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Roberto Esposito - Institution und Biopolitik, 01/2022
Übersetzung aus dem Italienischen
"In Zeiten von Pandemie und Klimawandel, da die Weltbevölkerung von volatilen Nationalregierungen und transnationalen Konzernen nur auf sehr unzuverlässige Weise repräsentiert und geschützt wird, müsste Institutionen eigentlich eine bedeutende Rolle zukommen. Zu allem Überfluss aber scheint alles Institutionelle an seinen eigenen, schon lange diagnostizierten Unzulänglichkeiten zu laborieren und eher Teil des Problems zu sein, als zur Lösung der vielfältigen Menschheitsherausforderungen beitragen zu können.
In seinem neuesten Buch geht Roberto Esposito dem bedrohlich schwindenden Vertrauen in das Wesen von Institutionen auf den Grund und plädiert für eine radikale Revision der Auffassung, wonach scheinbar starre Institutionen und soziale Bewegungen in notwendigem Widerstreit zueinander stünden. Vielmehr gilt es, das Verhältnis von Leben und Politik gänzlich neu zu denken und mit einem affirmativen Blick auf die Kraft des Instituierens die daraus neu erwachsenden Handlungsmöglichkeiten zu erschließen."
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Talfahrt
Immer, wenn ich das Haus meiner Großmutter Käthe Brandi, geb. Klinkenberg, in Wittbräuke betrat oder wenn ich auch ein Haus im Briller Viertel in Elberfeld betrat, hatte ich den Eindruck, entweder pervers werden oder meine Geschwister umbringen zu müssen. An Oma Käthe lag das nicht, sie ist selbst hineingelegt worden, wie alle Eier im Nest. Fabrikantenvillen oder die Großbauten der Familien aus dem Ruhrgebietsmanagement gehören jetzt nicht gerade zu den Architekturen, die ich für erstrebenswert halte. Das sind Architekturen, die für Bedingungen gebaut waren, die während des Baus nicht haltbar waren und deren Haltbarkeit darum rutscht.
Die Unterscheidungen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit waren da schon nicht institutionalisiert oder institutionalisierbar, das waren sie nie, obschon solche Bauten den Unterschied instituieren sollten. Plötzlich saßen aber Familien, besonders ihre Häupte, wie Lindwürmer in solchen gigantischen Repräsentationsbauten während im Park ein paar Rhododendren die beiden Luftschutzbunker, links und rechts vom Portikus überwucherten.
Luchino Visconti - The Damned (1969)
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Kunst & Kreativität vs. Politische Korrektheit
Liebe Kreativen,
Ich möchte auf die folgende Situation aufmerksam machen. Ist es menschlich, die bereits eingeschränkte Kommunikation unserer Sprache, zusätzlich zu limitieren? Z.B. Es wird bereits diskutiert das Wort Vater und Mutter auszulöschen. Sollen wir es weiter akzeptieren welche Wörter wir verwenden dürfen? Politische Korrektheit (PC) will alles neu erfinden, was in Kunst essentiell inbegriffen ist. Kunst kann aber nicht ohne freien Ausdruck existieren. Daher löscht PC unwillkürlich die Essenz der Kunst und damit unsere Menschlichkeit. Wenn Sie mit diesem Artikel resonieren und Sie die Wichtigkeit der Kreativität des Menschen für essentiell finden, dann bitte mit Gleichgesinnten teilen. Durch zu viele Gesellschaftsregeln verlieren wir bereits immer mehr Taktgefühl. Wollen wir unseren Nachwuchs weitergeben, dass man als Mensch nur nach Regeln leben kann?
Politische Korrektheit (PC) und die Welt. Wir haben der PC erlaubt, ein gesellschaftlicher Leitfaden zu werden, wie man sich in der heutigen Welt zu verhalten hat. Selbst wenn sie überall verankert wird, kann und darf die PC nicht über die Kunst beherrschen. Dies wäre der Tod der Kunstessenz, die uns Menschen mit ihrer Ausdrucksweise der Ästhetik, Schönheit und Mystik seit jeher verführte. Hier sind die Gründe, um dies näher zu bringen:
Wo ist die Begeisterung für Kunst geblieben? Was ist mit der Kunst passiert?
Künstler sollten sich heute über Kunst und ihre Position außerhalb des aktuellen Kunstmetrix (die Essenz der Kunst) im Klaren sein. Kunst ist nicht nur ein Geschäft, sonst bräuchte sie keine Subventionen. Kunst ist auch nicht die Gesellschaft. Kunst ist ihre eigene Welt, die der Gesellschaft Künste auf Gefallen oder nicht offeriert. Im höheren Sinne ist Kunst mit Natur der organische Ausgleich zu Wirtschaft und Technologie, der dem Menschen im Gleichgewicht hält. Das Kulturwesen hat leider seit den letzten 20 Jahren seine Grundwerte vergessen, daher werden religiöse Gemeinschaften wichtiger als Kunst empfunden. Kunst’s Unverständnis zeigt sich dagegen indem sie mit Spielhallen, Wettbüros, Bordellen und Paintball-Anlagen in einen Topf geworfen werden. Dies zeigt sich sich speziell in der Coronakrise, wo Kunst eine viel wertvollere Funktion der Vereinigung und des Erhalten unserer Menschlichkeit bieten könnte.
Werte der Interaktion mit der Kunst: Kunst verbindet uns von innen nach außen. Jede Begegnung mit Kunst macht uns zu mehr als wir sind. Kunst beruht nicht auf Daten, Tabellen, Normen oder Gesetzen, die evaluiert werden können. Ihre Gleichgerechtigkeit liegt im freien Denken und unbeschränkten Ausdruck.
Verantwortung der Künstler. Künstler haben zwei essenzielle Pflichten. Erstens, ihre Kreativität der Gesellschaft darzubieten. Zweitens, und noch wichtiger, dass sie den Kreativraum ihrer Äußerungsfreiheit, für spätere Generationen garantieren.
Kunst ist Freiheit - Politische Korrektheit (PC) ist eine Zensierung, die trotz gesetzlicher Meinungsfreiheit es nicht erlaubt, eine freie Kunstmeinung zu äußern. Es ist haarsträubend, wenn man nachdenkt, wie gegensätzlich Politische Korrektheit und Kunst sind. Wie Sie sehen werden, ist die PC eine reale Bedrohung der Künste, weil sie so gegensätzlich ist. Grundsätzlich will die PC das gleiche erreichen, was im Kunstwesen seit jeher existiert, Akzeptanz, Freiheit und Respekt der Unterschiedlichkeit.
PC’s Modus Operandi. Durch ein endloses Mobbing/Bullying wird der Meinungsträger (Künstler) soweit still gemacht, bis er sich selbst entweder als schuldig erklärt oder gecancelt wird. Auch wenn die Gesellschaft die PC akzeptiert, ist dieser bürgerliche Stammesstreit nicht in Kunst zu involvieren. Das Kunstwesen muss sich bewusst werden, dass es in einer Falle des gesellschaftlichen Widerspruchs gefangen ist. Die Funktion jeder Kunst wird beschnitten, wann immer ihre Entstehung an Trends, Gesetzen, kulturelle oder religiöse Überzeugungen gebunden wird. Solche Kunst müsste als PC-Kunst definiert sein, um das Publikum darüber zu informieren. Die Kunst hat die Verantwortung,dieses schädigende Verhältnis zu erkennen und aus dieser Situation so schnell wie möglich auszusteigen.
PC’s gute Absicht schlägt fehl. PC begann,indem sie über Ungerechtigkeiten informierte und so geholfen hat, Opfern eine Stimme zu geben. Leider wurde diese Art der Lautmachung darauffolgend von Politikern und Influencern als Werkzeug der Massenmanipulation verwendet. Die Gefahr dabei ist, dass Menschen, sich durch Kontrolle, Schändung und potentielle Bestrafung immer mehr durch PC-Regeln einschränken lassen. Leider kapitulieren Menschen eher, da wir programmiert wurden, uns Drohungen der Gesellschaft/des Stamms zu unterwerfen.
Letztendlich führt PC zu mehr Schaden, speziell wenn es zu menschlicher Einigkeit kommt. Statt Aufklärung, trennt die PC durch Regeln Menschen immer mehr, indem sie unsere Individualität kastriert. Sie beruht auf dem Grundsatz, mit erzwungenem Gleichverhalten, eine gerechtere Gesellschaft schaffen zu können. Auch wenn die Gesellschaft sich “akzeptabel verhält”, und sagt ”alle Menschen sind gleich,” heißt das noch lange nicht, dass man es so meint, da viele immer noch denken wie davor. Fragen Sie einmal die größte Minderheit, die Frauen, wie gleichberechtigt sie sich fühlen.
Kunst f��rdert das Denken, indem sie die Individualität der stärksten Gegensätze sucht, um durch diese Ungleichheiten, Konversationen zu fördern, die zu mehr Wahrnehmungen führen.
