Gedanken, die ich teilen möchte - zu Kunst und Philosophie (keine Garantie auf Richtigkeit).
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Ein Storytelling-Ansatz: Das 3A-Modell
Etwas, das mich schon seit ca. 2 Jahren beschäftigt, ist die Frage, warum ich die Geschichten, die ich gut finde, gut finde. Lässt sich Geschmack erklären? Nun, ich kann es versuchen.
Als ich vor ein paar Tagen die Anime-Umsetzung von Oshi No Ko (kurz: ONK) geschaut habe (nachdem ich bereits Teile vom Manga gelesen hatte), habe ich aktiv darüber nachgedacht, was mich daran so begeistert. Dabei ist mir aufgefallen, dass ONK drei Aspekte vereint, die zusammen eine (mir) interessante Geschichte ergeben und habe mir daraus ein "magisches Dreieck" gebaut. Dieses wollte ich dann in einer Rezension zu ONK vorstellen - doch ist mir aufgefallen, dass ich diese Mischung, die mich so zu ONK zieht, im Nachhinein betrachtet auch in anderen Werken wiederfinde. Dementsprechend möchte ich mein Modell erst einmal separat vorstellen.
Ohne Umschweife hier mal eine Skizze:
Die drei As, also die Aspekte, die "die Mischung" ergeben, sind:
-Außergewöhnlichkeit (diesen Aspekt wollte ich ursprünglich Mystery nennen, was eigentlich auch eine etwas passendere Bezeichnung ist)
-Abenteuer
-Alltag
Das Außergewöhnliche bzw. die Mystery einer Geschichte ergibt sich aus dem Unerklärlichen. Normalerweise kennt man den Begriff aus Geschichten, die sich um einen Mord drehen. Hier ist das nicht unbedingt der Fall. Stattdessen möchte ich den Begriff ausdehnen auf Funktionen und Mechaniken, die den Kern der Handlung verstärken oder erst ermöglichen. Um Beispiele zu nennen: In ONK wäre es die Reinkarnation des Arztes und des kranken Mädchens, sowie (zu Beginn) die Sternpupillen der Augen vom Idol Ai und ihrer zwei Kinder (wobei im Verlauf der Handlung ersichtlich wird, dass diese eine rein visuelle Repräsentation von Ais Charme sind und für die Figuren im Universum nicht existieren). Im Anime Neon Genesis Evangelion (NGE) wäre das Außergewöhnliche / die Mystery die Technologie, die hinter den riesigen Mecha-Robotern steckt, sowie die Dinge, die Shinji erlebt (wie sein Versinken in ein schwarzes Loch, das ihn näher mit sich selbst bringt). Und um ein Werk aus einer anderen Gattung heranzuziehen: In Goethes Tragödie Faust ist die Schwarze Magie die Mystery.
Das Abenteuer gibt die Rahmenhandlung vor. Dementsprechend bedeutet das Ende des Abenteuers oft auch das Ende der gesamten Geschichte. In ONK ist es Aquas Rachefeldzug gegen seinen Vater. In NGE ist es die Erlösung der Menschheit. In Faust gibt es zwei Abentuer: die Gretchentragödie und die sogenannte Gelehrtentragödie, die im zweiten Teil fortgeführt und beendet wird (wobei ich dieses Abenteuer treffender als Suche nach dem Sinn des Lebens bezeichnen würde). Während das Außergewöhnliche das ist, was die Gesamtgeschichte ermöglicht und emotional verstärkt, ist das Abenteuer, das, was sie weiter antreibt, bis das Ende erreicht ist.
Am unauffälligsten ist der Alltag - aber genau so wichtig wie die anderen beiden Aspekte. Der Alltag "erdet" die Geschichte und macht sie nachempfindbar (relateable, wie man heutzutage sagt). Durch den Kontrast haben Abenteuer und Außergewöhnlichkeit auch noch einen größeren Effekt. In ONK muss Aqua sich im Showbusiness behaupten, um an seinen Vater heranzukommen, während Zwillingsschwester Ruby abseits davon ihrem unschuldigen Traum nachgeht, ein Idol wie ihre Mutter zu werden. In NGE besucht Shinji die Schule und hat typische Teenager-Sorgen (die durch die anderen Aspekte zusätzlich hervorgehoben werden). In Faust haben wir einen, wenn auch knappen, Einblick in Fausts Alltag, in sein Leben als Universalgelehrter und die damit einhergehende Bewunderung durch seinen Famulus Wagner und die Bürger im Osterfest. Des Weiteren gibt es als Teil der Gretchentragödie die Figuren Lieschen und Valentin, die klar aufzeigen, wie tabu und verheerend die Beziehung zwischen Gretchen und Faust ist, wodurch die Spannung weiter steigt. Ohne die Gesetzeslage des Mittelalters, in der die Geschichte spielt, wäre die Gretchentragödie so auch gar nicht erst möglich gewesen.
Alle drei Beispielgeschichten halten eine gute Balance zwischen den drei Aspekten und finden damit sozusagen eine goldene Mitte. Neben meiner persönlichen Zuneigung zu diesen Geschichten wird ihnen der Erfolg durch große Popularität bestätigt. Auf myanimelist - eine Datenbank aller Anime-Serien, belegt ONK auf der "Top Anime"-Rangliste den 38. Platz (Stand: 1.9.2023); NGE belegt auf der "Most popular"-Rangliste Platz 45 (ebenso Stand jetzt). Über Faust muss nichts gesagt werden.
