#vielleicht weil er aus der ddr kommt
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SE Staffel 2 Rewatch (Folge 101-104)
Das Drama mit Veras Vater geht in die nächste Runde. Ich kann sowohl sie als auch ihre Mutter total verstehen. Vera möchte ihren Vater kennen lernen, ihre Mutter möchte, dass sie keinen Kontakt zu ihm hat, weil er ein Arsch ist (die Geschichte ist auch wirklich heavy. Er ist aus der DDR geflohen und hat sie mit der kleinen Tochter alleine gelassen und auch noch den Stasi-Befragungen ausgesetzt). So gut wie die beiden sonst miteinander klarkommen, bricht es mir ein bisschen das Herz, dass sie in dem Punkt erstmal nicht so recht zusammen kommen. Aber sie scheinen sich mit der Zeit (und nachdem Vera einfach einige Entscheidungen getroffen hat, ohne dass ihre Mutter einverstanden war) wieder zusammenzuraufen, was sicher auch mit daran liegt, dass Frau Feilke und Frau Seiffert jetzt Besties sind und Frau Seiffert damit jemanden hat, die ihr die Situation von außen reflektieren kann. Voll schön ❤️ (ich bin aber auch ein bisschen froh, dass die Geschichte langsam zu Ende zu gehen scheint. Obwohl ich sie an sich total gut und wichtig finde, zieht sie sich ziemlich und es kommt dabei kaum was neues dazu. Veras Mutter kann dem Vater nicht verzeihen, Vera aber schon. Das diskutieren sie in jedem Gespräch aufs neue, das ist mit der Zeit etwas ausgelutscht. Und es tut mir ein bisschen Leid, aber wie die Kinderdarstellerin von Veras kleiner Halbschwester spielt, erinnert mich leider sehr an Krippenspiel, ich find die Szenen bisschen schwer anzuschauen 😬)
Antje steckt mitten im Herbstblues und die anderen kümmern sich total lieb um sie, damit es ihr wieder besser geht. Einerseits total süß, andererseits: so wie sich das darstellt, würde ich fast sagen, Antje ist schon an der Grenze zu einer Winterdepression - und da ist mit Schokolade und Fußbad vielleicht nicht so richtig viel zu machen... Über die Zeit tut es echt ein bisschen weh, wie mies es ihr geht und dass alle ständig versuchen, sie aufzuheitern, obwohl sie immer wieder klar sagt, dass sie darauf keine Lust hat. Wenn sie wirklich psychische Probleme hat, ist das bestimmt die Hölle. "Witzigerweise" wird sie durch ein einziges Gedicht geheilt. Es ist zwar wirklich sehr schön (Theodor Fontane hat's schon drauf), aber das macht halt wieder klein, wie schlecht es ihr vorher ging. Ich glaub nicht, dass so ein Tief sich so einfach aus der Welt schaffen lassen... Aber ja, eine klassische SE-Problemlösung mal wieder... Schade, man hätte das halt auch als wirkliche Diagnose thematisieren können.
Das mit dem Zimmerdrama (darf Josephine bei Elisabeth, Laura und Kim einziehen oder nicht) hat mich bisschen genervt. Ich halt es gar nicht für unrealistisch, dass Kim sich so künstlich aufregt und reinsteigert, aber es ist halt auch unglaublich anstrengend... Pubertät, ein Spaß für alle Beteiligten 😅
Die Vogelspinnenstory ist ein einziges Klischee 🙈 natürlich finden die Mädchen Spinnen eklig, natürlich gibt Franz damit an, dass sein Opa eine Vogelspinne hat, natürlich haut die dann ab, weil Franz zu doof ist, den Deckel ordentlich drauf zu machen, und natürlich taucht sie im richtigen Moment wieder auf und Franz ist super überrascht. Ich hab herzlich gegähnt^^
Die Eisstory verstehe ich nicht so ganz. Monika sagt, dass Molkenprotein nur im Labor und in kleinen Mengen hergestellt werden kann, deshalb kann Giovanni es leider nicht in sein Eis machen, obwohl es das offenbar absolut fantastisch machen. Aber soweit ich das jetzt nachvollziehbar konnte, kann Molkenprotein einfach aus Molke gewonnen werden - also gar nicht soooo kompliziert und v.a. nicht nur im Labor. Wenn es also der heiße Scheiß für Eis wäre, würden es dort ja vermutlich regelmäßig eingesetzt. Wird es aber nicht, sondern nur bei besonderem High Protein Eis (bzw als "gesunde" Eisalternative), aber nicht, um es cremiger zu machen, sondern eben um den Proteingehalt zu erhöhen. Die Basis von dieser Story ist also irgendwie ein bisschen verquer, ich hab's nicht ganz verstanden, was das sollte.
Ich muss sagen, so zäh wie diese vier Folgen fand ich bisher kaum welche. ABER: schon nächste Folge kommt meine precious Dorfgang zurück! Und Alexandra! Und Pasulke! ich freu mich sehr ❤️☺️
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here's the latest interview with Flake (in German), i just copypasted that bih here entirley because the site version, well, demanded registration:
(I'm also not adding the read more break because I'm old and Tumblr app sucks ass)
RAMMSTEIN IM INTERVIEW-„Mexiko oder Bernau, das ist doch egal“
INTERVIEW MIT FLAKE / RAMMSTEIN am 12. Juni 2020
Harter Rock und schillernde Texte haben Rammstein zur erfolgreichsten und international bekanntesten deutschen Band gemacht. Ein Gespräch mit Keyboarder Flake über Corona, die DDR, Freiheit und den Tod.
Zwischen Wien und Mexiko liegt Summt. Hier lebt der Keyboarder von Deutschlands erfolgreichster Musikband Rammstein, hierher zieht Christian Lorenz, genannt Flake, sich zurück, wenn die Stadien Pause haben. Ob und wann das Konzert in Mexiko stattfinden wird, steht in den Sternen. Flake nimmt die Corona-Pause gleichmütig hin. Summt, Teil der Brandenburger Gemeinde Mühlenbecker Land vor den Toren Berlins, passt zu dem introvertierten Musiker, der auf der Bühne einen hyperaktiven Tastenderwisch gibt. In Summt regnet es, als wir uns treffen. Schwarze Wolken ziehen über dem nahe gelegenen Friedwald auf. Wir setzen uns unter einen Baum, Flakes Garage im Rücken. Dort bastelt er Katzen aus Holz.
Als ich jetzt noch einmal „Heute hat die Welt Geburtstag“ las, Ihren autobiografisch geprägten Roman von 2017, fiel mir auf, dass es ein Buch über die Zeit ist. Die Zeit, heißt es darin, sei das „Wertvollste, was ein Mensch hat“. Leider strecke sie sich „meistens in unangenehmen Situationen“. Wie erleben Sie die coronabedingt freie Zeit?
Flake: Ich fühle mich gerade wie ein Kind, das allein in einem Kaufhaus eingesperrt ist und herumstöbert. Man darf sich nichts nehmen, aber man darf da sein. Die Vorstellung, die Zeit anhalten zu können, hat mich schon immer fasziniert. Es ist wie der Traum vom Fliegen ein Urwunsch des Menschen, ein Urinstinkt geradezu. Leben ist Zeit, und weil das Leben verrinnt, ist es die logische Folge, dass man die Zeit anhalten will. Alt werden, sterben: Wer will das schon?
Ewige Jugend ist keinem geschenkt.
Wenn ich an das berühmte Märchen denke vom Mann, der nicht altert, wäre das auch nicht die Lösung. Ein Leben ohne Tod, selbst mit Reichtum, verliert seinen Reiz, sobald die ganzen Freunde wegsterben, die Eltern, die Kinder. Schließlich will auch der Mann im Märchen nur noch sterben. Das Leben ist wertvoll, weil es ein Ende hat. Die Zeit ist kostbar, weil sie verrinnt. Ein Stopp in der Zeit, wie wir ihn gerade erleben, kann uns helfen, diese Zusammenhänge neu zu vergegenwärtigen.
Andererseits erlebt man als Musiker, zumal in einer erfolgreichen Band wie Rammstein, mit jedem Konzert verdichtete Zeit. „Immer“, schreiben Sie, „gehört man irgendwo dazu, und immer sind auch andere da, die irgendwie dasselbe Ziel und dieselben Sorgen haben.“ Das hat nun Pause. Man ist allein.
Die Band war mein Familienersatz. Als Jugendlicher wollte ich mich von meinen Eltern abnabeln, auch aus evolutionären Gründen. Kein Kind sollte wie seine Eltern sein wollen. Sonst würde sich die Welt nicht weiterentwickeln. Kinder müssen ihren eigenen Weg gehen. Mein Weg führte damals in eine Band. Jetzt habe ich eine eigene, eine echte Familie und bin mit ihr zusammen, Tag und Nacht. Am meisten gestört am Musikmachen hat mich, dass ich so lang von meiner Frau und meinen Kindern getrennt war. Das fällt nun weg. Insofern ist es für mich gerade der Idealzustand.
Nur für Sie?
Vielleicht ist der kurze Stopp, den wir erleben, auch die Rettung für diese Deadline-Menschen, die in Hektik leben, vom wichtigen zum noch wichtigeren Projekt hetzen. Diesen Leuten könnte es guttun, wenn sie erfahren, dass es gar nicht so wichtig ist, was sie tun.
Also kann man etwas lernen aus der Zwangspause?
Man kann lernen, dass man nicht ununterbrochen etwas machen muss. Die Erde dreht sich weiter, auch wenn man mal gerade nicht irre kreativ ist. Die Zeit ist immer da, egal, wie man sie ausfüllt. Manchmal reicht es, sich um die Familie oder um sich selbst zu kümmern.
Wie stark ist Rammstein von der Corona-Krise betroffen?
Unser letztes Konzert fand im August 2019 in Wien statt. Die neue Tour wird wahrscheinlich ausfallen. Ich nehme das als gegeben hin, und bin da weder traurig noch froh.
Wie erleben Sie den Umgang der Deutschen mit der Krise? Sind wir ein zu braves Volk?
Ich komme ja aus dem Osten und empfinde es als wohltuend, wenn einem gesagt wird, was man tun soll und was wichtig ist. Wenn ich einen Sinn darin sehe, ordne ich mich gerne unter. Ich habe mich damals auch wohlgefühlt, obwohl ich nicht verreisen konnte. Man ist immer derselbe Mensch, ob man verreist oder nicht. Man kann nicht vor sich selber davonfahren. Vielleicht ist es für Menschen gar nicht gut, wenn sie immer alles dürfen.
Die Zeit gut nutzen kann nur der, der in sich ruht und weiß, was er will.
Dahinter steht die große Diskussion, was Freiheit bedeutet. Ich kann mich in vielen Situationen frei fühlen, weil ich mich meiner Ansicht nach frei entfalten kann. Freiheit ist auch eine Frage der Einstellung. Der Mensch hat sich schon immer Regeln auferlegt, die Muslime etwa im Ramadan, die Christen in der Fastenzeit, um von sich selbst für eine Weile loszukommen.
Gutes Leben ist dann eine Frage des richtigen Rhythmus. Womit wir wieder bei der Musik gelandet wären, dem „Tanzmetall“ von Rammstein zum Beispiel.
Gutes Leben ist in der Tat eine Rhythmusfrage, aber auch eine Frage der Sparsamkeit und des Verzichts. Das Glück liegt oft im Verzicht. Wenn ich am Bäcker vorbeigehe und mir eine Streuselschnecke bewusst nicht kaufe, geht es mir danach besser – obwohl ich unglaublich gerne Kuchen esse. Mir vorzustellen, die Schnecke zu essen, hat dann gereicht. Wenn ich früher in der Disko war, hat mir oft der Gedanke gereicht, mit dieser oder jener Frau Sex haben zu können. Das war fast so gut wie Sex, aber man hatte nicht die Nachteile am Tag danach.
Die Fantasie als bessere Realität: Das ist der kreative Akt des Künstlers. Nicht jeder hat solche sublimierenden Kräfte.
Man muss nicht immer kreativ sein. Man braucht keinen Output, um sich wertvoll zu fühlen. Wenn man nur gemocht wird für das, was man tut, und nicht für das, was man ist, lief schon etwas falsch.
So steht es aber in Ihrem Buch: „Ich mache wahrscheinlich Musik, weil ich geliebt werden will.“
Das war mein Ansatz, aber nicht unbedingt die Lösung. Ich weiß nicht, ob das geklappt hat.
Rammstein badet in der Zuneigung seiner Fans. Vielen Menschen bedeutet diese Musik sehr viel. Beim Konzert in Moskau, das ich bei Youtube sah, ist das Publikum ausgerastet vor Begeisterung.
Mir sind Leute wichtig, die mir etwas bedeuten. Das Urteil von Menschen, die ich gar nicht kenne, interessiert mich nicht. Auch wenn viele uns hassen, ist es für mich nicht von Belang. Ich kann es nie allen recht machen. Was also nutzt es mir, wenn mich in Moskau jemand liebt, den ich gar nicht kenne?
Ihr habt am Anfang vor sechs Leuten gespielt, jetzt sind es 60 000. Das lässt einen doch nicht kalt.
Die Konzerte vor wenigen Leuten haben oft mehr Spaß gemacht. Es ist immer schöner, etwas aufzubauen, als eine Stellung zu halten. Bei den emotional schönsten Konzerten bestand das Publikum aus 300 oder 400 Leuten. Je mehr Menschen kommen, desto weiter rücken sie in die Ferne.
… und desto mehr muss man sich anstrengen, um sie zu erreichen.
In einem Klub kann ich in Jeans und Hemd spielen. Im Stadion brauche ich einen Glitzeranzug, sonst hält man mich für einen Bühnenarbeiter.
Den Zauber des Anfangs bringen Sie im Roman auf eine schöne Formel: „Wir zogen wie im Märchen zusammen in die Welt hinaus …“
… und das kann man nicht wiederholen. Das erste Mal gibt es nur einmal.
Unverändert aber ist Rammstein eines der wenigen weltweit bekannten Kulturgüter Deutschlands, ein musikalischer Exportschlager.
Das kommt auf den Standpunkt an. Mein Buch habe ich „Heute hat die Welt Geburtstag“ genannt, um darauf hinzuweisen, dass sehr viele Menschen meinen, die Welt drehe sich um sie. Aber es hat immer irgendjemand Geburtstag. Alles Besondere relativiert sich. Zu uns kommen viele Menschen ins Stadion, ja. Aber am nächsten Tag zur Handballmeisterschaft kommen vielleicht noch mehr Besucher. Das ist dann genauso wichtig. Man muss alles in der Relation sehen. Wer in einer Band spielt, ist ein winziges Teilchen in einem speziellen Interessengebiet, mehr nicht.
Jede Unterordnung hat ihre Grenzen. Sie haben in der DDR den Wehrdienst verweigert und durften deshalb nicht studieren.
Ich verweigerte aus Angst. Mein Bruder war bei der Armee und erzählte schauderhafte Geschichten, wie die Neuankömmlinge von den Ranghöheren sadistisch gequält wurden. Das war ein perfides Unterdrückungssystem. Wehrverdienstverweigerer kamen in der Regel zwei Jahre ins Gefängnis. Ich hatte die Freiheit, mich zu entscheiden, und dachte mir eine Lösung aus. Ich rannte von Arzt zu Arzt, bekam Atteste, wurde daraufhin zurückgestellt. Dann zog ich um, wechselte die Namensschilder an der Tür, lebte praktisch im Untergrund. Das flog nicht auf, weil ich überall Flake hieß, aber unter meinem richtigen Namen gesucht wurde. Und den kannte fast keiner. Zugute kam mir, dass in der DDR die Armee und die Polizei verfeindet waren und schlecht zusammenarbeiteten. Den Preis, nie studieren zu können und nie einen vernünftigen Job zu haben, war ich bereit zu zahlen. Ich wollte eigentlich Chirurg werden. Nicht zur Armee zu gehen, war mir in der Abwägung wichtiger. Lange aber hätte ich dieses Versteckspiel nicht mehr durchgehalten. Dann bröckelte die DDR, und die Mauer fiel. Ich wollte durch meine Verweigerung nicht die Welt retten, sondern mich. Aber man muss ja immer sich selbst retten, bevor man die Welt retten kann.
Ist die Rettung des eigenen Lebens heute nicht ähnlich schwierig wie damals in der DDR? Sie beklagen „Konsumterror“ und „Medienwahnsinn“. Wurden deren Kräfte in den letzten Jahren stärker?
Ich kann da nur für mich sprechen. Ich versuche, nicht jeden Schwachsinn mitzumachen und sauber durchs Leben zu kommen – das heißt, bewusst zu leben. Das meine ich nicht im esoterischen Sinn, sondern ganz klar und einfach.
Viele haben den Eindruck, es sei heute eine besonders große Herausforderung, sich in einem Minenfeld der Ablenkungen und Ansprüche treu zu bleiben.
Die äußeren Umstände finde ich erstaunlich austauschbar und unwichtig. Das ist zu allen Zeiten gleich leicht oder gleich schwierig. Man sagt ja, zum persönlichen Glücksempfinden trage die Veranlagung 50 Prozent bei, Erziehung und Tun 25 Prozent – und nur der Rest falle auf die äußeren Umstände. Man kann in fast jeder Situation glücklich sein. Es kommt darauf an, wie man die Sachen betrachtet.
Der kranke Mensch wird es anders sehen.
Nicht unbedingt. Wenn man Geschichten liest von tödlich erkrankten Menschen, etwa bei Wolfgang Herrndorf, dann können gerade die letzten Jahre sehr intensiv sein, im Schlechten wie im Guten. Herrndorf berichtet von mehr Tiefen, aber auch von mehr Höhen. Der Ausschlag der Empfindungen sei größer geworden. Ich selbst lag einmal lange im Krankenhaus. Vor allem die lustigen Szenen blieben mir in Erinnerung, Wasserschlachten mit den Spritzen etwa. Oder die Freude aufs Abendbrot. Niemand will krank sein, ich auch nicht. Aber es ist nicht ausschlaggebend für das Glück eines Menschen, in welcher Situation er sich gerade befindet.
Und wenn man niedergeschlagen ist, kann man sich auf Schusters Rappen begeben. „Mit jedem Schritt“, schreiben Sie, „den ich lief, ging es mir besser. Diese Methode wirkte erstaunlicherweise immer.“
Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft: Das sei, hat Emil Zátopek gesagt, der tschechische Langstreckenläufer, die logische Antwort auf die Frage, warum er denn laufe. Das Laufen entspricht der Wesensart des Menschen. Der Mensch ist nicht für den Stuhl gebaut.
Den Musiker in der Corona-Pause stelle ich mir als sitzendes Wesen vor.
Ich stehe viel. Das ist schon mal gesünder als Sitzen. Schwimmen ist natürlich auch wunderbar, gerade für den Rücken. Müsste man als Mensch eigentlich nur noch fliegen können, dann wäre es perfekt.
Bleibt das Problem des Älterwerdens. Ihr seid alle ähnlich alt bei Rammstein, geboren zwischen 1963 und 1971.
Da gibt es keinen Unterschied zum Älterwerden mit Freunden, Kollegen, der Familie. Die Frage ist generell, warum man mit Musikern zu Themen spricht, die über ihre Musik hinausreichen. Als ob Musiker da die geringste Ahnung hätten. Ich habe mich gewundert, dass Sie mit mir über solche Themen reden wollten. Ein Musiker ist jemand, der sich gerade nicht reflektiert äußern kann. Was ihn bewegt, das kann er nur rausschreien oder raussingen oder rausspielen. Ein Musiker ist jemand, der nicht arbeitet. Er unterhält sich und die anderen Menschen. Er ist nur Künstler und hat deshalb einen geringen Erfahrungsschatz. Künstler sind die Letzten, die ich fragen würde, wenn ich zu einer bestimmten Situation eine Frage hätte. Musiker sind auf der Stufe eines zehnjährigen Kindes stehen geblieben.
Sie sind nicht nur Musiker, Sie sind auch Schriftsteller.
Ich schreibe nicht wie ein Schriftsteller, sondern wie jemand, der Musik gemacht hat. Mein Buch ist schriftstellerisch wertlos.
Da darf man widersprechen. Formulierungen wie „Freude am Unfug“, die Beobachtungen bei einer Tournee, die Überlegungen zum Wesen der Zeit haben schriftstellerische Qualitäten.
Zumindest lese ich gerne und viel. Heinz Strunk schätze ich sehr oder Georges Simenon, mit Lutz Seiler kann ich weniger anfangen.
Wer sich treu bleiben will, muss der beständig sein?
Da bin ich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Veränderung und der Hoffnung, dass alles so bleibt, wie es ist. Beständigkeit und Verlustangst gehören zusammen. Mir fehlt oft der Mut, etwas zu ändern. Dadurch öffne ich weniger Türen im Leben, als ich es könnte. Das ist eine Typenfrage. Ich proklamiere das nicht, aber ich persönlich bin froh, wenn alles so ist, wie es ist. Ginge es nur nach mir, würde ich heute noch ohne Computer leben. Wenn ich eine Mail mit dem Macintosh schreibe, fühle ich mich, als würde ich mit dem Panzer zum Bäcker fahren. Ich telefoniere auch nicht gerne.
Rammstein ist ein Muster an Beständigkeit. Ihr seid seit 1994 in derselben Besetzung zusammen.
Ja. Anders würde es nicht funktionieren. Das hat auch etwas mit Genügsamkeit zu tun. Viele denken, es kommt immer etwas Besseres. Manchmal ist es richtig, aufzubrechen und einen Schlussstrich zu ziehen, in einer Beziehung etwa. Oft aber gibt man zu früh auf, trennt sich und beginnt von vorn und trennt sich wieder und beginnt wieder von vorn. Im Alter steht man dann ganz alleine da. Kein Richtig und kein Falsch gibt es da.
Für einen Künstler scheint mir die Gefahr größer, sich immer im Vertrauten zu bewegen.
Ja, das ist die große Falle. Man kann nicht alles gleichzeitig haben. Man kann nicht gehen und zugleich dableiben.
Heute hat nicht nur die Welt, sondern auch Karl Marx Geburtstag. Marx gab der Veränderung vor der Beständigkeit den Vorzug.
Haben Sie ihn je gelesen?
Freiwillig nicht. In der Schule mussten wir es. „Mohr und die Raben von London“ über den jungen Marx war ein wunderbares Kinderbuch.
Würde Ihnen etwas fehlen, wenn Sie keine Musik mehr machten?
Nur das Musikmachen.
Da kann ich nun nicht widersprechen.
Ich baue gerade Katzen. Aus Holz. Trauerkatzen. Mir starb einmal die Katze, das war ein harter Schlag. Ich wohne in der Nähe eines Friedwalds, wo auch Katzen beerdigt werden. Mit Trauerkatzen könnte man Trost spenden. Ich habe mir früher vorgestellt, wenn meine Katze beerdigt würde, könnte hinter dem Grabstein eine Trauerkatze erscheinen, eine Auferstehungskatze, und die nehme ich dann von der Beerdigung wieder mit nach Hause. Diese hölzerne Himmelskatze muss natürlich hässlich sein, damit die Leute über ihren Ärger über die Hässlichkeit die Trauer vergessen. Jetzt in der Corona-Zeit habe ich schon viele Katzen geschraubt, genagelt, geklebt. Das Holz sammle ich im Friedwald auf. Man sollte den Tod generell stärker ins Leben integrieren. Ich habe mir auch schon einen fahrenden Grabstein überlegt: Auf die Kühlerhaube schreibt man die Lebensdaten eines geliebten Menschen, und vorne, wo vielleicht ein Stern angebracht war, platziert man seine Asche.
Ein morbider Gedanke.
Ich finde diese Vorstellung schöner als die Aussicht, irgendwo in der Stadt auf einem militärisch abgezirkelten Friedhof begraben zu werden, wo keine Hunde hindürfen, wo man nicht spielen und nicht rauchen und nicht lachen darf und sich nur leise unterhalten soll. Ich wuchs in Berlin neben dem Friedhof in der Greifswalder Straße auf. Vom Fenster aus sah ich täglich den Beerdigungen zu. Auf Hebammen sind alle stolz, während Bestatter als unberührbar gelten. Dieses Bild möchte ich gerne verändern.
Rammstein feiert in seinen Liedern die Vergänglichkeit.
Mit dem Wort „Feiern“ kann ich gar nichts anfangen. Bei Feiern denke ich nur an Alkoholmissbrauch. Ich habe in meinem Leben noch nichts gefeiert. „Spaß“ ist auch so ein inhaltsfreies Wort. „Freude“ hingegen ist ernst. Darum „Freude am Unfug“.
Steht ein neues Buch am Horizont?
Nein. Ich hätte jetzt viel Zeit, aber genau deshalb schreibe ich nicht. Ich habe immer nur geschrieben, wenn ich keine Zeit zum Schreiben hatte. Und den Eindruck hatte, jetzt schreiben zu müssen.
Wie geht es weiter mit Rammstein?
Ich vermute, dass wir die ausgefallene Tournee 2021 nachholen werden.
Im September solltet ihr in den Stadien von Los Angeles und Mexiko spielen.
Mexiko oder Bernau, das ist doch egal.
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12.07.2019 (1): Alles wieder gut!
(vorheriger Post)
Gemeinschaftsprojekt von @riddikulus und @shakshuka-grandpasweaters
Allererstes Play
Timeline (reingucken lohnt sich, wir spielen nicht all unsre Ideen aus)
Falls ihr mal die Plays auf englisch lesen wollt: @our-time-is-now
Sekretariatsblick
Freitag, 8:13 Uhr:
Matteo: *wird am nächsten Morgen vor David wach* *lächelt leicht als er sieht, dass er sich im Schlaf wohl wieder zu ihm gedreht hat* *streicht ihm ganz vorsichtig eine Strähne aus der Stirn* *denkt an gestern Abend und an Davids Entschuldigung* *fällt auf, dass er gar nicht gefragt hat, wofür genau David sich eigentlich entschuldigt hat* *denkt, dass irgendwie das ganze Gespräch, der ganze Streit, ziemlich verkorkst gewesen ist* *hofft, dass er heute, ausgeschlafener und entspannter, vielleicht besser ausdrücken kann, um was es ihm geht, nämlich darum, dass David gesund ist und glücklich und nicht, dass er sich verstellen oder verstecken muss* *seufzt leise* *guckt auf sein Handy und sieht, dass es kurz nach acht ist* *fragt sich, ob wohl schon wer wach ist und ob es Kaffee gibt* *beschließt nachzugucken und zwei Tassen abzugreifen oder halt welchen zu machen* *greift sich das nächstbeste T-Shirt, eins von David, und zieht es über* *krabbelt dann so leise es geht aus dem Zelt, in seine Badelatschen, und geht zur Hütte*
David: *konnte gestern ziemlich lange nicht einschlafen - zum einen, weil er immer wieder daran denken musste, dass er Matteos Sorgen nicht ernst genommen hat, gerade nach dem U-Bahn-Erlebnis letzte Woche und zum anderen, weil er sich immer wieder fragt, ob er es am nächsten Abend packt, den anderen tatsächlich ohne Binder gegenüberzutreten* *will es aber unbedingt, weil er nicht will, dass Matteo sich weiter Sorgen machen muss, hat aber gleichzeitig wirklich Angst davor* *schläft dann doch irgendwann ziemlich spät ein und sucht im Schlaf immer wieder die Nähe zu Matteo* *schläft morgens dementsprechend lange und bekommt demnach gar nicht mit, dass Matteo aus dem Zelt verschwindet*
Matteo: *kommt in die Hütte und hört und sieht, dass alles noch schläft* *versucht leise zu sein während, er mit der Kaffeemaschine hantiert, zum Glück eine neue, und nicht mehr diese DDR-Maschine* *setzt Kaffee auf und muss dann warten, bis der Kaffee durch ist* *lehnt sich gegen die Küchenzeile und hört von irgendwoher ein Schnarchen* *grinst darüber leicht* *gießt dann zwei Tassen ein, als der Kaffee durch ist und lässt den Rest in der Kaffeekanne neben der Maschine stehen, damit Leute sehen, dass schon welcher gemacht wurde* *geht mit den zwei Tassen zurück zum Zelt und ist ganz froh, dass er sie nicht so voll gemacht hat* *muss sie dann aber vor dem Zelt doch abstellen, um es aufzumachen* *sieht sofort, dass David noch schläft und krabbelt vorsichtig so halb ins Zelt und holt dann die Kaffeetassen nach* *macht das Zelt wieder zu und stellt eine Kaffeetasse vorsichtig neben sich, während er sich im Schneidersitz an das Fußende von seiner Seite setzt und wartet*
David: *wird irgendwann dann doch langsam wach und will im Halbschlaf näher an Matteo heran rücken* *streckt den Arm nach ihm aus, als sein Heranrücken erfolglos bleibt, aber kann ihn auch nicht ertasten* *öffnet die Augen, setzt sich ruckartig auf und schaut sich um* *sieht ihn aber dann aber am Fußende sitzen und lächelt erleichtert* *fährt sich müde durch’s Gesicht und murmelt* Morgen… *fallen dann erst wieder die Ereignisse von gestern ein und bekommt ein komisches Gefühl in der Magengegend, da er nicht weiß, inwieweit jetzt alles wieder okay und geklärt ist* *schaut Matteo prüfend an, um seine Stimmung herauszukriegen, wird aber nicht wirklich schlau aus seinem Blick* *weiß nicht, ob Matteo überhaupt über gestern reden will oder nicht und kriegt momentan gar nicht wirklich zusammen, wie sie gestern abend eigentlich verblieben sind* *entdeckt dann den Kaffee neben Matteo und lächelt wieder* *murmelt leicht schlaftrunken* Du hast Kaffee gemacht…
Matteo: *sieht, wie David wach wird und nach ihm tastet* *lächelt leicht* *erschrickt sich dann aber ein bisschen, als er sich so ruckartig aufsetzt* Hey… Morgen… *lächelt leicht* *legt den Kopf leicht schief und greift nach der Tasse neben sich, um sie ihm rüber zu reichen* Mit Kaffee redets sich besser… dachte ich mir so…. *wartet, bis David die Tasse entgegengenommen hat und einen Schluck getrunken hat ehe er fortfährt* *räuspert sich leicht* Ich wollt mich entschuldigen… und bevor du was sagst, lass mich ausreden… ich entschuldige mich nicht dafür, dass ich mir Sorgen mache, das werd ich immer, das weiß ich jetzt… aber wie ich das gesagt hab, war nicht okay… und im Endeffekt kann ich es auch nur sagen, die Entscheidung ist deine. *schluckt leicht* Du hattest Recht, dass ich keine Ahnung hab, wie sich das anfühlt… und deswegen war ich definitiv drüber… also, ich werd meine Klappe nicht halten können, aber ich werd akzeptieren, was immer du entscheidest.
David: *nimmt den Kaffee entgegen und seufzt einmal leise bei Matteos Worten, nickt aber* *murmelt* Danke... *hat sich nicht überlegt, was er ihm eigentlich sagen will, aber hofft einfach, dass er während des Gesprächs die richtigen Worte findet* *ist ein bisschen aufgeregt und hofft, dass sie nicht wieder streiten* *trinkt einen Schluck und merkt, wie gut Kaffee jetzt tut* *überlegt sich, wie er anfangen soll, als Matteo es auch schon tut* *schüttelt sofort den Kopf, als Matteo sich entschuldigt und will gerade etwas sagen, als Matteo ihn bittet, ausreden zu dürfen* *nickt und trinkt noch einen Schluck, während er ihm zuhört* *findet, dass er eigentlich Recht hat, denkt aber auch, dass er selbst in den letzten Tagen immer nur an sich gedacht und deswegen oft falsch entschieden hat* *sieht ihn an, als er endet und wartet, ob er wirklich fertig ist, ehe er sich räuspert und zögernd sagt* Okay… *sieht ihn ernst an und sagt dann* Und ich entschuldige mich dafür, dass ich deine Sorgen in den letzten Tagen nicht ernst genommen hab… und dafür, dass ich falsche Entscheidungen getroffen hab. Dass ich nur an mich gedacht hab. *schüttelt leicht den Kopf und atmet einmal tief durch* Du hast Recht, wenn du sagst, dass es meine Entscheidung ist. Aber ich schätze deine Meinung, Matteo und darum ist es dein gutes Recht, mich darauf hinzuweisen, wenn ich falsche Entscheidungen treffe. Ich hab… einfach nur total blöd reagiert, als du genau das gemacht hast… und das tut mir leid.
Matteo: *ist zumindest ein bisschen erleichtert bei Davids zögerlichen “Okay”* *hört dann aber, dass da noch mehr kommt und hört ihm zu* *beißt sich leicht auf die Lippen* *wartet, ob er fertig ist und redet dann* Du solltest an dich denken… es geht doch um dich… *zögert leicht, ehe er dann doch sagt* Um deine Gesundheit, aber natürlich auch um alles andere drumherum. *seufzt leicht und streckt dann die Hand nach ihm aus* Also, Deal ja? Ich darf sagen, was ich denke und du machst dann, was du willst? *grinst leicht und greift nach seiner Hand*
David: *schaut ihn skeptisch an, als er meint, dass er an sich denken soll und denkt sich, wenn er jetzt widerspricht und sagt, dass es ihm aber leichter fällt, an ihn zu denken, dann enden sie wieder in einer Endlosschleife von “mir geht es gut, wenn es dir gut geht* *sagt darum nur* Ist doch im Grunde genommen egal, aus welchem Grund ich Entscheidungen treffe, solange es die richtigen sind… *sieht dann, dass er seine Hand nach ihm ausstreckt und stellt seinen Kaffee beiseite* *hört seinen Dealvorschlag und grinst leicht* *nickt* Deal! *greift nach seiner Hand und zieht Matteo ruckartig zu sich, so dass er selbst nach hinten kippt und Matteo auf ihm landet* *würde ihn am liebsten sofort küssen und umarmen, schaut ihn aber stattdessen einfach nur an, streicht ihm sanft die Haare aus der Stirn und fragt leise* Alles wieder gut?
Matteo: *schaut ihn kurz skeptisch an bei seiner Antwort* *sagt aber nichts, weil er nicht wieder in einer Diskussion landen will* Okay… *grinst dann, als er zustimmt und stellt den Kaffee neben sich ab, weil er eigentlich zu David rüber krabbeln wollte* *wird dann aber gezogen und lacht, als er auf ihm landet* Hallo! *schaut ihn dann aber an und hört auf zu lachen* *lächelt leicht, als er ihm die Haare aus der Stirn streicht* Alles wieder gut. *beugt sich runter und gibt ihm einen kurzen Kuss* *murmelt ein “Ich liebe dich” gegen seine Lippen und küsst ihn dann nochmal*
David: *sieht Matteo lächeln und lächelt selbst noch mehr, als er bestätigt, dass alles wieder gut ist* *schlingt die Arme um ihn und erwidert seinen Kuss* *bekommt dann Herzklopfen und einen leichten Kloß im Hals bei seinen Worten, küsst ihn nochmal und zieht ihn näher an sich* *küsst sich die Wange hoch zu seinem Ohr und murmelt dann* Ich liebe dich… so sehr… *sucht wieder seinen Mund und seufzt leise in den Kuss* *dreht sie dann leicht, so dass sie seitlich zueinander liegen und löst den Kuss kurz, um ihn anschauen zu können* *ist so erleichtert und froh, dass alles wieder gut ist und will den ganzen Stress am liebsten nie wieder mitmachen* *lacht leise und meint dann* Kannst du mich bitte das nächste mal einfach ko schlagen, wenn du merkst, dass wir wieder anfangen zu streiten?! Nochmal ertrag ich das nicht… *küsst ihn nochmal kurz und sagt leise* Ich bin so froh, dass alles wieder gut ist!
Matteo: *bekommt auch Herzklopfen, als David seine Worte erwidert* *küsst ihn wieder und will gar nicht aufhören* *grummelt leicht, als er den Kuss löst* *muss dann aber doch leicht lachen, als David es auch tut* *schüttelt dann den Kopf* Ne, sorry… ko schlagen steht nicht in meinem Top-Boyfriend-Vertrag…. *vergräbt die Hand in seinen Haaren, als er ihn nochmal küsst* Wir haben doch jetzt n Deal… wir streiten nicht nochmal… komm her… *schließt die Lücke zwischen ihnen wieder und küsst ihn nochmal*
David: *grummelt grinsend, als Matteo meint, dass er ihn nicht ko schlagen will* *legt die Hand an seine Wange, als sie sich erneut küssen und nickt nur bei Matteos Erinnerung an ihren Deal* *muss kurz daran denken, dass er Matteo noch gar nicht erzählt hat, dass er sich entschieden hat, heute abend den Binder auszuziehen, denkt sich aber dann, dass das vielleicht auch gar nicht nötig ist und er es ihm einfach zeigen wird* *denkt dann gar nichts mehr, sondern genießt einfach nur die Nähe zu Matteo* *schiebt eins seiner Beine zwischen die von Matteo um ihm noch näher zu sein und intensiviert den Kuss* *löst sich erst nach einer halben Ewigkeit von ihm, als irgendwann im Hintergrund das Lachen und vereinzelte Stimmen der anderen zu hören sind, liegt aber noch eine ganze Weile einfach so mit ihm da und schaut ihn zärtlich an* *irgendwann widmen sie sich wieder ihrem Kaffee und als Jonas’ Stimme um kurz nach 10 laut “Früüüühstück!”* über das Gelände ruft, ziehen sie sich an und gehen gemeinsam rüber zur Hütte*
Matteo: *geht mit David rüber zur Hütte wo draußen bereits Frühstück aufgebaut ist* *sieht, wie Jonas grinst, als sie auf ihn zukommen: “Morgen, ihr beiden.”* *ist ihm ganz dankbar, dass er nichts weiter sagt und auch Hanna nur einmal sehr breit zu ihnen rüber lächelt* *sieht dann aber Carlos aus der Hütte kommen und stehen bleiben, als er sie sieht* *hört, wie Carlos fragt: “Warum steht ihr so weit auseinander?”* *schaut verwirrt zu David, der direkt neben ihm steht* Tun wir? *sieht dann wie Kiki Carlos den Arm um die Schulter legt: “Carlos, sie haben sich nicht getrennt, das kannst du doch sehen.”* *bekommt große Augen und sieht, wie Kiki sich zu ihnen wendet: “Carlos hatte gestern Nacht etwas Trennungsängste.”* *weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll über soviel Anteilnahme* Oh… uhm… nee, braucht er nicht, hier hat sich keiner getrennt. *denkt, dass es sich damit hat, wird aber Sekunden später von Carlos in eine Umarmung mit David gezogen* *muss nun doch lachen*
David: *wünscht allen Anwesenden ebenfalls einen guten Morgen, als sie die Hütte erreichen* *schaut dann einigermaßen verwirrt zwischen sich und Matteo hin und her bei Carlos Bemerkung und dann leicht schockiert bei Kikis Erklärung* *findet es ziemlich erschreckend, dass Carlos dachte, dass sie sich trennen, denn auch, wenn er sich bei dem Streit wirklich nicht wohl gefühlt hat, hat er nicht einmal mit dem Gedanken einer Trennung gespielt* *bestätigt Matteos Worte und meint nachdrücklich* Es ist alles gut! Keiner denkt an Trennung! *lächelt leicht bei Carlos’ erleichtertem Gesichtsausdruck und lacht leise, als er Matteo und ihn in eine Umarmung zieht* *hört ihn murmeln: “Ihr macht mich fertig, Brudis! Macht sowas nicht nochmal!”* *schüttelt den Kopf* Haben wir nicht vor… *löst sich von Carlos, aber lässt den Arm kurz um Matteos Taille gelegt* *gibt ihm einen kurzen Kuss auf die Wange, als er Hanna hört: “Leute, setzt euch, ich sterbe vor Hunger!”* und setzt sich dann auf seinen Platz zu den anderen* *hört Amira fragen: “Ihr habt euch gezofft gestern!? Krass… Aber jetzt ist alles wieder gut, ja?”* *nickt und hört dann Abdi: “Bin ganz froh, dass ich nicht live dabei war... sowas ertrag ich nicht! Streit innerhalb von CaDaMaJoAb geht gar nicht! Und schon gar nicht zwischen Davenzi…”* *lacht leise und schaut einmal in die Runde* *sieht, dass tatsächlich fast alle zu ihm und Matteo schauen und findet es einerseits süß, dass sie sich Gedanken machen, andererseits mag er es aber auch nicht, so im Mittelpunkt zu stehen* *sagt nachdrücklich* Es ist wirklich alles wieder gut… lasst uns frühstücken, bevor Hanna noch verhungert… *frühstückt mit allen zusammen und ist ganz froh, dass sich die Gespräche nach einiger Zeit tatsächlich in andere Richtungen gehen - vor allem Richtung des geplanten Floßbaus, mit dem sie gegen Mittag anfangen wollen, da Carlos, Jonas und Matteo noch duschen wollen* *legt den Arm um Matteo, als sie mit dem Frühstück fertig sind und bleibt noch einige Zeit mit den anderen am Tisch sitzen und unterhält sich* *steht auf, als Matteo sagt, dass er schonmal sein Duschzeug holt und beschließt, sich mit einer Tasse Kaffee an den Steg zu setzen und ein bisschen zu zeichnen* *geht mit Matteo zusammen zum Zelt, knutscht dort noch ein bisschen mit ihm, bevor sie sich am Steg trennen und Matteo Richtung Hütte verschwindet, wo er sich wahrscheinlich erstmal mit Carlos und Jonas zoffen muss, wer als erstes duschen gehen darf* *lässt sich auf dem Steg nieder und blättert ein bisschen durch sein Skizzenbuch, ehe er sich dazu entschließt, das alte Boot im Schilf zu zeichnen*
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Ansichtskarte
Bernsdorf. (Kr. Hoyerswerda). Konsum-Einkaufshalle Mitte
VEB BILD UND HEIMAT REICHENBACH (Vogtl)
Foto: {Heribert] Darr
1974
Annotation aus der FG Ostmodern
Philokartie am Mittwoch: Ein Konsum in Bernsdorf.
Fährt man von Hoyerswerda kommend durch die Oberlausitz zum Beispiel nach Ottendorf-Okrilla, Heimstatt der aufsehenerregenden Zwölfeckhäuser des Manfred Zumpe, die als Typ ursprünglich bis 30 Etagen Höhe gedacht waren, es hier aber bescheiden und dem Status als Experimentalbau angemessen nach dem fünften Stockwerk gut sein liessen, dann kommt man durch ein Städtchen namens Bernsdorf (Njedźichow). Dieses war und ist für sein Glaswerk bekannt, das den schönen maritimen Markennamen Ankerglas trug und dessen Produkte vielleicht noch hier und da im kleinen Geschirrregal einer Gartenlaube überleben oder im Keller, vergessenes Obst im Rillenglas eingeweckt durch die Jahre bewahrend.
Der heutige Markenname der noch existierenden Produktion erinnert, aber nur wenn man es auch weiß, an den Erfinder der Flaschenblasmaschine, der dafür nicht weniger als die Elliott-Cresson-Medaille erhielt, was jedoch in eine andere Zeit und auf einen anderen Kontinent führt und daher hier nicht weiterfolgt werden sollte. Außerdem war Michael Joseph Owens zum Zeitpunkt der dritten Übernahme des einstigen VEB Ankerglas 2004 nun durch O-I Glass (=Owens-Illinois) längst nur noch eine dezent in Granit gravierte Erinnerungin über dem Familiengrab in Toledo.
Ist man auf seinem Weg nach Ottendorf am Glaswerk vorbei, vielleicht in die Frage versunken, warum die DDR eigentlich ein gesondertes Ministerium für Glas- und Keramikindustrie hatte, immerhin mit einem Gründungsminister aus genau diesem Bernsdorf, der aber, weil er umgehend zu Minister für Leichtindustrie aufstieg, schnell durch einen aus Lauscha abgelöst wurde, dann ist es eigentlich zu spät. Man könnte noch schnell Am Wirschk abbiegen und sich die auch hier nur noch teilweise vorhandene Anlage eines typischen AWG-Wohngebietes ansehen. Diese Route gäbe einem zugleich die Möglichkeit, zurückzuzirkulieren und zwar über die Alte Schulstraße und Ernst-Thälmann-Straße und dann in den Neuen Markt um schließlich vor dem Getränkehandel Tamke einzuparken, als käme man im Škoda 100 mit Freiberger Kennzeichen und kokett alltagssubversiven D als Autoaufkleber angebraust. Man hätte sein Ziel erreicht und würde es doch nicht erkennen. Denn wo die konsum-Kleinstadtkaufhalle namens “einkauf mitte” mit einer wunderhübschen und sehr lichten Fassade aufwartete, findet man heute nur ein bis zur Gesichtslosigkeit überformtes Objekt, dem man kaum ansieht, dass es aus einer anderen Zeit als der Lidl der Landstadt stammt. Ursprünglich war es jedoch typisches Exemplar eines baukünstlerischen Bemühens um gelungene Gestaltung auch im Kleinen und in der Fläche, dessen Zeugnisse heute weitgehend dank Vandalismus, Abriss oder Umbau verloren sind.
Es bleiben Archivbilder oder Ansichtskarten, wie diese des im letzten Jahr sein VEB tragenden Verlags VEB BILD UND HEIMAT, für die BILD UND HEIMAT Urgestein Heribert Darr eine gewohnt überzeugende Bildinszenierung wählte. Das “punctum” ist hier, wie so oft, eine Person, eine junge Frau, die den Fotografen mit leicht mürrischem Blick anzublicken scheint. Sie im Außen wird gut ausbalanciert durch die zwei Personen im Inneren des Ladens, die Ware begutachten. Das Auto balanciert das Wohnhaus aus und der Himmel zeigt genau das richtige Maß an Wolken. Entsprechend gerahmt erscheint die “Konsum-Einkaufshalle Mitte”, wie es auf der Rückseite der Karte aus dem Jahr 1974 heißt, durch eine sauber zusammengestellte Aufreihung von distinkten Bildelementen und den stimmig verteilten Flächenbereichen von Himmel und Straße.
Erwartungsgemäß erobert sich der Sammlungsneuzugang eine Position im Satz meiner Lieblingsansichtskarten. Lange bevor er mich erreichte, war er im Februar von Bernsdorf nach Dresden gereist um rätselhaft nur zwei Wörter zu übermitteln: “Internationales Kinderspiel”. Zu rekonstruieren, was es hiermit auf sich hat, dürfte keines sein und muss daher für heute unterbleiben. [...]
(Berlin, 25.03.2020)
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Hallo! Ich heiße Jenny, und ich bin Amerikanerin. Können Sie ein paar Filme empfehlen? Filme und TV sind nützlich für mich Deutsch zu lernen. Danke für die Hilfe!
Oh, hallo!Das kommt sehr darauf an, was du magst/was du schon kennst. Ich habe einfach einmal ein paar sehr bekannte ausgesucht und vielleicht auch welche die kulturell interessant sein dürften.
Das Leben der Anderen spielt in der DDR. Es geht um eine Familie die von einem Stasi-Beamten überwacht wird, der langsam anfängt sich mit der Familie zu identifizieren. Goodbye Lenin ist so ziemlich ein Klassiker inzwischen und dürfte auch international erhältlich sein. (Es geht um eine Frau, die gegen Ende des DDR-Regimes ins Koma fällt und nach der Wende wieder aufwacht und ihre Familie muss ihr vorspielen, dass die DDR immer noch existiert, weil sie den Schock nicht überleben würde.Die Vermessung der Welt - das ist ein Film über Carl Friedrich Gauß und Alexander von Humboldt und ihr Leben.
Das Boot - muss man eigentlich nichts zu sagen
Der Baader-Meinhof Komplex, eine Verfilmung über die Ursprünge der ersten Generation der Roten Armee Fraktion und deren Mitglieder.
Ein anderer Klassiker ist die Feuerzangenbowle - schwarz weiß, aus dem Jahr 1944. Eine Komödie die eigentlich jeder Deutsche kennt (war als durchhalte Berieselung gegen Kriegsende in Auftrag gegeben worden) über einen Mann der sich als Schüler ausgibt etc. Ein Favorit von mir - auch wenn irgendwie nie jemand darüber redet? - ist Hotel Lux von Bully Herbig. Da geht es um zwei Schauspieler, die vor dem NS-Regime nach Russland fliehen und dort unter dem stalinistischen Regime überleben müssen. Klingt düster und ist für Herbig auch ziemlich ernst, aber immer noch teilweise sehr lustig.Sehr kontrovers aus verschiedenen Gründen - Er Ist Wieder Da - die Geschichte über Hitler, der im Deutschland der Gegenwart wieder erscheint und wieder Leute in seinen Bann ziehen kann - wie gesagt, aus verständlichen Gründen sehr kontrovers, aber ich finde das der Film auch kritischer mit verschiedenen Dingen umgegangen ist als das Buch und zumindest sehenswert ist, vor allem im Bezug auf die politische Situation der Gegenwart und moderne rechte Propaganda.
Die Welle - ziemlich bekannt, über einen Lehrer der mit einem Experiment seinen Schülern zeigen will, wie faschistische Ideologie entsteht und das ganze läuft immer mehr aus dem Ruder
Das Wunder von Bern - Ein Film über den deutschen Fußball-WM Sieg 1954
Fack ju Göte (1-3) - Weitab von meinen Lieblingsfilmen, aber inzwischen ziemlicher Kultstatus in Deutschland. Es geht um einen Kleinkriminellen, der sich an einer ziemlich heruntergekommenen Schule als Lehrer ausgibt, um an den Keller zu kommen, wo Geld aus einem Überfall liegt, an das er ranmöchte und dabei dann natürlich den deutschen Hard-on für “Tough Love löst alle Probleme” befriedigt. Ist aber auch ganz lustig.
Einfach weil ich es gerade gucke - Dark - Ist eine Serie, kein Film, aber auf Netflix und auf ziemlich hohen Niveau. (So eine Mischung aus Stranger Things, Life on Mars mit so einem Nordic Noir Einfluss und auch interessant weil es verschiedene Zeiten der neueren deutschen Geschichte behandelt
Eine andere Serie, die zumindest populär war und heiß diskutiert wurde - aber auch viel Kritik bekommen hat: Unsere Mütter, unsere Väter - eine Mini-Serie die einer Gruppe von Freunden durch ihr Leben im Dritten Reich folgt und was aus ihnen wird.
#vielleicht hat noch jemand Empfehlungen die er hinzufügen will#nonfandom#personal#BundesTag#rosy-eyed
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Hört auf, Krieg zu spielen!
Auf meinen täglichen Spaziergängen durch Berlin fühle ich mich immer mehr an unsere Cuba-Reise vor drei Jahren erinnert. Daran ist nicht die wachsende Lebensfreude auf den Straßen, beziehungsweise den Balkonen schuld (die peinlichen Versuche, diese von Videos aus Italien zu kopieren, wurden ja zum Glück weitestgehend eingestellt). Auch kann ich kein erhöhtes Aufkommen von Oldtimern auf Berliner Strassen beobachten und das Meer hat es, trotz Klimawandel, noch nicht an unsere Stadtgrenze geschafft.
Was die Erinnerungen an dieses erstaunliche Land hervorruft, hat mit der Produktwerbung im Stadtbild zu tun, respektive mit ihrem Fehlen. Es hat damals etwas gedauert, bis ich festgestellt hatte, wie sehr das die Wahrnehmung meiner Umgebung beeinflusst; und nach meiner Rückkehr nach Deutschland haben mir die großen, bunten Plakate und die blinkenden Schilder, die ich davor nie bewusst wahrgenommen hatte, eine ganze Weile geradezu körperliche Schmerzen bereitet.
In Cuba gibt es eben wenig, und von dem Wenigen, das es gibt, gibt es immer nur eine Sorte: Ein Waschmittel, ein Öl, eine Biermarke (zumindest für die einheimische Bevölkerung, aber das ist ein anderes Thema). Was sollte man da schon bewerben? Statt Kaufaufforderungen sieht man in Cuba viel Parteipropaganda. Von riesigen Häuserwänden und Plakaten bis zu handgemalten Flugblättern, überall liest man „VIVAN FIDEL Y RAÚL“, „HASTA LA VICTORIA SIEMPRE“ oder „TODO POR LA REVOLUCIÓN!“.
Nun wurde bei uns schon nach zwei Wochen ohne Shopping-Malls, dafür mit leisen Überlegungen, ob es wirklich richtig war, unser Gesundheitssystem zu einer gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft umzuwandeln, das Schreckensgespenst einer Europa-DDR heraufbeschworen, der Machtübernahme durch die Sozialisten oder Kommunisten („Was ist eigentlich der Unterschied? Egal! Von denen eben, die wollen, dass wir alle arm sind und uns in lange Schlangen einreihen müssen, um Klopapier zu kaufen.“). Was ich in den letzten Wochen tatsächlich beobachten konnte, war, dass die Plakatwände der Stadt sich verändert haben. Vieles, was dort sonst beworben wurde, wie Reisen und Veranstaltungen, ist im Moment nicht relevant. Und der ganze übrige Kram geht gerade nicht besonders gut. Zumindest Dinge, die so teuer sind, dass es sich lohnt, sie grossflächig zu bewerben. Da hält sich der Konsument im Moment eher zurück und investiert in Trockenhefe. Daher werden sich wohl auch die großen Firmen die Ausgaben sparen, beziehungsweise auf später verschieben, wenn der Konsum-Zirkus wieder Fahrt aufgenommen hat. Dass die Werbeflächen deswegen aber keineswegs frei bleiben, ist mir erst letzte Woche aufgefallen.
Angefangen hat es mit einem großen Schild auf dem Grünstreifen zwischen den zwei Fahrbahnen der Landsberger Allee. Dort wird sonst, im Wechsel mit Auto- oder Schlüpper-Werbung, die ungefähre Fahrzeit zum Alex oder der angemessene Abstand zu Fahrradfahrenden angezeigt. Jetzt ist dort zu lesen „Berlin kämpft gemeinsam gegen das Coronavirus!“. Zuerst habe ich das nur grammatikalisch hinterfragt. Ich bin zwar keine Deutschlehrerin, aber benötigt der Ausdruck „gemeinsam kämpfen“ nicht eigentlich mindestens zwei Subjekte, die das tun? „Lisa und Hans kämpfen gemeinsam.“ ist meiner Meinung nach ein korrekter Satz. „Lisa kämpft gemeinsam.“ eher nicht. Naja, „Das deutsche Volk kämpft gemeinsam“ würde grammatikalisch auch gehen, ich bin aber trotzdem froh, dass das nicht dort steht.
Während ich mir noch Gedanken darüber machte, ob „Berlin kämpft gemeinsam.“ vielleicht umgangssprachlich durchgehen könnte und das im Sinne einer Volksnähe bewusst so gewählt wurde („Besser sie verdummen, als sie kapieren es nicht.“), wechselte das Schild schon zur nächsten Botschaft: „Mit dem Rad zur Arbeit schützt vor Infektion.“ Diesem Satz fehlt eventuell das Verb „fahren“, aber ich bin, wie gesagt, keine Deutschlehrerin. Inhaltlich ist er natürlich korrekt, aber ich frage mich, ob Menschen, die da nicht selbst darauf kommen, sich überhaupt am Strassenverkehr beteiligen sollten.
Jetzt war meine Wahrnehmung geschärft, und ich sah mir auch die anderen Werbeflächen auf meinem Weg genauer an. Große Plakate der Apotheken sagen mir nicht nur, dass ich meine Hände waschen und dabei zweimal „Happy Birthday“ singen, sondern auch, dass ich öfter lächeln und hilfsbereit und lieb zu meinen Mitmenschen sein soll. Und spätestens da fing die Halsschlagader, die sich im Moment dank dem Ausbleiben von Touristenströmen und unverschämten Gagenangeboten eher ruhig verhält, an zu zucken. Ok, darauf, beim Händewachen „Happy Birthday“ zu singen, bin ich bisher tatsächlich noch nicht gekommen. Hat mir aber auch nicht wirklich gefehlt. Alles andere ist entweder die Grundausstattung eines zivilisierten Erwachsenen oder geht die Apotheken nichts an. Was unterstellen die mir denn, zu sein? Noch schlimmer sind jedoch die Botschaften auf den kleinen Plakaten der „Kulturplakatierung“ (Warum stellen die ihre Flächen nicht kostenlos Kultureinrichtungen oder Künstlern zur Verfügung, anstatt Plakate mit einem solchen Schrunz zu drucken?). „Geht nicht gibt’s nicht“ oder „Das Geheimnis des Erfolgs ist es, nicht aufzugeben“, steht da in großen Lettern. Botschaften, an die wir uns schon so gewöhnt haben, die uns auf Kaffeetassen und Mousepads belehren, dass wir sie überhaupt nicht mehr als Propaganda erkennen. Doch genau das sind sie! Und nur, weil sie netter klingen als: „Halt die Fresse, arbeite und kauf die Scheisse, die du kaufen sollst, und wenn du dabei unglücklich bist, ist es deine Schuld, du Versager!“, sind sie nicht netter, nur hinterhältiger.
Wenn ein Ausserirdischer in Berlin landen und sich anhand der Botschaften auf den Plakatwänden ein Bild über die momentane Lage machen müsste, würde er sehr wahrscheinlich von einem kurz bevorstehenden Weltuntergang, zumindest aber von einem Kriegszustand ausgehen. Überall wird der Zusammenhalt, die Solidarität, das positive Denken beschworen. Durchhalteparole an Durchhalteparole. Verdammt! Hört auf, Krieg zu spielen! Was tut ihr, wenn wirklich schlimme Dinge geschehen? Und die werden geschehen, wenn wir die Zeit nicht nutzen, um über Veränderungen nachzudenken und sie auch umzusetzen. Es sitzen keine Heckenschützen im Gebüsch, es gibt keinen Fliegeralarm.Wir haben sauberes Trinkwasser und Netflix. Die wenigen Lieferengpässe, die es tatsächlich gab, haben wir ausschliesslich unserer Gier zu verdanken.
Das Argument, dass das eine privilegierte Sicht sei, kann ich leider nicht gelten lassen. Den Menschen, denen es jetzt besonders schlecht geht, den Alleinerziehenden, prekär Beschäftigten, Kulturschaffenden, ging es auch schon vorher schlecht. Es hat nur keinen interessiert. Das einzige, was man ihnen genommen hat, ist - zumindest für eine gewisse Zeit - die Illusion, dass sie sich nur mehr anstrengen müssen, damit es ihnen besser geht. Wer also jetzt mit der Lage nicht klar kommt, kam schon vorher nicht damit klar. Das Besondere an der Situation ist, dass es im Moment ausnahmsweise salonfähig ist, sich darüber zu beklagen. Und damit will ich keineswegs die „Verlierer“ anprangern, sondern das System, das sie dazu macht.
Wenn wir jetzt also einen Kriegszustand heraufbeschwören, wenn wir Solidarität, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt als Krisen-Kompetenzen statt als Grundvoraussetzung für eine zivilisierte Gesellschaft definieren, verpassen wir eine große Chance. Und wenn wir uns als die großen Durchhalter und Opfer einer furchtbaren Situation stilisieren, bzw. stilisieren lassen, entziehen wir uns der Verantwortung für die Gesellschaft, in der wir leben. Wir spielen Katastrophe und Krieg, weil die meisten von uns aufregende Dinge nur aus Hollywood kennen. Und wir tun das auf dem Rücken von Menschen, die tatsächlich in Krieg und Armut leben und die wir seit Jahrzehnten schamlos ausbeuten. Wir sind ein ganzes Leben lang nicht in der Lage, über das System, in dem wir leben, nachzudenken, weil es uns zu gut in Bewegung hält. Jetzt hätten wir die einmalige Gelegenheit, es zu tun und lassen sie vorüberziehen, indem wir den Ausnahmezustand grotesk zur Apokalypse verzerren und den einzigen Ausweg in der „Rückkehr zur Normalität“ sehen. Ohne ein einziges Mal darüber nachzudenken, wie normal diese Normalität denn eigentlich war. Plötzlich bin ich umgeben von Menschen, die „davor“ ein ausgefülltes, buntes Leben voller Partys, Freunde und Geld hatten. Das ist eine ähnliche Lüge wie die der verrückten, sexprallen, dauerfeiernden Jugend, in der man jede Nacht durchgemacht hat und dabei aussah wie ein junger Gott.
Den Preis für das mit Abstand widerlichste Plakat dieser Kategorie gewinnt übrigens der Klamottenfabrikant „Ralph Lauren“: „Together we stand with you, your loved ones and the global community. We are one family.“ steht da. Ich könnte kotzen! Was für eine verlogene Scheisse ist das denn? Und was für eine Frechheit! Wer sagt denn, dass ich mit dir „standen“ will, Ralph? Wie kannst du es wagen, mich ungefragt zu deiner Familie zu zählen? Ganz abgesehen davon, dass du mich gar nicht in deiner Familie haben möchtest, denn ich zähle nicht zu denen, die sich ein Kleid für 400 Euro leisten können. Also spar dir die Mühe und spende das Geld an die „global community“, die Flüchtlinge an der EU-Grenze zum Beispiel, oder ermögliche den armen Menschen, die dein Zeug zusammennähen, ein menschenwürdiges Leben. Das würde ich für den Anfang unter „We are one family“ verstehen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich gehöre nicht zu der Fraktion „Die da oben wollen uns gängeln, einsperren und bevormunden.“ Ich tue das schon deshalb nicht, weil ich mich dann als „die da unten“ definieren würde. Aber auch, weil ich nicht an eine große Weltverschwörung irgendwelcher Eliten glaube. Die Angst vor dem „großen Plan“ wäre wahrscheinlich weitaus leichter zu händeln, als die Befürchtung, dass die Welt von einer ganz und gar planlosen Gier nach immer mehr und mehr regiert wird. Ich gehöre auch nicht zu denen, die die Maßnahmen der Regierung übertrieben finden. Das kann ich gar nicht beurteilen, denn ich bin keine Virologin. („Ich bin kein Virologe.“ ist irgendwie das neue „Lassen Sie mich durch, ich bin Arzt!“ geworden - aber das nur nebenbei.). Ich glaube, dass es „die Politiker“ ganz unhollywood-mäßig eben einfach auch nicht wissen. Ich bin sogar erstaunt, wie lange bei uns Menschenleben über den Profit gestellt wurden und hoffe, dass das noch eine Weile so bleibt. Es ist eine Krisensituation, aber eben keine Kriegssituation. Es geht in meinen Augen nicht um ein Durchhalten sondern um ein Umdenken und eine einmalige Chance, gewisse Weichen neu zu stellen.


