Tumgik
uebergaenge · 4 years
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Das Paradox der Individualität. Die doppelte Befreiung. Widersprüche aushalten – Wo bin ich?
Menschen verlassen Orte, weil sie dort unterdrückt, missbraucht und nicht akzeptiert werden. Sie können nicht sie-selbst sein, nicht frei-sein und nur mit Mühe über-leben. Es treibt sie zu anderen Orten, in Subkulturen und andere Formen von Gemeinschaft, weil sie dem Drang und Bedürfnis folgen irgendwo doch dazu zu gehören, ohne Gemeinschaft nicht über-leben können. Es wird viel Aufwand betrieben, um mit den Verhaltens-, Kleidungs- und Sprachregeln der Subkultur konform zu sein und nicht aufzufallen. Bis die Energie nicht mehr ausreicht, weil man seine Bedürfnisse und Grenzen zurückstellen musste und nicht aushandeln konnte, obwohl man doch endlich frei sein und mehr als nur über-leben wollte. Die Individualität wurde aufgegeben. Entweder anders oder gleich, warum nicht gleichwertig, ähnlich und ein wenig störrisch? Freiheit ist unmöglich, wenn man nicht entscheiden kann was man nicht tun will, wer man nicht sein will, was man nicht wissen oder sagen möchte. Manche Menschen erkennen die Subkultur als den Ort eines Transformationsprozesses an, der uns lehrt, was frei-sein bedeutet, sobald wir uns aus ihr herausschälen können. Wo bin ich? Freiheit ist das Ziel eines Erwachsen-seins. Wenn wir dazugehören wollen und aus diesem Grund Emotionen, Bedürfnisse und Wunden verdrängen und unterdrücken, sogar erneut verletzt werden, dann können wir damit rechnen, dass uns die Geister und Dämonen irgendwann wieder einholen werden, wenn wir nicht mehr vor ihnen fliehen können. Die Freiheit des Erwachsen-seins weilt nur kurz. Niemals sollte man Alles verdrängen und nur Non-Konformität bedeutet Freiheit, aber ein bisschen Dazugehören wollen wir immer, denn wir wollen nicht einsam sein. Menschen können eine Zwischenposition einnehmen, also weder dazugehören noch ausgegrenzt sein, in ihr verweilen, nicht zu lang. Sie können Widersprüche aushalten, nur nicht zu lang.  Sie können einsam sein, nur nicht zu lang. Das »Zuviel« macht die Freiheit unerträglich.
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uebergaenge · 4 years
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Mitleidsmenschen
Vom Anderssein, vom Mitleid und vom Selbstverlust. 
Während ich aufwuchs wurde »Mitgefühl« mit »Mitleid« verwechselt. Letzteres habe ich in den Menschen um ich herum hervorgerufen, die sich augenscheinlich um mich sorgten. Ich hatte »Vertrauen« gefasst zu diesen Mitleidsmenschen und mich gleichzeitig von ihrer »Zuneigung« abhängig gemacht, während ich meine eigenen Bedürfnisse und Grenzen vernachlässigt und unterdrückt hatte. Von Anfang an habe ich das Verhalten der Menschen um mich herum analysiert und mir andere Vorbilder außerhalb meine Familie gesucht. 
Vermutlich habe ich – zunächst unbewusst – nach HelferInnen gesucht, weil ich mich in meiner Familie missverstanden gefühlt hatte. Irgendwann hatte ich einen eigenen Zugang zum Gefühl der »Dankbarkeit« entwickelt, aber zunächst auf eine sehr unterwürfige Art und Weise. Ich wollte mich immer entschuldigen, wenn ich mich – aus meiner Sicht – falsch verhalten hatte. Mich überkam die Scham, weil ich mich nicht »kontrollieren« konnte und ich war dankbar, dass man mich trotzdem tolerierte. Gleichzeitig konnte ich keine Kritik an den Mitleidsmenschen ausüben, weil sie doch die einzigen sozialen Kontakte waren, die ich hatte. Trotz alledem war ich sehr wählerisch bezüglich der Menschen, die ich in mein »System« hereinlassen wollte. Zusätzlich hatte ich das Glück, dass ich auf viele ähnliche Menschen getroffen bin, die von dieser »Ähnlichkeit« nicht abgestoßen wurden, weil sie weniger daran dachten, dass sie anders oder normaler waren als ich oder sie haben es mich nicht spüren lassen. 
