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Pinke Hemden
Soeben verklingt der letzte Ton und der Applaus brandet auf. Auch ich löse mich langsam aus meiner emotionalen Schockstarre und fĂŒhre beide ArmfortsĂ€tze ruckartig zusammen um in das Meer von KlatschgerĂ€uschen einzustimmen. Ein bisschen verwirrt schaue ich aus der WĂ€sche und bin immer noch nicht ganz da, als mich Anna beinahe wie einen ĂŒbergroĂes Kleinkind an der Hand nimmt und durch das Stimmengewirr aus dem Saal zieht. Sie faselt irgendwas von ansprechender Darbietung, wunderbarer Musik und elektrisierender AtmosphĂ€re. Ich nicke stoisch und bringe immer wieder ein âJaâ oder glaubwĂŒrdiges âMhmmâ ĂŒber die Lippen. Eine FĂ€higkeit dich ich nach einigen Jahren Beziehung nun perfektioniert habe ist nĂ€mlich das interessiert und anwesend Wirken. Ăberlebensnotwendig und mit etwas Ăbung sogar noch erweiterbar, sodass das GegenĂŒber den Eindruck gewinnt einen aktiven Zuhörer vor sich zu haben. Auch jetzt zahlt es sich wieder aus, denn wie ich so meinen Gedanken und GefĂŒhlswirrwarr hinterher hĂ€nge, merkt Anna gar nicht, dass ich gedanklich ungefĂ€hr soweit weg bin, wie EisbĂ€ren und Pinguine in freier Wildbahn. Ein Fakt den ich erst im jungen Erwachsenenalter lernte und auĂer mir nur mein damaliger GesprĂ€chspartner weiïżœïżœ... Gott sei Dank. Was mich nun geistiges Krafttraining verrichten lĂ€sst, sind die Nachwirkungen eines Konzertes der besonderen Art. Viel drehte sich in den Liedern um den Glauben und die Frage, ob man den Glauben an den Glauben auch mal verlieren kann. Warum mich das nun so sehr beschĂ€ftigt weiĂ ich auch nicht genau. Vielleicht liegt es an den eindrucksvollen ErzĂ€hlungen und Erlebnissen der KĂŒnstler. Vielleicht tatsĂ€chlich auch an den wunderbaren KlĂ€ngen. Vielleicht aber auch beides. Ich konnte die KĂŒnstler gut verstehen. Sie hatten Fragen an den Glauben, die dieser ihnen nicht beantworten konnte. Sie hatten Erlebnisse die nicht in Einklang zu bringen waren mit dem, was sie seit Kindesbeinen an gelernt hatten. Sie hatten Menschen kennen gelernt, die nicht in ihr Menschenbild passten und doch Eindruck hinterlieĂen. Ist der Glaube wirklich so eindimensional wie er manchmal gepredigt wird? Gibt es wirklich so klare Urteile, was falsch und was richtig ist? Ist wirklich alles so genau wie man es liest? Ist Gott tatsĂ€chlich so, wie er uns erzĂ€hlt wird? Ist er der Vater, der ein komplett ausgefeiltes pĂ€dagogisches Konzept bereit hĂ€lt, mit Belohnungssystem und Konsequenzen fĂŒr jede Handlung, die er abends in seiner halben Stunde mit den Kindern durchzieht? Hat er gar Freude daran Vorschriften zu machen und uns zu belehren? Oder ist er vielleicht viel mehr der gutmĂŒtige, manchmal selbst noch kindliche Vater von nebenan, der manchmal Bunt- und WeiĂwĂ€sche vermischt und plötzlich mit todschickem pinken Hemd herumlĂ€uft, der tĂ€glich viel Zeit mit den Kindern verbringt, ihnen zuhört, sie leitet und prĂ€gt; ohne ein Konzept, aber mit klarer Richtung? Vielleicht... âManfred komm steig ein, gleich fĂ€ngt es an zu regnenâ, unterbricht Anna meine Gedanken. Ich bemerke erst jetzt, wie ich die Hand am TĂŒrgriff habe und mein Spiegelbild seit geraumer Zeit im Seitenfenster anstarre. Anna fragt erst gar nicht. Bedenklich, dass sie das fĂŒr normal hĂ€lt...
