#Wechselwissenschaft
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Die Siegburger Madonna hält mit Daumen und Zeigefinger ein rundes Objekt, das in der Literatur als Apfel gedeutet wird. Sie würde dann Jesus einen Apfel reichen. Bei der Deutung soll sich etwas verdreht haben, vielleicht handelt es sich bei diesem Objekt um ein 'unintentionales Polobjekt'? In der Literatur wird die Meinung vertreten, die verdrehte Deutung sei auf eine etymologische Erklärung von Isidor von Sevilla zurückzuführen, die wiederum ebenfalls nicht haltbar sei. Der erklärte, dass mamilla (Brust) eine Verkleinerungsform von mala (Apfel) sei. Sie solle ihm eigentlich ihre kleine Brust, nicht einen Apfel reichen, aber eine falsche Übersetzung oder Lektüre habe sich eingeschlichen. Stabensalat: Man setzt an, da haben sich die Zeichen in die Welt gedreht, indem sie sich in der Welt gedreht haben.
#Siegburger Madonna#1160#Schnütgen-Museum#mamilla#mala#omnes definitio juris periculosa est#Wechselwissenschaft#jean wirth#Peter Goodrich#Valerie Hayaert
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DogmaTikTok
Das Recht ein Ideal, ein (Vor-)Bild, ein Identifizierungspol, sagt Legendre, schreibt Hamacher (Ich trainiere schon für Wien und alte Meisterakten, Anm. FS).
Legendres Dogmatik baut auf 'Anfängen des griechischen Denkens' auf, nach denen das Bild ein Objekt sein soll, mit dem eine Abwesenheit oder ein Abgrund gemeistert oder bewältigt werden soll. Warburgs Vorstellungen sind andere: das Bild ist ein Objekt, das Kehren händeln (nicht meistern oder bewältigen) soll. Das Bild soll Bewegungen händeln, die polarisiert sind. Legendre richtet ein klassisches, vielleicht sogar archetypisches europäisches Verbot ein, dasjenige der Asebie (Idolatrie?), das insoweit ein Verwechslungsverbot ist: Halt Abstand zu Deinem Bild, verwechsel Dich nicht mit dem (großen) Anderen. Seine Dogmatik ist propaganda fide großer Trennung. Pierre Legendre will Garantien liefern, sogar lebenserhaltende Maßnahmen richtigen Denkens und richtiger Wissensverwaltung ergreifen, von denen er sagt, dass die Alternativen mörderisch seien. Legendre besiegelt das Gesetz. Pierre Legendre schützt ein Monopol, das ist das Monopol des Dritten, jener monumentalen Referenz und jenes monumentalen Subjektes, das den Menschen vor dem Abgrund und von der Abwesenheit abschirmen soll.
Exkurs: Wenn, wie Werner Hamacher schreibt, Legendre gesagt hatte, das Vorbildrecht sei ein Identifizierungspol, dann, so hatte ich mir selbst, noch vor dem Besuch in Wien aber nach demjenigen im Prado notiert, ist das eine in ihrer Selbstüberschätzung grotesk irrsinige Annahme darüber, man besitze ein Monopol in Lagen, die nichts und niemanden zusammenhalten und die einem ein Leben lang nichts anderes vorgaukeln als zusammenzuhalten und auch zusammenhalten müssen zu sollen, wie ja überhaupt alles bei Legendre, das legte Hamacher mit einer an diesem Tag frischen Beiläufigkeit auch noch nahe, notierte ich bei dem erwartungsgemäß übersäuerten und natürlich untrinkbaren Museumskaffee noch dazu, ein einziges, auf andere Weise sauertöpferisches Zusammenziehen französichen Spießbürgertum ist, das sich die Welt nebulös zurechtschrumpft, wie sie ausschließlich in den Ausgeburten eines penälerischen und pedantischen Schwiegersohnes, der sich noch einbildet an der Ecole National und bei dem katholisch so verbohrten wie verstiegenen Liebling der sogenannten Pariser Gesellschaft Lacan seine Zeit verbracht und seine Lektion gelernt gehabt zu haben, verkleinert und zum Wurm gemacht werden kann [Bernhardmimesis ist easier said than done, das muss gründlicher geübt werden, Anm. FS]
2.
