Die Hundeblume
Hundeblume - Novelle - Wolfgang Borchert - Löwenzahn
Hundeblume-Loewenzahn
Die Tür ging hinter mir zu. Das hat man wohl öfter, dass eine Tür hinter einem zugemacht wird – auch dass sie abgeschlossen wird, kann man sich vorstellen. Haustüren zum Beispiel werden abgeschlossen, und man ist dann entweder drinnen oder draußen. Auch Haustüren haben etwas so Endgültiges, Abschließendes, Auslieferndes. Und nun ist die Tür hinter mir zugeschoben, ja, geschoben, denn es ist eine unwahrscheinlich dicke Tür, die man nicht zuschlagen kann. Eine hässliche Tür mit der Nummer 432. Das ist das Besondere an dieser Tür, dass sie eine Nummer hat und mit Eisenblech beschlagen ist – das macht sie so stolz und unnahbar; denn sie lässt sich auf nichts ein, und die inbrünstigen Gebete rühren sie nicht.
Und nun hat man mich mit dem Wesen allein gelassen, nein, nicht nur allein gelassen, zusammen eingesperrt hat man mich mit diesem Wesen, vor dem ich am meisten Angst habe: Mit mir selbst.
Weißt du, wie das ist, wenn du dir selbst überlassen wirst, wenn du mit dir allein gelassen bist, dir selbst ausgeliefert bist? Ich kann nicht sagen, dass es unbedingt furchtbar ist, aber es ist eines der tollsten Abenteuer, die wir auf dieser Welt haben können: Sich selbst zu begegnen. So begegnen wie hier in der Zelle 432: nackt, hilflos, konzentriert auf nichts als auf sich selbst, ohne Attribut und Ablenkung und ohne die Möglichkeit einer Tat. Und das ist das Entwürdigendste: Ganz ohne die Möglichkeit zu einer Tat zu sein. Keine Flasche zum Trinken oder zum Zerschmettern zu haben, kein Handtuch zum Aufhängen, kein Messer zum Ausbrechen oder zum Aderndurchschneiden, keine Feder zum Schreiben – nichts zu haben – als sich selbst.
Das ist verdammt wenig in einem leeren Raum mit vier nackten Wänden. Das ist weniger als die Spinne hat, die sich ein Gerüst aus dem Hintern drängt und ihr Leben daran riskieren kann, zwischen Absturz und Auffangen wagen kann. Welcher Faden fängt uns auf, wenn wir abstürzen?
Unsere eigene Kraft? Fängt ein Gott uns auf? Gott – ist das die Kraft, die einen Baum wachsen und einen Vogel fliegen lässt – ist Gott das Leben? Dann fängt er uns wohl manchmal auf – wenn wir wollen.
Als die Sonne ihre Finger von dem Fenstergitter nahm und die Nacht aus den Ecken kroch, trat etwas aus dem Dunkel auf mich zu – und ich dachte, es wäre Gott. Hatte jemand die Tür geöffnet? War ich nicht mehr allein? Ich fühlte, es ist etwas da, und das atmet und wächst. Die Zelle wurde zu eng – ich fühlte, dass die Mauern weichen mussten vor diesem, das da war und das ich Gott nannte.
Du, Nummer 432, Menschlein – lass dich nicht besoffen machen von der Nacht! Deine Angst ist mit dir in der Zelle, sonst nichts! Die Angst und die Nacht. Aber die Angst ist ein Ungeheuer, und die Nacht kann furchtbar werden wie ein Gespenst, wenn wir mit ihr allein sind.
Da trudelte der Mond über die Dächer und leuchtete die Wände ab. Affe, du! Die Wände sind so eng wie je, und die Zelle ist leer wie eine Apfelsinenschale. Gott, den sie den Guten nennen, ist nicht da. Und was da war, das was sprach, war in dir. Vielleicht war es ein Gott aus dir – du warst es! Denn du bist auch Gott, alle, auch die Spinne und die Makrele sind Gott. Gott ist das Leben – das ist alles. Aber das ist so viel, dass er nicht mehr sein kann. Sonst ist nichts. Aber dieses Nichts überwältigt uns oft.
Die Zellentür war so zu wie eine Nuss – als ob sie nie offen war, und von der man wusste, dass sie von selbst nicht aufging – dass sie aufgebrochen werden musste. So zu war die Tür. Und ich stürzte, mit mir allein gelassen, ins Bodenlose. Aber da schrie mich die Spinne an wie ein Feldwebel: Schwächling! Der Wind hatte ihre Netze zerrissen, und sie drängte mit Ameiseneifer ein neues und fing mich, den Hundertdreiundzwanzigpfündigen, in ihren hauchfeinen Seilen. Ich bedankte mich bei ihr, aber davon nahm sie überhaupt keine Notiz.
So gewöhnte ich mich langsam an mich. Man mutet sich so leichtfertig andere Menschen zu, und dabei kann man sich kaum selbst ertragen. Ich fand mich aber allmählich doch ganz unterhaltsam und vergnüglich – ich machte Tag und Nacht die merkwürdigsten Entdeckungen an mir.
Aber ich verlor in der langen Zeit den Zusammenhang mit allem, mit dem Leben, mit der Welt. Die Tage tropften schnell und regelmäßig von mir ab. Ich fühlte, wie ich langsam leer lief von der wirklichen Welt und voll wurde von mir selbst. Ich fühlte, dass ich immer weiter wegging von dieser Welt, die ich eben erst betreten hatte.
Die Wände waren so kalt und tot, dass ich krank wurde vor Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Man schreit wohl ein paar Tage seine Not raus – aber wenn nichts antwortet, ermüdet man bald. Man schlägt wohl ein paar Stunden an Wand und Tür – aber wenn sie sich nicht auftun, sind die Fäuste bald wund, und der kleine Schmerz ist dann die einzige Lust in dieser Öde.
Es gibt doch wohl nichts Endgültiges auf dieser Welt. Denn die eingebildete Tür hatte sich aufgetan und viele andere dazu, und jede schubste einen scheuen, schlecht rasierten Mann hinaus in eine lange Reihe und in einen Hof mit grünem Gras in der Mitte und grauen Mauern ringsum.
Da explodierte ein Bellen um uns und auf uns zu – ein heiseres Bellen von blauen Hunden mit Lederriemen um den Bauch. Die hielten uns in Bewegung und waren selbst dauernd in Bewegung und bellten uns voll Angst. Aber wenn man genug Angst in sich hatte und ruhiger wurde, erkannte man, dass es Menschen waren in blauen, blassen Uniformen.
Man lief im Kreis. Wenn das Auge das erste erschütternde Wiedersehen mit dem Himmel überwunden und sich wieder an die Sonne gewöhnt hatte, konnte man blinzelnd erkennen, dass viele so zusammenhanglos trotteten und tief atmeten wie man selbst – siebzig, achtzig Mann vielleicht.
Und immer im Kreis – im Rhythmus ihrer Holzpantoffeln, unbeholfen, eingeschüchtert und doch für eine halbe Stunde froher als sonst. Wenn die blauen Uniformen mit dem Bellen im Gesicht nicht gewesen wären, hätte man bis in die Ewigkeit so trotten können – ohne Vergangenheit, ohne Zukunft: Ganz genießende Gegenwart: Atmen, Sehen, Gehen!
So war es zuerst. Fast ein Fest, ein kleines Glück. Aber auf die Dauer – wenn man monatelang kampflos genießt – beginnt man abzuschweifen. Das kleine Glück genügt nicht mehr – man hat es satt, und die trüben Tropfen dieser Welt, der wir ausgeliefert sind, fallen in unser Glas. Und dann kommt der Tag, wo der Rundgang im Kreis eine Qual wird, wo man sich unter dem hohen Himmel verhöhnt fühlt und wo man Vordermann und Hintermann nicht mehr als Brüder und Mitleidende empfindet, sondern als wandernde Leichen, die nur dazu da sind, uns anzuekeln – und zwischen die man eingelattet ist als Latte ohne eigenes Gesicht in einem endlosen Lattenzaun, ach, und sie verursachen einem eher Übelkeit als sonstwas. Das kommt dann, wenn man monatelang kreist zwischen den grauen Mauern und von den blassen, blauen Uniformen mürbe gebellt ist.
Der Mann, der vor mir geht, war schon lange tot. Oder er war aus einem Panoptikum entsprungen, von einem komischen Dämon getrieben, zu tun, als sei er ein normaler Mensch – und dabei war er bestimmt längst tot. Ja! Nämlich seine Glatze, die von einem zerfransten Kranz schmutzig-grauer Haarbüschel umwildert ist, hat nicht diesen fettigen Glanz von lebendigen Glatzen, in denen sich Sonne und Regen noch trübe spiegeln können – nein, diese Glatze ist glanzlos, duff und matt wie aus Stoff. Wenn sich dieses Ganze da vor mir, das ich gar nicht Mensch nennen mag, dieser nachgemachte Mensch, nicht bewegen würde, könnte man diese Glatze für eine leblose Perücke halten. Und nicht mal die Perücke eines Gelehrten oder großen Säufers – nein, höchstens die eines Papierkrämers oder Zirkusclowns. Aber zäh ist sie, diese Perücke – sie kann schon aus Bosheit allein nicht abtreten, weil sie ahnt, dass ich, ihr Hintermann, sie hasse. Ja, ich hasse sie. Warum muss die Perücke – ich will nun man den ganzen Mann so nennen, das ist einfacher – warum muss sie vor mir hergehen und leben, während junge Spatzen, die noch nichts vom Fliegen gewusst haben, sich aus der Dachrinne zu Tode stürzen? Und ich hasse die Perücke, weil sie feige ist – und wie feige! Sie fühlt meinen Hass, während sie blöde vor mir hertrottet, immer im Kreis, im ganz kleinen Kreis zwischen grauen Mauern, die auch kein Herz für uns haben, denn sonst würden sie eines Nachts heimlich fortwandern und sich um den Palast stellen, in dem unsere Minister wohnen.
