#UnterWeißen
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mamjahid · 7 years ago
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#UnterWeißen #36: Positive Energie
Vor circa einem Jahr erschien mein Buch #UnterWeißen. Zum Jubiläum möchte ich mal eine Nörgelpause einlegen und an dieser Stelle positive Rückmeldungen teilen. Ich bekomme seit zwölf Monaten pro Tag ein bis zwei ausführliche Emails (meist über das Kontaktformular meines Blogs) zum Buch zugeschickt. Darunter finden sich – wie in den Sozialen Medien – hasserfüllte und rassistische Tiraden. Es gibt aber auch jene Leser/innen, die das Buch wirklich gelesen haben. Die hohe Bereitschaft zur Selbstreflexion aus einer weiß-privilegierten Position heraus lässt mein Autorenherz natürlich höher schlagen. Hier ein paar zufällig ausgewählte Zuschriften. Enjoy! <3  
März 21, 2018 um 07:23
Hallo! Ich wollte nur mal gern loswerden, dass mir Ihr Buch die Augen über mein weißes, privilegiertes Dasein geöffnet hat. Seit ich einen nicht biodeutsch aussehenden Freund habe, werde ich plötzlich ständig mit Rassismus konfrontiert. Es ist beschämend. Danke für das Buch und viel Kraft und gute Freunde, diesen Mist weiter auszuhalten und sich nicht kleinkriegen zu lassen. Viele Grüße
Februar 21, 2018 um 12:37
Guten Tag lieber Mohamed Amjahid, ich wollte nur ganz schnell ein Dankeschön hinterlassen für dieses Buch (Unter WEISSEN)! Ich bin sehr begeistert, es wird so wunderbar klar rassistische Normalität/weiße deutsche Norm dekonstruiert - (sehr sorgsam erklärt, um was es geht, was genau woran warum rassistisch ist, und das ganze sachlich und klar und straight (!) und dann auch noch unterhaltsam und in einer Sprache/Wortwahl, die viele Menschen verstehen können) - wie gesagt Danke!!! Ich finde es immer wieder nervig, zu merken (bei mir selbst und anderen) wie schwierig es scheinbar aus einer weißen Perspektive ist, rassistische Aussagen zu entkräften, die mit dieser weiß-europäischen Doppelbödigkeit (Aufklärung/Moderne/Fortschritt usw) verbunden sind und wie weiße Leute inklusive ich dann anfangen rumzu"eiern". Bei Ihrem Buch dachte ich die ganze Zeit, ja, genau, so klar kann es gesagt und argumentiert werden...! September 10, 2017 um 09:31 kein Buch hat mich in diesem Jahr so beeindruckt und zum nachdenken angeregt wie dieses. Ich brauche noch einige Zeit um ihr Buch zu verdauen und zu reflektieren in welchem angepassten Vakuum ich gelebt habe. Auch zu sehen das viele der Dinge die ich erlebe und erlebt habe eben nicht normal sind . Dankeschön dafür !!!!!
August 22, 2017 um 11:40
Sehr geehrter Herr Amjahid,
gerade habe ich Ihr Buch "Unter Weißen" beendet. Vielen Dank für diesen kritischen, dabei respektvollen, rationalen und teils humorvollen Beitrag mit einer Menge Details und Einschätzungen, die mir als "Biodeutschem" und sicherlich überdurchschnittlich priviligiertem Menschen wiederum ein Stück mehr die Augen geöffnet haben. 
Mit besten Wünschen für die Zukunft, Mai 7, 2017 um 20:03  Hallo Mohamed Amjahid, ich habe Ihr Buch fast durchgelesen und finde es ist ein wichtiger Beitrag - aufgrund seiner Aktualität, seiner Niederschwelligkeit, Ihrer Positionierung darin. 
April 26, 2017 um 16:52
Sehr geehrter Herr Amjahid,
am Samstag habe ich mal wieder eine Folge Forum am Freitag geschaut, in der Sie Ihr Buch vorgestellt haben. Das Thema hat mich fasziniert, und so habe ich mir noch am gleichen Tag das Buch gekauft. Am Montag war ich damit fertig. Es ist ein sehr gutes Buch, klug beobachtet, flüssig geschrieben, nicht übergriffig, und regt ohne erhobenen Zeigefinger zum Nachdenken an. Mehr als einmal fühlte ich mich ertappt. Vielen Dank dafür!
* Kursivierungen nachträglich eingefügt 
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mamjahid · 7 years ago
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#UnterWeißen #34: Am weißesten
Als ich mich in die Bibliothek der Maison-Heinrich-Heine im Herzen der Cité Universitaire von #Paris setzte, fing es an zu schneien. Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut, konnte ich doch endlich auch vor einem französischen Publikum mein Buch und meine Arbeit vorstellen. Jetzt weiß ich: Es war sehr wichtig zwischendurch wiedermal so eine Erfahrung zu machen, im Land, das ich provokativ als „der weißeste Ort in #Europa“ bezeichne. 
