Tumgik
#abstinentarbeitslos
agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1213 / Was der Juni brachte
Eine Versöhnung, eine Trennung.
Zweimal Sex, zweimal verrutschtes Kondom.
Keine Schwangerschaft.
Vier Tierarzttermine/ -besuche, drei ohne Katze.
Alleine an einer Architekturführung teilgenommen und an zwei Events, bei einem mit Agatha-Namensschild.
Drei Bewerbungen geschrieben, zwei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen bekommen.
Einmal zur ambulanten Ergotherapie.
Höherfrequentere Termine in der PIA.
Viel Meetinghopping, öfter als je zuvor nur für eine Meetinghälfte da.
Ein neues Kleid, eine neue Shorts, Brillen hin und her.
Ein fremdsprachiges Date.
Eine Ausstellung besucht.
Mehr Pizza als das ganze Jahr über.
Mehr Fußball auch.
Mehr Fußball als die ganze Abstinenz über. Kein Turnier bisher trocken so verfolgt.
Das geilste Eis des Jahres.
Oft überall zu spät.
Viele Tränen, Traurigkeit, Verlustangst, Verzweiflung. Aber auch gar nicht so wenige zufriedene Momente, glückliche, dankbare, frohe.
Das erste Mal abstinent auf eine Feier, bei der Alkohol frei zugänglich, unbegrenzt verfügbar war, eine Feier, bei der nur eine Person wusste, dass ich "nichts trinken darf", weil ich nichts trinken möchte, weil ich leben möchte und nicht krepieren.
Das erste Mal mit dieser Person fünfeinhalb Stunden am Stück verbracht.
Mit einem Kindergartenfreund in Berlin verabredet.
So viele Likes und Reblogs wie noch nie für ein Foto im Onlineabstinenztagebuch.
Subjektiv empfunden: viel Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Trägheit, Starrheit, Rückzug, Isolation, Verlangsamung.
Objektiv betrachtet: viel Neues gewagt, mehr soziale Teilhabe, oft entgegengesetzt handelnd, hohe Vorhabenumsetzungsrate, Wachstum, Trockenheitserhaltung, Positiwicklung, Selbstwirksamkeit, Fortsetzung der Abstinenzgeschichte.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1245 / An der Ecke zur Tamara-Danz-Straße Tränen
Gerade eben mit Nick noch zwei Varianten für meine Selbstständigkeit, meine Tätigkeit als Freie durchgegangen. Selbst überrascht, das alles öffentlich auszusprechen und zudem mit energievoller Überzeugung. Dann die E-Mails auf dem internetfähigen Mobiltelefon gecheckt. Ich ahnte bereits, als wir im Schatten des Baumes standen, dass eine Nachricht da sein könnte. Nun hatte sie den meinen Erwartungen und Wünschen entgegengesetzten Inhalt. ... würden Sie gerne einstellen zum ... Gestern Abend auch Mutti noch verklickert, warum das da nicht geht, warum nirgends sechs Stunden Büro geht. Jetzt die Entscheidung, deren Entscheidung, eine Entscheidung FÜR mich, nicht wie all die letzten Vorstellungsgespräche gegen mich. Andere führen 30, 40, 50 Gespräche, bis sie eine Zusage bekommen. Oder sie bekommen noch nicht mal dann eine. Mir selbst kürzlich am Küchentisch erklärt, dass für mich ein Vorstellungsgespräch mindestens so anstrengend ist wie für andere drei und dass es für mich okay sei, nicht so viele Bewerbungen zu schreiben. In Bewerbungen stecke ich wahrscheinlich noch mehr Energie und Anstrengung. Tränen, weil ich die Auserwählte bin, weil ich mich danach gesehnt habe, endlich irgendwo wieder dazuzugehören, nach dieser extrinsisch motivierten Tages- und Wochenstruktur, weil ich damit das