Möglicherweise lässt sich die Popularität der Geschichten zumindest teilweise auf Einhaltung des Dreiecks begründen. Als Erklärungsansatz für die Massentauglichkeit der Geschichten dieser "Dreiecks-Gattung" führe ich an, dass im Kern all das vereint wird, was den Menschen anmacht. Alltag weckt unsere Sympathie für die Figuren, die ein Stück weit wie wir sind und macht es uns einfacher, mit ihnen mitzufühlen. Ein vertrautes Setting macht es uns ebenso einfacher, in die fiktive Welt einzutauchen. Eine reine alltägliche Geschichte wäre uns aber zu vertraut und damit langweilig. Also kommt das Abenteuer ins Spiel - ein Ziel, das den Figuren Antrieb gibt und ihnen die Chance, zu gewinnen oder zu verlieren, was für Spannung sorgt. Wir sind interessiert und möchten wissen, wohin das Abenteuer führt und wie es ausgeht. Bereits mit diesen zwei Aspekten ließe sich eine "gute" Geschichte schreiben (wobei es darauf ankommt, wie man gut definieren möchte). Das Außergewöhnliche gibt dem Ganzen aber noch das gewisse Etwas. Blicken wir mal auf Faust zurück: Der Doktor der Schwarzen Magie basiert auf einer Person, die tatsächlich existiert hat. Der echte Faust ist unter mysteriösen Umständen gestorben. Sein Leben und sein Tod haben die Menschen in seinen Bann gezogen. Es zieht uns zu Dingen, die wir nicht erklären können, weil im Grunde in jedem von uns ein kleiner Faust steckt, der jedes Geheimnis lüften möchte. Die Mystery in der Geschichte ist also wie eine dezente Prise Salz. Als kleiner Bonus lässt sich auch alles erklären, indem man es unerklärbar macht. Wir müssen nicht wissen, woher Faust den Schlaftrank für Gretchens Mutter hat oder wie dieser hergestellt wurde - allein dient der Handlung, dass er existiert.
So viel zur Theorie dahinter. Meine Auswahl an Beispielen ist noch sehr begrenzt, also ist dieses Modell nicht wasserdicht. Ich werde mich noch weiter damit auseinandersetzen.
Nachtrag: Weitere Beispiele wären Fate/Stay Night, Lunar Legend Tsukihime und im Grunde das ganze Urban Fantasy Genre.
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You cannot make everyone think and feel as deeply as you do. This is your tragedy … because you understand them, and they do not understand you.
Daniel Saint
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Character motivations for fictional characters
1. Revenge: Seeking vengeance for a past wrong or harm.
2. Power: Craving dominance and control over others.
3. Love and Relationships: Longing for love, companionship, and emotional connection.
4. Redemption: Seeking to atone for past mistakes and find forgiveness.
5. Survival: Striving to stay alive in dangerous or challenging circumstances.
6. Justice: Fighting against injustice and upholding fairness.
7. Exploration: Satisfying curiosity and a desire for discovery.
8. Ambition: Relentlessly pursuing success and achievement.
9. Freedom: Seeking liberation from oppression and constraints.
10. Knowledge and Wisdom: Thirsting for knowledge, understanding, and wisdom.
11. Family: Protecting and nurturing one's family and loved ones.
12. Acceptance: Craving acceptance and validation from others.
13. Friendship: Building and maintaining meaningful friendships.
14. Escape: Seeking to break free from a stifling or undesirable situation.
15. Truth: Uncovering the truth and exposing lies or deceit.
16. Creativity: Expressing oneself and bringing imagination to life.
17. Competition: Striving to be the best and outperform others.
18. Self-Discovery: Embarking on a journey to understand oneself better.
19. Healing: Seeking emotional, physical, or spiritual healing.
20. Faith and Belief: Holding strong religious or spiritual convictions.
21. Mentorship: Guiding and inspiring others to reach their potential.
22. Revolution: Fighting against oppressive systems and advocating for change.
23. Sacrifice: Putting others' needs above one's own and making difficult choices.
24. Fear: Overcoming fears and finding strength in the face of adversity.
25. Fame: Desiring recognition, acclaim, and celebrity status.
26. Identity: Discovering and understanding one's true self.
27. Empathy: Understanding and connecting with others' emotions and experiences.
28. Tradition: Upholding cultural or familial traditions and values.
29. Rebellion: Resisting authority and challenging the status quo.
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Ich liebe Goethe einfach man
- Johann Wolfgang von Goethe
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Ich liebe diesen Mann. Er war so real.
"I was ashamed of myself
when I realized life was a costume party,
and I attended with my real face."
- Franz Kafka
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Essay: Freiheit oder Sicherheit?
Vorwort: Dies ist ein Essay, den ich am 16.3.22 als Teil des PoWi-Unterrichts im Abitur verfasst habe. Der erste Entwurf war auch der einzige. Dementsprechend ist der Text nicht ganz up to par zu meinen eigentlichen und heutigen Standards. Dennoch - ich habe 17 von 18 Punkten bzw. 15 von 15 NP dafür bekommen, also wäre es mir zu schade, den Essay nur Staub sammeln zu lassen.
Gesellschaft. Bereits früh in der Menschheitsgeschichte wurde zwischen Freiheit und Sicherheit abgewägt. Laut Oxford Languages ist Freiheit die Möglichkeit, sich frei und ungehindert zu bewegen. Absolute Freiheit ist wohl möglich, wenn man auf sich allein gestellt irgendwo im Wald lebt, aber erstrebenswert ist es nicht. Auf sich allein gestellt sein, bedeutet, Gefahr ausgesetzt zu sein, denn es gibt niemanden, der einem hilft, sollte einem etwas passieren, wie vielleicht eine Attacke durch ein wildes Tier. Zum einen lebt man also in ständiger Angst - und zum anderen sind wir Menschen einfach nicht dazu gemacht, allein zu sein. Wir sind Rudeltiere. So kommt es also, dass Menschen ständig unter ihresgleichen sind. Wo immer Menschen aufeinandertreffen und miteinander leben, müssen Kompromisse geschlossen werden.
"Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf." Dieser Spruch wurde durch Thomas Hobbes bekannt.
