#ich weiß nicht warum das so viel leichter ist mit deutsch als mit französisch oder schwedisch
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es ist wirklich so viel einfacher eine neue sprache zu sprechen wenn man aufhört zu probieren die Muttersprachler zu beeindrucken
#'oh ich muss jeden wort kontrollieren. kann nicht einen fehl machen oder sie sollen denken dass ich ihre sprache nicht respektiert' NEIN#ich bin nicht hier um gut deutsch zu sprechen ich bin hier um SCHLECHT deutsch zu sprechen danke schön#first draft german#ich wei�� nicht warum das so viel leichter ist mit deutsch als mit französisch oder schwedisch#es ist nicht dass ich deutsch weniger respektiere#vielleicht ist es nur die nähe? ich spreche nicht deutsch ich spreche niederländisch mit andere wörter#und mehr fehler#aber die fehler sollen verschwinden#ich wage es überhaupt nicht fehler zu machen auf französisch und das hilfe nicht echt um zu verbessern
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Durch die Vergabe von Markenlizenzen für verschiedene Kontinente oder Länder kommt es manchmal zu der kuriosen Situation, dass ein bekanntes Markenprodukt von mehreren verschiedenen Herstellern produziert und/oder vertrieben wird. Und mit etwas Pech begegnen sich diese Produkte auch noch in Grenzregionen oder Touristen schleppen Markenware in Länder mit anderen Lizenznehmern ein und es kommt zur Markenkollision!
Ich habe ein paar Beispiele aus dem Süßwaren- und Snackbereich gesammelt und stelle sie hier vor. (Bitte nicht wundern, dass es meistens Abbildung von Sondereditionen oder ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen und nicht von den Standardsorten sind, weil ich die einfach seltener dokumentiere.)
Aero-Schokolade kommt von Nestlé und Trumpf
Die Aero-Luftschokolade wurde 1935 von Rowntree in Großbritannien erfunden. Vermutlich wurde die Lizenz für Deutschland schon an Trumpf vergeben, bevor Nestlé Rowntree-Macintosh 1988 aufkaufte. Bis heute finden wir in Deutschland die Aero-Schokolade von der Firma Trumpf, die zur Krüger-Gruppe gehört. Allerdings torpedierte Nestlé dieses Produkt 2017 kurzzeitig mit einem eigenen Bubble-Schoki namens “Flair”. Die ist aber schon wieder vom Markt verschwunden. Siehe auch mein Beitrag zu Luftschokolade.
Aero Luftschokolade der Marke Trumpf von Ludwig/Krüger mit Amarettogeschmack. ©naschkater.com
Aero Mint gibt es auch als Riegel.
Nestlé Flair Luftschokolade Riegel
Mach mal Pause – oder Take Five – auf Deutsch und Englisch
Mach mal Pause – Take Five – ist angeblich ein häufig gebrauchter Ausspruch unter Musikern in den USA. Naja, jedenfalls gibt es ein berühmtes Jazzstück von Dave Brubeck, das diesen Titel trägt. Und es gibt zwei Schokoriegel mit Erdnüssen und Brezelstückchen mit dem gleichen Namen, aber in leicht abgewandelter Schreibweise: Take 5. Der eine Riegel ist von Hershey’s, der andere von Reese’s und beide sind mehr oder weniger identisch. Was wiederum kaum verwunderlich ist, wenn man weiß, dass Reese’s von Hershey’s gekauft wurde.
Bahlsen gehört – zumindest bisher – noch nicht zum Hershey’s-Imperium und die Hannoveraner haben unter ihrer Marke Pick up! auch eine Art Riegel mit dem Namen Take 5 herausgebracht: Fünf Mini-Schokokekse, die hintereinander liegend in Riegelform verpackt sind. Leider ist der Geschmack klassisch und viel weniger originell als die Riegel von Hershey’s/Reese’s.
Bahlsen Pick Up! Mini Choco Take5
Take5 ist der mit Abstand leckerste Riegel, den ich seit langem gekostet habe! Er besteht aus fünf leckeren Schichten: Brezelteig, Erdnussbutter, Karamell, Erdnuss und natürlich Schokolade. Der “Riegel” besteht aus zwei kleinen Schiffchen mit sehr unebener Oberfläche. Die Mischung der Zutaten passt hervorragend – ich hätte gleich noch einen Riegel essen können!
Reeses Take5 42g
Küsschen auf italienisch und auf Deutsch
Als sich der italienische Süßwarenhersteller Perugina anschickte, mit seinen Baci (italienisch für “Küsse“) den deutschen Markt zu erobern, wollte ihm Ferrero unbedingt zuvorkommen und führte kurzerhand seine “Ferrero Küsschen” ein. Das sind ebenfalls kleine Pralinen mit Haselnuss und Schokoladenüberzug. Durch diesen Schachzug war der Markt für Pralinen-Küsse vorerst besetzt und Perugina konnte seine Expansionspläne vorerst begraben. Inzwischen gibt es die Baci aber durchaus hier und da in deutschen Supermärkten zu kaufen. Auch Sondereditionen wie neulich bei Kaufland gesehen mit Ruby-Schokolade.