Ich denke schon eine ganze Zeit darüber nach, warum man die Perücke ins Gefängnis gesperrt hat – was für eine Tat kann sie begangen haben – sie, die zu feige ist, sich nach mir umzudrehen, während ich sie andauernd quäle. Denn ich quäle sie: Ich trete ihr fortwährend auf die Hacken – mit Absicht natürlich – und mache mit meinem Mund ein übles Geräusch, als spuckte ich viertelpfundweise Lungenhaschee gegen ihren Rücken. Sie zuckt jedesmal verwundet zusammen. Trotzdem wagt sie es nicht, sich ganz nach ihrem Quäler umzusehen – nein, sie ist zu feige dazu. Sie dreht sich nur um ein paar Grad mit steifem Genick in meine Richtung nach hinten, aber die halbe Drehung bis zum Treffen unserer Augenpaare wagt sie nicht.
Was mag sie ausgefressen haben? Vielleicht hat sie unterschlagen oder gestohlen? Oder hat sie in einem Sexualanfall öffentliches Ärgernis erregt? Ja, das vielleicht. Einmal war sie berauscht von einem buckligen Eros aus ihrer Feigheit rausgehüpft in eine blöde Geilheit – na, und nun trottete sie vor mir her, stillvergnügt und erschrocken, einmal etwas gewagt zu haben.
Aber ich glaube, jetzt zittert sie insgeheim, weil sie weiß, dass ich hinter ihr gehe, ich, ihr Mörder! Oh, es würde mir leicht sein, sie zu morden, und es könnte ganz unauffällig geschehen. Ich hätte ihr nur das Bein zu stellen brauchen, dann wäre sie mit ihren viel zu stakigen Stelzen vornüber gestolpert und hätte sich dabei wahrscheinlich ein Loch in den Kopf gestoßen – und dann wäre ihr die Luft mit einem phlegmatischen pfff ... entwichen wie einem Fahrradschlauch. Ihr Kopf wäre in der Mitte auseinandergeplatzt wie weißlich-gelbes Wachs, und die wenigen Tropfen roter Tinte daraus hätten lächerlich verlogen gewirkt wie Himbeersaft auf der blauseidenen Bluse eines erdolchten Komödianten.
So hasste ich die Perücke, einen Kerl, dessen Visage ich nie gesehen hatte, dessen Stimme ich nie gehört hatte, von dem ich nur einen muffigen, mottenpulverigen Geruch kannte. Sicher hatte er – die Perücke – eine milde, müde Stimme ohne jede Leidenschaft, so kraftlos wie seine milchigen Finger. Sicher hatte er die vorstehenden Augen eines Kalbes und eine dicke, hängende Unterlippe, die dauernd Pralinen essen möchte. Es war die Maske eines Lebemannes, ohne Größe und mit dem Mut eines Papierhändlers, dessen Hebammenhände oftmals den ganzen Tag nichts getan hatten, als siebzehn Pfennige für ein Schreibheft vom Ladentisch zu streicheln.
Nein, kein Wort mehr über die Perücke! Ich hasse sie wirklich so sehr, dass ich mich leicht in einen Wutausbruch hineinsteigern könnte, bei dem ich mich zu sehr entblößen würde. Genug. Schluss. Ich will nie wieder von ihr reden, nie! –
Aber wenn einer, den du gerne verschweigen möchtest, ständig mit eingeknickten Knien in der Melodie eines Melodramas vor dir hergeht, dann wirst du ihn nicht los. Wie ein Juckreiz im Rücken, wo du mit den Händen nicht ankommst, reizt er dich immer wieder, an ihn zu denken, ihn zu empfinden, ihn zu hassen.
Ich glaube, ich muss die Perücke doch ermorden. Aber ich habe Angst, der Tote würde mir einen greulichen Streich spielen. Er würde sich plötzlich mit ordinärem Lachen daran erinnern, dass er früher ja Zirkusclown war und sich aus seinem Blut hochwälzen. Vielleicht etwas verlegen, als hätte er das Blut nicht halten können wie andere Leute das Wasser. Kopfüber würde er durch die Gefängnismanege hampeln, hielte womöglich die Wärter für bockende Esel, die er bis zum Wahnsinn reizen würde, um dann mit gemachter Angst auf die Mauer zu springen. Von dort aus würde er dann seine Zunge wie einen Scheuerlappen gegen uns lüpfen und auf immer verschwinden. Es ist nicht auszudenken, was alles geschehen würde, wenn sich plötzlich jeder auf das besinnen würde, was er eigentlich ist.
Denke nicht, dass mein Hass auf meinen Vordermann, auf die Perücke, hohl und grundlos ist – oh, man kann in Situationen kommen, wo man so von Hass überläuft und über die eigenen Grenzen hinweggeschwemmt wird, dass man nachher kaum zu sich selbst zurückfindet – so hat einen der Hass verwüstet.
Ich weiß, es ist schwer, mir zuzuhören und mit mir zu fühlen. Du sollst auch nicht zuhören, als wenn einer dir etwas von Gottfried Keller oder Dickens vorliest. Du sollst mit mir gehen, mitgehen in dem kleinen Kreis zwischen den unerbittlichen Mauern. Nicht in Gedanken neben mir – nein, körperlich hinter mir als mein Hintermann. Und dann wirst du sehen, wie schnell du mich hassen lernst. Denn wenn du mit uns (ich sage jetzt »uns«, weil wir dieses eine alle gemeinsam haben) in unserem lendenlahmen Kreis wankst, dann bist du so leer von Liebe, dass der Hass wie Sekt in dir aufschäumt. Du lässt ihn auch schäumen, nur um diese entsetzliche Leere nicht mehr zu fühlen. Und glaube nur nicht, dass du mit leerem Magen und leerem Herzen zu besonderen Taten der Nächstenliebe aufgelegt sein wirst!
So wirst du also als ein von allem Guten Geleerter hinter mir herdammeln und monatelang nur auf mich angewiesen sein, auf meinen schmalen Rücken, den viel zu weichen Nacken und die leere Hose, in die der Anatomie nach eigentlich etwas mehr hineingehört. Am meisten wirst du aber auf meine Beine sehen müssen. Alle Hintermänner sehen auf die Beine ihres Vordermannes, und der Rhythmus seines Schrittes wird ihnen aufgezwungen und übernommen, auch wenn er ihnen fremd und unbequem ist. Ja, und da wird der Hass dich anfallen wie ein eifersüchtiges Weib, wenn du merkst, dass ich keinen Gang habe. Nein, ich habe keinen Gang. Es gibt tatsächlich Menschen, die keinen Gang haben – sie haben mehrere Stilarten, die sich nicht miteinander vereinen können zu einer Melodie. Ich bin so einer. Du wirst mich deswegen hassen, ebenso sinnlos und begründet, wie ich die Perücke hassen muss, weil ich ihr Hintermann bin. Wenn du dich gerade auf meinen etwas unsicheren, verspielten Schritt eingestellt hast, stellst du stockend fest, dass ich plötzlich ganz reell und energisch auftrete. Und kaum hast du diesen neuen Typ meines Gehens registriert, da fange ich einige Schritte weiter an, zerfahren und mutlos zu bummeln. Nein, du wirst keine Freude und Freundschaft über mich empfinden können. Du musst mich hassen. Alle Hintermänner hassen ihre Vordermänner.
Vielleicht würde alles anders werden, wenn sich die Vordermänner mal nach ihren Hintermännern umsehen würden, um sich mit ihnen zu verständigen. So ist aber jeder Hintermann – er sieht nur seinen Vordermann und hasst ihn. Aber seinen Hintermann verleugnet er – da fühlt er sich Vordermann. So ist das in unserm Kreis hinter den grauen Mauern – so ist es aber wohl anderswo auch, überall vielleicht.
Ich hätte die Perücke doch umbringen sollen. Einmal heizte sie mir so ein, dass mein Blut zu kochen anfing. Das war, als ich die Entdeckung machte. Keine große Sache. Nur eine ganz kleine Entdeckung.
Habe ich schon gesagt, dass wir jeden Morgen eine halbe Stunde lang einen kleinen schmutzig-grünen Fleck Rasen umkreisen? In der Mitte der Manege von diesem seltsamen Zirkus war eine blasse Versammlung von Grashalmen, blass und der einzelne Halm ohne Gesicht. Wie wir in diesem unerträglichen Lattenzaun waren, auf der Suche nach Lebendigem, Buntem, lief mein Auge ohne große Hoffnung eigentlich und zufällig über die paar Hälmchen hin, die sich, als sie sich angesehen fühlten, unwillkürlich zusammennahmen und mir zunickten – und da entdeckte ich unter ihnen einen unscheinbaren gelben Punkt, eine Miniaturgeisha auf einer großen Wiese. Ich war so erschrocken über meine Entdeckung, dass ich glaubte, alle müssten es gesehen haben, dass meine Augen wie festgebackt auf das gelbe Etwas starrten, und ich sah schnell und sehr interessiert wieder auf die Pantoffeln meines Vordermannes. Aber so wie du einem, mit dem du sprichst, immer auf den Fleck, den er an der Nase hat, stieren musst und ihn ganz unruhig machst – so sehnten meine Augen sich nach dem gelben Punkt. Als ich jetzt dichter an ihm vorbeikam, tat ich so unbefangen wie möglich. Ich erkannte eine Blume, eine gelbe Blume. Es war ein Löwenzahn – eine kleine gelbe Hundeblume.