Kunst ist die einzige weltweit verstandene Kommunikationsplattform, die über alle Grenzen, Rassen, Kulturen und über mehr als 6000 Sprachen mit vielen Dialekten, verstanden wird.
”Was gezeigt werden kann, kann nicht gesagt werden.” Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt (Ludwig Wittgenstein).
Künstler sind sich der Kraft der Kunst bewusst und versuchen deswegen so viele Sinne wie möglich in den Ausdruck ihrer Werke zu integrieren. Kunst steht als Beweis, dass wir alle miteinander verknüpft sind, wo Menschen in der Individualität ihre Gleichheit finden. Kunst ist die Plattform, wo trotz Ungleichheit durch und mit anderen zu kommunizieren möglich ist. Dieser gemeinsame Nenner bestätigt, dass unsere Unterschiedlichkeit tatsächlich unsere Gleichheit ist. Obwohl wir durch Technologie immer mehr verbunden sind, separieren wir uns gleichzeitig immer mehr in Untergruppen oder Nischen. Kunst mit ihrer Kreativität sind Grundanker der Menschen, die es uns trotz zunehmender Nischen immer noch erlauben, einander zu hören und zu finden.
PC entspringt von selbst auserkorenen Autoritäten und kann daher Probleme der Gleichgerechtigkeit schwer lösen. Selbst die Wenigen, die sich über den Rest der Menschheit hinwegsetzen, indem sie ”ihre Verhaltensvorgaben” diktieren, widersprechen diesem Credo.
Kunst lebt vor, was Politische Korrektheit versucht zu instituieren. Kunst ist der letzte Bereich, wo jeder Mensch akzeptiert wird, in dem er durch nichts außer seiner Vorstellungskraft eingeschränkt ist. Kunst verbindet Menschen durch ihre unbegrenzte Gleichberechtigung, wo jeder Künstler sein kann und die Kunst macht, wie und warum er will. Dies ist einer der vielen Gründe, warum uns Kunst immer wieder an die Süße und Kostbarkeit des Lebens erinnert.
Summa summarum ist die Politische Korrektheit eine Energieverschwendung. Das PC-Unverständnis durch Erteilen menschenentfremdender Regeln kehrt den wirklichen Problemursprung unter den Teppich. Dort bleiben die Probleme mit der Kontrolle der Angst so lange unterdrückt, bis sie letztendlich als gewaltsame Aggression oder Cancel Culture ausbrechen müssen. Wie Kriege und gewaltsame Kontrolle sind Menschen auch gegen die Cancel Culture, da die PC keinen klaren Grund angibt, der nicht durch Diskurs geregelt werden könnte. Deshalb werden wir alle kontinuierlich erinnert, dass wir verschieden sind. Dieses Verhalten ist gegen den menschlichen Geist. Kultur ist zutiefst menschlich. Deswegen ist der Effekt von Cancel Culture und Zensur in der Kunst meist gegenteilig, wo die gemobbten ”Täter” mehr Zulauf bekommen als zuvor.
Kunst wirft Fragen auf, die für jeden individuell und verschieden sind. Die in verbindung mit Kunst immer aufkommenden Fragen, erheben Kunst zu einer, wenn nicht zur höchsten Ausdrucksform menschlicher Möglichkeiten, die immer tiefere Wahrheiten enthüllt. Die Arbeit des Kunstschaffenden ist ein Ritual, bei dem der Künstler seine Essenz mit der Essenz der Kunst verbindet. Das Ziel sind Kunstwerke, die eine bezaubernde Erfahrung in ästhetischer Ausdrucksform bieten. Das Publikum kommt immer wieder zurück, um nach diesen neuen, immer frischeren Formen zu suchen. Gut zu erkennen ist das durch die kontinuierliche ��nderung unser Musik-Charts.
Politische Korrektheit gibt Antworten und Vorgaben, die die Gesellschaft akzeptieren soll, um Gleichberechtigung auf einer sehr oberflächlichen Ebene für ausgewählte Gruppen zu erlangen.
Warum ist Kunst so schwer zu definieren? Kunst ist wahrscheinlich der meist verstandene Raum der Menschen, obwohl er schwer definierbar ist. Kunst bewegt sich immer zwischen Fantasie und Vorstellung. Auch wenn Kunst die Realität kopiert, Realität ist nicht Kunst, sonst wäre das Resultat ja eine Reportage oder Kunstgeschichte. Es ist auch nicht im Sinne der Kunst, verschieden zu sein oder zu schocken, dies wäre eher eine Schwäche des Künstlers oder eine dogmatische Gesinnung des Publikums.
Sowohl Kunst als auch PC brauchen emotionale Stärke. Obwohl es von größten Firmen wie Google bereits propagiert wird, ist die PC zu kompliziert, um im gesamten Kunstwesen integriert zu werden. PC und Kunst verwenden die Stärkeeinfluss von Emotionen. Um sich zu etablieren verwendet die PC ihren emotionalen Einfluss des Schwächemitleids für Opfer,um Bessertun zu demonstrieren. Danach werden diese PC-Floskeln, unabhängig von jeder Logik, nervenzertrümmernd wiederholt, um in ihrer Anklage für mehr Sensibilität recht zu haben. Dieses Starkmachen des Opfertums bringt immer mehr potentiell Geschädigte zum Vorschein. Wenn 2 oder 3 dieser PC-beschützten Gruppen gleichzeitig verletzt werden, ist es fast nie klar zu entscheiden, wem, wer, wann am meist geschadet wurde und wer ”das Vergehen” in Anspruch nehmen darf.
Im Gegensatz sucht Kunst stärksten Kontrast, um größte emotionale Kraft durch Gravitas zu erreichen, anstatt wie bei der PC erhöhte Sensibilität zu verlangen. Wie und wann jemand korrekt zu kommunizieren hat gibt es in der Kunst nicht.
Auszug vom Buches Die Gunst der Kunst Die Gunst der Kunst - Mit neuem Kunstbewusstsein die Begeisterung für Kunst wecken. von Michaell Magrutsche. Erhältlich auf Amazon.de https://bit.ly/gunstderkunst http://MichaellArt.com http://SelfAwareArt.com Hilf einem neuen Kunst Diskurs und teile Deinen Eindruck. #Kunstdiskurs #Kunstbewustsein #michaellart #Kunst #Systemchange #German #Deutsch
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die zeit, die ich hier drin verbringe
draußen nur ab und an ein leise klirrender Schlüssel, ein fernes, kurzes Lachen, unverständliche Gesprächsfragmente zwischen entfernteren Türen und Angeln; und dann lange nichts, außer gelegentlichem Fußgetappse und -gestapfe und Geklopfe von genagelten Schuhen, und dann immer wieder, immer wieder die zuwummernde Feuerschutztür direkt vor meiner bureauzelle, wumm, und wieder Stille, manchmal lange, und dann das Tappsen wieder, das Stapfen, das Klopfen, das Nageln, und das Wummern, nothing else, all day long.
ich möcht’ mich also in diesem meinen einzelbureau, einzelbau, mönchisch instituieren. möchte studien weitertreiben, nach fest eingeteilter Zeit, möcht’ mich körperlich ertüchtigten, yogieren, tai chi bewegungen meditieren, schreiben; dies erfordert eine disziplin, die erst langsam aufzubauen ist; gemeinsam mit dem imposture-syndrome und der dräuenden Schuld, hier zu sitzen und nichts zu tun zu haben; und die Bedrohung meines Eigenwertes, weil es fast gleichgültig ist, was ich hier tue, solange ich nur formalen, bürokratistischen Mindestanforderungen genüge; ich bin hier ein Schalter, der bewusst geschaltet werden muss, und dazu muss ich wach sein; und dazu muss ich anwesend sein; aber nicht mehr.
ich könnte nun dies nutzen als eine preptime für Sinnvolles; für allfällige Selbstverbesserungen, für künstlerisches Zeug; für Entspannung; und ja, versuch ichs wohl, mach ich mal, whynot.
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Instituieren
Maurice Godelier ragt heraus, auch aus der Zeit. Er ist einer der Ausbilder von Philippe Descola, war also schon Universitätslehrer, genoss den Ruhm seines ersten Buches, als er Descola anregte, Lévi-Strauss aufzusuchen. Der versprach, die Doktorarbeit und das Forschungsprojekt von Descola zu betreuen. Daraus entwickelte sich das Buch über die Lanzen der Dämmerung, das bei uns unter dem marktgerecht-stupiden Titel Leben und Sterben in Amazonien bekannt ist. Die Einführung in dieses Buch erzählt nicht nur von vergangenen Welten, es ist auch in einer Zeit geschrieben, die selbst in heute unüberwindbarem Abstand erscheint - erstaunlich Passagen über Städte, die inzwischen längst instagrammisiert sind und in denen 'letzten Menschen' ihren kurzen und mitteilungsreich bebilderten Aufenthalt buchen. Godelier ist also älter und er war schon ausgewachsen und hatte Karriere gemacht, als sich der Zeitraum formierte, in dem Descola sein Material für das Buch sammelte. Und Godelier lebt immer noch, man könnte vorbeifahren.
