#erich_kästner
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blog-aventin-de · 3 years ago
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Der synthetische Mensch - Erich Kästner - Ballade
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blog-aventin-de · 6 years ago
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Die Schildbürger bauen ein Rathaus
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Nacherzählung von Erich Kästner
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Die Schildbuerger bauen ein Rathaus Vorwort: Erich Kästner erzählt hier die Geschichte der Schildbürger nach. Im Mittelalter gab es einmal eine Stadt, die Schilda hieß. Deshalb nannte man deren Bewohner auch die Schildbürger. Das waren sehr merkwürdige Leute. Denn alles, was sie machten, war verkehrt. Und alles, was man ihnen sagte, nahmen sie wörtlich. Das brachte manche Kaufleute, die durch Schilda kamen, in Verzweiflung, andere hingegen lachten sich über die Dummheiten der Schildbürger kaputt. Diese bauten zum Beispiel ein dreieckiges Rathaus ohne Fenster. Damit sie jedoch im Rathaus auch etwas sehen konnten, schaufelten sie den Sonnenschein in Eimer und Fässer und trugen ihn wie Wasser hinein. Als das Salz knapp wurde, wollten die Schildbürger auf ihrem Acker Salz aussäen. Doch statt Salzkraut wuchsen dort nur Brennnesseln. Ein anderes Mal veranstalteten die Schildbürger einen Wettstreit, um den neuen Bürgermeister zu wählen. Derjenige, der am besten reimen konnte, sollte Bürgermeister werden. Eines Tages gaben die Schildbürger jedoch ihre Stadt auf und wanderten in alle Himmelsrichtungen aus, um sich in anderen Städten niederzulassen. Heute leben dort noch die Urenkel und die Ururenkel der Schildbürger. Der Plan, das neue Rathaus nicht viereckig, sondern dreieckig zu bauen, stammte vom Schweinehirten. Er hatte, wie schon gesagt, den Schiefen Turm von Pisa erbaut, der mittlerweile eine Sehenswürdigkeit geworden war, und erklärte stolz: «Ein dreieckiges Rathaus ist noch viel sehenswerter als ein schiefer Turm. Deshalb wird Schilda noch viel berühmter werden als Pisa!» Die anderen hörten das mit großem Behagen. Denn auch die Dummen werden gerne berühmt. Das war im Mittelalter nicht anders als heute. So gingen also die Schildbürger schon am nächsten Tag morgens um sieben an die Arbeit. Und sechs Wochen später hatten sie die drei Mauern aufgebaut. In der dem Marktplatz zugekehrten Breitseite war ein großes Tor ausgespart worden. Und es fehlte nur noch das Dach. Nun, auch das Dach kam bald zustande, und am Sonntag darauf fand die feierliche Einweihung des neuen Rathauses statt. Sämtliche Einwohner erschienen in ihren Sonntagskleidern und begaben sich, mit dem Schweinehirten an der Spitze, in das weiß gekalkte, dreieckige Gebäude. Doch sie waren noch nicht an der Treppe, da purzelten sie auch schon durcheinander, stolperten über fremde Füße, traten irgendwem auf die Hand, stießen mit den Köpfen zusammen und schimpften wie die Rohrspatzen. Die drin waren, wollten wieder heraus. Die draußen standen, wollten unbedingt hinein. Es gab ein fürchterliches Gedränge! Endlich landeten sie alle, wenn auch zerschunden und mit Beulen und blauen Flecken, wieder im Freien, blickten einander ratlos an und fragten aufgeregt: «Was war denn eigentlich los?» Da kratzte sich der Schuster hinter den Ohren und sagte: «In unserem Rathaus ist es finster!» «Stimmt!» riefen die andern. Als aber der Bäcker fragte: «Und woran liegt das?», wussten sie lange keine Antwort. Bis der Schneider schüchtern sagte: «Ich glaube, ich habe es». «Nun?» «In unserem neuen Rathaus,» fuhr der Schneider bedächtig fort, «Ist kein Licht!» Da sperrten sie Mund und Nase auf und nickten zwanzigmal. Der Schneider hatte recht. Im Rathaus war es finster, weil kein Licht drin war! Am Abend trafen sie sich beim Ochsenwirt, tranken eins und beratschlagten, wie man Licht ins Rathaus hineinschaffen könne. Es wurde eine ganze Reihe Vorschläge gemacht. Doch sie gefielen ihnen nicht besonders. Erst nach dem fünften Glas Braunbier fiel dem Hufschmied das Richtige ein. «Das Licht ist ein Element wie das Wasser», sagte er nachdenklich. «Und da man das Wasser in Eimern ins Haus tragen kann, sollten wir es mit dem Licht genauso machen!» «Hurra!» riefen sie alle. «Das ist die Lösung!» Am nächsten Tag hättet ihr auf dem Marktplatz sein müssen! Das heißt, ihr hättet gar keinen Platz gefunden. Überall standen Schildbürger mit Schaufeln, Spaten, Besen und Mistgabeln und schaufelten den Sonnenschein in Eimer und Kessel, Kannen, Töpfen, Fässer und Waschkörbe. Andere hielten große, leere Kartoffelsäcke ins Sonnenlicht, banden dann die Säcke geschwind mit Stricken zu und schleppten sie ins Rathaus. Dort banden sie die Säcke auf, schütteten das Licht