#traumaüberwindung
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“Es ist kalt hier
am Ende der Welt”, sage ich. Sie lacht. “Wo sind wir?” “Das”, sagt sie und schließt mit einer Armbewegung alles von uns bis zum Horizont ein, “ist dein innerer Norden.” Unendliche Weiten voll Schnee und Eis, so weit das Auge reicht. In der Ferne ragen Steilwände auf, bedrohlich dunkel heben sie sich von der weißen Unschuld ab. “Was ist das?” Ihre kleine Hand klammert sich fester an meinen Arm. “Dahin gehe ich nicht”, flüstert sie “das sind die Schluchten.” Ich richte meinen Blick auf die Schluchten und weiß was ich tun muss. “Heute ist der Tag an dem wir dorthin gehen.”
“Ich habe Angst”, höre ich sie leise neben mir in der Dunkelheit sagen. Wir haben die “Schluchten”, wie sie sie nennt, gerade erst betreten. Eigentlich ist es eine Höhle, keine Schlucht. Es sind auch nicht mehrere, es ist nur diese eine. Ich weiß, was ich dort finden werde. Aber hier geht es nicht nur um mich, es geht um sie. Das kleine Mädchen an meiner Hand, etwa 5 Jahre alt, mit wippenden Flechtezöpfen und einer kleinen roten Nasenspitze, selbst im Winter umgeben von Sommersprossen, was endlich nachhause muss. Ich bücke mich zu ihr hinunter und rücke ihre Mütze ordentlich über ihre kalten Ohren. “Ich weiß, dass du Angst hast, Anni. Es ist dunkel und kalt, aber ich bin da. Ich halte dich fest, und wenn du einfach bei mir bleibst, dann wird dir nichts geschehen. Ich werde dich nicht loslassen. Niemals. Vertraust du mir?” Ich schlucke die Tränen hinunter die mir kommen. Das ist nicht das erste Mal, dass ich versuche sie mit mir zu nehmen, raus aus der Kälte und Dunkelheit, mit in den Sommer. Ich hab es nur niemals vorher geschafft. Der Weg ist so weit, am Anfang hab ich sie losgelassen und in der Dunkelheit ewig nicht wiedergefunden, später ist sie mir weggelaufen und hat woanders ein Zuhause gesucht, dann hab ich mich mit ihr verlaufen, zwischendurch hab ich aufgehört es zu versuchen. Aber das ist ihr egal. Für sie zählt nur der Versuch, nicht das Scheitern, das verzeiht sie einfach. Sie glaubt jedes Mal an uns. Sie nickt. “Ich vertraue dir, Anna.”
Ich hebe sie hoch. Diesmal vertrau ich mir auch. Ich kenne den Weg. “Wohin gehen wir eigentlich?” fragt sie. “Nachhause”, antworte ich. “Endlich”, seufzt sie erleichtert, schlingt ihre Arme um meinen Hals und kuschelt sich an mich. “Du musst keine Angst haben.” Diesmal bin ich es, die flüstert. “Hab ich nicht”, flüstert sie zurück. “Du bist ja da. Aber du hast Angst. Das musst du aber gar nicht, weil ich auch keine hab. Ich weiß, dass du das kannst.” Ich hauche ihr einen Kuss auf die Stirn. “Danke”, murmle ich.
Dann laufe ich los.
Das Kind in mir hat eine Heimat, und das bin ich. Ich werde es immer sein.
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Wie es bei mir wahrscheinlich in einer Selbsthilfegruppe zur Traumaüberwindung aussehen würde:
Ich habe Schuldgefühle. Typen haben Dinge getan. Was ist, wenn ich mich in alles einfach nur zu weit rein steigere? Vielleicht ist das normal in der heutigen Welt und ich weiß es nur nicht? Es ist sicher gar nicht so schlimm gewesen, ich bin nur ein schrecklicher Mensch, der sich zu sehr in sowas rein steigert. Oder? Aber geht das wirklich? Kann ich mich tatsächlich so sehr in etwas rein steigern, dass dann so ein Trauma bleibt? Dass ich mich selbst im Spiegel nicht mehr ansehen kann, diese Berührungsängste? Diese Atemnot, wenn es sich in Filmen um sexuellen Missbrauch dreht?
Ich schaue ihn an. Er schaut glücklich zu mir zurück. Manchmal denke ich, ich könnte nie wieder Nähe zulassen. Denn wenn ich es tue, denke ich an all diese anderen Menschen, diese perversen Arschlöcher, und bin angeekelt, verängstigt. Bei ihm ist es zum ersten Mal seit langem anders. Wenn ich ihn anschaue, sehe ich ihn und keinen anderen. Ich liebe ihn, glaube ich. Nähe zuzulassen, sowohl physisch als auch mental, fällt mir immer noch schwer. Ich lasse mich auf viel ein, er berührt mich, anstatt mich nur anzufassen. Ich schaffe es, dass er mich auszieht und ich es will. Ich kann damit umgehen, dass er mich an intimen Stellen berührt. Aber er will natürlich mehr. Doch ich bin noch nicht so weit, ich bin noch zu nah an allem dran. Ich habe ihn schon etliche Male abgewiesen, wenn er nach Sex fragte. Aber irgendwann kommt man sich dabei schlecht vor. Ein kleiner Teil von mir will es doch auch ausprobieren, wissen wie es ist. Aber da ist noch ein viel größerer Teil in mir und dieser hat vor allem eines: Angst. Andererseits will ich ihn auch nicht immer zurückweisen müssen. Ich weiß ja, dass er mehr will. Was ist, wenn er irgendwann keinen Bock mehr auf mich hat oder beleidigt ist, weil ich ihm nicht das geben kann, was er will? Er weiß es, er weiß, dass ich mehrmals missbraucht wurde. Er würde niemals etwas tun, was ich nicht möchte oder was mir weh tut. Aber dennoch möchte er den Sex und ich kann ihn verstehen und irgendwann werde ich wieder schwach. ‚Lass es über Dich ergehen. Es wird schon werden. Du willst es doch auch, irgendwo. Und es würde früher oder später eh passieren, also warum nicht jetzt?’ Also habe ich ihm mein Einverständnis gegeben, dass ich will. Ich hätte nie gedacht, dass es so weh tut… Ich kann nicht sagen, dass es schlecht war, aber nun bin ich auch nicht glücklich. Nein, ich bin traurig, tot. Wenn ich daran denke, könnte ich heulen und schreien. Dann hasse ich plötzlich alles. Ihn, mich, Sex, dieses Leben. Es ist nicht richtig, alles zu hassen und eigentlich ist er mir unfassbar wichtig. Ich habe Angst vor Sex und ein Trauma und gleichermaßen will ich ihn so sehr. Was ist falsch bei mir? Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Warum muss das alles mir passieren?
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