#hoffe mal der Post erreicht ähnlich viele Menschen auch wenn er irgendwie weniger Inhalt hat
Explore tagged Tumblr posts
doomdoomofdoom · 3 days ago
Text
Strategisch Wählen 2: Alles kommt anders
Also Kinder, nachdem mein Post vor 3 Wochen doch etwas rumgekommen ist, fühle ich mich zum Nachtrag verpflichtet. Hat sich nämlich einiges getan seitdem. Einmal zum Vergleich:
Tumblr media Tumblr media
Wir sehen ein paar schöne und ein paar unschöne Veränderungen. Aber nochmal ganz von vorne, ich will den alten Post nicht zur Pflichtlektüre machen. Besonders wenn er nicht mehr gilt.
Erstens: Wir haben keine Brandmauer mehr.
Als die AfD neu in der Politikszene einschlug, waren sich alle anderen Parteien einig, dass sie nicht mit einer rechtsextremen Partei zusammenarbeiten würden. Dadurch würde man die AfD mehr oder weniger lahmlegen und die Demokratie schützen. Das nannte sich Brandmauer und die CDU als "Mitte-Rechts" Partei nahm die Rolle sehr gerne an. Bis letzte Woche hatte die CDU noch groß getönt, sie würden nie mit der AfD zusammenarbeiten oder gar koalieren. War lange sogar Teil ihres Wahlprogramms. "Wählt uns, wir halten die zurück" und ähnliches.
Und dann haben CDU und FDP zum ersten Mal das getan, was sie angeblich niemals tun wollten: Sie haben gemeinsam mit der AfD eine Mehrheit erlangt. Der entsprechende Antrag (so widerlich er war) hat nicht viel Gewicht. Um den gehts nicht. Es geht darum, dass die CDU und FDP ein historisches Tabu gebrochen haben. Sie haben ihr letztes bisschen Prinzipien verkauft, und uns gleich mit.
Im letzten Post gehe ich noch davon aus, dass die CDU eine Große Koalition mit der SPD eingehen wird, sofern das eine Option ist. Inzwischen halte ich das zwar immer noch für am wahrscheinlichsten, aber ich kann eine freiwillige Koalition zwischen CDU und AfD nicht mehr ausschließen.
Zweitens: Scheiße.
Ja. Scheiße. Schwarz-Blau wäre eine absolute Katastrophe. Wer neulich mal ein Geschichtsbuch in der Hand hatte, oder "Hitler Aufstieg" gegooglet hat, würde gerne schreien.
Also geht schreien: Deutschlandweit sind Demos und Proteste unterwegs. Wir dürfen jetzt nicht leise sein. Wer kann, schleppt den Hintern bitte auf die nächste Demo. (Mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen; informiert euch im Voraus.) Am 15. Februar findet außerdem eine gemeinsame Demo statt, die von den CSD (Christopher Street Day; unsere Gay Pride Parade) organisiert wird. Falls in eurer Stadt keine ist, sollte trotzdem eine Veranstaltung in der Nähe sein.
Davon abgesehen kann man auch von zu Hause aus schreien. Abgeordnete anschreiben, zum Beispiel. Wer sich traut, kann versuchen das Umfeld zum wählen zu bewegen, und zwar gegen AfD, CDU, und FDP.
Drittens: Wählen und Strategie
Tja. Da sind wir wieder. Und die Strategie ist nicht mehr so klar. Je nachdem, ob wir Schwarz-Blau oder Schwarz-Rot kriegen, sieht der ideale Bundestag etwas anders aus. Das gilt es jetzt abzuwägen.
Festhalten können wir aber Folgendes:
CDU wählen hält die AfD nicht mehr auf.
Die FDP ist unvertretbar und hat im Bundestag nichts verloren
CDU und AfD auch nicht, die werden wir aber sicher einziehen
Finger weg von Kleinstparteien. Was nicht über 5% oder drei(!) Direktmandate kommt, zieht nicht ein. Die Stimme ist also verschwendet. (Looking at you, FW und Volt)
Die Linke hat wieder eine realistische Chance. Tatsächlich könnte sie sogar die 5% Hürde nehmen. Das hilft der allgemeinen Richtung, aber nicht den Koalitionsmöglichkeiten.
Falls alle 3 Kleinparteien (Linke, BSW, FDP) in den Bundestag einziehen, entfällt die Möglichkeit auf GroKo. In diesem Fall würde ich stark von Schwarz-Blau ausgehen.
Allerdings wird sich vieles davon nochmal ändern. Die Wahl ist in zwei Wochen. Die Linke hat in der letzten Woche allein fast ein Prozent zugelegt. Ich kann beim besten Willen nicht abschätzen, wie es für welche Partei weitergeht.
Auch sind das alles Umfragewerte. Die Wahl selber kann ganz anders ausfallen. Und meistens fällt die Wahl weiter rechts als die Prognosen.
Langer Rede, kurzer Sinn: Ich kann keine allgemeine Strategie mehr empfehlen. Es sind zu viele Unsicherheiten im System unterwegs. Jetzt gilt informiert bleiben und selber Risiken abwägen: GroKo bleibt (leider) die beste Möglichkeit. Dafür brauchts eine möglichst starke SPD. Je mehr SPD, desto schwächer die CDU. Im Fall Schwarz-Blau wird die SPD weniger Widerstand leisten als Grüne und Linke. Und je mehr Parteien eintreten, desto kleiner der Anteil für Schwarz und Blau. Welche Partei besser den Schaden begrenzt, hängt also davon ab, wie Merz in zwei Wochen so drauf ist.
