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#Stefanie Rüther
fabiansteinhauer · 5 months
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Letter
Immer dann, wenn ich Stefanie Rüther begegne, werde ich daran erinnert, dass ich allgemein ein Glückspilz bin und besonders vor einiger Zeit aus dem akademischen Prekariat heraus in irritierenden Luxus katapultiert wurde. Stefanie ist nämlich nicht nur die, aus dem der Luxus besteht, sie ist nicht nur Luxus: Die ist auch eine derjenigen, wegen derer der Luxus Luxus ist.
Stefanie ist Historikerin, dazu aber noch Forschungskoordinatorin am MPI. Will man sich über Repräsentation unterhalten: ab zu Stefanie Rüther. Auf der Tagung zu Lettern wird Stefanie über Passierschein (Passierschein A38) sprechen, Mein Herz hüpft, sind die Passage und der Schein doch so mit das Schönste, was man haben kann. Was passiert und passieren lässt ist musterhaft, geradezu glitzerhaft scheinend, Passierschein ist wie Welpen und Kinder, wie erster Schnee im Oktober, wie plötzlich offene Kastanienblätter im April, wie Bodennebel im August und Bärlauch im März, ist also so zauberhaft, so minimal und magisch in einem, wie die Letter(n), wegen derer wir die Tagung veranstalten.
Passierschein: Mit Stefanies Beitrag, so glaube ich, wird die Tagung so richtig im Mai angekommen sein. Ist der Passierschein A38 so etwas wie eine Fiktionsbescheinigung, ist Passierschein Flugzeug? Komisch, komisch, komisch, aber nicht nur komisch. Stefanie weiß die Antworten - mit denen sich Rom erobern lässt. In den deutschen Quellen heißt es, dass dieser Passierschein aus Institutionen stamme, die verrückt machen würden. Im englischen heißt es aber treffender, dass er aus Institutionen stammt, "that send ... mad", die verrückt senden, schicken, missionieren oder aber verrückt verkehren würden. Beide Übersetzungen sind definitiv tautologisch, also definitiv, dafür auch tautologisch. Der Passierschein A38 ist ein Verwandter der Novelle 146. Wie mit ihr, so erscheint mit ihm eine Passage des römischen Rechts, eine zur Verrückung.
Das ist der erste Beitrag am Montag, der für mich eine Überraschung sein wird, obwohl ich als Kinobesucher zwar nicht mit allen Wassern gewaschen, aber doch von den meisten Lichtern schon beleuchtet wurde, auch von Asterixfilmen. Habe zur Vorbereitung des Vortrages mir noch einmal die berühmte Sequenz zum Passierschein A38 aus Asterix erobert Rom angeschaut, die ist erstaunlich quellentreu, teils wie abgemalt aus der notitia dignitatum. Es gibt dort sogar eine Schaukel- oder Pendelszene, die Filmemacher kannten wohl nicht nur die Quellen, auch die Sekundärliteratur (also Warburg!). Szene geschaut: jetzt bin auf diesen Beitrag von Stefanie noch mehr gespannt. Ich habe bisher durch Ramdösigkeit die Vorträge von Stefanie verpasst, bekomme immer nur den sprühenden Überschuss bei allen anderen Treffen und auf dem Flur mit und kenne ihre Texte. Jetzt gibt es für mich endlich mal Stefanieforschung pur und live. Mit anderen im gleichen Zeit-, Denk- und Spielraum sitzen, dort aus Lettern Lettern machen: darum bin ich an der Wissenschaft hängen geblieben. Knabbern und Denken ist halt schon schön, da fällt mir gerade ein: muss noch Konfekt und Kartoffelchips für Montag besorgen.
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fabiansteinhauer · 7 months
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Operative Praxis
1.
Am Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie hat sich eine informelle Gruppe gebildet, die Vismann-Studien aufgreift und weiterführt. Vismann-Studien nennen wir Studien zu den juridischen und juristischen Kulturtechniken, das heißt zur normativen, kooperativen und rekursiven Anlage des Rechts. Was Karl-Heinz Ladeur die "operative Praxis des Rechts" nennt (und auf die historischen Forschungen von Yan Thomas und Bruno Latour bezieht ), das beziehen wir weiter noch auf zeitgenössische Forschungen von Cornelia Vismann und diejenigen, die sich von ihr haben inspirieren lassen.
Diese informelle Gruppe ist Teil der Theoriemosaik, der Marietta Auer in der Abteilung für Rechtstheorie mit Mitteln des Leibnizpreises den Boden bereitet hat. Im letzten Jahr startete die Gruppe mit einem von Ricardo Spindola, Panu Minkinnen und mir organsisierten Workshop zu Recht und Anthropophagie, in dem es um Techniken vaguer Assoziation und ihr Verhältnis zur brasilianischen Moderne ging. Panu Minkinnen hat im Januar eine Tagung zu Cornelia Vismann in Helsinki organisiert. Nun greifen wir das Projekt der Vismann-Studien wieder und größer in Frankfurt auf.
2.
Im Mai findet die nächste Tagung statt, die nun von Nathaly Mancilla Ordenes (Helsinki), Ricardo Spindola (Frankfurt am Main), João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) und mir, Fabian Steinhauer, organisiert wird.