Das klingt mal nach einer geilen neuen Sorte: Ferrero Küsschen “Dark Crunchy Caramel – leicht gesalzen”. Das ist echt mal was anderes als nur die Schokoladenfarbe zu wechseln wie bisher bei Ferrero Küsschen üblich.
Ferrero Küsschen Winterküsschen Cremefüllung mit Zimt
Italienische Küsschen (“Baci”) von Perugina gibt es auch in einer rosa Ruby Limited Edition.
Perugina Baci Pralinenkonfekt Original Dark 125 Gramm
Ist es ein Milky Way oder ein Mars?
Mars macht es den weltreisenden Verbrauchern wirklich nicht leicht. Seine Galaxy-Schokolade heißt in Europa Dove (oder umgekehrt) und unser Mars-Riegel ist in den USA ein Milky Way und trägt ganz falsche Farben: Grüne Schrift auf braunem Grund statt – wie bei uns – rote Schrift auf schwarzem Grund. Zu Mars-Produkten lies auch meinen extra Mars-Artikel.
Mars Milky Way Multipack 9er
Mars Milky Way USA Simply Caramel, 54g
Diesen Milky Way-Riegel namens “Midnight Dark” in schwarzer Folie gab es sogar mal eine Zeit lang an deutschen Tankstellen. Jetzt aber nur mehr in Amerika. Und was soll ich sagen: Es ist nicht so schlimm, denn mir schmeckt diese billige dunkle Schokolade überhaupt nicht. Auch das weiße Nougat im Inneren ist nicht der Hit. Und dabei bin ich doch immer für Innovationen offen… Also nicht traurig sein, braucht man nicht.
Mars Schokoladenriegel Brownie Edition
Küsschen auf italienisch und auf Deutsch
Als sich der italienische Süßwarenhersteller Perugina anschickte, mit seinen Baci (italienisch für “Küsse“) den deutschen Markt zu erobern, wollte ihm Ferrero unbedingt zuvorkommen und führte kurzerhand seine “Ferrero Küsschen” ein. Das sind ebenfalls kleine Pralinen mit Haselnuss und Schokoladenüberzug. Durch diesen Schachzug war der Markt für Pralinen-Küsse vorerst besetzt und Perugina konnte seine Expansionspläne vorerst vergessen. Inzwischen gibt es die Baci aber durchaus hier und da in deutschen Supermärkten zu kaufen. Auch Sondereditionen wie neulich bei Kaufland gesehen mit Ruby-Schokolade.
Italienische Küsschen (“Baci”) von Perugina gibt es auch in einer rosa Ruby Limited Edition.
Perugina Baci Pralinenkonfekt Original Dark 125 Gramm
Das klingt mal nach einer geilen neuen Sorte: Ferrero Küsschen “Dark Crunchy Caramel – leicht gesalzen”. Das ist echt mal was anderes als nur die Schokoladenfarbe zu wechseln wie bisher bei Ferrero Küsschen üblich.
Joghurt Fru Fru gibt es doppelt: in Deutschland und Österreich
In Österreich ein weit verbreitetes und beliebtes Nationalgericht: Fru Fru! Erhältlich seit den 1920er Jahren und in vielen Sorten, darunter den klassisch austrianischen Punschkrapfen, Maroni oder Schokobanane! Wovon sich der Name ableitet ist leider nicht bekannt. Spar Österreich hat einen Joghurt “Fru” im Programm und Hofer (Aldi Österreich) bietet ein ähnliches Produkt namens FriFru an.
Und jetzt das: Bei Lidl in Brandenburg steht plötzlich ein kleines Bauer-Joghurttöpfchen mit dem langweiligsten aller Geschmacksrichtungen – nämlich Erdbeere – unschuldig im K��hlregal und nennt sich: Fru Fru!!! Wenn das die Ösi mitkriegen, gibt es mächtig Ärger!
Das Kuriose an diese Produkt von Bauer ist, dass die Joghurtmarke “Fru Fru” in Österreich von NÖM verwendet wird und sehr etabliert ist. Hatten die keinen Markenschutz in Deutschland angemeldet?!
nom fru fru Schoko-Balls Joghurt
Österreichische Molkerei-Spezialität: FruFru-Joghurt der Reihe Winterspass mit Punsch- und Maroni-Geschmack. So etwas sucht man in Deutschland vergebens.
Einen Obstgarten haben Ehrmann und Danone im Programm
Erinnern Sie sich noch an die Werbung für Gervais Obstgarten Mitte der 1980er Jahre, in der jemand nach einem Bissen von einem herkömmlichen, schweren Essen durch den Fußboden kracht? Ja, die fand wir als Kinder alle toll! Das technologische Geheimnis dieses “leichten” Produkts ist das Aufschlagen der Hauptzutat Frischkäse mit Stickstoff, wodurch Luftblasen entstehen, die das ganze luftiger und leichter machen sollen. Das namengebende Obst liegt in Form einer Fruchtzubereitung unterhalb der Frischkäseschicht.
