#winfried bullinger
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Bild- und Rechtswissenschaft
1.
Winfried Bullinger: N眉chtern angewandte Bild- und Rechtswissenschaft, die nicht von selbst ins Anthropologische ausschl盲gt, sondern durch Registrierung und Formatierung, also durch Kulturtechniken, die Bullinger durch weitreichende Routinen, Flei脽, Talent und gr眉ndliche Vorbereitung beherrscht. Er selbst nennt das Vorgehen schlicht Stringenz, gut gesagt.
Sind Winfried Bullingers gr眉ndliche Register schon Klassifizierungen, Sortierung oder Kategorisierungen? Sammlungen sind's, und die haben bei ihm ein Sagen, keine Botschaft. Das Verfahren der Registrierung und Formatierung bestimmt das Bild, insoweit hat das Sammeln das Sagen. Und es bleibt was Sagenhaftes im Verfahren, es l盲sst den Bildern ihren Raum entwickeln, von mir aus Spielraum.
Bullinger zeigt zweierlei: Etwas, das begrifflich mit Behausung und Architektur (also in und mit Spannbreite) eingefangen werden sollte. Er zeigt insoweit mehr oder weniger nomadische, mehr oder weniger stabile/unbest盲ndige St盲tte [sic]. Zweitens zeigt er Menschen, die ebenfalls mehr oder weniger stabil/unbest盲ndig einen Platz an einem Ort mit Anspruch auf Welt einnehmen und die auf den Fotos leicht (auf ungesicherte Weise) an Geb盲rden oder Posen geraten. Sie halten sich, manche wollen wohl auch Haltung.
Immer gibt es bei Bullingers Bildnissen einen dichten Kontakt zwischen Blick und Bild, eine intensive Beziehung zwischen dem Menschen und dem Apparat, den Bullinger nach Ostafrika mitschleppt, um Menschenbilder einzufangen. Bullinger beschreibt seine Aufnahmen unter anderem als Aufnahmen von R盲ndern der Macht. Neben der gro脽en Sorgfalt und Disziplin, die er auf seine Arbeit verwendet ist es vor allem die strenge und fokussierte Zweiteilung, die mich an seinem Werk fesselt.
2.
Quid est roma? Contubernium romanorum: Mit dieser kurzen verwaltungsrechtlichen Formel aus dem st枚bernden Material der notitia dignitatum, die den Menschen 眉ber unbest盲ndig zusammenhaltende St盲tten und diese St盲tten 眉ber Bewohner ,oder (in einem schwachen, niederen Sinne) 'Statthalter' erfasst kann man auch noch Bullingers Zweiteilung beschreiben. Diese 'Statthalter' vertreten keinen Souver盲n, aber im niedrigen und schwachen Sinne sind sie, was sie sind und bleiben leicht verwechselbar mit dem, was sie nicht sind. Diese unsouver盲nen Statthalter halten kooperativ in einer St盲tte, also mit ihr, und unsicher ist, wie weit das reflexiv, transitiv, transgressiv ist.
F眉r die 脺bersetzbarkeit in r枚mische Formeln, Fragen und Antworten sorgt Bullinger unter anderem dadurch, dass er am Exotischen nicht interessiert ist und es, wenn es ihm einmal in den Aufnahmeproze脽 ger盲t, nicht zum Bildnis oder Bild durchdringen l盲sst. Gut, da steht eine Frau mit einer Waffe, aber Bullinger w眉rde sie so auch fotografieren, wenn die Waffe eine Handtasche w盲re. Der Mensch und die Behausung, die St盲tte und das Halten darin, also dasjenige was 眉ber Posen, Gesten und Geb盲rden manchen anspruchvollen Leuten gleich auch Haltung sein soll, obschon es doch zuerst und zuletzt vor眉bergehendes Halten ist, das bezieht Bullinger dicht aufeinander. Wie die St盲tten auf seinen Bildern nicht den Hebel umlegen und St盲dte werden, so legen die Menschen hier den Hebel nicht um und lassen ihr Halten zur Haltung werden. Und dass alles passiert in der Stringenz, in einer stengen Formatierung der Bilder und Bildnisse, in der alles Methode und Verfahren ist. Das ist einer der Punkte, aus denen Bullingers Arbeiten ihre Spannung beziehen. Dass man nicht wei脽, wozu und wo 眉berhaupt diese Bilder und Bildnisse zu h盲ngen seien, das spricht f眉r sie.
