#Rechtsästhetik
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fabiansteinhauer · 8 days ago
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Ästhetik/ insaciável
Ästhetik ist der Name einer akademischen Disziplin, die sich in der Moderne systematisch und streckenweise deutschsprachig entwickelt hat. Diese Diszplin sammelt eine Reihe juridischer Kulturtechniken. Die documenta ist eine der Effekte. Nicht erst seit der letzten documenta und nicht erst, seitdem Staatsrechtslehrer sie begutachten, kommt sie ohne Rechtsform, ohne Rechtsgeschichte und ohne Rechtstheorie nicht vor. Ohne Bilderstreit kommt sie nicht vor. Sie wird schon lange und vorsorglich (d.i. kuratierend) in privatrechtlicher Form organisiert (aktuell: documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs-GmbH), um effektiv und grenzüberschreitend öffentlich sein zu können, dabei aber nur beschränkt zu haften. Sie zieht Querulanten an. Der bekannteste von ihnen hat wie üblich viele Prozesse angestrengt und Schreiben mit Schreiben versehen, sogar Bücher daraus gemacht. Wo Schranken sind, da tauchen Querulanten auf, so schildert das Kleist. Querulanten sind Leute, die nicht mitmachen können, dass die Differenzierung aus sein soll. Wo sie auftauchen, da ist Rechtsform. Die documenta ist ein Effekt des Umstandes, dass die Ästhetik juridische Kulturtechniken sammelt; Querulieren, so Rupert Gaderer, ist eine davon. Nur so ein Beispiel.
Von Anfang an (wir markieren das mit den Texten Baumgartens) ist der Begriff der Ästhetik auch Teil einer akademischen Disziplin und von Anfang an ist darin die Begriffsbildung normativ und dogmatisch. Dass die Juristen nichts von Ästhetik wüßten, das ist ein Spruch, der dem Dogma der großen Trennung folgen kann. Unterschiedliche Autoren speisen das Dogma mit normativem Material, also mit dem Gerücht, die Juristen wüßten nichts von Bildern, bisher nichts von Medien, ihr ästhetisches Wissen sei nicht vorhanden oder aber unterentwickelt, Kafka sei ein Jurist wider Willen und damit anders als jene Juristen, die mit Willen wären. Man hat erzählt, das Recht hätte aufgehört, die Kunst zu sein, die etwas gutmacht, vergütet, veredelt (züchtet/ raffiniert/ poliert/ mit finish versorgt) und die etwas passend macht, passieren oder durchgehen lässt.
Über Aby Warburg hat man erzählt, er habe die Bank gegen die Kunst, das Geld gegen Bilder und Bücher und die Wirtschaft gegen die Wissenschaft getauscht und dieser Tausch sei vollzogen worden. Man hat die Legende, die Max nach dem Tod Abys öffentlich gemacht hat, mit dem Dogma der großen Trennung interpretiert. Das verzerrt nicht nur, was passierte, das lässt auch stocken. Das Austauschmanöver, das Aby Warburg und Max Warburg durchgeführt haben und das Max zum Gesellschafter und Geschäftsführer der Bank, Aby wiederum zum Kopf der KBW gemacht hat, hat die Strukur der Anthropofagie, die Eduardo Viveiros de Castro beschreibt und die Struktur der Theophagie, die Warburg auf den Tafel 79/ 78 zeigt und der Gertrude Bing den Titel Das Verzehren des Gottes gibt, verschlingt und verzehrt den Anderen, das ist auch ein Verkehr und ein Begehren, es ist ein vager und darin präziser Vorgang, dessen Regungen Warburg als Polarität analysiert. In der Polarität kommt nichts weg, wie bei der Melancholie (die sie auch ist) hat die Polarität, was ihr fehlt und sie hat es, wie Aby Warburg und Thomas Melle betonen, im Rücken. Die Sterne sind ja nicht weg, wenn man sie im Rücken hat oder wenn sie sich auf der Rückseite der Erde befinden. Was im Rücken ist, das rückt auch, es kreist elliptisch (und darin unterbrochen und doch durchgehend, also auch kreuzend). Nach dem Tausch mit Max bezeichnet sich Aby weiterhin, treffend, als Banker. Er wird von der Bank bezahlt, sein melancholisches Talent ist in Sachen Kreditierung Gold wert, schweirig allenfalls sein Engagement in der