhalten, das Leben zu genießen und die Welt möglichst so an die nächste Generation weiterzugeben, wie man sie vorgefunden hat. Mit dem Wein und den Büchern, da lag Adolf nicht so falsch. Abnutzungserscheinungen sollen renoviert werden und im übrigen nicht zu viel kaputt gemacht werden.
Der Mann von Pauls Tochter Ingrid, der Fritz Schupp, baut also die Zeche Zollverein, die die Erweiterung des Minenbau-Unternehmes, dessen Zweige auch Zeche Carl erbaute, wo hier die Cramps singen.
UrEnkel von Paul und Enkel von Ingrid, Sohn von Dieter und seiner Frau Heinke ist Oliver Schupp, ein Barmann, natürlich an einer der wirklichen Bars jeder Vernunft, ihm gehört heute nämlich das Renger-Patzsch in Berlin. Renger-Patzsch war ein Fotograf (Landschaft) und Freund von Fritz Schupp, dem er seine Fotos vererbt hat, die jetzt wiederum Oliver Schupp geerbt hat und demnächst, wenn die Würmer ihn fressen, vererben wird.
Design, Kunst und Bilder: Dies Sein, oder nicht sein, das ist seine Frage, die Frage des jeweiligen Erblassers, so nennen manche der Brandis momentane und vorübergehende Eigentumsverwalter: Leute, die demnächst auch tot sind. Früher hat mein Cousin Oliver Schupp den Würgeengel in Kreuzberg gegründet, man sagt, das sei dort eine Institution gewesen. Wer Zettel, zum Beispiel meine Zettel verstehen will, soll bei Oliver Schupp mal essen und trinken gehen. Oliver Schupp erklärt sein Tun wiederum damit, dass seine Mutter, also die Schwiegertochter von Ingrid Heinke, genauer gesagt Heinke, die Kochbuch-Übersetzerin war.
4.
Wenn Markus Krajewski, der Autor von Zettelwirtschaft, zum doktor flotte nach Bockenheim kommt und sagt, dass er bald ein Buch über die Kulturtechnik Kochen fertig hat, weiß ich sofort, was drin steht - und kann es sofort nicht fassen, das euphorisiert mich sofort wie Nockerl mit Kapern im Blauensteiner. Darum schreibe ich an einer Kritik am Dogma der großen Trennung, darum schreibe ich dauernd vom Tafeln. Tafeln gehen. Autobahnen gehen gar nicht, aber Tafeln gehen.
Wer mehr von der Mutterlinie als von der Vaterlinie erzählen kann, der ist Muttersöhnchen, kein Vatersöhnchen. Mein Vater ist mir zu Unzeit, nahezu unverzeihlich früh, gestorben, darum weiß ich mehr von der Familie Brandi als von der Familie Steinhauer.
Dass die riesige Welt manchmal sehr klein ist, kann Assoziationen manchmal etwas verkrampft wirken lassen, aber eigentlich ist es komisch, wenn man frei assoziieren kann. Solange das Material heilig ist und man nichts erfindet (man darf bloß nichts erfinden und darf sich nichts ausdenken), solange ist es und bleibt es komisch.
The Cramps, The Human Fly, 1984
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Wedding dress
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Photographieren, posieren
1.
Klaus photographiert, Käthe posiert. In ihrem Rücken ein Haus, von dem man etwas sieht. In seinem Rücken, von denen man nichts sieht. Die Szene ist in Wittbräuke (daher kommt das Künstlerehepaar Witney und Wit Bräukel). Der Ort gehört heute zu Witten-Herdecke.
Meine Großmutter steht vor ihrem Haus auf einem Grundstück, das privat ist. Man musste früher, ich war seit 2007 nicht mehr da, durch ein Eisentor, um langsam über die Auffahrt ungefähr 120 Sekunden (das sind zwei Minuten) den Hang hich zu fahren. Unter einem 'Portikus zweiter Klasse' (keiner Tempelfassade im sog. großen Stil wie bei einem Portikus erster Klasse, sondern nur einer Terrasse auf Säulen) könnte man bei jedem Wetter aus dem Auto trocken aussteigen und das Haus trocken betreten. Links von Käthe befindet sich ihr Tennisplatz, rechts von ihr, in ihrem Wald, der sich bis zur Hohensyburg erstreckt, ist ihr Swimming Pool.