Sie stand ungefähr einen halben Meter links von unserm Weg, von dem Kreis, auf dem wir jeden Morgen eine Huldigung an die frische Luft darbrachten. Ich stand förmlich Angst aus und bildete mir ein, einer der Blauen folge schon mit Stielaugen der Richtung meines Blickes. Aber so sehr unsere Wachthunde gewohnt waren, auf jede individuelle Regung des Lattenzaunes mit wütendem Bellen zu reagieren – niemand hatte an meiner Entdeckung teilgenommen. Die kleine Hundeblume war noch ganz mein Eigentum.
Aber richtig freuen konnte ich mich nur wenige Tage an ihr. Sie sollte mir ganz gehören. Immer wenn unser Rundgang zu Ende ging, musste ich mich gewaltsam von ihr losreißen, und ich hätte meine tägliche Brotration (und das will was sagen!) dafür gegeben, sie zu besitzen. Die Sehnsucht, etwas Lebendiges in der Zelle zu haben, wurde so mächtig in mir, dass die Blume, die schüchterne kleine Hundeblume, für mich bald den Wert eines Menschen, einer heimlichen Geliebten bekam: Ich konnte nicht mehr ohne sie leben – da oben zwischen den toten Wänden!
Und dann kam die Sache mit der Perücke. Ich fing es sehr schlau an. Jedesmal, wenn ich an meiner Blume vorbeikam, trat ich so unauffällig wie möglich einen Fuß breit vom Wege auf den Grasfleck. Wir haben alle einen tüchtigen Teil Herdentrieb in uns, und darauf spekulierte ich. Ich hatte mich nicht getäuscht. Mein Hintermann, sein Hintermann, dessen Hintermann – und so weiter – alle latschten stur und folgsam in meiner Spur. So gelang es mir in vier Tagen, unsern Weg so nahe an meine Hundeblume heranzubringen, dass ich sie mit der Hand hätte erreichen können, wenn ich mich gebückt hätte. Zwar starben einige zwanzig der blassen Grashalme durch mein Unternehmen einen staubigen Tod unter unsern Holzpantinen – aber wer denkt an ein paar zertretene Grashalme, wenn er eine Blume pflücken will!
Ich näherte mich der Erfüllung meines Wunsches. Zur Probe ließ ich einige Male meinen linken Strumpf runterrutschen, bückte mich ärgerlich und harmlos und zog ihn wieder hoch. Niemand fand etwas dabei. Also, morgen denn!
Ihr müsst mich nicht auslachen, wenn ich sage, dass ich am nächsten Tag mit Herzklopfen den Hof betrat und feuchte, erregte Hände hatte. Es war auch zu unwahrscheinlich, die Aussicht, nach monatelanger Einsamkeit und Liebelosigkeit unerwartet eine Geliebte in der Zelle zu haben.
Wir hatten unsere tägliche Ration Runden mit monotonem Pantoffelgeklöppel fast beendet – bei der vorletzten Runde sollte es geschehen. Da trat die Perücke in Aktion, und zwar auf die abgefeimteste und niederträchtigste Weise.
Wir waren eben in die vorletzte Runde eingebogen, die Blauen rasselten wichtig mit den Riesenschlüsselbunden, und ich näherte mich dem Tatort, von wo meine Blume mir ängstlich entgegensah. Vielleicht war ich nie so erregt wie in diesen Sekunden. Noch zwanzig Schritte. Noch fünfzehn Schritte, noch zehn, fünf ...
Da geschah das Ungeheure! Die Perücke warf plötzlich, als begänne sie eine Tarantella, die dünnen Arme in die Luft, hob das rechte Bein graziös bis an den Nabel und machte auf dem linken Fuß eine Drehung nach hinten. Nie werde ich begreifen, wo sie den Mut hernahm – sie blitzte mich triumphierend an, als wüsste sie alles, verdrehte die Kalbsaugen, bis das Weiße zu schillern anfing, und klappte dann wie eine Marionette zusammen. Oh, nun war es gewiss: er musste früher Zirkusclown gewesen sein, denn alles brüllte vor Lachen!
Aber da bellten die blauen Uniformen los, und das Lachen war weggewischt, als ob es nie gewesen war. Und einer trat gegen den Liegenden und sagte so selbstverständlich, wie man sagt: es regnet – so sagte er: Er ist tot!
Ich muss noch etwas gestehen – aus Ehrlichkeit gegen mich selbst. In dem Augenblick, als ich mit dem Mann, den ich die Perücke nannte, Auge in Auge war und fühlte, dass er unterlag, nicht mir, nein, dem Leben unterlag – in dieser Sekunde verlief mein Hass wie eine Welle am Strand, und es blieb nichts als ein Gefühl der Leere. Eine Latte war aus dem Zaun gebrochen – der Tod war haarscharf an mir vorbei gepfiffen –, da bemüht man sich schnell, gut zu sein. Und ich gönne der Perücke noch nachträglich den vermeintlichen Sieg über mich.
Am nächsten Morgen hatte ich einen anderen Vordermann, der mich die Perücke sofort vergessen machte. Er sah verlogen aus wie ein Theologe, aber ich glaube, er war eigens aus der Hölle beurlaubt, mir das Pflücken meiner Blume völlig unmöglich zu machen.
Er hatte eine impertinente Art aufzufallen. Alles feixte über ihn. Sogar die blassblauen Hunde konnten ein menschliches Grinsen nicht unterdrücken, was sich ungeheuer merkwürdig ausmachte. Jeder Zoll ein Staatsbeamter – aber die primitive Würde der stumpfen Berufssoldatengesichter war zu einer Grimasse verzerrt. Sie wollten nicht lachen, bei Gott, nein! Aber sie mussten. Kennst du das Gefühl, das gönnerhafte, wenn du mit jemandem böse bist und ihr seid beide Masken der Unversöhnlichkeit, und nun geschieht irgend etwas Komisches, das euch beide zum Lachen zwingt – ihr wollt nicht lachen, bei Gott, nein! Dann zieht sich das Gesicht aber doch in die Breite und nimmt jenen bekannten Ausdruck an, den man am treffendsten mit »Saures Grinsen« benennen könnte. So erging es nun den Blauen, und das war die einzige menschliche Regung, die wir überhaupt an ihnen bemerkten. Ja, dieser Theologe, das war eine Motte! Er war gerissen genug, verrückt zu sein – aber er war nicht so verrückt, dass seine Gerissenheit darunter litt.
Wir waren siebenundsiebzig Mann in der Manege, und eine Meute von zwölf uniformierten Revolverträgern umkläffte uns. Einige mochten zwanzig und mehr Jahre diesen Kläfferdienst ausüben, denn ihre Münder waren im Laufe der Jahre bei vielen tausend Patienten eher schnauzenähnlich geworden. Aber diese Angleichung an das Tierreich hatte nichts von ihrer Einbildung genommen. Man hätte jeden einzelnen von ihnen so wie er war als Standbild benutzen können mit der Aufschrift: L'Etat c'est moi („Der Staat bin ich“).
Der Theologe (später erfuhr ich, dass er eigentlich Schlosser war und bei Arbeiten an einer Kirche verunglückte – Gott nahm sich seiner an!) war so verrückt oder gerissen, dass er ihre Würde vollkommen respektierte. Was sag ich – respektierte? Er pustete die Würde der blauen Uniformen auf zu einem Luftballon von ungeahnten Dimensionen, von denen die Träger selbst keine Ahnung hatten. Wenn sie auch über seine Blödheit lachen mussten, ganz heimlich blähte doch ein gewisser Stolz ihre Bäuche, dass sich die Lederkoppel spannten.
Immer wenn der Theologe einen der Wachthunde passierte, die breitbeinig stehend ihre Macht zum Ausdruck brachten und, sooft es ging, bissig auf uns losfuhren – jedesmal machte er eine durchaus ehrlich wirkende Verbeugung und sagte so innig-höflich und gut gemeint: Gesegnetes Fest, Herr Wachtmeister! – dass kein Gott ihm hätte zürnen können – viel weniger die eitlen Luftballons in Uniform. Und dabei legte er seine Verbeugung so bescheiden an, dass es immer aussah, als wiche er einer Ohrfeige aus.
Und nun hatte der Teufel diesen Komiker-Theologen zu meinem Vordermann gemacht, und seine Verrücktheit strahlte so stark aus und nahm mich in Anspruch, dass ich meine neue kleine Geliebte, meine Hundeblume, beinahe vergaß. Ich konnte ihr kaum einen zärtlichen Blick zuwerfen, denn ich musste einen irrsinnigen Kampf mit meinen Nerven austragen, der mir den Angstschweiß aus allen Löchern jagte. Jedesmal, wenn der Theologe seine Verbeugung machte und sein »Gesegnetes Fest, Herr Wachtmeister« wie Honig von der Zunge tropfen ließ – jedesmal musste ich alle Muskeln anspannen, es ihm nicht nachzutun. Die Versuchung war so stark, dass ich mehrere Male den Staatsdenkmälern schon freundlich zunickte und es erst in der letzten Sekunde fertigbrachte, keine Verbeugung zu machen und stumm zu bleiben.