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Goldfischapokalypse
Ist es eigentlich verwerflich, sich zu freuen wenn eine Gemeindeveranstaltung ins Wasser fĂ€llt? Also in diesem Fall wortwörtlich ins Wasser. Im Jugendraum des Gemeindehauses steht seit zwei Jahren etwa ein Goldfischaquarium. Warum es dort steht weiĂ keiner mehr so genau. Wie die Dreieinigkeit ein Mysterium welches nicht erfasst werden kann. Die interne Geschichtsschreibung, in Form der 85 jĂ€hrigen zahnlosen Edeltraut, vermutet ein Wunder Gottes, ein regelrechtes Schöpfungswunder sozusagen. Die Menschen mit etwas mehr RealitĂ€tsbezug vermuten, dass der Hausmeister wegen der angeblichen Goldfischallergie (so eine geniale Ausrede kann nur eine göttliche Eingebung sein) seiner Frau, hier seiner Leidenschaft nachkommt. Nun ja jedenfalls war fĂŒr Sonntagabend ein Jugendkreis geplant, bei dem ich gefragt wurde ein kleines Thema zur Enthaltsamkeit vor der Ehe zu machen. Manchmal frage ich mich, ob unsere Leiter von allen guten Geistern, bzw. biblisch korrekt dem guten Geist, verlassen wurden. Und dann frage ich mich, ob dasselbe mit mir passiert ist, als ich mich sagen hörte:
âHm kann ich machen. Kein Problem. Gerne.âÂ
Die drei Stufen raus aus der Freiheit hinein in die FĂ€nge des christlichen Leistungsdrucks und der heiligen Arbeitswut.
Stufe 1: Hm kann ich machen. --> Noch recht unverfĂ€nglich ist diese Formulierung meist die Einstiegsdroge. Die Formulierung âkannâ ist sozusagen die Ausstiegsklausel aus dem mĂŒndlich, aber dennoch verbindlich abgeschlossenen Vertrag. Denn die darauffolgende Frage, ob es auch wirklich geht, kann mit einer AufzĂ€hlung der schon zu tuenden Aufgaben und kaum vorhandenen Freizeit beantwortet werden. Meist kommt ein verstĂ€ndnisvolles âMhm kenn ich. Ich frage mal jemand anderen.â Verpasst man diesen Ausstieg gibt es kaum mehr einen Ausweg.
Stufe 2: Kein Problem. --> Das christliche Ăquivalent zur Schulnote drei. Einen moralisch unverwerflichen Ausweg gibt es nun nicht mehr. Die Aufgabe wird ĂŒbertragen, kann aber mit durchnittlich bis mĂ€Ăigem Aufwand erledigt werden. Wenn man gar kein Gewissen mehr hat, meist aufgrund von vergangenen Erfahrungen in diesem Bereich, kann eine vorgetĂ€uschte Krankheit oder wahlweise Hochzeit eines jungen christlichen Paares Abhilfe verschaffen.
Stufe 3: Gerne. --> Nie, nie NIE âgerneâ sagen. Der darin implizierten Freude an der Aufgabe wird mit höchsten Anforderungen begegnet, die jedem Arbeitstier in der freien Wirtschaft die Farbe aus dem Gesicht weichen lĂ€sst. In der nĂ€chsten Zeit wird von Koffeinhaltigen GetrĂ€nken und kurzen Nickerchen in der Arbeit gelebt.
Nun ja, also stĂŒrzte ich mich nach meinem Faux-Pas in die Arbeit und stieĂ sofort auf eine geistliche Blockade. Was sollte ich denn bitte ĂŒber Enthaltsamkeit erzĂ€hlen, ohne dabei jemanden auf die FĂŒĂe zu treten, mich selbst zu offenbaren oder den sowieso schon roten Streuselkuchen Teenie Gesichtern die Schamesröte in das Gesicht zu treiben?Â
Doch in meiner tiefsten Verzweiflung erreichte mich die Nachricht des Jugendleiters Hannes. Am Abend vor meinem LebendbegrĂ€bnis geschah das unerwartbare. Ein etwas ĂŒbermĂŒtiger Jugendlicher schoss mit dem Tischkickerball ein Loch in das Aquarium. Innerhalb kĂŒrzester Zeit hatte man einen Eindruck davon, wie sich die Sinflut angefĂŒhlt haben muss. Ein Massengrab der Goldfische konnte nur durch beherztes Eingreifen der Jugendleiter und Zeitweise Herz-Lungen Massage an den Goldfischen verhindert werden. Sie residieren nun vorĂŒbergehend in den CocktailglĂ€sern der Jugend.Â
Zwar hat Gott versprochen keine Sinflut mehr zu senden, trotzdem preiste ich den Herrn so ehrlich und lautstark wie schon lange nicht mehr, fĂŒr dieses mĂ€chtige Eingreifen. Wie heiĂt es noch so schön? Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.
