#weil man halt posts aus seiner stadt findet
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Tatort Saarbrücken feat. Jodel Saarbrücken Part. 2
Mit freundlicher Screenshot Unterstützung von @the-brutality-in-kindness <3
Bonus: slight Jackpot Spoiler (basierend auf der Synopsis)
#tatort saarbrücken#Jodel#Saarbrücken#spatort#text post meme#but make it jodel#jodel is a hellhole#bin da nur für meme reasons#weil man halt posts aus seiner stadt findet#und um rauszufinden was weirde Geräusche sind lol
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22. September 2017: Kommentar zur Kommentarspalte
Wow – ich habe einen Mittwoch-Abend „frei“ da wir mal keine Singprobe und auch keine Zusatz-Singprobe und keine Choreo-Singprobe haben. Da passt die FB Einladung von Renato Kaiser – meinem favorite Spoken Word Hero – wunderbar. Zudem muss ich lange arbeiten, da ich in letzter Zeit immer spät beginne – ihr wisst: ich werde in diesem Leben kein Morgenmensch mehr und das verschärft sich aufs Alter noch.
Meine Kulturfreundin möchte lieber nicht mehr aus dem Haus, nachdem sie keinen fröhlich geprägten Tag hatte und mir spielt es keine Rolle: ich gehe – glaube ich – überall alleine hin, denn mit mir selbst ist es mir nie langweilig…
Also wo genau findet dieser Abend mit Renato in der Kommentarspalte statt? B-Post St. Georgen – ok, kenne ich nicht, aber das kann so weit entfernt nicht sein vom Roten Platz. 6 Minuten später bin ich schon dort und somit auch viel zu früh, denn es ist 19.06 und die Show beginnt erst um 20.00 Uhr. Egal – ich treffe ja immer spannende Leute, vor allem wenn ich alleine unterwegs bin und Small Talk ist ja etwas, das ich sogar andern beibringe.
Aber heute ist wohl alles anders… Ich pflanze mich auf den Barhocker, freue mich über die belegten Brötchen, denn ich hatte schon Bedenken, dass es nichts zwischen die Zähne gibt und beim Beck beim Weiher haben sie auch schon raufgestuhlt.
Ein cooles Lokal – Jugendstil mit vielen schönen Details. Ich erkundige mich 3x (vielleicht ist die Frau hinter der Theke doch schon etwas älter und hört nicht besonders gut) nach den Weinsorten und beim dritten Mal (mit direktem Augenkontakt und einem Lächeln (einseitigerweise meinerseits)… geht doch…) ist die Antwort: französischer, italienischer und spanischer… OK – da ich die Marke wohl nie von ihr erfahren werde entscheide ich mich für den Spanier – no hay problema. Anderen Durstigen geht es aber nicht viel besser – sie erhalten die Antwort: wir sind halt nicht professionell hier. Ok, das hätte ich auch ohne die Bemerkung gemerkt…. Zwei weitere Unprofessionelle unterhalten sich über ihre Scheidungs- und Lovergeschichten und ob es jetzt mit oder ohne Anwalt passiert und worauf sie sich bei den Männern in Zukunft konzentrieren wollen…
Zwischendurch werden meine Gedanken mal kurz von Renato persönlich abgelenkt: ach du hier? Was für ein Zufall – kleiner Scherz aber ich freue mich, dass ich wenigstens den Künstler kenne – immerhin schon 1 Person. Von einer resoluten Frau werde ich gebeten, mich etwas zur Seite zu begeben, da es heute locker bis zu 80 Personen geben könne und die auch bestellen müssen. Aha – die Barstühle sind also nicht für die Bar gedacht? Ich hatte ja geplant, mich später einfach umzudrehen und die Show von hier aus zu betrachten: „die Stühle nehmen wir sowieso noch weg.“ Ok…. Hinter mir dann die Diskussion, dass das Management des Künstlers gar nicht so Freude gehabt habe, dass er (mein Held) nochmals hierher komme von wegen „pinke pinke Zeichen mit den Fingern“… Die bald Geschiedene stürzt sich küssend auf einen Besucher: „wow du schreibst immer so toll und ich bin immer so stolz drauf weil ich dich persönlich kenne“ – etwas peinlich betreten schaut er zur Seite und verlässt dann die Veranstaltung auch in der Pause… ob er drüber schreiben wird?