Die französische Käserei Gervais fusionierte 1967 mit der spanischen Molkerei Danone. Der Name Gervais wurde noch eine Zeit lang für Molkereiprodukte verwendet, aber dann fallen gelassen. Inzwischen hält die Molkerei Hochland die Markenrechte am Namen Gervais und nutzt sie für Kräuterquark und Hüttenkäse. Die Markenrechte an Obstgarten für Deutschland hat Danone 2011 an die Molkerei Ehrmann verkauft, für Österreich produziert Danone hingegen aus irgendwelchen Gründen noch selbst, deshalb gibt es hier diese Konfusion.
Ehrmann Obstgarten Hüttenspaß á la Germknödel
Ehrmann Obstgarten Hüttenspaß á la Marillenknödel
Danone Obstgarten Pfirsich-Marcuja
Eine Produktkategorie als Eigenname für einen Protein-Snack? Keine gute Idee…
Sollte sich eine Marke wie eine Produktkategorie nennen? Ist das sinnvoll? Nun bei Tempo, Tesa oder Nutella war es umgekehrt: Der Produktname wurde zu einer Bezeichnung für eine ganze Kategorie. Aber als “Protein Bites” bezeichnet sich sowohl eine Marke mit dem Produkt “Divers“, als auch die Marke “mission more” ihr Produkt “Protein Bites” und zwar mit Cookie Dough-Geschmack. Immerhin. Na, mal sehen, wer länger am Markt bestehen bleibt…
Protein Bites Divers Sweet+Sour
Mission More Protein Bites Protein-Bites…
KitKat für Naschkatzen und Kittekat für Katzen
Okay, hier ist der Name nur ähnlich und das Produkt ganz verschieden, aber trotzdem eine kleine Kollission. Aber warum heißt der Schoko-Keks-Finger von Nestlé so? Der Name leitet sich wahrscheinlich vom gleichnamigen Kit-Cat-Klub des frühen 18. Jahrhunderts in London ab. Hier diskutierten die Anhänger der “Whigs” (die Gegner der Torys) über die Einschränkungen der Rechte der Monarchie. Dessen Name wiederum geht auf Christopher Cat zurück, genannt “Kit Cat”, der in London ein Restaurant betrieb, in dem er Hammelpasteten als Kit-Cats servierte. In dem Musical Cabaret spielen zentrale Szene in einem Berliner Varieté namens Kit-Kat-Club. Und selbst 80 Jahre später gibt es noch einen Nachfolger davon in Berlin – allerdings als freizügiger Techno- und Fetischklub.
Und woher kommt der Name des Katzenfutters? Das ist ein Kunstwort in Form einer Zusammenziehung der englischen Worte Kitten (Kätzchen) und Cat (Katze), wobei das “e” als Bindevokal dient und zugleich die Betonung in Richtung “Kittie” steuert, was Kätzchen bedeutet. als Abkürzung für and (und) dient. Die Marke produziert demnach Futter für Kätzchen und Katzen. Kitekat wird übrigens von einem altbekannten Mitbewerber von Nestlé hergestellt: Mars!
Nestlé KitKat Singles 9er
Ist Dir auch schon mal aufgefallen, dass ein Produktname für eine Süßigkeit, einen Snack oder ein Getränk doppelt existiert? Dann gib mir einen Tipp und ich baue es hier ein!
Übrigens: Über Nachahmungen von Markenprodukten durch die Discounter habe ich hier geschrieben.
Hier direkt kaufen bei Amazon (Affiliate Links)
Markenkollision: Dieselbe Süßigkeit von verschiedenen Herstellern Durch die Vergabe von Markenlizenzen für verschiedene Kontinente oder Länder kommt es manchmal zu der kuriosen Situation, dass ein bekanntes Markenprodukt von mehreren verschiedenen Herstellern produziert und/oder vertrieben wird.
#2in1 Marken#Hershey&039;s Take 5#Kit-Kat-Club#Kitekat vs. Kitkat#Lizenzmarken#Markenkollisionen#Markenlizenzen#Pick Up! Take 5#Produktlinzenzen
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Immer weniger Gewalt in der Welt
Neuer Beitrag veröffentlicht bei https://melby.de/immer-weniger-gewalt-in-der-welt/
Immer weniger Gewalt in der Welt
Aber das 20. Jahrhundert ist immer noch ein Jahrhundert voller Schrecken, Völkermorde und Weltkriege!
Das stimmt, allerdings nicht mehr als jedes andere Jahrhundert zuvor. Das Problem ist, dass wir dazu neigen, uns auf das zu konzentrieren, was uns nahe ist, sowohl zeitlich als auch räumlich. Die jüngsten Tragödien haben unsere Aufmerksamkeit erregt, und deshalb glauben wir, dass das 20. Jahrhundert das grausamste von allen war. Dies gilt in absoluten Zahlen, aber nicht, wenn man die Zahl der Opfer des Zweiten Weltkriegs auf die Gesamtbevölkerung (etwa drei Milliarden Menschen) hochrechnet. Der Aufstand in An Lushan, China, im 8. Jahrhundert zum Beispiel hätte 429 Millionen Menschen getötet, wenn man die Zahl der damaligen Opfer auf die Weltbevölkerung im Jahr 1945 hochrechnen würde. Zum Vergleich: Der Zweite Weltkrieg forderte rund 55 Millionen Todesopfer. Auch unsere Wahrnehmung von Völkermorden ist von einer gewissen Kurzsichtigkeit geprägt. Es ist ein Fehler zu behaupten, das 20. Jahrhundert sei das Jahrhundert der Völkermorde. Wenn wir die historischen Quellen vergangener Jahrhunderte betrachten, stellen wir fest, dass Völkermorde eine Konstante in der Geschichte der Menschheit sind und dass sie in der Vergangenheit wahrscheinlich hunderte Millionen von Todesfällen verursacht haben.