Viertens: Zwei Stimmen
Bei der Wahl gibt es die Erst- und die Zweitstimme. Seit 2023 funktionieren die etwas anders. Die Funktion zu verstehen, ist extrem wichtig für eine strategische Wahl. Ich fasse das mal zusammen:
Erststimme: Geht an eine bestimmte Person. In jedem Wahlkreis steht (meistens) pro Partei ein*e Kandidat*in zur Wahl. Wer die meisten Stimmen in einem Wahlkreis hat, zieht in der Regel in den Bundestag ein. Das nennt man Direktmandat. Falls eine Partei 3 oder mehr Direktmandate erzielt, zieht sie in den Bundestag ein, egal wie viele Zweitstimmen sie kriegt.
Zweitstimme: Geht an eine Partei (bzw deren Landesliste) und bestimmt die Zusammensetzung des Bundestages. Wenn eine Partei 20% aller Zweitstimmen kriegt, bekommt sie 20% der Sitze im Bundestag. Eine Partei braucht mindestens 5% aller Zweitstimmen, um in den Bundestag einzuziehen. (Mit Ausnahme der Direktmandatsklausel)
Reform: In Deutschland gibt es 299 Wahlkreise, also 299 Direktmandate. Früher hat das oft dazu geführt, dass eine Partei (besonders bei kleineren Parteien) mehr Direktmandate hatte, als ihr Anteil an Zweitstimmen. Beispiel: In einem fiktiven Bundestag mit 100 Sitzen hat die tumblr-Partei 6 Direktmandate erhalten, belegt also 6 Sitze. Sie hat aber nur 5% der Zweitstimmen gekriegt, und sollte deswegen nur 5% der Sitze belegen dürfen, also 5. Sie hat also einen Sitz zu viel. Um das auszugleichen, wurden früher einfach mehr Sitze hinzugefügt, bis das Verhältnis gepasst hat. In unserem Beispiel wird der fiktive Bundestag auf 120 Sitze ausgeweitet. Dadurch belegt die tumblr-Partei mit ihren 6 Direktmandaten genau 5% der Sitze. Damit wurde der Bundestag aber größer und unübersichtlicher.
Deswegen hat er seit 2023 eine feste Größe: 630 Sitze. Nicht mehr und nicht weniger. Die Sitze werden nach dem Verhältnis der Zweitstimmen den Parteien zugeteilt. Innerhalb der Partei wird dann nochmal nach Bundesland unterteilt, und nach Landesliste ausgefüllt. Direktmandate haben Vorrang.
Wenn jetzt eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate als Zweitstimmen hat, verliert sie entsprechend viele Direktmandate. Die Abgeordneten, die einziehen dürfen, werden nach Bundesland und Wahlerfolg entschieden. Die reddit-Partei hat insgesamt 10% der Zweitstimmen und 8 Direktmandate erhalten. Sie kriegt also 10 Sitze. Unser fiktiver Bundestag hat nur zwei Bundesländer: Bayern und Berlin. 70% der Zweitstimmen für die reddit-Partei kommen aus Bayern, die anderen 30% kommen aus Berlin. Deswegen kriegt die Bayern Abteilung der reddit-Partei 7 Sitze und die Berlin Abteilung kriegt 3. In beiden Bundesländern hat die reddit-Partei 4 Direktmandate erzielt. Für die Bayern Abteilung ist das kein Problem: Alle 4 ziehen in den Bundestag ein und die restlichen 3 Sitze werden mit der bayrischen Landesliste ausgefüllt. Die Berlin Abteilung hat mehr Direktmandate als Sitze. Also kommt der Kandidat mit dem schlechtesten Ergebnis nicht in den Bundestag, obwohl er eigentlich ein Direktmandat gewonnen hatte. An der Anzahl Sitze ändert sich aber nichts. Die reddit-Partei hat 10.
Im Regelfall ist es so, dass eine Partei genug Zweitstimmen bekommt, um ihre Direktmandate abzudecken.
Kurz und knapp: Die Zweitstimme bestimmt die Verteilung im Bundestag. Die Erststimme entscheidet, welche Politiker der jeweiligen Partei die Sitze ausfüllen.
Leider heißt das in vielen Fällen, dass die Erststimme keinen großen Unterschied macht. Wirklich interessant ist sie nur bei kleinen Parteien, die nicht über 5% Zweitstimmen kommen, oder wenn du total gerne deinen lokalen Kandidaten im Bundestag hättest. Ansonsten interessiert sie nur parteiunabhängige Kandidaten, falls existent.
Fünftens: Wählt und wählt klug.
Geht wählen. Keine Ausrede. Geht wählen. Geht wählen. Geht wählen. Geht wählen. Geht wählen. Geht wählen. Geht verdammt nochmal wählen.
Die Wahl ist am 23. Februar, also in gut zwei Wochen. Das ist genug Zeit, um Briefwahl zu beantragen, auszufüllen, und einzuschmeißen. Wenn mein schwer depressiver Arsch das hinkriegt, schafft das jeder. Ich will keine einzige Ausrede hören.
Ich will ganz besonders keine "alle Parteien sind doof also wähle ich nicht/Kleinstpartei" Scheiße. Den Fehler dürfen die USA grade ausbaden. Wollt ihr im nächsten Faschostaat leben, nur damit ihr euch in zwei Wochen ein kurz bisschen besser fühlen dürft? Weil danach gehts rasant Berg ab.
Keine Moralische Reinheit ist wertvoller als Überleben.
Ich kann nicht sicher sagen, welche Partei die strategisch beste Wahl sein wird. Aber ich kann garantieren, dass schwarz-blau Leben kosten wird.
Noch haben wir eine Chance, das aufzuhalten. Verschwendet sie nicht.
533 notes · View notes