Ob man dem nun zustimmt oder nicht; kaum lässt sich leugnen, dass es Regelungen und Gesetze dort braucht, wo Menschen interagieren. Fakt ist, dass Gesetze die Freiheit eines Menschen einschränken. Der große Vorteil ist dabei jedoch, dass jedem Mensch Sicherheit geboten wird. Oxford Languages definiert Sicherheit unter anderem als "Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden". Seit eh und je stellt sich die Frage, wie viel Freiheit man aufgeben sollte, um Sicherheit zu kriegen. Wobei es beispielsweise im Mittelalter nicht viel zu diskutieren gab: Bürger traten ihre Freiheit und Rechte ab und gaben dem König seine Legitimation und absolute Herrschaft und das war das. Ob sich daran in unserer heutigen Gesellschaft so viel verändert hat, kann ich nicht sagen - aber vielleicht muss sich auch nichts ändern (oder hätte sich ändern sollen). Wie allgemeinhin bekannt sein sollte, sind Menschen wirklich dumm. Falls es darüber jemals Zweifel gab, dann sollte die Schwurblerbewegung sie schon längst beseitigt haben.
Zum Wohle der Gesellschaft erscheint also das klare Überwiegen von Sicherheit über Freiheit erstrebenswert. Zugegeben, das große Problem hier ist, dass die Regierung auch aus Menschen besteht. Zumindest glaube ich das. Nichtsdestotrotz: wir brauchen Autoritätspersonen. Die Regierung erfüllt eine wichtige Rolle; nämlich die der Eltern für Erwachsene, die nicht erwachsen sind. Schon in frühen Corona-Zeiten waren die Krankhäuser voll und trotzdem zeigten sich viele Corona-Leugner. Manche glauben gar, das Virus sei ein Instrument von Bill Gates und anderen "hohen Tieren", die Teil einer "neuen Weltordnung" sein sollen. Sehen wir der Wahrheit also ins Gesicht: Manche Menschen muss man zu ihrem Glück zwingen. Außerdem schadet Dummheit leider vielen unschuldigen Leuten. Ein Schwurbler-Trottel kann Corona kriegen, ohne es zu merken, und eine arme Seele anstecken, die an dem Virus verreckt. Ziel einer Regierung ist es doch, gutes Verhalten in der Gesellschaft zu fördern und schlechtes zu verhindern oder zu bestrafen. Um das zu tun, muss man nun mal die Freiheit einiger Menschen einschränken. Wer ein Stück Freiheit nicht für die Sicherheit aller aufgeben möchte, der kann ja gehen und im Wald leben.
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Certain words can change your brain forever and ever so you do have to be very careful about it.
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Film-Rezension zu "Faust" (1960)
Ein wahrlich alter Schinken - aber besser wird's nicht
Es war 1960 - ein volles Jahr vor der ersten Singleveröffentlichung der Beatles (Love Me Do) - als Regisseur Peter Gründgens-Gorski die Theateradaption von Goethes Faust I wiederum als Film adaptierte und damit ein Werk für die Ewigkeit schuf.
Die Theateradaption Faust ist natürlich die, bei der Mephistopheles (oder kurz: Mephisto) von Gustaf Gründgens verkörpert wird - dem Adoptivvater des Regisseurs. Zum Zeitpunkt des Drehs war Gründgens bereits 60 Jahre alt, was man ihm keineswegs ansieht. Er war es, der die Forderung stellte, dass dieser Film die "goldene Mitte" zwischen Theaterstück und Film finden müsse - ein Unterfangen, das den Machern dieses Faust-Films zweifellos gelungen ist. Des Weiteren in den Hauptrollen sind Will Quadflieg als Heinrich Faust und Ella Büchi als Margarete. Für den Schnitt verantwortlich war Walter Boos und für die Kamera Günther Anders.
Größtenteils folgt der Film der Handlung von Goethes Faust I sehr genau: Mephisto geht eine Ijobs-Wette mit dem Herrn ein, während der Gelehrte Faust unzufrieden mit seinem Leben als Mensch, der nie in der Lage alle Geheimnisse der Welt (und was sie im Innersten zusammenhält) zu lüften, ist. Mephisto und Faust schließen einen Pakt, der Faust das Höchste der Gefühle versprechen soll. So kommt es, dass Faust sich verjüngen lässt und sich in Margarete verliebt, in der sie das Ebenbild Helenas (bekannt aus der griechischen Mythologie) sieht. Der Beginn der Liebesaffäre ist der Beginn der Gretchentragödie: Gretchens Mutter stirbt durch einen Schlaftrank, ihr Bruder Valentin wird von Faust erstochen, Gretchen tötet ihr uneheliches Kind und letztendlich stirbt Gretchen selbst im Kerker - wobei sie aber vom Himmel gerettet wird.
Stellenweise wurden Dialoge leicht verändert. Auch wurden Dinge ausgelassen, wie zum Beispiel das Intermezzo - das Stück im Stück - das im Drama in der Walpurgisnacht stattfindet. Da die Walpurgisnachttraum-Szene die Handlung nicht vorantreibt, ist das Auslassen dieser allerdings kein großer Verlust und sogar eine gute Entscheidung, da der Film mit 123 Minuten Spielzeit bereits ausreichend lang ist.