Jetzt wird die Frau die nicht weiss, was sie mit dem Lover machen soll von hinter der Theke verdrängt mit den Worten: „so jetzt gehst du einfach nach hinten – du hast hier nichts verloren“. Oups… resolute Personalführung…
Die Unprofessionelle versteht ihr Handy nicht aber immerhin begibt sie sich zum Nichtverstehen und Telefonieren in den hinteren Teil des Lokals. Nachher muss sie aber noch die schwierige Frage: habt ihr Corona? mit „was ist das?“ beantworten. Bin ich jetzt irgendwie überempfindlich weil ich immer noch niemanden kenne an diesem Anlass und mein Handy nur noch 13% Akku hat und ich somit auch keine Netflix-Folge von Grace and Frankie schauen kann oder mein neues heruntergeladenes Buch lesen kann? Ich esse sicherheitshalber nochmals ein Brötchen, denn wenn die 80 Personen dann alle ein Brötchen möchten hat es vielleicht keine mehr. Ich frage nach einer Serviette und mit angenetzen Fingern (mit dem Mund natürlich) kriege ich dann auch eine – wäääähhhh.
Da mir jetzt der Stuhl fast unterm Hintern weggezogen wird (und das ist gar nicht so einfach) entscheide ich mich dafür, mal einen Platz zu reservieren und dann meinen Spanier fertig zu trinken. Diejenige, die anstatt dem Corona eine Cola getrunken hat möchte bezahlen mit einer 100-er Note und ihre Kollegin auch gleich. Die Unprofessionelle sagt schon von weitem: au nei nomol e Hunderternotä? Mir hend hüt scho eini gha…. Ich empfehle ihr, doch auf die Post zu gehen um zu wechseln – kleiner Scherz in der B-Post… aber auch dieser Small Talk Versuch scheitert kläglich.
Das Lokal füllt sich erfreulich mit den gefühlten Berufskategorien Lehrer und Sozialpädagogen – Renato geht dann in einem seiner Stücke genau auf diese Berufsgattungen näher ein, was dem einen oder der anderen den Lacher im Halse stecken lässt… Mein Handy macht ganz schlapp und so mache ich mir halt die Notizen zu diesem Blogeintrag auf Papier (habe ich dabei, sonst hätte ich bestimmt nochmals eine benetzte Serviette gekriegt).
Warum treffe ich in letzter Zeit immer auf Nicht-Gastronomen, die sich aber als solche „verkleiden“? Und warum regt es mich auf, wenn sie sich als Unprofessionelle entpuppen? Vielleicht weil ich weiss, was hinter einer guten Gastronomieausbildung steckt? Vielleicht weil ich mich nerve wenn jemand offensichtlich im total falschen Job ist und ich darunter leiden muss? Keine Ahnung: ich sage ja auch immer: Do what you love and love what you do…. Aber da war von Liebe nicht so viel zu spüren. Egal!
Ich bin sehr sehr glücklich als Renato pünktlich um 20.00 Uhr auf die „Bühne“ tritt und seine wortgewaltige Kommentarspalte öffnet… Das Programm ist abwechslungsreich, schnell und spannend. Ich liebe seinen Humor und sein Engagement sowie seine Furchtlosigkeit – egal bei welchem Thema – sogar wenn es politisch wird. Oder gerade dann! Ich fühle mich solidarisch damit, dass man nervige Kinder in einem Bahnabteil nicht mögen muss, dass nicht alle einen grünen Daumen haben müssen und dass die Frage, ob Gott eine Frau sein eigentlich schon damit beantwortet ist, dass sie dann das Gebären sicherlich nicht so beschwerlich gestaltet hätte. Manchmal wird es sogar richtig ernst und zum Schluss dann nochmals urban cool mit den Hipsters aus der Breitsch in Bern… Ach ja: in der Pause habe ich den unbändigen Drang eine zu Rauchen: dummerweise habe ich aber nur mein leeres Päckli ohne Inhalt dabei und bei jemandem eine zu schnorren – nein darauf habe ich jetzt grad auch keine Lust… Ich will jetzt gar niemanden mehr kennen.