Aby Warburg betreibt hingegen (Ver-)Wechselwissenschaft und Kreditgeschäft, eine vergleichende Normwissenschaft zum Ansehen. Man muss sich den Stil Warburgs eher wie einen Film vonJacques Tati als einen Text von Louis Marin vorstellen. Warburg geht es eher um ein Ohnehin, ein Durchkommen, um Nachvollziehbarkeiten und Übersetzbarkeiten, nicht um Verhinderungen und nicht um lebenserhaltende Maßnahmen, schon gar nicht um Garantien.
Die Referenzen kehren, drehen, wenden, sie kippen und beugen, sie falten und wogen, sie scrollen und schlängeln sich, sie wandern, schaukeln und schwingen, da ist kein Halten. Das ist kein Monopol, da ist was stereopol, bipolar, multipolar - und die Kehren eiern unausgewuchtet und doch fruchtbar durch Raum und Zeit. Sie schaffen keine großen Bögen, von denen man glauben könnte, dialektische Linien zu sein. Warburgs Spiralen schwindeln.
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Warburgs Staatstafeln
1.
Mit den beiden 'letzten Tafeln', den Staatstafeln, schließen die heute überlieferten Versionen des Mnemosyne-Atlas. Auf ihnen, so heißt es in der Literatur, wendet sich Warburg der Gegenwartsanalyse zu. Im Februar 1929 waren er und Gertude Bing in Rom, zu der Zeit wird, wie man behauptet, die römische Frage gelöst. Seitdem Garibaldis Truppen in der Nähe von Michelangelos Portia Pia eine Bresche in die römische Stadmauer geschlagen, in gewisser Hinsicht das pomerium, die gründliche römische Linie verletzt, durchbrochen und Rom besetzt hatten, war der Kirchenstaat wie in Meteoritenschauer, schwebend 'aufgelöst', ohne das etwas anderes an die Stelle getreten wäre. Die unklare Lage hieß die römische Frage. Die soll im Februar 1929 gelöst worden sein, Aby Warburg und Gertrude Bing wären dabei gewesen und hätten zugeschaut.
Der heilige Stuhl und das Königreich Italien schließen am 11. Februar 1929 Verträge, aus denen unter anderem der Vatikanstaat als neuer römischer Staat hervorging. Das Königreich Italien anerkennt die Souveränität des heiligen Stuhls, den Vatikanstaat als souveränen Staat, und es bestätigt, dass die römisch-katholische Religion Staatsreligion in Italien ist. Der heilige Stuhl erkennt an, dass Rom die Hauptstadt des Königreich Italiens ist und verzichtet auf alle Gebiete des Kirchenstaates, die außerhalb des Vatikanstaates liegen. Das Königreich Italien entschädigt dafür den heiligen Stuhl. Der Vatikanstaat wird an moderne Infrastruktur angeschlossen: Wasser, Eisenbahn, Telephon und Telegraphen, Radio und Post. Man zieht eine neue, gründliche römische Linie, in der das pomerium nachlebt. Im Anhang der Verträge findet man dazu Kartenmaterial, auf dem der Vatikanstaat konturiert wird.
Auf der Seite Italiens fädelt der 'Katholikenfresser' Mussolini den Deal ein, der sich unter anderem auch verspricht, durch diesen Vertrag international 'kreditwürdig' zu werden. So etwas muss Aby Warburg auf den Plan rufen, denn seine Polarforschung, seine (Ver-)Wechselwissenschaft, seine Wissenschaft angepinnter Tafeln ist mit dem Kreditieren zu einer Institution geworden. Zu Fragen der Kreditwürdigkeit ist Warburg der Spezialist schlechthin, aus der Gruppe ausgebildeter Kunshistoriker wohl ohnehin, aber auch darüber hinaus. Selbst sein Bruder Max, immerhin der geschäftsführende Hauptgesellschafter des Bankhaus Warburg, fragt ihn diesbezüglich regelmäßig,d.h. wöchentlich um Rat.
2.