Wir kreisten täglich etwa eine halbe Stunde im Hof, das waren täglich zwanzig Runden, und zwölf Uniformen umstanden unsern Kreis. Der Theologe machte also auf jeden Fall zweihundertundvierzig Verbeugungen pro Tag, und zweihundertundvierzigmal musste ich alle Konzentration aufbieten, nicht verrückt zu werden. Ich wusste, wenn ich das drei Tage gemacht hätte, würde ich mildernde Umstände bekommen – dem war ich nicht gewachsen. Ich kam völlig erschöpft in meine Zelle zurück. Die ganze Nacht aber ging ich im Traum eine unendliche Reihe blauer Uniformen entlang, die alle wie Bismarck aussahen – die ganze Nacht bot ich diesen Millionen blassblauer Bismarcks mit tiefem Bückling ein »Gesegnetes Fest, Herr Wachtmeister!«
Am nächsten Tag wusste ich es so einzurichten, dass die Reihe an mir vorbeiging und ich einen anderen Vordermann bekam. Ich verlor meinen Pantoffel, fischte ihn ganz umständlich und humpelte in den Lattenzaun zurück. Gott sei Dank! Vor mir ging die Sonne auf. Vielmehr – sie verdunkelte sich. Mein neuer Vordermann war so unverschämt lang, dass meine 1,80 m glatt in seinem Schatten verschwanden. Es gab also doch eine Vorsehung – man musste ihr nur mit dem Pantoffel nachhelfen. Seine unmenschlich langen Gliedmaßen ruderten sinnlos durcheinander, und das Originelle war, er kam dabei sogar vorwärts, obgleich er sicher keinerlei Übersicht über Beine und Arme hatte. Ich liebte ihn beinahe – ja, ich betete, er möchte nicht plötzlich tot umsinken wie die Perücke oder verrückt werden und anfangen, feige Verbeugungen zu machen. Ich betete für sein langes Leben und seine geistige Gesundheit. Ich fühlte mich in seinem Schatten so geborgen, dass meine Blicke länger als sonst die kleine Hundeblume umfingen, ohne dass ich Angst zu haben brauchte, mich zu verraten. Ich verzieh diesem himmlischen Vordermann sogar sein abscheulich näselndes Organ, oh, ich verkniff mir großzügig, ihm allerlei Spitznamen wie Oboe, Krake oder Gottesanbeterin zu verleihen. Ich sah nur noch meine Blume – und ließ meinen Vordermann so lang und so blöde sein, wie er es wollte! Der Tag war wie alle anderen. Er unterschied sich nur dadurch von ihnen, dass der Häftling aus Zelle 432 zum Ende der halben Stunde einen rasenden Pulsschlag bekam und seine Augen den Ausdruck von kaschierter Harmlosigkeit und schlecht verdeckter Unsicherheit annahmen.
Wir bogen in die vorletzte Runde ein – wieder wurden die Schlüsselbunde lebendig, und der Lattenzaun döste durch die sparsamen Sonnenstrahlen wie hinter ewigen Gittern.
Aber was war das? Eine Latte döste ja gar nicht! Sie war hellwach und wechselte vor Aufregung alle paar Meter die Gangart. Merkte das denn kein Mensch? Nein. Und plötzlich bückte sich die Latte 432, fummelte an ihrem runtergerutschten Strumpf herum und – fuhr dazwischen blitzschnell mit der einen Hand auf eine erschrockene kleine Blume zu, riss sie ab – und schon klöppelten wieder siebenundsiebzig Latten in gewohntem Schlendrian in die letzte Runde.
Was ist so komisch: Ein blasierter, reuiger Jüngling aus dem Zeitalter der Grammophonplatten und Raumforschung steht in der Gefängniszelle 432 unter dem hochgemauerten Fenster und hält mit seinen vereinsamten Händen eine kleine gelbe Blume in den schmalen Lichtstrahl – eine ganz gewöhnliche Hundeblume. Und dann hebt dieser Mensch, der gewohnt war, Pulver, Parfüm und Benzin, Gin und Lippenstift zu riechen, die Hundeblume an seine hungrige Nase, die schon monatelang nur das Holz der Pritsche, Staub und Angstschweiß gerochen hat – und er saugt so gierig aus der kleinen gelben Scheibe ihr Wesen in sich hinein, dass er nur noch aus Nase besteht.
Da öffnet sich in ihm etwas und ergießt sich wie Licht in den engen Raum, etwas, von dem er bisher nie gewusst hat: Eine Zärtlichkeit, eine Anlehnung und Wärme ohnegleichen erfüllt ihn zu der Blume und füllt ihn ganz aus.
Er ertrug den Raum nicht mehr und schloss die Augen und staunte: Aber du riechst ja nach Erde. Nach Sonne, Meer und Honig, liebes Lebendiges! Er empfand ihre keusche Kühle wie die Stimme des Vaters, den er nie sonderlich beachtet hatte und der nun soviel Trost war mit seiner Stille – er empfand sie wie die helle Schulter einer dunklen Frau.
Er trug sie behutsam wie eine Geliebte zu seinem Wasserbecher, stellte das erschöpfte kleine Wesen da hinein, und dann brauchte er mehrere Minuten – so langsam setzte er sich, Angesicht in Angesicht mit seiner Blume.
Er war so gelöst und glücklich, dass er alles abtat und abstreifte, was ihn belastete: die Gefangenschaft, das Alleinsein, den Hunger nach Liebe, die Hilflosigkeit seiner zweiundzwanzig Jahre, die Gegenwart und die Zukunft, die Welt und das Christentum – ja, auch das!
Er war ein brauner Balinese, ein »Wilder« eines »wilden« Volkes, der das Meer und den Blitz und den Baum fürchtete und anbetete. Der Kokosnuss, Kabeljau und Kolibri verehrte, bestaunte, fraß und nicht begriff. So befreit war er, und nie war er so bereit zum Guten gewesen, als er der Blume zuflüsterte ... werden wie du ...
Die ganze Nacht umspannten seine glücklichen Hände das vertraute Blech seines Trinkbechers, und er fühlte im Schlaf, wie sie Erde auf ihn häuften, dunkle, gute Erde, und wie er sich der Erde angewöhnte und wurde wie sie – und wie aus ihm Blumen brachen: Anemonen, Akelei und Löwenzahn – winzige, unscheinbare Sonnen.
Die Hundeblume - Novelle von Wolfgang Borchert
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Einzelne freilich saßen, den Kopf in die Hände gestützt, am Ti• sche und starrten vor sich hin. Man ließ sie starren und achtete nicht auf sie.
Plötzlich zuckte Hans Castorp geärgert und beleidigt zusam• men. Eine Tür war zugefallen, es war die Tür links vorn, die gleich in die Halle führte, - jemand hatte sie zufallen lassen oder gar hinter sich ins Schloß geworfen, und das war ein Ge• räusch, das Hans Castorp auf den Tod nicht leiden konnte, das er von jeher gehaßt hatte. Vielleicht beruhte dieser Haß auf Er• ziehung, vielleicht auf angeborener Idiosynkrasie, - genug, er verabscheute das Türwerfen und hätte jeden schlagen können, der es sich vor seinen Ohren zuschulden kommen ließ. In die• sem Fall war die Tür obendrein mit kleinen Glasscheiben ge• lullt, und das verstärkte den Chok: es war ein Schmettern und Klirren. Pfui, dachte Hans Castorp wütend, was ist denn das für eine verdammte Schlamperei! Da übrigens in demselben Au• genblick die Nähterin das Wort an ihn richtete, so hatte er keine Zeit, festzustellen, wer der Missetäter gewesen sei. Doch stan• den Falten zwischen seinen blonden Brauen, und sein Gesicht war peinlich verzerrt, während er der Nähterin antwortete.
Joachim fragte, ob die Ärzte schon durchgekommen seien. Ja, zum erstenmal seien sie dagewesen, antwortete jemand, - sie hätten den Saal verlassen fast in dem Augenblick, als die Vettern gekommen seien. Dann wollten sie gehen und nicht warten, meinte Joachim. Eine Gelegenheit zur Vorstellung werde sich im Laufe des Tages ja finden. Aber an der Tür wären sie fast mit Hofrat Behrens zusammengestoßen, der, gefolgt von Dr. Kro- kowski, im Geschwindschritt hereinkam.
»Hoppla, Achtung die Herren!« sagte Behrens. »Das hätte leicht schlecht ablaufen können für die beiderseitigen Hühner• augen.« Er sprach stark niedersächsisch, breit und kauend. »So, das sind Sie«, sagte er zu Hans Castorp, den Joachim mit zusam• mengezogenen Absätzen präsentierte; »na, freut mich.« Und er gab dem jungen Mann seine Hand, die groß war wie eine Schaufel. Er war ein knochiger Mann, wohl drei Köpfe höher als Dr. Krokowski, schon ganz weiß auf dem Kopf, mit heraus• tretendem Genick, großen, vorquellenden und blutunterlaufe• nen blauen Augen, in denen Tränen schwammen, einer aufge-
worfenen Nase und kurzgeschnittenem Schnurrbärtchen, das schief gezogen war, und zwar infolge einer einseitigen Schür• zung der Oberlippe. Was Joachim von seinen Backen gesagt hatte, bewahrheitete sich vollkommen, sie waren blau; und so wirkte sein Kopf denn recht farbig gegen den weißen Chirur• genrock, den er trug, einen über die Knie reichenden Gurtkittel, der unten seine gestreiften Hosen und ein paar kolossale Füße in gelben und etwas abgenutzten Schnürstiefeln sehen ließ. Auch Dr. Krokowski war im Berufskleide, allein sein Kittel war schwarz, aus einem schwarzen Lüsterstoff, hemdartig, mit Gum• mizügen an den Handgelenken, und hob seine Blässe nicht we• nig. Er verhielt sich rein assistierend und beteiligte sich auf kei• ne Weise an der Begrüßung, doch ließ eine kritische Spannung seines Mundes erkennen, daß er sein untergeordnetes Verhältnis als wunderlich empfinde.
