Tumgik
#bedingungsloseKapitulation
agatha-abstinent · 7 years
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Tag 932 / rekapituliert
Nicht berichten können von den heutigen Tränenausbrüchen, vom aktuellen Zustand, von dem bedrückenden HierundJetzt. Weil da so viele Unbekannte saßen. Weil viele von ihnen ganz am Anfang stehen. Stattdessen rekapituliert. Wie ich trockene Alkoholikerin wurde. Wie ich das erste Mal psychisch bedingt stationär untergebracht war. Wie ich fünf, sechs, sieben, acht Jahre brauchte, bis ich den Zusammenhang zwischen meinen seelisch-psychischen Qualen und meinem Alkoholkonsum begriff. Rekapituliert, wie auch ich noch heute ganz am Anfang stehe. Was ich trocken schon oft, selten und bisher gar nicht gemacht habe, wo, in welchen Lebensbereichen die Trockenheitserprobung, das Sammeln abstinenter Erfahrungen aussteht.
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agatha-abstinent · 8 years
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Tag 616 / Ich kapituliere
'„Warum trinkst du immer so viel?“ „
Weil ich Alkoholiker bin.“ Die Antwort ist ganz einfach. 
 Ein Alkoholiker trinkt. Das ist der normale Zustand. Ein Alkoholiker der nicht trinkt, ist etwas ganz Besonderes.'
Heute ist da plötzlich eine Frau bei AA. Sie ist neu. Zweieinhalb Jahre war sie trocken. Jetzt steckt sie gerade im Rückfall. Ihre Tochter hat sie angefleht: „Tu endlich was dagegen! Ich halt das nicht mehr aus!“ Ohne sozialen Druck hätten zwei andere Anwesende auch nicht angefangen mit dem Aufhören. Ohne Gruppe würde es keiner von uns (lange) schaffen. „Alleine schafft man es nicht. Das sagen die Statistiken ganz eindeutig.“
Ein neuer Mensch bei AA ist immer ein Highlight. Egal, ob man 20 Jahre oder 20 Monate trocken ist. Wenn die Gruppe weiß, dass jemand das erste Mal bei AA ist, dann variiert der Ablauf des Meetings, dann ändern sich die Aussagen aller.
Wir erinnern uns, warum wir wann und wie kapitulierten.
Ich erinnere mich. Ich teile „Erfahrung, Kraft und Hoffnung“. Dass ich zwei Entgiftungen gemacht habe und ich seit dem dritten Aufhörversuch bis heute trocken bin. Dass die Psychologin hier in der Rehaklinik mich fragte, wieso es dann funktionierte. Und ich ihr antwortete: „Vermutlich hat das, was fünf Monate lang bei AA gesagt und vorgelebt wurde, in mir gearbeitet, gewirkt.“ Dass die ersten Tage und Wochen und Monate schwer waren, und dass da unheimlich „Nur für heute“ geholfen hat. Dass ich das aber erstmal kapieren musste, dass es ja immer nur um 24 trockene Stunden geht. Und dass morgen ist ein neues Heute ist. 
So unverbunden bin ich mit dem Programm gar nicht wie ich manchmal glaube. Ich habe mich ans Angenommenwerden erinnert. Dass keiner einen Krankenschein mit Diagnose sehen wollte, ob ich wirklich Alkoholikerin bin. Dass keiner fragt: „Hast du gestern getrunken? Wirst du morgen trinken?“ Dass Trockenheit an erster Stelle steht, wie es Ignatius erst heute wieder smste. Dass ich nicht glauben wollte, dass so vieles Negative, Destruktive, Beschissene am Alkohol liegt. Dass ich erlebe wie die AA-Versprechen wahr werden. Unter anderem, weil ich hier reden kann, weil ich Freiheit spüre - befreit vom Zwang des Trinkens. Heute ging einer mit Bier an mir vorbei und ich dachte, dass ich ihm das lasse. Ich spürte endlich mal wieder keine Abwehr, sondern Gelassenheit. War mit mir im Reinen, dass das nicht mein Getränk ist, wie Zwiebelsaft auch nicht mein Getränk ist.
Ich habe wieder einmal neue Zahlen gehört. („Das erste, schwerste Jahr...“, „Die ersten fünf sind zum Üben...“) Heute hieß es, die ersten drei, vier Jahre sei noch viel Kämpfenmüssen, um trocken zu bleiben; dann aber setze Zufriedenheit ein.
Ich kapitulierte, ich kapituliere, ich werde kapitulieren
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agatha-abstinent · 9 years
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Tag 312 / Mein Unabhängigkeitsvertrag
In der Suchtberatungsstelle stehe ich auf einer Warteliste für die Suchtnachsorgebehandlung. Solange bis ein Platz frei wird, weil jemand die Nachsorge erfolgreich abschließt oder jemand rückfällig wird, besuche ich eine gemischte Vorbereitungsgruppe. Hier sitzen einige, die noch straucheln, rumeiern, schwanken - so wie ich vor einem Jahr. Heute bin ich stabil genug, um zuzuhören, wenn jemand vom Trinken berichtet und es nicht als Rückfall bezeichnet. Und es bestärkt mich sogar in meinem bedingungslosen Trockenheitsweg. Ich sage den anderen, dass das Nichttrinken für mich die Verbindlichkeit eines Vertrages hat. So wie ich einen Mietvertrag abschließe und nicht gleich die Wohnung wechsele, wenn die Straße und die Nachbarn laut sind, die Fenster etwas undicht, der Fußboden uneben und das Wasser lange braucht, bis es heiß ist; so wie ich einen Arbeitsvertrag unterschreibe und nicht gleich kündige, wenn sich mein Aufgabengebiet exponentiell erweitert, mein Gehalt jedoch nicht, wenn die Kollegin übergriffig ist, wenn die Benefits ungleich verteilt werden; so wie ich vielleicht irgendwann einmal einen Ehevertrag schließe und ihn nicht sofort auflöse, wenn es Streit gibt, wenn gemeinsame Anschaffungen einsam entsorgt werden, wenn Momente der Verzweiflung und des Unverstandenfühlens kommen; so habe ich einen Abstinenzvertrag gemacht. Das ist ein langfristiges Projekt für mich. Und ich halte meinen Vertrag ein, auch wenn es nicht jeden Tag geil ist.
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agatha-abstinent · 9 years
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Tag 284 / Endzeitstimmung im Tränenmeer
Die weißen Fähnchen symbolisieren: Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ich ergebe mich.
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