Godelier ist u.a. durch Arbeiten zu Institutionen archaischer, staatenloser Völker berühmt geworden. Das Bild oben zeigt ihn, wie er gerade Träumerchen macht.
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Instituieren
Die Einzigartigkeit liegt in der Reduktion des Menschenwesens auf eine Macht, die außer ihm ihm selbst liegt und doch auf sein Leben den allerdirektesten Einfluss ausübt.
Diese Macht nennt Legendre aber selten beim Namen "Macht". Macht, als die Möglichkeit, überlegenen Druck auszuüben und gegen Widerstand Ergebnisse zu erzwingen, kann allenfalls eine momentan unentscheidbare Lage einer Entscheidung zuführen, also für einen Moment den Vordergrund der Bühne besetzen. Beim Motiv des Machthabers/Machthabens und seines schon jetzt erhofften oder gefürchteten künftigen Einschreitens, handelt es sich jedoch um ein sekundäres und, wie Legendre gerne sagt, "industrialistisches" Oberflächenphänomen.
Die totalisierende Rede von der Macht gibt performativ dem Phantasma einer Einteilung in haves und have-nots statt, verteilt Zonen potenziellen Geizes und potenziellen Neides, und schmeichelt den Machthabern, ja hält sie an der Abhängigkeit von einer spekularen Selbstfaszination fest, als gebe es schon jetzt in der Gegenwart eine (und nur eine) Macht, die, wenn sie dann 'eingesetzt' wird, die Zukunft nach ihren eigenen Vorstellungen gesalten wird.
Es ist nicht so, dass Legendre den Machtbegriff vermeidet. [...]
Wo es bei Legendre hingegen um Klartext geht, da ist gerade nicht von Macht die Rede sondern von dem Geflecht aus urteilenden oder interpretierenden Sprüchen und Schriften, aus Gebräuchen und Regeln, die das Feld der sozialen Beziehung besetzen und immer schon besetzt haben, und die den Menschen, besser das Menschenleben instituieren. Ein Das-Leben-Instituieren bildet den Inhalt jeder Kultur; [.../Zur Illusion der abendländischen Überwindung]. Dieses Selbstmissverständnis drückt sich in der idealisierenden Illusion eines neuen Anfangs aus, geboren aus dem in der okzidentalen Gechichte immer wieder und nicht selten blutig wiederholten Traum, einen neuen, vom Ballast seiner dunklen Ursprünge und langen Erniedrigungen unbeschwerten Menschen zu entwerfen und in die Welt zu setzen.
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Von Innen
1.
Bilder instituieren. Peter Goodrich schreibt, sogar im Singular und so, als ob sie alle zusammen ein großes Objekt, nicht nur groß geschriebenes Objekt seien: 'DAS BILD' fange das Kind (ein), ES regiere den Erwachsenen. Klingt nach King, Stephen King und King Image.
Goodrichs noble, Bilder ehrende Übertreibung trifft den Umstand, dass Bild und Recht gleich ursprünglich sind, mindestens in den Rechtsordnungen, die sich lange nach ihrem Ursprung monotheistisch verstrickt haben und in denen man darum über Rücksprünge sich vorstellen kann, dass das Recht eine Referenz hätte und diese Referenz monumental wäre. Goodrichs noble (und dazu noch fancy) Übertreibung trifft aber nicht den Umstand, dass dasjenige, was ein Bild ist, eventuell, so legt es zumindest Aby Warburg nahe, in den Sternen steht, dort wandert und pendelt, auf- und abgeht, sich polar, polarisiert und polarisierend bewegt, manchmal sogar meteorologisch, also schwer berechenbar. Da kommt das Bild monumental vor, aber auch winzig. Und manchmal kommt es nicht vor. Bilder instituieren: sie werden auch instituiert, schon weil sie Objekte sind, die bestritten werden.
Wenn Bilder instituieren, kann man sie für Institutionen halten und man kann glauben, dass die institutionelle Macht darin liege, vorgegeben zu sein. Man kann darum glauben, man müsse sich auf diese Macht, sie aber nicht auf einen einlassen. Das kann man alles glauben, das geht. Dafür gibt es nämlich Techniken, sich und alles mögliche an Referenzen zu religieren und diese Referenzen zu monumentalisieren. Passiert ja auch dauernd, dauert behaupten Leute nicht nur Großartiges, auch Unverzichtbares. Aber:
Wir können auch anders (Detlev Buck). Es gibt auch andere Techniken. Wenn Bilder instituieren, wenn sie Institutionen sind, dann auch, weil sie (er-)warten lassen. Sie lassen auch dann (er-)warten, wenn sie nicht gegeben, nicht vorgegeben sind, sondern wenn sie (einem) bloß vorschweben, wenn sie meterologische Vorgänge sind, an denen man sich orientiert, ohne auf die Stabilität eines Monumentes setzen zu können.
2.
Der Imagefilm des Bundesverfassungsgerichts setzt freilich auf die Institution als Monument, als Vorgabe, als Stabilisierung und Berechenbarkeit von Verhaltenserwartungen, das muss er wohl, zumindest nach Ansicht der Auftraggeber, die entscheiden das schließlich und nehmen das Werk ab.
Fraglich ist, ob in solche Filme Soundteppiche einziehen müssen, die immer, immer, immer stupide zwischen nervig verdrehten dramatischen Steigerungsphasen und angeblichen Entspannungsphasen wechseln. Nach herrschender Ansicht braucht ein solcher nerviger Soundteppich zumindest wiederum keine Rechtsgrundlage, nach herrschender Ansicht gelten hier die Prinzipien vom Vorbehalt und vom Vorrang des Gesetzes nicht. Hier gilt allenfalls amerikanische Dokumentarfilmfliessbandlogik. Tam-Tam-Ta-Ta-Ta-Tam, Ta-ta-tam-tam - und dann nervig sanftes Hintergrundgeplätschel, dann eventuell wieder von vorne. Auch Arte kauft manchmal solche Filme, you can't unhear it, man kann, wenn so ein Teppich ausgerollt ist, nur aus- oder umschalten.
3.
Das Video folgt dem Muster der Sendung mit der Maus: Hier geht es rein, da geht es raus. Das ist einleuchtend gemacht und der Umstand, dass man heute, nur weil es Drohnen gibt, auch Drohnen einsetzt, wenn man filmt, angeblich auch, um bewegten Film noch ein bisschen bewegter zu machen (und dabei mit seinen berechneten Kurven dasjenige aus dem Film eher vertreibt, was enargeia oder aber vivid heißt), das sei dem Film verziehen.
Der Soundteppich sei nicht verziehen. Wäre er ein Text, gehörte er deswegen lebenslänglich aufgehängt. Über die Anspruchslosigkeit des Filmes wäre zu streiten, aber nur wo Kläger sind, da sind Richter. Man muss ja nicht gleich auschließlich Frederik Wisemann oder Thomas Heise mit der Herstellung eines solchen Filmes beauftragen, aber auch einmal machen könnte man es, das wollte ich sehen.
4.
Der Film folgt den Akten, das ist ein einfacher und immer wieder guter Gedanke. Er folgt den Paralegals, die die Akten durch die Architektur schieben, Vismannleser und Latourleser dürften den Film lieben. Dann gibt es sogar die Szene, in der Astrid Wallrabenstein die Akte eine black-box nennt, das ist kulturtechnisch präzise gedacht: Sie, also die Akte, ist eine Einfaltung, eine Involvierung heterogener und homogener Elemente, die Handlungen und Kommunikation über alghoritmische Zeichen laufen lässt und beide deswegen auch zu Operationen, zu solchen Ausführungen von Routinen und Verfahren macht, für die der Begriff der Handlung zumindest als Metapher passen würde.
Gleich im Anschluss an die Bermerkung zu den Akten setzt Yvonne Ott der Bemerkung noch etwas auf, wenn sie gerade vor dem Glas, dem Material der Transparenz, davon spricht, dass man nicht hinter die Fassade des Gerichtes schauen könne. Sie spricht bei allem Glas im Rücken von Fassade, was technisch und historisch zwar nicht korrekt, eine schiefe Metapher oder, noch wahrscheinlicher, eine Katachrese ist. Stimmen tut es aber. Dann fliegt sogar eine Drohne am geöffneten Fenster vorbei und man sieht durch das offene Fenster auf die Sitzecke, wo Ott eben noch was von Unsichtbarkeit und Undurchdringlichkeit der Fassade erzählt hat. Ob Yvonne Ott die Bilder von Jacobus Vrel über die Unerbittlichkeit und Beschissenheit der Gläser und Fenster kennt? Dann ein an David Lean und Stanley Kubrick geschulter Schnitt: Jemand giesst Wasser in ein Glas, daneben wieder die Akte, i love it.
Susanne Baer, die ich wegen der folgenden und einer anderen Szene (nämlich der Bekleidungsszene in Zeitlupe) als Initiatorin für den Film vermute, zeigt sich im Dämmerlicht. Je aurora desto voran, oder aber: Arbeiten bis in die Nacht, so würde ich mich auch inszenieren, danach kommen wieder Passagen, die man am Anfang schon mal sah, wo der Film Muster aus dem Musikvideo von Ahas Take on me imitiert.