Diese Kurzsichtigkeit verzerrt auch unsere Wahrnehmung von Gewalt im Alltag. Viele Menschen widersprechen mir und sagen, dass die heutige Welt furchtbar gewalttätig ist. Tatsächlich ist sie etwa 50-mal weniger gewalttätig als im Mittelalter, wo die Wahrscheinlichkeit, von einem Mitmenschen erschlagen zu werden, etwa bei 1 : 1000 stand, während sie im heutigen Westeuropa etwa bei 1 : 50 000 liegt. Wir haben die Realität einer Zeit vergessen, in der Hinrichtungen und öffentliche Folter an der Tagesordnung standen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die meisten von uns einfach nicht wissen, dass die Gewalt in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften sogar noch 10- oder 100-mal höher ist als im Mittelalter. Die Mordraten in Stammesgesellschaften erreichten und erreichen immer noch schreckliche Werte von fast einem Prozent, beziehungsweise 10 Prozent der gewaltsamen Todesfälle.
© Spektrum der Wissenschaft, nach: Steven Pinker, La Part d’ange en nous, Les Arènes, 2017 (Ausschnitt)
Tötungsdelikte in Westeuropa | Die Anzahl an Tötungsdelikten in Westeuropa geht seit dem 13. Jahrhundert stetig zurück. Französische, englische oder deutsche Bürger laufen statistisch gesehen 60-mal weniger Gefahr, von einem Mitmenschen erschlagen zu werden, als im Jahr 1300.
Wenn wir in der am wenigsten gewalttätigen Welt aller Zeiten leben, warum haben wir dann das Gefühl, in einer brutalen, gnadenlosen und gefährlichen Gesellschaft zu leben?
Dies ist eine psychologische Illusion, die insbesondere Daniel Kahneman in seinen Arbeiten auf den Punkt gebracht hat, in denen er gezeigt hat, dass wir die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen danach beurteilen, wie leicht wir sie uns vorstellen können. Das bekannteste Beispiel ist das der Flugzeugabstürze: Wenn ein Flugzeug abstürzt, werden wir von Bildern überflutet, die unsere Vorstellung einer solchen Katastrophe speisen. Bei Verkehrsunfällen liefern die Medien kein derartiges Übermaß an Details, so dass unser Gehirn mehr mit Bildern von Flugzeugabstürzen als von Autokollisionen gefüllt ist. Deshalb überschätzen wir das Risiko des Ersteren und scheuen uns kaum, das Auto zu nehmen.
Es ist wichtig, sich von diesen kognitiven Vorurteilen zu befreien, indem wir zurücktreten und weiter in die Vergangenheit blicken. Dann sehen wir, dass unsere Welt viel sicherer ist als vor einigen Jahrhunderten. Und das sollte uns ermutigen, die Gründe zu verstehen, damit wir die Ansatzpunkte auf gesellschaftlicher und politischer Ebene identifizieren und dafür sorgen können, dass dieser Trend sich nicht umkehrt.
Auf welche Faktoren führen Sie den Rückgang der Gewalt zurück?
Der erste signifikante Rückgang der Gewalt erfolgte mit dem Auftreten der Kontrollorgane im Neolithikum, in den Volksstämmen, die den ersten Zivilisationen vorausgingen. Denken Sie an eine Stammesgesellschaft wie die der Inuit. Die Mordrate ist dort traditionell sehr hoch, fast 1000-mal höher als in westeuropäischen Gesellschaften. In solchen Gesellschaften sind Tötungsdelikte in der Notwendigkeit verwurzelt, sich die Ressourcen anderer Menschen anzueignen, in Form von Nahrung, Territorium oder der Möglichkeiten zur Fortpflanzung. Aber auch in der präventiven Aggression, die dich deinen Nächsten angreifen lässt, nur aus Angst, dass er angreifen könnte. Diese ungeregelte Gewalt dominierte wahrscheinlich in den paläolithischen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften. Als sich menschliche Gruppen zu größeren Gemeinschaften zusammenschlossen, vor allem im Neolithikum und dann im Zeitalter der ersten Zivilisationen, entstanden dabei Stammesführer und Oberhäupter. Stammesführer, die über riesige Gebiete oder Königreiche herrschten, bezogen ihren Reichtum aus den Völkern, über die sie Macht ausübten. In einer solchen Welt kann das Oberhaupt nicht reich werden, wenn seine Untertanen sich gegenseitig angreifen oder den Besitz stehlen. Als Folge fingen die Stammesführer an, Diebstahl und Mord zu sanktionieren, denn sie sahen ihre Untertanen lieber sich abrackern als sich gegenseitig abmurksen.
Also haben wir diesen ersten Rückgang der Gewalt in der Menschheit mächtigen Tyrannen zu verdanken?
