#Religiosität
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mercedes-lenz · 1 year ago
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denkst du lenz und hölderlin würden viben?
auf jeden fall !!
erstmal schon wegen grundlegenden gemeinsamkeiten wie dass sie viel und oft wandern, nähe zu religiosität und wahnsinn vor allem da denke ich dass es oft momente gibt in denen man nicht verstanden wird aber sie würden sich verstehen
außerdem sind die beiden sehr klassizistisch unterwegs. zwar hat lenz eher lateinische literatur übersetzt, statt griechische wie hölderlin, aber er konnte auch sehr gut griechisch und hat (wie hölderlin) antike stoffe stark rezipiert (bei den übersetzungen natürlich, aber auch in seinen gedichten zb piramus und thisbe oder pygmalion oder generellen anspielungen die er in seinen werken macht).
vor allem denke ich aber, dass ihr kunstverständnis ähnlich ist, was natürlich ein bisschen schwer zu vergleichen ist, weil zetilich zwischen den beiden viele für die entwicklung der philosophischen ästhetik wichtige schritte liegen. die 1770er, 80er und 90er waren einfach die prime time für die ästhetik.
kurz gefasst: lenz sieht die kunst als "erste[n] trieb" der menschen wie gott zu schöpfen, nachdem sie das schöne in der natur erfahren haben, was "der Beweis eines unendlich freihandelnden Wesens ist" [Anmerkungen über das Theater - Lenz]. für hölderlin kann die freiheit, die für ihn die den menschen eigentümliche eigenschaft ist, die wir verwirklichen müssen um die höchste glückseligkeit zu erlangen, nur durch das erfahren und damit einhergehende schaffen von schönheit d.i. kunst erreicht werden. das ist jetzt ganz grob zusammengefasst haha aber viele der gedankengänge findet man im hyperion und da vor allem auf der überfahrt nach athen und wenn ihr sonst nichts von hölderlin lest dann doch bitte das <3 [für die fahrt nach athen müsst ihr einfach nach ganz unten scrollen, es ist das letzte kapitel in dem teil]
sie sind auf jeden fall unterschiedliche menschen aber sie sind beide klassizistische idealisten also abschließend ja ich denke sie würden viben !
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possenrreisser · 2 years ago
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"Religion und Naturwissenschaft - sie schließen sich nicht aus, wie manche heutzutage glauben oder fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. Wohl den unmittelbarsten Beweis für die Verträglichkeit von Religion und Naturwissenschaft auch bei gründlich-kritischer Betrachtung bildet die historische Tatsache, dass gerade die größten Naturforscher aller Zeiten, Männer wie Kepler, Newton, Leibniz von tiefer Religiosität durchdrungen waren."
Max Planck
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denk-weisen · 27 days ago
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NUR NOCH BIS MORGEN GÜNSTIGER: Die Dankbarkeit Challenge für mehr Reichtum auf allen Ebenen. 21 Tage, 21 Videos.
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inkognito-philosophin · 1 month ago
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Was bedeutet Glück in der Ethik?
Glück kann man haben. Wenn man im Lotto gewinnt. Darum soll es jetzt nicht gehen. Und: Glücklich kann man sein. Wenn man ein Leben führt, mit dem man zutiefst einverstanden ist. Ohne im Lotto gewonnen zu haben. Dieses Glück meine ich. Im Englischen gibt es für glücklich zwei Begriffe: lucky und happy. Der Lottogewinner ist lucky, der zufriedene Mensch im Einklang mit sich selbst ist happy. Im Spanischen gibt es analog suerte (tengo suerte – ich habe Glück) und feliz (estoy feliz – ich bin glücklich). Der Lateiner unterscheidet zwischen fortuna und felicitas, die romanischen Sprachen übernehmen dies (etwa im Französischen fortune und felicité). Im Deutschen gibt es Glück und (etwas veraltet) Glückseligkeit. Diese ist hier gemeint, auch wenn kurz und bündig von „Glück“ die Rede ist, ohne Seligkeit.
Glück als Konzept der Moralphilosophie aufzufassen, liegt einerseits nah und andererseits fern.
Nah liegt es, weil wir in der Ethik über Prinzipien menschlichen Verhaltens sprechen und diese ohne Berücksichtigung anthropologischer Grundlagen nicht sinnvoll formuliert werden können. Schließlich kann man moralisch nur gebieten, was faktisch möglich ist.