Nach wenigen Minuten (maximal acht) meldete sich eine junge Frau im Publikum. Sie hatte schon von Anfang an gezittert, ihren Kopf geschüttelt, die Augen verdreht, Grimassen gezogen – bei jedem Satz den ich aussprach. Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten und hielt einen kleinen Vortrag, um mir zu erklären, dass ich einfach nur falsch falsch falsch liege. Ich habe nicht verstanden, was ihre Message war. Sie wollte ein größeres Opfer als alle sein, fand es überhaupt überflüssig, die Geschichte aufzuarbeiten und wollte unbedingt über die Diskriminierung von Weißen in Algerien sprechen. Es klang alles etwas wirr. Ein Monsieur, der ganz vorne saß, fühlte sich daraufhin berufen, etwas zu sagen. Er hielt ungefragt einen kleinen Monolog und streute die Wörter Moschee, Scharia und natürlich ISLAM ein. Ein anderer Monsieur antwortete ihm: Moschee, Scharia, Islam. Ich machte mir als Anthropologe ein paar Notizen im Kopf. Die junge Frau meldete sich kurze Zeit später wieder, machte die Ansage, dass sie nun provozieren und über Minderheiten (das wahre Problem) reden wolle. Mir fehlten so ein wenig die Worte, hätte ich nie gedacht, dass eine französische Gesprächsdynamik dermaßen schnell solch aggressive und essentialistische Formen annehmen kann. Was ist nur los in #Frankreich? 
Dann meldete sich eine Studentin zu Wort. Sie lächelte und fragte, wie man sich als Weiße in Allianzen gegen Rassismus und Othering einbringen könne. Ich weiß nicht, ob sie ihre Frage bewusst stellte oder es mehr Zufall war. Aber sie brachte mich wieder, trotz Widerstand im Raum, auf das Hauptthema des Abends zurück: die Privilegien der Mehrheitsgesellschaft. Ich schaute in die hinteren Reihen. Da saß meine wunderbare Freundin Cécile und nickte mir anerkennend zu. Neben mir saß Valérie, die Moderatorin, die mich in ihrer Rolle unterstütze, manchmal ein präziseres Wort im Französischen einstreute, sich angenehm zurückhielt und doch einige Male klärend eingriff. Ich machte einen Witz, dass ich mir in Deutschland wünschen würde, als „Kartoffel“ beschimpft zu werden und nicht als hypersexualisierter Eselficker. Einige lachten, andere nicht. Die ungeduldige Frau, die weiterhin zitterte und zappelte, schob die Frage nach, ob ich es okay fände, als „Couscous“ bezeichnet zu werden. Da war die Diskussion aber schon beendet.   
Die Frau stand später mit den Messieurs beim Wein-Empfang im Foyer und regte sich über Mohameds wie mich auf. Ich weiß nicht, was sie im Einzelnen besprochen und abgemacht haben. WIR stapften nämlich kurze Zeit später durch den Schnee in die Stadt, um in Ruhe Allianzen zu schmieden. 
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mamjahid · 7 years ago
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#UnterWeißen #33: Hinter Gittern
Heute war ich im Knast. Ich war Gast in der Jugendarrestanstalt (schöne deutsche Sprache) in Berlin-Lichtenrade. Dort habe ich ein Dutzend junge Menschen getroffen, die mal große und mal kleinere Scheiße gebaut haben und deswegen bis zu vier Wochen auf ihre Freiheit verzichten müssen. Wir haben Kuchen gegessen und geplaudert. Am Tisch: Jungs (es waren ein paar mehr) und Mädels, zwischen 14 und 22, weiß und nichtweiß, aus armen (die meisten) und aus sozial stabileren Verhältnissen. Die meisten haben ihren Schulabschluss (noch) nicht geschafft. Aus Datenschutzgründen kann ich hier nicht mehr über deren Geschichten schreiben.
Mir ist aber wichtig festzuhalten, dass neben der individuellen Verantwortung, die diese jungen Menschen hinter die hohen Mauern der Anstalt befördert hat, die Gesellschaft als ganzes eine Mitverantwortung trägt. Ich habe heute mit Kindern sprechen dürfen, an die niemand oder nur wenige geglaubt haben und glauben – aufgrund ihrer (sozialen) Herkunft, ihrer Hautfarbe (!), ihres Habitus. Der eine nichtweiße Jugendliche meinte sogar, dass Racial Profiling verständlich sei – „weil 'wir' ja die meiste scheiße bauen“. Im Gespräch verstand er aber schnell, dass es auch kontraproduktiv sein kann und Menschen kaputt macht, wenn man sie aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft andauernd verdächtigt, herauspickt, stigmatisiert. Die diskriminierenden Strukturen haben sich in zu viele junge Köpfe festgesetzt. 
Bei denjenigen Jugendlichen, die mit mir ausführlicher gesprochen haben, konnte ich beobachten, wie eloquent, (selbst-)kritisch und auch streitlustig sie sind. Die weniger privilegierten weißen Kids hinter Gittern waren reflektierter als so mancher Professor in Freiheit. Es ist für uns alle ein Armutszeugnis, dass wir als Gesellschaft nicht mehr Ressourcen in diese Menschen „investieren“. Die Knausrigkeit der deutschen politischen Kultur wird uns alle noch viel kosten.  