Aber ja, das ist nichts anderes als eine Monopolisierung von Gewalt durch die Zentralgewalt, später durch die Staaten und generell durch das, was ich die Leviathane nennen würde, um den Begriff zu verwenden, mit dem der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588-1679) souveräne Staaten bezeichnete. Leviathane sind überindividuelle Einheiten, die Gewalt regulieren und sanktionieren. Sie haben die Mordrate um den Faktor 100 reduziert. Dies geschah natürlich durch tyrannische Gewalt, wie sie in einigen Diktaturen noch immer zu beobachten ist. Die der ursprünglichen Anarchie innewohnende Gewalt zu neutralisieren, ohne die Nachteile der tyrannischen Gewalt zu erleiden, ist die Herausforderung, der sich die liberalen Demokratien meiner Meinung nach stellen, indem sie sowohl die Kontrolle über die Leviathane durch den Einzelnen ausüben als auch eine Gewaltenteilung einführen, die verhindert, dass die Leviathane allmächtig werden.
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Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der Nutzen der Gewaltlosigkeit von Anfang an nicht allein dem Kontrollorgan zuzuschreiben ist. Ein weiteres Phänomen betrifft die Beziehungen zwischen den Menschen selbst. Wenn der Mensch weniger Angst hat, angegriffen, ausgeraubt oder getötet zu werden, kann er leichter auf präventive Aggressionen verzichten. Hobbes beschrieb diese psychologische Falle, die oft zu Zerstörungsbränden führt: Jeder, der Angst hat, getötet zu werden, zieht es vor, zuerst zu töten. Wenn diese Angst nachlässt, nimmt auch die Gewalt ab. Sobald die Menschen wissen, dass andere Menschen ihre eigenen Triebe regulieren, müssen sie sich nicht länger einen Ruf von Stärke und Rachsucht erkämpfen. Dann kann sich Frieden ausbreiten.
Aber dafür müssen die Menschen, wie Sie gerade sagten, ihre eigenen Impulse regulieren.
Ja, das ist ein Schlüsselfaktor. Psychologen nennen das Selbstbeherrschung. Dieser Begriff ist zentral, weil er erklärt, warum und wie wir unsere Gewaltbereitschaft eingedämmt haben. Untersuchungen zeigen, dass auch heutzutage die meisten Menschen noch Mordfantasien haben, diese jedoch nicht mehr ausleben. Etwas blockiert die aktive Verwirklichung des gewalttätigen Gedankens, und wir wissen heute, dass dies das Werk eines Areals ist, das sich an der Vorderseite unseres Gehirns befindet. Nun kann diese Funktion des Frontallappens unseres Gehirns durch eine Verinnerlichung der Verbote und insbesondere des Gesetzes trainiert werden. Wenn wir uns die Chroniken des Mittelalters in Westeuropa ansehen, sehen wir, dass die Selbstbeherrschung damals viel zu wünschen übrig ließ. Die Überlieferungen sind voll von Details, die zeigen, dass die Menschen wegen jeder Lappalie handgreiflich wurden, überall ihr Geschäft verrichteten, ohne sich um andere zu scheren, oder sich sogar mitten bei einer Mahlzeit gegenseitig niederstachen. Alles Anzeichen dafür, dass damals die Fähigkeit, das eigene Verhalten mit Hilfe der Vernunft zu überwachen, nicht sehr ausgeprägt war. So wurde in China die Verwendung von Essstäbchen durch den Kaiser verfügt, um dem tödlichen Ausgang von Streitigkeiten während der Mahlzeiten ein Ende zu setzen, die durch das Vorhandensein von Messern begünstigt worden waren.
Diese Erklärung klingt naheliegend, aber basiert sie auf greifbaren Daten?
Eine interessante Beobachtung wurde von Forschern gemacht, die die rückgängige Mordrate in England mit einem anderen Parameter verglichen haben, der als zuverlässiger Indikator für die Selbstkontrolle gilt: mit der Entwicklung der Zinssätze im Waren- und Finanzhandel im Lauf der Jahrhunderte. Der Zusammenhang mag nicht auf den ersten Blick einleuchten, doch er erschließt sich sofort durch einen Test, den Psychologen allgemein verwenden, um Selbstkontrolle zu untersuchen. Der Test läuft folgendermaßen ab: Stellen Sie sich vor, ich gebe Ihnen die Wahl zwischen 10 Euro jetzt sofort oder 15 Euro, die Sie in einem Jahr erhalten. Wenn Sie eine kluge Person sind, die weiß, wie man langfristig plant, können Sie warten und dem Impuls widerstehen, sofort die 10 Euro einzustecken, denn Sie wissen, dass Ihnen das in einem Jahr Vorteile bringen wird. Wenn Sie aber sehr empfänglich für sofortige Belohnungen sind und Schwierigkeiten haben, Ihre aktuellen Impulse zu kontrollieren, werden Sie die Gelegenheit ergreifen, den kleineren Betrag sofort zu erhalten. Je ausgeprägter Ihre Selbstbeherrschung ist, desto niedriger werden im Endeffekt Ihre Zinssätze sein. Betrachtet man die Entwicklung der Zinssätze in Westeuropa vom Mittelalter bis in die Gegenwart, so stellt man fest, dass sie parallel zum Rückgang der Gewalt fallen und diesen leicht vorwegnehmen. Wie es scheint, haben wir uns mit dieser Art von Selbstkontrolle ein Werkzeug zugelegt, das wesentlich zur Befriedung unserer Staaten beigetragen hat.