Da es sich im Kern eben doch um eine Abfilmung eines Theaterstückes handelt, komplett mit immer lauten Dialogen und simpler Szenerie, kommt alles "Filmische", das die Umsetzung ausmacht, aus der Arbeit mit Kamera und Belichtung. In diesem Bereich wurde aber wirklich alles rausgeholt, was es rauszuholen gibt. Kamera und Licht tragen maßgeblich zur Atmosphäre bei und machen Goethes Lebenswerk um einiges intensiver. Ein wunderbares Beispiel ist die Debüt-Szene der Hauptfigur: In der Dunkelheit mit irrem Blick schaut Faust auf seine merkwürdige Apparatur, während er halb gut zu sehen und halb selbst von der Dunkelheit eingenommen ist. Genau zu Beginn sieht man von Augenhöhe aus die Verzweiflung in seinem Gesicht. Kurze Zeit später aber sieht man ihn oft aus einem Winkel von unten, sodass er erhaben wirkt, wie er es ist, als jemand, der alles gelernt hat, was ein Mensch wissen kann, und selbst nach oben schaut, wie wir zu ihn aufsehen. Nur, dass er in den Himmel und ins Universum schaut, wo der Mond ist, mit dem er so gern spazieren würde.
Auch bei seiner ersten Begegnung mit Mephisto fällt die Kameraeinstellung auf: Mephisto als Teufel ist es nur gestattet, über dort zu fliehen, von wo er hereingekommen ist, und ist damit Fausts Gefangener. Als Mephisto die Bitte äußert, das Studierzimmer verlassen zu dürfen, ist er vor Faust ganz klein. Ein wenig erinnert die Szene an die Treppen-Szene aus … denn sie wissen nicht, was sie tun (Originaltitel: Rebel Without a Cause) aus dem Jahr 1955, in der Hauptfigur Jim Stark (gespielt von James Dean) auf der Kellertreppe steht, zwischen seiner erhabenen, engstirnigen Mutter und seinem unterwürfigen, rückgratlosen Vater, der sich von Frau (und letztendlich auch Kind) herumschubsen lässt. Sehr bildhaft werden die Beziehungen zwischen den Figuren in beiden Szenen dargestellt.
Großartig ist ebenfalls die erste Szene der Nachbarin Marthe Schwerdtlein, die erst von Kopf bis Oberkörper am Tisch sitzend sichtbar ist und über das Verschwinden ihres Ehemanns jammert. Beim Monolog kommt die Kamera immer näher an ihr Gesicht und letztendlich liest man sehr deutlich aus ihrer Mimik, dass ihre Worte nicht ihre wahren Gefühle widerspiegeln.
Zu loben sind auch die Übergänge zwischen den Szenen. Häufiger zu sehen sind Überblenden, die den Zuschauer entspannt von einer Szene in die nächste begleiten. Teilweise gibt es aber auch harte Schnitte, wie zum Beispiel die genannte Szene mit Marthe, die einen mit einem Schlag auf den Tisch ihrerseits fast schon erschreckt. Ganz nach Hemingways Eisbergmodell, ist auch das Auslassen eine Kunst: Am Ende der Dom-Szene gibt es gar keine Art von filmischen Übergang; stattdessen reißen sich die betenden Leute die schwarzen Kleider vom Leib und werden auf einmal zu tanzenden Hexen auf dem Blocksberg in der Walpurgisnacht. Gründgens-Gorski, Anders und Boos machen mit ihrer immensen Kreativität Goethe alle Ehre.
Faust (1960) ist nicht allzu kompliziert gestaltet, aber doch meisterhaft mit dem, was da ist, und könnte von jedem jungen Regisseur als wertvolle Inspiration betrachtet werden.
Die schauspielerische Leistung ist enorm - allein schon deshalb, weil es vermutlich ungeheuer schwierig für alle Akteure gewesen sein dürfte, all die Texte auswendig zu lernen und dann auch noch in so einer hohen Geschwindigkeit vorzutragen. Auf eine sympathische Weise werden viele Dialoge geradezu runtergerattert, damit die Handlung auch zeitig voranschreitet. Dadurch wird dem Zuschauer auch keine Chance gegeben, sich zu langweilen. Immerhin möchten die komplizierten Dialoge noch verstanden werden. Der Film bittet den Zuschauer nicht um einen Teil, sondern um all seine Aufmerksamkeit. Faust ist kein Film, der es einem erlaubt, nebenbei noch etwas zu tun, wie etwa auf sein Handy zu starren. Man muss ihn aufnehmen und sich von ihm aufnehmen lassen. Goethes so schon wundervollen Texte werden auf eine Weise vorgetragen, die teilweise Gänsehaut aufkommen lässt. Zu Beginn im Prolog bereits wären da zum Beispiel die drei Erzengel, die den Herrn für seine Schöpfung loben und zu dritt abschließen mit den Worten:
Der Anblick gibt den Engeln Stärke,
Da keiner dich ergründen mag,
Und alle deine hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.
Während alle Schauspieler gute Arbeit leisten, ist einer natürlich (noch einmal) hervorzuheben: Gustaf Gründgens. Mit seiner Dichtung hat Goethe das Grundgerüst gelegt - vollendet hat die Figur von Mephisto dann Gründgens. Wüsste man es nicht besser, würde man meinen, Goethe hätte die Rolle direkt für ihn geschrieben. Wann immer von Mephisto die Rede ist, kommt nur ein Bild im geistigen Auge auf: das von Gründgens schneeweiß angemaltem Gesicht mit den spitzen Augenbrauen und der schwarzen Haube, die man gerade so als Haar erkennen kann. Und die Stimme im Ohr kann auch nur die von Gründgens sein. Während die anderen Figuren alle glaubhaft von anderen Schauspielern ersetzt werden können, wird es wahrscheinlich niemals jemanden geben, der Gründgens ersetzen kann. Das muss wohl auch Maik Schuntermann erkannt haben, der in seiner Faust-Verfilmung aus dem Jahre 2020 aus Mephisto eine Frau namens Meph gemacht hat.
Will Quadflieg als Heinrich Faust darf aber auch nicht unterschätzt werden. Er schafft es, die Hauptfigur in all seiner emotionalen Bandbreite überzeugend und fesselnd zu verkörpern - sei es Fausts Verzweiflung und Skrupellosigkeit zu Beginn, das Erkennen der eigenen Gefühle (Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr) oder die Wärme, die er seiner Gretchen entgegenbringt. Es ist wundervoll, dass auch diese schauspielerische Leistung mit diesem Film verewigt wurde.