Im Rücken ihres Ehemannes Klaus, des ambitionierten Photographen, liegen die Häuser, die man sieht. Das sind ihre Stalllungen, ihre Reithalle und ihr Gebäude für das Personal. Meine Großmutter scheint ihre Position zu genießen. Sie tut es. Da bin ich mir absolut sicher. Gestern ist sie sie mir wieder einmal mit ihren vier Kindern im Traum erschienen. Sie gehört zu denen, die nachleben, das sind alle die, die gelebt haben.
Starke Menschen entfernen sich schwer, weg kommt keiner. Käthe entfernt sich maximal mit der Geschwindigkeit einer Seidenraupe, eher der einer Schnecke. Bis heute führten die Träume jedes mal dazu, dass ich am nächsten Morgen aus unruhigen Träumen erwachte und mich in meinen Bett in einen ungeheuren Irrenden verwandelt fand. Wie konnte ich nur glauben, dass sie schon weg sei?
2.
Zurück zum Foto. Die Brasilianer (Leute aus Recife wie Gilberto Freye) sprechen von Casa Grande, wenn sie das Haus im Rücken meiner Großmutter meinen. Sie sprechen nicht von Senzala (Hütte), wenn die die Häuser im Rücken meines Großvaters meinen. Man sagt dann Ställe und Personalgebäude. Aber Wenn man heute an dem Grundstück vorbeifährt, sieht man von einer Ecke aus das:
Das ist also nicht das Casa Granda meiner Großmutter, das sind in einem teils schräg metaphorischen, teils treffenden Sinne ihre Senzalas. Diese vier Gebäude dienten dem Personal und den Pferden. Zuerst sprach man von Dienerschaft. 1926, als die VESTAG (dazu gleich mehr) gegründet wurde und dieses Haus von der VESTAG für meinen Urgroßvater Adolf Klinkenberg als repräsentativer Wohnsitz nicht weit von der Ruhr entfernt gebaut wurde, da waren die Pferde noch nicht vollständig verschwunden. Sie waren aber nur noch Luxus. Casa Grande, den Sitz von Adolf Klinkenberg (Käthes Vater) kann man heute von außen aus sehen. Man braucht dann aber eine Drohne, sonst wird es schwierig. Auf Googlemaps muss man hier nicht verpixeln, die Mauer und die alten Bäume sperren auch so den Blick auf den Park und Casa Grande.
Solche Architekturen, ich meine auch den Park, sehen vielleicht adelig aus, sie sind es aber nicht. Das sind bürgerlich-rechtliche Privatgrundstücke, deren Sozialpflichtigkeit grundsätzlich feststeht. Sie ist ein Witz gegenüber den Pflichten des Adels. So ein Grundstück Sitz zu nennen ist auch eine schräge Metapher. Die Immobilie ist an kein Amt gebunden, obschon die VESTAG dieses Haus ihrem Vorstandsmitglied baute. Das folgten aber nur Erwartungen, die erstens nicht einklagbar und zweitens kurzfristig waren. Das Haus steht länger und hat länger Eigentümer, als die im Vorstand sind. Richard Wagner hat zu solchen Situationen des Sitzes, des Baus und teils vertraglicher Pflichten vier Opern geschrieben, die vom Ring des Nibelungen handeln. Architekturen, die dem Haus in Käthes Rücken ähneln, ich meine nicht Walhalla, ich meine die Haufen und Höhlen in der Oper, das ist das, was im römischen Recht auch contubernium genannt wird. Wenn sie nach 1800 gebaut wurden, lief es nahezu immer darauf hinaus, dass sie zu Behausungen werden, die von Lindwürmern gehütet werden. In ihnen gab die Unterscheidung zwischen Privatheit und Öffentlichkeit nur noch Anlaß für Verwechslungen, die nicht alle, aber u.a. mich, wiederholt aus unruhigen Träumen erwachen lassen.
Die Hochzeit zwischen Käthe und Klaus ist ein Teil jener postfeudalen Gesellschaft gewesen, in der Manager sich teilweise adelig gaben. Wenn sie entweder blöd waren oder keine Romane des 19. Jahrhunderts gelesen hatten, dann wollten sie darin nur Vorteile sehen. Die Hochzeit zwischen den beiden lies ihre Vornamen wie in kurzen Schatten gesagt unangetastet: Käthe und Klaus. Die Nachnamen Klinkenberg und Brandi wurden nach patriachalischem Muster, familien- und namensrechtlich zu einem Namen (Brandi).