»Untersuchungen zeigen, dass auch heutzutage die meisten Menschen noch Mordfantasien haben, diese aber nicht mehr ausleben«
Was beweist, dass dieselbe Selbstkontrolle, die in Verbindung zu dem niedrigen Zinssatz steht, auch diejenige ist, die für den Rückgang der Gewalt sorgt?
Psychologische Studien zeigen, dass Menschen, die der Versuchung widerstehen, die kleine Summe sofort einzustecken, um stattdessen später die etwas größere Summe zu nehmen, statistisch betrachtet weniger Probleme mit der Polizei und Justiz haben. Sie werden auch seltener wegen eines Gewaltdelikts verurteilt.
Welche Faktoren haben Ihrer Ansicht nach in der Geschichte die Selbstbeherrschung des Einzelnen erhöht?
Der deutsche Philosoph Norbert Elias war seiner Zeit weit voraus, als er die Mechanismen beschrieb, die die Selbstkontrolle verstärkt haben. Neben der Bedrohung durch die Leviathane war es die bürokratische Infrastruktur, die unsere Gesellschaft nach und nach durchdrungen hat. In einer Welt, in der zunehmend Gerichte, Verwaltungen und Banken über den Erfolg eines Unternehmens oder eines persönlichen Vorhabens entschieden, mussten die Menschen, wenn sie etwas erreichen wollten, einen langen Atem haben und in der Lage sein, sich zu beherrschen. Man musste seine Fähigkeiten und Talente über mehrere Jahre hinweg entwickeln, in langen Studien oder langfristigen Investitionen. Als die Gesellschaften institutionalisiert wurden, waren die Menschen gezwungen, ihre Lebensstrategie zu verändern: vom Impuls zur Planung.
Sie machen einen ziemlichen Zeitsprung zwischen den Gewalt streng sanktionierenden Stammesführern einerseits und der Gesellschaft der Juristen und Institutionen andererseits. Hat die Gewalt in der Zwischenzeit stagniert?
Parallel dazu hat es weitere Entwicklungen gegeben. Ich beziehe mich auf zwei Phänomene, die auf die Feudalzeit zurückgehen: Handel und Buchdruck. Der Handel existierte ohne Zweifel seit Anbeginn der Zeit, denn in prähistorischen Ausgrabungsstätten fand man Obsidianköpfe, die von weit her kamen und nicht vor Ort hergestellt worden sein konnten – ein Hinweis auf dauerhafte Handelsbeziehungen. Der Handel erlebte in der Antike mit der Entwicklung von Straßen und des Binnenschiffsverkehrs einen neuen Aufschwung und später mit Finanzwerkzeugen wie Geld und schließlich mit Verträgen, deren Gültigkeit von den Leviathan-Staaten garantiert wurde, indem sie die Verbindlichkeit eines kodifizierten Gesetzes über weite Gebiete sicherstellten. Handel war die praktische Anwendung von Gewaltlosigkeit, die zu einem positiven Summenaustausch führt, bei dem beide Seiten gewinnen. Kaufmännische Beziehungen fördern das Verhandlungsgeschick und das Einfühlungsvermögen. Während des Handelns müssen Sie sich Zeit nehmen, um zu diskutieren, sich die Absichten und Gedanken Ihres Partners vorzustellen, zu erraten und zu antizipieren, was er erwartet und wünscht, auch um sein Vertrauen für zukünftige Geschäfte zu gewinnen. All diese Anforderungen schärfen die Fähigkeit der Mentalisierung, also die Fähigkeit, sich die mentalen Zustände anderer vorzustellen – ein wesentlicher Bestandteil der Empathie.
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Tatsächlich sind die Vorteile des Handels unermesslich. Verbunden mit Selbstbeherrschung bringt er erstmals materielle Unbeschwertheit und damit ein angenehmes irdisches Leben mit sich. Die Menschen begreifen allmählich, dass sie sich in den Niederungen dieser Welt wohlfühlen können und durchaus etwas zu verlieren haben. Das reduziert die Attraktivität der Gewalt. Hier stehen wir vor einer Entwicklung, die die Menschen von einem Glücksversprechen im Jenseits (dem Geschäft der alten Religionen) zu einer Möglichkeit des Wohlbefindens hier auf Erden bewegt – was einen gewissen Frieden voraussetzt.
Sie erwähnten die Empathie. Ist sie nicht das beste Bollwerk gegen Gewalt?
