#Zum anderen trenne ich Wörter; was im Japanischen nicht der Normalfall ist
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cupnoodleadventures · 5 years ago
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18.02.2016 Kyoto ½
Der Nibelungen-Tempel
Nach einer ruhigen Nacht im Museum Hotel und einem letzten großen Frühstück stiegen wir wieder in den gemeinsamen Reisebus. Es ging wieder Richtung Goldene Pagode, diesmal bogen wir allerdings etwas früher ein und kamen so zum komplett unbesuchten Ryoan-ji (Tempel des zu Ruhe gekommenen Drachen).
Zum Glück unbesucht, den dadurch ist dieser Schrein zumindest Donnerstag früh um 9:30 eine Art Geheimtipp.
Das Tempelgebäude selbst haust einen großen Steingarten mit umfassender Mauer.
Die Mauer ist an Armut grenzend Einfach, der Garten abgemagert, welk. Die Orange-Braune Beschichtung an der Mauer ist ungleichmäßig aufgetragen, geradezu fleckig. Der Garten beschränkt sich auf wenige Felsen. Symmetrien sucht man vergeblich. Die Sonne wirft scharfe Schatten, es ist für die Augen schwer lange auf die grell reflektierenden Steintrassen zu schauen.
Doch im japanischen ist dieser Steingarten ein zentrales Beispiel für das Konzept des Wabi-Sabi. Die Schönheit des Imperfekten.  Symbolisierend für das buddhistische Konzept des „Leids“.
Ein Autor schreibt davon, dass die Mauer, mit ihren starken Schatten und Kontrasten und den unreinen Farben den gesamten Garten ausmacht. Der Garten selbst, mit seiner Patina, sei wunderschön, doch gewinne er nicht gegen das Alter der Mauer. Mehr noch sei der Besuch des Gartens bei Wolken völlig sinnlos.
Ich kann nicht behaupten zu verstehen, oder zu sehen. Gerade bei einem so alten Steingarten fällt es mir schwer das Konzept des Wabi-Sabi anzuwenden. Andere Beispiele, wie Gras auf einem Strohdach, fallen mir leichter in einen Rahmen von ansprechender Ästhetik zu verpacken.
Doch ich verstehe den Reiz des Alten, des Imperfekten, des Verschleierten.
Wie der nebelverhangene Wald oft schöner ist als die klare Ansicht, so ist auch hier die Schönheit nicht in der Sache, sondern der Interpretation und Sichtweise versteckt.
Wer genau sucht und wild interpretiert, kann an jeder Ecke des Schreins diese kurzen Anblicke des Wabi-Sabi genießen. Ein stiller Teich, ruhend auf einem grün bemoosten Steinquader, die aufgeplatzten und in der Hitze blubbernden Lacke an den Torii.
Gehört dies alles dazu? Wer weiß, doch es ist durchaus eine tolle Erfahrung die umliegenden Gärten des Ryoan-ji zu besuchen und sich selbst ein Bild zu machen.
Wir hatten hier nur eine Stunde, dann mussten wir weiter.
Doch der ruhende Drache wartet geduldig auf den nächsten Besuch und rostet weiter langsam friedlich vor sich hin. Umso länger er ruht, umso „schöner“.
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