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Die Aktuelle Stunde zu Maßnahmen gegen Homo- und Transfeindlichkeit
Wer es verpasst hat, kann sich die Reden hier ansehen. Ich hab mal live ein paar Dinge dazu aufgeschrieben. Tl;dr Die AfD labert scheiße, ein Typ von der CDU/CSU ebenfalls, Grüne, Linke und SPD sind auf unserer Seite.
Es sind wenig Abgeordnete da. Sad.
Die AfD ruft irgendwelche Scheiße rein.
Der Bundesrat hat heute beschlossen, Konversionstherpien zu verbieten und ich liebe sie dafür.
Sven Lehmann (Die Grünen) vergleicht das Verbot der Ehe für Alle mit den Nürnberger Gesetzen. It’s true and he should say it.
Er spricht auch mal den nationalen Aktionsplan an, den die Grünen einführen wollen und die TSG-Reform. Er will das TSG komplett abschaffen.
Jetzt kommt die CDU/CSU mit Axel Müller. Oh boy.
Er so: “Müssen wir das wirklich diskutieren?” JA MÜSSEN WIR! #niemehrCDU
“Wir brauchen keine Nachhilfe von ihnen” - Doch.
Er so: “Das interessiert niemanden mehr, wir haben doch schon die Ehe für Alle.” Ugh. Bitte löst eure Partei auf und nehmt die AfD gleich mit.
“Intersexualität und Transsexualität können nicht gleich behandelt werden.”
Oh nein, die Storch kommt. Wo ist meine Kotztüte?
Mimimimimimimi
“Aber die Muslime sind doch auch homophob!”
Jetzt fängt sie mit der Islamophobie an. Ich will hier nicht zu Gewalt aufrufen, aber es würde mir nichts ausmachen, wenn sie plötzlich verbrennen würde.
Jetzt kommt sie mit “Islamisierung” und, dass die Grünen alles kaputt machen wollen. Wessen Partei wollte denn die Ehe für Alle wieder abschaffen?
ENDLICH IST DAS VORBEI!
Karl-Heinz Brunner von der SPD fand die Rede auch kacke.
Lol, er hat gerade gesagt, die AfD soll halt in die muslimischen Länder gehen, weil sie auch homophob sind. Why would you say something so controversial yet so brave?
Er sagt auch, dass bei dem Thema noch mehr getan werden muss. Dann macht was. Ihr seid Koalitionspartner.
Er sagt, die Ehe für Alle ist ein Menschenrecht und er hat so recht.
Er will alle Minderheiten in Artikel 3 des Grundgesetzes aufnehmen. Wenn die SPD auch mal was machen würde, würde ich sie vielleicht sogar wählen.
Gyde Jensen von der FDP spricht den Anstieg von Straftaten gegen LGBT-Menschen an und, dass Berlin das einzige Bundesland ist, dass diese Straftaten einzeln erfasst.
Sie fordert eine Modernisierung des Abstammungsrechts und eine Reform des TSG
Sie will, dass man hoffentlich schon bald nicht mehr über das Thema debattieren muss.
*irgendjemand ruft rein* “Herr Hebner, nehmen Sie doch den Zug nach Hause. Sie müssen doch nicht hier sein.”
Doris Achelwilm von den Linken spricht an, dass der Stonewall-Aufstand jetzt 50 Jahre her ist und die meisten daran beteiligten nicht weiß waren.
Auch sie spricht die TSG-Reform an und findet den CDU-Entwurf kacke. Die Linke will das TSG ebenfalls abschaffen und sagt, dass Betroffenenverbände mehr Einfluss auf die Reform haben sollen
Medizin und Staat sollen nicht mehr entscheiden dürfen, wer trans ist und wer nicht. Konversionstherapien sollen verboten werden, intersexuelle Säuglinge sollen nicht mehr zwangoperiert werden und die Linke fordert noch einiges mehr.
Volker Ullrich von der CDU/CSU möchte, dass Homophobie international geächtet werden soll. In den nächsten Wochen und Monaten soll es in dem Bereich weitere Verbesserungen geben. Konversionstherapien sollen verboten werden.
“Es ist doch kein Schaden, wenn ein Kind irgendwie intersexuell ist.” Er will die Zwangsoperationen ebenfalls verbieten.
Er will trotzdem noch eine Zwangsberatung für Trans-Menschen. Alter, guck dir mal Norwegen an, da füllt man einfach online ein Formular aus und bestätigt seine Entscheidung dann nochmal schriftlich. Es ist nicht so schwer.
LGBT-Themen sollen in die Lehrpläne, damit Kinder nicht mit homo- und transphoben Schimpfwörtern aufwachsen. Warum gibt es nicht mehr solche Leute in der Union?
Oh nein, schon wieder die AfD mit Nicole Höchst.
“Die AfD ist nicht homophob und transphob, wir haben homosexuelle und transsexuelle Politiker in unserer Partei”
“Mimimi, die wollen, dass alle homosexuell und trans werden.”
Die Kinder! Kann bitte mal jemand an die Kinder denken?
“Wieso gibt es die Regenbogenflagge aber keine Flagge für Familien?”
Obligatorischer DDR-Vergleich
“Mimimi, es gibt nur Mann und Frau”
Jetzt geht es wieder um Flüchtlinge. Ich könnte ein Bullshit-Bingo für AfD-Reden erstellen.
Leni Breymaier von der SPD redet darüber, dass schon Kinder in Geschlechterrollen gedrängt werden. Auch sie findet den Entwurf zur TSG-Reform kacke und will, dass Trans-Menschen nicht mehr bevormundet werden und, dass Hürden abgebaut werden.
Kai Gehring von den Grünen legt sich mit der AfD an. Hoffentlich kommen die Grünen bei der nächsten Wahl in die Regierung. Ich hätte gerne einen grünen Kanzler, solange er nicht so pseudo-grün ist wie Winfried Kretschmann.
Er spricht auch an, dass transsexuelle Jugendliche ein höheres Suizidrisiko haben.
Er ist übrigens selbst schwul und sagt, dass Rechtsextreme es ihm damals schwer gemacht haben.
Melanie Bernstein von der CDU/CSU sagt ebenfalls, dass es noch viel zu tun gibt. Sie ist auch dafür, dass Trans-Personen selbst über ihr Geschlecht bestimmen sollen und, dass Zwangsoperationen verboten werden sollen. Schade, dass sie bei der Union ist. Es gibt da zwar einige, wenige vernünftige Leute, aber das hilft auch nichts, wenn der Großteil der Partei kacke ist.
Ulli Nissen von der SPD möchte über intersexuelle Kinder und Jugendliche reden, die teilweise zwangsweise Hormonbehandlungen kriegen. Sie will auch keine Bevormundung von Trans-Personen und merkt an, dass das Innenministerium (CDU-geführt) das gerade blockiert. How many times do we have to teach you this lesson, old man? Außerdem will sie Konversionstherapien verbieten.
Der letzte Redner ist Martin Patzelt von der CDU/CSU. Er meint, man solle sich auch andere Meinungen anhören und ist bereit, über Dinge zu diskutieren.
Er will auch, dass jeder den Umgang mit Homo- und Transsexuellen sucht und es seinen Kindern auch vorlebt, weil man so verhindern kann, dass Kinder homophob und transphob werden.
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Ein sehr ruhiger Samstag
|25.03.23
Entspannen war angesagt, denn das Wetter war unberechenbar und heftig. Als wenn es darauf warten würde, dass man einen Schritt vor die Festung mache, goss es wie aus Teereimern, den Feind abzuwehren. Echt fies und heimtückisch dieses Wetter.
Die ruhige Frau vom Nebentisch war heute an gleicher Stelle der Küste wie ich und wurde klitschnass, während ich noch gerade so Glück bei meinem Spaziergang hatte. Bei mir lag das Wasser spiegelglatt und sah wunderschön aus im Hafen.