Bank, vor allem wegen der diktatorischen Züge, die ihm manchmal hochkommen. Wenn Kafka ein Jurist wieder Willen war, dann wie alle Juristen, deren Talebt und Tätigkeit auch darin besteht, den Willen negieren und gegen den Willen handeln zu können. Warburg ist nicht geflüchtet - die Welt ist ohnehin aus den Fugen, da kommt sie sogar her, er ist und kommt aus den Fugen. Auch Kafka ist nicht in die Literatur geflüchtet. Das Exil ist Exit und dessen Gang mitten drin. In dem Handeln und Händeln, das dem anthropofagen Konsum gleicht, wird man nicht los, was man gibt und erhält nicht, was man bekommt. Das ist ein Austauschmanöver und der Begriff des Manövers verliert darin nicht seinen Bezug zum Begriff des Verfahrens, einem Stattfinden, das unbedingt her- und darstellt, aber nicht unbedingt von seinem Anlaß zu dessen Auflösung führt. Das ist das Fressen, das man macht, um etwas anders zu tun als zu fressen, schon weil darin die Speisung nicht gestillt wird. Das Verzehren, das Begehren und das Verkehren (alles das umfasst phagein/ vage) ist unstillbar/ insatiable/ inquenchable. Das gilt zumindest für das Recht, das unbeständig ist.
Das, was am Wissen unterentwickelt (und damit nach der Phänomenologie von Vilem Flusser damit wie Brasilien) ist, ist niedere Epistemologie, die es nicht notwendig haben kann, hochgehoben, erhöht oder vermehrt und größer gemacht zu werden. MAGA/ Make art great again: Letzens hat sich Onkel Bazon von der Frankfurter Schule Abteilung Benjamin wieder einmal (nach dem Auftritt in den 80'ern als Papa Schlumpf) eine rote Mütze aufgesetzt, die ein Künstler mit diesem Spruch bestickt hat. Er hat das so übersetzt: Make Kunst bedeutsam again (MKbA). Das verhältnis zwischen niederen Epistemologien und höheren Epistemologien, das zwischen niederen Sinnen und höheren Sinnen kann unbeständig sein, verkehrt/ verkehrend. Die große Trennung besteht aus einer Kette kleiner Trennungen - und die Trennung ist eine Operation, die als Operation juridischer Kulturtechnik ohne Assoziation und ohne Austauschmanöver gar nicht vorkommt. Keine Trennung ohne Assoziation, nichts davon ohne Austauschmanöver. Das ist vielleicht wie mit Luhmanns Kommunikation, innerhalb derer es keine Varatiion ohne Selektion und Retention/ Stabilisierung geben soll.
Seitdem es Recht gibt, verspricht es die Öffnung, seitdem hält es auch dieses Versprechen, aber das ist nicht das einzige, was das Recht macht. Im Anthropofagen Manifest hat Oswald di Andrade denjenigen, der sagt, dass das Recht die Ausübung der Möglichkeiten wäre kurz auftreten lassen. Und dann: Comi-O (das Verschlingen ist ein Beitrag zur Geschichte und Theorie Os). Der Anti-Juridismus ist so alt wie der Juridismus. Das macht ihn nicht falsch (schiebt ihn nicht endgültig aus dem Richtigen ins Falsche), das relativiert ihn nicht einmal (denn er ist ja schon in Relationen).
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fabiansteinhauer · 2 years ago
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2023
1.
Für das Jahr 2023 wünsche ich mir unter anderem, dass Matthias Schwaibold entweder 20 Jahre nachsitzen muss oder aber nie wieder für die Rechtsgeschichte eine Rezension schreibt. Rezensionen, in denen der Rezensent schreibt "ich als praktizierende Rechtsanwalt sage..." gehören grundsätzlich verboten oder aber lebenslänglich aufgehängt. Das gleiche gilt für ich als Jurist, ich als Afrikaner, ich als Doppeldoktor, ich als Frau, ich als Deutscher, Katholik und Wuppertaler oder aber kurz gesagt ich als Superschwergewicht.
Auf solchen Diagnosen lässt sich nämlich nicht ausruhen, denken muss man doch und es dann auch sagen. Was man ist, wie man qualifiziert ist, welchen Status man hat und welcher Gruppe man vorgeblich angehört, das hilft nicht, das nimmt einem nicht ab, zu denken und dann, vor allen in einer Rezension, anderen etwas davon mitzuteilen.