Frau Käthe brachte das große Haus und Vermögen, Herr Klaus die Bildung, Kontakte zur Exekutive, Legislative und Jurisdiktion, zur Universität sowie als eher unpraktische Mitgift eine Reihe von musischen, zuvor extra nur mit Müttern assoziierte Ambitionen und Sensibilitäten mit. Ihre Hochzeit wurde gesellschaftlich als Vereinigung zweier Familien aus der Oberschicht der Stahl- und Kohleindustrie des Ruhrgebietes gewürdigt, zumindest so gefeiert. Klaus war Sohn von Paul Brandi, der leitender Beamter in Essen war. Käthe war Tochter von dem erwähnten Adolf Klinkenberg. Ihr Milieu hat das als Hochzeit zwischen den Klinkenbergs und den Brandis gesehen, auch wenn niemand bestritten hat, dass es Käthe und Klaus waren, die da heirateten. Anders geht es nicht, wenn Wesen heiraten, die sich genealogisch organisieren. Das ist und bleibt phantasiebegabt, auch wenn es darin involviert ist, Menschenfleisch zu fabrizieren. Die beiden hatten 5 Kinder, davon 3 gemeinsam, eines davon ist meine Mutter.
3.
Das Haus im Hintergrund liegt dem decorum nach in der dritte Reihe. Die dritte Reihe ist die Reihe des Vorstands der Vereinigten Stahlwerke. Das war ein 1926 gegründeter, vertikal integrierter Montankonzern. Die juristische Person ist eine Aktiengesellschaft gewesen, die (was kann ich dafür) VESTAG. Das Haus ist auch in dieser Zeit gebaut worden und meinem Großvater dann später übereignet worden, wegen seiner Arbeit für die VESTAG. Das war fatal, das kann man anders nicht sagen.
Die Reihe ist eine Reihe, die ziemlich weit vorne liegt und in der man umso besser einen Sinn für den Abstand zur zweiten und zur ersten Reihe entwickelt. Was danach kommt, mag danach kommen. Die erste Reihe bildet etwas, was mehr als zwei Nummern größer erscheint. Die Villa Hügel ist exponentiell größer, die Abstände verlaufen mathematisch betrachtet nicht linear. Die erste Reihe ist zumindest in dieser Gegend, dem Ruhrgebiet, die Reihe der Eigentümer von Familienunternehmen wie Krupp oder Thyssen gewesen. Noch während meines Studiums in Passau bin ich zum Beispiel dem Studenten Felix Henle, Sohn von Susanne Henle und Enkel von Berthold Beitz, Ur-Enkel von Peter Klöckner mit dem Hinweis auf den Geburtsnamen meiner Mutter vorgestellt worden. Das hat seinen Blick merklich geändert, ich würde sagen aufgehellt und geöffnet, zumindest für mehr Aufmerksamkeit gesorgt. Ach so, das ist ja ein lustiger und verrückter Zufall, ha ha ha! Das sagt man dann so.
Obschon ich ihn und er mich noch nicht kannte, konnte wir uns einordnen und Einladungen mit dem aussprechen, was man entweder Kredit oder Ansehen nennt. Die Reihe Berthold Beitz, Susanne Henle, Felix Henle: die kannte ich zwar nicht auswendig, aber mein großer Bruder kannte sie. Die Linien hängen einem an, wie ein Mantel, der auch dann noch die Form besitzt, die ihm einst ein persönlich bekannter Schneider gab, wenn er längst industriell in Pakistan produziert wird. Das ist anhängender und anhänglicher Kredit, das ist Sitte, zu deren Physik Kant sogar behauptet, da gäbe es einen Metaversion von, die Metaphysik der Sitten. Tracht und Träger gibt es auf jeden Fall.