Die Zugabe mit dem Mann mit nur einem Ei (nicht Renato – ein anderer) kannte ich schon aber live ist einfach alles besser als gefilmt. Und somit hat es sich gelohnt meinen Favoriten-Slammer wieder mal in einer abendfüllenden Show zu erleben.
Die Rückreise ist dann wesentlich komplexer als die Hinreise, denn es hat nur noch jede ½ Stunde einen Bus in die Stadt – egal: ich nehme das Mühleggbähnli (ohne Ticket weil es pressiert). Ich weiss, dass 22.39 ein Zug fährt und dann vielleicht eine Weile keiner mehr und so fahre ich mal diese kurze Strecke schwarz und trabe dann schon fast ein bisschen bis zum Bahnhof. Da mein Handy komplett den Geist aufgegeben hat und ich mir nicht bewusst bin, dass ich in den Tiefen meiner Tasche noch 3 angefangene Mehrfahrtenkarten habe (wahrscheinlich alle abgelaufen…) lasse ich jetzt ein Ticket raus, denn mit dem Rückreise-Pech würde jetzt bestimmt grad eine Kontrolle kommen. Die FCSG Fans hätten zwar Grund zum Feiern aber sie tun es nicht, sondern sie stehen auf der Treppe rum als würde kein Zug fahren. Es dauert eeeewig, bis mein Rückgeld aus dem Automat kommt und es kommt in 10-erli und ich fange sie alle ein. Ich düse die Treppe runter, auf Gleis 5 wieder rauf und so blöd: ich bin mindestens 30 wenn nicht 40 Sekunden zu spät. Aber jo nu: in der Schweiz fährt ja alle paar Minuten wieder ein Zug: ausser heute! Heute und um diese Zeit fährt der nächste erst um 23.09 – in 29 ½ Minuten!!!! Kein Handy, kein Wasser mehr, kein Buch dabei (ist ja auch auf dem Handy), ganz komische FCSG Fans, eine kalte Bank und gar nichts in der Handtasche, das Ablenkung bieten würde. Aber nein, mir ist es nie langweilig mit mir alleine!!! Ich räume sämtlich Innentaschen und Täschchen meiner Handtasche auf und das dauert: ich finde unglaubliche Schätze: mehrere Lippenstifte, mehrere Schreibstifte, einen Presenter, Gummibärli, Quittungen, die ich längst nicht mehr brauche. Ach ja und ein paar zerquetschte Zigarettenstummel, die aber jetzt unrauchbar sind...
Endlich, endlich – noch sehnlicher erwartet als der Auftritt von Renato: der Zug fährt ein: auf allen Wagen steht aber „geschlossen“ – die Leute kommen raus, die Lichter gehen aus und dann in den vorderen Wagen doch wieder an. Die Fahrt nach Rorschach Stadt fühlt sich unendlich an: zwei FCSG Fans unterhalten sich über die Möglichkeiten, die St. Gallen jetzt nach dem Sieg über Basel hat. Unglaubliche Aussagen wie: es ist ja klar, dass wir (wir!!) jetzt Punkte sammeln müssen damit wir sie nachher haben oder „wenn wir nächstes Mal so gut spielen wie in der ersten Halbzeit heute gewinnen wir“… Ich will hier raus, denn auch die Kopfhörer sind nicht in meiner Tasche – ich war nicht auf den Abend vorbereitet…
Realsatire ist halt schon die beste Sat(t)-Ir(r)e!!!