Ich bedanke mich sehr für die Einladung und bei den Menschen, die sich um diese Jugendlichen kümmern. Mehr Infos, auch wie man den Förderkreis der JAA unterstützen kann, finden sich hier: http://www.arrest-im-kieferngrund-ev.de 
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #30: „This is part of democracy!“
This sunday Germany elects a new parliament. I got invited to some election parties and public viewings all over Berlin. Despite my journalistic impulse to be among other people, I decided to stay at home with close friends. At 6 p.m. (CET) bars will appear on the screen of my laptop: black, red, green, yellow, purple, blue and grey. While these bars grow, while TV-anchors move their lips to pronounce the results, while politicians will stand in front of their supporters to announce their defeat or victory, I don’t want to hear one specific sentence: „This is part of democracy!“
Too often (and mostly white people) lectured me about how (their concept of) democracy is equal to the right of voting for an ideological force that promotes as an entity and without shame antisemitism, racism, sexism and homophobia, fear and hate against minorities, the negation of basic human rights and decency and the destruction of the rule of law. In many white majority countries I usually jump into these conversations with verve and ready to digest arguments. Oh yes, I had so many of these fights in the past. They are exhausting. They often end with someone being offended.  
I live in Germany, I love my life there. Since I am not able to vote I have to watch other people deciding about my faith too. Apparently millions of them not even trying to understand what democracy means and more important: does 👏🏽 not 👏🏽mean 👏🏽. No no no. I want this sunday to be a nice sunday. I just want to sit with a good drink in my comfi pyjama on my comfi couch with my best friends and watch how a promised disaster will likely happen. I am rewarding myself with a safe space this sunday. We will close the laptop, chat about the results, the painful past and the uncertain future while preparing something spicy to eat.  
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #22: das christlich-antisemitische Abendland
In einem Gespräch wurde ich mal im dritten Satz meines unbekannten Gegenübers (ein einflussreicher Publizist) als Antisemit bezeichnet – weil ja alle Araber per se und qua Herkunft Antisemiten sein müssen.
Gerade eben beim Frühstück in einem Gästehaus in einem Dorf in Zentralitalien, in das ich mich zum Schreiben dieser Zeilen zurückgezogen habe, fragte mich die ältere Gastgeberin, was ich denn so von Juden halte. Als ich nicht direkt antwortete – denn ich weiß was immer danach kommt und warte manchmal ab – erzählte sie mir die wahre Geschichte vom 11. September 2001. „Sie haben im Erdgeschoss Bomben installiert, es hat Puff, Puff, Puff gemacht, dann ist der Turm in sich zusammen gefallen“, die italienische Mamma servierte mir eine heiße Schokolade und wunderte sich explizit, was ich für 1 Araber sei. Ich nickte nämlich nicht zustimmend, sondern packte alles Pädagogische in mir aus, um ihr eine Lektion in Sachen Antisemitismus zu halten. „Aber ihr Araber wisst es doch besser!“ Wir sprachen ein wenig über die Unrechtmäßigkeit der israelischen Besatzung nicht völkerrechtlich anerkannter Gebiete und ich bat sie darum, dass sie bitte gerne zwischen der israelischen Regierung und „den Juden“ differenzieren sollte. Ich wusste gar nicht, dass mein Italienisch für einen Vortrag dieser Art ausreichen würde. Hoffentlich habe nicht nur ich gerade etwas gelernt. 
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #24: Botschaftsgespräche I
In der bosnischen Botschaft in Berlin saß ich mal vor einem schlaksigen Mitarbeiter mit einem sehr dünnen Schnurbart. Er sah aus wie aus einem Stummfilm entsprungen. Seine Haare säuberlich zur Seite gekämmt. Ich balancierte etwas erhöht auf einem quietschenden Drehstuhl in seinem Büro. Er sank in einer alten, schwarzen Ledercouch mehrere Zentimeter unter mein Kinnniveau. Also schaute ich ungewollt auf ihn herab. Er konnte weder Deutsch noch Englisch. Ich kann kein Bosnisch. Dennoch versuchte er, mit Hilfe eines Mini-Taschenwörterbuches, seinen Fragenkatalog abzuarbeiten:
„Mohamed. Sie. 1992. Krieg?“
Ich schüttelte etwas verunsichert meinen Kopf, obwohl ich ja sicher im Jahr 1988 geboren bin. 
„Sie. 1992 – er blätterte lange im Wörterbuch – bis 1995. Waffen?“
Ich schüttelte meinen Kopf erneut.
„Sie. Terror. Serbien?“
Ich schüttelte nun während der nächsten fünfzehn “Fragen” einfach durchgehend den Kopf. Dann sagte er irgendwann: „Welcome to Bosnia-Herzegowina!“ Er schüttelte mir übertrieben die Hand und klebte einen blau-gelben Sticker in meinen Pass.
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #15: Heizkörper für Norwegen!
Im Jahr 1984 schlossen sich verschiedene, meist weiße Stars und Sternchen unter dem Namen „Band Aid“ zusammen, um ein Weihnachtslied für Afrika zu singen. Seitdem finden sich immer wieder neue singende Retter, um das Lied „Do They Know it's Christmas“ vorzutragen. Die meisten von ihnen sind weiterhin weiß. Diese Hilfe ist vielleicht gut gemeint und dennoch in einem etwas erweiterten Kontext zu betrachten. Hungernde Kinder in Malawi, Burundi oder im Niger sind auch eine Folge der Agrar- und Handelspolitik der USA und der EU. Die korrupten Eliten in vielen afrikanischen Ländern knüpfen an koloniale Praktiken der Ausbeutung an. Mit dem Kauf einer „Do They Know it's Christmas“-CD geht diese postkoloniale Sichtweise mit großer Wahrscheinlichkeit in den wohligen Gefühlen der Spendern unter.