Sie ist natürlich wichtig, erklärt aber nicht alles. Die Entwicklung der Empathie ist ein allmählicher Prozess in der Geschichte der Menschheit. Seit dem Ende des Mittelalters berichten die ersten Schriften sporadisch von aufgebrachten Reaktionen der Menge bei öffentlichen Folterungen. Aber mit der Erfindung des Druckwesens änderte sich alles. Die Verbreitung von Schriften förderte die Verbreitung von Ideen durch Bücher und Broschüren, die in Kaffeehäusern und Pubs in Paris, London oder Amsterdam Debatten anregten über die beste Art und Weise, das Land zu organisieren. Gleichzeitig stieg die Alphabetisierungsrate. Die Epoche der Aufklärung brach an, und Tausende von Menschen begannen, Romane zu lesen, in denen sie das Innenleben von Charakteren entdeckten, die ihnen fremd waren. Das Gedankenspiel beim Lesen von Belletristik erzeugt ein echtes Eintauchen in die Gefühlswelt anderer, und neuere Studien in der Psychologie haben gezeigt, dass das Lesen von Romanen die Fähigkeiten der Empathie wirklich fördert, vor allem, indem sie den Leser daran gewöhnen, die Welt mit den Augen anderer Menschen zu sehen. Von diesem Moment an begann ein Teil der Bevölkerung zu spüren, was andere erlebten. Danach ist es schwierig, gleichgültig gegenüber dem Schicksal eines Todestraktinsassen, eines Sklaven oder eines Henkers zu bleiben.
Sie erwähnen einen weiteren wesentlichen Faktor: die Frauen. Sind sie ein Antidot gegen Gewalt?
Es ist interessant festzustellen, dass Frauen in unseren Gesellschaften einen immer wichtigeren Platz einnehmen, während gleichzeitig die Gewalt abnimmt. Alles begann mit der Aufklärung. Die erste Feministin war wahrscheinlich Mary Astell im 18. Jahrhundert. In ihrem Kampf berief sich Astell zunächst auf Lockes Schriften, in denen er die Sklaverei anprangerte. Mit einer logischen Schlussfolgerung: Wenn ein schwarzer Mann nicht Eigentum oder Subjekt eines weißen Mannes sein kann, wie könnte eine Frau es dann sein? Und weiter: Wenn Tyrannei unmoralisch ist, wenn die willkürliche Herrschaft einer Person über eine andere inakzeptabel ist und wenn man Frauen als Personen mit Sensibilität und Intelligenz betrachtet, wie kann dann die Herrschaft eines Mannes über eine Frau eine moralisch vertretbare Angelegenheit sein?
© Spektrum der Wissenschaft, nach: Steven Pinker, La Part d’ange en nous, Les Arènes, 2017 (Ausschnitt)
Sklaverei | Vor dem 16. Jahrhundert war die Sklaverei weit verbreitet und allseits akzeptiert. Seit dem 18. Jahrhundert wurde sie in immer mehr Ländern abgeschafft.
Astells historische Einlassung, die auf rein intellektueller Argumentation beruhte, blieb jedoch über eineinhalb Jahrhunderte lang ungehört. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat der technologische Fortschritt die Stellung der Frau gestärkt. Vor allem die Elektrizität veränderte alles und befreite die Frauen nach und nach von den Bürden, denen sie in der Familie und im Haushalt ausgesetzt waren. Thomas Edison, der Erfinder der Glühbirne, prophezeite bereits 1920, dass Haushaltsgeräte Frauen von der Hausarbeit erlösen und eine weit reichende soziale Umwälzung auslösen würden. Er lag nicht falsch. Zweitens profitierte die Frauenbewegung immer mehr oder weniger von Gleichstellungsbewegungen in anderen Bereichen, wie der Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten. Der Begriff Sexismus ist eigentlich eine Adaption des Wortes Rassismus.
Welcher kausale Zusammenhang lässt sich zwischen der stärkeren Sichtbarkeit von Frauen in der Gesellschaft und dem Rückgang von Gewalt vermuten?
Gewaltstatistiken und die Mordraten im Besonderen zeigen immer wieder, dass Morde bis heute in der Regel von jungen unverheirateten Männern begangen werden. Die Notwendigkeit, zu dominieren und sich einen Platz in einer männlichen Hierarchie zu sichern, und die Notwendigkeit, dafür hohe Risiken einzugehen, tragen zu einem Klima von Aggression bei. Umkehrt lassen bei jungen Männern nach der Heirat die gewalttätigen Tendenzen nach. Biologische Messungen haben gezeigt, dass der Testosteronspiegel bei Männern zweimal sinkt: einmal bei der Gründung eines eigenen Haushalts und ein zweites Mal nach der Geburt der Kinder. Die Feminisierung der Gesellschaft hat also eine beruhigende Wirkung auf Männer, vorausgesetzt, dass nicht einige zurückgelassen werden. In polygamen Gesellschaften zum Beispiel (der Begriff polygyn wäre genauer) gibt es Lebenssituationen, in denen einige Männer mehrere Frauen haben, während andere keine haben, wodurch ein Klima des Wettbewerbs und der latenten Gewalt vermutlich aufrechterhalten wird.
Wie Sie in Ihrem Buch schreiben, legen unsere Gesellschaften immer mehr Wert auf das menschliche Leben. Werden wir empathischer?