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Jurassic Park Streifzüge durch die Stadt Essen
Von Pascal Bovée
Herr Endenich fährt zu schnell. Nervös wie jemand, der entkommen möchte. Vor dem verkorksten Weihnachtsfest, vor den ungeöffneten Umzugskisten, die seine Wohnung verstopfen. Aus dem Kofferraum seines Autos schaut sein Weihnachtsbaum, Anfang Januar noch eingeschnürt in ein grünes Netz und verliert Nadeln.
»Ich weiß Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen«, sagt Herr Endenich und wischt sich den Schweiß zwischen seinen dünnen weißen Haaren ab. »Die Korrespondenz mit meiner Tochter nimmt mich zur Zeit so sehr in Beschlag, da komme ich zu diesen banalen Dingen einfach nicht.« Mit banalen Dingen meint er seinen Umzug. In einem großen Haus mit Garten und Seeblick hat Herr Endenich gelebt, als das Familienunternehmen noch florierte. Vorletzten Sommer ist er in eine Zwei-Zimmer-Wohnung gezogen, über einer Metzgerei, die seinem Vermieter gehört. Ausgepackt hat er noch nicht. Wohin mit all den Dingen aus dem Haus am See?
»Die Krux ist, wenn ich die Kisten öffne, dann muss ich natürlich an meine verstorbene Frau denken. Das sind ja alles auch ihre Sachen gewesen. Die kann ich ja nicht einfach so wegwerfen.« Er blickt mich über seinen Brillenrand hinweg fragend an. Die roten Kordeln, an denen er seine Brille befestigt hat, baumeln vor seinen eingefallenen Wangen hin und her, weil er gerade eine Kurve nimmt. »Und wenn ich die Kisten nicht öffne, dann stehen sie da im Mietshaus herum und das versteht dieser Metzgermeister nicht.«
Das tut er wirklich nicht. Letzte Mahnung ist der Brief überschrieben, den ich in der Hand halte. Die Frist läuft morgen ab. Bis dann müssen alle Umzugskartons verschwunden sein, aus dem Treppenhaus neben der Metzgerei, aus dem Waschkeller, vom Dachboden. Im Falle der Nichteinhaltung mache ich von meinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch.
Herr Endenich beugt sich unvermittelt, die linke Hand am Steuer, zur rechten Seitenablage über mich hinweg. »Entschuldigen Sie, aber irgendwo hier muss der Brief von dieser Kanzlei aus London liegen, die meine Tochter eingeschaltet hat.« Der Wagen gerät ins Schlingern. Womöglich hat Herr Endenich auch das mit den Winterreifen noch nicht erledigt, denke ich und deute an, dass die Suche nach dem Schreiben lieber ich übernehme. Aus der Seitenablage fische ich ein dickes Bündel Umschläge, die meisten sind offiziell beschriftet. Als ich sie durchsehe, fällt eine Postkarte heraus. Sie trägt einen Air-Mail-Aufkleber, ist an Sandra Endenich adressiert und zeigt ein historisches Motiv.
»Gruß aus der Kanonenstadt?«
»Die wollte ich meiner Tochter nach England schicken. Habe ich mich dann aber dann doch nicht getraut. Weiß ja nicht, wie ihr Mann das findet. Oder die englische Post.«
In Wirklichkeit schreibt er seit Monaten an einem Versöhnungsbrief. Bei dem Streit mit seiner Tochter geht es ums Erbe. Der Familienbetrieb ist inzwischen insolvent. »Dieser ganze Papierkram«, sagt Herr Endenich, »der hat mich einfach überfordert.« Das kann man morgens im Café bei Bäcker Peter sehen, wenn Herr Endenich mal wieder an dem Versöhnungsbrief feilt. Mit einem bunten Kugelschreiber, den er aus seiner Brusttasche zieht, streicht er darin herum, schüttelt den Kopf, beginnt eine neue Seite und vertagt sie schließlich auf morgen.