Schwarze Aktivisten produzierten deswegen im Jahr 2012 eine Replik auf „Band Aid“. Sie baten bei ihrer satirischen Antwort um Zuwendungen für Heizkörper, die an frierende Norweger verteilt werden sollten. Mit dem Song, der im Internet millionenfach angeklickt wurde, sollte im Kern auf den „white saviour complex“ aufmerksam gemacht werden.
youtube
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #8: Das Token
Die libanesische Autorin Patricia Khoder schrieb einst einen Gastbeitrag, in dem sie ihre Sicht zu den Themen Migration und Flucht in Deutschland erklärte: „Auch wenn es inzwischen viele Nichtgläubige gibt, bleibt Deutschland im Kern doch ein christliches Land, mit Kirchensteuer, Weihnachtsmärkten und entsprechenden Feiertagen. Die meisten Flüchtlinge sind Muslime.“
Interessant war eine Begegnung mit einem Leser, der Khoders Artikel „mit Freude“ aufnahm und mich auf ihren Kommentar ansprach: „Eine Mehrheit von uns Deutschen denkt auch so, nur dürfen wir es nicht sagen – wegen der diktatorischen politischen Korrektheit.“ Der biodeutsche Leser zeigte sich erleichtert über diese „Schützenhilfe aus dem Orient“, denn nun könne er Khoder zitieren und müsse nicht selbst sagen, dass die ganzen Flüchtlinge sein Abendland islamisieren würden. Khoder, die natürlich jede Freiheit hat, ihre eigene Meinung kundzutun (genauso wie der Leser), wurde so zum Token gemacht. Also zur Nichtweißen, die für rassistische Zwecke von einem besorgten Bürger instrumentalisiert wird.
Tokens sind für die Mehrheitsgesellschaft nicht nur Kronzeugen von imaginierter Überlegenheit der einen Gruppe und angeblich "zurückgebliebenen Kulturen", sie sind auch Menschen, die vielleicht selbst von Rassismus (oder anderen Formen der Diskriminierung) betroffen sind – und sich dafür entscheiden, sich den diskriminierenden Strukturen hinzugeben bzw. die vereinnahmt werden.
Eine arabische Freundin, die als Wissenschaftlerin an einer Universität in Deutschland arbeitet, erzählte mir neulich von einem Workshop, den sie nach ihrem Umzug absolvierte. Sie war eine der wenigen nichtweißen Teilnehmenden und weil die anwesenden Sozialwissenschaftler auch zur Migration forschten, kamen sie schnell auf das Thema Rassismus. Meine Freundin erzählte ihren Kollegen, dass sie in den ersten Tagen in Deutschland das Gefühl hatte, man schaue sie komisch an. In der Bank wurde sie bei der Eröffnung eines Kontos mit einem gewissen Unterton ermahnt, schneller Deutsch zu lernen – zwei Wochen nach ihrer Ankunft. Im Kaufhaus verfolgte sie der Sicherheitsmann durch die Make-up-Abteilung und passte aufdringlich auf, dass sie nichts klaut. Sie war so etwas einfach nicht gewohnt.
Die biodeutsche Mehrheit im Workshop antwortete auf die Schilderungen meiner Freundin mit "einem Pakistaner". Der junge Wissenschaftler ist zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, wurde aber von der weißen Mehrheit im Workshop dennoch als „unser Pakistaner“ vorgestellt. Er musste als Beweis herhalten, dass es in Deutschland keinen Rassismus gibt. Meine Freundin beschrieb etwas erstaunt, wie „der Pakistaner“ in der Mitte saß, von den meist weißen Männern in der Runde aufgefordert wurde, die Ehre Deutschlands zu retten. Der zum Token gemachte junge Mann spielte etwas zögerlich mit und bestätigte, dass man eben nur hart genug an sich arbeiten müsse, dann könne man in Deutschland alles schaffen. Alle klopften ihm auf die Schulter.
Manchmal kommt es mir so vor als würden manche Tokens am liebsten ihre Hautfarbe ablegen, wenn sie im Gegenzug etwas Anerkennung bekommen. Dafür hätte ich sogar Verständnis.
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #10: SCHWABENHASS!!!!1!!11
Für den Begriff „Schwabenhass“ gibt es eigens einen Wikipedia-Eintrag. Die Enzyklopädie erläutert, dass mit dem Begriff „die Aversion gegenüber den etwa 300.000 in Berlin lebenden Schwaben“ gemeint ist. Im Jahr 2012 nannte der ehemalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse in einem nicht ganz ernst gemeinten Beitrag die Schwaben vom Prenzlauer Berg Integrationsverweigerer. Sie würden Brötchen als Wecken bezeichnen, anstatt das Ur-Berlinische Wort Schrippen zu benutzen. Und sonst seien sie dafür verantwortlich, dass die Mieten im Kiez steigen würden. Tststststs!  
Auf einer WG-Party kam ich Mitten in dieser aufgewühlten Debatte mit einer Schwäbin aus dem Prenzlauer Berg ins Gespräch. Oder besser: sie sah mich, suchte meine Nähe und hoffte darauf, dass ich ihre Gefühle verstehen würde. Nach der Aufregung rund um den Schwabenhass in Berlin, erschienen mehrere Debattenbeiträge, die diese Art des pauschalen Hasses verurteilten. Hass ist vielleicht das passende Wort für dieses Phänomen.