Prompt legt der Soundteppich auch den Schalter wieder um, dann darf Peter Müller politische Talk inklusive Metaphern raushauen und behaupten, es mache Spass oder Freude (ich habe mir das nicht genau gemerkt) an dem Kitt zu arbeiten, der diese Gesellschaft zusammenhalte (das habe ich mir genau gemerkt). Er schiebt seine Augenbrauen dabei, wie ein ernsthaft höheres Wesen, nach unten, wie ein strenger Richter. Der Pygmalion, den er hier gibt oder der er ist, sagt, er würde den Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, modellieren. Er soll mal versuchen, Kitt zu modellieren. Das ist ein Klebe- und Dichtungsmittel, das hält keine Form, aber versuchen kann man es ja. Wenn es ihm um Modelle geht, dann würde ich ihm eher Knete, Play-Doh, Ton, Speckstein, Holz, Marmor oder (auf der Höhe der Zeit) einen 3-D-Drucker empfehlen.
So sind sie auch, Richter, kennste einen, kennste einen (Mangold), jeder erfindet andere schöne und freudige Bilder. Schön an der Szene ist auch, wie er nach dem Satz über das Modellieren die eben noch ernsthaft nach unten gezogen Augenbrauen jetzt, als wäre er nun ein tieferes Wesen oder uns ganz nahe, sanft nach oben zieht, die Stimme ebenfalls sanfter, dazu noch heller und milder wird und er sagt, diesen Spaß habe er freilich alles auf der Basis der Verfassung, auf der Basis des Grundgesetzes, also auf mindestens zwei Basen.
So einen Film könnte ich stundenlang schauen, das ist wie TikTok und Youtube in einem, also ungefähr Kitt, der eine Zeit zusammenhält, die aus den Fugen ist oder so. Leider dauert der Film nur etwas weniger als eine Viertelstunde. Wenigstens kommt nach Müller Maidowski, der seine Nüchternheit bewahrt und nicht ins Satirische abdriftet. Am Ende darf natürlich auch der Wichtigste noch einmal versichern, dass an diesem Gericht alles mit rechten Dingen zugeht. Die werden bestimmt der Ausdifferenzierung, dem Dogma der großen Trennung vollumfänglich gerecht, das denke ich auch.
5.
Das decorum stellt sich immer ein, nicht nur wenn die Leute sprechen, wie sie sprechen oder aber wenn sie sich stellen, wie sie sich stellen. Das decorum stellt sich auch deswegen immer ein, weil decorum nichts ist, was vorgegeben ist. Decorum ist institutionell dasjenige, was vorschwebt, und technisch betrachtet ein Vorgang der Musterung und Zensur. Ist von decorum die Rede, klappt eine Beobachtung in zwei Kanäle auf, die man dann zum Beispiel nach Inhalt oder Stil, Was und Wie oder Innerlichkeit und Äußerlichkeit unterscheidet, aber wohl auch anders unterscheiden könnte. Hauptsache, die Beobachtung wird verdoppelt, das ist ein kulturtechnische Witz dessen, was in römischen Institutionen unter dem Begriff decorum expliziert wird. Decorum operiert, funktioniert auch stumm und implizit, dann kann man sich darunter etwas vorstellen, was sowohl mit Augendienerei als auch mit 'doppelte Kontingenz' zu tun hat, man agiert und kommuniziert dann so, also ob man wahrgenommen werde, man nimmt wahr, als ob man wahrgenommen werde und beobachtet sich so, als ob man selbst beobachtet werde. Man kann dabei, wohl in kleinen, alltäglichen Portionen und nur solange es stumm und implizit läuft, in Verfemdung involviert sein, in einem russisch formalistischen Sinne, also als Verfahren, das von Viktor Shklovsky Kunst genannt wird. Man fällt dann eher in Rollen als dass man sich in sie begibt. Das decorum stellt sich zwar immer ein, aber immer kann auch was schief gehen, und das kann wiederum das beste sein, was einem passieren konnte.
Übersetzt man decorum mit Benimm oder Benehmen (in den Übersetzung von Lawrence Sternes Tristam Shandy gibt es die Übersetzung), sollte man den deutschen Begriff als einen Verfahrensbegriff lesen. Dann übersetzt der Begriff nicht nur Kulturtechniken der Musterung und der Zensur, sondern auch des Protokolls. Obschon auch das Zensieren und das Mustern eine Technik ist, die soviel Aktion wie Reaktion, soviel Rezeption wie Produktion, soviel Passion wie Distanzschaffen verlangt, ist beim Begriff des Protokolls diese Zweiseitigkeit wohl am deutlichsten, weil der Begriff sowohl für Aufzeichnung als auch für ein (diplomatisches) Bewegungs- und Transferregime verwendet wird. Das decorum ist nicht einfach beweglich, es ist eher bewegt und bewegend. Dabei sind das Befolgen von Regeln, der Rückgriff auf Referenzen, die Imitation von Vorbildern nur die Hälfte der Wahrheit. Man kann auf das decorum 'neurotisch' fixiert sein und so gerade am Tisch sitzen, wie es notwendig sein soll gerade am Tisch zu sitzen und unmöglich sein soll, das nicht zu tun. Aber dann handelt es sich um das Benehmen eines Neurotikers und nicht einer Person, die gerade am Tisch sitzt. Dann nimm man die Neurose wahr, nicht die Tischgesellschaft. Man muss das Benehmen schon gehen lassen.
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Instituieren
Aby Warburg beginnt mit seiner Bild- und Rechtswissenschaft, als er an einem Projekt sitzt, das unter dem Titel Grundlegende Bruchstücke bekannt ist. Ich lese dieses Projekt auch als ein Projekt zu Lettern - und, das legt die Summe auf den Staatstafeln nahe, beziehe diese Letter, die Mahle und kurze Sendungen (abstrakter gesprochen sind es minore Objekte, die lassen, indem sie gelassen sind), wie Aby Warburg das macht, unter anderem auf die Technik, die am Anfang des Kinoführers von Zizek erwähnt wird. Aby Warburg bezieht nämlich Bilder (Letter) auf den Tafeln unter anderem auf das Begehren (am deutlichsten mit der Figur der Querela aus Raffaels Messe von Bolsena). Durch Lettern, so die These, geht Begehren. Wenn Lettern bewegt sind oder bewegen, dann geht durch sie Regung, die in dem Fall auch Begehren ist. Dann reichen Letter, dann regieren Letter.
Zizek beschreibt am Anfang seines Kinoführers (Technik von Bildern, durch die Bewegung geht) ein artifizielles, ein technisches Begehren, anders gesagt: er beschreibt Begehren als Technik. Das ist nicht nur der Psychoanalyse vertraut. Das Begehren, nämlich das Klagebegehren, ist auch in juristischem Sinne artifiziell. Das ist also keine große Überraschung, dass das Begehren artfiziell ist.
Warburg, da beginnt sein sonderbarer Zugriff, entfaltet das Begehren auch als Verkehren und als Verzehren. Er entfaltet es auf eine Weise, für die man eine Formel verwenden kann, die Cornelia Vismann einmal verwendet hat: Er entfaltet das Begehren über den Begriff, dem passiert ist, wovon er spricht - und der damit nicht nur etwas anders als Begriff, sondern auch etwas anderes als Begehren geworden ist, nur eben nicht total anders und nicht auf irreversible Weise anders. Das Begehren ist darin nicht unbedingt an einen anthropologischen Trieb, nicht unbedingt an Trieb eines Geschlechtes gebunden, es ist allgemeiner an Regungen oder Bewegungen gebunden, für die Warburg einen 'vierfachen Sinn' entwickelt, weil es Regungen der Zeit und des Raums, der Assoziationen und der Psyche sind. Das Begehren, Verkehren und Verzehren sind, so lese ich Warburg, drei 'Aggregate' ein und der selben Technik. Das ist eine vage Technik, mehr noch: es ist Vagheit als Technik, allerdings eine präzise Vagheit, die über Details führt. In Wellen kann das Vague sogar relativ leicht berechenbar sein.
Der Begriff, auch der des Begehrens, ist ein Zeichen, das vom Bezeichneten zwar getrennt ist, aber nicht unbedingt groß getrennt ist; die Rekursion läuft über die Stationen, die als Zeichen und als dem Bezeichnetes registriert werden. Das Wort begehren begehrt mit und ist mit begehrt; anders herum ist der Körper, durch den das Begehren geht ebenso Letter aus Lettern, wie ein Wort Letter aus Lettern ist. Diese Vorstellung formuliert Warburg nicht explizit als Theorie aus, er entfaltet sie aber in einer Praxis, die einerseits schizoide Merkmale hat (sie richtet sich nicht am hylemorphistischen Schema und nicht an der Unterscheidung zwischen Substanz und Akzidenz aus), die anderseits aber jene Präzision mit sich bringt, über die man immer wieder nur staunen kann, wie eben die mit Verzögerung ins Triviale reichende Erinnerung daran, dass Begehren/ Verkehren/ Verzehren historisch in der frühen Neuzeit als Fagieren übersetzt werden. Warburgs Praxis lässt die Lettern des Begehrens mit Übersetzungen eines östlichen Sprachzuges ins Griechische hinein (phagein) und eines westlichen Sprachzuges ins Lateinische hinein (vagor) assoziieren.