Ebenso wundervoll ist, trotz des etwas unangenehmen Altersunterschiedes, die Beziehung zwischen Gretchen und Faust. Wie im Original sind die beiden ein Paar voller Gegensätze. Gretchen, das junge, unschuldige, christliche, hart arbeitende Mädchen trifft auf Faust, den älteren, skrupellosen, ungläubigen, im Studierzimmer lebenden Herrn, der auch noch mit dem Teufel selbst befreundet ist. Diese extreme Gegensätzlichkeit ist schon ziemlich formelhaft, aber bereits in Goethes Originaltext dennoch effektiv. Ella Büchi und Will Quadflieg hauchen ihren Figuren und deren Beziehung nochmal so viel Leben ein, dass der Beigeschmack der Konstruiertheit komplett verschwindet und die gemeinsamen Szenen sehr menschlich und real wirken. Wie Gretchen so viel Zärtlichkeit aus dem anfänglich depressiven Faust herausholt, ist wahrlich eine Sicht.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Umsetzung sind die Figurendesigns. Diese Faust-Verfilmung ist insofern auffällig, dass er deutlich ein Produkt seiner Zeit ist und das Mittelalter-Setting von Faust I nur skizziert. So hat Gretchen offensichtlich blond gefärbtes Haar, da ihre Augenbrauen noch dunkel sind und der Herr hat eine mittellange Wachsfrisur, anstelle von langen Haaren mit Mittelscheitel wie man es von vielen Darstellungen aus anderen Filmen und Medien gewöhnt ist.
Der absolute Höhepunkt der Aktualität ist allerdings in keinem Charakterdesign wiederzufinden, sondern in der Walpurgisnacht-Szene, als Faust am Ende des Tanzes zum Himmel schaut und ein Clip von einer echten Atombombenexplosion eingeblendet wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden zahlreiche Kernwaffentests statt. Bekannterweise in den USA, aber auch in Frankreich in den Jahren 1960/61. Somit verfügt der Film über einen gewissen Aktualitätsbezug und erinnert den Zuschauer an das Weltgeschehen um seine Erscheinungszeit. Wer sich eine Zuflucht von der Realität erhofft, ist hier also wortwörtlich "im falschen Film". Wie Faust (1960) über Goethes Originalwerk hinaus so unapologetisch eine eigene Identität entwickelt, verleiht ihm nur noch mehr Charme.
Unter Berücksichtigung aller Aspekte bleibt letztendlich zu sagen, dass - genau wie Goethes Werk selbst - diese theatralisch-filmische Umsetzung von Faust I nie in Vergessenheit geraten darf. Wäre es polemisch, zu behaupten, dass es sich hier um die beste und wichtigste deutsche Literaturverfilmung aller Zeiten handle? Wahrscheinlich. Doch angesichts aller Tatsachen: Welcher Film soll an diesem schon herankommen?
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Film-Rezension zu "Der Trafikant"
Achtung: Spoiler
Bei der Frage, welches Thema sich wohl am besten für einen Förderfilm eigne, wäre die naheliegendste Antwort wohl: zweiter Weltkrieg natürlich! Das dachte sich eventuell auch Regisseur Nikolaus Leytner, dem es mit seiner Verfilmung von Robert Seethalers "Der Trafikant" gelungen ist, die wohl schlechteste Romanumsetzung aller Zeiten in die (deutschsprachigen) Kinos zu bringen.
Gedreht wurde der Film im Zeitraum vom 2. Oktober bis zum 22. November 2017 in Bayern, Südtirol, Wien und Oberösterreich. In den Hauptrollen sind Simon Morzé als Franz Huchel, Bruno Ganz als Sigmund Freud, Emma Drogunova als Anezka und Johannes Krisch als Otto Trsnjek.
Die Romanvorlage handelt vom 17-jährigen Franz Huchel vom Salzkammergut, der von seiner Mutter nach Wien zu Otto Trsnjek geschickt wird, um bei ihm eine Trafikantenlehre zu absolvieren. In Wien lernt Franz den Stammkunden und "Deppendoktor" Sigmund Freud kennen, mit dem er eine unwahrscheinliche Freundschaft eingeht. Des Weiteren begegnet er der Böhmerin Anezka, in die er sich sofort verliebt. Die Handlung spielt vor dem Hintergrund des Anschlusses Österreichs ans Dritte Reich, was das Schicksal der Figuren maßgeblich beeinflusst.
Zum Großteil folgt der Film der Handlung des Buches, kommt aber mit einigen veränderten Details daher, die teilweise sehr frappierend sind, ohne den Stoff sinnvoll zu erweitern oder zu verbessern. Als aufmerksamer Zuschauer und Kenner des Romans möchte man glatt meinen, Leytner mangele es an Respekt für den Roman. Es scheint so, als hätte man ihm das Projekt geradezu aufgezwungen und er habe sich dem nur widerwillig angenommen. So wird beispielsweise der Anfang der Geschichte mit einer Geschwindigkeit abgearbeitet, die für Zuschauer, die den Roman nicht gelesen haben, verwirrend sein dürfte. Es wird einem keine Zeit gelassen, sich mit Franz' Heimat, seiner Mutter und dem großzügigen Alois Preininger vertraut zu machen. Neu im Film ist auch, dass Franz sich vor der Reise nach Wien drückt und sich Unterwasser versteckt, wodurch sein Abhängigkeitsverhalten zu Mentorfiguren, das Zentralpunkt seiner Entwicklung innerhalb der Romanhandlung ist, direkt zu Beginn untermauert wird. Unlogisch ist es auch, da Franz in der Szene darauf, die ebenfalls filmeigen ist, dem ablaufenden Zug nach Wien hinterrennt. Was möchte er denn nun?