In und auf der zweite Reihe des Ruhrgebietdecorums liegt die Villa von Albert Vögler, der dem Vorstand der VESTAG auch angehörte, ihm aber vorsaß, weil er 'beste' Verbindungen zur Politik pflegte, dafür musste der nicht eine Tochter verheiraten. Gegenüber meinem Urgroßvater Adolf Klinkenberg, einem Ingenieur, hatte er, was Macht angeht, Vorzüge. Ernst Brandi, der Onkel von Klaus, gehörte auch dem Vorstand an, Klaus heiratete also die Tochter eines Vorstandskollegen seines Onkels. Vögler stand darüber, ich spreche von feinen Unterschieden, die zum Gewebe der Gesellschaft gehören. Vögler soll herausragend agiert haben, damit die erwähnten Vorzüge gehabt haben. Einer war vor allem der Umstand, dass er ein talentierter Machtmensch war. Das war einer, der mit allen Leuten umgehen kann oder umzugehen weiß, dazu noch einer, den alle umgeben wollen. Setzt er sich an den Tisch, hoffen andere auf glückliche Tischordnung und Nähe zu ihm. Betritt er den Raum, brechen ande ihre Gespräche ab, um ihn zu begrüßen. Die Krupps und die Thyssens sind unantastbar. Albert Vögler musste am Ende des zweiten Weltkrieges allerdings tun, was Albert Ballin am Ende des ersten Weltkrieges getan hat und was sogar Aby Warburg am Ende dieses Krieges tun wollte: Er hat sich erschossen. Das sind die Kosten der Vorzüge, wenn man direkt nach den Unantastbaren in zweiter Reihe, dafür jedoch im Bereich der Tastbaren in erster Reihe steht.
Die zweite Reihe ist eine, die sich nicht in Familienunternehmen und Eigentümern aufhält, anders gesagt: Sie halten sich dort nicht auf. Die in zweiter Reihe sind also nicht die Familien der Unternehmer und Eigentümer. Sie sind in dieser Gegend Verwalter oder Manager, die an privatgesellschaftlich komplex organisierte Konzerne mit der Struktur einer anonymen Gesellschaft gebunden sind und da an einer Front stehen, an der Sichtbarkeit und Aktion beginnt. Die Zweitreiher sind Vorstandvorsitzende. Sie stehen IN verbindlicher Relation zur Politik, selbst wenn sie zu den freien Gestalten gehören. Diese zweite Reihe ist diejenige, die 'die ganze Scheiße', sprich: die obersten Realwidersprüche, nicht nur verteilen, sondern auch fressen muss (das könnte eins sein).
Von Zweitreihern wie Vögler von der VESTAG scheibt Vesting auch, wenn er in seinem Buch über Rechtssubjekte und Petsönlichkeitsideale von den Managern schreibt. Vögler geht nicht darin auf, in dieser Reihe der oberste Schurke gewesen zu sein. Ihn als Nazi abzutun ist das Attest derer, die keine Unannehmlichkeiten haben wollen. Den musste man nicht zum Sündenbock machen, was er getan hatte, wußte er selbst am besten und da liess er sich auch keine Verantwortung abnehmen.
4.
Die im Decorum dritte Reihe, das ist also die Linie (die gründliche Linie und der Zug) derjenigen Familie, zu der meine Mutterlinie [!] gehört. Wie immer ist das diese Reihe ein Reigen mit eigenen Rechten, sie ist einer der Linienzüge, von denen englisch gesagt wird, dass sie drawing, drafting und drifting seien.
In so einer Linie läuft mit, was wir im MPI fault lines nennen. Das sind Linien, an denen Verwerfungen und Entwürfe zusammenkommen. Diese Familie ist weder unantastbar noch ist ihr Leben so eng an die Verwaltung, an Aktiengesellschaften und Politik gebunden. Sie ist auf weiter ausgetriebene, quasi 'vollendetere' Seite schon bürgerlich. Sie wechselt leicht die Seiten und kommt leichter weiter, aber auch nicht, ohne unsicher und limitiert zu sein. Sterblich sind sie auch. In der Generation der Brandis, die Käthe und Klaus folgte, geht die Kurve der Selbstmordrate in den fünfziger und sechziger Jahren vorübergehend nach oben. Die Söhne und Töchter waren statistisch betrachtet unter größerer Lebensgefahr, man würde wohl sagen: von innen bedroht. Klaus, mein Großvater, war auch kein Muster und Vorbild an Resilienz. Auch sein Tod wird wie als zaudernder Verwandter des Suizides beschrieben, wie ein Aufgeben oder der Verlust an Lust. Das Zimmer, in dem er starb, das hatte eine Schräge und Industrietapete. Er hatte sich zuletzt unter das Dach zurückgezogen, dorthin, wo entweder das eigenen Personal oder das von Gästen seine Kammern haben konnte. Am Morgen nach seinem Tod stand auf einem kleinen runden Tisch eine Packung Bahlsen Cracker. Die war angebrochen, wie ein Flügel stand ein Teil des Pappdeckels nach oben. Das ist ein halbes Jahrhundert her und gehört seit dem und gegenwärtig zu den Blicken, die mir vor Augen stehen und dort laden.