Ich hatte keinen Wecker gestellt und wollte mich selbst überraschen lassen, wann ich wohl wach werden würde. Dann wurde ich das erste Mal um halb 5 wach und ging zur Toilette. Was das nun ist, dass ich wieder nachts auf die Toilette muss, hatte ich ja lange nicht. Aber vielleicht liegt das an den neuen Tabletten, der Arzt meinte ja, es werde Zucker ausgespült … Wieder hingelegt und wann wurde ich wach? Punkt Sieben, wie angeknipst wurde ich wach. So wach, dass ich mich mechanisch aufrichtete, reckte, und anzog. Danach runter zum Frühstück.
Nach dem Frühstück habe ich dann eine lange Weile im Bad zugebracht. Haare geschnitten, Bart gekürzt, Duschen usw usf … ihr wisst schon. Anschließend habe ich gelesen bis zum Mittagessen. Faul auf dem Bett gelegen.
Zum Essen bin ich dann mit der Jacke runter und von dort auf meine Nachmittagstour. Habe mich riesig darauf gefreut. Auf dem Plan lag die „Weiße Wiek“ am Hafen zum Spazieren gehen. Danach zweiter Versuch in Klütz ins Literaturhaus. Das Literaturhaus trägt den Namen „Uwe Johnson“.
Hier im Ort ist die Weiße Wiek einige Male ausgeschildert. Ich sah auf Fotos, dass das ein sehr schönes Bauwerk ist und wollte sie in Natura sehen. Ich irrte ein wenig umher, landete andauernd vor Hotelparkplätzen, bis ich anhielt und überlegte, wenn kein Hinweisschild mehr kommt, könnte es ja sein , dass man angekommen ist 😉 Und richtig, nach google-Maps stand ich genau davor. Hier nun betitelt als Ibero(-Ho)tel.

Also ich ins Vestibül und bisschen doof gefragt, weil, ich wollte durch die Halle gehen, nicht am langen Komplex entlang und dann vorbei, ihr seht es gleich auf den Fotos. Die Rezeptionistinnen waren sehr freundlich, gaben bereitwillig Auskunft und wiesen mir den Weg. Wow! Ich kam direkt in einen Yachthafen, hinter mir bog sich zu einer Mondsichel das Bauwerk des Hotelkomplexes. Wiek ist ein norddeutsches Wort für Bucht.








Die weiße Wiek liegt auf der Halbinsel, die zu Tarnewitz gehört (Boltenhagen eingemeindet). In der Nazizeit wurde hier mit neuen Waffensystemen geprobt und laboriert. Es nannte sich E-Stelle, wo 1945 erst die Engländer und Amerikaner landeten und später die Russen alles übernahmen. Die sprengten dann die Rollfelder des Versuchsflughafens und lange lag hier alles brach, bis 1952 die DDR-Seepolizei das Gelände übernahm, gefolgt 1963 von den Grenzbrigaden Küste der DDR. Nach der Wende wurde das heutige Gelände der Weißen Wiek, zu einer Marina mit angrenzender Hotelanlage und Badestrand ausgebaut. Und das hat sich echt gelohnt. Sieht märchenhaft aus.
Ich spazierte also dort durch den Hafen und besah mir alles, dann um den Hotelkomplex zurück zum Auto. Weiter nach Klütz.


Und nun muss ich mal gestehen, verdammt mich bitte nicht, dass der Schriftsteller Uwe Johnson, über den ich heute so viel gelernt habe, echt an mir vorbei gegangen ist. Das muss aber einfach daran liegen, dass er mich, da hinter dem Eisernen Vorhang, nicht berührte. Ich nahm ihn auch im Fernsehen nicht wahr. Während er also im alten Westdeutschland, als einer der ganz großen gehandelt wurde und zur Literatur-Gruppe 47 gehörte, in der auch Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Martin Walser, Siegfried Lenz (den liebe ich total!), Peter Handke Mitglieder waren, die ich namentlich zumindest schon kannte, war mir sein Name nie aufgegangen. Besonders erfolgreich wurde er mit einem Roman-Fünfteiler „Jahrestage“, die das deutsch-deutsche Verhältnis besprechen, mit Auslösung des Prager Frühlings als Startpunkt im Romanstoff. Nun bin ich darauf sehr neugierig.