Aby Warburg erstellt und nutzt die angepinnten Tafeln, um sich mit etwas zu beschäftigen, von dem man sagt, es sei Gegenstand der Rechtswissenschaft und von dem einige sogar behaupten, es habe sich erstens ausdifferenziert, zweitens lägen die Anfänge dieser Ausdifferenzierung schon im römischen Recht. Mit Ausdifferenzierung ist mehr als Differenzierung gemeint. Man kann sagen, dass damit eine meisterliche oder eine gemeisterte Differenzierung gemeint sein soll. Aus, aus, die Differenzierung ist aus: Deutschland ist weltmeisterlich ausdifferenziert, so stelle ich mir das vor. Es ist ein deutscher Begriff. Das Wörtchen hatte einst wohl Luhmann erfunden, es hat sich in der Juristensprache eingenistet. Es ist in das Biotop oder anders gesagt auf den fruchtbaren Stolzboden von Leuten gefallen, die ihr Selbstbewußtsein vom Differenzierungsvermögen, von "Scheidekünsten" ableiten und die man Juristen nennt. Sie nennen sich auch selbst Juristen, über Unterschiede hinweg sogar Volljuristen.
Eine sog. Ausdifferenzierung führt zu einer Trennung, die man mit Worten von Jack Goody, Bruno Latour oder Eduardo Viverios de Castro great/ groß nennen kann. Eine solche Differenzierung soll nämlich nicht bloß eine Kleinigkeit, nicht bloß detailliert sein oder Details hervorbringen, sie soll auch noch große Gesellschaft reproduzieren. So eine große Gesellschaft soll entweder, wie bei Niklas Luhmann, ein System bzw. ein gesellschaftliches Teilssystem sein. Oder das soll Kultur im Sinne einer großen, räumlich und zeitlich weitgespannten Gesellschaft, also zum Beispiel "Westen" oder "Kontinentaleuropa" oder "Anglo-Amerika" oder "Osten" sein. Groß soll die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht sein, etwa weil sie ein zeitlang oder eine Strecke lang durchhält, sich ausbreitet oder breit ist, Vermögen bildet oder weil sie sogar eine dichte "Anreicherung" darstellen soll, und die soll eine dichte Anreicherung sein, wenn man in einer Gesellschaft großzügig auch kleinere Bewertungen und Werte der größeren Gesellschaft zurechnen kann. Wenn der Umstand, dass jemand satt wird, der Gesellschaft zugerechnet wird, soll es dort eine Kultur der Sättigung geben. Wenn Unternehmergewinne einer Aktiengesellschaft einer größeren Gesellschaft auch dann zugerechnet werden, wenn das Unternehmen die Gewinne der größeren Gesellschaft nicht abgeben muss, dann soll es dort eine gewinnende Kultur geben. Die Details sind umstritten, das Schöne daran: auf sie kommt es meist nicht an.
Thesen und Vorstellungen, die davon ausgehen, dass es eine Ausdifferenzierung geben soll, die zähle ich zu dem, was ich das Dogma der großen Trennung nenne. Man könnte es auch, wie Bachofen, ein Gerücht oder aber Theorie, eine Idee oder vielleicht sogar Mythos nennen, aber das Wort Dogma fasst meines Erachtens am besten das beschirmte und abgeschirmte an dieser Vorstellungen. Es ist fraglich, ob Aby Warburg solchen Vorstellungen, ob er dem Dogma der großen Trennung folgt. Er spricht auch von großer Gesellschaft, er spricht auch von Kultur. Seine wichtigste Formel ist dafür ein Begriff, den man zuerst vielleicht als Epochenbegriff liest, das ist der der Begriff der Antike, den versteht er aber auch geographisch, insoweit vor allem als ein über Verkehrswege ausfransendes "Mittelmeerbecken". Er versteht den Begriff aber auch psychisch, in dem Sinne ist Antike ein Teil dessen, in das und durch das der Mensch involviert ist. Ihm ist Antike eingefaltet. Und er versteht denn Begriff gesellschaftlich. Warburg spricht von großer Gesellschaft, aber bei ihm schlagen immer die Details zu, die sind bei ihm immer wichtig. Meine These ist darum, dass er dem Dogma der großen Trennung, den Vorstellungen von Ausdifferenzierung nicht folgt.
3.