Es wäre schlicht absurd, wenn man sagte: „Du bist ein böser Mensch, wenn Du nicht mindestens einmal monatlich zehn Meter weit springst!“ Was man tun soll, muss man tun können. Und – in gewisser Weise – auch tun wollen. Die Frage, was man Menschen – eingedenk ihrer Natur – überhaupt an Moral zumuten kann, gerät damit in den Fokus.
Fern liegt die Beachtung des Glücks in der Ethik aber aus einem ebenso überzeugenden Grund: Moralisch ist u.U. auch das geboten, was nicht unbedingt und schon gar nicht unmittelbar glücklich macht.
Für Moralität gibt es andere Gründe als den Willen: Vernunft, Notwendigkeit, Offenbarung. Nicht immer ergibt sich aus moralischem Handeln ein Glücksgefühl. Kaum jemand will Steuern zahlen, sich mit Obdachlosen unterhalten oder einem störrisch-aggressiven Demenzkranken stundenlang Gesellschaft leisten. Und dennoch sehen wir ein: Es ist gut, genau das zu tun.
Wenn man nun das Glücksstreben als anthropologische Konstante und das Glück als Zielgröße des persönlichen Lebensvollzugs ansieht (und das muss man wohl), erfährt der Begriff seine ethisch relevante Spannung darin, dass ein solcher individualistischer Entfaltungszwang allgemeinen moralischen Imperativen zuwider läuft. So entstehen die klassischen Antagonismen der Moraltheorie: „gutes Leben“ vs. „gerechtes Leben“, aristotelische eudaimonia vs. kantische Pflicht.
Immanuel Kant entwickelt im Umfeld des preußischen Pietismus sein Konzept einer deontologischen Ethik, die bei ihm autonom begründet wird (kategorischer Imperativ) und nicht als tradiertes heteronomes Gebot ihre Wirkung entfaltet (Dekalog). Er trägt damit seiner Abneigung gegenüber neuen eudämonistischen Strömungen Rechnung, die mit dem frühen Utilitarismus Benthams aus England auf den Kontinent hineinzubrechen drohten: Pflicht und Gebot statt happiness und pleasure.
Das Problem ist jedoch: Nicht nur, dass das Gute und das Glück damit auseinander fallen, auch werden die Liebe und andere Tugenden zur Pflicht gemacht, nachdem sie ihrem christlichen Kontext entzogen wurden, in dem sie zwar ebenfalls normativ wirken (Jesu lex nova ist ja auch ein Gebot und nicht bloß eine unverbindliche Empfehlung zur Lebensführung), im Grunde aber Folge der Religiosität sind, insoweit der Mensch sich Gott zuwendet und dann Gottes Liebe, die Hoffnung, die der Mensch in der Gottesbeziehung erfährt, das Gute, das ihm von Gott geschenkt wird etc. weiterträgt.
Bei Kant werden sie nicht mehr um ihrer Selbst willen und wegen ihres Offenbarungsgehalts (und damit ihres glücksstiftenden Moments), sondern als Konsequenz der Gebotstreue verfolgt. Es gilt nicht mehr: Werde glücklich durch ein tugendhaftes (=gutes) Leben, sondern: Die Gebote sind gut, sie zu befolgen ist deine Pflicht. Das Glück spielt keine Rolle mehr, es ist aus der Moral ausgeklammert. Ein gefährliches Unterfangen, denn wir können – wie vorausgesetzt wurde – ohne das Streben nach Glück nicht leben.
Wir müssen dieses als anthropologische Konstante berücksichtigen. Andererseits können wir auch ohne verpflichtende Moral nicht leben – ein echtes Dilemma. Bei Kant findet sich in der Befolgung des Sittengesetzes noch eine Spur des Glücks. Moralisches Handeln geschieht zwar prinzipiell aus Pflicht, doch verursacht es eine tiefe innere Gefühlsregung, eine Bewegtheit, die Kant Achtung nennt. Diese Achtung vor dem Sittengesetz, die jeder Mensch empfindet, baut eine Brücke zur teleologischen Ethik des Glücksstrebens.
Diese Brücke wird jedoch bereits viel früher gebaut, stabiler als bei Kant, wo sie eher brüchig und schwankend wirkt, über den tiefen Schluchten der motivationalen Unterbestimmtheit des kategorischen Imperativ. Die natura humana, wie sie bei Thomas von Aquin beschrieben wird, ebnet einen breiten Weg für das Verständnis von Ethik „von innen heraus“ und ergänzt damit den äußerlichen Aspekt der gebotsorientierten Moralphilosophie und -theologie.