Ich fragte später am Tresen, die Dame vom Museum, ob er denn mit Klütz eine direkte Verbindung gehabt hätte. Nein! Er stammte eher aus der Region Güstrow und Anklam. Nun gut, warum soll man in Klütz kein Uwe-Johnson-Literaturhaus einrichten? Grübel … grübel. Die Ausstellung an sich war sehr liebevoll kuratiert.
Die Begleitausstellung „Leseland DDR“, die mich ja dorthin gezogen hatte, war genau das, was ich vermutet hatte. Eine Propagandaschau von der „Bundesstiftung Aufarbeitung der DDR Diktatur“. Ich fand im WEB dann die dazugehörige Seite, wo man diese Ausstellung bestellen kann. Ja, man kann sie sich zusenden lassen, ausstellen und Geld nehmen. Ich zahlte 5 €. Darum hatte ich sie auch bei meiner Weg-Recherche in mehreren Orten der Bundesrepublik gefunden. Es sind Posteraufsteller, versehen mit QR-Codes und im Stil einer klassischen „Wandzeitung“ 😉, mit denen man propagandistische Filmchen und Interviews ansehen und anhören kann, wie schrecklich es in der DDR war. Dass angeblich Bürger ihre Bücher verkehrt herum ins Regal stellten, fand ich fast schon albern, weil das ja bei einer Hausdurchsuchung nach verbotenen Büchern gar nicht auffällt. Ich bin aus der DDR einst geflohen, weil mir die Lügerei und Unterschlagung von Fakten so dermaßen auf den Nerv gingen. Mein Vater hatte eine riesige Bibliothek mit Privatdrucken und schwer zugänglicher Literatur (auch aus dem „Westen“), aber wir hatten nie Angst deswegen verfolgt zu werden. Manchmal nerven mich diese Übertreibungen, ohne, dass ich das Regime der SED verharmlosen möchte. Ich denke, man hat viel Angst und verteufelt sehr bewusst eine oder jegliche sozialistische Regierungsform. Der Kapitalismus wehrt sich gegen jede verteilende Gerechtigkeit.
Ich verlinke Euch hier das Material zur Ausstellung, da kann man alles sehen, lesen, anhören und begutachten, wenn man mag, was auch in der „Schau“ zu finden war.
Ich hielt mich sehr lange dort auf und beschäftigte mich allerdings mehr mit Uwe Johnson und lernte ihn ein wenig kennen. Das war auch interessant. Und für mich, wie angedeutet, fast peinlich, dass so ein großer Literat mir durchgeflutscht ist. Böse DDR, böser Eiserner Vorhang!
Als ich weiterfahren wollte und daran dachte, noch ein wenig durch einen Park zu spazieren mit dem Ziel ein Café mit Kaffee und Kuchen zu finden, platzte dann ein wüster Regen los, mit Sturm und wieder einmal (diesmal kleinen) Hagelkörnchen. Ich war froh, im Auto zu sitzen, sonst wäre ich, wie meine Tischnachbarin, pitschenass geworden und so entschloss ich mich, den gemütlichen Samstag auch gemütlich ausklingen zu lassen.


Denn morgen ist ja auch noch ein Tag und den gehe ich genauso neugierig an… Kommt gut durch die Nacht, stellt eure Uhren um und habt einen schönen Sonntag, euer Bär-nd
Abendbrot war lecker (mit Heringssalat) … und Test wieder negativ 😉
#bookstagram#buchblogger#buch#podcast#book#bookaholic#podcaster#Kur#Boltenhagen#Rehabilitation#Kurzum#Kleber#Kurzgeschichten
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[Rezension] Geteilte Träume – Ulla Mothes