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Bibel App
Ich renne durch die Wohnung, aufgeschreckt wie ein HĂŒhnerhaufen der gerade erfahren hat, das ein McDonalds um die Ecke eröffnet hat. ExistenzĂ€ngste plagen mich und lassen mich nicht in Ruhe. Ich verfasse schon gedanklich meinen letzten Willen, im Falle, dass mich jemand fĂŒr tot hĂ€lt. Was ist passiert? Wirtschaftszusammenbruch, eingeschneit oder gar Lebensmittelknappheit? Nein, mein Internetanschluss ist ausgefallen und wird erst in einigen Wochen neu installiert. Einen Moment denke ich nach, ob ich durch die Wand zum Nachbar bohre und bei ihm anzapfe, die Leute in Indien machen das schlieĂlich auch um Strom zu bekommen. Es heiĂt ja nicht umsonst:
âAuĂergewöhnliche UmstĂ€nde erfordern auĂergewöhnliche MaĂnahmenÂ.â Letztlich aber siegt die Vernunft, und die Angst ĂŒber eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch und ich sacke resigniert auf dem Sofa zusammen. Das erste mal seit mehreren Monaten nehme ich den Hörer in die Hand und rufe die wichtigste Person in meinem Leben an, den Pizzaservice ein Dorf weiter. âWie immer?â âWie immer.â Plötzlich wird mir bewusst wie unsagbar abhĂ€ngig ich vom Internet, dem Entertainment und einfach Kontaktmöglichkeiten das es bietet, bin. Auf meinem Weg zum WLAN Router sehe ich meine Bibel auf dem Couch-Tisch. Schon lange nicht mehr aufgeschlagen das Ding, aber ich bekomme ja jeden Tag einen Bibelvers per App mitgeteilt, das muss ja reichen. Aber das funktioniert auch nicht mehr, jetzt da ich von der virtuellen Welt abgeschnitten bin. WĂŒrde es mich mehr herausfordern ohne Kontakt zu Gott oder ohne Kontakt zum WorldWideWeb zu leben? Wenn ich ehrlich bin, die Bibelverse aus der App sind auch nicht mehr als eine Benachrichtigung unter vielen. Immerhin wirke ich damit echt fromm. Immerhin habe ich die Bibel-App sogar auf meinem Startbildschirm. Das kann nun auch nicht jeder von sich behaupten, nicht mal mein Hauskreisleiter Thomas hat das. Und wĂ€hrend ich mir so innerlich auf die Schulter klopfe, greife ich unbewusst zum Laptop um ein paar Minuten zu surfen. Die Bibel, bleibt weiter auf dem Couch-Tisch.
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Discokugel
Möööööööööööööööööööp - ungefĂ€hr so dröhnt das Nebelhorn der Verunsicherung in meinen Ohren. Frage mich immer noch, ob diese Technik wirklich funktionieren kann, habe schlieĂlich noch nie ein Nebelhorn in Aktion gesehen. Stelle mir das auch ziemlich unangenehm als Seemann vor: Seetang in die Ohren, fertig? Mööp. Jedenfalls fĂŒhle ich mich genauso verblasen, wie wenn ich ohne Seetang in den Ohren direkt vor dem Nebelhorn meines Lebens gestanden wĂ€re. NĂ€mlich meinem Glauben. Eigentlich sollte der ja den Nebel des Lebens aufklĂ€ren. Aber mittlerweile bin ich nicht nur blind sondern auch noch taub. So viele SehnsĂŒchte und Fragen und statt mir darauf antworten zu geben klatscht mir mein Pastor am Sonntag auch noch nen nassen Lappen voller Fragen zu meinem Glaubensleben um die Ohren. Es war wieder so ein Sonntag an dem ich augenscheinlich soooo vertieft in mein Handy war, dass ich die Leute gar nicht um mich rum wahrgenommen habe. Eine clevere Taktik fĂŒr Tage an denen einem einfach jeder Menschenkontakt zu viel ist. Besonders kluge SprĂŒche von weniger klugen Menschen konnte ich jetzt nicht gebrauchen. So gerne ich Eduard auch habe, wenn ich so drauf bin, dann kann er sich seine weisen SprĂŒche und einfachen Antworten auf schwere Fragen in die Hausmeister-Latzhosentasche stecken. Irgendwie bin ich sehr unleidig, wenn mich diese Fragen piesacken. Nur als Anna nebenbei anmerkte, dass unser Pastor mit seiner glĂ€nzenden Glatze auch gut als Discokugel dienen könnte, musste ich kurz schmunzeln und stellte mir so vor, wie er bei einem unserer Jugendgottesdienste von der Decke hing und durch die Lichteffekte auf seiner Glatze endlich mal fĂŒr Stimmung sorgte, wenn ihm das beim Predigen schon so schwer fiel. Warum gehe ich eigentlich noch in den Gottesdienst? Warum glaube ich an einen Gott, der mir mehr Fragen als Antworten schenkt? So langsam schleicht sich bei mir das GefĂŒhl ein, dass er das mit voller Absicht so macht.