„So viel Rassismus gegen uns Schwaben“, sagte sie. Worauf ich ihr in der miefigen WG-Küche den Begriff Rassismus erklärte: Rassismus ist die Ideologie, dass Menschen, die einer anderen Kultur, einer anderen Religion oder mit einer anderen Hautfarbe weniger wert sind als das konstruierte Gegenteil von ihnen. Manche Rassisten nehmen dies als Grundlage, um Menschen zu unterdrücken. Deswegen müsse man, um effektiv Rassismus zu betreiben, auch in der Position sein jemanden zu unterdrücken. Rassismus funktioniert nur mit Macht. 
Die Schwäbin staunte während meiner Ausführung, wartete bis ich einen Punkt setzte und schnaufte mich mit rot angelaufenem Kopf an: „Ich dachte DU verstehst das!“ Sie war wütend, ganz klar. Sie wollte nämlich auch Opfer sein und am liebsten hätte ich ja mit ihr die Rollen getauscht. Sie ging aber ins andere Zimmer und ich war froh, dass wir noch nicht mal an den Punkt gekommen waren, nach Namen zu fragen. In der Küche hörte aber jemand anderes mit. Er war anscheinend kein Schwabe, solidarisierte sich aber mit seiner weißen Bekannten. Bevor er auch beleidigt ins Wohnzimmer verschwand, fragte er naheliegend was eigentlich mit den weißen Farmern in Zimbabwe sei. Diese unschuldigen Menschen würden enteignet und der Rest der Bevölkerung diskriminiere sie.
Ich wechselte daraufhin die Party – die Musik war auch scheiße. 
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #12: Frankfurt-Höchst, von Problemkumulation und Potenzialzusammenführung
Neulich fuhr ich wieder an meinen Geburtsort. Es hat sich über die Jahre nicht viel verändert. Ich setzte mich in eine Pizzeria am heruntergekommenen S-Bahnhof Höchst und lauschte, wie sich die Besitzer auf Italienisch über eine Gruppe marokkanischstämmiger Jungs beschwerten. „Sie bestellen zu viert EINE Pizza Margherita!“, schimpfte die Ladenbesitzerin.
Die Jungs sprachen laut: zu 33 Prozent auf Arabisch, zu 33 Prozent auf Tamazight, den Rest auf Deutsch. Die biodeutschen Gäste schauten sie skeptisch an – ein bisschen Angst mischte sich unter ihre Skepsis. Einer der Schüler, der wie seine Freunde nach der letzten Schulstunde nichts zu tun hatte, erzählte von seinem Traum – mit seiner Mama Silvester in London verbringen. „Ich bekomme aber das Visum nicht.“ Sie zogen an den Käsefäden und diskutierten in einer für die anderen unverständlichen Sprache, die ich hier übersetzen möchte: „Scheiße Bruder! Das macht mich wütend!“, antwortete zum Beispiel einer der Kumpels. Beim deutschen Wort "wütend" setzten die Weißen endgültig ihre Minus-Blicke auf.
Nichtweiße Kinder werden in Deutschland weiterhin „problemkumuliert“, wie mir eine befreundete Erziehungswissenschaftlerin mal den politisch-inkorrekten Fachbegriff erklärte. Er bezeichnet aber genau das, was in der deutschen Bildungslandschaft lange Tradition hat: Problemkumulation für den nichtweißen Nachwuchs und Potenzialzusammenführung für weiße Kinder. In Frankfurt-Höchst kennt man das nicht anders und wundert sich dennoch, dass "die" immer "unter sich" sind und "so reden, wie sie reden".
In meiner "Kita neun" in Höchst fand sich im Jahr 1995 zum Beispiel weit und breit fast kein weißes Kind. Da war dieser eine biodeutsche Junge. Er hatte das Down-Syndrom und am dritten Advent 1994 mein mit viel Liebe und noch mehr Smarties gebasteltes Lebkuchenhaus verspeist. Ich war traurig und wütend, hatte ich doch Tage an dem Kunstwerk gearbeitet. An diesem Weihnachten lernte ich aber das Vergeben. Renate, meine Lieblingserzieherin, in die ich ein bisschen verknallt war, erklärte mir, dass alle Kinder, egal wie sie aussehen, ob sie eine Behinderung haben oder nicht, gleich sind. Ich war dann plötzlich nicht mehr böse. Ich wollte der schönen Renate ja auch gefallen.
Die privilegierten Banker- und Beamtenkinder aus Frankfurt könnten wahrlich viel fürs Leben lernen in der "Kita neun".  
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #11: zurückbleiben, bitte!
Noch sechs Stationen. Ein angetrunkener Mann steigt mit zwei Chicks ein, wie er sie selber nennt. Ich nenne ihn Dirk. Unsere Blicke fallen auf den Bildschirm an der Decke mit der hyperaktiv flimmernden Werbung: „Deine Stadt. Dein Land. Dein Pass“, lautet der Slogan einer Einbürgerungskampagne. Ein Kopftuchmädchen beteuert, sie sei Deutsche – obwohl sie fünfmal am Tag bete. Ein schwarzer Mann informiert, dass er sich deutsch fühle und lächelt auf uns Fahrgäste herab. Was bedeutet das? Sich deutsch fühlen?
Dirk zieht seine graue Jogginghose über den Bauchnabel, er fühlt sich zu einer Predigt ermutigt. „Kanaken! Neger! Überall!“, schreit er. „Das ist nicht mehr mein Deutschland!“ Er zeigt auf mich. Ich erfülle ja die Norm nicht. Was soll ich nur tun?