Inhalt: Eine junge Frau zwischen zwei Familien, zwischen Ost und West – ein großer DDR-Familienroman um das Glück im Kleinen und Existenzkämpfe im Großen Berlin, 1992: Erst als junge Frau erfährt Ingke, dass sie als Säugling zu DDR-Zeiten adoptiert wurde. Wer sind ihre wahren Eltern? Warum haben sie sie einst weggegeben? Und was bedeutet das für ihr Leben heute? Sie macht sich auf die Suche und stößt auf die Geschichte ihrer Herkunftsfamilie, die nach einem gescheiterten Fluchtversuch ihre Tochter verlor. Auf einmal hat die junge Frau zwei Familien, die um sie ringen: Ihre leibliche Mutter, die irgendwann von der BRD freigekauft wurde und bisher nichts über Ingkes Verbleib weiß. Und ihre vermeintlichen Eltern, bei denen sie behütet und geliebt aufgewachsen ist. Doch muss sie sich tatsächlich entscheiden? Ulla Mothes wirft in ihrem Debütroman einen intimen Blick auf die unterschiedlichen Facetten des Lebens in der DDR – respektvoll und authentisch Rezension: Jetzt erstmal die Tränchen aus meinen Augen wischen. Nun bin ich ja mit zwei Vätern beseelt und nicht mit zwei Müttern. Wobei ich sagen muss, Gefühle habe ich nur für einen - meinen Papa und dies ist nicht der leibliche. Aber ich kenne trotzdem diese innere Zerrissenheit, die ich bei der Hauptperson Ingke immer wieder spüre, wenn es um ihre Mutter geht. Ich habe immer wieder überlegt, wie würde ich reagieren, wenn ich auf einmal feststellte, dass ich adoptiert wäre? Würde ich meine Mutter suchen, damit ich einfach Gewissheit habe. Es ist schon tragisch, wie Ingke erfährt, dass sie adoptiert wurde. Sie möchte ihrer Mutter, die sie liebt, Knochenmark spenden, da sie hofft, dass sie kompatibel ist. Bei den entsprechenden Voruntersuchungen stellt dann einen Arzt fest, dass sie, obwohl sie die Tochter ist, nicht spenden kann. So kommt dann raus, dass sie adoptiert wurde. Jetzt bekommt sie von allen Familienmitgliedern ein Teil der Familiengeschichte erzählt. Von Emma Beerenhain bekommt sie erzählt, wie sie das Gut halten konnte, so dass dieses Gut mehr oder weniger in Familienbesitz blieb und eine eigenständige LPG daraus wurde. Sie erfährt von deutsch-deutsche Liebesgeschichten, die einen immer wieder in das Blickfeld der Stasi gebracht haben. Man wollte und konnte aber die DDR nicht verlassen, da man sich nicht sicher sein konnte, ob die Familie nicht dadurch Nachteile erleiden würde. Man war sich sicher, dass die Schwester dann nicht ihr Studium in der DDR machen konnte. Maren, welche Ingkes gefühlte Mutter ist, erzählt ihrer Tochter, dass sie keine Kinder bekommen konnte und warum und wie es passiert ist. Nachdem Ingke herausgefunden hat, dass ihre Mutter Petra Schröder ist, erzählt ihr ihr Vater Kelle, wie die Adoption abgelaufen ist. Sie erfährt auch, dass ihre leibliche Mutter ihrer Adoptivfamilie bekannt ist. Petra Schröder wollte zusammen mit ihrer Mutter Ingrid, und Ingke in den Westen flüchten und wurde dabei erwischt. Als erstes findet sie aber durch ihre Familie ihren Opa Bernhard, der vor dem Mauerbau im Westen war, um Arbeit zu finden. Bernhard war vorher neun Jahre im Gefängnis, weil die Regierung der Meinung war, dass er den Staat zersetzen wollte. Alleine die Lektüre von „Animal Farm“ und dass er sich Gedanken über bessere Landwirtschaft als die Monokultur gemacht hat, reichten dafür aus. Er erzählt vom Gefängnis, davon wie es war nach dem Krieg zu überleben und es nimmt einen irgendwie immer wieder mit. Petra, Ingkes leibliche Mutter, erzählte ihr, wie sie Ingkes Vater kennengelernt hatte und auch, wie sie entstanden ist, von ihrer Lehre im Hotel Stadt Berlin, einem Interhotel in der DDR, von ihren Erlebnissen mit der Fürsorge der DDR, ihrer gescheiterten Flucht und ihren ersten Erlebnissen in der BRD. Es ist so vieles, was auf mich eingeprasselt ist, einmal die Zwangsadoptionen in der DDR, aber auch das Leben in der DDR im Allgemeinen. Und nein, es ist nicht alles schwarz aber auch nicht weiß, sondern so wie das Leben nun mal ist. Alles ist immer auch mit Grautönen versehen, so wie das Leben überall nun mal ist. Jeder von uns hat so seine schwarzen Seiten, auch wenn wir es oft gut meinen. Es ist nun der zweite Roman, über Zwangsadoption in der DDR, weswegen ich diesen Roman erstmal nach hinten versetzt habe, einfach um einen emotionalen Abstand zu haben. Ulla Mothes hat ihn aber enorm warm geschrieben. Es ist eine Atmosphäre in dem Roman, die einen nicht mehr loslässt. Man möchte einfach mehr lesen, mehr wissen wie ist es entstanden, wie waren die Motive und es sind 440 Seiten, die man lesen will. Einfach auch, um vielleicht einiges zu verstehen. Wenn man die deutsch-deutsche Geschichte etwas besser verstehen und fühlen möchte, dann sollte man sich dieses Buch einfach zu Gemüte führen. Man lernt vieles über die Gedanken und Gefühlswelt. Ich freue mich schon jetzt auf den nächsten Roman der Autorin. Ich bin mir sicher da kommt noch was. Irgendwie habe ich auch schon eine Idee, aber lest selbst und lernt die Familie Beerenhain/Schröder kennen und lasst uns aus geteilten Träumen gemeinsame Träume machen! Verlag: Lübbe Verlag ISBN: 978-3-7857-2729-4 Bücher.de Genialokal.de Hugendubel.de Thalia.de Freiheitsplatz.de Büchergilde FFM Lesen Sie den ganzen Artikel
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Im Januar schrieb ich hier „Sicher nicht mein einziger, aber wahrscheinlichst mein größter Literaturkarrierefehler, nicht meine DDR-Kindheit und -jugend literarisch zu verwerten.“ Betonung liegt da auf „DDR“. Zwar ist dieser Identitätsaspekt (das Aufwachsen in einer Diktatur, in einem Land, das es in gewissem Sinn nicht mehr gibt) in meinen Texten nicht abwesend, aber ich habe ihn nicht prominent gemacht, ihn insofern doch etwas versteckt, auf ihn als ‚Pfund zum Wuchern‘ verzichtet. Begründung war: das „hat zu tun mit der Empfindung, dass jene gesellschaftlichen Umstände trotz einigen (auch negativen) Einflusses auf meine Biografie nicht so einflussreich waren wie all die Ereignisse, über die ich sehr wohl schreibe.“ Also sie deutlicher beschreibe. Ereignisse und Hintergründe und Erfahrungen, die sämtlich auch identitätsmitformend sind, nur eben nicht explizit vom politischen System her. Die andere sich weiter auswirkende, identitätsmitformende Erfahrung ist die der Auswanderung und damit einhergehend Sprachveränderung. Zwar habe ich im Land meines ‚Exils‘ (bald zwanzig Jahre) nicht die Landessprache zu der meines Schreibens gemacht, aber doch wurden die Einflüsse evident, da mein Deutsch sich unter dem Druck der Gegensprache zu deformieren begann. Ich habe das als Vorteil empfunden, denn es hilft der literarischen Stilisierung, es erweitert Verfremdungsmöglichkeiten, indem die Gegensprache etwa in der wörtlichen Rückübersetzung und in ihrem Metaphernvorrat mein Deutsch eigentlich erweitert. Es ist ein Themenfundus und wirft dauernd ein neues Licht auf meine Herkunfts- und Mutter- und Vatersprache: die Vergleiche, warum etwas evtl. seit wann wie gesagt wird oder werden soll, treten geradezu tagtäglich auf. Und das auch schon vor der Zeit, als ich diesen Umstand ‚professionell‘ ausweitete durch die Arbeit als Übersetzer (seit ca. 2017). Ich erinnere mich, dass ich zu der Zeit der Geburt meines Sohnes wohl schon in der Gegensprache träumte und dann wegen meines Sohnes viel mehr darauf zu achten begann, wieder mehr und ‚richtig‘ Deutsch zu sprechen (denn er sollte das ja doch als Vatersprache mitbekommen) - und dass mir das nicht so leicht fiel. Mein Kopf musste sich ‚gleichsam‘ dauernd korrigieren. Und dieser Zwang hat sich erhalten, weil eben doch die Mehrsprachigkeit (das Englische, aus dem ich auch übersetze, hat in meinem Lebensland wie auch durch andere ‚Brotarbeiten‘ seinen erheblichen Einfluss) der ‚Rückkehr‘ zum ‚normalen‘ Deutsch Steine in den Weg legt. Und ich selber sie mir. Und dann kommt noch der nicht zu unterschätzende Aufwand der Insistenz gegenüber meinem Sohn hinzu, dass ich konsequent das Deutsche mit ihm spreche und ihn immer wieder auch animiere, selber das Deutsche zu sprechen, zu lesen etc. Angedeutete Entfremdungserscheinungen bezgl. Sprache flossen folglich in meine autofiktionalen Texte ein, als Teil einer Auswandererbiografie wie als Sprachverfremdung. Meine drei bisherigen Romane zeigen das: der erste Roman handelt von einer zweiten Auswanderung/Flucht eines Auswanderers, nun ins Phantastische, womöglich in eine Art Phantasma, das keine Katastrophe beeinhaltet, aber auch keinen Ausweg. Der zweite Roman handelt von der Rückkehr eines Auswanderers zu dem verwaisten Bauernhof, wo er aufwuchs, sich dort dann aber - zunächst jedenfalls - in ein Computerspiel flüchtet (dessen Name etwas mit Robinsonaden zu tun hat). Der dritte Roman handelt von einem Auswanderer, der eine Großstadt als Auswanderungsort zu akzeptieren scheint, allerdings Entfremdung von seinem (noch kleinen) Sohn befürchtet, welcher in dieser Stadt geboren eine andere erste Sprache lernt/spricht - und vielleicht um der eigenen Kindheit auf einem Bauernhof willen versucht dieser Vater nun, mit dem und auch für den Sohn, einen Kleingarten am Großstadtrand zu bekommen. In den beiden ersten Texten ist Sprachverfremdung stärker Stilmittel, im dritten Stilmittel und Thema. Denn die Sprachdifferenz zwischen dem Erzähler und seinem Sohn erzeugt bei jenem das Gefühl (die Befürchtung) einer Entfremdung, das durch die Stadtkindheit (und weitere Lebensumstände) des Sohnes noch verstärkt wird. Umsomehr gerät Sprache im Text auch zum Reflexionsgegenstand - und umsomehr werden biografische Andeutungen des Erzählers zu Bedeutungen, die Lesern solche Auswanderungskonflikte vermitteln. Mehr noch aber richtet sich dieser Text direkt an den Sohn, der mit dem Du angesprochen wird, wiewohl die Textsprache ‚nur‘ die Vatersprache ist, ein keineswegs ‚kindgerechtes‘, sondern u.a. situationsgemäß etwas fremdartiges Deutsch - und wiewohl der Sohn folglich auf sehr lange Zeit den Text nicht lesen können wird. Und dennoch ist Sprache in diesem Text wiederum nicht das prominent herausgestellte Identitätsthema, sondern steht - verbunden freilich - neben den Identitätsaspekten Auswanderung und Dorfkindheit und (u.a.) weiterem Familienhintergrund, die ich in meinem zweiten Roman ausführlicher betrachtet habe. Rein konzeptuell wäre jeweils eine komplexitätserhöhende Zwischensprache möglich gewesen, doch erachte ich das biografisch wahre Moment wichtiger, also die leichte Beeinflussung der einen durch die andere Sprache, unter der Prämisse der Subtilität. Auch wäre im dritten Text eine fiktionale Wendung möglich gewesen, durch die die Sprachdifferenzen auch im engeren Sinne ‚politisch‘ werden. Zumbeispiel, indem Vatersprache und/oder Sohnsprache in einem kolonialistischen oder in größerem Maßstab konfliktstärkeren Kontext stehen, womit Unterschiede zwischen Ländern, Orten, Sprachen, Biografien, Generationen schärfer aufgeladen werden. Aber wiederum: meine Lebenswirklichkeit selber gibt diese Schärfe, so viel Pfeffer und Salz, wie beim Thema „DDR“ (s.o.), so nicht her. Umsomehr kann es sein, dass Form (Sprachstil, Konstruktion usw.) und typische/existentielle Individualerfahrung im Kleineren (Psyche, Körper, Kindheit, familiäre Beziehungen usw.) für mich wichtigere Gegenstände wurden und/oder geblieben sind. Marktstrategisch wirkt derlei derzeit nicht besonders; Formfragen führen bei Komplexitätserhöhung weg vom literarisch leichter verkäuflichen Mittelstrom, Individualerfahrung ohne Exposition politischer Großthemen ist eher fern von werbewirksamen Diskursen, und beides zusammen dürfte dann umsoweniger zu Aufmerksamkeit in der Aufmerksamkeitsökonomie führen. LDK ist nicht zuletzt deswegen eben LDK. Bezgl. Formfragen reiche ich eine weitere Erläuterung nach, nämlich zu meiner hier verwendeten Formulierung „... denn über all der expliziteren Politik wird fast dauernd die Form vergessen, und d.h. auch: die Form nicht als etwas Politisches erkannt...“ - Form ist selber eine politische Kategorie, denn logischerweise ermöglicht sie erst den Ausdruck, den die explizitere politische Literatur zu ihrer Wirksamkeit selber benötigt. Arbeit an Form ist damit Arbeit für Wirkung, also Grundlagenforschung. Und das ist zudem der stärkste Einwand gegen Formalismuskritik. Dies ausweitend sage ich dazu, dass Wirkung (auf Leser) wiederum logischerweise nicht ohne Leserpsyche denkbar ist, ausführlichst in der Rezeptionsästhetik insbesondere von Robert Jauß (siehe dessen Hauptwerk „Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik“) betrachtet, die lange im Schatten der Produktionsästhetik gestanden hat. Psyche (des Produzenten, des Rezipienten, des literarischen Personals) ist selber eine politische Kategorie, denn logischerweise können wir ein politisches Subjekt nicht als ‚unpsychisches‘ begreifen und sind seine ggf. expliziter politisch relevanten Handlungen Gegenstand von Psychologie und Psychoanalyse, wie sie für die ”Theorie der autoritären Persönlichkeit“ von derart großer Bedeutung waren/bleiben (wie schon für Freuds “Massenpsychologie und Ich-Analyse”). Was die deutschsprachige Literatur und da meine Leseerfahrung betrifft und das mit Blick auf Kindheit- und Jugenderfahrungen, sehe ich nochimmer Karl Philipp Moritz’ „Anton Reiser - Ein psychologischer Roman“ als den großen Vorläufer stark autobiografischer Analyse einer Psyche. Umso bemerkenswerter ist Moritz’ Text, da er nebst Darstellung und Kritik der familiären und dann gesellschaftlichen Vorbedingungen eine extreme Häufung im Detail aufweist. Die Häufung dient u.a. der Annäherung an ein Ich, erschwert zugleich das Lesen, was Verleger späterer Ausgaben wiederholt Anlass zu erheblichen Kürzungen gab, leider. Moritz war übrigens auch Initiator und Herausgeber des „Magazins zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte“, der ersten Psychologie-Zeitschrift im deutschen Sprachraum (die LDK noch für sich zu erkunden gedenkt). Seelenkunde dürfte, will sie Wirklichkeitskomplexität offenlegen (Moritz: „den Blick der Seele in sich selber schärfen“), ohne eine gewisse Mikroskopie, Wiederholung, Variation, Redundanz nicht auskommen - und das hat Folgen für die literarische Form. Der Blick auf die Seele eines andern, weit extremistischer noch als Moritz, das ist der Blick Arno Schmidts auf Edgar Allan Poe in ”Zettels Traum”. Das spekulative Aufspüren von Poes ‚Seelenregungen‘ in dessen Texten als ein endloses Unterfangen, wie Freuds Traumdeutung, die gleichwohl den Vorteil hatte, sich auf je einigermaßen übersichtliches Traummaterial beschränken zu können, während Poes Textmaterial und das (die ‚Etyms‘ als sprachliche Hinweise auf Unbewusstes tragende) Sprachmaterial überhaupt ganz anderen Umfang erreicht. Schmidt zitiert Shakespeares Bottom aus A Midsummer Night's Dream gleich vornweg (im Original: “Man is but an ass if he go about to expound this dream.”), in Schmidts Übersetzung: “Der Mensch ist nur ein Esel, wenn er sich einfallen läßt, diesen Traum auszulegen.” Schmidt wusste, was für ein Esel er war, sich einfallen zu lassen, diese Texte Poes (so und dann noch so aufwändig über Jahre) auszulegen bzw. durch Pagenstecher und auch das weitere Personal von “Zettels Traum” auslegen zu lassen. Die Folge: Mikroskopie, Wiederholung, Variation, Redundanz, Parallelisierung von Text in Spalten, teils mehrsprachige Betrachtung - mit dem Resultat eines Buches der Unmöglichkeit. Nächstes Autor in meiner Reihe psychologischer Literatur ist, wenig überraschend, Thomas Bernhard. Ich nehme als Beispiel seinen Roman „Beton“ (ein lesungsbasiertes Hörspiel dazu findet sich hier): das Akkumulieren der Gedanken des Ich-Erzählers Rudolf, der es nicht schafft, den ersten Satz der von ihm geplanten Studie zu Mendelssohn Bartholdy zu schreiben. Stattdessen schreibt R. über diese Unfähigkeit, in langen Sätze und bruchlosem Fortgang, mit Wortrotationen und Übertreibungen in die Superlative, mit Tiraden zu Krankheit, politischen und familiären Verhältnissen, zur eigenen Psyche und (Über-)Empfindlichkeit, zu Hypochondrie, Misanthropie und Pessimismus. Letztlich kann sich Rudolf noch nach der Erfahrung des Schicksals einer jungen Frau bis hin zu deren Selbstmord nicht aus seinem In-sich-Kreisen lösen. Mikroskopie, Wiederholung, Variation, Redundanz mit absurdistischen Folgen, teils deutlich komischer als die Absurditäten beim (ja ernsten) Moritz und bei Schmidt, zugleich bezgl. des Schicksals der jungen Frau auch tragischer als die streckenweise auch bedrückenden Zustände im ‘Anton Reiser’. Von andern, diese Reihe erweiterndem Büchern und Autor*innen ein anderes Mal; die Reihe ist trotz Schwierigkeiten lang, und LDK wird sicher ein Alter von 110 erreichen. Manchmal denke ich, es ist Eselei, und rede mir doch gern ein, dass eine ‚Seelen- und Wirklichkeits- und auch Sprachkunde‘ mittels Schwierigkeiten mehr vom Salz und Pfeffer ihrer Gegenstände erfasst, als eine ‚einfache, klare‘ Sprache das kann. Und das ist nochnicht genug, denn wenn sich dann die Schwierigkeiten verselbständigen, entsteht nebst einer Art Widerspiegelung dieser Welt noch eine andere.
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Der große Umbau
Je weniger Rassismus es gibt, desto heftiger wird er vorgeworfen und angeprangert. Je mehr Freiheiten genommen werden, desto besser? Je einheitlicher die vorgeschriebene Meinung, desto besser?
Die große Utopie bestand immer darin die Welt zum Paradies zu machen, wozu der Mensch ein anderer werden muss, die Gesellschaft eine andere werden muss, „das System“ anders werden muss.
Aus den Menschen andere zu machen, um so die Welt zu verbessern, ist bisher nie gelungen. Eine neue Gesellschaft zu schaffen, in der alles anders und besser sein soll, ging bisher immer schief. Die Französische Revolution hat es nicht geschafft, die Nazis haben es nicht geschafft, die Kommunisten haben es nicht geschafft, so oft und so gewaltsam sie es auch immer versucht haben. Jedes Mal lief es einzig auf eines hinaus: Das vermeintlich Gute sollte den Menschen mit Gewalt aufgezwungen werden. Jedes. Einzelne. Mal. Und wenn das nicht funktionierte, die Menschen das nicht mitmachten, waren immer die anderen Schuld. Jedes. Einzelne. Mal. Wenn es sich um linke Utopie handelte.
Trotzdem heißt es besonders bei linksideologischen Utopien immer noch, das utopische Ding sei nur nicht richtig gemacht oder nicht wirklich versucht worden. Und der nächste Versuch wird gefordert. Egal, dass das nie funktioniert hat. Ob in der Sowjetunion, der DDR, Vietnam, China, Kambodscha, Kuba, Venezuela, oder sonstwo.
Es konnten nur Systeme „überleben“, die sich anpassten. Die Französische Revolution wurde von Napoleon ad absurdum geführt. Die Nazis zettelten Krieg an und wurden besiegt. Die Kommunisten in Russland (wie auch der DDR und den anderen Ostblock-Ländern) wurden gestürzt. Die Kommunisten in China haben den Kapitalismus weitgehend zugelassen, halten sich deshalb politisch noch an der Macht und alles unter Kontrolle. Mit der maoistischen Kommunismus-Ideologie hätten sie das nicht geschafft.
Die Lehre daraus: „Wir müssen es erstmal richtig machen.“ Dafür sind die Linksextremisten seit „1968“ auf dem Marsch durch die Institutionen oben angekommen. Aber den ganz Radikalen reicht das nicht. Und die scheinen sich zu vermehren – klar, wenn man sieht, dass linkes Gedankengut auf dem Vormarsch ist, aber der eigene Daseinsgrund damit verschwindet, wenn man nicht Radikaleres fordert.
Wir erleben das im Moment mit den ganzen irren Bewegungen wie BLM, Antifa und so weiter. Hinter deren ganzem Menschenrechts-Geschwafel verbirgt sich eine linksextreme Agenda, die ein Ziel hat: Chaos und Anarchie zu säen, um Bestehendes zu vernichten, damit sie ihre eigene Ideologie endlich verwirklichen können.
So kommt es, dass ausgerechnet die Westler, die z.B. als Gesellschaft Rassismus verabscheuen und dagegen vorgehen, auf einmal erleben müssen, dass sie als DIE Rassisten schlechthin gelten und das auch noch von Leuten aus der eigenen Mitte. In den USA, wo der Rassismus weiter zurückgedrängt ist/war, als je zuvor in der Geschichte, haben Ideologen es geschafft die Gesellschaft als rassistischer als je zuvor zu stigmatisieren. Mit einem Problem, weil sonst funktioniert das nicht: Rassisten sind ausschließlich Weiße, Farbige können keine Rassisten sein. Und bei den „Demonstrationen“ dazu (sprich: den Brandschatzungen von Innenstädten und Gewalttaten gegen Menschen) stellt sich immer wieder heraus, dass dort kommunistische Parolen das Klima anheizen und leninistische Prinzipien der Vernichtung aller, die nicht zu mindestens 100 Prozent mitziehen, bestimmen, wo es lang und wo es hingehen soll.
Und so wird heute Rassismus überall gesucht und behauptet. Rassismus ist weniger aktuell als je zuvor, also muss er konstruiert werden. Und lasst da bloß Daten und Fakten nicht in die Quere kommen! Schwarze Verbrecher, von der Polizei getötet werden zu Helden stilisiert und ein systemischer Rassismus behauptet, obwohl die objektiven Zahlen nicht dafür sprechen. Und dann wird auf einmal alles zu systemimmanentem Rassismus konstruiert – als jüngstes Beispiel in Oxford, wo klassische Musik und ihre Komponisten als rassistisch gelten und deshalb abgeschafft werden müssen. Oder wenn in Oregon die Mathematik als rassistisch gebrandmarkt wird. Dort gibt es dann ein Programm, um den Rassismus aus dem Mathematikunterricht herauszuschaffen – und wer genau hinsieht, findet dann in der Begründung dieses Programms den wahren Grund für dessen Erstellung:
Often the emphasis is placed on learning math in the ‘real world, as if our classrooms are not a part of the real world. This reinforces notions of either/or thinking because math is only seen as useful when it is in a particular context. However, this can result in using mathematics to uphold capitalist and imperialist ways of being and understandings of the world.
„Oft wird das Erlernen von Mathematik in der realen Welt betont, als seien unsere Klassenzimmer kein Teil der realen Welt. Das verstärkt die Vorstellungen des Entweder-Oder-Denkens, denn die Mathematik wird nur dann als nützlich betrachtet, wenn sie sich in einem bestimmten Kontext befindet. Das kann jedoch in der Nutzung der Mathematik die Aufrechterhaltung kapitalistischer und imperialistischer Gepflogenheiten zum Ergebnis haben, wie die Welt ist und wie sie zu verstehen ist.“
Alles klar?
Das Ziel der ganzen Chose ist eine kommunistische Utopie. Die durchaus mit Gewalt durchgesetzt werden wird, wie wir von der Antifa lernen. Und nicht nur der, sondern auch den angeblichen Politikern der Mitte, die einzig das Feindbild Rechtsextremismus aufbauen, der ebenfalls immer stärker „bekämpft“ wird, je unbedeutender er wird. Aber dafür wird umgekehrt jede Gefahr der Gewalt von Links heruntergespielt bis geleugnet, gegebenenfalls tatsächliche Gewaltorgien in „friedliche Proteste“ umgelogen, wie im Fall der zerlegten Innenstädte nicht nur von Portland und Seattle.
Widerstand, der sich gegen diesen Wahn regt, wird nicht mit argumentativer Auseinandersetzung begegnet, sondern mit Diffamierung, Ausgrenzung, Vernichtung der Lebensgrundlagen bei allen, die „denen da oben“ und ihren ideologischen Handlangern auf allen Ebenen nicht passen. Und das auch noch, ohne dass die Politiker-Kaste groß dazu auffordern muss, das machen die Medien und Eliten und sonstige schon in vorauseilendem Gehorsamseifer selbst! Ein Trainer verliert seinen Job, weil er sich kritisch über die Migrationspolitik äußert. Ein Schriftsteller wird von seinem Verlag kaltgestellt und der Verkauf seiner Bücher eingestellt, weil er etwas gesagt haben soll, das er nicht gesagt hat – aber das auf der falschen Kundgebung. Die Liste lässt sich fast beliebig verlängern.
Die Antifa geht gewaltsam gegen missliebige Politiker und normale Menschen vor. Und die Medien „berichten“ so, dass die linksextremen Übergriffe wirken als seien sie von denen begangen worden, gegen die die Linksextremisten da am Werk waren. Derweil übernimmt der Staat immer mehr und immer zentraler Dinge, für die er nicht zuständig war, greift in die wirtschaftlichen und persönlichen Freiheiten ein und das alles „im Namen der Demokratie“. Der Demokratie, die immer weiter unter die Räder kommt. Föderale Strukturen werden zerstört, um durch zentralorganartige Machtgremien ersetzt zu werden. Parlamente geben Zuständigkeiten an Regierungsgremien ab. Selbstverständliche Freiheiten werden plötzlich zu Privilegien stilisiert, die nur durch Zwangsmaßnahmen wieder – und auch das nur teilweise – zurückgegeben werden.
Letztes Jahr um diese Zeit waren alle Verschwörungstheoretiker, die die aktuellen Verhältnisse vorausgesagt haben. Heute sind alle Verschwörer und Staatsfeinde, die Alternativen aufzeigen (die es nachweislich gibt, denn andernorts werden sie gelebt). Immer mehr soll ausschließlich der Staat regeln (klassische kommunistische Zielsetzung), weil der angeblich alles besser kann. Wie das Maskenchaos zeigt oder auch der Hauptstadt-Flughafen, nicht wahr?
Seit Jahrzehnten wird uns „links gut bis perfekt; rechts böse und verbrecherisch“ eingetrichtert. Heute sind wir so weit, dass die Leute das mehrheitlich glauben. Steter Tropfen höhlt den Stein und eigenständig gedacht wird nicht mehr, das macht der Staat für uns. Und wer nicht mitzieht, muss beseitigt werden. Nicht mehr mit einer eigens dafür geschaffenen Stasi oder Gestapo, das machen „Private“ – Medien, Großindustrie, usw. Die biedern sich der Politik an, die brauchen gar nicht erst mit irgendwelchen Maßnahmen auf Linie gebracht zu werden, sie tun das von sich aus. Richtig gute Untertanen.
Ich bin gespannt, wann Heinrich Manns „Der Untertan“ verboten wird. Vielleicht ja auch nicht, weil der so umgedeutet wird, dass die heutigen Untertanen heute das Gegenteil davon sind. Wer das anders sieht, wird kriminalisiert und zum Feind gemacht. Cancel Culture in Reinform. Problem gelöst. Die angeblich konservative große Volkspartei ist mit dabei, sie ist derart nach links abgedriftet, dass jeder ihrer Politiker, der früher mal was zu sagen hatte, heute als Neonazi gelten würde. Was ja durchaus in der Lebenswirklichkeit wiederzufinden ist, wo die Denkmäler an und Statuen von Helden wie Winston Churchill, Abraham Lincoln und anderen abgerissen werden sollen. In Deutschland macht sich das bisher an geforderten Umbenennungsorgien für Straßennamen fest. Aber wenn Erich Kästner auf einmal als Rassist geführt wird, weil er in dem Pazifismus-Buch „Konferenz der Tiere“ an einer Stelle von einem „Negerjungen“ schreibt, verdeutlicht das, wie irre das Ganze ist.
In was für einem Land leben wir, dass Leute, die sich völlig zurecht auf das Grundgesetz berufen, als staatsschädigend kriminalisiert werden? Dass jemand, der bei einer Kundgebung ein Grundgesetz mit sich führt, um seine Rechte zu belegen, als Staatsfeind betrachtet wird, ohne dass ihm nachgewiesen werden kann, dass er Unrecht hat? Wo einzelne Journalisten, die noch ihrem Auftrag nachgehen, aber nicht der allgemeinen Lobhudel-Linie für die Regierung folgen, straflos angegriffen werden können und die Kollegen freuen sich auch noch darüber und befeuern das sogar?
Was für eine Gesellschaft ist das, die Rassismus dadurch „bekämpfen“ will, dass sei eine Hautfarbe zum Merkmal von Rassisten machen und alle anderen dieser bösartigen Einstellung freisprechen? Was ist das für eine Gesellschaft, wo nur noch Gleichschritt in Meinung und Haltung gelten soll und davon Abweichende kriminalisiert werden? Wo man Dissens nicht mehr argumentativ austrägt, sondern über Ausgrenzung bis hin zu lebensgefährdender körperlicher Gewalt?
Die Antwort kann nur lauten: in einem Land, in einer Gesellschaft, die totalitäre Züge angenommen hat und sich auf dem Weg in die Diktatur befindet. Was natürlich ganz anders verkauft wird. Aber die DDR wurde uns ja auch als Demokratie verkauft und die Sowjetunion als Friedensengel.
All das sind Anzeichen einer Gesellschaft, die dem Untergang geweiht ist. Realitätsverweigerung, Kuschen vor Totalitären, Appeasement gegenüber Terrorregimen, Kungeln mit Diktaturen – und wer das so nennt oder gar anprangert, ist Verschwörer bis Staatsfeind. Danke, da mache ich nicht mit. Das ist verlogen und kriminell. Super, dieses Land, in dem wir gerne als schon länger hier Lebende leben sollen.
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Mit links.
Seit langem gärt es in mir. Auseinandersetzungen, mit Personen, die naturgemäß sozialistisch erzogen wurden, stehen an der Tagesordnung. Das beschäftigt einen umso mehr, ist die betreffende Person in deiner eigenen Familie. Dazu sollte angemerkt werden, dass es zwar lauter wird, jedoch nicht handgreiflich. Interessant ist dann immer dass reflexartig, nur die Lautstärke des anderen festgestellt wird. Täter-Opfer-Umkehr. Auch Beleidigungen stehen an der Tagesordnung. Was mir besonders bitter dabei aufstößt, dass unzählig viele Themen immer und immer wieder durchgekaut wurden. Und bei zahlreichen Themen kommt es sogar regelmäßig zu Übereinstimmungen. In jedem neu stattfindenden Gespräch kann davon leider meistens keine Rede mehr sein. Man muss dem Gesprächspartner ja überzeugen oder gar vor etwas retten. Einen überzeugten Sozialisten, dem es in der DDR, zumindest gefühlt, besser ging, überzeugst du nicht mehr. Die DDR bildete einst den selbsternannten antifaschistischen Schutzwall. An sich begrüßenswert. Wenn du dich dieses Arguments auch heute noch bemächtigst, wird so getan, als müssten wir uns erneut nur gegen eine bevorstehende Nazi-Diktatur erwehren. Die Nazis standen jedoch nicht gerade für Meinungs-Pluralismus. Liberale und Konservative kritisieren heute jedoch, dass es immer weniger Pluralismus, vor allem in der Meinungs- und Willensbildung, zu geben scheint. Um uns vor Faschisten zu schützen, dürfen wir selber nicht zu Faschisten werden! Die Opposition in diesem Land bilden nicht ausschließlich Nazis! Skurrile Gestalten hast du in jeder Partei.
Apropos Überzeugung, ich muss nicht gerettet werden. Da ist keine dunkle Macht, die Besitz von mir ergreifen will. Ich will lediglich das geltendes Recht angewendet wird. Worauf der Westen stolz sein konnte, war seine Rechtsprechung. Sie zu unterminieren, um anderen irgendwelche Gefälligkeiten zu erweisen, ist nicht im Sinne von ihr und der von ihr getragenen Gesellschaft. Es wird halt nur stets von denen gemacht, die es können. Unabhängig von irgendwelchen geschichtlich verbrieften Abkommen und Vereinbarung der Siegermächte, wären bestimmte Themen doch niemals auch nur angesprochen worden, wenn unser Alltag mehr oder weniger schlecht seinen weiteren Verlauf genommen hätte. Mir ist dabei völlig bewusst, dass es hundert prozentige Sicherheit sowieso nie gegeben hätte.
Nun aber zum Kern meiner Kritik, die auch eine Aufarbeitung für mich sein soll. Ich habe immer gesagt, dass die Ur-Sozialisten und ihre Splittergruppen immer gewusst haben wer sie waren. Und sie wussten wo sie im Leben hinwollten. Ihre Ideologen, waren sehr intelligente Leute. Sie waren in meinem Ermessen keine Berufsoppositionellen. Sie klagten an und setzten öffentlichkeitswirksam, ganz ohne Internet, Zeichen gegen die herrschende Klasse. Sie lebten äußerst gefährlich, weil damalige Monarchien nicht so viel von solidarischen Arbeiterbewegungen hielten. Der sozialistische Ursprung ist übrigens im ehemaligen Zarenreich Russland zu suchen. Die herrschende Klasse hat bei den Aufständen damals wider Erwarten scharf zurückgeschossen.
Das heutige linke sowie stark gemäßigte sozialdemokratische Bestreben hat diesen Geist längst verloren. Was wir heute haben, ist eher Gleichmacherei, ganz im Sinne der französischen Revolution. Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns. So sind die sogenannten linken Ideologen heute eher Berufsstudenten und Realitätsverweigerer. Sie fallen auch zunehmend dadurch auf, Leute kollektiv anzufeinden, die sich ihrer Wurzeln nicht länger schämen, und den gesellschaftlichen Verfall offensiv anprangern. Heute ist es Wertekanon geworden stets für alles zu sein. Das Leben im Jetzt und Hier ist wichtig, nicht das Vermächtnis. Auch liegt es in deren Ermessen alles vergangene niederzubrennen, damit sich niemand mehr über jemand anderen stellen kann. Welch löblicher Gedanke. Ein Heer von gut situierten Egoisten.
Nur leider interessiert das die entscheidenden Institutionen wenig. Für sie ist nur wichtig, dass der Rubel rollt. Viel zu hohe Steuern prangern die heutigen Linksideologen genauso wenig an, wie den mittlerweile fehlenden Anreiz überhaupt noch aufzustehen um einer geregelten Arbeit nachzugehen. Der Staat regelt schon unseren Alltag. Wir geben ihm das Geld, er gibt uns etwas Unterhaltung und Nahrung. Niemand käme auf die Idee den Staat zu hinterfragen. Es gibt noch aufrichtige Sozialisten, die den Staat zumindest anders ausrichten wollen. Doch dieser Wahnsinn von heute ist eine Beleidigung für jeden, der irgendwann mal eine Idee vom Leben hatte. Wer nicht mit der Revolution ist, ist gegen sie. Doch was eigentlich für eine Revolution, eine Wohlstandsrevolution? Eher nicht. Und überhaupt, warum sollte ein hier knapp über den Existenzminimum arbeitendes Individuum seine Steuer ohne Gegenleistung verteilen wollen? Warum sollte er sich hinter Menschen einreihen, die nichts anderes geleistet haben als indigen woanders zu sein? Er hat Recht wenn er sich darüber echauffiert. Mit jedem Stück Butter entrichten wir übrigens eine Steuer (Mehrwertsteuer).
Manch andere Bürgerbewegung, unabhängig von Kultur und Ort, hat uns in der Regel nicht nur die Waffen voraus, sondern vor allem eine Idee. Unabhängig wie ich dazu stehe, lassen sich offensichtlich immer wieder Menschenmassen mobilisieren und rekrutieren. Doch gemein haben deren Ideologen mit unseren, dass die entscheidenden Leute sich in der Regel nicht die Finger schmutzig machen. Sie lachen in ihren, auf Kissen gebetteten Logen, umgeben von leichtbekleideten Frauen darüber, während die Bevölkerung deren ideologischen Wahnsinn nacheifert. Die Waffe ist nie das Problem, den Abzug betätigt sie in der Regel nicht selber. Wofür du etwas machst ist entscheidend. Selbst wenn es noch so dumm anmutet. Unsere heutige Opposition trachtet übrigens nicht verkitscht nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sie will lediglich zurück zur Bodenständigkeit. Die paramilitärischen Schlägertruppen sind zumeist wohstandsgekränkte Jugendliche und gescheiterte Sozialromantiker, die argwöhnisch auf die Visionen anderer blicken und von bestimmten öffentlichen Institutionen auch noch dafür begünstigt werden. La Terreur. Gleichheit ist kein Naturgesetz, wenn es zu Lasten von anderen geht. Sicher ist immer, dass die Last kaum Wohlhabende zu (er)tragen haben. Man muss immer Verantwortung für sein eigenes Handeln übernehmen. Und wenn die Eigenermächtigung dazu führt, dass es woanders staatliche oder zivile Gegenwehr gibt, dann zahlt das Individuum schlicht die Zeche für sein eigenermächtigtes Handeln. Das Individuum hat dann vielleicht, aus Sicht der anderen, einfach die falsche Entscheidung getroffen.
Es gibt einen ganz entscheidenden Punkt der der wirklichen staatlichen Opposition, ob parlamentarisch, oder zivilgesellschaftlich in die Hände spielt: die Fakten. Neo-Linke, fast religiösem Eifer verfallende, Humanisten, verweisen gerne auf die Untaten der eigenen Bevölkerung oder bemüßigen reaktionär verschiedene geschichtliche Ereignisse. Am lautesten sind dann immer jene, denen die staatliche Ordnung gegenwärtig Schutz gewährt. Zumeist intellektuelle, doch physisch benachteiligte. Vernachlässigt wird dabei gerne das menschenverachtende Vergehen, als sie selber eine staatliche Ordnung errichteten. Da war es ja stets nur für das Gute. Ansichtssache. Ich denke gesellschaftlich frei ist man nur wenn man von allem etwas einfließen lässt. Was jedoch niemals geopfert werden darf, die eigene Herkunft. Das Bewusstsein woher man kommt. Die heutigen Linken tun zumeist so, als hätten sie ihre Weltbilder aus sich heraus kreiert. Als wären sie der Anfang. In Wirklichkeit sind ihre Thesen jedoch auch einer, zu würdigenden, menschlichen Weiterentwicklung entsprungen. Ihre Thesen sind Weiterentwicklungen von Personengruppen, die einst vor ihnen da waren. Sie könnten heute nicht so reden wie sie es tun, wenn ihre Thesen nicht irgendwo einen Ursprung hätten.
Heute zeichnet die politische Linke zunehmend aus, dass sie sich der Diskussion verweigert, und direkt denunziert und verleumdet. Und diese Reaktion ist ein Spiegelbild in unserer Gesellschaft. Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber. Fakten gehören benannt. Und wenn ein woanders indigenes Individuum unserer Gesellschaft Schaden zufügt, dann ist das ein Fakt. Es gab und gibt immer und überall Straftäter, die aus dem eigenen Land kommen, wäre dem nicht so, bräuchte man ja keine Gefängnisse und Polizisten, doch man kann doch dieses Argument nicht ins Feld führen, wenn das Individuum eigentlich garnicht hätte da sein müssen. Oder man bemüht sich des Übernatürlichen und nimmt an, das Opfer hatte ein besonders schlechtes Karma. Insofern wäre es so oder so durch eine andere Hand getötet wurden. Fände ich jedoch sehr bezeichnend, da die Opfer nicht selten sozial engagiert waren. Das heutige Weltverständnis sogenannter Linker beruht rein auf humanistischen Grundsätzen. Du wirst diese Thesen jedoch nicht aufrecht erhalten können, wenn du nicht weißt wo du herkommst und wo du hinwillst. Wenn es das neue Rechtsverständnis ist, über Dekaden erstrittenes Recht einfach außer Kraft zu setzen, wird am Ende alles außer Kraft gesetzt. Es folgt eine naturgemäße Zurückentwicklung, in der physische Kraft, die einzige Gesetzmäßigkeit ist.
Wenn man am gesellschaftlichen Klima der Neuzeit etwas positives finden will, dann in der Auseinandersetzung untereinander und mit sich selber. Die Gesellschaft als ganzes stellt endlich kritischere Fragen. Man hatte schon mitunter das Gefühl, als wären wir etwas träge und selbstgefällig geworden. Ironischerweise auf dem Rücken einer, dem Wachstum unterworfenen, Wirtschaft. Vielleicht hat die Wirtschaft auch die Bevölkerung zu wenig mitgenommen. Sie dachte mit der Steuerabgabe sei sie ihrer Verantwortung nachgekommen. Auch für die Wirtschaft gilt der Grundsatz des Ursprungs und der Ziele. Vielleicht begreift die Wirtschaft sich auch als Teil von etwas ganz anderem. Was ich eingangs bereits andeutete ist, dass viele Menschen heute mehr denn je Orientierung und Halt suchen. Sie sind dabei sogar bereit, ihre Sicherheit aufzugeben, um etwas neues zu etablieren woran sie glauben können. Wir haben uns in Europa gegenwärtig diverser Rechtsprinzipien unterworfen. Das ist der Leitfaden, dem wir gefolgt sind. Doch dann kam die Erosion. Die als neue Religion angepriesene Rechtsstaatlichkeit bekam erste Risse. Viele Widersprüche auch unter den Institutionen. Für die herrschende Klasse ist die Aufklärung aus der alten Welt ein Fluch. Wir werden zwar immer noch irgendwie feudal beherrscht, doch wissen mittlerweile sehr wohl, was gut oder schlecht für uns ist. Zumindest wenn wir ab und an etwas über den Horizont hinausschauen. Keiner weiß was die Zukunft bringt, doch die Konflikte zwischen den Menschen verlaufen, egal zu welcher Epoche, immer ziemlich gleichförmig ab. Heute hast du natürlich noch unzählige Brandbeschleuniger. Die Zukunft dieses Kontinents wird darin liegen, welche Orientierung er für die Gesellschaft schafft. Ich glaube mittlerweile, dass der zeitgenössische Europäer mehr als ein orientierungsloser Konsument ist, transferierbar von A nach B.
#Politik#Gesellschaft#Gedanken#Stimmung#Medien#Ideologien#Orientierung#Zeitgeist#Europa#Deutschland#Vergangenheit#Zukunft#Steuern#Wirtschaft#Text#System
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Mit Erich in der Zeitmaschine
Das Schöne an saisonal bedingten Depressionen ist, dass man sie eigentlich immer haben kann, denn es ist ja immer irgendeine Saison. Trotzdem ist es nicht gerade die leichteste Übung, die schwarze Wolke, die mich im Moment durch meine Tage begleitet, mit der Saison „wunderprächtigster Altweibersommer“ zu begründen.
Mein Stimmungstief im Spätsommerhoch ist wahrscheinlich eher darauf zurückzuführen, dass ich meine Zelte in Berlin bald abbrechen muss, um mich bis Ende Januar auf eine Theatertournee zu begeben. Ein Luxusproblem, nicht nur in diesen besonderen Zeiten. Schon vor Corona war es in meiner Branche eher Statussymbol als Normalität, Arbeit zu haben, die nichts mit Milchaufschäumen oder Bierzapfen zu tun hatte. Jetzt natürlich erst recht! Ich hätte also allen Grund, das mir so wohlgesonnene Schicksal auf Knien zu lobpreisen. Stattdessen jammere ich rum, weil ich ein paar Wochen in Vier-Sterne-Hotels leben muss.
Der gute Friedrich Merz hat schon recht: "Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht alle daran gewöhnen, dass wir ohne Arbeit leben können.“, sagt er, der es im Gegensatz zu mir und den meisten von uns ganz sicher könnte. “Wir müssen zurück an die Arbeit." - Ja, Friedl, gut, dass du es sagst, hätte ich sonst glatt vergessen...
Ich wundere mich selbst, dass mir Veränderungen immer und immer wieder so zu schaffen machen. Genau wie das Kofferpacken – egal ob für ein Wochenende oder für mehrere Monate. Die viele Übung, die ich darin habe, scheint da keine Meisterin aus mir zu machen. Das Ruckeln beim Gangwechsel ist und bleibt jedes Mal höchst unangenehm. Dabei kommt es gar nicht so sehr darauf an, ob es sich um eine gute oder um eine nicht so gute Veränderung handelt. Und aufs Alter kann ich es auch nicht schieben. Schon als Kind löste jeder Urlaub, jeder Schulwechsel, jeder Friseurbesuch eine Krise bei mir aus. Bauchschmerzen, totale Antriebslosigkeit, Angst.
Das einzige, was ich noch weniger mag als Veränderungen, sind keine Veränderungen: Wenn sich zu lange nicht mein ganzes Leben auf den Kopf stellt, werde ich nervös, unzufrieden, fühle mich unterfordert und versuche alles, um Veränderung herbeizuführen. „Zu lange“ bedeutet in meinem Fall ein bis zwei Monate. Das zu wissen hilft mir aber in den Momenten, in denen ich die ersehnte Veränderung verfluche, nur wenig.
Auch wenn das alles ziemlich pathologisch klingt, ich bin damit nicht allein. Im Gegenteil: Wenn man sich im Umfeld der „Corona-Rebellen“ (gibt es eigentlich auch die „Heuschnupfen-Rebellen“? Da wäre ich sofort dabei!) umsieht, befinde ich mich mit meinem schizophrenen Verhältnis zu Veränderungen zwar nicht in bester, aber zumindest in ziemlich lauter Gesellschaft. Da werden sich tote Kaiser nicht nur zurückgewünscht, sondern gar zurückgefordert, der Umsturz der bestehenden Gesellschaftsordnung proklamiert, Masken verteufelt, weil man die bisher ja auch nicht brauchte, eine neue Regierung soll her und alles wieder so werden wie früher.
Absurderweise scheinen gerade diejenigen, die am unzufriedensten mit dem Status quo sind, auch die größte Angst vor Veränderung zu haben. Das Schreckgespenst einer „DDR 2.0“ wird unter jedem zweiten Post heraufbeschworen, in dem es um ein bedingungsloses Grundeinkommen oder menschenwürdige Löhne für Krankenschwestern geht. Und seltsamerweise sind es weder die wirklich Reichen, noch die wirklich Armen, die sich so sehr vor der Invasion der roten Socken fürchten, dass sie tapfer mit den Springerstiefeln marschieren. Es scheinen eher diejenigen zu sein, die gerade ein kleines bisschen mehr verdienen als eine Krankenschwester.
2.0 ist übrigens gnadenlos veraltet, liebe „Ich-hasse-mein-langweiliges-Leben“-Rebellen. Bei Wikipedia steht nachzulesen:
„Web 2.0 ist ein Schlagwort, das für eine Reihe interaktiver und kollaborativer Elemente des Internets, speziell des World Wide Webs, verwendet wird. Dabei konsumiert der Nutzer nicht nur den Inhalt, er stellt als Prosument selbst Inhalt zur Verfügung. (…) Die Verwendung des Begriffs nahm jedoch zugunsten des Begriffs Social Media ab.“
Wenn Ihr also vermitteln wollt, dass Ihr noch nicht zum alten Eisen gehört, müsstet Ihr eigentlich von einer „DDR Social Media“ sprechen. Ich finde ja, das klingt etwas seltsam, aber was tut man nicht alles, um jung und dynamisch zu wirken.
Interessant hingegen finde ich den Begriff „Prosument“. Jemand, der „Inhalt selbst zur Verfügung stellt“. Das wäre doch mal was! Vor meinem geistigen Auge entsteht eine paradiesische „DDR Social Media“, in der die Nutzer*innen, sprich Bürger*innen Inhalt (INHALT, nicht nachgeplapperte gequirlte Scheiße aus Youtube-Videos) selbst zur Verfügung stellen. Wenn wir uns auf dem Weg zu sowas Ähnlichem befinden sollten, wird es noch ein weiter sein. Aber vielleicht, so meine leise Hoffnung, führt er ja vom Konsumenten der Vergangenheit über den Kontrasumenten der Gegenwart zum Prosumenten meiner utopischen „DDR Social Media“.
Apropos DDR: Ich als neutrale Schweizerin darf ja wohl noch sagen, dass ich die Worte des Genossen Honecker: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ gerade sehr zeitgemäß finde. Woher kommt eigentlich die Vorstellung, es könne nur wiederkommen, was schon einmal da war? Wäre es nicht vorstellbar, aus dem was war zu lernen und darauf aufzubauen? Es wird sich etwas ändern, es ändert sich ständig etwas. Und es wäre das erste Mal in der Geschichte der Menschheit, dass ein System ewig währt. Es muss ja kein totaler Umsturz sein, nicht die grosse Revolution. Denn denkt daran, Leute: Sowas führt schnell mal zu Engpässen in der Toilettenpap... – uups, das Wort wollte ich ja in meinen Texten nicht mehr verwenden – in der Nudel-Versorgung.
In irgendeinem der zahllosen Selbsthilfebücher, deren Studium mindestens genauso viel Zeit in Anspruch genommen hat, wie die verkorkste Kindheit, die ich damit zu überwinden versuchte, stand der für mich bis heute wichtige Satz: „Nichts kostet so viel Kraft, wie dafür zu sorgen, dass alles so bleibt, wie es ist.“
Veränderung steht eben paradoxerweise gleichzeitig für das Leben – nur was tot ist, bewegt sich nicht mehr - und für die Vergänglichkeit. Vor allem die Vergänglichkeit und die Bedeutungslosigkeit unserer kleinen, putzigen Egos. Und diese wehren sich eben genau in den Momenten heftigst, in denen sie lernen sollen, dass es weitaus Wichtigeres gibt als sie. Dazu passen auch die fast rührend kindlichen Schilder, die vor erwachsenen Männerbäuchen durch die Straßen getragen werden: „Heute schreiben wir Geschichte!“ Nein, eben nicht! Wir schreiben gerade alle keine Geschichte, wir gucken alle ziemlich dumm aus der Wäsche, wissen nicht so recht, wie uns geschieht und wohin die Reise geht. Und solange wir keine Inhalte, sondern nur diffuse Unlustgefühle zur Verfügung stellen können, sollten wir diese vielleicht einfach mal für uns behalten und lernen, sie auszuhalten.
Freiheit und Grundrechte werden nicht dadurch verteidigt, dass man veränderte Bedingungen einfach ignoriert. Im Gegenteil: Sie können nur bewahrt werden, indem man diese Veränderungen erstmal annimmt (oder wie meine Selbsthilfebücher sagen würden: „Den Ist-Zustand akzeptiert“). Die Grundrechte garantieren neben der freien Entfaltung der Persönlichkeit eben auch das Recht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit und zwar für alle, nicht nur für mich. Und wenn ich nicht alles in meiner Macht stehende tue, damit andere nicht in ihren Grundrechten beschnitten werden, verwirke ich auch meinen eigenen Anspruch darauf. Schon vor der Seuche war eine halbwegs friedliche Koexistenz in unserer Gesellschaft nur dadurch möglich, dass man die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit bisweilen unter die Unversehrtheit anderer gestellt hat: Meine Persönlichkeit hätte ohne das, was ich altmütterlich als „gute Kinderstube“ bezeichnen würde, anderen Persönlichkeiten schon des Öfteren heftigst eine in die Fresse gehauen. Will sagen: Wenn das Recht auf freie Entfaltung meiner Persönlichkeit dazu führt, dass das Recht (meiner Mitmenschen) auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit nicht mehr gewährleistet ist, finde ich es, da man eine tote oder schwer kranke Persönlichkeit nicht mehr frei entfalten kann, erstmal logisch, dem einen Recht eine größere Gewichtung zu geben als dem anderen.
Natürlich kann ich auf meinem Recht beharren, aber das bringt schlussendlich niemandem etwas: Wenn es zur freien Entfaltung meiner Persönlichkeit gehört, eine Katze zu halten, mein Kind aber plötzlich eine schwere Katzenallergie entwickelt, kann ich natürlich auf meinem Recht, eine Katze zu halten, bestehen. Aber wahrscheinlich werde ich mich schweren Herzens dafür entscheiden, die Katze (in Einzelfällen vielleicht auch das Kind) wegzugeben. Das ist in dem Moment, in dem es zu einer Veränderung der Umstände kommt (das Kind hat eine Allergie, die es davor noch nicht hatte), die vernünftigste Entscheidung. Das heisst nicht, dass ich mich für alle Zeiten damit abfinden muss, eine katzenlose Persönlichkeit zu sein und auch nicht, dass es ein neues Gesetz gibt, das die gleichzeitige Haltung von Kindern und Katzen verbietet. Es wäre nur sinnlos, dem Kind vorzuwerfen, dass Katzen früher, ohne seine Allergie, kein Problem gewesen seien. Es ist jetzt so, wie es jetzt ist, und nur von diesem Punkt aus können wir weitergehen.
Denn, liebe Freunde von der „Mir-sitzt-da-ein-Furz-quer“-Front: Köche sollten eigentlich kochen und Sänger eigentlich singen können, aber Physik haben sie in den allermeisten Fällen nicht studiert. Also, egal, was sie Euch erzählen: Ihr sitzt nicht in einer Zeitmaschine, die Euch zum Kaiser oder zum Führer zurückbeamen kann. Und auch nicht in eine, wie auch immer geartete, DDR. Genauso wenig übrigens in eine Zukunft, in der Euch die gebratenen Hühner in den Mund fliegen und Ihr in Flüssen aus Milch und Honig badet. (Zugegeben, ein unglücklich gewähltes Bild für die Anhänger eines veganen Kochbuchautors, aber Ihr versteht, was ich meine...) Die Zukunft entsteht nämlich durch unser Verhalten in der Gegenwart. Und wenn Ihr Euch schon für so bedeutend haltet, dass irgendjemand ein Interesse daran haben könnte, Euch zu chippen oder zu überwachen, dann seid Ihr auch so bedeutend, Verantwortung für diese Zukunft mitzutragen.
Leider ändern all diese Ansprachen ans Volk nicht nur nichts am Volk, sondern auch nichts an der Tatsache, dass ich schon bald den großen Koffer aus dem Keller holen und mein eben gerade frisch bezogenes Nest verlassen muss. Oder eben verlassen darf. Denn schlussendlich weiß ich ja, dass es mir jedes Mal gut tut, mich der großen weiten Welt zwischen Espelkamp und Bietigheim zu stellen. Ich entscheide jetzt eben mal vier Monate nicht selbst, mit wem ich meine Tage verbringe, auf welcher Matratze ich schlafe und wie mein Kaffee zubereitet ist. Es wird keine Barista-Hafermilch geben, dafür lange Staus auf der Autobahn und ungeheizte Garderoben. Das alles werde ich überleben, und es wird mir dabei kein Zacken aus der Krone fallen. Im Gegenteil: Ich bin fast sicher, dass ich auch von dieser Tour wieder viele schöne Begegnungen, kuriose Geschichten, neuentdeckte Orte und viel frischen Wind in mein Nest zurückbringen und natürlich - aber das versteht sich ja von selbst – einmal mehr Theatergeschichte schreiben werde.
Und ganz egal, wie es kommt: Es ist ein verdammt schönes Gefühl, zu wissen, dass der große Ruck, den ich mir dafür geben muss, nicht in erster Linie meiner Bequemlichkeit, sondern vor allem der Tatsache geschuldet ist, dass ich mein Leben, so wie es jetzt ist, für eins der besten halte. Oder, um es mit den Worten des großen Winnie the Pooh zu sagen: "How lucky I am to have something that makes saying goodbye so hard.“
Zuerst erschienen: CulturMag 1.10.2020
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Diesmal der erste gesamtdeutsche Autor der 1960er Jahre, im Westen Mitglied der Gruppe 47, im Osten des DDR-Schriftstellerverbandes. Hier eine seiner Erzählungen. Mehr: https://www.kunoweb.de/2019/11/19/weblit/ @draberlin @Wagenbach_News @DVAVerlag
MÄUSEFEST
Die Erzählung "Mäusefest" von Johannes Bobrowski, 1962 verfasst, legt Zeugnis ab von der fast vollkommen zerstörten Kultur des osteuropäischen Judentums. Der Name des Helden Moise Trumpeter ist jiddisch, er selbst spricht auch Jiddisch, eine aus mittelhochdeutschen, hebräischen, romanischen und auch slawischen Elementen durchmischte Sprache. Wie diese selbst eine Form des interkulturellen Austauschs darstellt, so geht es im Werk Bobrowskis auch immer wieder um die Auseinandersetzung mit einer Vergangenheit des Zusammenlebens verschiedener Ethnien im mittelosteuropäischen Raum, besonders um das Verhältnis der Deutschen zu ihren osteuropäischen Nachbarn. In den beiden Erzählbänden "Boehlendorff und Mäusefest" und "Der Mahner" werden die wesentlichen durch den Krieg hervor gerufenen Zäsuren im Leben der Generation des Autors sowie Menschen, Landschaften und Geschichtliches seiner Heimat Ostpreußen geschildert. Bobrowskis Versuch der Aussöhnung brachte ihm noch vor seinem frühen Tod mit achtundvierzig Jahren ungeteilte Anerkennung sowohl in der DDR wie in der BRD.
Moise Trumpeter sitzt auf dem Stühlchen in der Ladenecke. Der Laden ist klein, und er ist leer. Wahrscheinlich weil die Sonne, die immer hereinkommt, Platz braucht und der Mond auch. Der kommt auch immer herein, wenn er vorbeigeht. Der Mond also auch. Er ist hereingekommen, der Mond, zur Tür herein, die Ladenklingel hat sich nur einmal und ganz leise nur gerührt, aber vielleicht gar nicht, weil der Mond hereinkam, sondern weil die Mäuschen so laufen auf den dünnen Dielenbrettern. Der Mond ist also gekommen, und Moise hat Guten Abend, Mond! gesagt, und nun sehen sie beide den Mäuschen zu.
Das ist aber auch jeden Tag anders mit den Mäusen, mal tanzen sie so und mal so, und alles mit vier Beinen, einem spitzen Kopf und einem dünnen Schwänzchen.
Aber lieber Mond, sagt Moise, das ist längst nicht alles, da haben sie noch so ein Körperchen, und was da alles drin ist! Aber das kannst du vielleicht nicht verstehen, und außerdem ist es gar nicht jeden Tag anders, sondern immer ganz genau dasselbe, und das, denk ich, ist gerade so sehr verwunderlich. Es wird schon eher so sein, daß du jeden Tag anders bist, obwohl du doch immer durch die gleiche Tür kommst und es immer dunkel ist, bevor du hier Platz genommen hast. Aber nun sei mal still und paß gut auf.
Siehst du, es ist immer dasselbe.
Moise hat eine Brotrinde vor seine Füße fallen lassen, da huschen die Mäuschen näher, ein Streckchen um das andere, einige richten sich sogar auf und schnuppern ein bißchen in die Luft. Siehst du, so ist es. Immer dasselbe.
Da sitzen die beiden Alten und freuen sich und hören zuerst gar nicht, daß die Ladentür aufgegangen ist. Nur die Mäuse haben es gleich gehört und sind fort, ganz fort und so schnell, daß man nicht sagen kann, wohin sie gelaufen sind.
In der Tür steht ein Soldat, ein Deutscher. Moise hat gute Augen, er sieht: ein junger Mensch, so ein Schuljunge, der eigentlich gar nicht weiß, was er hier wollte, jetzt, wo er in der Tür steht. Mal sehen, wie das Judenvolk haust, wird er sich draußen gedacht haben. Aber jetzt sitzt da der alte Jude auf seinem Stühlchen, und der Laden ist hell vom Mondlicht. Wenn Se mechten hereintreten, Herr Leitnantleben, sagt Moise.
Der Junge schließt die Tür. Er wundert sich gar nicht, daß der Jude Deutsch kann, er steht so da, und als Moise sich erhebt und sagt: Kommen Se man, andern Stuhl hab ich nicht, sagt er: Danke, ich kann stehen, aber er macht ein paar Schritte, bis in die Mitte des Ladens, und dann noch drei Schritte auf den Stuhl zu. Und da Moise noch einmal zum Sitzen auffordert, setzt er sich auch.
Jetzt sind Se mal ganz still, sagt Moise und lehnt sich an die Wand.
Die Brotrinde liegt noch immer da, und, siehst du, da kommen auch die Mäuse wieder. Wie vorher, gar nicht ein bißchen langsamer, genau wie vorher, ein Stückchen, noch ein Stückchen, mit Aufrichten und Schnuppern und einem ganz winzigen Schnaufer, den nur Moise hört und vielleicht der Mond auch. Ganz genau wie vorher.
Und nun haben sie die Rinde wiedergefunden. Ein Mäusefest, in kleinem Rahmen, versteht sich, nichts Besonderes, aber auch nicht ganz alltäglich.
Da sitzt man und sieht zu. Der Krieg ist schon ein paar Tage alt. Das Land heißt Polen. Es ist flach und sandig. Die Straßen sind schlecht, und es gibt viele Kinder hier. Was soll man da reden? Die Deutschen sind gekommen, unzählig viele, einer sitzt hier im Judenladen, ein ganz junger, ein Milchbart. Er hat eine Mutter in Deutschland und einen Vater, auch noch in Deutschland, und zwei kleine Schwestern. Nun kommt man also in der Welt herum, wird er denken, jetzt ist man in Polen, und später vielleicht fährt man nach England, und dieses Polen hier ist ganz polnisch.
Der alte Jude lehnt an die Wand. Die Mäuse sind noch immer um ihre Rinde versammelt. Wenn sie noch kleiner geworden ist, wird eine ältere Mäusemutter sie mit nach Hause nehmen, und die andern Mäuschen werden hinterherlaufen.
Weißt du, sagt der Mond zu Moise, ich muß noch ein bißchen weiter. Und Moise weiß schon, daß es dem Mond unbehaglich ist, weil dieser Deutsche da herumsitzt. Was will er denn bloß? Also sagt Moise nur: Bleib du noch ein Weilchen.
Aber dafür erhebt sich der Soldat jetzt. Die Mäuse laufen davon, man weiß gar nicht, wohin sie alle so schnell verschwinden können. Er überlegt, ob er Aufwiedersehn sagen soll, bleibt also einen Augenblick noch im Laden stehen und geht dann einfach hinaus.
Moise sagt nichts, er wartet, daß der Mond zu sprechen anfängt. Die Mäuse sind fort, verschwunden. Mäuse können das.
Das war ein Deutscher, sagt der Mond, du weißt doch, was mit diesen Deutschen ist. Und weil Moise noch immer so wie vorher an der Wand lehnt und gar nichts sagt, fährt er dringlicher fort: Weglaufen willst du nicht, verstecken willst du dich nicht, ach Moise. Das war ein Deutscher, das hast du doch gesehen. Sag mir bloß nicht, der Junge ist keiner, oder jedenfalls kein schlimmer. Das macht jetzt keinen Unterschied mehr. Wenn sie über Polen gekommen sind, wie wird es mit deinen Leuten gehn?
Ich hab gehört, sagt Moise.
Es ist jetzt ganz weiß im Laden. Das Licht füllt den Raum bis an die Tür in der Rückwand. Wo Moise lehnt, ganz weiß, daß man denkt, er werde immer mehr eins mit der Wand. Mit jedem Wort, das er sagt. Ich weiß, sagt Moise, da hast du ganz recht, ich werde Ärger kriegen mit meinem Gott.
Aus: Paul Kroker, Vorwärts und nicht vergessen - Ein halbes Jahrhundert Literatur der DDR (2009), S. 55 ff Die digitale Hommage an Bobrowski in ihrer finalen Version stammt vom Autor (2008)
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CaymanBloggt>Literatur>Heinz Strunk>Kurzgeschichten>Gesellschaft/Satire