Mehr noch: Sie wird zum Lebensgesetz, das allen Tugenden sowie allen Gesetzen und Geboten vorausgeht. Der Widerspruch von Tugend und Pflicht in den Grundkonzepten Strebens- und Sollensethik wird aufgebrochen, wenn mit Verweis auf dieses Lebensgesetz gezeigt wird, dass die Gebote Gottes der menschlichen Natur, d. h. den Bestrebungen unseres Seelenvermögens entsprechen, und dass der Mensch qua natura auf das Gute und die Wahrheit ausgerichtet ist, was das eigene Glück und Wohlbefinden einschließt.
Das Streben nach Glück und das Vollziehen des Guten stehen also – wie Thomas behauptet – nicht im Widerspruch zueinander, sondern sie bedingen sich wechselweise. Drei Dinge sind dabei für Thomas entscheidend:
1. Die Glückseligkeit als das letzte Ziel (das übernimmt er von Aristoteles).
2. Das Gute als Ausdruck des Glücks (das ist ebenfalls Gedanke der eudämonistischen Ethik).
3. Die Erfüllung des menschlichen Glücksstrebens im Glauben an Gott; die Glückseligkeit besteht in Gott.
Damit macht er den aristotelischen Ansatz für das Christentum passend (ein Vorgang, der sein Denken insgesamt kennzeichnet). Thomas schreibt: „Die Glückseligkeit ist nämlich das vollkommene Gut, das das Streben gänzlich erfüllt. Es wäre sonst nicht das letzte Ziel, wenn noch etwas Erstrebenswertes übrig bliebe.
Das Objekt des Willens, das heißt des menschlichen Strebens, ist das allgemeine Gute, so wie das Objekt des Intellekts das allgemeine Wahre ist. Daher ist klar, dass nichts anderes als das allgemeine Gute den Willen des Menschen zur Ruhe bringen kann. Dieses findet sich nicht in etwas Geschaffenem, sondern allein in Gott, denn jedes Geschöpf hat Gutsein nur durch Teilhabe. Folglich beseht die Glückseligkeit des Menschen allein in Gott“ (Summa theologica, I-II q. 2 a. 8).
Thomas von Aquin bringt Freiheit – verstanden als „Freiheit zum Guten“ – und Glückseligkeit zusammen, indem er die aristotelische Verbindung von Glück und Moral anthropologisch begründet: Das Streben nach dem Glück und dem Guten sind verschiedene Ausdrücke der einen menschlichen Natur.
Das natürliche Sittengesetz ist somit ein inneres, es ist dem Menschen in Herz und Verstand geschrieben, auch wenn es sich in äußerer Gebotsform ausdrücken lässt, wie etwa in der Goldenen Regel. Die Natur des Menschen weckt die Tugenden und liefert damit die Bedingung der Einsichtsmöglichkeit in die Gültigkeit der moralischen Regeln, die nicht vermittelt, gelernt und befolgt werden könnten, wenn nicht im Menschen die entscheidende Triebkraft ihrer Anerkennung läge. Die anthropologische Betrachtung und die Bewusstmachung, was der Mensch ist, geht damit der Ethik voraus.
Thomas identifiziert als Grundlagen des natürlichen Sittengesetz zentrale Neigungen der natura humana, die Neigungen zum Guten, zum Lebenserhalt, zur Sexualität, zur Wahrheit und zum Leben in Gemeinschaft. Hier zeigt sich, was das Glück des Menschen inhaltlich ausfüllt. Grundsätzlich kann damit für die christliche Ethik eine Rückbesinnung auf die aristotelisch-thomistische Tradition des Strebens nach Glück und dem Guten und eine Abkehr von pietistischer Gebotstreue angeregt werden.
Dies bedeutet aber keine Naturalisierung der Ethik oder Aufhebung der Moraltheorie durch den Fehlschluss vom Sein auf das Sollen, sondern die Notwendigkeit einer Klärung des Menschenbildes vor einem Diskurs über Werte und Sittlichkeit, ein Bewusstwerden, dass die Verinnerlichung des äußeren Gesetzes nur möglich ist, wenn das Gesetz wiederum Ausdruck der inneren Anlagen ist, d. h. letztlich die Erkenntnis, dass die Beziehung von Pflicht und Glücksstreben von letzterem ausgehen muss und auch ausgehen kann, da das Verlangen nach dem Guten und der Wahrheit jedem Menschen zu eigen ist, so wie das Streben nach Glück.