ins Dunkel und rannten wieder auf den Markt hinaus, wo sie die leeren Säcke von neuem aufhielten und die Eimer und Fässer und Körbe wieder voll schaufelten. Ein besonders Schlauer hatte eine Mausefalle aufgestellt und fing das Licht in der Falle. So trieben sie es bis zum Sonnenuntergang. Dann wischten sie sich den Schweiß von der Stirn und traten gespannt durch das Rathaustor. Sie hielten den Atem an. Sie sperrten die Augen auf. Aber im Rathaus war es genauso dunkel wie am Tag zuvor. Da ließen sie die Köpfe hängen und stolperten wieder ins Freie. Wie sie so auf dem Marktplatz herumstanden, kam ein Landstreicher des Weges und fragte, wo es denn fehle. Sie erzählten ihm ihr Missgeschick und dass sie nicht ein noch aus wüssten. Er merkte, dass es mit ihrer Gescheitheit nicht weit her sein konnte, und sagte: «Kein Wunder, dass es in eurem Rathaus finster ist! Ihr müsst das Dach abdecken!» Sie waren sehr verblüfft. Und der Schweinehirt meinte: «Wenn dein Rat gut sein sollte, darfst du bei uns in Schilda bleiben, solange du willst». «Jawohl», fügte der Ochsenwirt hinzu, «und essen und trinken darfst du bei mir umsonst!» Da rieb sich der Landstreicher die Hände, ging ins Wirtshaus und bestellte eine Kalbshaxe mit Kartoffelsalat und eine Kanne Bier. Tags darauf deckten die Schildbürger das Rathausdach ab, und oh Wunder! mit einem Male war es im Rathaus sonnenhell! Jetzt konnten sie endlich ihre Ratssitzungen abhalten, Schreibarbeiten erledigen, Gemeindewiesen verpachten, Steuern einkassieren und alles übrige besorgen, was während der Finsternis im Rathaus liegengeblieben war. Da es damals Sommer war und ein trockener Sommer obendrein, störte es nicht weiter, dass sie kein Dach überm Kopf hatten. Und der Landstreicher lebte auf ihre Kosten im Gasthaus, tafelte mittags und abends, was das Zeug hielt, und kriegte einen Bauch. Das ging lange Zeit gut. Bis im Herbst graue Wolken am Himmel heraufzogen und ein Platzregen einsetzte. Es hagelte sogar. Und die Schildbürger, die gerade in ihrem Rathaus ohne Dach saßen, wurden bis auf die Haut nass. Dem Hufschmied sauste ein Hagelkorn, groß wie ein Taubenei, aufs Nasenbein. Der Sturm riss fast allen die Hüte vom Kopf. Und sie rannten durchnässt nach Hause, legten sich ins Bett, tranken heißen Fliedertee und niesten. Als sie am nächsten Tag mit warmen Tüchern um den Hals und mit roten, geschwollenen Nasen zum Ochsenwirt kamen, um den Landstreicher zu fragen, was sie nun tun sollten, war er verschwunden. Da sie nun niemanden hatten, der ihnen hätte helfen können, versuchten sie es noch ein paar Wochen mit dem Rathaus ohne Dach. Als es dann aber gar zu schneien begann und sie wie die Schneemänner am Rathaustisch hockten, meinte der Schweinehirt: «Liebe Mitschildbürger, so geht es nicht weiter. Ich beantrage, dass wir, mindestens für die nasse Jahreszeit, das Dach wieder in Ordnung bringen». Sein Antrag wurde von allen, die sich erkältet hatten angenommen. Es waren die meisten. Und so deckten sie den Dachstuhl, wie vorher, mit Ziegeln. Nun war es im Rathaus freilich wieder stockfinster. Doch diesmal wussten sich die Schildbürger zu helfen. Sie steckten sich einen brennenden Holzspan an den Hut. Und wenn es auch nicht sehr hell war, so konnten sie einander doch wenigstens ungefähr erkennen. Leider begannen die Späne nach einer Viertelstunde zu flackern. Nach einer halben Stunde roch es nach angebrannten Hüten. Und schon saßen die Männer, wie vor Monaten, im Dunkeln. Es war sehr still geworden. Sie schwiegen vor lauter Erbitterung. Plötzlich rief der Schuster aufgeregt: «Da! Ein Lichtstrahl!» Tatsächlich! Die Mauer hatte einen Riss bekommen, und durch ihn tanzte ein Streifen Sonnenlicht! Wie gebannte starrten sie auf den goldenen Gruß von draußen. «Oh wir Esel!» brüllte da der Schweinehirt. «Wir haben ja die Fenster vergessen!» Dabei sprang er auf, fiel im Dunkeln über die Beine des Schmiedes und schlug sich an der Tischkante drei Zähne aus. So war es. Sie hatten tatsächlich die Fenster vergessen! Sie stürzten nach Hause, holten Spitzhacken, Winkelmaß und Wasserwaage, und noch am Abend waren die ersten Fenster fix und fertig. So wurden die Schildbürger zwar nicht wegen ihres dreieckigen Rathauses, sondern vielmehr wegen ihrer vergessenen Fenster berühmt. Es dauerte nicht lange, so kamen auch schon die ersten Reisenden nach Schilda, bestaunten die Einwohner, übernachteten und ließen überhaupt ein gutes Stück Geld in der Stadt. «Seht ihr», sagte der Ochsenwirt zu seinen Freunden, «als wir gescheit waren, mussten wir das Geld in der Fremde verdienen. Jetzt, da wir dumm geworden sind, bringt man es uns ins Haus!» Die Schildbürger bauen ein Rathaus - Nacherzählung von Erich Kästner Read the full article
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