Erster DUNKLER Akt

Die Kamera, welche unter nicht unerheblichem Wackeln eingeschaltet wird, steht in einem ziemlich kleinen, absolut durchschnittlich ausstaffierten Wohnzimmer...
Doch etwas stimmt hier ganz und gar nicht...
Ein umgeworfener Glastisch, das was auf ihm drauf lag ist auf dem Fußboden verteilt, das Bild über dem Sofa hängt schief und dessen Glas ist gesprungen, die linke der beiden Wandlampen neben dem Bild ist ebenfalls schief und flackert in einem unheimlichen, unregelmäßigen Takt...
Unter Bild und Lampen hat jemand: „ER ist nicht ...........“ geschmiert, wurde aber offenbar nicht mehr fertig, das Wandregal ganz links an der Wand ist kaputt und die Gegenstände darauf wild über den Boden verteilt, rechts weht die Gardine ins Bild, das Fenster scheint kaputt zu sein...
Auch die Deckenlampe scheint schief zu hängen oder zumindest beschädigt, eine der Birnen flackert, auf dem Parkettboden sind dunkle Flecken irgendeiner Flüssigkeit, welche man wohl lieber nicht näher kennen möchte...
Kurz glaubt man, ein dumpfes Poltern oder Rumpeln zu vernehmen, dann ist aber plötzlich Ruhe.
Nun betritt ein kleiner, grauhaariger Mann das Bild.
Gewissenhaft postiert er sich möglichst exakt mittig, nicht nur genau mittig, nein, ganz genauexakt muss es sein! Jawohl, so fühlt er sich dann wohl, der kleine, grauhaarige Mann!
Der Mann ist übrigens sehr schick und sehr schwarz gekleidet, das muss man schon sagen!
Ein Dreiteiler, bester Stoff, eine goldbestickte Krawatte mit Diamanten in der Mitte, opulentem Ledergürtel mit Chromschnalle, darauf ein Skorpion mit roten Rubinaugen, eine perfekt sitzende Hose und elegante aber mit dicken, verchromten Stahlkappen versehene Schuhe... Um das ganze noch farblich abzurunden, trägt er eine chrombügeleingefasste Sonnenbrille, mit gelben Gläsern und aus seiner Tasche baumelt locker die Kette einer Taschenuhr.
Der Mann formt die Merkelraute und lächelt freundlich, dann beginnt er zu sprechen:
„Einen schönen guten Tag, meine ßehr gehrten Damen und Herren!
MEIN NAME IST HEINZ STRUNK! Und heute werde ich Ihnen...“
Da wird er von einem lauten Poltern und Stöhnen unterbrochen, es kommt aus der linken Bildhälfte...
Der Mann schaut wutentbrannt in die Richtung und brüllt:
„ICH HAB DOCH GEßACHT, IHR SOLLT DIE FRESSE HALTEN, BIß IHR STERBT ODER?!?!?!?!!
HAB ICH MICH DA VORHIN DENN NICHT KLA GENUG AußGEDRÜCKT IHR MISSGEBURTEN??!!!!
ALSO HALTET DIE VERDAMMTE FRESSE!!! HALTET EURE VERDAMMTEN FRESSEN IHR ZWEI!!!“
Dann will der Mann fortsetzen, doch kaum öffnet er den Mund, gehen das Gepoltere und das Stöhnen weiter...
Sichtlich verärgert dreht der Mann sich um, greift hinter den umgeworfenen Tisch und holt ein Brecheisen hervor, völlig in Rage stürmt er links aus dem Bild, zur Quelle der schaurigen Geräusche...
Dann hört man, wie eine Tür aufgeschlossen wird, wie die Türklinke gegen die Wand schlägt...
Und man hört den Mann brüllen:
„Ich habe euch zwei doch geßacht, dass ihr verdammtnochmal die gottverdammte Fresse halten sollt! Oda nicht?! Kaltmachen tue ich euch so oder so! ALSO HALTET EUER MAUL!!! ODER ICH...“
Da hört man die Stimme des Kameramannes, der laut brüllt:
„JETZT ABER!!! ATTACKEEEE!!!“
Man hört Caymans Stimme:
„Komm her du Mistvieh!! Jetzt wirst du mal eingesperrt!!“
Lauter Krach ist zu hören, wirres Gebrüll, Stimmengewirr, Poltern, Scheppern...
Dann rennen Cayman und der Kameramann aus der linken Bildhälfte, in die Rechte...
Man sieht die Terrassentür, die nun hektisch geöffnet wird...
Dann taucht der Kameramann wieder auf, mit einer Axt, er holt weit aus und sagt provozierend:
„Na dann komm nur her du Mistvieh! Komm nur her! Komm zu Papi!“
Der kleine Mann kommt zu Papi...
Schnaufend packt er den Kameramann und hebt diesen einfach hoch...
Der will ausholen, aber die Axt geht ihm verloren...
Stattdessen aber gelingt es ihm, seinem Angreifer mit dem Knie ins Gesicht zu treten...
Von dem Treffer aus dem Gleichgewicht gebracht, taumelt der kleine Mann nach hinten...
Er lässt den Kameramann fallen...
Dieser greift sich seine Axt und stolpert panisch wieder zur Terrassentür hinaus...
Der kleine Mann berappelt sich, trotz Volltreffer auf die Nase blutet er nicht mal...
Allgemein scheint ihn dieser Treffer nicht sonderlich beeindruckt zu haben...
Stattdessen gibt er ein animalisches Kreischen von sich und marschiert schnaubend hinterher...
Dann ein lautes Klirren, Scherben fliegen durch den Raum, die Kamera kippt um...
Nur noch bunte Störpixel und Jpeg-Fragmente...
Cayman liest
Dieses Mal:
Heinz Strunk
„DAS TEEMÄNNCHEN“