Aby Warburg arbeitet auf den Tafeln zum römischen Recht. Er arbeitet durchaus zu differenzierten Rechtsgebieten. Er arbeitet aber gleichzeitig zu einem Bereich des römischen Rechts, der randständig ist. Meine These lautet erstens, dass Warburgs Techniken auch juridische Techniken sind, das sind das Protokollieren und das Kommentieren. Zweitens lautet sie, dass mit den Staatstafeln Quellen des römischen Rechts nachleben, von denen umstritten ist, ob das noch römisches Recht ist. Unstrittig ist, dass diese Quellen dem römischen Recht anhängen oder seinen Anhang bilden.
Die Staatstafeln stehen in einer Beziehung zu Quellen, die als notitia dignitatum und als Kalender des Filocalus oder Kalender von 354 kursieren. Sie stehen mit diesen Quellen in einer Beziehung, weil sie gleiche Muster aufweisen, besser gesagt: weil sie auf gleiche Weise mustern. Die Staatstafeln verwenden juridische Techniken, die auch die notitia dignitatum und der Kalender des Filocalus verwenden. Das sind Techniken der Musterung, die bildgebend und tabellarisch operieren. Die notitia dignitatum gliedert u.a. die Verwaltung durch Tabellen und Schilder, der Kalender plant die Zeit, er verwendet ebenfalls Tabellen und dazu astrologische Bilder. Musterungen sind juridische Techniken. Das sind keine juristischen Methoden. Man würde sie heute eher in der Statistik als in der Staatsrechtslehre suchen. Sie hängen nicht an Sätzen, zum Beispiel nicht am Satz des Prätors, und sie hängen nicht an satzförmig formulierten Regeln, nicht am satzförmigen Gesetz. Die notitia digninatum und der Kalender sind sogar 'unverfasst', denn das ist Graphik, ein Schreiben und 'Skribbeln', das nicht signiert ist. Sie haben Autoren und Schreiber, aber weisen keinen davon als letzte Instanz aus. Als Akten und Formulare lassen sie mitschreiben, weiterschrieben und umschreiben. Solche Techniken gehören zu einer Verwaltung, die sortiert und umsortiert. Das ist das, was nach Cornelia Vismann Akten auszeichnen kann, aber keine Gesetzbücher. Solche Techniken urteilen nicht, sie entscheiden nicht. Sie schichten auf und ab, sie skalieren und stratifizieren, sie zählen, sie messen und mustern. Im Rückgriff auf die technischen Begriffe der Rhetorik gehören solche Techniken zum decorum, was mit Schmuck oder Angemessenheit nicht hinreichend übersetzt ist. In diesem Zusammenhang kann man decorum einmal mit 'sortiertem Schein' übersetzen. Das heißt auch Scheinsortierung. Die Sortierung ist nicht falsch, sie ist 'über den Tisch gezogen', wie das bei diesen Quellen der Fall ist. So eine Sortierung ist unbeständig. Warburgs angepinnte Tafeln, die sind auch über den Tisch gezogen', sind ebenfalls unsigniert, ihre Unbeständigkeit ist Teil eines Vorgangs, den Warburg Gestellschieberei nennt.
4.
Man kann solche Techniken Kulturtechniken nennen, sie wären Teil einer Kultur, irritieren kann. Ich lasse das seit kurzer Zeit, weil die Diskussion um den Begriff der Kulturtechnik in der deutschprachigen Literatur m.E. in eine Sackgasse geführt hat. Zeit, Aporien in Passagen zu verwandeln. Auf der einen Seite stehen Medienwissenschaftler, die darauf insistieren, dass auch Kultur selbstreferentiell sei, auf der anderen Seite Juristen, die den Begriff und die Literatur in eine juristische und politische Schematisierung zwängen, die ebenfalls von Ideen der Ausdifferenzierung geprägt ist, vor allem wenn die Literatur zu den Kulturtechniken danach beurteilt wird, ob die Autoren eher einem kontinentaluropäischen oder einem anglo-amerikanischem Lager zuzuschlagen seien.
Die Techniken, von denen ich spreche, sind juridische Techniken, sie begleiten Recht und kooperieren damit, sie hängen ihm an. Sie sind dem Recht ähnlich oder unähnlich, gehören aber nicht wesentlich, eigentlich nicht dazu, kommen fröhlich auch ohne Recht aus. Für Tabellen, Kalender, Schildzeichen, Tafeln, Stühle und rituelles Schreibzeug oder die sog. Polobjekte (allesamt technische Geräte) gilt das Gegenteil von dem, was Rudolf Wiethölter so passend zum Recht sagt. Der sagt: Ohne Recht geht es nicht, mit Recht aber auch nicht. Für diese juridischen Tecniken gilt: Mit Recht laufen sie, ohne Recht aber auch.