Der Tod Preiningers übrigens kommt eher unspektakulär daher. Der Blitz, der auf ihn eintrifft, ist kaum sichtbar und sein Tod wirkt weder besonders traurig noch (wie im Roman) ironisch-lustig. Ausreichender Kontext hätte vielleicht einen Ausgleich zur lieblosen Präsentation schaffen können. Positiv bleibt zu bemerken, dass die Szene schnell gespielt und schnell vergessen ist. Gegensätzlich dazu aber wird an manchen Stellen das Medium Film gut genutzt. Zum Beispiel zeigt eine Szene im Hintergrund, wie der Fleischer Franz und Sigmund Freud vorbeigehen sieht und dann zur Trafik schaut, wodurch ein späterer Handlungspunkt eingeläutet wird. In einer anderen Szene ertönt während eines Gesprächs eine Ansage zur Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs, die uns zeigt, an welchen Zeitpunkt in der Geschichte wir angekommen sind. Eine leicht verwunderliche, aber nicht außerordentlich negative Begebenheit ist wiederum, dass Anezkas Zahnlücke nicht wirklich gezeigt wird, sodass es wie im Roman dazu kommt, dass wir Franz' Aussage glauben müssen, dass Anezka eine hübsche Zahnlücke habe. Abgesehen von diesen Beispielen sind Regie und Kameraarbeit auf technischer Ebene grundsätzlich passabel und fallen weder positiv noch negativ auf.
Wie bereits angeschnitten, ist Franz' Verhalten im Film anders als im Roman. Dies bildet den größten Unterschied zwischen Roman und Film. Während Franz' Hauptmerkmal im Roman seine Unschuld ist, kommt er im Film als recht rebellisch daher. Er drückt sich vor der Reise nach Wien und anstatt nach Anezkas Verschwinden nach deren ersten Begegnung eine Runde auf dem Riesenrad zu fahren, bei der er sich der Melancholie hingibt, nimmt Franz sich im Film ein Pornoheft und mastubiert. Auch ist Franz im Film nicht nur nachts am Träumen, sondern auch tagsüber und hat verschiedene, kurze Visionen. Zum Beispiel stellt er sich vor, den Roten Egon vor dem Tod zu bewahren und die Hand des Fleischers durch den Wolf zu drehen. Franz' nicht allzu große Entwicklung im Roman flacht im Film umso mehr ab und ohne sein hohes Maß an Naivität verliert er auch einiges an Sympathie. Überraschenderweise ist er auch derjenige, der Freud rät, zu fliehen. Einerseits kann man diesem Handlungspunkt abgewinnen, dass er Franz' Sorge um ihm nahestehende Menschen darstellt, die er auch im Roman hat und er, anders als im Roman, tatsächlich etwas bewirkt. Andererseits aber ist es unglaubwürdig, dass Freud nicht selbst auf die Idee kommt, zu fliehen und sich zu so einer schwerwiegenden Entscheidung von einem 17-Jährigen überreden lässt, dem er nur eine Handvoll Mal begegnet ist. Gleichzeitig ist es wenig logisch, dass Franz selbst erkennt, dass Flucht die beste Option ist, aber sich entschließt, in Wien zu bleiben, weil er die Trafik weiterführen "muss". Warum muss er das? Weil das Skript es so sagt.
Eine weitere Änderung der Beziehung zwischen Franz und Freud ist zumindest positiv - nämlich, dass einige Gespräche der beiden in die Trafik verschoben wurden. Die beiden begegnen sich also weniger oft willkürlich. Als Stammkunde ist es auch nur logisch, dass Freud Franz in der Trafik begegnet und die beiden so ins Gespräch kommen.
Wieder negativ ist der wohl zweitgrößte Unterschied des Films zum Roman: Die Einbindung von wiederkehrenden Motiven, die zur bereits zu kurz kommenden Handlung nichts beitragen. Neben den Visionen verfügt Franz über eine Glasscherbe, die er ohne erkennbaren Grund von Anfang an bei sich hat und dazu verwendet, Menschen, wie zum Beispiel einen Pfarrer oder Sigmund Freud, zu blenden. Am Ende des Films findet Anezka die Glasscherbe. Mehr als ein billiger Ersatz zum Eintreffen der Alliierten als letzter großer Moment im Roman ist hier nicht zu erkennen. Auch gibt es eine Spinne, die über Postkarten, Blätter Papier und Zeitungsartikel krabbelt und ebenso wenig Mehrwert bietet. Der Film hätte besser daran getan, die Zeit, die für pseudo-tiefsinnige Motive gebraucht wird, mit dem Erzählen der eigentlichen Handlung zu verbringen. Ein Erklärungsansatz könnte folgender sein: Mit der Eigenleistung, die das Einbinden der Motive darstellt, zeigt Regisseur Leytner durchaus Lust am Filmemachen - es sollte bloß nicht Der Trafikant sein. Lieblos wird also die Handlung abgearbeitet, während die Motive Oasen bilden, die ihm die Arbeit am Film erträglich machen. Eventuell war die Sex-Szene ebenso eine Art Oase, weil diese zu ausgiebig dargestellt wird. Gleichzeitig bietet diese im Film weniger als im Roman, in welchem in Franz' Gefühlswelt eingetaucht wird. Im Film bringt die Szene einem die Figuren nicht näher und das obwohl man sie in einem äußerst intimen Moment erlebt. Es hätte gereicht, wie normalerweise üblich in Filmen, den Akt lediglich anzudeuten. Zu allem Übel scheitert der Film ebenso kläglich wie der Roman mit der Chemie zwischen Anezka und Franz - die beiden passen einfach nicht zusammen.