»Vettern?« fragte der Hofrat, indem er mit der Hand zwi• schen den jungen Leuten hin und her deutete und mit seinen blutunterlaufenen blauen Augen von unten blickte . . . »Na, will er denn auch zum Kalbsfell schwören?« sagte er zu Joachim und wies mit dem Kopf auf Hans Castorp .. . »I, Gott bewahre, - was? Ich habe doch gleich gesehen« - und er sprach nun direkt zu Hans Castorp -, »daß Sie so was Ziviles haben, so was Kom• fortables, - nichts so Waffenrasselndes wie dieser Rottenführer da. Sie wären ein besserer Patient als der, da möcht ich doch wetten. Das sehe ich jedem gleich an, ob er einen brauchbaren Patienten abgeben kann, denn dazu gehört Talent, Talent gehört zu allem, und dieser Myrmidon hier hat auch kein bißchen Ta• lent. Zum Exerzieren, das weiß ich nicht, aber zum Kranksein gar nicht. Wollen Sie glauben, daß er immer weg will? Immer• zu will er weg, irrt mich und plagt mich und kann es nicht er• warten, sich da unten schinden zu lassen. So ein Biereifer! Kein halbes Jährchen will er uns schenken. Und dabei ist es doch ganz schön hier bei uns, - nun sagen sie mal selbst, Ziemßen, ob es nicht ganz schön hier ist! Na, Ihr Herr Vetter wird uns schon besser zu würdigen wissen, wird sich schon amüsieren. Damenmangel ist auch nicht, - allerliebste Damen haben wir hier. Wenigstens von außen sind manche ganz malerisch. Aber Sie sollten sich etwas mehr Couleur anschaffen, hören Sie mal, sonst fallen Sie ab bei den Damen! Grün ist ja wohl des Lebens goldner Baum, aber als Gesichtsfarbe ist grün doch nicht ganz
das Richtige. Total anämisch natürlich«, sagte er, indem er ohne weiteres auf Hans Castorp zutrat und ihm mit dem Zeige- und Mittelfinger ein Augenlid herunterzog. »Selbstverständlich total anämisch, wie ich sagte. Wissen Sie was? Das war gar nicht so dumm von Ihnen, daß Sie Ihr Hamburg mal auf einige Zeit sich selbst überließen. Ist ja eine höchst dankenswerte Einrichtung, dieses Hamburg; stellte uns immer ein nettes Kontingent mit seiner feuchtfröhlichen Meteorologie. Aber wenn ich Ihnen bei dieser Gelegenheit einen unmaßgeblichen Rat geben darf - ganz sine pecunia, wissen Sie -, so machen Sie, solange Sie hier sind, mal alles mit, was Ihr Vetter macht. In Ihrem Fall kann man gar nichts Schlaueres tun, als einige Zeit zu leben wie bei leichter tuberculosis pulmonum, und ein bißchen Eiweiß anzu• setzen. Das ist nämlich kurios hier bei uns mit dem Eiweiß• stoffwechsel . . . Obgleich die Allgemeinverbrennung erhöht ist, setzt der Körper doch Eiweiß an . . . Na, und Sie haben schön geschlafen, Ziemßen? Fein, was? Also nun mal los mit dem Lustwandel! Aber nicht mehr als 'ne halbe Stunde! Und nachher die Quecksilberzigarre ins Gesicht gesteckt! Immer hübsch aufschreiben. Ziemßen! Dienstlich! Gewissenhaft! Sonnabend will ich die Kurve sehen! Ihr Herr Vetter soll auch gleich mitmessen. Messen kann nie was schaden. Morgen, die Herren! Gute Unterhaltung! Morgen . . . Morgen . . .« Und Dr. Krokowski schloß sich ihm an, der weiter segelte, mit den Ar• men schlenkernd, die Handflächen ganz nach hinten gekehrt, indem er nach rechts und links die Frage richtete, ob man
»schön« geschlafen habe, was allgemein bejaht wurde.
Neckerei. Viatikum. Unterbrochene Heiterkeit
»Sehr netter Mann«, sagte Hans Castorp, als sie nach freund• schaftlicher Begrüßung mit dem hinkenden Concierge, der in seiner Loge Briefe ordnete, durch das Portal hinaus ins Freie tra• ten. Das Portal war an der Südostflanke des weißgetünchten Gebäudes gelegen, dessen mittlerer Teil die beiden Flügel um ein Stockwerk überragte und von einem kurzen, mit schiefer- farbenem Eisenblech gedeckten Uhrturm gekrönt war. Man be• rührte den eingezäunten Garten nicht, wenn man das Haus hier verließ, sondern war gleich im Freien, angesichts schräger Berg-
wiesen, die von vereinzelten, mäßig hohen Fichten und auf den Boden geduckten Krummholzkiefern bestanden waren. Der Weg, den sie einschlugen - eigentlich war es der einzige, der in Betracht kam, außer der zu Tale abfallenden Fahrstraße -, leitete sie leicht ansteigend nach links an der Rückseite des Sanato• riums vorbei, der Küchen- und Wirtschaftsseite, wo eiserne Ab• falltonnen an den Gittern der Kellertreppen standen, lief noch ein gutes Stück in derselben Richtung fort, beschrieb dann ein scharfes Knie und führte steiler nach rechts hin den dünn be• waldeten Hang hinan. Es war ein harter, rötlich gefärbter, noch etwas feuchter Weg, an dessen Saume zuweilen Steinblöcke la• gen. Die Vettern sahen sich keineswegs allein auf der Promena• de. Gäste, die gleich nach ihnen ihr Frühstück beendet, folgten ihnen auf dem Fuße, und ganze Gruppen, auf dem Rückweg, kamen ihnen mit den stapfenden Tritten absteigender Leute entgegen.
»Sehr netter Mann!« wiederholte Hans Castorp. »So eine flotte Redeweise hat er, es machte mir Spaß, ihm zuzuhören.
›Quecksilberzigarre‹ für ›Thermometer‹ ist doch ausgezeichnet, ich habe es gleich verstanden . . . Aber ich zünde mir nun eine richtige an«, sagte er stehenbleibend, »ich halte es nicht mehr aus! Seit gestern mittag habe ich nichts Ordentliches mehr ge• raucht . . . Entschuldige mal!« Und er entnahm seinem automo• billedernen und mit silbernem Monogramm geschmückten Etui ein Exemplar von Maria Mancini, ein schönes Exemplar der obersten Lage, an einer Seite abgeplattet, wie er es besonders liebte, kupierte die Spitze mit einem kleinen, eckig schneiden• den Instrument, das er an der Uhrkette trug, ließ seinen Ta- schenzündapparat aufflammen und setzte die ziemlich lange, vorne stumpfe Zigarre mit einigen hingebungsvoll paffenden Zügen in Brand. »So!« sagte er. »Nun können wir meinethalben den Lustwandel fortsetzen. Du rauchst natürlich nicht vor lauter Biereifer.«
»Ich rauche ja nie«, antwortete Joachim. »Warum sollt' ich denn gerade hier rauchen?«
»Das verstehe ich nicht!« sagte Hans Castorp. »Ich verstehe es nicht, wie jemand nicht rauchen kann, - er bringt sich doch, so• zusagen, um des Lebens bestes Teil und jedenfalls um ein ganz eminentes Vergnügen! Wenn ich aufwache, so freue ich mich, daß ich tagsüber werde rauchen dürfen, und wenn ich esse, so
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freue ich mich wieder darauf, ja ich kann sagen, daß ich eigent• lich bloß esse, um rauchen zu können, wenn ich damit natürlich auch etwas übertreibe. Aber ein Tag ohne Tabak, das wäre für mich der Gipfel der Schalheit, ein vollständig öder und reizloser Tag, und wenn ich mir morgens sagen müßte: heut gibt's nichts zu rauchen, - ich glaube, ich fände den Mut gar nicht, aufzuste• hen, wahrhaftig, ich bliebe liegen. Siehst du: da hat man eine gut brennende Zigarre - selbstverständlich darf sie nicht Ne • benluft haben oder schlecht ziehen, das ist im höchsten Grade ärgerlich - ich meine: hat man eine gute Zigarre, dann ist man eigentlich geborgen, es kann einem buchstäblich nichts ge- schehn. Es ist genau, wie wenn man an der See liegt, dann liegt man eben an der See, nicht wahr, und braucht nichts weiter, we• der Arbeit noch Unterhaltung . . . Gott sei Dank raucht man ja in der ganzen Welt, es ist nirgendwo unbekannt, soviel ich weiß, wohin man auch etwa verschlagen werden sollte. Selbst die Polarforscher statten sich reichlich mit Rauchvorrat aus für ihre Strapazen, und das hat mich immer sympathisch berührt, wenn ich es las. Denn es kann einem sehr schlecht gehen, - nehmen wir mal an, es ginge mir miserabel; aber solange ich noch meine Zigarre hätte, hielte ich's aus, das weiß ich, sie brächte mich drüber weg.«
»Immerhin ist es etwas schlapp«, sagte Joachim, »daß du so daran hängst. Behrens hat ganz recht. Du bist ein Zivilist - er meinte es ja wohl mehr als Lob, aber du bist ein heilloser Zivi• list, das ist die Sache. Übrigens bist du ja gesund und kannst tun, was du willst«, sagte er, und seine Augen wurden müde.