Meine Familie hatte mich als ihren persönlichen Sündenbock ausgewählt, weil sie sich selbst nicht verstehen und akzeptierten konnten. Irgendwann hatte ich dann die Erkenntnis, dass ich Mitleidsmenschen nur zu meinem Vorteil ausnutze und dafür habe ich mich sehr geschämt. Gleichzeitig habe ich wichtige zwischenmenschliche Verhaltensregeln vernachlässigt, was dazu führte, dass die Mitleidsmenschen mich loswerden wollten und ich habe mich für eine lange Zeit kaum mehr selbst verstehen können. 
Den Prozess des Selbstverstehens konnte ich erst beginnen, als ich mich aus meinem sozial-familiären Umfeld befreien und distanzieren konnte. Ich hatte mir die Illusion aufgebaut, irgendwann, wie Hercules, an einem Ort anzukommen, an dem man mich mit offenen Armen empfängt, ohne dass ich etwas dafür tun muss. Aber Opfer muss man immer bringen und das war in meinem Fall die Unterdrückung eines großen Teils meines Charakters. Aber das ist mir immer nur gelungen solange Alles neu und unsicher für mich war, solange Neugier und Angst mich im Zaum gehalten hatten, solange ich meine persönliche Illusion aufrechterhalten konnte und wollte. 
Irgendwann bin ich dann unter dieser Illusionslast zusammengebrochen, weil es eben nicht die Mitleidsmenschen waren, die mich in dieser Zeit umgaben und mit Selbstbewusstsein/Energie/Leben füllten, sondern diejenige die mir ähnlich waren, aber, genau wie ich, immer noch dabei waren vor sich selber davonzulaufen, weil sie – vereinfacht gesagt – Angst vor sich selber hatten und mich aussaugten, mir meine Energie nahmen. Sie waren noch nicht bereit dazu sich mit ihren inneren Konflikten zu konfrontieren und sie wollten mich nur dann in ihren »Systemen« haben, wenn ich für dessen Aufrechterhaltung von Nutzen war. 
All diese Konflikte laufen parallel zu dem Prozess der Ausbildung einer komplexen Persönlichkeit, den jeder Mensch in seinem Leben auf verschiedene Art und Weise durchläuft. Ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin und diese Erkenntnis hat mich für eine Weile beruhigt. Ich trage meine Wunde der Vernachlässigung und der daraus folgenden Selbst-Isolation mit mir herum, aber ich kann die Wunde nicht zuhalten, weil ich keine Struktur und keinen Rhythmus habe. Es sind zwanghaftes Denken und stechende Erinnerungen, die mich immer wieder zurückwerfen, genau wie meine Träume, jedenfalls diejenigen an die ich mir erinnere. Es fühlt sich an wie ein Teufelskreis, den es mir immer nur für eine kurze Weile zu durchbrechen gelingt. 
Irgendwann hatte ich das Gefühl mich von vielem befreit zu haben, was mich verfolgt oder festgehalten hatte und ich wollte mich für andere Menschen öffnen. Mir ist es für eine Weile gelungen eine Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Ein Dazwischen, in dem ich mit scheinbar wohl- und frei fühlen konnte. Es waren scheinbar besondere Menschen, die ich getroffen hatte, die mein Selbstbewusstsein wieder aufgefüllt haben. Endlich hatte ich das Gefühl »Mitgefühl«, statt »Mitleid«, zu empfangen, ohne meine eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu stark vernachlässigen zu müssen, ohne meinen Charakter mit einer erfundenen Persönlichkeit verdecken zu müssen. Aber ich habe schnell bemerkt, dass ich auf eine gewisse unbewusste Struktur und einen gewissen Rhythmus angewiesen bin, der mein »individuelles System« von Außen aufrechterhält und wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, dann gelingt es mir nicht Nähe und Distanz zu wahren und das „Zuviel“ in mir auszubalancieren. 