Noch vier Stationen. Dirk hat sich mittlerweile als leidenschaftlicher Pegida-Anhänger geoutet. Dresden werde Deutschland retten. Vor was nur? Ein Raunen geht durch die Sitzreihen. Doch die meisten Fahrgäste schauen demonstrativ in die Ecken. Dirk bewegt seinen übergroßen Körper wie ein Schauspielschüler der seine Rolle übertreibt. Seine Chicks lachen im Chor, kauen auf rosa Kaugummi.
Nur noch zwei Stationen. Eine Schlagzeile im U-Bahn-TV aus dem Hause Axel Springer beinhaltet in nur wenigen Zeilen mehrfach die Wörter „Ausländer“ und „Integration“. Dirk rülpst laut. Der Biergeruch, der aus seinem Mund strömt, beißt in den Augen. Er vermischt sich mit dem Hubba Bubba seiner Begleitung. Dirk brabbelt Axel Springer etwas Unverständliches nach. Die Rassismus-Gala nähert sich der Endstation.
Noch ein bisschen Zivilcourage? Oder schnell weg hier? Letzte Chance, Mohamed! Warum tust du nichts? Warum tun die anderen nichts? Warum tust du dir das an? Warum bist du überhaupt hier? Warum lässt du dich beleidigen? Demütigen? Entmenschlichen? Steig jetzt aus, verlasse diesen Ort. Aber wohin?
Bevor ich aussteige, komme ich Dirk ganz nahe. Hinter ihm liegt die Tür. Ich schaue in seine blauen Pupillen. Er sagt nichts, macht mir Platz, aber nicht zu viel Platz. Ich drücke auf den grünen Knopf, trete aus dem Wagon aus, drehe mich um – und bleibe kurz stehen. Als das Warnsignal ertönt, die Lampen rot leuchten, sich die Türen schließen, streckt mir Dirk seine kurze Zunge entgegen. Er hat auf das Privileg gewartet, in Sicherheit zu sein.
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #13: Der weiße Retterkomplex im Film
Nach der Premiere des Films „The Help“ ging ich nachdenklich aus dem Kino. Die Handlung des gleichnamigen Romans erzählt vom Jahr 1963 in Jackson, Mississippi. Dort fand die Rassentrennung nicht nur statt, sie wurde wie eine Religion praktiziert. Die weiße Schauspielerin Emma Stone spielt in „The Help“ eine junge Journalistin, die schwarze Dienstmädchen dazu ermutigt, ihre rassistischen Erlebnisse mit ihr zu teilen. Im Jahr 1963 mussten schwarze Bedienstete im Süden der USA auf separierte Toiletten gehen. Mit dem Hinweis, dass ihre Körper unhygienisch seien, wurden sie wie Tiere behandelt. Die Journalistin im Film macht diese schockierenden und persönlichen Geschichten publik und trägt so bei, dass die Rassentrennung in den USA offiziell aufgehoben wird.
Es war ein Happy End, das mich ratlos hinterließ. In „The Help“ stehen nämlich nicht die Kämpfe der schwarzen Unterdrückten, sondern die gute weiße Bürgerin und ihre Hilfestellung für die ehemaligen Sklaven und ihre Nachfahren im Mittelpunkt → weißer Retterkomplex pur. Ein Grundmotiv in so vielen Filmen. Schauen Sie selbst: HIER KLICKEN. 
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #7: Alice Schwarzer
Schwarzers frühen Verdiensten für den deutschen Feminismus möchte ich zunächst meinen Respekt zollen. Es brauchte und braucht jemanden, der auf die Interessen von diskriminierten Gruppen aufmerksam macht. Heute beschäftigen sich Schwarzers Bücher, Artikel und ihr Magazin "Emma" aber häufig mit „den Anderen“, mit Frauen, die gerettet werden müssen vor Männern, die qua Hautfarbe und Herkunft böse sind.
In einem Text auf Schwarzers Blog mit dem Titel „Flüchtlinge: Sie fliehen vor den Islamisten!“ bemühte die weiße Feministin Anfang 2015 nichts Geringeres als das Deutschtum. Sie freute sich außerordentlich über eine Studie, die herausfand, dass 81 Prozent der Muslime Deutschland lieben. Patriotismus findet Schwarzer gut. Das ist an sich nicht schlimm, wenn sie sich deswegen freut. Dann geht Schwarzer allerdings dazu über, eine Dichotomie zu konstruieren: Wir (die Deutschen) sind die Guten, die anderen qua Herkunft, Kultur, Religion, Kleidung oder Hautfarbe die Schlechten.
„Wir HELFEN Flüchtlingen. Aber die FRAUENRECHTE dürfen nicht auf der Strecke bleiben“ titelte “Emma” Ende 2015. Hier verschwimmen Grenzen zu bestimmten Ideologien. Flüchtlinge werden schon alleine durch die genannte Titelzeile automatisch und pauschal in die Ecke der Unzivilisierten gerückt. Alice Schwarzer stilisiert sich bei der Rettung der muslimischen Frau als überlegen und zivilisiert, gegenüber allen Anderen und allein weil sie weiß ist.
„Sie kommen aus Kulturen wie dem Islam, in denen Frauen als minderwertig gelten. […] Sie sind überwiegend Araber, bei denen es, unabhängig vom Glauben, traditionell schlecht bestellt ist um die Frauenrechte“, schreibt Schwarzer im Editorial der genannten Ausgabe. Dabei ist klar, dass die weiße Feministin Schwarzer weniger über arabische Kämpfe von Feministinnen und Feministen weiß als sie vorgibt. Sie schadet dabei (bewusst) nichtweißen Frauen und dem Feminismus of Colour. Anstatt Allianzen einzugehen, werden selbstbezogen und rücksichtslos Gräben konstruiert. Und dann kommen noch vor dem "Hallo" Begegnungen wie diese bei heraus. 