»Ja, gesund bis auf die Anämie«, sagte Hans Castorp. »Reich• lich geradezu war es ja, wie er es mir so sagte, daß ich grün aus• sehe. Aber es stimmt, es ist mir selber aufgefallen, daß ich im Vergleich mit euch hier oben förmlich grün bin, zu Hause habe ich es nicht so bemerkt. Und dann ist es ja auch wieder nett von ihm, daß er mir so ohne weiteres Ratschläge gibt, ganz sine pe- cunia, wie er sich ausdrückt. Ich will mir gern vornehmen, es zu machen, wie er sagt, und mich ganz nach deiner Lebensweise richten, - was sollt' ich denn sonst auch wohl tun bei euch hier oben, und es kann ja nicht schaden, wenn ich in Gottes Namen Eiweiß ansetze, obgleich es etwas widerlich klingt, das mußt du mir zugeben.«
Joachim hüstelte ein paarmal im Gehen, - die Steigung
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schien ihn doch anzustrengen. Als er zum drittenmal ansetzte, blieb er mit gerunzelten Brauen stehen. »Geh nur voran«, sagte er. Hans Castorp beeilte sich, weiterzugehen und sah sich nicht um. Dann verlangsamte er seinen Schritt und blieb schließlich fast stehen, da ihm war, als müsse er einen bedeutenden Vor• sprung vor Joachim gewonnen haben. Aber er sah sich nicht um.
Ein Trupp von Gästen beiderlei Geschlechtes kam ihm entge• gen, - er hatte sie droben auf halber Höhe des Hanges den ebe• nen Weg entlang kommen sehen, jetzt stapften sie abwärts, ge• rade auf ihn zu und ließen ihre verschiedenartigen Stimmen er• tönen. Es waren sechs oder sieben Personen gemischten Alters, die einen blutjung, ein paar schon etwas weiter an Jahren. Er sah sie sich an mit seitwärts geneigtem Kopfe, während er an Joachim dachte. Sie waren barhaupt und braun, die Damen in farbigen Sweaters, die Herren meist ohne Überzieher und selbst ohne Stöcke, wie Leute, die ohne Umstände und die Hände in den Taschen ein paar Schritte vors Haus machen. Da sie bergab gingen, was keine ernsthaft tragende Anstrengung, sondern nur ein lustiges Bremsen und Anstemmen der Beine erfordert, da• mit man nicht ins Laufen und Stolpern gerät, ja eigentlich nichts weiter als ein Sichfallenlassen ist, hatte ihre Gangart etwas Be• schwingtes und Leichtsinniges, was sich ihren Mienen, ihrer ganzen Erscheinung mitteilte, so daß man wohl wünschen konnte, zu ihnen zu gehören.
Nun waren sie bei ihm, Hans Castorp sah ihre Gesichter ge• nau. Sie waren nicht alle gebräunt, zwei Damen stachen durch Blässe ab: die eine dünn wie ein Stock und elfenbeinern von Angesicht, die andere kleiner und fett, von Leberflecken verun• ziert. Sie sahen ihn alle an, mit einem gemeinsamen, dreisten Lächeln. Ein langes junges Mädchen in grünem Sweater, mit schlecht frisiertem Haar und dummen, nur halb geöffneten Au• gen strich dicht an Hans Castorp vorbei, indem es ihn fast mit dem Arme berührte. Und dabei pfiff sie . . . Nein, das war ver• rückt! Sie pfiff ihn an, doch nicht mit dem Mund, den spitzte sie gar nicht, sie hielt ihn im Gegenteil fest geschlossen. Es pfiff aus ihr, indes sie ihn ansah, dumm und mit halbgeschlossenen Augen, - ein außerordentlich unangenehmes Pfeifen, rauh, scharf und doch hohl, gedehnt und gegen das Ende im Tone ab• fallend, so daß es an die Musik jener Jahrmarktsschweinchen
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aus Gummi erinnerte, die klagend ihre eingeblasene Luft fahren lassen und zusammensinken, drang irgendwie und unbegreif• licherweise aus ihrer Brust hervor, und dann war sie mit ihrer Gesellschaft vorüber.
Hans Castorp stand starr und blickte ins Weite. Dann wandte er sich hastig um und begriff wenigstens so viel, daß das Ab• scheuliche ein Scherz, eine abgekartete Fopperei gewesen sein mußte, denn er sah an den Schultern der Abziehenden, daß sie Lichten, und ein untersetzter Jüngling mit Wulstlippen, welcher, beide Hände in den Hosentaschen, auf ziemlich unschickliche Art seine Jacke emporgerafft hielt, drehte sogar unverhohlen den Kopf nach ihm und lachte . . . Joachim war herangekom• men. Er grüßte die Gruppe, indem er nach seiner ritterlichen Gewohnheit beinahe Front machte und sich mit zusammenge• zogenen Absätzen verbeugte, und trat dann sanft blickend zu seinem Vetter.
»Was machst du denn für ein Gesicht?« fragte er.
»Sie pfiff!« antwortete Hans Castorp. »Sie pfiff aus dem Bau- che, als sie an mir vorüberkam, willst du mir das erklären?«
»Ach«, sagte Joachim und lachte wegwerfend. »Nicht aus dem Bauche, Unsinn. Das war die Kleefeld, Hermine Kleefeld, die pfeift mit dem Pneumothorax.«
»Womit?« fragte Hans Castorp. Er war außerordentlich erregt und wußte nicht recht, in welchem Sinne. Er schwankte zwi- schen Lachen und Weinen, als er hinzufügte: »Du kannst nicht verlangen, daß ich euer Rotwelsch verstehe.«
»So komm doch weiter!« sagte Joachim. »Ich kann es dir doch auch im Gehen erklären. Du bist ja wie angewurzelt! Es ist etwas aus der Chirurgie, wie du dir denken kannst, eine Opera- tion, die hier oben häufig ausgeführt wird. Behrens hat große Übung darin . . . Wenn eine Lunge sehr mitgenommen ist, ver• stehst du, die andere aber gesund oder vergleichsweise gesund, so wird die kranke mal einige Zeit von ihrer Tätigkeit dispen• siert, um sie zu schonen . . . Das heißt: man wird hier aufge- schnitten, hier irgendwo seitwärts - ich kenne die Stelle ja nicht genau, aber Behrens hat es großartig los. Und dann wird Gas in einen hineingelassen, Stickstoff, weißt du, und so der verkäste Lungenflügel außer Betrieb gesetzt. Das Gas hält natürlich nicht lange vor, halbmonatlich etwa muß es erneuert werden - man wird gleichsam aufgefüllt, so mußt du dir's vorstellen. Und
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wenn das ein Jahr lang geschieht oder länger, und alles geht gut, so kann die Lunge durch Ruhe zur Heilung kommen. Nicht im• mer, versteht sich, es ist wohl sogar eine gewagte Sache. Aber es sollen schon schöne Erfolge mit dem Pneumothorax erzielt worden sein. Alle haben ihn, die du eben sahst. Frau Iltis war auch dabei - die mit den Leberflecken - und Fräulein Levi, die magere, du erinnerst dich - sie hat so lange zu Bett gelegen. Sie haben sich zusammengefunden, denn so etwas wie der Pneu• mothorax verbindet die Menschen natürlich, und nennen sich
›Verein Halbe Lunge‹, unter diesem Namen sind sie bekannt. Aber der Stolz des Vereins ist Hermine Kleefeld, weil sie mit dem Pneumothorax pfeifen kann, - das ist eine Gabe von ihr, es kann es durchaus nicht jeder. Wie sie es fertig bringt, das kann ich dir auch nicht sagen, sie selbst kann es nicht deutlich be• schreiben. Aber wenn sie rasch gegangen ist, dann kann sie aus ihrem Inneren pfeifen, und das benutzt sie natürlich, um die Leute zu erschrecken, besonders die neuangekommenen Kran• ken. Ich glaube übrigens, daß sie Stickstoff dabei verschwendet, denn alle acht Tage muß sie aufgefüllt werden.«
Nun lachte Hans Castorp; seine Erregung hatte sich bei Joachims Worten zum Heitern entschieden, und indem er im Gehen die Augen mit der Hand bedeckte und sich vorneigte, wurden seine Schultern von einem raschen und leisen Kichern erschüttert.
»Sind sie auch eingetragen?« fragte er, und das Sprechen wur• de ihm nicht leicht; es klang vor zurückgehaltenem Lachen wei• nerlich und leise jammernd. »Haben sie Statuten? Schade, daß du nicht Mitglied bist, du, dann könnten sie mich als Ehrengast zulassen oder als . . . Konkneipant . . . Du solltest Behrens bit• ten, daß er dich teilweise außer Betrieb setzt. Vielleicht würdest du auch pfeifen können, wenn du's drauf anlegtest, es muß doch schließlich zu lernen sein . . . Das ist das Komischste, was ich in meinem Leben gehört habe!« sagte er tief aufseufzend.