Kannitverstan geht, man kann nicht verstehen, dabei hilft zum Beispiel, ausschließlich holländisch zu lernen und dann in Italien mit Leuten zu sprechen, die nur italienisch sprechen. Es gibt darüber hinaus viele Techniken, nicht zu verstehen. Aber in Rezensionen sind diese Techniken fehl am Platz. Wer Motivationen hat, wie sie Schwaibold hatte, als er die Aufgabe übernahm, dieses Buch zu rezensieren (ich sage jetzt nicht welches), braucht wohl keine Depressionen mehr.
2.
Da ist viel Autoritätsteflon in der Rezension, also Plastikbeschichtung, im übertragenen Sinne vermutlich krebserzeugend. Ich kenne die Arbeit gar nicht, die er bespricht, aber die Rezension ist so vernichtend und gleichzeitig so hohl, so schwarzlöchrig geschrieben, dass ich sie ab jetzt gut finde, auch wenn ich sie noch nicht gelesen habe, denn in dem Fall gilt: der Feind meines Feindes ist mein Freund.
Hat alles 'níx mit dem Recht zu tun': Schwaibold holzt mit dem, was seiner Meinung nach vielleicht Meinung und Gedanke sein soll, alles aus dem besprochenen Buch weg, als müsste er im Namen der Kritischen Systemtheorie Frankfurter Schule in der Zeitschrift Der Staat ein Buch über Rechtsästhetik weghauen. Er stellt dabei durchaus zwei Rekorde auf, einen in Einfallslosigkeit, den zweiten in Selbstgenügsamkeit. Er nennt seine Enttäuschung mutig "monumental", aber in Hybris stellt er dennoch keinen Rekord auf, dafür bricht seine Rezension zu deutlich in sich zusammen, wie eine Kanzleienpartyskulptur aus Salzstangen.
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fabiansteinhauer · 3 years ago
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Stiftung
1.
Am 21. August unterzeichnen die Brüder Warburg eine Vereinbarung. Ein Foto der Gründungsszene wird aufgenommen, darunter findet sich die Notiz: Stiftung des Kuratoriums der K.B.W.
Paul, Max und Aby sitzen an einem Tisch, dahinter stehen Felix und Fritz. Aby Warburg kann es nicht lassen, zu 'witzeln', er macht das mit den ihm für das Foto zur Verfügung stehenden Mitteln, den Gesten und der Mimik. Er wählt eine Formel, für die er die Hände und das Gesicht einsetzen muss, das ist die Formel des Bittstellers, der die Hände zu einer (Waag-)Schale formt.
Die Vereinbarung sichert jedem der Brüder einen fünftel Anteil am Eigentum der K.B.W. In einem der Briefe der folgende Tage bittet Aby Warburg einen Anwalt des Bankhauses, ihm zu erläutern, was das zivilrechtlich bedeute, welche Konsequenzen, Rechte und Pflichten sich daraus ergeben würden. Eine der wichtigen Konsequenzen liegt laut Claudia Wedepohl darin, dass Max und Fritz wiederum ihre Anteile an der K.B.W. 1933 Paul und Felix weitergeben. Die Mehrheitsanteile an der K.B.W. liegen 1933 bei amerikanischen Staatsbürgern, was wohl entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Bibliothek 1933 verschifft und nach London gebracht werden konnte.
Als Gründungslegende der K.B.W. zirkuliert aber vor allem die Erzählung, die Max Warburg überliefert hat - und die sich auf eine 'Absprache' aus der Kindheit beziehen soll. Diese Gründungserzählung schiebt sich in der Literatur in den Vordergrund, wohl auch, weil in ihr ein Motiv stark wird, dass die Idee einer großen Trennung stützt. Das ist die Idee einer Trennung, die sich sowohl auf das Verhältnis zwischen Kunst und Wechselgeschäft als auch auf das Verhältnis zwischen Bild und Sprache bezieht. Als habe Aby Warburg etwas abgegeben und dafür etwas bekommen, als habe Max Warburg etwas abgeben und dafür etwas anders bekommen: als habe man etwas getrennt, als ob man das Geschäft ausdifferenziert oder ausgesondert hätte. Aby Warburg erzählt selber eine andere Geschichte, die in der Warburg Literatur nicht so häufig aufgegriffen wird: Nämlich wie er ab 1902 den Vater und seinen Bruder Max um Erhöhung seines Bucherbudgets gebeten und irgendwann erklärt hätte, seine Bibliothek würde sich in ein Institut verwandeln. Der Vater wendet die Frage ein, warum ein Privatmann machen sollte, wofür doch der Staat zuständig sei. Statt den Staat gegen die Gesellschaft oder die Gesellschaft gegen die Staat auszuspielen bleiben Aby Warburgs Vorschläge 'römisch', wenn sie eine Gegenfrage nahelegen: Wer, wenn nicht die Warburgs, soll denn dieser Staat sein?