Damit fällt das Streben nach dem Glück, dem Guten und der Wahrheit in einem harmonischen Dreiklang zusammen, Gesetzestreue geschieht folglich aus innerem Antrieb, weil man das in der Norm geforderte Handeln schon aus eigener Einsicht für erstrebenswert hält. Das Sollen erweist sich nicht als Gegensatz, sondern als stimmiger Ausdruck des Wollens, zumindest soweit der Wille nicht auf Triebe, spontane Wünsche und Neigungen beschränkt bleibt, sondern diese Gefühle reflektiert und zu weitsichtigen, gereiften Entscheidungen fähig ist. Harry Frankfurt prägte zur Differenzierung der beiden Willensarten den Begriff der „Volation erster und zweiter Ordnung“, der den Wunsch nach unmittelbarer Triebbefriedigung von der kritisch-reflexiven Auseinandersetzung mit den Folgen der Wunschrealisation unterscheidet. Wer etwa eine Diät macht, kann trotz des großen Wunsches, das Körpergewicht zu reduzieren, den spontanen Wunsch haben, ein Stück Sahnetorte zu essen.
Dieses wäre eine Volation erster Ordnung, jenes eine Volation zweiter Ordnung. Insoweit erzeugt das pflichtbewusste Regelfolgen die tiefe Freude, die das Glück des Menschen ausmacht und damit seinem natürlichen Glückstreben gerecht wird. Erst die Befolgung des Gesetzes (Sollen) löst damit die Hoffnung auf das eigene Glück (Streben) ein. Glück wird somit beschreibbar als „Übereinstimmung von indikativischer und imperativer Bestimmtheit des Selbst“, wie es Johannes Drescher ausdrückt.
Interessanterweise wird dieses Menschenbild in Thomas’ natura humana heute in diesem Sinne von Befunden der Psychologie und Neurobiologie gestützt. Während das Konzept der kognitiven Dissonanz des Psychologen Leon Festinger ein Gefühl der Freudlosigkeit als Folge moralischen Fehlverhaltens beschreibt, was darauf verweist, dass wir von Natur aus im Einklang mit unseren Wertüberzeugungen zu handeln prädestiniert sind und jede Abweichung zunächst uns selbst stört, bemerkte der Soziobiologe Eckart Voland in einem Streitgespräch mit dem Theologen Eberhard Schockendorff: „Auch ohne die Bergpredigt oder Kant gelesen zu haben, können Menschen unter Einsatz enormer persönlicher Kosten anderen das Leben retten. Es gibt Impulse in uns, die uns zu einem Verhalten zwingen“.
Die Rehabilitierung des Glücks in der Moraltheorie gehört zu den wichtigsten, aber auch zu den schwierigsten Aufgaben der philosophischen Ethik. Wichtig, weil es ohne Glück nicht geht, schwierig, weil es leicht zu Missverständnissen kommt, wenn im Züge der allgemeinen Ökonomisierung des Lebens nicht hinreichend genau zwischen lucky und happy, zwischen fortuna und felicitas unterschieden wird.
Dann droht das persönliche Glücksstreben allgemeine Gebote der Sittlichkeit zu unterlaufen. Der Weg zum Glück in der Ethik führt also über Festinger und Frankfurt zu Thomas von Aquin, zum Eintrag des Glücks in die natürliche Moralität des Menschen. Sein Ansatz lässt sich durchaus säkularisieren: Wer die Glückseligkeit nicht in Gott zu erkennen vermag, die oder der muss eben etwas anderes als das höchste Gut anstreben, um glücklich zu werden. Voraussetzung: Es muss sich wirklich um ein „Gut“ handeln. Sonst klappt das nicht, mit dem Glück in der Ethik.