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Wien
Kritik der großen Trennung, Kritik der großen Referenz: Man unterstellt erstens, dass das Recht Differenzen operationalisiert und darum normativ ist, zweitens, dass das Recht bereits angefangen hat, bevor man selbst angefangen hat, sich damit zu beschäftigen und dass man darum in seiner Beschäftigung mit dem Recht dem Recht aufsitzt.
Gegen große Trennungen kleine Mannigfaltigkeiten wuchern lassen, kein Narzissmus der kleinen Differenzen, sondern ein Anti-Narzissmus der kontinuierlichen Variationen, ist das, was Eduardo Viveiros de Castro in der Kannibalischen Metaphysik vorschlägt, nachahmenswert? Müsste man nicht neben großen Trennungen zwar kleine Mannigfaltigkeiten wuchern lassen, aber auch darauf vertrauen, dass das bereits Blicke auf und Deutungen der Details ermöglicht, die durch das Dogma der großen Trennung unmöglich wurden, statt einen Gegensatz schon in der Behauptung zu manifestieren? Muss es nicht um kontinuierliche und diskontinuierliche Variation gehen, um Differenz und Wiederholung sowohl im Selben als auch im Anderen gehen? Das sind alles schwierige Fragen. Ich würde sagen ja, aber erstens: was heißt schon ein ja, und zweitens: wer bin ich schon, um sowas zu sagen?
2.
In Wien will ich Warburgs Staatstafeln mit Objekten assoziieren, die unter dem Namen notitia dignitatum und unter dem Namen Kalender des Filocalus kursieren. Die Objekte behandele ich als kleine Objekte, also als Objekte, von denen ich (noch) nicht behaupten kann, dass dasjenige, was sie auszeichnet, in einer großen Anzahl weiterer und anderer Objekte auch vorkommt. Auch als kleine Objekte können sie sowohl abstrakt als auch konkret, sowohl allgemein als auch besonders sein. In dem Projekt über Warburgs Staatstafeln behaupte ich, das Aby Warburg Rechtswissenschaft betreibt - und ich muss in einer Kette von Trennungen und Austauschmanövern aufzeigen, wie man von Kunstgeschichte über Polarforschung und Symbolwissenschaft zur Bildwissenschaft und zur Kulturwissenschaft, zur Wechselwissenschaft, zur Tafelwissenschaft und zur Rechtswissenschaft kommt. Ich glaube, wenn man einmal die Geschichte der Trennungen und Austauschmanöver aufzeigt, mit denen Bilder und Rechte auch durch kleine Objekte wie die notitia dignitatum und den Kalender des Filocalus auftauchen, man sowohl Kontinuität als auch Diskontinuität der Bild- und Rechtsgeschichte deutlich machen kann und deutlich machen kann, mit welcher Perspektive Warburg Rechtswissenschaft betreibt. Die Objekte wechseln nicht nur, sie sind auch Wechsel. Das ist bei Warburg keine Wissenschaft von Werten und Verbindlichkeiten, nicht von Geltung oder von besonders qualifizierten, etwa staatlichen oder juristischen Quellen der Normativität, nicht einer Sonderklasse von Normen. Das ist bei Warburg die Wissenschaft eines Distanzschaffens, das unbeständig ist und dessen Unbeständigkeit er als Polarität begreift.
#Warburgs Staatstafeln#Tagung in Wien#Akten#notitia dignitatum#Otto Seeck#Zur Kritik der notitia dignitatum
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Vor dem Kuratorium
1.
Mit Warburgs Staatstafeln (Tafel 78 und 79 aus den Editionen des Mnemosyne-Atlas) besteht die Möglichkeit, Bild- und Rechtswissenschaft erstens als Teil von Polarforschungen und zweitens ohne das Dogma der großen Trennung, drittens ohne epistemologische Monopolansprüche zu betreiben.