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Was ist es, das unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch, widerständig und insistierend, dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen?
Weil das die leitende Frage der Kulturtechnikforschung ist, von der ich die ich betreibe, kann man antworten: das sind juridische Kulturtechniken. Die Kulturtechnik, die Recht wahrnimmt oder Recht wahrnehmen lässt ohne exklusiv, einzigartig, dem Recht eigen oder aber systematisch Recht zu sein ist juridische Kulturtechnik. Man muss auchdann nicht von juristischer Methode sprechen, wenn beides verwechselbar und austauschbar ist. Logisches Schließen mit seinen scholastischer raffniertes Schreib- und Mnemotechnik, seinen Diagrammen und ramistisches Tabellen ist zwar auch juristische Methode, ist auch mit der Geschichte der Jurisprudenz und Rechtswissenschaft verbunden, muss aber nicht für die Anwendung oder Auslegung von Gesetzen angewendet werden, kann auch anders verwendet werden. Rhetorik, Ars, Hermeneutik, Logik, Statistik, Mathematik, Poetik und schließlich Ästhetik sind Namen für Disziplinen, die viele juridische Kulturtechniken und teils auch juristische Methoden sammeln. Die rhetorischen Institutionen, Manuale, wie Quintilians Text, lehren solche Techniken in der Antike. Weil sie instituieren, richten sie ein, ein, an und ab. Man kann diese Disziplinen mit einem Verdacht auf Manipulation begleiten, werden sie auch seit Anfang an. Sie fabriziert Menschen, etwa den abendländischen Menschen, von dem Pierre Legendre spricht. Das ist bewunderungswürdig und kritikwürdig.
2.
In der Kulturtechnikforschung hat Horst Bredekamp an der Modellierung von Keilen vorgeführt, welche Vorteile Kulturtechniken mit ihren Manipulationen, ihren Ab-, An-, Aus- und Einrichtungen bieten können. Thomas Vesting gibt den falschen Eindruck, wenn er vorschlägt, die Kulturtechnikforschung einseitig zu verstehen, wie er auf die Idee kommt, lässt sich rationalisieren, aber er müsste das übernehmen, weil es einen Kommentar in eigener Sache betrifft.
In den literarischen Referenzen der Moderne knüpft die Kulturtechnikforschung u.a. an den Arbeiten von Leroi-Gourhan an, der mit seinen Arbeiten zur Geschichte der Hand und der Handhabung, des Händeln und Handelns mit der Hand auch einen Beitrag dazu geleistet hat, den Menschen und seine Gesellschaft als etwas zu behandeln, was von Natur aus artifiziell und phantasiebegabt operiert und seine Existenz der Existenz eines Apparates verbunden ist. Aby Warburg geht, im 19. Jahrhundert, dem nach, was später zum Beispiel als Erweiterung oder Ausbau des menschliches Körpers, etwa als Prothesenthese diskutiert wird, startend nach Warburg beim Horn (Fingernagel und Haar) u.a. am Begriff der Tracht und des Schmucks. Er assoziiert beide Begriffe nach Vorbildern, die aus rhetorischen Institutionen stammen könnten, nämlich mit Vorstellungen des Dezenten, des Musters, des Tuches sowie mit der Vorstellungen eines Schwankens (Wallen?), wie es in rhetorischen Institutionen dann auch auf psychologische und affektive Höhen und Tiefen bezogen wird. Hier wird das Verhältnis zwischen sublimen Affekten und subtilen Affekten bereits als melancholisches Verhältnis denkbar. Aus einer älteren Beschäftigung mit Händen und Manipulation wird er in einem Gespräch, das er 1896 mit dem Rechtsvergleicher Sally George Melchior führt, auf den Begriff der mancipatio aufmerksam. Schon Gaius nennt diese mancipatio ein Bild, legt nahe, dass dort etwas simuliert und angetäuscht, aber eben auch effektiv ausgetauscht wird. Die mancipatio manipuliert den Sklavenhandel, sie reguliert ihn.
3.
Man könnte auch sagen: das, was Recht wahrnimmt ist das, was an der ars boni et aequi, der Kunst der Gutmachtung, Vergütung, der Veredelung sowie des Passenden, Passierenden oder Durchgehenden nicht unbedingt Recht, aber unbedingt Kunst sein soll. Das kann gleichzeitig, weil diese Kunst dem Recht nicht exklusiv eigen ist, eine Kunst des Handelns, Händelns und der Handhabung sein, sogar eine Kunst der Manipulation, sogar der Mimesis et Cie (Roger Caillois). Dem deutschen Staatsrechtslehrer könnten die Haare zu Berge stehen. Soviel kann das sein und er will doch nur wissen, ob da jemand den Staat oder die Gesellschaft höher schätzt und ob er Internetkonzerne regulieren oder nicht regulieren will, der rest verwirrt ihn eher.
Ab einem gewissen Zeitpunkt, sagt man so, habe der Begriff der Kultur seinen Genitiv verloren, wenn das der Fall: Ich hänge den Begriff der Kultur wieder an Begriffe des Rechts an, hake damit ein und nach. Das gilt auch für Begriffe der Technik. Kunst verstehe ich in dem Zusammenhang also nicht als etwas, das ein ausdifferenziertes System wäre. Die Kunst verstehe ich als etwas, das kooperiert, widerständig und insistierend. Ich will damit nicht die nächste documenta würdigen müssen oder aber die Malerei von Daniel Richter. Die Geschichte und Theorie juridischer Kulturtechniken ist nichts Allgemeines. Sie taugt nicht für Gesellschaft im Ganzen und Globalen, taugt weder für die Totalität von Gesellschaft und Mensch noch für die Vorstellungen der Fragmentierung. Sie taugt für die Vorstellung vaguer und speisender Wesen und Sozietäten, für elliptische, kreisende Technik mit Hemmungen und Schüben, Fällen und Flüchten.
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Essers Tafeln/ Juristen fabrizieren
Juristen fabrizieren und sie werden fabriziert. Cornelia Vismanns Geschichte und Theorie juridischer Kulturtechnik ist auch Geschichte und Theorie des Institutierens. Darin ist Institution nicht gegebene Macht. Auch wenn sie mit Vermögen und Gabe einhergeht liegt sie in artifiziellen, technischen Verfahren oder Routinen. Ich ziehe den Begriff des Instituierens dem Begriff der institutionellen Macht vor, weil mir dieser Begriff meine Fragen an Kulturtechniken schärfen lässt und mir besser beobachten lässt, was unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen.
Das sind zum Beispiel Tafeln, denen ich öfters nachgehe - und auch in meinen Antrittsvorlesung am Beispiel eines Lehrbuches (also einer Institution) von Hermann Jahrreiß aus dem Jahr 1930 nachgegangen bin. Das oben abgebildete Beispiel stammt, wie die hier auf dem tumblr schon gezeigten Tabellen auf dem Geschäftsbuch meines Vaters (der damals im ersten Semester Jura in Mainz studiert), aus dem Jahr 1949, hier aus dem Lehrbuch von Josef Esser zu den Grundbegriffen, zu dem Susanne Paas, Ralf Seinicke und Florian Forster ebenfalls forschen.
Mich interessieren hier seine Tafeln und Tabellen. Wie Warburg, so hat auch Esser eine Vorstellung davon, dass die Wahrnehmung des Rechts polarisiert sei; wie Eduardo Viveiros de Castro in der kannibalischen Metaphysik, dass also diese Wahrnehmung auch irisiert sein kann (denn die Irisierung faltet in den Spektralfarben die Polarisierung auf). Wie Warburg und wie de Castro: das ist ein kleiner Vergleich, der etwas zu einer Berühung im Detail sagt. Viel sagt das nicht, aber ein Detail ist es, damit etwas, in dem nach Stolleis alles anders sein soll und in dem nach Aby Warburg der liebe Gott stecken soll.
Esser denkt Polarisierung im Detail auch als Normalisierung, das ist gar nicht schlecht gedacht, weil damit auch das Normale schon als polarisiert gedacht werden kann und Polarisierung nicht einfach als Spalterei erscheint, also etwa nach dem Muster, dass in eine Streit der andere immer der ist, der polarisiert. Mit einem Detail liefert Esser hier einen Beitrag zur Geschichte und Theorie polaren Rechts, das aber, nicht wie bei Warburg oder de Castro, unbeständig ist, sondern durch die Normalisierung auch beständig wird.