Empathie ist nicht alles. In manchen Fällen kann sie sogar zur Ausgrenzung verwendet werden. Studien der Experimentalpsychologie haben gezeigt, dass eine Person, die sich in eine andere Person einfühlt, dennoch ungerecht mit einer Mehrheit von Individuen umgehen kann, die die gleichen Rechte und Bedürfnisse wie diese eine bemitleidete Person haben. Wir müssen daher ein gewisses Maß an Fairness und »kühlem« Verstand walten lassen. Ich glaube, dass die Vernunft der letzte Faktor ist, der zur Verringerung der Gewalt in unseren Gesellschaften beigetragen hat. Wir wissen heute, dass für viele von uns kein Mensch weniger wert ist als ein anderer; und dieses Bewusstsein ist vor allem ein Fortschritt der Vernunft. Das verwirklicht sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, Erbe der amerikanischen sowie später der französischen Erklärungen des 18. Jahrhunderts. Diese Formalisierung der Gleichstellung wäre ohne die anderen von uns genannten Faktoren wahrscheinlich nicht möglich gewesen, aber sie ist entscheidend, weil sie den Begriff der Austauschbarkeit von Individuen zum Ausdruck bringt. Austauschbarkeit bedeutet nicht, dass die Individuen ihre Einzigartigkeit verlieren, sondern dass es nicht legitim ist, die Interessen einer bestimmten Gruppe zum Nachteil einer anderen zu begünstigen.
»Die Feminisierung der Gesellschaft hat eine beruhigende Wirkung auf Männer, vorausgesetzt, dass nicht einige zurückgelassen werden«
Sie glauben also, dass die Gewalt weiter abnehmen wird?
Vorhersagen machen keinen Sinn. Die Reduzierung von Todesfällen durch Mord oder Krieg über Jahrhunderte hinweg ist ein allgemeiner Trend, trotzdem kann es zu schrecklichen Konflikten kommen. Was wir wissen, ist, dass die Gewalt zurückgegangen ist und dass diese Entwicklung nicht neu ist. Meiner Meinung nach muss dies die Art und Weise ändern, wie wir unser Leben heute betrachten. Zunächst einmal sollten wir uns weltweit glücklich schätzen, in der heutigen Welt zu leben. Wenn Sie im Mittelalter geboren wären, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass Sie noch leben und diese Zeilen lesen könnten, etwa 100-mal geringer, vorausgesetzt, Sie wären überhaupt in der Lage zu lesen. Sich dessen bewusst zu sein, ist eine Frage des geistigen Wohlbefindens, der Dankbarkeit und der Hoffnung.
Es sollte uns auch helfen, unsere gelegentliche Wahrnehmung einer »gewalttätigen Welt« zu relativieren. Und insbesondere unsere Reaktion auf das Phänomen des Terrorismus. Zu wissen, dass unsere Risikobewertung durch die eingangs erwähnte Verfügbarkeitsheuristik verzerrt ist, ist ein guter Weg, um übertriebene Reaktionen zu vermeiden, die in der Vergangenheit zu katastrophalen Folgen geführt haben, zum Beispiel zum Ausbruch des Zweiten Golfkriegs. Die Zahlen zeigen, dass Terrorismus die am wenigsten tödliche Form der Gewalt ist und in unseren Gesellschaften etwa 100-mal weniger Opfer fordert als bewaffnete Konflikte oder Todesfälle durch Schusswaffengebrauch (in der Größenordnung von eins zu einer Million in Europa).
Das Einzige, was uns an die verheerende Gewalt des Terrorismus glauben lässt, sind die ihm zuträgliche Medienpräsenz und der starke psychologische Effekt seiner Vorgehensweise. Denken wir daran, dass die historische und statistische Analyse von terroristischen Bewegungen zeigt, dass sie nach durchschnittlich fünf bis sechs Jahren allesamt aussterben.
Glauben Sie, dass die Gewalt irgendwann ganz verschwinden wird?
Ich würde sagen, dass wir uns auf einem guten Weg befinden. Wenn wir zurückblicken, sind wir heute in der Lage, Möglichkeiten zu finden, die Gewalt einzudämmen und niedrig zu halten. Ein starker demokratischer Staat mit unabhängiger Justiz, die Meinungs- und Gedankenfreiheit, die Rechte der Frauen, freier Warenverkehr und Freizügigkeit – all diese Faktoren tragen zum menschlichen Fortschritt bei und haben sich bei der Befriedung von Gesellschaften bewährt.
Darüber hinaus gibt es weitere ermutigende Indikatoren. Ich glaube zum Beispiel, dass wir auch in Zukunft weitere Maßnahmen entwickeln müssen, die dafür sorgen, dass wir menschliches und tierisches Leben mehr wertschätzen. Sobald wir uns einen Moment von den dramatischen Schlagzeilen der Fernsehnachrichten abwenden, stellen wir fest, dass wir in einer Welt leben, die mehr auf Sicherheit bedacht ist denn je. Autos sind sicherer als in der Vergangenheit, auch Flugzeuge, überall gelten immer strengere Normen für die Sicherheit beim Transport oder für Lebensmittel. Ich hoffe, dass Erkenntnisse und Wissen dazu beitragen, diese Sachverhalte möglichst vielen Menschen bekannt zu machen, damit sich die Tatsache verbreitet, dass eine weniger gewalttätige Welt möglich ist und dass wir die Mittel, um sie zu erreichen, immer besser kennen.
Das Interview führte Sébastien Bohler.
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