„Riptide“
DarkDarkDark

Die Dunkelheit ist seit jeher etwas, das uns schaudern lässt aber auch mit großer Faszination erfüllt und schon so manchen, der dieser „Dunkelheit“ zu nahe kam, mit sich gerissen hat. Nicht anders ergeht es uns mit dem Elend anderer, vor allem dann, wenn sich diejenigen mehr und mehr selber in dieses Elend stürzen.
Und dann wäre ja da noch das Element des Wahnsinns, auch so eine tieffaszinierende Angelegenheit.
Wie die Katzen vor dem Aquarium hocken wir dann davor und sind fasziniert, angeekelt oder gruseln uns.
Die auf RTL2 dargereichten Harz-IV-Assisoaps sind noch mit das beste Beispiel dafür, je kaputter, je assiger, je näher am Abgrund und je uneinsichtiger gegenüber ihrem eigenen Untergang, ihrem Elend, ihrer Verwahrlosung die Figuren dort sind, desto faszinierter hängen wir vor der Glotze
Psychologen sprechen in diesem Fall von der sogenannten „ABWÄRTSVERSICHERUNG“ - Soll heißen, diejenigen, die diese „Assisendungen“ gucken, tun dies nicht nur aus den genannten Gründen, sondern auch, weil sich ganz weit hinten im Unterstübchen die beruhigende Gewissheit ausbreitet: „Na gottseidank! Ich bin noch lange nicht so kaputt wie die da!“
Ein gewisser, bei vielen der Zuschauer und „Fans“ solcher Serien, „Beruhigungseffekt“ stellt sich also ein.
Der Zuschauer oder besser, der Konsument erlebt eine gewisse, seelische Aufwertung seiner selbst.
Ohne dies selber oft zu merken...
Allgemein aber geht es aber auch einfach ums „Gaffen“, ums Glotzen und Betrachten dieser „sozialen Dunkelheit“, welche sich dort im heimischen Flachbildschirm ausbreitet.
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Ganz ähnlich oder sogar in noch gesteigerter Form findet man solche „Figuren“ und Geschichten auch im neuen Kurzgeschichtenbuch von Heinz Strunk.
Absonderliche, oftmals total kaputte Typen sind das, die er da in seinen manchmal nur eine halbe Seite langen Kurzgeschichten aus den Untiefen, menschlicher, sozialer, seelischer und von werweißvonsonstnochwo herholt und für uns ans Tageslicht zerrt.
Dass dieses Buch, sein Cover wie von einem Irren wild mit einem schwarzen Stift zugekritzelt wurde, passt zur Stimmung in den Geschichten und im gesamten Buch.
Denn immer wenn man meint, noch kaputter, noch unglücklicher, noch gruseliger, noch abartiger kann es doch gar nicht mehr werden, dann setzt die nächste Geschichte noch einen drauf.
Und auch wenn gerne ein sehr schwarzer, böser, bissiger, ironischer und düsterer Humor mitschwebt, weil so manche der Geschichten einfach nur total bekloppt ist... Sehr schnell bleibt einem das Lachen im Halse stecken oder aber die Stimmung kippt beim Leser und er möchte am liebsten beschämt, dies nun grad miterlebt zu haben, weggucken... Weggucken und weiterblättern... Die Arme Sau!... Nein! Also das iss jetzt aber echt zu viel für mich!... Boa! Nee nä! Ey Bääähhh!...
Das Buch beherbergt eine gewisse „Dunkelheit“, welche ab und zu regelrecht aus den einzelnen Seiten zu tropfen scheint, wie irgendein dunkler Schleim, eine schwarze Strahlung, die alles durchdringt, auch die Stimmung und die Seele des Lesers.
Wenn man nicht aufpasst, dann geschieht in diesem Falle etwas, das beim Betrachten einer RTL2-Assisoap eigentlich nie passiert...
Man beginnt, sich selber irgendwann freakig, kaputt und wertlos zu fühlen, ohne dass es dafür einen Grund gäbe.
So dunkle Sachen eben...

Als damals der EHEC-Erreger für Angst und Schrecken sorgte, die ersten Erkrankten aber schon wieder auf dem Weg der Besserung waren, da gab eine an dem Virus erkrankte aber schon wieder ansprechbare Frau im Fernsehen ein Interview.
Dass es ihr körperlich schon wieder sehr gut ginge, jaja, das könnte man ja sehen, aber das sei für sie persönlich auch gar nicht das Problem, mit dem sie so sehr zu kämpfen hätte.
Der überraschte Reporter fragte, was ihr denn stattdessen so zu schaffen machte.
Die Frau machte ein Gesicht, als hätte sie kalten Kaffee getrunken und meinte:
„Ja also dass ich wenn ich schlafe, immer so, so finstere Träume habe! So dunkle Sachen! Und wenn ich wieder wach werde, weiß ich zwar dass das alles Quatsch war, aber das dunkle Zeugs zieht mich dann trotzdem jedes mal runter!“
So ähnlich kann es einem ergehen, wenn man sich in den Geschichten dieses Buches vertieft, die Strunk da zusammengetragen hat. Ist man dann gerade selber in einer Stimmung, einer „nicht ganz so tollen“Lebenssituation oder allgemein „anfällig“, dann entwickeln diese Geschichten, trotz des oftmals kranken „Unterhumors“, eine ganz besonders dunkle Wirkung auf ihren Konsumenten.
Dann ergeht es einem wie der Frau, man weiß dass das alles totaler Quatsch ist, aber die Stimmung senkt sich vielleicht trotzdem, einfach wegen des ganzen Elends, dem sozialen, menschlichen Horror, der in diesen Geschichten sich so gekonnt seine Bahn bricht...
„So dunkle Sachen eben...“
Ob sich dort nun ein schönes, junges Mädchen in einer Fastfoodbude nach und nach in ein unansehnliches, albtraumhaftes Monstrum verwandelt, das der Chef lieber unten im Keller vor der Kundschaft versteckt...
Ob es die Frau ist, die ihre Ehe mit einem total vergammelten, ultralinken, verpeilten, krankhaft uneinsichtigen und hyperlangweiligen, DDR-Schönredner von Ehemann nicht mehr erträgt und versucht sich und ihn während einer endlosen Fahrt auf der Autobahn zu töten...
Oder es der Looser-Typ ist, der nun endlich eine viel jüngere, Jetsetdame als Verlobte hat und nun zu „Den Besseren Kreisen“ gehört, sich aber auf einer Klassentreffen-Feier im Suff alles... Aber auch wirklich alles ruiniert und jeden Menschen verliert, mit dem er jemals gut konnte.... Weil ihm der Hochmut und auch der Alkohol das letzte Bisschen Restverstand beraubt...
Und als schönes Beispiel nicht zu vergessen, der Mann, den man erst zusammengeschlagen und dann nackt an das Rad eines Windrades gefesselt hat, mitten im Winter...
Diese „Dunkelheit“, selbst dann wenn man über so manches aufgrund dessen Beklopptheit lachen muss:
Dieses Finstere, es bleibt und kann sich wie ein kleiner, schwarzer Käfer ganz weit hinten im Oberstübchen einfressen – Wenn das der Fall ist, dann ergeht es einem wie der besagten Frau.
Dann sind sie im Kopf und nicht selten auch in der Gefühlswelt – Diese „Dunklen Sachen“
Dumme, hässliche Drecksmenschen und anderer Abschaum

Der drogensüchtige Psychotyp, welcher erst eine Mutter mit Kinderwagen überfällt, dem Baby ins Gesicht spuckt und wenig später aus dem Fenster in den Tod stürzt...
Der abgewrackte, unter Paranoia leidende Schwule, der inzwischen aus lauter Verzweiflung mit Hunden herumknutscht...
Das fette „Assipärchen“, dessen Lebensinhalt offenbar daraus besteht, Raststätten heimzusuchen und dort an den Glücksspielautomaten zu zocken, Fastfood zu fressen, nie etwas zu gewinnen und weiter zu fahren, zur nächsten Raststätte...
Der Kleinwüchsige, der stirbt, weil er sich aus versehen selber das Klos herunterspült...
Die „Social-Media-Influencerin“, die jeden noch so dummen Nichtgedanken aus ihrer hohlen Rübe online stellt, sich selbst dort zelebriert aber im Real-Life in Müll, Verwahrlosung und Einsamkeit langsam versinkt...
Der gruselige Rollstuhlfahrer, dessen ganzes Glück DREI BLAUE MÜLLSÄCKE voll mit Zeugs sind...
Der Mann, bei dem sich aus einem nicht benennbarem Grund, zwei wichtige Körperteile dazu „entscheiden“, fortan die Plätze zu tauschen, was ihn zu einem einzigartigen Freak, einem Wunder der Wissenschaft macht...
Diese und andere Gestalten, ganz oft unaufhaltsam auf dem Weg immer weiter nach unten oder schon am Grund ihrer eigenen existenziellen Tiefsee angekommen, hat Strunk in seinem Buch versammelt.
Bei so manchem Zeitgenossen, kann es einem gar nicht schnell genug gehen, mit dem „Abwärtssinken“, da kann kein Unglück übel genug sein, da klebt man an dem Buch wie sonst nur vor dem Bildschirm, wenn die Gestalten aus „HARZ ABER HERZLICH“ ihre neuen, asozialen Abenteuer erleben...
Man kann nicht anders, als hinzusehen, wie bei einem Autounfall mit brennenden Wracks und schreienden Opfern in den fackelnden Autos...
Man mutiert zum grauensüchtigen Gaffer, dessen primitive Grundzüge aus „Glotzen“, „Handyrausholen, „Fotos machen“ und „Lol! Voll heftig alter! - Sagen“ besteht.
Gottseidank sind diese Geschichten allesamt nur erfunden!
******
Es gibt aber auch Storys, die sind nicht ausgedacht und da tut es dann auch richtig weh, jedoch kann man sich ein Lachen aber dennoch nicht verkneifen.
Wenn Strunk von einem Mann erzählt, dessen Geschreie ihn mitten in der Nacht geweckt hat:
„Er würde feststecken, warum ihm denn verdammtnochmal keiner hilft, mit dieser Scheiße!“
Als die Sonne aufgeht, ist wieder Stille eingekehrt, denn jemand hat dafür gesorgt, dass der Mann Ruhe gibt...
Indem er den ihn erschossen hat.
Wenn einer der ALDI-Brüder nichts besseres zu tun hat, als auf seiner eigenen Geburtstagsfeier den Leuten zu sagen, dass „Er gar nicht wollte, dass alle kommen, er Hunger habe und bald wieder gehen werde“...
Oder auch, wenn sich der Moderator der RTL-Nachrichten aus purer und spontaner Unüberlegtheit heraus einen behinderten Mann lustig macht, über dessen Schicksal gerade berichtet wurde... (Das habe ich damals glaube ich sogar selber gesehen!)
Man weiß nicht, man weiß nie, ob man bei so viel menschlicher egal wie gearteter Verwahrlosung nun lachen, würgen, weggucken oder staunen soll. Nur ab und zu mal, da ist dann doch eine Geschichte, eine Figur dabei, die ihr kleines bisschen Glück findet oder sich zumindest mit dem was da ist arrangiert.
Das „Große Glück“, das HAPPY END findet man in keiner der Geschichten.
Aber ab und zu, da gewährt das Schicksal, da gibt das Leben dem ein oder anderen Zeitgenossen einen Platz, einen Lebensumstand, mit dem er sehr zufrieden und mit sich selbst im reinen sein Leben zu ende leben kann.
Da ist es dann wieder, dieses „Harz-IV-Soapgefühl“:
Wenn man zwar denkt... Und oft zurecht: „Was für ein Wrack!“ aber trotzdem am Ende denkt: „Ach wie schööön! Na immerhin isser jetzt trotzdem glücklich!“
Und dann hinterher wieder die Abwärtsversicherung sich im Unterbewusstsein meldet: „...Und ICH gehöre nicht zu diesen Leuten, na ein Glück!“
Der dunkle Sog

Wo wir nun also bei dem „seltsamen Titel“ dieser Kritik angelangt wären...
„RIPTIDE“ von Vance Joy beschreibt grob zusammengenommen genau das:
Die Gefahr, in die Dunkelheit „gesogen“ zu werden, auf die „Dunkle Seite“ zu geraten und dort vielleicht sogar sein Leben zu verlieren.
Denn wenn „Das Mädchen herunter zur Ripströmung läuft und fortgerissen wird, auf die dunkle Seite“...
Wenn man das Musikvideo kennt, weiß man, was der Sänger meint...
Dem Mädchen aus der „Fastfoodbuden-Story“ oder der Influencerin aus der Story „Yummy Whoop Fuck“ ergeht es auf alle Fälle so, vielen ihrer männlichen Kollegen aber auch nicht besser...
Eine RIPSTRÖMUNG beschreibt übrigens genau das:
Durch Hindernisse, wird das an den Strand ankommende Wasser gezwungen, an einer engen Stelle zurückzufließen, da sonst keine andere Möglichkeit besteht.
An dieser engen Stelle fließt das Wasser gebündelt und viel viel stärker wieder ins Meer zurück, ein unfassbar starker Sog entsteht.
Unachtsame Schwimmer, die in diese Strömung geraten reagieren meistens panisch und unkoordiniert, kämpfen mit aller Macht gegenan und ertrinken so am Ende, weil sie keine Kraft mehr haben.
So ergeht es auch vielen der Figuren in Heinz Strunks Geschichten.
Obwohl es dort wie gesagt auch Gestalten gibt, welche sich mit diesem Sog abgefunden haben und einfach danach leben oder weiterleben, an einen Ort gespült werden, an dem sie sich ganz zufrieden niederlassen und ihr Leben zu ende leben.
Bestes und auch demotivierenstes Beispiel ist der Namensgeber des Buches: „DAS TEEÄNNCHEN“
Ein Kerl, weich wie geschmolzene Butter, vollkommen verpeilt, verträumt und alltagsunfähig bis nach Meppen.
Er bekommt nichts gebacken, keinen halben Zentimeter breit Boden unter die Füße, BIS, ja BIS!!!...
Ihm die Idee kommt, einen Teeladen zu eröffnen!
Nur leider in der dafür taktisch und vermarktungstechnisch schlechtesten Ecke der Stadt, die sich finden ließ.
So steht, er dann da, der gute Mann, versteht nicht was er falsch gemacht hat, warum keine Kunden kommen.
Alles geht ihm durch den wirren Kopf, nur nicht das Offensichtliche.
Bis er pleite geht.
Dann packt ER seine Sachen und wird zum ES.
Es packt einen lebenslangen Vorrat an unverkauftem Tee in seinen Lieferwagen und zieht von dannen.
DAS TEEMÄNNCHEN
Wenn man sich allein diese Geschichte auf der „Lesezunge“ zergehen lassen hat, fühlt man sich selber wie ein Versager, wie das Teemännchen. Dieser dunkle Sog, diese literarische Ripströmung, die Heinz Strunk da gebastelt hat, sie wirkt.
Aber im Gegensatz zum Schwimmer, kämpft man als Leser nicht gegenan.
Man will eher „noch einen“ und „noch einen“! - Immer weiter mit dieser dunklen Strömung treiben...
Immer noch eine Story lesen, weil dieses „Elendsgaffen“, das kann man einfach nicht lassen.
Es ist ein bisschen wie beim Fastfoodfressen: Man weiß, dass der Scheiss einem nicht gut tut – Aber um es für immer sein zu lassen?
Dafür schmeckt es einfach zu gut!
Auch wenn es einem alles andere als gut tut.
Also komm, noch einen!
Und schiet watt druff ob mir das Zeuch die Herzkranzmuskeln oder sonstwatt verkrustet!
Wenn mich das Zeuch hier nicht umbringt, dann tut das der Feinstaub oder der internationale Terrorismus oder ich werd vom Bus überfahrn! Man weiß ja nie! Also noch ne Runde das gute Industriefett mit Essen dran! Wuhahaha!
FAZIT


„Heinz Strunks Erzählungen und Prosaminiaturen – Ein Buch.
In dem der Autor ein Stück weiter zu sich selbst findet.“
-Heißt es auf der Rückseite des Buches-
Und ja, das kann man so ohne weiteres bestätigen!
Die Dunkelheit, die Finsternis, das kleine, das große, das bunte, das bekloppte, das alltägliche und das nonsennige Unglück der großen und der kleinen Leute, aber hauptsächlich die Finsternis in all ihren menschlichen und werweißwasnochalles Facetten.
Das ist Strunks Welt.
Zwischen abgeranzten Raststätten, verwahrlosten Kneipen, vermüllten Wohnungen oder zuweilen auch mal in schrottreifen Autos, die mit Tempo 60 über die Autobahn tuckern oder aber irgendwo im Nirgendwo...
Es könnte auch auf dem Mars spielen, es wäre egal.
Auch ob und welche der Storys nun erfunden ist und welche nicht – Kommt es darauf überhaupt an?
Dazwischen finden sich aber auch so nette Anekdoten, wie der offenbaren Tatsache, dass man im Ostseebad in Heiligendamm, im Grand Hotel nicht weiß, was DER SPIEGEL – Also die Zeitschrift ist.
Will man dort dieses Heft haben, besteht man darauf, dann bekommt man mit Pech einen richtigen Spiegel gereicht.
Lachen kann man aber beispielsweise auch über den „Wixsüchtigen“ Jungen, der während er Fahrrad fährt (natürlich auch dort sich einen... naja) und dann den wohl peinlichsten und schmerzhaftestens Unfall aller Zeiten hat. Gut, einem zieht sich auch alles zusammen, aber einfach das Buch zuklappen und wegsehen ist auch keine Lösung...
Doch man möge, ist die eigene Lebenslage oder die eigene Stimmung gerade selber etwas „finster“ oder gehört man zu den emotional „anfälligen Personen“, dann sollte man schon aufpassen.
Diese Geschichten und Miniprosa können ihren Leser sehr schnell selbst in eine „dunkle Ripströmung“ leiten, ohne dass dieser es sofort bemerkt.
Dieses Buch KANN einem die Stimmung vermiesen, wobei bei vielen der Storys – Oder gerade WEIL – Es doch nebenher noch zusätzlich „Nachdenkbedarf“ gibt. Man ins grübeln kommt.
Höherer Blödsinn wie die Geschichte vom „No Nonsense Men“ oder von dem Hotel das sich als übergroßes, schwarzes Loch entpuppt unterhalten dann wiederum, aber bleiben auch im Gedächtnis.
Soll man also nun abraten oder dazu raten dieses Buch zu kaufen?
Nun ja, ist man erst mal drin, ergeht es einem wahrscheinlich wie dem Mädchen aus Vance Joys Song.
Man rennt herunter zur Ripströmung und gerät in die Dunkelheit.
Ist man dort erst einmal angekommen, erkennt man voller Grauen, was Deichkind auch schon festgestellt haben:
„Sieh sie dir an, sieh sie dir an! SIE SIND GENAUSO WIE WIR!“
Ich haben fertig......
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Heinz Strunk
„Das Teemännchen“ – Dunkle Kurzgeschichten
Buch gebunden
Rowohlt Verlag
Ersterscheinung 2018
Preis: 20,00€
PERSÖNLICHE NOTE: 1+
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Letzter DUNKLER Akt

Die letzte Ladung Schrot, die er noch hatte, ging daneben, der Kameramann hat seinen Angreifer verfehlt.
Der kleine Mann ist aber auch verdammt schnell und wendig!
Also das muss man schon sagen!
Dieser winkt seinen Gegner nun seinerseits zu sich, locker mit einer Hand, theatralisch...
Er grinst über beide Wangen und wirkt nicht so, als müsste er mit seinen Kräften haushalten...
Der Kameramann hebt seine Axt und sagt:
„Na dann komm her!“
Wutentbrannt stürmt der kleine Mann auf ihn zu, auch dieser Axtschlag des Kameramannes geht ins Leere...
Der kleine Mann hebt seinen Gegner erneut mühelos an und wirft ihn einmal quer durch den Garten...
Benommen bleibt der Kameramann liegen, die Axt landet im Gebüsch...
Langsam und lächeln bleibt der kleine Mann vor dem Besiegten stehen, streicht sich seine Jacke gerade und...
Da trifft ihn von hinten die Schaufel eines Spatens...
Vertikal bohrt diese sich in dessen Schädel, sofort kippt der kleine Mann nach hinten...
Es ist Cayman, der im Hinterhalt auf genau diesen Moment gewartet hat...
Kaum ist dies passiert, springt der Kameramann auf, holt einen Knüppel heraus und drischt mit ein...
Nun prügeln beide wie die Irren auf das kleine Männchen ein, bis ihnen die Puste ausgeht...
Bei jedem Schlag spitzt und sprotzelt ein eigenartiger, schwarzer Schmodder aus dem kleinen Mann heraus...
Er scheint von innen nur aus diesem Zeug zu bestehen...
Als die beiden sicher sind, dass ihr Widersacher auch wirklich tot ist, pausieren sie...
Der Kameramann wischt sich den Schweiß von der Stirn, Cayman muss Luft holen...
Der Kameramann meint trocken:
„So und jetzt schmeißen wir den in ein Erdloch und das war`s dann hoffentlich!“
Cayman haut noch ein letztes Mal mit voller Wucht drauf, wieder spritzt schwarzer Schleim...
Dann meint er, den schwarzen Glibber an der Schaufel begutachtend:
„Gute Idee und dann nichts wie weg hier!“
Sie graben ein Loch, werfen die Leiche hinein und schütten es, so schnell wie möglich zu...
Als sie fertig sind, lassen sie alles fallen und stehen und machen, dass sie wegkommen...
Der Kameramann geht aber noch einmal in die verwüstete Wohnung zurück, holt aus der Abstellkammer, in der sie gefesselt und geknebelt eingesperrt wurden, ihre zwei Taschen...
Cayman sprintet los zum Parkplatz, holt von dort den Wagen...
Hektisch wirft der Kameramann die Taschen nach hinten und meint: „Losloslos! Keine Zeit verlieren!“
Dann brettern die beiden mit quietschenden Reifen davon...
******
Eine Stunde später hebt sich der Erdboden des Grabes, in dem der zerkloppte, kleine Mann liegt...
Ohne eine Verletzung, ohne Schaden erhebt sich der kleine Mann aus seinem Grab...
Die Erde und der Dreck perlen einfach an ihm und seiner Kleidung ab, als wäre er aus Teflon...
Emotionslos steigt er aus seinem Grab, schaut sich kurz um und marschiert vom Grundstück...
Er steuert auf einen Angeber zu, der an seinem VW Tiguan lehnt und telefoniert...
Der kleine Mann packt den großen Kerl, schlägt seinen Kopf auf das Autodach und den Fensterholm...
Dann schleudert er sein Opfer einfach davon, setzt sich in den Wagen (Der Schlüssel steckt), startet ihn und rast los...
In die selbe Richtung wie Cayman und der Kameramann...
******
In der verwüsteten Wohnung sind erneut laute Geräusche zu hören.
Jemand tritt wutentbrannt von innen gegen die Schlafzimmertür...
Nach und nach geben Tür, Angeln und Schloss nach...
Dann kracht sie, mit den kaputten Angeln gegen die gegenüberliegende Wand...
Laut schimpfend und sich von seinem Strick befreiend mit dem auch er gefesselt wurde...
Stolpert der echte Heinz Strunk in den Hausflur...
Er sieht, dass die Tür zum Abstellraum offen ist, die kaputte Terassentür, die umgestürzte Kamera...
Und die allgemeine Verwüstung...
Im Garten findet er das leere Grab, den schwarzen Schmodder und die ebenfalls damit verschmierte Schaufel...
Hinter dem Haus findet er dann den halb-bewusstlosen Mann vor, dessen Auto gestohlen wurde...
Wütend, sich umschauend holt er sein Smartphone aus der Tasche und wählt eine Nummer...
Als sich jemand am anderen Ende mit einem düteren „ja........“ meldet, stöhnt er:
„Ja ich bin`s! Das Mistviech ißß abgehauen! Vollkommen durchgedreht ist der!
Er hat uns eingesperrt, die zwei anderen konnten wohl abhauen oder so!
Sie haben ihn aber nicht kaputtbekommen, jetzt hat er ein Auto geklaut und ist aufm Weg sonstwohin!!
Seht zu! Ich mach mich auch aufm Weg!“
Heinz Strunk holt einen seltsamen, silbernen Gegenstand aus der Tasche...
Er schüttelt das dolchartige Ding und betrachtet kurz die grünliche Flüssigkeit darin...
Wütend schimpft er:
„Scheiße!! Das hätte man aber auch alles vorher wissen können!“
Dann läuft auch er zu seinem Mercedes und rast ebenfalls davon...
******
Der kleine Mann, der vorgibt, Heinz Strunk zu sein genießt die Autofahrt sichtlich.
Bei dem Blick in den Innenspiegel fällt ihm allerdings auf, dass seine Augen gerade keine Pupillen haben und ganz nebenbei auch noch knallgelb sind...
Schnell revidiert er diesen kleinen Schönheitsfehler sofort, mit einem kurzen Blinzeln...
Dann dreht er das Radio lauter...
Es läuft gerade „Riptide“ von Vance Joy...
Das macht ihn Glücklich...
Das gefällt ihn...
Dann hat er fast keine Lust mehr...
Ständig irgendwelche Leute zu ermorden...
Der schwarze VW Tiguan fährt auf die Autobahn, brav und geordnet...
Dann verschwindet er im Verkehrsgetümmel.
Ende (?)