Die schauspielerische Leistung ist insgesamt aber in Ordnung. Nicht schlecht, aber auch nicht gut. Die einzige Szene, in der zumindest etwas Gefühl aufkommt, ist Franz' Konfrontation mit Anezka nach ihrem Auftritt im Club. Anezka hat übrigens braune Haare im Film, während sie im Roman blond ist. Bei Seethalers spärlichen Figurenbeschreibungen hätte man sich ruhig an das halten können, was da ist. Freud wurde immerhin perfekt gecastet. Die Nebenfiguren sind alle passabel, mit Ausnahme von Freuds Torten liebenden Patientin, die aus irgendeinem Grund denglisch redet - wobei das wahrscheinlich an der Regie liegt. Das nimmt einen schon ziemlich aus der Geschichte raus.
Leytner beweist, dass Originalität nicht immer ein Pluspunkt ist. Zu einem Buch wie Der Trafikant hätte es völlig ausgereicht, stumpf den Roman zu verbildlichen. So hätte man zumindest die Zielgruppe "Schüler" ansprechen können. Jeder lesefaule Schüler wird dieser ausreißerischen Filmumsetzung eine 5 auf die nächste Klausur zu verdanken haben. Die Handlung des Romans wurde verstümmelt und mit Masturbation, Sex, Verhunzung der deutschen Sprache und bedeutungslosen Motiven ausgeschmückt. Damit rückt der Film in die Kategorie "so schlecht, dass er schon wieder interessant ist" und bleibt höchstens noch für Trash-Film-Fans attraktiv. Alle anderen sollten sich ihre wertvolle Zeit auf Erden sparen und einen Bogen um diesen Film machen.
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Eine Rezension zu "Der Trafikant"
Achtung: Rezension enthält Spoiler
Der Roman "Der Trafikant" von Robert Seethaler wurde vom Verlag Kein & Aber erstmals 2012 veröffentlicht; damit ist es ein Werk der Gegenwartsliteratur. Das Buch umfasst ungefähr 250 Seiten und kann als "Coming of Age"-Roman bezeichnet werden, da die Geschichte vom 17-jährigen Franz Huchel handelt, der im Wien der späten 30er-Jahre einer Trafikantenlehre nachgeht und eine Entwicklung vom ungeschickten Jugendlichen zum Erwachsenen durchmacht. Thematisiert wird außerdem der Anschluss Österreichs an das Dritte Reich.
Seine Lehre beginnt Franz auf Befehl seiner Mutter, die ihn vor der harten körperlichen Arbeit im Salzkammergut Österreichs bewahren möchte und deshalb nach Wien schickt, um dort in der Trafik von Otto Trsnjek zu arbeiten. Durch seine Arbeit lernt Franz mehrere Figuren kennen, die jeweils verschieden auf die sich zuspitzende politische Lage reagieren. Der Psychoanalytiker Sigmund Freund, der einst wirklich existiert hat, wird zu einer Art Mentor für Franz. Die vermeintlich große Liebe findet der 17-jährige in der Böhmerin Anezka.
Der Roman dürfte vorrangig zum Zwecke der Unterhaltung geschrieben worden sein, da Robert Seethaler beinahe meisterhaft umgeht, den Leser auf jegliche erdenkliche Weise zum Nachdenken anzuregen.
Die Anspruchslosigkeit des Werkes lässt sich bereits bei der Erzählweise feststellen, die eher frei und spontan als effizient und stilvoll ist. Überflüssige Aussagen blähen den Roman auf und lenken von der Handlung ab. Bei einem Gewitter, nach welchem "Jesus (..) noch immer am Kreuz [hing]", stellt sich die Frage, ob genannter Prophet je eine Chance hatte, zu flüchten. Mit Vergleichen wie dem zwischen Frauenbeinen und dem Holz des Lenkrads eines Austro-Daimlers wirkt Seethaler bisweilen wie eine klischeebehaftete Schriftstellerfigur aus einer Fernsehserie. Die Art des Erzählens leuchtet durchaus ein, wenn man bedenkt, dass Seethaler sich selbst nicht als Schriftsteller bezeichnet; eher sieht er sich als "Bildaufschreiber". So kommt es zustande, dass er lediglich beschreibt, was sich vor seinem geistigen Auge abspielt. Gleichzeitig lässt die Erzählweise aber selbst im Hinblick auf "Bildmalerei" zu wünschen übrig: So werden Figuren nur oberflächlich beschrieben und sind damit nur schwer vorstellbar. Es wirkt beinahe so, als wäre Der Trafikant nicht für ein Publikum, sondern rein zur Selbstunterhaltung des Autors geschrieben worden.
Laut Gustav Freytags Dramentheorie ist das erregende Moment der Punkt in einer Handlung, in welcher der Held entweder nach einem Verlangen handelt oder der Antagonist einen Vorgang in Bewegung setzt und dadurch der restliche Verlauf der Handlung bestimmt wird. Das Ereignis in Der Trafikant, das einem erregenden Moment am nächsten kommt, ist der Tod von Alois Preininger, der drittreichsten Person des Salzkammergutes. Es besteht durchaus eine Komik darin, wie der fürstlich lebende Mann ausgerechnet durch einen Blitzschlag beim Schwimmen verendet - nur leider wirkt dieser Handlungspunkt im Romanganzen deplatziert, da kein thematischer Bezug zum Rest der Geschichte besteht. Der Trafikant ist also kein strammes Gesamtwerk wie aus einem Guss; es gleicht eher einer lose verbundenen Ideensammlung, das noch eine oder zwei Revisionen hätte vertragen können.
Als positives Gegenbeispiel zu Preininger dient die Figur des Roten Egon, der mit dem Protagonisten Franz Huchel zwar nur tangential in Verbindung steht, aber vor dem Hintergrund des Settings von Österreich nach Anschluss an das NS-Regime durchaus zur Geschichte passt. Wobei auch er wie der Preininger nur einmal in der Geschichte auftaucht und sein Tod somit wenig bis keinen emotionalen Effekt hat. Ebenso haben beide Figuren logischerweise keine Zeit, sich zu entwickeln.