Das Geschäft der K.B.W. wurde nicht ausdifferenziert, es blieb verschlungen, das war ein vages Geschäft und blieb ein vages Geschäft, es blieb auch entsichertes, gewagtes Geschäft, das die K.B.W. trug.
2.
Noch in Daniel Damlers Studien zu den Körperschaftsbildern der modernen Konzerne und seinen Ausführungen zur Rechtsästhetik kursiert die Idee einer Trennung, die er eine toten Winkel nennt: Das (kapitalistische) Zeitalter der Konzerne sei von den geistigen und kulturellen Traditionen teilweise "entkoppelt" und die "alerten tatkräftigen 'Manager' und politischen Aktivisten" hätten sich nicht dazu berufen gesehen, über die von ihnen in die Welt gesetzen Metaphern zu reflektieren und ihre Implikationen auszuloten. Zum anderen - gleichsam spiegelbildlich - sei die Neigung der Geistes- und Kulturwissenschaften, sich auf das barbarische, (vermeintlich) nur von zügelloser Habgier beseelte Treiben in den Börsen und Vorstandsetagen einzulassen, nicht sehr ausgeprägt. So läge das Phänomen des durch Imagination wechselweise stabilisierten und destabilisierten Kapitalismus also genau im toten Winkel verschiedener Wissenschaftskulturen.
So tot ist der Winkel nicht, darum kann ihn auch Damler später "vermessen", er greift ja trotz der angeblich ungünstigen Quellenlage dann noch noch auf viel Material zurück. Das ist eine Diskursregel, dass man den eigenen Text als ungeschrieben und gleichsam präzedenzlos einführt, zumindest in der modernen Universität. In dDamlers Analyse ist Aby Warburg nur ein stiller Teilhaber, vielleicht gerade, weil der nicht zu den Thesen vom toten Winkel und von unterschiedlichenWissenschaftskulturen passt. Die Frage ist, ob nicht andersherum Damler hier ebenfalls Ressentiments reproduziert, die zum geläufigen Bestand der Rechtswissenschaft gehören und die noch vom Dogma der großen Trennung leben.
Die Warburgs gehören zu den tatkräftigen Akteuren des modernen Konzernzeitalters, die sind nicht von der Tradition entkoppelt (denn auch Tradition verklebt nichts), die sehen sich durch und durch dazu berufen, über Metaphern und Bilder zu relektieren und ihre Implikationen auszuloten, würden aber nicht behaupten, solche Metaphern und Bilder seien von ihnen in die Welt gesetzt. Der Idee, dass Sinnbilder konstitutiv seien setzt Aby Warburg eine Vorstellug von Restitution entgehen, die nicht minder in der Lage ist, Neues zu reproduzieren. Warburg relativiert aber die Vorstellung, dass Bilder zu etwas in der Lage wäre, was anders nicht erreicht werden könnte.
Die Idee, die Geistes- und Kulturwissenschaften seien einerseits anti-kapitalistisch kursiert nicht nur in Frankfurt häufiger, es wäre aber doch seltsam, daraus zu schließen, dass diese Wissenschaften daher auch keine Quellen über ihre Wissen produzieren würden. Das ist fas so, als würde man dem Marxismus vorwerfen, kein Wissen über Wirtschaft und Konzerne zu entwickeln.