Statt behaupten zu müssen, die moderne Bild- und Rechtswissenschaft habe sich von der Vergangenheit oder von fremdem Wissen erfolgreich abgetrennt, sie sei frei, kreativ und ausdifferenziert geworden, kann man einer Bild- und Rechtswissenschaft nachspüren, die zwar vage und verschlungen, aber weder unbestimmt noch unpräzise ist. Diese Bild- und Rechtswissenschaft verspricht keinen Ausdifferenzierungsschutz, keine Netzwerkgerechtigkeit, keine "evolutionären Errungenschaften" (Luhmann), nicht einmal einen "Take-Off" des Westens. Das muss sie auch gar nicht, dafür gibt es wunderschöne und unheimlich interessante Literaturen, ob zum Anfang des westlichen Rechts oder zu seinem Ende, mit vielen Tipps und Gegenvorschlägen, wie man so ein Ende verhindern und die Zukunft vor der Vergangenheit retten solle. Die folgenden Überlegungen gehen davon aus, dass es Erlösungsversprechen und Lösungsvorschläge gibt. Sie beginnen mit einem Zweifel.
2.
Nach der Rückkehr aus Rom ist Aby Warburg im Sommer 1929 unter anderem mit der Vorbereitung einer Sitzung beschäftigt. Die K.B.W. und das Bankhaus Warburg sind eng verflochten. Manche Autoren haben aus der Gründungslegende, die Aby Warburgs jüngerer Bruder Max überliefert hat auch einen Schluss gezogen, der vom Dogma großer Trennung geprägt sein kann. Die Gründungslegende hat Max Warburg als ein Tauschgeschäft beschrieben: Max sollte von Aby, dem Erstgeborenen, das Bankgeschäft übernehmen und dafür sollte Aby die Bibliothek 'erhalten'. Manche haben daraus geschlossen, Aby sei aus dem Wechselgeschäft ausgestiegen und die Welt der Bilder, der Kunst und Kultur eingestiegen. Das wäre ein Missverständnis, ähnlich solchen, die einmal zu Franz Kafka kursierten.
Für Aby Warburg bleibt Bildwissenschaft auch Wechselwissenschaft, Kreditwissenchaft, vor allem aber bleibt er der Bank verbunden und musst weiter Geschäfte der Bank führen. Dazu mögen die wöchentlichen Besprechungen mit Max gehören und in denen Aby Warburg immer wieder Einschätzungen zu Geschäften und Partner beisteuert. Aber auch die K.B.W. selber musst als 'Geschäft', wenn auch nicht im engeren Sinne gewinnorientiertes Geschäft geführt werden und ist rechenschaftspflichtig. Aby Warburg beharrt sogar darauf, dass die K.B.W. in weiterem Sinne gewinnbringend ist, nicht nur durch Prestige.
3.
1928 wurde für die K.B.W. ein Kuratorium eingerichtet, dass unter anderem über das Budget der Bibliothek entscheidet. Im Sommer 1929 findet schon die letzte Sitzung statt, an der Aby Warburg noch teilnimmt. Dafür schreibt er einen Text, den Dieter Wuttke in Verbindung mit Carl Georg Heise 1979 als Teil der ausgewählten Schriften herausgegeben hat. Dieser Text gehört zu Aby Warburgs amtlichen Schreiben, und er ist hervorragend geeignet, einen bild- und rechtswissenschaftlichen Aspekt der Staatstafeln zu verstehen.
Aby Warburg beginnt dieses amtliche Scheiben damit, "den seelischen Ort zu präzisieren, an dem sich innerhab der forschenden Welt die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg befindet". Er beschreibt das Programm der Bibliothek als Institution. Wörtlich nämlich heißt es dort, bedeut[e] diese Bibliothek in dem noch ungeschriebenen Handbuch der Selbsterziehung des Menschengeschlechtes ein Kapitel, das den Titel haben könnte 'Von der mythisch-fürchtenden zur wissenschaftlich-errechnenden Orientierung des Menschen sich selbst und dem Kosmos gegenüber."