Unmögliche schaffe, weil es ein Meilenstein, ein gigantischer Schritt zurück zu Teilhabe, Gesellschaft, Leben, Normalität ist, weil ich mich doch gerade im Laufe der letzten zwei, drei Wochen immer mehr abgewendet habe vom Angestelltsein... und dann, wenn ich es loslasse, wenn ich es nicht mehr will, wenn ich mich wohlfühle, arrangiere, es sogar genieße, das Wenigtun, das Zuhausesein, die Freiheit, die Selbstbestimmtheit, die Fortsetzung der Suche nach meinem Platz, dann bietet mir jemand diesen Platz an, befristete Stelle, aber sehr renommiert, kein Gehaltssprung (Single, kinderlos, viele Abzüge), aber Gehalt und keine Entgeltersatzleistung, Ende des Leistungsbezugs. Das sind keine Freudentränen. Das ist vielleicht Rührung, Anspannungsabbau, Erlösung... Ich freue mich nicht. Auch nicht Stunden danach. Um die Ecke von der Tamara-Danz-Straße denke ich sehr pragmatisch: Dann muss ich das wohl jetzt machen. Dann bleibt mir nicht mal mehr ein Monat Freiheit. Dann gibt es jetzt viel zu tun, um alles vorzubereiten. Ich denke, ich sollte das annehmen. Ich wollte doch unbedingt da arbeiten. Dann verschiebt sich die Selbstständigkeit noch um ein Jahr. Wenn das jetzt so kommt, soll das wohl so sein. In den Momenten der Verarbeitung dieser Zusage ist es schon wieder sehr viel vorstellbarer, irgendwas in irgendeinen Computer in diesem Büro zu tippen. Genau das, was mir doch kurz vorher noch Umdrehen des Magens verursacht hatte. Ich glaube, nachhaltiger als diese Zusage hat mich dann im Laufe des Nachmittags berührt, dass der Mann, mit dem ich letzte Woche Sex hatte, mich entweder gelöscht hat, das Match aufgelöst oder sich gelöscht, von tinder abgemeldet hat. Weg ist er. Ich habe keine Handynummer, ich kann auf keinem anderen Kommunikationskanal schreiben, dass eine Verabschiedung zumindest... Wozu? Seit ich Sonntag diesen anderen getroffen habe, denke ich beim Einschlafen immer an den. Mit dem hatte ich keinen Sex und es geht beim Denken auch nicht darum, sondern eher um Beziehungsgestaltung, um Essen, Fernsehen, sein Kind, Verreisen, Kuscheln... Wenn der mich löscht, könnte ich dem immerhin noch smsen. Wozu? Wie soll das laufen mit Arbeit und krebskranker Katze? Wie soll die verstehen, dass meine dann werktägliche längere Abwesenheit nicht bedeutet, dass ich sie gehen lasse, dass sie gehen darf, dass ich alleine klarkomme, denn ich brauche meine Katze, ich möchte nicht ohne. Trockenheit, Katze, ganz lange nichts und dann irgendwann kommen Arbeit wie auch Mann auf meiner Prioritätenliste. Ich möchte, dass mir meine Therapeutin morgen erklärt, was da mit meinen Gefühlen los ist. Warum kickt mich das Treffen mit dem Mann letzten Mittwoch so geil, die Anstöße, die er mir gegeben hat, warum bin ich da so gut drauf, tanze auf dem Bett, tanze am nächsten Tag wieder, mache eine gute Brandredeaussage am Freitag bei AA, bin selbstbewusst genug, Sonntag den nächsten zu treffen und aber dann so eine Zusage für einen wirklich jahrelang ersehnten Job, die kickt nicht, die lässt mich pragmatisch-sachlich-neutral-nüchtern bleiben.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1221 / Entgegengesetzt Anziehen
In Kleid, Feinstrumpfhose und Pumps zum Jobcenter. Der äußerliche Auftritt soll mich vorm innerlichen Einbruch bewahren.