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Synchronschwimmen
Links-Rechst-RĂŒcken-Links-Rechts-RĂŒcken, so verrichte ich schon seit nun mehr als einer Stunde TrockenĂŒbungen fĂŒr die Synchronschwimm-WM der MĂ€nner. Wasser ist dabei allerdings eindeutig leichter zu verdrĂ€ngen, als die ewigen Gedanken ĂŒber den morgigen Tag. Dabei sollte ich mich doch freuen, kann ich doch meine Weisheit und Gedanken zum Thema âWas hat Evangelisation mit mir zu tun?â weitergeben. âEin tolles Thema mit viel Tiefgang und Herausforderung.â meinte mein Hauskreisleiter Thomas, den ich liebevoll den âschwerglĂ€ubigen Thomasâ aufgrund seiner beachtlichen KörperfĂŒlle nenne. Super genau das, was ich nicht brauche. Habe die Bibel aufgeschlagen und gleich wieder zugeschlagen. Wo soll ich denn da anfangen bitteschön? Warum sucht er aber auch genau mich aus? Das letzte mal als ich, nun ja evangelisieren kann man es nicht nennen, sagen wir mal heilig stottern war, ging das ganze so in die Hose, dass ich mich fĂŒr eine âGebetsstundeâ auf das McDonalds Kunden-WC gesetzt und dort bis zum Ende der angesetzten Zeit verweilt habe. Als ich dann gefragt wurde, wo ich denn die ganze Zeit war, erwiderte ich nur, dass ich eine Gebetszeit mit einem Menschen auf der Suche hatte. Fromm und nicht gelogen, fragte ich mich doch damals was ich auf einer Evangelisation sollte. Lange Rede kurzer Sinn, die Entscheidung mir dieses Thema fĂŒr den Hauskreis zuzuweisen ist wie wenn Jesus  auf einem Anonymen Alkoholiker Treffen Wasser zu Wein gemacht hĂ€tte. Kurz gesagt, katastrophal. Sehe mich schon schweiĂgebadet und stammelnd vor den anderen Sitzen, wĂ€hrend ich versuche zu erklĂ€ren, weshalb Evangelisten keine Bademeister werden dĂŒrfen. Auflösung: Weil sie bei einer ausgestreckten winkenden Hand nur sagen: âIch habe ihre Hand gesehen.â anstatt die Person wirklich zu retten. Mein Humor stöĂt meist nicht auf Anklang in meiner Gruppe. Entscheide mich letztendlich morgen ĂŒber âDie Wichtigkeit jedes einzelnen im Missionsauftrag fĂŒr den Leib Christiâ zu sprechen. Dabei schlieĂe ich in meinen Gedanken jeden mit ein, bis auf mich, ich bin ja zu sowas nicht berufen. Das kann ja heiter bis wolkig werden..