Boaventura de Sousa Santos wird in Brasilien einer der Anthropfagen, die Esser gefressen haben und verdauen. In seinem berühmten Text zu Pasargada erwähnt er den Tübinger, was mich erst erstaunt hat. Esser hat aber in dem Buch von 1949 in kurzen Hinweisen zur Multidisziplinarität neben der Psychologie auch die Anthropologie als eine der Disziplinen genannt, die der Rechtswissenschaft fruchtbar sein, sagen wir so: sie speisen kann. Darum ist es nicht so verwunderlich. Die Tafel, die er in seinem Buch als Abbildung 1 verwendet assoziiert ein Wissen der Optik mit dem der Psychologie, der Anthropologie und der Rechtswissenschaft, um ein Schema und ein Modell zu formen. Man kann dieses Modell mit anderen vergleichen, etwas mit denen Merleau-Pontys und Jacques Lacan, deren Tafeln in der Bild-und Rechtswissenschaft auch eine Vorstellung von Dogmatik und Instituierung geben soll, dazu wesentlich häufiger kommentiert wurden.
Esser nennt in den dichten Erläuterungen das Rechtsbewußtsein einen Spiegel der Rechtsidee. Die gespiegelte Idee wurde von rechtsbildenden Organen, die insofern auch als bildgebende Organe erscheinen, gesammelt, gebündelt und durch Gitterstäbe (nach Cornelia Vismann sind das Cancellierungen; nach Alberti wäre das ein Velum) polarisiert.
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Die Letter als Norm
1.
Was ist eine Norm? In der Letteratur stand in den letzten Jahren oft die Frage im Vordergrund, was viele Normen seien, was also Normenvielfalt, was also Rechtspluralismus und Multinormativität sei. Was eine Norm sein kann, wurde eher trivial oder selbsrverständlich gehalten: Die Norm sei eine Regel, ein Gebot oder eine Verbot. Oft unausgesprochen lief mit, dass die Norm satzförmig sei: Etwas, das einem etwas sagt und so befolgt und dazu noch ausgelegt werden kann. Auch die Anwendung würde weitgehend als Deutung oder Auslegung konzipiert. Das Modell der Norm stammt aus Verträgen oder von den berühmten Gesetztafeln. Auch das Vorbild kann eine Norm sein, also sowohl das Subjekt, ein Ideal wie diejenigen Persönlichkeitsideale, auf deren Rekonstruktion in den letzten Jahren Thomas Vesting zurückgegriffen hat, als auch das Objekt, wie etwa die normierte Mineralwasserflasche, die in den STS als Beispiel einer stummen, nicht satzförmigen und nicht an Semantik gebundenden Norm angeführt wird, sowie schließlich die Quasi-Objekte, die bei Michel Serres, Niklas Luhmann ("Könige und Fußbälle") und im engeren rechtswissenschaftlichen Kontext vor allem bei Cornelia Vismann als Akte auftauchen, können Normen sein. Die Norm wird, so unterstellen wir, immer auch etwas regeln und insoweit immer auch als Regel betrachtet werdem, sie muss aber nicht sprachlich organisiert sein, muss also nicht satzförmig sein. Sie kann stumm sein, kann ein Objekt, ein Subjekt und sogar ein Akt, eine Routine, eine Handlung oder ein Zug sein, wie Gesten es sind.
2.
Wenn die Norm als Element und das Element als Bestandteil des Rechts oder einer anderen normativen Ordnung verstanden wird, dann wollen wir die Norm als Letter bezeichnen. Wir orientieren uns dabei an zwei Beispielen und daran, dass es nur Beispiele sind, nämlich an Buchstaben und Briefen. Wir machen uns zunutze, dass das Wort Letter zwei unterschiedliche, aber im Hinblick auf die Ordnungsfunktion diagonal oder transversal, also die Grenzen ihrer jeweiligen Gattung kreuzenden und damit verbundene Elemente bezeichnet. Jenseits des Letters gibt es andere Letter, jenseits der alphabetischen Elemente die sendbaren und kurzen Unterlagen. Der Buchstabe ist als Baustein eine Grundlage, der Brief ist als ein Operationsfeld eine Grundlage. Letter sind Beispiele für etwas, was Grundlage ist, weil es Alphabet und Architektur verknüpft. Weil wir Normativität als Effekt operationalierter Differenz definieren, definieren wir die Norm als dasjenige, an dem oder durch das Differenz operationalisiert wird. Die Norm, die Letter ist (also Element oder Baustein), die ist gleichzeitig ein minores Objekt und ein Grenzobjekt. Letter, da nehmen wir sie beim Wort, lassen. Sie gewähren, um ein Wort aus der Rechtssprache zu wählen. Sie ermöglichen, abstrakter gesagt: sie instituieren, richten ein und aus. Jetzt habe ich beinahe Leitgedanken formuliert, dabei ist uns daran gelegen, die Tagung babylonisch und wüst zu konzipieren und dabei Leitgedanken durch Formen zu ersetzen, die Formen kontaktieren, kooperieren und kollidieren. Dass es nämlich inzwischen die Lettristen gab, das ist nicht ignorieren. Was vormals Grundlagen waren, haben die Lettristen nach dem zweiten Weltkrieg, nicht zufällig dann, zu Situationen kritisch und produktiv 'herabgesetzt', niedrigschwelliger angelegt. We have a situation: Eine Situation ist unterhalb der Schwelle der Lage angesiedelt, sie eine 'Unterlage' zu nennen würde bedeuten, zu betonen, dass sie zu wenig für eine Lage zu bieten hat, oder anders gesagt: zuviel, zuviel Unruhe oder Rastlosigkeit, zuviel noise oder Rauschen etwa, zu viel Spiel und lockeren Sitz, wie kippelnde Stühle oder lose Schrauben etwa.
Ach übrigens: Wir folgen einer seit Januar in Helsinki eingerichteten und ausgeübten Praxis. Zu dem Workshop über Letter erhalten die Teilnehmer eine Playlist.
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Klasma/ Klastes
Große Brecher (Klastes) sind entweder Wellen auf See und an der Küste oder aber die Dogmatiker, ob es die größten sind (und wenn ja, dann wer von ihnen), darüber lässt sich streiten. Dogmatiker liefern Formen auf eine Weise, dass solche Formen gegeben sein sollen. Sie instituieren, lehren dank und durch Form, als sei das eine Gabe. Angeblich, das berichtet Bruno Latour, habe Pierre Legendre geschrieben, dass die Form das Limit sei. Dogmatiker seien diejenigen, die Stoppregeln pflegen, das legt Luhman nahe. Man muss das Limit und den Stopp nicht als Bruch bezeichnen. Man kann es, das hat eine Geschichte, diejenige des Ikonoklasmus.
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Legale Theorie
Theory! Que legal! Schauen, wie es ein Schauer tut.
1.
Rechtstheorie kommt in Büchern vor, die relativ häufig aus Texten bestehen, die auf andere Bücher verweisen. Diese Bücher berichten von Schulen und werden in Schulen gelesen, an Universitäten (nicht in Versitäten). Die einen lesen rechtstheoretische Bücher als Verdichtungen, die anderen als Verdünnung, so trifft man sich manchmal sogar an Tischen, um darüber zu diskutieren. Das Studium der Rechtstheorie ist in der Vorbereitung darauf, später einmal angeregt diskutieren zu können, ein bisschen so, als würde man anstehen, manchmal erscheint es einem, als bade man in einem Meer von Weiterreichungen: Man schlägt ein Buch auf und wird weiterverwiesen. The Blackwell Guide to the Philosophy of Law and Legal Theory empfängt einen mit dem Bild, das in der frühen Neuzeit Argument genannt wurde und eine Gliederung darstellt: Man überschaut kapitelweise und überhaupt weise Schulen, fängt zum Beispiel (wie der Blackwell Guide) bei einer Schule an, die dort Natural Law Theory genannt wird und mit dem Namen von Thomas von Aquin verknüpft wird. Man kann, ganz falsch wäre es nicht, den Eindruck bekommen, das Rechtstheorie etwas ist, das in Büchern steht und dort auf andere Bücher verweist. Why not? (Joseph Raz) Die Summa, so scheint es, muss man nicht mehr lesen, tut man es doch, muss man sie nicht mehr übersetzen, wenn doch, dann nicht bolisch, also nicht durch eine kartographische und kalendarische Ausbreitung dessen, was am Schreiben der Summa Aquins unbeständig, meteorologisch und polar ist. Hoffentlich einfacher gesagt: Man muss zur Summa keinen Atlas erstellen. Es reicht, weitergereicht zu werden.