Charakterentwicklung ist etwas, das auch über die beiden genannten Figuren hinaus in Der Trafikant auf der Strecke bleibt. Bis auf Franz sind alle Figuren im Roman durchweg statisch, aber auch er entwickelt sich nur geringfügig: Abhängigkeit ist ein Motiv, das über den Verlauf der Handlung mehrfach auftaucht und etwas, das sich für Franz als unüberwindbar herausstellt. Zu Beginn der Handlung ist er abhängig von seiner Mutter, die sich den Lebensstandard der beiden über sexuelle Gefälligkeiten an Preininger sichert, womit sie selbst wiederum in einem Abhängigkeitsverhältnis steht. Nachdem dieses sich durch Preiningers Tod auflöst, verschafft Frau Huchel ihrem Sohn eine Lehre in Wien. Dort nimmt Otto Trsnjek den Jungen unter seine Fittiche. Des Weiteren sucht Franz wiederholt Rat von Sigmund Freud, der Stammkunde der Trafik ist und Franz zu einem weiteren Abhängigkeitsverhältnis verhilft: seiner unerfüllten Liebe zu Anezka. Der Roman endet damit, dass Franz trotz allem Widerstand nicht aufhört, bei der Gestapo nach Trsnjek zu fragen und damit selbst (vermutlich) sein Ende findet. Franz' einziger wirklicher Schritt in die Selbstständigkeit ist es, die Trafik nach Trsnjeks Verhaftung alleine weiterzuführen, was allerdings wenig glaubwürdig ist. Einerseits, weil Franz sich zum Zeitpunkt der Übernahme immer noch am Anfang seiner Lehre befindet und andererseits, weil das NS-Regime eine Trafik, die an Juden verkauft, umstandslos in den Boden stampfen würde.
Die Frau von Franz' Begierde ist Anezka, die sehr opportunistisch daherkommt. Zunächst tritt sie in einem Varieté auf, in welchem sich über Hitler lustig gemacht wird, lässt sich zum Ende der Handlung aber auf einen SS-Mann ein. Sie selbst sagt über sich, dass sie niemandem gehöre und zeigt das auch mit ihrer freizügigen Lebensweise. So tanzt sie nackt vor Publikum und verführt Franz, ohne jedoch eine feste Beziehung zu beabsichtigen. In gewisser Weise ähnelt Anezka Frau Huchel, die auch ungebunden ist, was für damalige Verhältnisse eher ungewöhnlich ist. Dieser Umstand wird im Roman nicht direkt hinterfragt, da Franz es scheinbar nicht anders kennt. Hierfür fehlt eine Kontrastfigur, die eventuell einen "Aha"-Moment in Franz hätte auslösen können. Ein möglicher Schritt in seiner Entwicklung wird liegen gelassen.
Sicherlich hätte sich der reale Sigmund Freud auch für Franz' Beziehung zu seiner Mutter und zu anderen Frauen interessiert, doch das Abbild von ihm, das Seethaler für den Roman geschaffen hat, wird dem wahren "Deppendoktor" nicht gerecht. Freud erscheint als oberflächlicher Charakter, der eine unwahrscheinliche Freundschaft mit dem Protagonisten eingeht und in seiner Funktion als Ratgeber Hinweise gibt, die die Handlung vorantreiben, ohne dabei annähernd gehaltvoll zu sein. Und obwohl sich der Roman die Zeit nimmt, eine Therapiesitzung darzustellen, wird Freuds Lebenswerk nie wirklich aufgegriffen. Das geht so weit, dass beim Gespräch über Franz' Träume Freuds berühmte Traumdeutung nicht einmal erwähnt wird. Seethaler wehrt sich mit aller Kraft gegen Intertextualität und einer möglichen Erziehung des Lesers. Freud werden gar die Worte in den Mund gelegt, dass er selbst nicht wisse, was Menschen an seinen Büchern fänden. Die Einbindung einer realen historischen Figur in diesem realen historischen Setting war an sich keine schlechte Idee, aber ein Unterfangen, das Seethaler sich angesichts aller Tatsachen hätte sparen können.
Letztendlich verbleiben wir mit einer Geschichte, die mit größter Sorgfalt versucht, trivial zu bleiben und weder ihren Figuren noch dem Leser auf der Lebensreise weiterhilft. Franz' Verschwinden lässt seine Entwicklung als unvollständig verbleiben und gibt dem Roman ein unbefriedigendes Ende, das die gesamte Handlung sinnlos macht. Mit der letzten Szene nach einem Zeitsprung, in der Anezka die verlassene Trafik betrachtet, kurz bevor die Alliierten einfliegen, versinkt Der Trafikant endgültig im Kitsch. Dies ist ein Roman, der ruhig in Vergessenheit geraten darf.
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Manche Worte sind wie ein Mückenstich.
Actually upon further inspection that shit really hurted my feelings
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★ 【萃】 「 ヴィクトリカ 」 ☆ ⊳ victorique de blois // gosick ✔ republished w/permission ⊳ ⊳ follow me on twitter
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Schwöre nur Kant kann sowas dämliches sagen. I kan't with this guy.
Die Regeln des Glücks: Tu etwas, liebe jemanden, hoffe auf etwas.
Kant
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Frühling
Die beste Jahreszeit, meiner Meinung nach. Jedes Jahr wieder ist es so schön, zu erleben, wie die Tage von mal zu mal länger werden, das Wetter von mal zu mal wärmer und die Natur von mal zu mal grüner wird. Und die Vögel fangen wieder an, zu singen.
Um aus Faust zu paraphrasieren: Der Anblick gibt den Engeln Stärke, wenn keiner sie ergründen mag. Und all deine hohen Werke sind herrlich wie am ersten Tag.
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