»Ja, verzeih, daß ich so davon spreche, aber sie selbst sind ja in der besten Laune, deine pneumatischen Freunde! Wie sie daher• kamen . . . Und zu denken, daß es der ›Verein Halbe Lunge‹ war! ›Tiuu‹ pfeift sie mich an, - eine tolle Person! Aber das ist doch heller Übermut! Warum sind sie so übermütig, du, willst du mir das mal sagen?«
Joachim suchte nach einer Antwort. »Gott«, sagte er, »sie sind
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so frei. . . Ich meine, es sind ja junge Leute, und die Zeit spielt keine Rolle für sie, und dann sterben sie womöglich. Warum sollen sie da ernste Gesichter schneiden. Ich denke manchmal: Krankheit und Sterben sind eigentlich nicht ernst, sie sind mehr so eine Art Bummelei, Ernst gibt es genaugenommen nur im Leben da unten. Ich glaube, daß du das mit der Zeit schon ver• stehen wirst, wenn du erst länger hier oben bist.«
»Sicher«, sagte Hans Castorp. »Das glaube ich sogar sicher. Ich habe schon sehr viel Interesse gefaßt für euch hier oben, und wenn man sich interessiert, nicht wahr, dann kommt das Verste•
••• von selber . . . Aber wie ist mir denn nur, - sie schmeckt nicht!« sagte er und betrachtete seine Zigarre. »Ich frage mich die ganze Zeit, was mir fehlt, und nun merke ich, daß es Maria ist, die mir nicht schmeckt. Sie schmeckt wie Papiermache, ich versichere dich, es ist gerade, wie wenn man einen völlig ver• dorbenen Magen hat. Das ist doch unbegreiflich! Ich habe ja ungewöhnlich viel zum Frühstück gegessen, aber das kann der Grund nicht sein, denn wenn man viel gegessen hat, so schmeckt sie zunächst sogar besonders gut. Meinst du, es kann daher kommen, daß ich so unruhig geschlafen habe? Vielleicht bin ich dadurch in Unordnung geraten. Nein, ich muß sie gera- dezu wegwerfen!« sagte er nach einem neuen Versuch. »Jeder Zug ist eine Enttäuschung; es hat keinen Zweck, daß ich es for- ciere.« Und nachdem er noch einen Augenblick gezögert, warf er die Zigarre den Abhang hinab zwischen das feuchte Nadel• holz. »Weißt du, womit es meiner Überzeugung nach zusam• menhängt?« fragte er.. . »Meiner festen Überzeugung nach hängt es mit dieser verdammten Gesichtshitze zusammen, an der ich nun schon wieder seit dem Aufstehen laboriere. Weiß der Teufel, mir ist immer, als wäre ich schamrot im Gesicht. . .
Hast du das auch so gehabt, als du ankamst?«
»Ja«, sagte Joachim. »Mir war auch zuerst etwas sonderbar. Mach dir nichts draus! Ich hab dir ja gesagt, daß es nicht so leicht ist, sich einzuleben bei uns. Aber du kommst wieder in Ordnung. Siehst du, die Bank steht hübsch. Wir wollen uns et- was setzen und dann nach Hause gehen, ich muß in die Liege-
kur. «
Der Weg war eben geworden. Er lief nun in der Richtung auf Platz Davos, etwa in Drittelhöhe des Hanges, und gewährte Wischen hohen, schmal gewachsenen und windschiefen Kie-
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fern den Blick auf den Ort, der weißlich in hellerem Lichte lag. Die schlicht gezimmerte Bank, auf der sie sich setzten, lehnte sich an die steile Bergwand. Neben ihnen fiel ein Wasser in of• fener Holzrinne gurgelnd und plätschernd zu Tal.
Joachim wollte den Vetter über die Namen der umwölkten Alpenhäupter unterrichten, die das Tal im Süden zu schließen schienen, indem er mit der Spitze seines Bergstockes auf sie wies. Aber Hans Castorp blickte nur flüchtig hin, er saß vorn• übergebeugt, zeichnete mit der Zwinge seines städtischen, sil• berbeschlagenen Stockes Figuren im Sand und verlangte anderes zu wissen.
»Was ich dich fragen wollte -«, fing er an . . . »Der Fall in meinem Zimmer war also gerade eingegangen, als ich kam. Sind sonst schon viele Todesfälle vorgekommen, seit du hier oben bist?« - »Mehrere sicher«, antwortete Joachim. »Aber sie werden diskret behandelt, verstehst du, man erfährt nichts da• von oder nur gelegentlich, später, es geht im strengsten Ge• heimnis vor sich, wenn einer stirbt, aus Rücksicht auf die Pa• tienten und namentlich auf die Damen, die sonst leicht Zufälle bekämen. Wenn neben dir jemand stirbt, das merkst du gar nicht. Und der Sarg wird in aller Frühe gebracht, wenn du noch schläfst, und abgeholt wird der Betreffende auch nur in solchen Zeiten, zum Beispiel während des Essens.«
»Hm«, sagte Hans Castorp und zeichnete weiter. »Hinter den Kulissen also geht so etwas vor sich.«
»Ja, so kann man sagen. Aber neulich, es ist nun, warte mal, möglicherweise acht Wochen her -«
»Dann kannst du nicht neulich sagen«, bemerkte Hans Ca• storp trocken und wachsam.
»Wie? Also nicht neulich. Du bist aber genau. Ich habe die Zahl ja nur so geraten. Also vor einiger Zeit, da habe ich doch einmal hinter die Kulissen gesehen, aus reinem Zufall, ich weiß es wie heute. Das war, als sie der kleinen Hujus, einer Katholi• schen, Barbara Hujus, das Viatikum brachten, das Sterbesakra• ment, weißt du, die Letzte Ölung. Sie war noch auf, als ich hier ankam, und ausgelassen lustig konnte sie sein, so dalberig, recht wie ein Backfisch. Aber dann ging es rapide mit ihr, sie stand nicht mehr auf, drei Zimmer von meinem lag sie, und ihre El• tern kamen, und nun kam denn also der Priester. Er kam, wäh• rend alles beim Tee war, nachmittags, es war kein Mensch auf
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den Gängen. Aber stelle dir vor, ich hatte verschlafen, ich war in der Hauptliegekur eingeschlafen und hatte das Gong überhört lind mich um eine Viertelstunde verspätet. Da war ich nun im entscheidenden Augenblick nicht, wo alle waren, sondern war hinter die Kulissen geraten, wie du sagtest, und wie ich über den Korridor gehe, da kommen sie mir entgegen, in Spitzen- hemden und ein Kreuz voran, ein goldenes Kreuz mit Laternen, der eine trug es voran wie den Schellenbaum vor der Janitscha- renmusik.«
»Das ist kein Vergleich«, sagte Hans Castorp nicht ohne Strenge.
»Es kam mir so vor. Ich wurde unwillkürlich daran erinnert. Aber höre nur weiter. Sie kommen also auf mich zu, marsch, marsch, im Geschwindschritt, zu dritt, wenn ich nicht irre, vor- an der Mann mit dem Kreuz, darauf der Geistliche, eine Brille auf der Nase, und dann noch ein Junge mit einem Räucherfäß- chen. Der Geistliche hielt das Viatikum an der Brust, es war zu- gedeckt, und er hielt recht demütig den Kopf schief, es ist ja ihr AI Irrheiligstes.«
»Eben üben darum«, sagte Hans Castorp. »Eben aus diesem Grunde wundere ich mich, daß du von Schellenbaum sprechen magst.«
»Ja, ja. Aber warte nur, wenn du dabei gewesen wärst, wüß- test du auch nicht, was du für ein Gesicht machen solltest in der Erinnerung. Es war, daß man davon träumen könnte -«
»In welcher Hinsicht?«
»Folgendermaßen. Ich frage mich also, wie ich mich zu ver- halten habe unter diesen Umständen. Einen Hut zum Abneh- men hatte ich nicht auf-«
»Siehst du wohl!« unterbrach ihn Hans Castorp rasch noch einmal. »Siehst du wohl, daß man einen Hut aufhaben soll! Es ist mir natürlich aufgefallen, daß ihr keinen tragt hier oben. Mm soll aber einen aufsetzen, damit man ihn abnehmen kann, bei Gelegenheiten, wo es sich schickt. Aber was denn nun wei-
ter?«
»Ich stellte mich an die Wand«, sagte Joachim, »in anständi- gen Haltung, und verbeugte mich etwas, als sie bei mir waren, - es war gerade vor dem Zimmer der kleinen Hujus, Nummer achthundzwanzig. Ich glaube, der Geistliche freute sich, daß ich grüßte; er dankte sehr höflich und nahm seine Kappe ab. Aber zugleich machen sie auch schon halt, und der Ministrantenjunge
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mit dem Räucherfaß klopft an, und dann klinkt er auf und läßt seinem Chef den Vortritt ins Zimmer. Und nun stelle dir vor und male dir meinen Schrecken aus und meine Empfindungen! In dem Augenblick, wo der Priester den Fuß über die Schwelle setzt, geht da drinnen ein Zetermordio an, ein Gekreisch, du hast nie so etwas gehört, drei-, viermal hintereinander, und da• nach ein Schreien ohne Pause und Absatz, aus weit offenem Munde offenbar, ahhh, es lag ein Jammer darin und ein Entset• zen und Widerspruch, daß es nicht zu beschreiben ist, und so ein greuliches Betteln war es auch zwischendurch, und auf einen Schlag wird es hohl und dumpf, als ob es in die Erde versunken wäre und tief aus dem Keller käme.«
Hans Castorp hatte sich seinem Vetter heftig zugewandt.