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #6: Der weiße Feminismus
Bei einer Exkursion im Jahr 2008 besuchte ich mit einem Gender-Studies-Seminar eine Frauenrechtsorganisation. „Es gibt ja Kulturen, da werden Frauen mit Füßen getreten“, war einer der ersten Sätze, die ich dort gehört habe. Die Mitarbeiterin, ich nenne sie hier Michaela, fixierte mich dabei stets mit den Augen im kleinen, grauen Besprechungsraum. Ich saß nur zwei Stühle weiter von ihr entfernt und verstand damals nicht ganz, was eigentlich hinter ihrer augenscheinlichen Aversion gegen mich steckte. Ich schob ihre bösen Blicke und Kommentare auf mein Geschlecht, weniger auf meine Hautfarbe oder Herkunft.
Weil ich mehr über die Arbeit der Organisation erfahren wollte, fragte ich nach, ob ich einen Bericht über diese besonderen Feministinnen schreiben dürfe. Ich wollte den Text außerdem als Hausarbeit für das Seminar einreichen. Michaela blickte zunächst skeptisch auf mich herab, beriet mit ihren Kolleginnen und willigte dann doch zähneknirschend ein.
Sie begrüßte mich also ein paar Tage später zum zweiten Mal und begann das Gespräch, ohne dass ich eine Frage stellte: „Ich habe lange nachgedacht, ob ich überhaupt mit dir reden möchte.“ Mir war weiterhin nicht klar, worin das Problem bestand. Als bekennender Feminist fühlte ich mich unwohl in meiner Haut. Gewalt gegen Frauen und sexuelle Übergriffe von Männern betrachte ich als eins der größten Probleme unserer Gesellschaften. Ich nahm mir also vor, unbedingt zuvorkommend und höflich zu bleiben. „Ich weiß nicht ob gerade du das verstehst“, Michaela fixierte mich wieder mit ihren Augen und erklärte, dass sich Männer “wie ich” aber durchaus auch ändern könnten. Muslime müssten sich ohne wenn und aber in die deutsche Gesellschaft integrieren, hielt sie fest. Sie sah in mir also den Moslem, ohne mich nach meinem Glauben gefragt zu haben. Muslime waren für sie per se Frauenfeinde.
Als ich Michaela einige Tage später meinen Bericht zuschickte, klingelte kurz darauf mein Telefon. Sie erzählte mir, warum ich mich auf einem guten Weg befände, warum sie aber immer noch skeptisch sei, „ob ich so weit bin.“ Aufgeregt hatte sie vor allem ein an sich wenig spektakulärer Satz, der damals die Tatsachen in der Organisation beschrieb: „Ohne ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, Praktikantinnen und unhonorierte Einsätze der Referentinnen könnten die vielen Aufgaben nicht bewältigt werden.“ Am Telefon warf mir Michaela vor, dass ich “Frauen sabotieren” und als unprofessionell darstellen wollen würde – weil mir das halt so „in den Kopf gepflanzt“ sei.
Sie habe aber keine Zeit, um mich “zu heilen”, sagte sie daraufhin und erklärte mir dann, warum einige Kulturkreise aufgeklärt und andere vor sich selbst gerettet werden müssten. Nach einer knappen halben Stunde legte sie endlich auf.  
Die paternalistische Herabwürdigung von Michaela mir gegenüber ist nichts gegen das, was meine feministischen Freundinnen of Colour regelmäßig erleben. Im Kern praktizieren weiße Feministinnen das, was sie dem Chauvinismus (zu recht) vorwerfen.
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #9: "Unsere Werte"
Im Schnitt schaut mir ein Mal pro Woche eine weiße Person tief in die Augen und beginnt so zu sprechen: "Aber UNSERE Werte sind..." oder "WIR im Westen..." oder "... christlich-jüdisches Abendland..." und so weiter...
In Zeiten, in denen demokratisch gewählte Rassisten, Sexisten und Präsidenten mit kleinen Händen EURE Werte in destillierter Form ausleben und umsetzen, könnt ihr sie von mir aus auch gerne behalten.
Ende.
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mamjahid · 8 years ago
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#UnterWeißen #2: Mama, warum ist Jesus weiß?
Mitte des 19. Jahrhunderts ließ der mormonische Prediger Brigham Young einen riesigen Tempel aus weißem Granit und Sandstein in Salt-Lake-City im US-Bundesstaat Utah erbauen. Im Jahr 2012 bewarb sich der gläubige Mormone Mitt Romney um das Amt des US-Präsidenten. Damals dachten alle noch, dass es für das Amt des mächtigsten Mannes der Welt gewisse Mindestanforderung gibt und ich machte mich auf den Weg zu einer Reporterreise in die USA, um vom Wahlkampf zu berichten.