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humanistisch · 1 month ago
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Der Wettstreit religiöser Länder mit der säkularen Welt
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Friedlichkeit, Zufriedenheit, Ehrlichkeit und sozialer Fortschritt auf dem Prüfstand Nicht religiös --> ... --> ... Im einundzwanzigsten Jahrhundert gibt es weltweite Daten zu fast allen Aspekten des menschlichen Lebens. Wir können zum Beispiel – meist durch eine kurze Recherche im Internet – recht einfach herausfinden, wie hoch das Durchschnittseinkommen in diesem oder jenen Land der Welt ist, wie hoch die Bevölkerungsdichte oder der Grad der Alphabetisierung. Durch diese vielen internationalen Statistiken kann man heutzutage auch eher religiöse Länder mit säkularen Ländern vergleichen. Menschen aus religiösen Ländern äußern sich ja oft kritisch über jene Menschen, die sich selbst als nicht gläubig bezeichnen. Es gibt in manchen religiösen Gruppierungen sogar einen Hass auf die Ungläubigen. Aber ist diese kritische Sichtweise auf säkulare Länder und Nicht-Gläubige begründet? Oder, anders gefragt: Erfüllen Religionen, speziell wenn sie durch religiöse Politiker und Politikerinnen propagiert werden, die typischen Versprechen, die Religionen geben: dass das Land friedlicher wird, dass das Leben besser wird durch Religiosität, dass religiöse Menschen ehrlicher sind und letztlich auch: dass religiöse Menschen glücklicher sind? Es ist ja nicht zu übersehen, dass es auch große Migrationsbewegungen aus eher religiösen Ländern in säkulare Länder gibt, was wohl dadurch zu erklären ist, dass diesen Migrantinnen und Migranten ein Leben dort besser vorkommt. Ich möchte sowohl religiöse als auch konfessionslose Menschen einladen, sich ein paar weltweite Daten anzusehen, die Antworten auf vier Fragen geben können: - Sind religiöse Länder wirklich friedlicher? Ist das Alltagsleben wirklich gewaltfreier? (Diese Frage stellte übrigens schon Viktoria Rationi in ihren Publikationen) - Sind Menschen in religiösen Ländern ehrlicher? - Gibt es eine positive Entwicklung der Lebensumstände in religiösen Ländern? (Wird das Leben besser?) - Sind Menschen in religiösen Ländern glücklicher? Ich rege diese Diskussion nicht deshalb an, weil ich religiöse Menschen kritisieren will, sondern weil ich als Friedensforscher mit Besorgnis und auch Trauer regelmäßig Daten über verschiedene Formen der Gewalt in den Ländern der Welt sehe, die in religiösen Ländern oft höher sind als in säkularen Ländern. Friedlichkeit. Der wichtigste internationale Index zur Friedlichkeit der Länder der Welt ist der Global Peace Index, der jedes Jahr vom Institute for Economics and Peace im Internet veröffentlicht wird. Wenn es um die Erforschung der Ursachen von Kriegen geht, werden natürlich historische und politische Entwicklungen in den betreffenden Regionen genannt, quasi als Begründung: hier „musste“ ja eine Partei zu den Waffen greifen. Ich denke jedoch, dass für Menschen, die einer Religion angehören die sich als friedlich bezeichnet, der Grundsatz der Gewaltfreiheit auch bei nationalen und internationalen Konflikten gelten muss: Diese Menschen werden alles versuchen, einen Konflikt durch Verhandlungen, gewaltfreien Widerstand, Embargos … zu lösen, jedoch nicht mit Bomben, Panzern und Gewehren. Gewaltfreiheit, die Ablehnung von Gewalt innerhalb eines Landes. Wer meine bisherigen Artikel gelesen hat weiß, dass ich die Ursachen für Kriege in einer Kultur der Gewalt sehe, die in manchen Ländern der Welt vorherrscht und sich darin zeigt, dass de facto viele Formen der Gewalt gesetzlich nicht verboten sind. Auch diese Informationen kann man sich selbst im Internet ansehen, und viele religiöse Menschen werden möglicherweise erstaunt sein, dass das Verbot aller Formen von Gewalt vor allem in säkularen Ländern existiert: - Ist das Schlagen von Kindern (die Körperstrafe) in der Kindererziehung (oder sogar: im Strafvollzug und bei der Inhaftierung von Kindern) noch erlaubt? Quellen: Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children. - Ist das Schlagen von Frauen (häusliche Gewalt) und die Vergewaltigung in der Ehe noch erlaubt? Quellen: Worldbank | Georgetown Institute for Women, Peace and Security Index - Wird die Todesstrafe noch praktiziert? Quellen: statista | amnesty international - Ist die Folter noch erlaubt? Quellen: Weltorganisation gegen Folter (OMCT) - Ist Gewalt gegen Homosexuelle / LGBTIQ+ Personen erlaubt? Quellen: European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) - Ist körperliche Bestrafung im Strafvollzug erlaubt? Quellen: idebate Als Friedensforscher vertrete ich die Ansicht, dass die Welt nur dann nachhaltig friedlich werden kann, wenn alle Formen der Gewalt weltweit verboten werden, insbesondere die Gewalt in der Kindererziehung, denn eine gewaltfreie Kindheit ist das psychologische Fundament friedlicher Gesellschaften. Ich nenne diese Strategie übrigens "Peace Mainstreaming". Ehrlichkeit. Sind Menschen in religiösen Ländern ehrlicher? Eine Antwort auf diese Frage liefert der Korruptionsindex (Corruption Perceptions Index). Sozialer Fortschritt. Ein sehr umfassender Index dazu ist der Social Progress Index. Er umfasst Daten zur Qualität des Gesundheitssystems, der Bildung, Trinkwasser und so weiter. Es geht hier also nicht um den ökonomischen Fortschritt, sondern um eine Verbesserung der Lebensqualität. Glück / Zufriedenheit. Sind Menschen in religiösen Ländern glücklicher? Jedes Jahr wird – aufgrund von weltweiten Umfragen – der World Happiness Report veröffentlicht. Er liefert einen Eindruck zur Lebenszufriedenheit in den Ländern der Welt. Die genannten Statistiken könnten also eine Antwort – oder zumindest Tendenzen – zu vier wichtigen Lebensbereichen liefern, anhand derer man religiöse Länder mit säkularen Ländern vergleichen kann. Jeder, der sich diese Statistiken angesehen hat (die sich in den kommenden Jahren sicher noch verändern werden – vielleicht kommen auch neue Statistiken dazu), kann eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage finden: Wer hat die Nase vorne beim Wettlauf der säkularen Welt mit den religiösen Ländern um die Themen Friedlichkeit und Gewaltfreiheit, Ehrlichkeit, sozialen Fortschritt und Glück? Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass dieser Artikel aus meiner Perspektive als Friedensforscher und als Aktivist für eine gewaltfreie Kindheit (SDG 16.2.) und den Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt (SDG 5.2 – ich bin ein Unterstützer der White Ribbon Kampagne) entstanden ist. Es ist für mich sehr traurig und erschreckend zu sehen, dass die Gewalt gegen Kinder und Frauen in religiösen Ländern oft höher ist als in säkularen Ländern, aber natürlich sind auch alle anderen Formen von Gewalt, die ich in meiner „Culture of Violence Scale“ genannt habe, schrecklich. Dieser Artikel soll vor allem Diskussionen anregen: Zwischen religiösen Menschen (auch unterschiedlicher Religionen), zwischen religiösen und nichtreligiösen Menschen, und zwischen religiösen Menschen und ihren religiösen Führungspersönlichkeiten. Für all jene religiösen Menschen, die sich die Frage stellen, ob es eine positive nichtreligiöse Denkschule gibt möchte ich auf den Humanismus hinweisen, der sich für Rationalität und Vernunft einsetzt. Denn unabhängig von religiösen Geboten ist es einfach vernünftig, gewaltfrei zu leben, weil es menschliches Leid vermeidet. Und es zeugt von einem Mangel an Empathie Gewalt zuzulassen, wenn man sieht, dass Menschen darunter leiden. Und wer es noch nicht wusste: es gibt an manchen Universitäten schon eine Säkularitätsforschung: man findet sie im Internet unter dem Suchbegriff „Secular Studies“. In den Büchern von Phil Zuckerman, Ryan T. Cragun, Isabella Kasselstrand (u.a.) kann man nachlesen, wie es sich in säkularen Gesellschaften lebt. Derartige Fakultäten sollte es auch im deutschen Sprachraum geben. Read the full article
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korrektheiten · 1 month ago
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Toleranz für alle – außer für religiöse Menschen?
Tichy:»„Vier von fünf Menschen können ihre Religion oder Weltanschauung nicht uneingeschränkt ausüben (…)“, so lässt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verlauten. Eine bedrückende Aussage: Während im areligiösen globalen Westen viele Menschen von ihrem Recht auf Freiheit von Religion Gebrauch machen, gerät aus dem Blickfeld, dass Glaube und Religiosität zu den grundlegenden menschlichen Regungen Der Beitrag Toleranz für alle – außer für religiöse Menschen? erschien zuerst auf Tichys Einblick. http://dlvr.it/TFLrm0 «
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fitundheil · 2 months ago
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Vergeblich ist die Mühe eines jeden Menschen - das sinnerfüllte Leben zu erreichen. Vergeblich alle Religiosität und alle guten Werke - um mit Gott in Verbindung zu treten. Vergeblich alle Gottsuche in der Natur und Philosophie.