Damlers Arbeiten brauchen diese Rahmenkonstruktion nicht. Die werden dadurch auch nicht schlechter - und die Kritik, die ihm von einem 'Polizisten der Ausdifferenzierungsgerechtigkeit' aus der Staatsrechtslehre in der Zeitschrift Der Staat entgegengeschlagen ist, die kann man ohnehin nicht vermeiden, die kommt immer. Die Qualität seiner Arbeit, die nicht nur in der erzählerischen Plastizität seines Schreibens liegt, sondern auch darum, sehr spezifische Träume und Vorstellungen auszugestalten, leidet nicht darunter, dass Aby Warburg nur stiller Teilhaber seines Projektes ist. Vielleicht wird die Darstellung dadurch einseitig, aber Zweiseitigkeit ist auch keine Qualität für sich. Seine Überlegungen zur Ästhetik der Moderne und die zu den Konzernen weiter in Richtung Polarforschung zu betreiben, wäre wieder ein anderes Projekt.
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fabiansteinhauer · 3 years ago
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Unwägbarkeiten
1.
In seiner Kritik der Rechtsästhetik legt Andreas-Fischer Lescano den Finger auf eine Stelle, die der eine oder andere als einen wunden Punkt verstehen könnte. In der Bild- und Rechtswissenschaft lassen sich Ursprünge immer nur zum Schein feststellen. Es gibt Leitbilder, aber nur zum Schein. Es gibt Leitmetaphern, aber nur zum Schein. Es gibt Gründungsszenen, aber nur zum Schein. Ihre Produkivität liegt in ihrer Effektivität: Man kann sich auf sie berufen, man kann sie zitieren, man kann sie referenzieren, als ob mit ihnen etwas angefangen hätte, als ob sie Gründe liefern würden, ohne selbst wiederum knietief im Bodensatz der Gründe zu stehen, ohne selbst auf einer Kaskade von Austauschmanövern und einer sedimentären Geschichte aufzusitzen. Manche, wie Pierre Legendre, sprechen gleich von einer mythologischen Kausalität oder aber, wie Derrida, vom mystischen Grund der Autorität. Und Juristen sprechen von Dogmatik, einer Wissenschaft vom Zugang zum Schein. Und das könnte der eine oder andere als wunden Punkt verstehen, es könnte ihm einen Schwindel erzeugen.
Das macht der Andreas Fischer-Lescano ja auch, er schwindelt auch, denn das gilt nicht nur für Bilder, Leitmetaphern und Leitbilder, sondern auch für Wörter, Begriffe und Sätze. Der Schlingel Fischer-Lescano, der in seiner Frankfurter Zeit jede Kritik an von ihm nicht geliebten Autoren mit dem Satz beendete, sie würden der "Ausdifferenzierung nicht gerecht", treibt mit Damler auch jenen Poker und jenen Bluff, der dem einen oderanderen vertraut sein dürfte. Er zieht den Joker der Vieldeutigkeit und sagt, da sage etwas alles und nichts. Seitdem sich aus diesem Joker die Glossatoren entwickelt haben, seitdem nämlich Petrus Abaelardus genau das über jeden kanonischen und jeden normativen Text gesagt hat, er sage immer "Sic et Non", ist dieser Joker der Doppeldeutigkeit und Vieldeutigkeit sowohl der Hammer, um den Gegner und Ungläubigen zu überrumpeln als auch der Hammer, um anzufangen, etwas für die Freunde, Follower und Gläubigen zu entfalten.
2.
Wenn Kultur einer der schlimmsten Begriffe ist, die je gebildet wurden, dann teilt sich dieser Begriff seinen Status wohl mit dem Begriff des Rechts, des Menschen, der Würde, der Fortuna, der Welt, des lieben Gottes, des Abseits und des Fußballs. Man trifft in solchen Passage, die Juristen über Kultur schreben, manchmal die Fußnote, Kroeber und Kluckhorn hätten über 160 verschiedene Definitionen des Kulturbegriffes gezählt. Aber in den Fußnoten wird nie gezählt, wie oft diese Fußnote schon im Rechtsdiskurs voneinander abgeschrieben wurde. Sie taucht absurd oft und meist in gleichem Wortlaut auf (ich wette , dass die Fußnoten abgeschrieben werden und die wenigsten einmal ins chaotische Original geschaut haben). Es wird auch nie gezählt, wieviel Definitionen es eigentlich im Kontext mit dem Rechtsbegriff gibt. Da muß ich nicht wetten, denn das wäre unfair, es sind wesentlich mehr als 164. Diese Zahl mit 10 zu multiplizieren würde nicht reichen. Man kann sie zu Lebzeiten nicht zählen, es sind zuviele und werden jeden Tag mehr. Die Juristen sind nicht dümmer und nicht schlauer als die Kulturwissenschaftler, es gibt sie einfach schon länger und mehr davon, und darum produzieren sie auch schon länger ihre Definitionen de iure et iustitia, ihre Definitonen des Rechts und der Rechte und jede Stunde mehr davon. Sie saeg nicht nur alles und nichts, sie sagen auch jeden Tag mehr und weniger. Ich habe Mal die Definitionen des Begriffes Autopoiesis gezählt. Allein Teubner unterscheidet 1989 schon Selbstreferenz, Selbstproduktion, Selbstorganisation, Reflexion, Rekursion, und Autopoiesis, Selbstherstellung, Selbsterhaltung und stellt fest, Autoren (selbst?) wurden dabei ungeniert etwas durcheinanderbringen und die Grenzen verschwimmen lassen.