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Michelin MĂ€nnchen
Manchmal frage ich mich ernsthaft warum mich meine Mutter damals Manfred gennant hat. Ich meine es gibt so viele schöne Namen wie: Tim, Noah, Marcel, Thomas. Allesamt bodenstĂ€ndig aber doch schön im Klang und dann komm ich MANNFRĂĂĂĂD und platze hinein wie die Axt im Walter, Ă€hm Walde. Heute habe ich ein junges Ehepaar aus unserer Gemeinde im Nachbarort beim Einkaufen getroffen. Nachdem wir uns gegen eine christliche Umarmung und fĂŒr einen Handschlag entschieden haben, wo kĂ€men wir denn hin, wenn wir unsere christliche NĂ€chstenliebe so öffentlich zeigen wĂŒrden, man könnte ja sehen, dass wir Christen sind; redeten wir ĂŒber den neuen Familienzuwachs, der wĂ€hrend dem GesprĂ€ch eine Schleimspur auf der mĂŒtterlichen Schulter hinterlies, auf der sogar eine Weinbergeschnecke ausgerutscht wĂ€re. Der kleine Zachary Nathaniel ist jetzt gut 11 Monate alt wie ich ausrechnete. Ausrechnen sage ich, weil Eltern ja scheinbar alles in Wochen ausdrĂŒcken mĂŒssen. 44 Wochen, wer sagt den sowas? Ich sage ja auch nicht, ich habe mich vor 780 Wochen bekehrt, auch wenn ich da auch von neuem geboren wurde. Ich schweife ab. Jedenfalls erzĂ€hlten sie wie dieses Kind neue Dinge dazu lernte, wie es lachte, was fĂŒr Schwierigkeiten es bereitete und die lange Liste von schlaflosen NĂ€chten die Zachary verursachte. Als ich dieses kleine Michelin-MĂ€nnchen (den Vergleich darf ich den stolzen Eltern auch nicht offenbaren) so anschaute, wie es mit einem LĂ€cheln auf den Lippen sorglos in den Armen der Eltern lag und sich des ganzen Aufwandes und Trubels um seine Person nicht im klaren war, spĂŒrte ich diese Sehnsucht nach genau dieser Geborgenheit in mir hinauf kriechen. Ich bin doch Gottes Kind. Schaut er mich mit meiner gefĂŒllten Lebenswindel auch so liebevoll von oben an? Ich bin sicher ich habe ihm auch so einige schlaflose NĂ€chte bereitet, als ich ihm die Ohren voll gejammert habe und wie eine Feuerwehrsirene ein Gebet nach dem anderen ihm entgegenschmetterte. Ich verabschiedete mich an der Kasse mit einem kleinen Knuff in die Babywange, was der kleine Wonneproppen prompt mit einem ohrenbetĂ€ubenden Schreien kommentierte. Ich zog den Kopf ein, entschuldigte mich leise und blies rasch zum RĂŒckzug. Freue mich schon wenn Anna und ich uns damit rumschlagen dĂŒrfen. Zachary Nathaniel... der kleine ist auch fĂŒrs Leben gestraft. So christlich die Namen auch sein mögen, da macht man sich ja nen Knoten in die Zunge. Da ist MannfrÀÀÀÀÀd doch fast eine Wohltat.
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Tanzbein
Heute ist Sonntag. Der Tag des Herrn, des billigen Parfums, der möchtegern HemdtrĂ€ger und plötzlich lammfrommen Teenager. Ich stehe also morgens auf, betrachte mein Meisterwerk des gestrigen Tages und sehe ein, dass ich doch an manchen Stellen nochmal nachstreichen muss. Und da ich so eine ungeduldige Person bin, ertappe ich mich dabei wie ich Gott doch tatsĂ€chlich frage, ob er sich seine Ruhepause nicht einen Tag spĂ€ter hĂ€tte gönnen können. Klatsche mir kurz gegen den Kopf um diesen reichlich unheiligen Gedanken zu vertreiben. So richtig helfen tut es aber nicht. Nach einer lĂ€ngeren Autofahrt in das Haus Gottes betrete ich die Hallen, nicke hier und dort jemanden zu, den ich zu kennen meine und setze mich schlieĂlich an den Platz, der mittlerweile eigentlich meinen Hinternabruck auf sich verewigt haben sollte. Doch dafĂŒr macht Eduard, der gerade auf mich zu kommt, einen zu guten Job. Er ist Hausmeister und hat immer ein LĂ€cheln auf den Lippen. Angenehmer Mensch wie ich bei mehreren FuĂballabenden feststellen durfte. Allerdings Bayern-Fan, was ihn leider nur auf 7 von 10 Heiligenscheinen, meine persönliche Sympathieskala fĂŒr Christen, kommen lĂ€sst. Ertappe mich wie ich mich, nach einem kurzen Plausch mit ihm, auf den Gottesdienst freue; komisches GefĂŒhl. Eduards Satz: âMit Kirche ist es wie beim FuĂball, wenn du kein Erlebnis hast, gehst du irgendwann auch nicht mehr ins Stadion.