Der Weg zu Gott ist hoffnungslos verbaut. Und der Mensch spürt das. Deswegen hat er keinen Frieden. Bewusst oder unbewusst begibt sich der Mensch auf die Suche nach Gott.
Die Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies quält ihn. Mit aufopfernder Energie und unermüdlicher Anstrengung versucht er - die Trennung zwischen sich und Gott irgendwie zu überwinden.
Der Mensch trägt die Spuren der Schöpferhand Gottes. Zu ihm hin ist er erschaffen. Nicht Selbstfindung und Selbstzweck sind sein Lebensziel.
Der Sinn des Daseins liegt allein in Gott.Wer nach dem Sinn des Lebens fragt - kommt an der Gottesfrage nicht vorbei. Er wird sie stellen. Irgendwann.Gott hat die Ewigkeit in das Herz des Menschen gelegt.(Prediger 3:11)
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ichundduundwir · 4 months ago
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Humor, Musikalität, Religiosität.
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fritz-letsch · 4 months ago
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Pioniere des Sex
Dr. Ruth Westheimer ist am 12. Juli 2024 gut 96jährig gestorben, und sie war die witzigste Frau, die offen über alle Themen der Sexualität auch im Radio, sogar in Bayern2 sprechen konnte, wo doch unsere alte und so manche “neue” Religiosität so lastend über allen moralischen Beurteilungen vor allem der Anderen liegt. Ein gutes Teil der deutschen Mentalität dürfte noch vom herrschsüchtigen…
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atheistmediablog · 5 months ago
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Studie: Viele glauben an Schicksal
Erste Trends der neuen Studie der Universität Wien „Was glaubt Österreich?“ zeigen, dass Religiosität im traditionellen Sinn an Bedeutung verliert, nicht aber generell. Was das heißt und für wen der Glaube an Schicksal eine Rolle spielt, erklärt einer der Studienautoren, Patrick Rohs, im Interview mit religion.ORF.at. weiterlesen: [https://religion.orf.at/stories/3225285/
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shape · 6 months ago
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Ich fordere den deutschen Bundestag auf, der gestiegenen antisemitischen Bedrohungslage in unserer Gesellschaft, mit einer Ergänzung des Merkmalbezugs "Antisemitismus" im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz entgegenzutreten, um Jüdinnen_Juden umfänglichen Schutz über unsere Gesetzeslage zu gewährleisten zu können.
Warum ist das wichtig?
Jüdinnen_Juden sehen sich in unserer Gesellschaft mit umfassenden Bedrohungslagen konfrontiert, werden zusehends aus öffentlichen Räumen verdrängt und dort nicht selten psychisch und physisch angegriffen, wie u.a. aktuelle Fallzahlen von RIAS belegen. Die deutsche Zivilgesellschaft reagiert nach Jahren mit zahlreichen Großdemonstrationen auf den Rechtsruck in unserer Gesellschaft.
Antisemitismus befindet sich aber in allen gesellschaftlichen Milieus und hat eine lange anhaltende Kontinuität in unserer Kultur, welche in der Öffentlichkeit oft noch zu wenig beachtet wird. Weder lässt sich der Antisemitismus unter Rassismus subsumieren und damit unerwähnt bleiben, noch stellt der inzwischen offen zur Schau getragene israelbezogene Antisemitismus eine demokratische Meinungsäußerung dar und auch die antisemitisch motivierte Schuldabwehr ist hierzulande keine unbedeutende Ausnahme.
Die mediale Öffentlichkeit als auch Zivilgesellschaft lassen es recht häufig an Sensibilität und Kritik in solchen Fragen mangeln und verfügen über unzureichende Kritikfähigkeit und Sensibilität für das antisemitische Ressentiment, wodurch Jüdinnen_Juden von der Solidarität durch die Gemeinschaft nicht selten ausgeschlossen bleiben.
Diese mangelnde Sensibilisierung spiegelt sich auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wider, welches Bürgerinnen*Bürger vor Diskriminierung schützen soll. Hierbei gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen den gegenwärtigen Formen antisemitischer Alltagserfahrungen und deren Erfassung durch das AGG. Da das AGG als das zentrale Erfassungsinstrument für Diskriminierungserfahrungen im Alltag dient, etwa durch spezialisierte Beratungseinrichtungen, ist diese Tatsache von zentraler Bedeutung, damit Jüdinnen_Juden sich in Deutschland sicher fühlen können.