»War das die Hujus?« fragte er aufgebracht. »Und wieso: aus dem Keller?«
»Sie war unter die Decke gekrochen!« sagte Joachim. »Stelle dir meine Empfindungen vor! Der Geistliche stand dicht an der Schwelle und sagte beruhigende Worte, ich sehe ihn noch, er schob immer den Kopf dabei vor und zog ihn dann wieder zu• rück. Der Kreuzträger und der Ministrant standen noch zwi• schen Tür und Angel und konnten nicht eintreten. Und ich konnte zwischen ihnen hindurch ins Zimmer sehen. Es ist ja ein Zimmer wie deins und meins, das Bett steht links von der Tür an der Seitenwand, und am Kopfende standen Leute, die Ange• hörigen natürlich, die Eltern und redeten auch beschwichtigend auf das Bett hinunter, man sah nichts als eine formlose Masse darin, die bettelte und grauenhaft protestierte und mit den Bei• nen strampelte.«
»Sagst du, daß sie mit den Beinen strampelte?«
»Aus Leibeskräften! Aber es nützte ihr nichts, das Sterbesa• krament mußte sie haben. Der Pfarrer ging auf sie zu, und auch die beiden anderen traten ein, und die Tür wurde zugezogen. Aber vorher sah ich noch: der Kopf von der Hujus kommt für eine Sekunde zum Vorschein, mit wirrem hellblonden Haar, und starrt den Priester mit weitaufgerissenen Augen an, so blas• sen Augen, ganz ohne Farbe, und fährt mit Ah und Huh wieder unters Laken.«
»Und das erzählst du mir jetzt erst?« sagte Hans Castorp nach einer Pause. »Ich verstehe nicht, daß du nicht schon gestern abend darauf zu sprechen gekommen bist. Aber, mein Gott, sie
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mußte doch noch eine Menge Kraft haben, so wie sie sich wehrte. Dazu gehören doch Kräfte. Man sollte den Priester nicht holen lassen, bevor einer ganz schwach ist.«
»Sie war auch schwach«, erwiderte Joachim. » . . . Ach, zu er• zählen gäbe es viel; es ist schwer, die erste Auswahl zu tref- fen . . . Schwach war sie schon, es war nur die Angst, die ihr so• viel Kräfte gab. Sie ängstigte sich eben fürchterlich, weil sie merkte, daß sie sterben sollte. Sie war ja ein junges Mädchen, da muß man es schließlich entschuldigen. Aber auch Männer füh- ren sich manchmal so auf, was natürlich eine unverzeihliche Schlappheit ist. Behrens weiß übrigens mit ihnen umzugehen, er hat den richtigen Ton in solchen Fällen.«
»Was für einen Ton?« fragte Hans Castorp mit zusammenge• zogenen Brauen.
»»Stellen Sie sich nicht so an!‹ sagt er«, antwortete Joachim.
»Wenigstens hat er es neulich zu einem gesagt, - wir wissen es von der Oberin, die dabei war und den Sterbenden festhalten half. Es war so einer, der zu guter Letzt eine scheußliche Szene machte und absolut nicht sterben wollte. Da hat Behrens ihn angefahren: ›Stellen Sie sich gefälligst nicht so an!‹ hat er ge• sagt, und sofort ist der Patient still geworden und ist ganz ruhig gestorben.«
Hans Castorp schlug sich mit der Hand auf den Schenkel und warf sich gegen die Rückenlehne der Bank, indem er zum Him• mel aufblickte.
»Na, höre mal, das ist doch stark!« rief er. »Fährt auf ihn los und sagt einfach zu ihm: ›Stellen Sie sich nicht so an!‹ Zu ei• nem Sterbenden! Das ist doch stark! Ein Sterbender ist doch ge• wissermaßen ehrwürdig. Man kann ihn doch nicht so mir nichts, dir nichts . . . Ein Sterbender ist doch sozusagen heilig, sollte ich meinen!«
»Das will ich nicht leugnen«, sagte Joachim. »Aber wenn er sich nun doch dermaßen schlapp benimmt . . .«
»Nein!« beharrte Hans Castorp mit einer Heftigkeit, die zu dem Widerstand, den man ihm leistete, in keinem Verhältnis stand. »Das lasse ich mir nicht ausreden, daß ein Sterbender et• was Vornehmeres ist, als irgend so ein Lümmel, der herumgeht und lacht und Geld verdient und sich den Bauch vollschlägt! Das geht nicht -« und seine Stimme schwankte höchst sonder• bar. »Das geht nicht, daß man ihn so mir nichts, dir nichts -«,
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und seine Worte erstickten im Lachen, das ihn ergriff und ihn überwältigte, dem Lachen von gestern, einem tief heraufquel• lenden, leiberschütternden, grenzenlosen Gelächter, das ihm die Augen schloß und Tränen zwischen den Lidern hervorpreßte.
»Pst!« machte Joachim plötzlich. »Sei still!« flüsterte er und stieß den haltlos Lachenden heimlich in die Seite. Hans Castorp blickte in Tränen auf.
Auf dem Wege von links kam ein Fremder daher, ein zierli• cher brünetter Herr mit schön gedrehtem schwarzen Schnurr• bart und in hellkariertem Beinkleid, der, herangekommen, mit Joachim einen Morgengruß tauschte - der seine war präzis und wohllautend - und mit gekreuzten Füßen, auf seinen Stock ge• stützt, in anmutiger Haltung vor ihm stehen blieb.
Satana
Sein Alter wäre schwer zu schätzen gewesen, zwischen dreißig und vierzig mußte es wohl liegen, denn wenn auch seine Ge• samterscheinung jugendlich wirkte, so war sein Haupthaar doch an den Schläfen schon silbrig durchsetzt und weiter oben merk• lich gelichtet: zwei kahle Buchten sprangen neben dem schma• len, spärlichen Scheitel ein und erhöhten die Stirn. Sein Anzug, diese weiten, hellgelblich karierten Hosen und ein flausartiger, zu langer Rock mit zwei Reihen Knöpfen und sehr großen Auf• schlägen, war weit entfernt, Anspruch auf Eleganz zu erheben; auch zeigte sein rund umgebogener Stehkragen sich von häufi• ger Wäsche an den Kanten schon etwas aufgerauht, seine schwarze Krawatte war abgenutzt, und Manschetten trug er of• fenbar überhaupt nicht, - Hans Castorp erkannte es an der schlaffen Art, in der die Ärmel ihm um das Handgelenk hingen. Trotzdem sah er wohl, daß er einen Herrn vor sich habe; der gebildete Gesichtsausdruck des Fremden, seine freie, ja schöne Haltung ließen keinen Zweifel daran. Diese Mischung aber von Schäbigkeit und Anmut, schwarze Augen, dazu der weich ge• schwungene Schnurrbart, erinnerten Hans Castorp sogleich an gewisse ausländische Musikanten, die zur Weihnachtszeit in den heimischen Höfen aufspielten und mit emporgerichteten Samt• augen ihren Schlapphut hinhielten, damit man ihnen
Zehnpfennigstücke aus den Fenstern hineinwürfe. ›Ein Drehor- gelmann!‹ dachte er. Und so wunderte er sich nicht über den Namen, den er zu hören bekam, als Joachim sich von der Bank erhob und in einiger Befangenheit vorstellte: »Mein Vetter Ca- storp, - Herr Settembrini.«
Hans Castorp war ebenfalls zur Begrüßung aufgestanden, die Spuren seiner Heiterkeitsausschreitung noch im Gesicht. Aber der Italiener bat beide in höflichen Worten, sich nicht in ihrer Bequemlichkeit stören zu lassen und nötigte sie auf ihre Plätze zurück, während er selbst in seiner angenehmen Pose vor ihnen stehen blieb. Er lächelte, wie er da stand und die Vettern, na• mentlich aber Hans Castorp, betrachtete, und diese seine etwas spöttische Vertiefung und Kräuselung seines einen Mundwin- kels unter dem vollen Schnurrbart, dort, wo er sich in schöner Rundung aufwärts bog, war von eigentümlicher Wirkung, es hielt gewissermaßen zur Geistesklarheit und Wachsamkeit an und ernüchterte den trunkenen Hans Castorp im Augenblick, so daß er sich schämte. Settembrini sagte:
»Die Herren sind aufgeräumt, - mit Grund, mit Grund. Ein prächtiger Morgen! Der Himmel ist blau, die Sonne lacht -«, und er hob mit einem leichten und gelungenen Schwung seines
«Annes die kleine, gelbliche Hand zum Himmel, während er zugleich einen schrägen, heiteren Blick ebenfalls dort hinauf- sandte. »Man könnte in der Tat vergessen, wo man sich be- findet.«
Er sprach ohne fremden Akzent, nur an der Genauigkeit sei• ner Lautbildung hätte man allenfalls den Ausländer erkennen können. Seine Lippen formten die Worte mit einer gewissen Lust. Man hörte ihn mit Vergnügen.
»Und der Herr hat eine angenehme Reise zu uns gehabt?« wandte er sich an Castorp . . . »Ist man schon im Besitz seines Urteils? Ich meine: hat die düstere Zeremonie der ersten Unter• suchung schon stattgehabt?« - Hier hätte er schweigen und war- ten müssen, wenn es ihm darauf ankam, zu hören; denn er hatte seine Frage gestellt, und Hans Castorp schickte sich an, zu ant• worten. Aber der Fremde fragte gleich weiter: »Ist sie glimpflich verlaufen? Aus Ihrer Lachlust -«, und er schwieg einen Augen- blick, indes die Kräuselung seines Mundwinkels sich vertiefte,
»lassen sich ungleichartige Schlüsse ziehen. Wieviel Monate ha- ben unsere Minos und Rhadamanth Ihnen aufgebrummt?« -
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