3.
Einerseits trifft Fischer Lescano etwas an Damler. Die Vorstellung von Leitmetaphern und konstitutiven Sinnbildern würde mich auch nicht überzeugen, wenn darin Vorstellungen von Kausalität, letzen Gründen, Schöpfungen aus dem Nichts oder großen Anfänglichkeiten stecken würden. Aber anderseits glaube ich nicht, dass Fischer-Lescanos Kartentrick, sein Ausspielen von Systemgrenzen, Autopoiesis, Innen/ Außen oder aber angeblichen Felsen der Eindeutigkeit auch nur irgendwie vor Unwägbarkeiten retten können. Denn sicher bieten Anfänge und Gründe genauswenig und genausoviel Anfänge und Gründe, wie Systemgrenzen und Autopoiesis und die angbelich schärfsten Begriffe und Auslegungen einer Norm aus dem Europarecht. Sie sagen genauso alles und nichts, wie die immer ins Spiel gebrachten Paradoxien der Autopoiesis. Und ich glaube, dass er den Damler einfach platt macht, was schade ist, weil der zu den wenigen gehört, die unbesorgt einfach dasjenige tun, was sich ihnen als Frage aufdrängt und die dabei eine wilde Lektüre und ein heterogenes Material zusammentragen und ohne große Strategien tun was sie tun.
4.
Fischer-Lescanos Spiel kenne ich, auch die Geste, jetzt mal Butter bei die Fische und normativen Wertungen zu den Details des Europarecht einzufordern. Solche Rezensionen sollen Rivalen vom Feld kicken, das zeichnet diese rezensionnicht aus. Rechtswissenschaft ist eine Streitwissenschaft. Fischer-Lescano ist Staatsrechtslehrer und spielt für Bremen, der Damler spielt für andere Mannschaften. Mein Interesse wäre es, weiter in das Feld einer Bild- und Rechtswissenschaft einzusteigen, die mit dem entsicherten Wissen, den Unwägbarkeiten, den Polarisierungen und Adressierungen rechnet, statt sie immer gleich zu verdrängen, zu kaschieren, zu 'pathologisieren' bzw. als Fehler des Rechts zu begreifen. Vor allem den Joker, Eineutigkeit gegen Mehrdeutigkeit oder Mehrdeutigkeit gegen Eindeutigkeit auszuspielen, der scheint mir arg ausgereizt. Wem es hilft. Mir nicht.
Es kann gut sein, dass eine Bild- und Rechtswissenschaft eine Rechtswissenschaft ist, die nicht im Dienst des Rechts, nicht einer bestimmten Stellung, Haltung und Lagerung funktioniert. Dann funktioniert sie vielleicht im Dienste juridischer Techniken, wie diejenigen, für die sich der Polarforscher Aby Warburg wohl auch deswegen interessiert, um (s)ein Treiben technisch zu formatieren. Einfacher gesagt: Sie funktioniert dann wie immer, um etwas durchschauen zu können, nicht mehr und nicht weniger, das Wörtchen sagt ja nicht nur alles oder nichts, es ist auch unsicher, wie man es am besten betont. Nichts gewonnen, sieglose Bild- und Rechtswissenschaft, doppelte Buchführung mit Kreditierung und Debitierung, also mit Gewinn- und Verlustverzeichnis, wunderbare Wechselwissenschaft. Ich glaube schon, dass Damler dafür einiges tut.
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