Er bisserl r枚misch-katholisch k枚nnte er schon sein, der Bullinger Winfried, einen gewisses Erg盲nzungsw眉nschen scheint er zu haben. [Jetzt kommt was Uninteressantes, ich will es aber sagen:] Ich find's super.
3.
Rechtswissenschaft ist unter anderem ein Studium f眉r die halb- bis vierf眉nftel Begabten und diejenigen, die was k枚nnen, ihr K枚nnen aber nicht an ihre Fragestellung anschlie脽en und vielleicht auch darum aus beidem keinen Beruf entwickeln, daf眉r aber jenes Gesch盲ft ergreifen, in dem man fremder Leute Angelegenheiten ergreiftund zu 眉bernehmen behauptet (was seltsamerweise auch als Beruf durchgeht).
Man findet also viele malende, musizierende, bastelnde und reimende Juristen. Bullinger verkn眉pft seine Begabung mit seiner Fragestellung (jener Fragestellung, von der jeder Mensch jeweils nur eine, ganz selten mal zwei hat und die im Satz ausformuliert eher fade erscheint). Gleichzeitig h盲lt er seine T盲tigkeiten auseinander. Kein Tag und Nacht ohne Linien, keine Linien ohne Wellen, keine Wellen ohne Kippen: Mal ist Bullinger einer der Anw盲lte, die man Topanw盲lte nennt, dann arbeitet er in Berlin bei CMS. Dann arbeitet er in Ostafrika und macht dort erstens Bildnisse, zweitens Bilder.
An denjenigen Max-Planck-Instituten, die zum Recht arbeiten, kristallisieren sich langsam, sehr langsam, Ideen, eine Ausstellung zum Recht zu machen. Wenn man das macht, soll man es richtig machen. Das hei脽t zum einen, zu versuchen, den Stricken und Fallen einer Propaganda zu entgehen, wie sie sich beim Aufbau des Forums Justiz in vertrauten Mustern der staatlich gef枚rderten und anerkannten Staatsferne zeigen. Zum anderen ist man schnell mit dem Geheuer ambitioniertes Hobby konfrontiert, mit Juristen, die irgendwas im Umfeld von Gesetz und Gewalt rechtfertigen oder ihm die Rechtfertigung verweigern und danach in gymnastischen 脺bungen so Leinw盲nde streicheln, wie andere Golf spielen oder schwimmen gehen. Die Dilletantische wird begr眉脽t, wenn es denn dezidiert anti-akademisch, also mit Spitzen daherkommt: aber: der Ma脽stab kann nur die Frage sein: Schlie脽en sie das, was sie k枚nnen, an ihre Fragestellung an (an jenes St眉ckchen Bewegung, das man auch als Treiben und von mir aus auch als Triebfeder beschreiben kann) und von dem jeder Mensch wie gesagt jeweils nur eine, ganz selten mal zwei hat.
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Winfried Bullinger Maassai, 2014
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PORTRAIT, NUER, 2011 by聽Winfried Bullinger
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Portrait, Batwa 2013 by Winfried Bullinger
#Winfried Bullinger#Batwa#Afrique#Africa#Photographie africaine#African photography#Photographie#Photography
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Somali2018
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Excerpt from/Ausschnitt aus WINFRIED BULLINGER; AT THE EDGES OF POWER/AN DEN R脛NDERN DER MACHT; Mit einem Text von/With a text by Hubertus von Amelunxen, HATJE CANTZ 2017
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Winfried Bullinger, Portrait, Tschad 2018
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Winfried Bullinger, Kaukasus, Georgia
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