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agatha-abstinent · 6 years
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Tag 1209 / Leck ma de Bollen - drei Frauen verschwunden!
Die vierte ausm Rückfall zurück. Die fünfte auch.
Ich habe gerade eine schwere Zeit. Und dass ich nicht saufen muss, kann ich mir selbst nicht erklären. Entgegen aller Prognosen und Statistiken. Trotztrocken mit zirrhotischer Seele.
Ich muss deswegen nicht die ARD boykottieren, ich muss deswegen nicht die WM boykottieren. Der Jugendschutzaspekt mag vorgeschoben erscheinen, weil es am Ende für mich darum geht, dass ICH nicht wieder anfange, mir dieses gelbe Giftgesöff mit Schaumkrone reinzuziehen. Weil's für MICH dabei um Leben und Tod geht.
Und doch bleibt das Streben danach, anderen, vor allem anderen Mädchen und Frauen, zu ersparen, sie zu bewahren davor, wie sehr Alkoholabhängigkeit mein Leben dauerhaft beeinträchtigt.
"Die doktern noch an ihr rum." Über meine Leberzirrhose-Mitpatientin gesprochen. Und das ganze Psychiatrische-Institutsambulanz-Team doktert auch weiter an mir rum. Gestern bei der Ergo. Was ich diese Woche noch geplant habe. Pläne können auch vor Rückfällen schützen. Die Einbindung in dieses psychiatrische Hilfssystem schützt. Die Einbindung in eine Selbsthilfegruppengemeinschaft ebenso.
Und trotzdem diese drei Frauen weg! Waren doch auch eingebunden. Noch viel regelmäßiger da als ich. Schnell wussten alle deren Namen, wenn sie sich meldeten, aufgeschrieben und aufgerufen wurden. Der heutige "Meetingleiter" weiß meinen immer noch nicht. "Svenja, nee, Ronja,..." Egal, ist ein anonymes Programm. Ich bin da nicht verletzt, enttäuscht oder gar empört. Dafür komm ich zu selten hier hin. "Ich bin ein Meetinghopper" neulich zu Cindy gesagt. Und das in dem Wissen: Meetinghopper haben eine schlechtere Abstinenzprognose. Eine Stammgruppe sorgt für mehr Stabilität. Die Schwierigkeit zu teilen schaffe ich mir selbst, indem ich fremdele nach längerer Abwesenheit. Aber ich gehe hin. Ich weiß, dass ich muss. Dass diese bleierne Schwere gestern mich an Tag 1083 erinnert hat.
Und dann das viele Bier in meinem Wohnzimmer! Überdimensional groß auf dem TV-Bildschirm. Klein, aber dafür sehr intim und nah dran auf tinder-Profilfotos, in Profilbeschreibungen. Das dringt auch ganz tief in mein Gehirn! Das prägt mich wie mich Bierflaschen auf dem Wohnzimmertisch zu Hause als Kind geprägt haben, wie mich Fußballstadien, Bandenwerbung, Programmsponsoren prägen. Suchtprävention könnte auch bedeuten, die semantische Nähe von Fußball und Bier aufzubrechen.
Ein alkoholfreies Bier unterscheidet sich Null Komma Null von einem alkoholischen. Es sieht aus, es hört sich an, es heißt wie Bier!
Drei Frauen verschwunden! In der Pause beichtet mir eine, die ich erst seit diesem Jahr kenne, ihren mehrtägigen Rückfall. Und ich dachte, die sei noch viel länger, stabiler trocken als ich.
Die ganze Busfahrt zurück durchgeheult. Über 30 Minuten lang. tumblr-Notizen geschrieben und geheult. Früher habe ich öfter Suchtdruck gespürt, öfter unter ihm gelitten. Inzwischen realisiere ich meist erst im Nachhinein: Das war craving gestern, das war knapp.
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Douglas Dare Swim https://www.youtube.com/watch?v=cf_TzTIatVA
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