Hier ver-orte ich meine Abhängigkeit, meine Kompensationsmechanismen, wenn es schon nicht Substanzen oder manifeste Zwänge sind, dann sind es Arbeit, Menschen und Aktivitäten 24/7, die mir helfen die Dämonen zu unterdrücken und zu verdrängen. Und wieder bin ich unter dieser Last zusammengebrochen, weil ich dieses Mal die Last eines anderen Menschen zusätzlich mitgetragen habe, obwohl ich mein individuelles »System«, auf Grund fehlender Ressourcen, nicht mehr aufrechterhalten konnte.   
Die Folge davon war eine Re-Traumatisierung, die genau mit dem Bruch zwischen mir und der anderen Person zusammengefallen ist. Ich habe den Ausweg selbst gewählt, bedingt durch Projektion, andere Auslöser und Beeinflussbarkeit sowie Unwissenheit und Missverständnisse, weil die andere Person nur einen kleinen Platz, an der Außengrenze ihres individuellen »System« freigemacht hatte, dessen Beschränktheit ich nicht von Anfang durchschauen konnte, weil diese Person ihre mögliche Flexibilität noch nicht erkannt hatte oder nicht mehr erkennen konnte oder wollte. 
Ich konnte die Widersprüche nicht aushalten. Wieder hatte ich mir eine Illusion aufgebaut, aber diesmal wurde sie durch den überzeugenden Input einer anderen Person geschürt und dann habe ich das Bewusstsein für mich selbst verloren. Ich sah mich konfrontiert mit konkreten Ängsten. Wir sind uns so ähnlich, aber wir waren von Anfang an dafür bestimmt Fremde zu sein. 
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uebergaenge · 5 years
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Konflikt 1 Angst
Mein innerer Konflikt zeichnet sich durch Ungenauigkeit und Unsinn aus. Inwieweit ich diese Ungenauigkeit aufklären {output} möchte, kann ich selber entscheiden. Das wäre ein aktiver Vorgang, den ich selbst beeinflussen kann. Von diesem Vorgang möchte ich mich distanzieren, um Abstand zu gewinnen, der es mir ermöglicht eine Zwischenposition einzunehmen, im Hier und Jetzt, ohne konkretes Ziel, ein anhaltender und passiver Prozess. Wie gelange ich dort hin? Wie gelingt es mir dort zu bleiben? Wo bin ich jetzt? Ich kann nicht genau festmachen, ob ich »dort« bin oder nicht, weil es mich manchmal wieder stärker hin zur Erklärung/Rationalität/Sinn zieht, weil es »woanders« scheinbar sicherer ist. Es fühlt sich an, als würde man immer wieder zurückgezogen werden, wenn man sich zu schnell und zu weit davon entfernt. Wie kann ich mich freimachen von dem, was mich zurückzieht? aktiv und bewusst, mit dem Wissen und der Erfahrung, dass ich keine Angst zu haben brauche – weder vor mir selbst noch vor der Vergangenheit – und, dass sich Dinge, Menschen, Orte und Räume verändern können, mit der Zeit, sodass es einfach nicht so bleibt, sondern anders wird. Es kann so anders werden wie ich anders bin, aber nie genauso, weil dann wäre es gleich anders. Wir sind uns vermutlich nur ähnlich und nicht gleich. Das nimmt mir die Angst. Die Emotion “Angst” nimmt in meinem Leben eine große Rolle ein. 
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