Diese Tagung widmen wir Lettern, also unter anderem Buchstaben, Briefen und anderen kurzen oder knappen Unterlagen. Letter definieren wir als minore Objekte, die etwas lassen, indem sie gelassen sind. Letter sind Objekte einer Rekursion, durch sie und dank ihrer geht ein Lassen, das aktive und passive Züge hat und diese Objekte auch als Medien der Rekursion erscheinen lässt.
Wir interessieren uns auf der Tagung für alle Weisen des Lassens (auch das Hinterlassen, Überlassen, Entlassen, Auslassen, Unterlassen, Verlassen) und damit auch für alle Weisen der Lässigkeit (auch die Nachlässigkeit, Zulässigkeit oder Verlässlichkeit). Letter wollen wir als ermöglichende Objekte begreifen. Als minore Objekte sind Letter Unterlagen oder Situierungen. Ein phänomenologischer oder ontologischer Zugriff auf Letter wäre also gleichzeitig Zugriff einer situativen Phänomenologie und Ontologie.
Ein minores Objekt ist ein kleines, niedriges, schwaches, kurzes, unteres oder leichtes Objekt. Der CfP zu dieser Tagung wurde im Hinblick auf die normative, kooperative und rekursive Anlage der Forschung selbst als Letter versendet - und reagiert wurde deutlich, implizit und explizit.
Als Gäste der Tagung begrüßen wir Anna Polze (Bochum) mit ihrer Forschung zu forensic architecture und Tischeffekten, Stefanie Rüther (Frankfurt) mit ihrer Forschug zu Passierscheinen, Anna Clara Lehmann Martins (Frankfurt) mit ihrer Forschung zum kanonischen Recht, Migration und Bescheidenheit , Claas Oberstadt (Berlin) mit seiner Forschung zum transatlantischen Sklavenhandel und Listen, Friedrich Weber-Steinhaus (Berlin) mit seiner Forschung zu Karl Krauss' Akten, , Ari Marcelo Solon (Sao Paulo) mit seiner Forschung zu Carl Schmitt und Hieronymus Bosch, Arthur Barrêtto de Almeida Costa (Frankfurt) mit seiner Forschung zu Assessment Centern und Wissenschaft, Andityas Soares de Moura Costa Matos (Coimbra) mit seiner Forschug zu Andreas Alciatus und Alchemie, und Ino Augsberg (Kiel) mit seiner Forschung zu Luthers Sendbriefen
Die Organisatoren ergänzen das Programm, João Tiago Freitas Mendes (Bruxelles) mit seiner Forschung zum Sozialbaren, SimpliCity und Fluginstruktionen, Ricardo Spindola mit seiner Forschung zu den flatterhaften Anfängen des Bundesverfassungsgerichtes, Nathaly Mancilla Ordenes zu Eigenheiten der Briefe und ich zu zwei Lettern auf Aby Warburgs Staatstafeln (nämlich einem Kardinal und einem Scharnier).
Die Gäste und Gastgeber werden also ihre historischen und theoretischen Forschungen zu Lettern vorstellen, das sind in dem Fall teilweise Briefe, teilweise Buchstaben und Satzzeichen, teilweise Bilder. Die Tagung ist babylonisch, mehrsprachig, unter anderem wird dort englisch, portugiesisch und deutsch gesprochen - als übersetzende Basslinie werden englische Passagen mitgeliefert.
3.
Wir gehen davon aus, dass Vismanns Arbeiten zu den Akten bereits Arbeiten zu minoren Objekten sind, sprich: dass auch die Akte als ein Letter in Betracht kommt. In den letzten Jahren ist in der internationalen Rezeption der Arbeiten unserer ehemaligen Kollegin eine 'kreative Praxis' der Grundlagenforschung zu Geschichte und Theorie des Rechts deutlich geworden: Die Leute experimentieren, ohne sich wechselseitig Geltung zu versichern. Mehr noch als die Arbeiten von Yan Thomas zeigen die Arbeiten von Marta Madero (die methodisch allerdings an Yan Thomas anschließt), dass die operative Praxis des Rechts eine kooperative Praxis und diese Kooperation ein Händeln oder Bestreiten ist, das mit einem Verkehr oder einer Verkehrung von oberen und unteren Schichten einhergeht. Marta Madero hat die kooperative Praxis des Rechts anhand eines Objektes mit zwei Lagen oder Schichten untersucht, nämlich anhand des Objektes, das lateinisch tabula picta (angepinnte Tafel; englisch painTing) und mit deutschem Schmelz einfältig 'Bild' genannt wird. Madero zeigt in ihren Arbeiten zum 'Bildrecht', dass dasjenige, was Anspruch auf Systembildung erheben könnte, eine Verkehrbarkeit und Verkehrsfähigkeit von Lagen ist, eine situative Mobilität, die durch Objekte läuft, die wiederum wie von einem Scharnier durchzogen sind, anders gesagt: von einer Falte, die das Objekt nicht nur zu einem Grenzobjekt (boundary object) macht, an dem das rechtliche Wissen mit anderem Wissen und anderem als Wissen geteilt wird, sondern auch zu einem diplomatischen Objekt, an dem verhandelt und in kontrahierenden und distrahierenden Details alles bestritten werden kann.
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