Warburg versteht hier Institution nicht abstrakt, nicht als etwas, was 'immer schon' der Gesellschaft vorausginge und von Gesellschaft nicht einholbar sei. Er 'transzendiert" Institution nicht nach dem Muster einer unsichtbaren Hand oder eine vorgehenden Geistes. Institutionen sind Handbücher, wie sie etwa auch bei Quintilian oder bei Gaius und im römischen Recht Handbücher sind, das sind Apparate. Insgesamt mag 'das Handbuch' ungeschrieben sein, aber die Institution steht schon, auch am Kapitel wurde nicht nur fleissig geschrieben, auch publiziert, das kostet alles, dafür braucht man neben dem Programm ein Budget. Warburg schreibt hier über seine Institution ohne dasjenige, was man einen Foucaultschnupfen nennen kann, er bestreitet gar nicht, dass die Institution mit Erziehung, mit Disziplin, mit "Selbsterziehung" zu tun hat.
Den Ort, den Warburg präzisiert, würde ich als Pol beschreiben, so etwas kommt im Singular nicht vor, Warburg beschreibt Pole. Die Orientierung, an der Warburg gelegen ist, ist die Orientierung eines Polarforschers. So beschreibt Warburg die methodische Eigenart der K.B.W. sogar als etwas, was in "zwei Richtungen zu Tage" trete, nicht nur ambigue ist,sondern sich auch schlangenartig in zwei Richtungen zu wenden scheint. In zwei durchnummerierten Punkten beschreibt Warburg eine solche Polarforschung als Forschung (1.) zu einem "Pendelgang", zu Pendelwegen oder Pendelkorridoren und (2.) zu "Pendelschwingungen". Wie schon seit seinen Fragmenten zur Ausdruckskunde aus den 90`er Jahren, wie etwa seit der Amerikareise und den dortgemachten Notizen dazu, wie sich Subjekt und Objekt "mit dem Perpendikel identifizieren" oder identifizieren lassen beschreibt Warburg Polarität als Pendeln. Er bescheibt es an anderen Stellen auch als Schwingen, Wippen/Kippen, Schaukeln, Hier bescheibt er Pendeln aber auch einmal als Pendelgang.
Erstens bestünde die methodische Eigenart in der K.B.W. darin, illustriert vorzugehen, also die Entwicklung von mythischer zu wissenschaftlicher Aufassung erstens als Pendelgang [nicht als große Trennung oder Sprung vom Mythos zum Logos] zu begreifen und im Spiegel künstlerischer Gestaltung durch etwas drei Jahrtausende "systematisch-historisch" zu verfolgen. Dazu entstehe der Atlas mit ausgewählten Reproduktonen, also zum Beispiel die Staatstafeln.
Zweitens bestünde die methodische Eigenart darin, dieses Pendeln auch als 'seelische Pendelschwingung' und 'realgeographisch als Mittelmeer-Vorgang' aufzufassen. Noch vor einer Theoie und Geschichte des Abendlandes oder des Westens entwirft Warburg die Institution als Meeresvorgangsforschungsinstitut zu einem Meer, das fünf 'schöpferische Kraftfelder' haben solle: Babylon, Athen, Alexandrien, Jerusalem, Rom. Es ist unklar, ob er an dieser Stelle Oraibi (den Ort seiner Forschung zum Schlangenritual) vergisst oder ob er Oraibi extra weglässt, ob das Mittelmeer wirklich das einzige oder nur ein exemplarisches Meer ist, dessen Vor- und Pendelgänge die K.B.W. beschäftigen sollen. An diesem Schreiben entwirft Warburg 'nur' die Methode für etwas, was er ein "Urprägewerk europäischer Mentalität" nennt, aber man sieht: Auch das ist schon einiges, geht über Europa und den Westen hinaus, vor allem aber bleibt auch dieses Institut ein Polarforschungsinstitut. Die Vorgänge auf dem Meer sind Pendelgänge, sie pendeln, sie sind vage, auch weil sie wogen. Gründlichkeit scheitert hier nicht daran, dass etwas mit der Zeit kommt, ohne in der Gegenwart anzufangen, und dass es mit der Zeit geht, ohne zu verschwinden. Warburg muss hier keinen Kreativitätsschutz, Schöpfungsschutz, Ausdiffernzierungsschutz oder Vernetzungsgerechtigkeit versprechen; es geht nur um Orientierung und Erziehung mit Schwerpunkten zur Polarforschung.
4.