Gleich am ersten Tag in Utah sagte mir ein republikanischer Anhänger, dass der damals amtierende Präsident Barack Obama fehl am Platz sei: „Gott hat die Schwarzen nicht geschaffen, damit sie Präsidenten werden.“ Romney, sein Kandidat und Vorbild, habe die besten Chancen, die „von Gott vorgesehenen Verhältnisse“ wieder herzustellen. Der Mann argumentierte dann mit Jesus Christus, der ja auch ein Weißer gewesen sei. „Ich bin kein Rassist, ich befolge nur die von der Natur vorgegeben Wahrheiten. Jeder Mensch hat seinen Platz in der Gesellschaft.“
Ich fragte mich also wie es kam, dass ein nahöstlicher Messias von Natur aus und gottgewollt so aussieht, wie er uns nun mal aus Kirchenfresken und Kunstgemälden vertraut ist. Und wie Menschen daraus Schlüsse für unsere heutige Welt ziehen.
Von einer exklusiven Führung im Mormonentempel mit Schwester Jordan und Schwester Armstrong, zwei freiwilligen Missionarinnen mit Glitzer im Haar, erhoffte ich mir etwas Aufklärung. Und tatsächlich entführten sie mich in die Welt einer fast homogen-weißen Gesellschaft. Trotz Missionierungsgebot sind in Utah weiterhin neun von zehn Mormonen weiß. Schwester Armstrong stammt aus Wilhemshaven in Deutschland, Schwester Jordan war dagegen eine der wenigen nichtweißen Mormoninnen, die an diesem Tag Besucher durch den Tempel führten und überhaupt. Ihre Eltern stammen aus Mexiko.
Die Zusammensetzung der mormonischen Gesellschaft spiegelt sich in den Tempel-Fresken, Statuen und sogar im Buch von Mormon wider. Die Schrift wurde im Jahr 1830 vom Religionsstifter Joseph Smith zum ersten Mal veröffentlicht und beinhaltet auch Verse zum Thema Hautfarbe:
„Und er hatte wegen ihres Übeltuns den Fluch über sie kommen lassen, ja, einen schweren Fluch. Denn siehe, sie hatten ihr Herz gegen ihn verhärtet, so dass es wie ein Kieselstein geworden war. Deshalb, da sie weiß waren und überaus anmutig und angenehm, ließ der Herr, Gott, damit sie für mein Volk keinen Anreiz mehr hätten, ihre Haut schwärzlich werden.“
Diese exotisierende Dichotomie von sündigen Nicht-Weißen und gottesfürchtigen Weißen wurzelt in Vorstellungen aus dem aufgeklärten Europa des 18. Jahrhunderts. Schon die französischen Maler Eugène Delacroix und Jean-Auguste-Dominique Ingres projizierten in ihren Gemälden Phantasien der Wollust auf nichtweiße Körper.
Alles was damals im Okzident als Sünde galt, lebten die Orientalen angeblich aus: Sex, Alkohol, Faulheit, eine Laissez-Faire-Mentalität. Diese europäische Vorstellung vom Orient, machte viele Nichtweiße zu schlechten Menschen. Obwohl die sündigen Geschichten in ausgeschmückten Harems und über Sexorgien an Bosporus und Jordan viele erfundene Episoden beinhalteten, kreierten sie bis heute allgegenwärtige Bilder und Vorurteile von unseren Körpern in unseren Köpfen. Da gibt es Parallelen zur Konstruktion von speziellen Vorurteilen über schwarze Menschen und deren aktiven Ausschluss aus der weißen Gesellschaft – und das auch noch vor den Augen Gottes.
Schon der kleine Mohammed Ali bekam dies zu spuren. Als das Kind, das später der berühmteste Boxer in der Geschichte der Menschheit werden sollte, eines Sonntags mit seiner Mutter in die Kirche ging, fragte es nicht nur nach Jesus, sondern auch nach den vielen weißen Engeln auf den Gemälden und Fresken im Stammgotteshaus der Familie in Louisville, Kentucky.
„Wir Schwarze kommen auch in den Himmel“, beruhigte ihn seine Mama. „Super. Alle schwarzen Engel bereiten bestimmt die Milch und den Honig in der Paradiesküche vor“, antwortete der junge Mohammed Ali. Dabei war allein schon die Frage des jungen Cassius, der sich als Erwachsener wegen seiner muslimisch-afrikanischen Wurzeln in Mohammed umbenennen wird, revolutionär.
Die Nichtweißen im Buch von Mormon waren allerdings vor ihren sündigen Taten „weiß, anmutig und angenehm“ – Gott bestrafte sie mit schwarzer Haut. Ironiefrei war das ein hartes Urteil von ganz oben. Über eine Treppe gelangen die Missionarinnen und ich zum Highlight unter dem Dach des Tempels: ein überdimensionaler Jesus aus glänzend weißem Granit. Vor der langgezogenen Decke, die mit Wolken, Sternen und Planeten geschmückt ist, ergibt der Messias ein beeindruckendes Bild dieser destillierten Form des Abendlandes. Er lädt mit ausgebreiteten Armen zum Seelenfrieden ein. Seine blauen Augen, seine blonden Locken, seine feinen Gesichtszüge, so wie sie millionenfach dargestellt wurden, sie beruhigen und hypnotisieren.
„Warum ist Jesus eigentlich weiß?“, frage ich.
„Damals haben sich die Menschen Jesus als Weißen vorgestellt. Sie waren ja alle weiß. Jesus ist deswegen weiß. Das ist gut so“, erklärt die deutsche Schwester Armstrong. Sie hat ihre Hände auf die Hüften gelegt.
„Was meinst Du, Schwester Jordan?“
„Ich weiß es nicht. Das ist eine gute Frage. Ich habe sie mir nie gestellt.“
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