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Text
Mallorca: Stippvisite auf der Sonneninsel im Herbst

(Der Beitrag enthält Werbelinks*) Wenn die kalte und dunkle Jahreszeit kommt, sehnen sich viele nach Wärme und Licht, zumindest für einige Tage. Die Balearen-Insel Mallorca ist genau das Richtige, um kurz Sonne zu tanken. Die Tage werden kürzer, die Sonne lässt sich kaum noch sehen, und die Temperaturen gehen auch in den Keller. Bei vielen steigt die Vorfreude auf die kalte Jahreszeit, in der sie dann auf den Brettern, die die Welt bedeuten (ich weiß, dass Friedrich Schiller damit andere Bretter meinte) mehr oder weniger befahrende Pisten hinunter sausen. Aber es gibt auch die anderen, die den Sommer vermissen, sich nach Sonne und Licht sehnen. Die zumindest eine kurze Zeit von der zunehmenden Verdunkelung und Kälte fliehen wollen.
Nicht nur Ballermann
Wohin ausweichen, um dem kalten Wetter und Halloween zu entgehen? Die Sonneninsel Mallorca, das Mekka vieler Deutscher, ist nicht weit. Doch die Balearen-Insel polarisiert. Viele meiden die Insel, weil sie Mallorca mit Ballermann verbinden, mit einer exzessiven Partykultur und Sauftourismus. Genügend Berichte gab es darüber in der Presse und im TV. Und selbst Wikipedia ist Ballermann einen Eintrag wert. Wir erfahren, dass Ballermann eine Verballhornung von „Balneario“ (spanisch Heilbad) ist. Außerdem, dass sich ein Ehepaar aus Niedersachsen den Namen „Ballermann“ 1994 schützen ließ und der Lizenzschutz noch bis 2027 besteht. Eingeweihte sagen, es gibt dennoch Ecken in Mallorca, die nicht überlaufen sind und sich ursprünglichen Charme bewahrt haben. Schauen wir uns also in Mallorca um.
Mit Easyjet von Berlin nach Palma
EasyJet bringt uns in etwas mehr als zwei Stunden von Berlin (BER) nach Palma de Mallorca (PMI). Dabei fliegt der Billigflieger in Berlin sowohl von Tegel (TXL) als auch Schönefeld (SXF). Wir wählen den Airport Schönefeld, weil uns der Schönefeld-Zubringer der Bahn schneller befördert als der TXL-Bus der BVG. Obwohl von unserem Startpunkt in Berlin die Strecke nach Tegel kürzer ist, braucht der Bus durch die Stadt so seine Zeit. Und leider ist er auch häufig sehr voll. Das ist erst recht belastend, wenn man auf der Rückreise in Tegel wieder diesen Bus benutzen muss und sich das Geld für ein Taxi sparen will. Ein Gedränge und Gedrücke, eine wahre Zumutung zu den Zeiten, wenn besonders viele Flieger ankommen.

Grandiose Aussicht über Palma de Mallorca vom Restaurant des Grupotel Playa de Palma Prestige Suites & Spa. / Foto: Ingo Paszkowsky Im Airport-Zubringer der Bahn habe ich dagegen selten erlebt, dass jemand stehen musste. Außerdem ist der alte DDR-Zentralflughafen Schönefeld immer wieder ein Erlebnis - im negativen Sinne. Es ist, als ob die DDR-Zeit wieder auferstanden wäre. Bei einem entsprechenden Wettbewerb würde er vermutlich das Prädikat als hässlichster Airport Deutschlands bekommen. Unsere kurze Stippvisite auf den Balearen wollen wir nicht mit einer Drängelei beim Einsteigen beginnen und um Platz für unser Kabinengepäck „rangeln“. Wir wählen beim Buchen deshalb Sitzplätze in der zweiten Reihe und haben dadurch den Status SB (Speedy Boarding). Interessanterweise kostet dieses Feature mit 26,49 € pro Reisendem mehr als das eigentliche Ticket. Speedy Boarding hätten wir uns sparen können, denn in unserer Maschine Flug EJU4501 waren die Sitzplätze nicht mal zur Hälfte belegt.
Mietwagen online gebucht
Ganz anders beim Rückflug vier Tage später mit EJU4502. Der Flieger war bis auf den letzten Platz voll. Das Rückflugticket kostete auch das Fünffache des Hinflugtickets. Dass wir unsere Sitzplätze vorher reserviert hatten, kostete knapp 10 Euro pro Person, berechtigt jedoch nicht zum Speedy Boarding. Interessanterweise konnten wir selbst einen Tag vor dem Rückflug über die easyJet-App nicht auf Speedy Boarding nachträglich upgraden.

Der feinsandige Playa de Palma ist nahezu menschenleer / Foto: Ingo Paszkowsky Palma de Mallorca begrüßte uns bei der Landung mit Sonnenschein. Für unsere Erkundung haben wir uns einen Mietwagen reserviert. Mallorca verfügt über ein gut ausgebautes Busnetz. Aber in der Kürze der Zeit schien uns doch ein Mietwagen das Mittel der Wahl für Mobilität zu sein. Gute Erfahrungen hatten wir bisher mit dem Vermittlungsportal billiger-mietwagen.de* gemacht. Die Miete plus Versicherungen (Haftpflicht, Diebstahl, Glasschäden, Vollkasko) lassen sich ohne Selbstbeteiligung und ohne Hinterlegung eines Deposits, also einer Kaution via Kreditkarte oder bar, abschließen. (Das gilt nicht in jedem Urlaubsland. Laut Auskunft bei der Hotline des Portals benötigt man keine Kreditkarte zur Hinterlegung einer Kaution in Spanien, Portugal und Griechenland. In Italien dagegen kommt man ohne Kreditkarte nicht weiter.) Ich bevorzuge eine Eigenbeteiligung bei etwaigen Schäden auszuschließen, so spart man sich bei der Rückgabe evtl. Kosten, Nerven und Zeit. Beispielsweise indem eine Beschädigung, die man bei der Abnahme des Fahrzeugs nicht entdeckt hatte und die nicht im Übergabeprotokoll steht, einem nun als angeblicher Verursacher in Rechnung gestellt. Via billiger-telefonieren.de landeten wir bei Sunny Cars, einem weiteren Vermittler über den wir dann einen Mietvertrag mit einem Renault Megane von Hertz vermittelt bekamen. Der Wagen hatte gerade mal 15.000 Kilometer runter, lediglich einige kleine, kaum sichtbare Beschädigungen von den Vormietern. Dieser moderne Megane ist kein Vergleich, auch äußerlich, zu älteren Megane-Modellen. Er beförderte uns problemlos durch Mallorca.
Palma de Mallorca erkunden
Erste Station: das 4*-Grupotel Playa de Palma Suites & Spa, genauer das Grupotel Playa de Palma Prestige Suites & Spa*. Ein erst im Frühjahr 2019 fertiggestellter Neubau mit nahezu allem, was das Gästeherz begehrt, ergänzt das bisherige Grupotel. Große moderne Zimmer, eine grandiose Terrasse mit Pool, herrlich. (Einen ausführlichen Bericht über das Grupotel Playa de Palma Prestige Suites & Spa lesen Sie hier – noch nicht online)

Das Grupotel Playa de Palma Prestige Suites & Spa. Ein erst im Frühjahr 2019 fertiggestellter Neubau mit Pool auf dem Dach / Foto: Ingo Paszkowsky Das Hotel ist zentral in Palma de Mallorca gelegen und ideal als Ausgangspunkt für die Erkundung der Stadt geeignet. Und Mitten im Herbst hält sich der Touristenandrang in Grenzen. Die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt zu erkunden, macht wieder Spaß. Etwa beim Einkaufsbummel durchs historische Zentrum mit seinen zahlreichen Kunsthandwerksläden, Designerboutiquen und Souvenirshops. Zudem gibt es keine langen Warteschlangen vor Sehenswürdigkeiten wie der Kathedrale La Seu oder dem Museum Es Baluard. Der feinsandige Playa de Palma ist nahezu menschenleer. Die großen Vergnügungstempel am Ballermann haben zumeist geschlossen oder zählen nur noch vereinzelt Gäste. Entspannt sitzen wir in einem Restaurant an der Promenade, das locker mehreren hundert Personen Platz bieten könnte. Mit uns sind es Ende Oktober gerademal ein Dutzend Gäste, die dort Drinks und den Anblick des Meeres genießen. Freilich wird es mit Einbruch der Dunkelheit auch frisch. Dennoch, wer nicht gerade Frostbeule ist, kann sogar noch Ende Oktober im Mittelmeer baden gehen. Viele Badende sieht man natürlich nicht mehr, aber gelegentlich schon.
Zwei Erkundungsrouten für Besucher mit wenig Zeit
Wir wollen in der kurzen uns verbleibenden Zeit Ecken erkunden, die nicht so von Touristen überlaufen werden. Ob uns das gelingt? Dazu fragen wir Christiane, eine ehemalige Kollegin aus Deutschland, die schon lange in Mallorca lebt. Zunächst gefällt es Christiane gar nicht, dass wir in unserem Sprachgebrauch Mallorca mit Malle abkürzen. Das wäre die Ausdrucksweise der Ballermann-Klientel. Wir müssen versprechen, dies nicht mehr zu tun. Sie schlägt uns zwei Routen vor, die wir probieren sollten:
Route 1: Süd-Osten der Insel und über den Norden zurück
„Ist überwiegend flach und hat sehr hübsche Buchten. Also nach Colonia de Sant Jordi (schöne Strände), gegenüber liegt die Insel Cabrera. In Ses Salines kommt ihr durch die Salz-Berge, da wird aus Meereswasser Salz gewonnen. Dann weiter zur Ostküste mit diversen kleinen Orten in hübschen Buchten. Empfehlen würde ich hier vielleicht Cala Figuera und Portopedro. Könnt ihr sicher auch irgendwo baden, es soll heute bis 25 Grad werden. Dann hoch Richtung Artà, was auch ein hübsches kleines Örtchen mit Kirche auf einem Berg ist, von dem man einen schönen Blick hat. Da oben gibt es auch diverse schöne Buchten und Strände, müsst ihr halt sehen, wie viel Zeit ihr habt. Falls ihr mehr fahren und nicht so am Strand sein wollt, könntet ihr über den Norden, über Can Picafort und Alcudia, zurückfahren. Bei Pollença geht es zum wilden, schroffen Cap Formentor, was man eigentlich auf jeden Fall gesehen haben sollte. Aber ist alles ein bisschen zu lang, glaube ich.“ In der Tat, dieses Programm ist an einem Tag nicht zu schaffen. Starten wir mit Colonia de Sant Jordi* (Kolonie des Heiligen Georg). Ein ehemaliger Fischerort in der Gemeinde Ses Salines, rund 50 Kilometer von Palma de Mallorca entfernt. Durch die naheliegenden Strände es Trenc, es Dolc, es Carbo und ses Roquetes entwickelte sich der Ort zu einem frequentierten Feriendomizil. Um diese Jahreszeit wirkt er jedoch nahezu ausgestorben. Nur nach einigem Suchen finden wir ein Café, das geöffnet hat. Auch der einzige Geldautomat, den wir entdeckt haben, war „temporär“ außer Betrieb. Eine Anzeige, die wir bei Geldautomaten in anderen touristischen Orten noch häufiger sehen sollten. Offensichtlich lohnt es sich für die Betreiber nicht, die Automaten außerhalb der Saison mit Geld zu bestücken.

In der Nähe von Colonia de Sant Jordi liegen auch schöne Sandstrände / Foto: Ingo Paszkowsky Unser nächster Stopp ist in Cala Figuera* (Feigen-Bucht). Rund 60 Kilometer von Palma entfernt. Der wunderschöne Ort liegt in einer Bucht mit einer hohen Steilküste. Die Bucht hat gewisser Ähnlichkeiten mit einem norwegischen Fjord. Der Ort hängt nicht völlig vom Tourismus ab und hat sich so seinen Charme bewahrt. Ein Besuch lohnt auf jeden Fall. Setzen Sie sich in eines der Restaurants direkt an der Bucht und genießen Sie die schöne Aussicht auf die Landschaft und das Treiben der Fischer, die ihren Fang an Land bringen. Planen Sie reichlich Zeit ein.

Cala Figuera Wir haben uns zu lange Zeit gelassen und sind nun etwas in Verzug, so dass wir Artà* im Norden erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen und nicht mehr ausführlich besichtigen können. Bis zur berühmten Wallfahrtskirche, die weithin sichtbar ist, schaffen wir es nicht mehr. Das traditionelle Städtchen strahlt mit seinen engen steilen Gassen ein wunderbares Flair aus – der Nordosten von Mallorca ist ja bisher vom Massentourismus verschont worden - schade, dass wir so wenig Zeit haben.

Artà: Blick vom Vorplatz der Pfarrkirche Església de la Transfiguració del Senyor über Artà / Foto: Ingo Paszkowsky
Route 2: Süd-West-Teil, gegebenenfalls über Nord-Osten zurück
„Tramuntana-Gebirge. Valldemossa, höchstgelegener Ort in den Bergen, der polnische Komponist Fréderic Chopin und die französische Schriftstellerin George Sand überwinterten hier einmal in der Kartause und froren entsetzlich. Valldemossa ist sehr hübsch, aber halt inzwischen auch sehr touristisch geprägt. Dann weiter ins malerische Deìa, ein sogenanntes Künstlerdorf. Auf dem Berg von Deìa ist der alte Friedhof, von dem man einen sehr schönen Blick auf die Umgebung hat. Über Sóller weiter Richtung Lluc. Da kommt man an den beiden Stauseen vorbei. Kurz danach geht eine recht breite, bequeme, aber sehr beeindruckende Serpentinenstraße runter, die Sa Calobra, bis zur Mündung des Torrente de Pareis ins Meer, eine tief eingeschnittene Bucht sozusagen. Dort unten unbedingt ein bisschen in der Schlucht laufen, ist traumhaft schön. Dann halt wieder die Straße hoch und am besten über Lluc - größtes Kloster der Insel, noch intakt, kann man auch besichtigen, über Inca und Autobahn wieder zurück.“ Auch am nächsten Tag können wir erst später als geplant unsere Tour starten, weil wir vorher noch ein Rezept in einer Apotheke einlösen müssen. So werden wir es leider nicht bis Lluc (der vollständige Name lautet Santuari de Santa Maria de Lluc) schaffen. Der Wallfahrtsort im Gebirge der Serra de Tramuntana im Nordwesten gilt als spirituelles Zentrum der Insel.

Ende Oktober im Urlaubsort Valldemossa / Foto: Ingo Paszkowsky Unseren ersten Halt machen wir in Valldemossa*, einer kleinen Gemeinde mit knapp 2000 Einwohnern. Der Hauptort ist ein idyllisches Bergdorf, mit kleinen Gassen und viel mediterranem Charme, das aber ganz auf Touristen zugeschnitten ist. Die Fußgängerzone gleicht einer Einkaufsstraße. Überraschung: Dort findet sich ein funktionierender Geldautomat. Über eine Million Touristen sollen diesen schönen Ort im Gebirge jährlich besuchen. Ein Glück, dass wir Valldemossa Ende Oktober erleben können, wobei der Ort auch zu dieser Jahreszeit beileibe nicht leer ist. Wollen Sie beim Essen eine schöne Aussicht genießen? Dann gehen Sie ins (türkische) Restaurant Troya, Plaza Miranda des Lladoners 2, und nehmen auf der Terrasse Platz. Sie haben einen herrlichen Ausblick. Während der Hauptsaison ist eine Reservierung sicher zu empfehlen.
Das Künstlerdorf Mallorcas
Unser nächstes Ziel und unser Tipp für die Insel ist Deià*, das Künstlerdorf Mallorcas. Deiás jüngste Geschichte ist mit zahlreichen Künstlern verbunden: Filmschauspieler, Maler, Musiker und Schriftsteller – viele zog es in diese Kleinstadt. Beispielsweise Pierce Brosnan, Ava Gardner, Ulrich Leman (http://www.ulrich-leman.de/), Anais Nin, Pablo Picasso, Robert von Ranke-Graves und Peter Ustinov. Robert Gravis ist ein Museum gewidmet, es gibt Einblick in Leben und Werk des britischen Schriftstellers.

Der Friedhof in Deià ist nicht nur wegen der Aussicht über den Ort unbedingt sehenswert / Foto: Ingo Paszkowsky Hollywoodstar Michael Douglas kaufte übrigens ganz in der Nähe die Finca S’Estaca. Sie gehörte zum Anwesen Son Marroig, das sich früher im Besitz des österreichischen Erzherzogs Ludwig Salvator befand. Eigens für seine Geliebte Catalina Homar, die aus „einfachen“ Verhältnissen stammte, sie war die Tochter eines Tischlers, baute er dieses Landhaus. Homar lernte später mehrere Sprachen und avancierte zur Verwalterin seiner Weingüter. Ludwig Salvator war ein enger Freund des Schriftstellers Jules Verne, der ihn als Vorlage für die Figur Mathias Sandorf in seinem gleichnamigen Roman nahm. Bei so viel Internationalität wundert es nicht, dass der Ausländeranteil in der Gemeinde mit rund 37 Prozent vergleichsweise recht hoch ist.
Dieses Restaurant ist ein Sehnsuchtsort
Einen tollen Blick über Deiá kann man von Friedhof aus genießen. Apropos genießen, eine Suche im Internet nach dem Restaurant Sa Foradada, das auf der gleichnamigen Halbinsel in der Nähe von Deiás liegt, ergibt teils euphorische Äußerungen, wie „das beste Restaurant auf Mallorca“. In der Tat ist das Restaurant außergewöhnlich, nicht nur, weil es am Meer liegt, sondern auch, weil es mit einem Kfz nicht zu erreichen ist. Nur per Pedes oder mit einem Boot. Entweder über eine rund einstündige Wanderung vom Landgut Son Marroig aus, oder – das ist die Empfehlung des Restaurants – auf dem Seeweg. Viele Prominente sollen mit ihrer Yacht vor Ort geankert und dort gespeist haben.

Sa Foradada: Die berühmte Halbinsel mit dem Loch im Felsen und dem gleichnamigen Restaurant. Im Bild nicht zu sehen / Foto: Ingo Paszkowsky Im nahgelegenen Port de Sóller kann man sich per Bootscharter zum Sa Foradada bringen lassen. Was natürlich nicht ganz preiswert ist. Acht Stunden in der Hochsaison kosten beispielsweise bei MaksyBoats für ein Segelboot mit 11,20 Metern Länge, drei Kabinen und maximal 12 Personen 800 Euro. Sind wirklich 12 Personen an Bord, relativiert sich der Preis etwas. Es gibt auch beim gleichen Verleiher Boote ohne Bootsführerschein auszuleihen. Zum Beispiel mit einem Außenbordmotor mit 15 PS für bis zu 5 Personen für 220 Euro für acht Stunden. Unsere Zeit reichte leider nicht, um das Restaurant Sa Foradada besuchen zu können. Das ist doch glatt ein Grund, noch einmal nach Deiá zu kommen. Dafür haben wir es zur kleinen Kieselsteinbucht Cala Deiá geschafft. Man kann die drei Kilometer Serpentinen vom Dorf zur Bucht zu Fuß erwandern oder auch mit dem Auto fahren, wobei an vielen Stellen einem kein anderes Fahrzeug entgegenkommen sollte. Dann ist längeres Zurücksetzen angesagt. Die kleine Bucht ist auch wegen ihrer Natursteinhöhlen bekannt, die teilweise als Bootsliegeplätze oder anderweitig zur Ablage genutzt werden. Dort gibt es auch ein Restaurant.
Mit der historischen Straßenbahn zum Strand
Ein kleines Stück weiter nördlich liegt Port de Sóller*, der Hafen der Gemeinde Sóller. Port de Soller liegt um eine natürliche Hafenbucht, Badia de Sóller, und bietet einen feinen Sandstrand. Der Hafen weist rund 450 Liegeplätze auf, von denen rund ein Drittel für Durchreisende reserviert sind. Port de Sóller ist ein romantischer Küstenort, der seit 1913 über eine Straßenbahnanbindung (Tramvia de Sóller) von Sóller verfügt. Auch noch im Oktober lassen sich im Café an der Promenade die schöne Aussicht auf die Bucht und die vorbeifahrenden historischen Straßenbahnen genießen. Die Sonne lässt uns nicht im Stich und sorgt für angenehme Wärme. Einige der eingesetzten Straßenbahnwagen sind Oldtimer aus Lissabon, der Stadt des besonderen Lichts, der Mosaik-Pflastersteine und der historischen Straßenbahnen.

Port de Sóller: Noch im Oktober lassen sich im Café an der Promenade die schöne Aussicht auf die Bucht und die vorbeifahrenden historischen Straßenbahnen genießen. / Foto: Ingo Paszkowsky Von Palma de Mallorca kann der Küstenort auch per Bahn erreicht werden. Mit dem El Tren de Sóller – von deutschen Touristen "Roter Blitz" genannt – entdeckt man bequem die Serra de Tramuntana. Von Sóller geht es weiter zum Hafen mit der historischen Straßenbahn. Schönere Fotomotive kann es kaum geben. Die Fahrt mit dem Roten Blitz von Palma nach Sóller kostet 25 Euro, hinzu kommen noch 7 Euro für die Straßenbahn. Mehr Informationen über den „Roten Blitz“ und die historische Straßenbahn: http://trendesoller.com/de/

Kleiner, aber feiner Strand des Hotels Bonsol / Foto: Joshua Donath Wir müssen leider wieder zeitig zurück, denn wir wechseln unser Hotel. Die nächsten zwei Tage verbringen wir im familiengeführten4-Sterne-Superior-Hotel Bonsol in Illetas*. Das Hotel liegt rund acht Kilometer von Palmas Zentrum entfernt. Drei Meerwasser-Swimmingpools, 143 Zimmer, Suiten und Beach Villen, zwei Restaurants, ein Tennisplatz, eine Squash-Anlage, eine Minigolf-Anlage, Spielplätze und ein Beauty- und Wellness-Center sind in einen 8.000 Quadratmeter großen subtropischen Garten gebettet.

Das Hotel Bonsol erinnert äußerlich an eine Burg / Foto: Ingo Paszkowsky Das Bonsol ist u.a. bekannt für seine Feiern, viele Gäste reisen extra dafür an. Wir können die alljährliche traditionelle Halloween-Party miterleben – eine tolle Feier. (Lesen Sie mehr in unserem ausführlichen Bericht über das Bonsol – demnächst online.) Ingo Paszkowsky Titelfoto / Port de Sóller. Kaum vorzustellen, dass es der 31. Oktober ist. / Foto: Ingo Paszkowsky Fazit: Mallorca ist auf jeden Fall im Herbst eine Reise wert. In den Touristenhochburgen am Meer befinden sich zahlreiche Restaurants und Cafés bereits im Winterschlaf. Anders im Landesinnern, wo viele pittoreske Orte, die nicht auf Massentourismus getrimmt sind, Authentisches gut erleben lässt – erst recht in der Nebensaison. Was uns noch aufgefallen ist: Das Navi unseres Leihwagens leitete uns teilweise durch extrem enge Gassen und holprige Seitenstraßen, obwohl größere Straßen in der Nähe waren. Es ist uns nicht gelungen, diesen „Abenteuer-Modus“ abzustellen, so dass wir doch lieber für die Navigation auf unsere Handys mit Google-Maps setzten. Die Toiletten in den kleinen Orten waren sämtlich penibel sauber und teilweise sogar individuell eingerichtet, seien es mit Blumen und Pflanzen aufgehübscht, farbige Deckchen und Handtücher etc. Auf Mallorca ist eine Touristensteuer fällig, die vom Gast zu zahlen ist. Sie richtet sich nach der Qualität der Unterkünfte und nach der Saison. Am höchsten ist die Steuer in 5-Sterne- und 4-Sterne-Superior-Hotels, am geringsten in Herbergen, Hostels und auf Campingplätzen.

Port de Sóller Ende Oktober / Foto: Ingo Paszkowsky Auch interessant: Mallorca: Stippvisite auf der Sonneninsel im Herbst Geocaching: Schatzsuche auf Malle Balearen: Geheimtipps für Mallorca Read the full article
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