Ich gehöre zu einer Generation in dieser Familie, die nicht studiert hat, um aufsteigen zu können, sondern um absteigen zu können. Mein Zugang zum Forschung und Lehre tendiert dazu, einen Blick der Dekadenz einzunehmen, aber auch einen Blick jener amazonischen Wesen, die das Ende ihrer Welt bereits hinter sich haben und dennoch, wenn auch weiterhin limitiert und unsicher, unbeständig und fröhlich existieren. Das sind keine Ureinwohner, keine von denen, die zuerst da waren und denen ein Ort oder eine Zeit ursprünglich gehörte. Ich auch nicht. Das sind Wesen, die einen tropischen Zugang zu den Denkräumen haben. Ich auch. Sagen wir so: Die Xucuru sind keine originellen oder gar ursprünglichen Wesen, sie sind tropische Wesen. Ich auch. Der Blick der Dekadenz ist da, los werde ich den bestimmt nicht mehr. Ich muss das Beste daraus machen. Da ist mir Rudolf Wiethölter glücklicherweise über den Weg gelaufen. Die Formel ist trivial: Es hilft alles nichts. Er sagte das so: Ohne Recht geht es nicht, mit dem Recht auch nicht. Gerade daraus versuche ich, ein Forschung zu jenen Helferlein zu entwickeln, die nicht alles sind. Das sind zum Beispiel Letter, Briefe, Tafeln, Tabellen und immer sind es juridische Kulturtechniken.
Wenn ich zu Details forsche und immer wieder zu dem, was unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen, habe ich dafür mehr Gründe, als selbst ich bereit bin, offen zu legen. Diese Erklärung soll ausweichend und assoziativ sein.
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not my photo but gingham is literally amazing
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More Narnia Thoughts on Uncle Andrew (the ultimate cringe fail villain man).
Okay new people who have recently followed me as I’ve (very bravely) been posting about other non-MBS fandoms. More Uncle Andrew thoughts.
As much as I’d like a Narnia spin off about his childhood, I’d also love to see him in a spin off about Digory’s life after Narnia, because Uncle Andrew goes to live with them after Digory’s mother gets better so that Aunt Letty can finally be relieved of the burden.
What on earth must that have been like for Digory?
The books say Uncle Andrew was too scared to try magic again, and became “nicer than ever before” but was still a bit of a creep and liked to talk up how hot Jadis was and how he totally had a chance (so we know he's still delusional).
But imagine what that was like for Digory (and Polly when she visited every summer).
They’re living this idyllic life with Digory’s wonderful parents in the estate they’ve inherited, and then at 3pm the man who ran unethical scientific experiments on them stumbles downstairs after sleeping in until the late afternoon to pour himself a glass of morning brandy muttering under his breath “a dem fine woman, shame about that temper” as he hobbles back upstairs. Polly visits Digory’s family for Christmas and Uncle Andrew is just… there. What would they even get him as a present besides brandy and cigars? I’d suggest a self-help book, but I think most of the advice would go over his head.
My point is: if someone ever wrote or made a tv or movie spin off about Digory and Polly after Magician’s Nephew and how Digory became the professor and what his life was like during those in between years, I would enjoy it, but it better include the comedic potential of Andrew in the background of every scene being an absolute disaster and human train wreck (even if he is no longer actively doing crime).
#“But OP Andrew was an old old man he’d die long before Digory became the professor!”#Yes he would and I would like to see the funeral. What would Digory even say?#“My uncle… he… was an interesting man. A very unique soul. I’ve never met another man like him”#That’s about the kindest thing you can say about a man who did unethical science on you and your friend#And who didn’t care that your mother (his sister) was dying#And stole money from your aunt to buy brandy and cigars and take a witch out on a date#uncle andrew#digory kirke#Polly Plummer#the magicians nephew#chronicles of narnia#narnia#the chronicles of narnia
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tdy was so much fun!! I always manage to find bunny’s!!
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