Wir fahren an der Villa Hügel vorbei. »Hier hat sie früher gewohnt, die dicke Bertha«, sagt Herr Endenich. Er deutet auf die Postkarte mit der Kanonenstadt. »Ist aber nur ein Gerücht, dass der Krupp das Geschütz nach seiner Tochter benannt hat.«
Ich betrachte die Industriellenvilla, dann den historischen Kanonengruß. War man darauf in Essen mal stolz? Eine Waffenstadt zu sein? Oder ist das nur eine Propagandapostkarte? Zumindest ist hier noch immer alles Mögliche nach der Kanonenfamilie benannt. Krankenhaus, Wald, Friedhof, Kulturstiftung. Wie Kartons, die man nie ausgepackt hat.
»Haben Sie sich mal gefragt, welches Verhältnis die Stadt zu dieser Geschichte hat? Ich meine, weil alles noch Krupp heißt.«
Herr Endenich zieht gleichzeitig die Stirn kraus, nickt und beginnt zu lachen. Die Krupps hätten an allen Ecken und Enden gespendet und gestiftet, erklärt er. »Schulen, Arbeiterwohnungen, Parks. Dann wird dein Name natürlich in Ehren gehalten, ob mit oder ohne Kanonen.«
Ich überlege, ihn zu fragen, was er über die Zwangsarbeiterlager der Kruppwerke weiß. Da bremst Herr Endenich kurzentschlossen, um nach links abzubiegen. Er fährt auf den Parkplatz am Regattaturm. Möchte er jetzt am See spazieren gehen? Die Sache mit den Umzugskartons hinauszögern? Herr Endenich weist mich an, ihm die Stufen hinauf zum S-Bahnhof zu folgen. Vorbei an dem griechischen Restaurant gehen wir zum hinteren Bahnsteig Richtung Köln, der von einem Zaun mit schmiedeeisernem Tor begrenzt wird. Dahinter liegt der Park, der früher den Krupps gehört hat. Mitten drin, auf einem Hügel am Waldrand, steht ihre Familienvilla. Die Haltestelle der S6 war damals eine Art Privatbahnhof der Industriellendynastie. Durch das verschlossene Tor zum Park gingen neben den Krupps selbst nur ausgewählte Personen. Staatsgäste und hochrangige Kunden waren zu Gast. Haile Selassie. Wilhelm II. Benito Mussolini. An dem Zaun zum Park hängt ein Filmplakat, auf dem eine von Urwald bedeckte Insel abgebildet ist.
»Jurassic Parc«, sagt Herr Endenich. »Da leben die Stahldinosaurier.«
Wir stellen uns vor, wie es wäre, wenn hier im Hügelpark wirklich Saurier lebten. Mit ihren langen Hälsen fräßen sie die Kronen der alten Bäume ab, stampften über den gepflegten Rasen, hinterließen darin mächtige Spuren. In der Villa Hügel wären riesige Eier von noch nicht geschlüpften Dinos ausgestellt, angestrahlt von rotem Wärmelicht. Kleine Jungs mit leuchtenden Augen würden ihre Eltern überreden, den stattlichen Eintritt für den Park zu bezahlen. Aus der S6, die direkt vom Düsseldorfer Flughafen kommt, stiegen Besucher aus aller Welt, gingen ehrfürchtig und etwas ängstlich durch das schmiedeeiserne Tor. Denn wahrscheinlich gäbe es auch Fleischfresser im Park der Krupps.
»Deshalb ist hier alles so gut abgesperrt«, sage ich und bemerke, dass Herr Endenich mir nicht mehr zuhört, sondern mit Stirnfalten in den Himmel schaut. Über dem See brauen sich dunkle Wolken zusammen, verschlingen sich zu einem gewaltigen, schwarzen Knäuel. Es blitzt, donnert. Nur ein Sturm, denke ich, aber es ist ein echtes Endzeitbild. Durch meinen Kopf gehen Bilder, die ich nicht richtig einordnen kann. Saurierspuren füllen sich mit Regenwasser. Eine prähistorische Wandmalerei verschwindet hinter einem gelben Bus. Irgendwo habe ich diese Bilder gesehen. In Essen? Dann ist da plötzlich, wie gespiegelt im Baldeneysee, eine gewaltige Kanone. Sie wird auf einen Saurier mit meterhohen Schneidezähnen gerichtet.