â geht mir nicht ganz aus dem Kopf. Herr, ich will aber ein Erlebnis haben. Mir gefĂ€llt mein Stadion ganz gut eigentlich. Die Band schlĂ€gt die ersten Akkorde an und ich entscheide mich genauso laut mitzusingen wie bei den besten Spielen meines Vereins, die leider auch immer seltener werden. Ein erhebendes GefĂŒhl stellt sich ein, wĂ€hrend ich Gott diese alte Hymne entgegen schmettere. Nach einiger Zeit springt der Pastor auf die BĂŒhne und predigt. Als ich mich bereit mache mein obligatorisches 5min SchlĂ€fchen zu halten, kann ich allerdings kein Auge zu tun. Der Pastor scheint heute zu mir zu sprechen. Oder ist das Gott? Keine Ahnung, jedenfalls trifft die Predigt ĂŒber NeuanfĂ€nge ziemlich genau meinen Nerv. AnschlieĂend kurze Gebetszeit fĂŒr unser Land, die ich heute sogar einmal bewusst mitmache. Als der Abschlusschorus erklingt und mit treibendem Rhythmus den Gottesdienst beschlieĂt, bewege ich fast meine FĂŒĂe zum Takt der Musik. Kann mich gerade noch beherrschen. Ich will mich doch nicht lĂ€cherlich machen.
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Alpin WeiĂ
âWater you turned into wine!â plĂ€rrt mein KĂŒchenradio lauthals durch die ganze Wohnung. Hoffnung und Glaube hallt von den nackten WĂ€nden wieder, die ich gerade versuche mit Farbe von Aldi zu streichen. âALPIN WEIĂâ steht mit groĂen Lettern auf dem Eimer geschrieben. Die Beschreibung trifft es ganz gut, bilden sich doch immer wieder neue Brocken von Farbe die wie Berge an der ĂberflĂ€che schwimmen. Ich blicke sie drohend an und sie blicken zurĂŒck. Ein Duell, welches ich die letzten 50 mal verlor. Warum ich es weiter versuche? âDenn wahrlich ich sage euch: So ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so mögt ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich von hinnen dorthin! so wird er sich heben.â Nun ja das muss ich wohl nochmal ĂŒben. Ist der Hersteller der Farbe Christ und will nur, dass ich weiter wachse? Sicher nicht, sonst hĂ€tte er eine 3-Punkte-Predigt auf die Verpackung gedruckt mit dem Titel: âWie versetze ich die Berge meines Lebensâ. und sie mit vielen Ausrufezeichen und rhetorischen Fragen gespickt. WĂ€hrend ich also so vor mich hin streiche und hin und wieder meinen alpinweiĂen Schnurrbart bewundere den ich, Gott weiĂ wie, in der letzten halben Stunde auf meiner Oberlippe zum florieren gebracht habe, kreisen meine Gedanken abwechselnd um die Peinlichkeit, dass ich seit nun mehr Jahrzenten Christ bin und immer noch nicht weiĂ wie groĂ dieses sagenumwobene Senfkorn wirklich ist oder geschweige denn aussieht, und darum, wie ich eigentlich Glaubenstechnisch aufgestellt bin. Es gibt Zeiten in denen ich beinahe dazu tendieren wĂŒrde mir einen soliden mitessergroĂen Glauben einzugestehen. Zeiten in denen ich Lobpreislieder, wie das nun verklingende, mit geschwellter Brust und lauter Stimme schmettern kann und dabei sogar das Fenster gelegentlich offen lasse, damit die Nachbarn auch etwas Evangelisation abbekommen. In letzter Zeit allerdings gleicht mein Glauben eher einer Amöbe die versucht sich durch unauffĂ€lliges Kriechen fortzubewegen. Diese Einzeller schaffen es aber immerhin sich zu teilen und zu vermehren. Wo bleibt meine Glaubensvermehrung? Fragen ĂŒber Fragen. So ein gute Rotwein aus der Kelterei âJesu Christi erstes Wunderâ Jahrgang 30 n.Chr. wĂŒrde mir jetzt auch munden.
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