Ich würde im Hinblick auf das Material, das Aby Warburg auch im Atlas präsentiert von einem 'vierfachen Pendelsinn' sprechen, weil sich dieses Material auf Zeit/Geschichte, auf Raum/ Geographie, auf Psyche (als Involvierung von Geist/Körper) und auf Gesellschaften bezieht. Warburg entwirft in dem Schreiben ein Programm, dessen bedeutung auch für weitere Bild- und Rechtswissenschaft nicht unterschätzt werden kann. Das ist nicht nur ein Wissenschaftler, der keine Scheu hat, das Dogma der großen Trennung einmal nicht auszuspielen und der keine Scheu hat, das vage und die Polarität von Bild und Recht nicht als Inkommensurabilität nur auf der Aussenseite des Wissens zu verorten. Anders herum: er involviert das alles in seine Wissenschaft. Das etwas nur äußerlich, nicht kreativ, nur ungewiss sei, wird in diesem Programm nicht zu dem Abwehrschild, mit dem an anderen Stellen das Dogma der großen Trennung aufgestellt wird. Warburgs luxuriöse Unbefangenheit, das, was Mario Wimmer "Warburgs Kredit" nennt, kann nicht unterschätzt werden.
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Emblematik
1.
Es ist vielleicht einem Pathos, also einem hohen, auch in Gefasstheiten hocherregten Stil geschuldet, wenn Autoren die Emblematik als eine Technik bezeichnen, die vom Einwurf oder Einwerfen käme.
Dann wäre die Emblematik eine ballistische Technik, eine Wurftechnik, und die Schildzeichen, die sie produziert, würden in einem ballistischen Kontext produziert, der auch etwas von einem hohen, auch in souveränen Gefasstheiten erregten Stil hat.
2.
Die Unterscheidung zwischen einer zivilen Verwaltung und einer miliärischen Verwaltung wird in der Bild- und Rechtswissenschaft teilweise an Stilen festgemacht. Einzelne Autoren unterscheiden den Höfling und die Kurtisane mit ihren kriegerischen, gewaltigen, machterregten Kontexten von dem Gentleman und einer zivilen, höflichen und unerregten, disziplinierten Art. Andere Autoren unterscheiden die römischen Schildzeichen von den Logos amerikanischer Konzerne. Man sagt, die einen seien miliärisch, die anderen zivil, die einen voller Gewalt, die anderen friedlich. Unterscheidungen, die an einer Stelle vorkommen, werden dabei von anderen Unterscheidungen ersetzt. Was an anderer Stelle Gesetz und Gewalt, an wieder anderer Stelle wilde und zivilen Gesellschaften, an wieder anderer Stelle die Vergangenheit von der Höhe der Zeit, an wieder ander Stelle Unterschichten von Oberschichten, an wieder anderer Stelle Krieger von Manager unterscheiden soll, das kann an einer Stelle Emblematik unterscheiden und an einer Stelle von Emblematik unterschieden sein. Die Unterscheidungen können sich übersetzen. Sie können abstrakt und konkret werden, sogar in einem.
3.
Die Emblematik kann auch eine Einlegetechnik, eine Einsatztechnik sein. Warburgs Protokolle haben den Vorzug vage zu sein, verschlungen zu sein. Darum ersetzen sie nicht eine Unterscheidung durch eine andere Unterscheidung, ohne gleichzeitig etwas vom Verkehr, auch von der Verkehrheit eins Austauschmanövers aufzuzeichnen.
Warburgs Wechselwissenschaft gilt auch dem Verwechseln, darum kann er nicht einfach ein Unterscheidung durch eine andere ersetzen, er kann der Substitution nicht trauen. Seine Polarforschung stöbert etwas auf, was er nach seiner Lektüre von Hermann Osthoff "energetische Identität" nennt: Wie gelungen diese Formulierung auch ist, sie bezieht sich auf Austauschmanöver, die in einem Aspekt nicht gelingen: die Polarität wird nicht unterbrochen. Die Ambiguität der Arbeit von Warburg ist nicht scharf begriffen, wenn man sie "kreativ" nennt. Das ist eine entsicherte Technik. Das schließt auch nicht aus, dass Warburgs Protokolle transgressiv sein können. Er ist weder ausdifferenzierungsgerecht noch netzwerkgerecht.
#Aby Warburg#Frau flieht vor Warburgs Kamera in ein Gebäude#April 1896#Walpi#W 124#Prokoll#transgression#balistik#emblematik
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