Nein, Unsinn, das ist nicht in Essen gewesen, das war in diesem japanischen Film, den ich im Halbschlaf gesehen habe. Wie hieß der nochmal? Herr Endenich blickt noch immer besorgt nach oben. Das Donnern klingt nicht wie Donnern. Es grollt, wummert, aber viel zu regelmäßig. Wie Stampfen... von einem Stahlwerk oder... von einem riesigen Tier. Das Wasser im See unter uns beginnt von der Erschütterung kleine Wellen aufzuwerfen.
»Godzilla gegen Mothra.«
»Bitte?«
»So hieß der Film, in dem ich das gesehen habe. Mothra ist diese Riesenmotte und schläft irgendwo in einer Grotte. Sie wird von Wissenschaftlern aufgeweckt, um gegen Godzilla zu kämpfen. Weil Godzilla gerade Essen zertrampelt und –
»Tokio meinen Sie.« Herr Endenich lacht.
»...und herkömmliche Waffen ihm nichts anhaben können.«
»Aber, aber – etwa auch die dicke Bertha nicht?«
»Überhaupt keine Waffe.«
»Finde ich eine amüsante Vorstellung, diesen Godzilla in Essen. Wie er über die A 40 rennt. Die Philharmonie zertrampelt, aus der Musiker und Publikum schreiend herauslaufen. Und die Metzgerei von meinem Vermieter leerfrisst. Inklusive Metzgermeister.«
»Alles frisst er leer. Einfach alles macht er kaputt. Um ihn aufzuhalten hilft nichts – außer diese Riesenmotte aufzuwecken, die in einem verlassenen Stollen in Stoppenberg schläft. Nur ein paar Kinder haben sie dort gesehen und niemand glaubt ihnen. Zum Glück sind sie mutig genug, die Motte aufzuwecken, bevor Godzilla die ganze Stadt zermalmt hat.«
Sofort macht sich Mothra auf den Flug ins Zentrum, wo Godzilla gerade im Begriff ist, den Limbecker Platz zu verwüsten. Teenager kreischen und lassen die Shopping-Taschen fallen. Von der Seite anfliegend bemerkt Godzilla das Rieseninsekt zu spät und Mothra rammt ihn mit voller Kraft in die Rippen. Der Riese taumelt, von dieser ersten, aber wirkungsvollen Attacke getroffen, über den Kreisverkehr. Autoreifen quietschen, Asphalt bricht auf wie eine Eierschale. Die Motte setzt nach, bevor er das Gleichgewicht zurückgewinnen kann. Krachend stürzt Godzilla mitten auf das neue Verlagsgebäude der WAZ. Die Innenstadt bebt von der Erschütterung. Über seinen Tod wird es keine Schlagzeilen geben.
»Hätte es diese selbstlosen Stoppenberger Kinder nicht gegeben, das Monster aus Japan hätte ganz Essen vernichtet!«
»Aber wer soll die Stadt jetzt von diesem anderen Monster, diesem Rieseninsekt befreien? Haben Sie das bedacht, Herr Bovée?«
Schon fliegt die Riesenmotte, rasend vor Wut, Richtung Innogy-Turm, wo sie vom künstlichen Lichtschein angelockt wird. Tausende Menschen am nahen Hauptbahnhof geraten in Panik. Einige stürzen sich aus den noch fahrenden Zügen. Herr Endenich und ich blicken uns an. Uns bleibt nur noch eins. Wir rütteln mit aller Kraft am verschlossenen Tor des Hügelparks. Wir müssen sie freilassen.
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