Rechtstheorie aus dem Geist der Kulturtechnikforschung: Recht ist eine Technik der Gutmachung, der Vergütung oder Veredelung, des Passenden und Passierenden. Damit geben und nehmen die Leute Worte, sie versprechen sich und anderen etwas, schließen Verträge, geben sich und anderen Gesetz, sie schwören und fluchen, bezeichnen sich, alle und alles damit. Damit, mit dieser Technik, nehmen und geben die Leute Bilder. Sie orientieren sich und andere, sie handeln und händeln die Welt, geben ihrem Tun Gründe und Richtungen - nicht nur in Form von Sätzen, sondern auch in Form von Sitzen, Städten und Häusern - die Richtungen kommen auch als Leitungen, Rohre, Wege und Kabel, sogar durch Satelliten vor. So ziehen die Leute um, manche ziehen umher. So rücken die Leute vor und zurück, sogar in Ländern rücken sie damit ein, bringen sich und ihre Rechte mit. Theorie schaut sich das, spätestens seit ca. 3000 Jahren an: schaut dabei so, dass manche dachten, es wäre ein Gott, der schaut, ein höheres oder tieferes Wesen, daher soll die sogar ihren Namen haben. Aus dem Geist der Kulturtechnikforschung: Am besten schaut man wie ein Schauer, nimmt Details wahr, noch wie ein meteorologisches Geschehen.
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2024 habe ich einen Kurs über Grundlagen des Rechts (Geschichte und Theorie) an der Bucerius Law School in Hamburg gegeben. Die Idee war, von Anfang an Grundlagen des Rechts advanced, also fortgeschritten bis avantgardistisch zu lehren. Dieser Kurs war eine Anfängerübung und nahm sich Grenzobjekte (boudary objects) vor. Statt kanonische Texte mitzubringen, habe ich etwas mitgebracht, von dem nicht sicher wahr und weiterhin nicht sicher ist, ob es überhaupt Recht oder Rechtswissenschaft oder keines von beidem, ob es legal oder illegal ist, ob es rational oder Wahnsinn ist.
Die Anfängerübung adcanced, avantgardistisch geht nicht davon aus, dass wir unser Leben lang bei Null anfangen, ganz im Gegenteil: Sie geht davon aus, dass wir unser Leben lang einem achronologisch geschichteten Material aufsitzen, dem wir triebhaft verflochten sind: Wir nehmen es wahr, sind in gewisser Hinsicht Perzeptoren des Materials, dem wir aufsitzen. Dabei haben wir mit Illusionen eine unsicher Zukunft. Kulturtechniken 'lassen uns umgehen': Sie instituieren, wie Cornelia Vismann gesagt hat. Mit ihnen richten sich die Leute ein und aus. Darauf fokussiert sich die Anfängerübung avanced, avantgardistisch - sie adressiert Anfänger, aber auch alte Partisanen, Senior Partner und noch Direktoren Futsch. Das Unangenehme der Anfängerübung advanced, avantgardistisch: man wird ernst genommen und wie ein Erwachsener behandelt. Das Schöne daran: Die Teilnehmer werden begleitet, Recht äußerst gründlich zu fabrizieren. Wir üben zu formieren, Form zu nehmen und zu geben: Form, die Wort, Bild oder Geste sein kann, aus der man Städte, Landschaften und Gärten sogar Staaten machen kann. Wir üben, uns und andere zu orientieren, zu handeln und zu händeln. Form, die zügig ist, ist Trakt, Stab, Letter und Lanze.
2025 wird die nächste Veranstaltung an der Bucerius Law School stattfinden, diesmal möchte ich sie 'Übung vor Orginalen' durchführen: Die Teilnehmer wählen sich ein Subjekt (eine Person oder ein Thema), ein Objekt oder eine Handlung aus (diese Auswahlmöglichkeiten orientieren sich an Institutionen des römischen Rechts, dort an der Unterscheidung zwischen persona, res und actio.). Wir behandeln das, was sie auswählen, als Original. Die Teilnehmer sollen darlegen, was problematisch ist, was einem Fragen stellt und darlegen, was daran Recht, Geschichte und Theorie ist - und was nicht. Diese Veranstaltung ist nicht gegen Bücher, widerlegt keine anderen Rechtstheorie, schlüpft eventuell durch Nebeneingänge in den Kosmos des Recht hinein und wieder hinaus.
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Kulturtechnik und Souveränität IV
1.
Richtungen, polar gedacht, haben etwas Abrichtendes, etwas An- und Einrichtendes, auch etwas Ausrichtendes. Sie formatieren durch zügige Formen, also dank und durch Formen, die Züge machen lassen, weil sie gezogen sind. Wenn ich, wie Beuys das mit Baader und Meinhof vor hatte, Vesting noch einmal über den Chorus (die Tanzfläche) und durch die Szenen Kulturtechnikforschung führen würde, dann würde ich ihm vorschlagen, auf das, was einen nervt, weil es einen Nerv trifft, mit Witz zu reagieren.
Es gibt zum Vorbild einen alten Witz, den ich aus Wuppertaler Kneipen kenne, aber jeder kennt ihn. Jemand sagt es immer: Es zieht! Irgendwer antwortet immer: Dreh' dich um, dann drückt's. Kunsthistorisch betrachtet handelt es sich hier um eine Variation des Dadaismus, der aus Unsinn was macht. Es handelt sich kunsthistorisch auch um die Variation eines Satzes von Picabia: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Jetzt nicht unbedingt kunsthistorisch betrachtet, aber unbedingt bildwissenschaftlich und bildhistorisch betrachtet, handelt es sich bei diesem einen Witz um die Variation tausender Warburgscher Witze, die allesamt mit Polarität zu tun haben und dann mit der Frage, ob man sich aus daraus folgender Melancholie fatal demjenigen hingibt, was angeblich vorliegen oder einem vorausliegen soll oder ob man sich auf Gegebenheiten einlässt, um an ihnen etwas zu wenden, und sei es man selbst, den man dreht.
Wenn Siegert von Abrichtungen spricht, so mein Vorschlag an Vesting, wird das mittels kleiner Drehungen als Ausrichtung und Einrichtung, damit auch inkrementell, kooperativ und instituierend wahrnehmbar und ausübbar. Das ist wie mit Antrittsvorlesungen, die durch kleine Wendungen zu Abtrittsvorlesungen werden, um aus Abrichtungen Ausrichtungen zu machen. Das haben wir in Weimar auf der Tagung zum Instituieren und in Frankfurt bei vielen Gelegenheiten eigentlich vorgeführt, davon kann Vesting wissen. Muss ihn nicht anregen, im Paradigma deutsch-deutlicher Verbindlichkeit könnte das, so höre ich wiederholt, für die Staatstechtlehre zu wendig, zu windig und zu ambigue sein.
Die jüngeren Bücher von Siegert, das von ihm und Lutz herausgegebene zur exzessiven Mimesis oder das zum Meer, zeigen in fulminanter Gelehrsamkeit, was Siegert allein schon zu den vielen Ab-, Aus- und Einrichtungen der Mimesis und einer Seite Papier oder Pergament, oder zu Feinden des Menschengeschlechts zu sagen und zu diskutieren hat. Vesting legt den Verdacht nahe, dass Kittler, Siegert, Vismann und die Statisten einer Statistik weiter Kreise der Kulturtechnikforschung, zu denen Steinhauer sich gerne und zu allem bereit auch zählt, in ihren Möglichheiten beschränkt (gewesen) seien und bestimmte Dinge nur auf bestimme Weise hätten wahrnehmen können, staatsfixiert, hierarchisch, apokalyptisch und verlustfixiert. Im Detail ist alles ganz anders (Stolleis).
Vestings statistische Wahrheit weiter und seiner Betrachtung nach dominanter Kreise ist eine Mischung aus Modellbildung und Diagnose, eine Mischung, die immer, schon auf auf dem kindischen Schulhof und später im Gerichtssaal immer die gleiche Reaktion hervor ruft, mal als Vorwurf, mal als Frage: Da schließe jemand von sich auf andere, da könne Vesting offensichtlich selbst die Welt der Kulturtechnikforschung nur so wahrnehmen, wie das von ihm verwendetete Modell ihm anbiete.
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Kann es sein, dass Vismann doch nicht so unbeweglich, nicht so einseitig, nicht so eindeutig,nicht so staatsfixiert, nicht so unkreativ und hierarchiefixiert war, wie Vesting die Leser glauben macht ? Ja, das kann sein. Und es kann nicht nur so sein, so war es auch. Es ist ärgerlich , wie Vesting hier mit magerer Deutung eines späten Textes und mit statistischen Annahmen das Bild einer unserer Kolleginnen vom MPI und ihrer, damit auch meiner seltsamen Staatsrechtslehre verzerrt. Diese Frau war eine Patrone, witzig, kreativ, subversiv, unverbeamtet und frei, nimmermüde gesellig und Staatsrechtslehrerin ohne festen Lehrstuhl, dafür immer in flatterhafter Gesellschaft. Von den Exkursionen, die wir gemacht haben, kann Vesting wissen.
Eine bessere und wütendere, als die thrakisch lachende Vismann ist mir nicht begegnet. Was im August 2010 passierte, das war auch ein Skandal und eine Katastrophe. Das speist die Ärgerlichkeit über die faule Positionierung Vestings noch mehr. Jeden Tag Tafelgesellschaft, jeden Tag Kreativität anregend, jeden Tag auch fern staatsrechtlicher Schemata, sie aber gut kennend. Noch in der letzten Woche im August 2010, schon durchsichtig und federleicht geworden, immer noch strahlend, in Tafelgesellschaft (veraus-)gebend und in ihren Möglichkeiten unbeschränkt. Das soll ihr mal jemand nachmachen. Das ist Persönlichkeit, Subjekt, Praxis des Subjektes. Wenn man nur darauf achtet, was in Büchern theoretisch zur Praxis der Subjekte geschrieben wird, dann kann man das übersehen und mit dem Dogma großer Trennung rechtfertigen. Nach Vismann Anregungen wäre das witzlos. Was sie praktisch bis zum letzten Tag gemacht hat, war ein Exemple und ein Beispiel, eine Kunst des Handelns und poetisch.
Wollen wir es zu Vestings Gunsten für ein Begehren halten, dass Vesting in der Lektüre Vismann misst, verfehlt, verkehrt und nun Vesting als der gesellig, kreative Lehrer in Tafelgesellschaft und sie im Kreise der erscheint, die den ganzen Tag beklagen, wie sehr Freiheit vom Staat eingeschränkt werden.
Ist denn Vesting nicht derjenige, der im Alltag seine Freiheiten mager genießt und laufend beklagt, wie sehr ihn das staatliche Amt mit seiner versicherten Zukunft einschränkt? War Vismann nicht die, die Freiheit und Unsicherheit bis zum 28.8.2010 genußreich mit einer privaten Praxis öffentlicher Dinge ausspielte und keinerlei Grund sah, den Verlust oder auch nur die Schwäche ihrer, der von ihr praktizierten Subjektivität zu beklagen? Seltsam wie Vesting nun sich und sie positioniert, aber Unterscheidungen sind eben auch kunstvolle Austauschmanöver, manchmal eben modellierend- traumhafter Frauentausch oder gleich Rollentausch, von mir aus. Wenn man den Text Vestings zur Kulturtechnikforschung mehrfach liest, wird der Witz darin grimmig. Die Herausgeber haben in laufen lassen, meiner Ansicht nach vor die Wand. Gut, wenn wir ihn nochmal drehen könnten.
Das was abrichtet in Ausrichtungen und in Einrichtungen verwandeln: das ist auch das, was Vesting macht. Er ist auch ein Beispiel dafür, dass die Disziplin eines preußisch-protestantischen geprägten Beamten nicht böse und kein Verlust ist. Er kann doch stolz auf sein Vermögen, sein Können, Machen und Tun sein. Er macht prinzipiell das, was juridische Kulturtechniken so interessant macht, er wendet auch was an Schicksalen. Dass er Kulturtechnikforschung als das begreift, was Kittler, Siegert, Vismann und mich 2010 in Weimar verbunden anregt hat, das ist erklärlich. Kulturtechnikforschung ist freilich keine Schule, kein Verein, keine demokratische Einheit mit Mehrheiten und Minderheiten. Wir bringen da sehr unterschiedliche Perspektiven mit. Vesting kann das alles nicht so eng und eingschränkt sehen, wie er es in dem Text tut. Zu sagen, dass er die Kulturtechnikforschung nicht anders sehen könnte, dass er da in seinen Möglichkeiten (bisher) beschränkt war, das fällt mir im Traum vielleicht ein, dann wäre es ein Albtraum. Ich signiere ihn nicht. Natürlich kann er das alles anders sehen, dass er es in diesem Text einer konkreten Schreib-Szene so schreibt, ist ärgerlich und unnötig. Habe mit stürmischer Energie und völlig folgenlos versucht, ihn abzuhalten, das Schreiben fällt auf ihn zurück. E will es nach wie vor so geschrieben haben. Dass er Vismann und statistisch mich fixiert, nicht Bredekamp und Krämer, Krajewski, Schüttpelz oder Spindola, nicht die zerstreuten Kreise der Kulturtechnikforschung, sondern nur die, die in Weimar 2010 für zu kurze Zeit zusammenkamen, ist erklärlich. Der Horizont ist klar.
Vismann und ich gelten in der Staatsrechtslehre als seine Schülerin und sein Schüler. Vorschlag: nicht dem Impuls nachgehen, der in der deutschen Rechtswissenschaft so wirkmächtig ist, und nachdem Wissenschaft angeblich darin bestehen soll, dass Autoren erst Bücher schreiben und dann Schüler haben. Braucht er Vorbilder für eine andere Sicht, würde ich ihn auf die Referenzen meiner Texte, vor allem auf Georges Didi-Huberman verweisen, dessen Texte sind mit Nachdruck kritische Positionierungen (was man schon dran erkennt, dass er nicht extra erklärt, sich kritisch zu positionieren). Er räumt mit dem Phantasma einer Warburg-Schule elementar auf, und verwendet Warburgs Namen und dessen Texte auch nicht nach der Logik der Signatur, nach der Warburg für das eine und gegen das andere stehe. Nur zur Anregung! Wenn Vesting sich an so etwa wie Kittler-Schule oder Weimar reibt und ihn daran etwas nervt, dann soll er das Phantasma elementar aufräumen, das wird seine Texte stärken. Ein dominantes Kollektiv denke kollektiv und dominant, heisst es bei Vesting. Ich schlage vor, nicht statistisch und als Staatsrechtslehrer genau das zu tun, was man anderen vorwirft. Wer oder welcher Teil genau soll denn wo und worin verhaftet und dann noch dominant sein? Kann er das aufzeigen? Wir laden ihn gerne ins MPI oder auf neutralen Grund und Boden, sogar zum Italiener ein, das zu tun, auch Ino plant eventuell schon etwas. Dieses war der vierte Streich, doch der fünfte folgt sogleich.
Wer, wenn nicht Vismann, hat in einer Analyse von Kulturtechniken (am Beispiel Kafka) deutlich gemacht, dass Definitionen nicht schließen, ohne zu öffnen, nicht öffnen, ohne zu schließen. Die Linien ziehen. Wollen wir also endlich bald sehen, was es mit dem pomerium auf sich hat und warum die Deutung, die Vesting in dem Text nahelegt, grotesk, kapriziös und, nun zum fünften und letzten Streich hin ins Beste gewendet, nicht ganz dicht ist. Mit Vesting gesprochen: seine Lektüre ist das, was er sagt und sieht, recht einseitig, und sie bietet dafür wunderbaren unmarkierte Räume und Zeiten, die wir nutzen können, wollen und sollen.
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Letter
Grundlagen des Rechts: Cornelia Vismanns Arbeiten dazu sind teilweise mit der Formel vitam instituere in Zusammenhang gebracht worden. Immer dann, wenn etwas anfängt, dann fängt auch das Recht an, aber das ist vielleicht nicht direkt das, worauf die Verknüpfung zwischen Vismanns Werk und dieser Formel ansielt, eher darauf, dass sie die Grundlagen an dem festmacht, was einem mit dem Leben etwas anfängen lässt, was also einen Zugang zu dem, was stark verdichtet und dabei teils geglättet Leben genannt wird, einrichtet.
Mit Johanna Bergann haben wir eine internationale Tagung in Weimar 2012 organisiert, die den Arbeiten von und dem Andenken an Cornelia Vismann gewidmet war und der wir den Titel Instituieren gegeben haben.
Dass man von Grundlagen des Rechts spricht, ist eine Verdoppelung, über die man sich wundern und staunen kann, aber nicht muss. Das Recht kennt doch genug Gründe, Gründe für alles mögliche im Alltag und noch für seltene, außergewöhnliche Situationen. Es gibt Anspruchsgrundlagen, Ermächtigungsgrundlagen, Rechtfertigungsgründe, Grundgesetze, Grundrechte. Wozu dann nochmal Grundlagen begrifflich herausstellen oder gar aussondern, wenn doch ohnehin alles im Recht rational und gründlich sein soll und wenn da, doch vor allem da gelten soll, das nichts ohne Gründe ist? Ist halt so, das Recht verdoppelt doch so gerne.
Thomas Vesting hat Vismanns Ansatz aufgegriffen, nicht an der Formel vitam instituere festgemacht, aber doch auch an der Geschichte und Theorie von Institutionen, die er, entgegen früherer Zurückhaltung gegenüber dem Begriff der Macht nun als Macht begreift.
Er schreibt von einer Sprengung der Grenzen förmlichen Rechts, die uns zumindest als Sprengung jener Autologie erscheint, die im Rechtsbegriff aufgehoben ist. Die Kernthese ist die jeder uns bekannten Grundlagenforschung, sie lautet schlicht: Das Recht ist bereits unterworfen, bevor es Gegenstand der Macht wird. Es gibt Normativität vor der Norm, die effektive Norm ist auch ein Effekt - und noch die gründlichsten Gründe sind sekundär. Kulturtechniken sind operativ, normativ und rekursiv: als müsste man hier eine Paradoxie entfalten, führt Vesting hier in Anlehnung an Descombe eine Unterscheidung ein, diejenige zwischen instituierender Macht (vorher) und konstituierender Macht (nachher).
Wir gehen davon aus, dass am Letter das eine ins andere übergeht, nennen beide Mächte insoweit ein Lassen.
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