Eine eindeutige Definition von jüdischen Identitäten ist jedoch zu komplex, um durch die bislang verankerten Merkmalskategorien im AGG abgebildet werden zu können, was für gravierende Lücken in unserer Gesetzeslage sorgt.
Eine Erfassung von Diskriminierung über die Merkmale "Herkunft" und "Religion" greift hierbei deutlich zu kurz. Jüdinnen_juden lassen sich sowohl als Volk, als auch als Religionsgemeinschaft definieren, aber nicht einseitig zuordnen. Jüdische Identität wird sowohl über kulturelle Tradierungen, als auch über die Abstammung (in orthodoxer Tradition über die Mutter) in ihrer Identität geformt. Anhand der Zugehörigkeit zum Judentum lassen sich also keine haltbaren Rückschlüsse zu den Merkmalen der Religiosität oder Herkunft erfassen.
Doch der viel wichtigere Punkt liegt darin begründet, dass Antisemitismus nicht in den Eigenschaften von (vermeintlichen) Jüdinnen_Juden begründet liegt, sondern in den Bedürfnissen und Eigenschaften auf der Seite der Antisemit*innen. Die zugehörigen Motivlagen gehen weit über die oben genannten Merkmale hinaus. Vielmehr sind sie Ausdruck eines emotional / ideologisch motivierten Weltanschauungsmodells, welches unabhängig von der realen Existenz von Jüdinnen_Juden sich entwickelt. Häufig geht dies mit einer Form von Entlastung über eine manichäisch geprägte Komplexitätsreduktion und monokausalen Verschwörungsglauben, sowie der Abwehr von Eigenverantwortung, Widersprüchen und Unsicherheiten einher. In dieser Wahrnehmung gilt "der Jude" als psychisch aufgeladene Projektionsfläche für alles als jüdisch bzw. negativ wahrgenommene an der Moderne, wie z.B. Aufklärung, Liberalismus, Demokratie, (Finanz-)kapitalismus und Globalisierung. Das antisemitische Ressentiment wird aber nicht nur von Menschen mit einem geschlossenen Weltbild propagiert, sondern auch von Akteur*innen welche kulturell tradierte Stereotype (z.B. allmächtige Strippenzieher, Kindermörder, Brunnenvergifter, einflussreiche Eliten mit finsteren Plänen, Kriegstreiber u.v.m.) verinnerlicht haben.
Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass zahlreiche diskriminierende Äußerungen, etwa im Netz oder bei öffentlichen Veranstaltungen, häufig nicht direkt an eine bestimmte Person gerichtet sind. So lassen sich zwar auf Demonstrationen und Reden oft antisemitisch aufgeladene Parolen und Feindbilder durch Monitoring und Forschung nachweisen, die als Diskriminierung, Belästigung, Beleidigung ihren Zweck erfüllen, sich aber nicht eindeutig einer Person zuordnen lassen. Wie verhält es sich, wenn im Alltag "Du Jude" als eine Beleidigung geäußert wird? Hierbei handelt es sich sehr wohl um eine antisemitische Aussage, da sie an kulturell verankerte, negative Stereotype, als auch abwertende Vorstellungen von "dem Juden" appelliert und sie reproduziert. Häufig geschieht dies über zahlreiche etablierte Codes und Chiffren (siehe Stereotype), da der offene Antisemitismus noch immer geächtet ist. Die häufig emotional aufgeladenen und fixierten, faktrenresistenten und antidemokratischen antisemitischen Äußerungen werden jedoch immer häufiger vom Publikum verstanden und entladen sich immer wieder gewaltvoll von Aussagen, Sachbeschädigungen bis hin zum Terrorismus in den Lebensrealitäten von Jüdinnen_Juden widerspiegelt. Diese Feindschaft kann sich ebenso kollektiv gegen alles (vermeintlich) jüdische, wie z.B. den als jüdisches Kollektiv wahrgenommenen Staat Israel richten.
Da das AGG als zentrales rechtliches Instrument bei der Bekämpfung von Diskriminierung den Betroffenen in diesen und weiteren Fragen lediglich einen unzureichenden Schutz gewährt, werden über diese Lücken zahlreiche Diskriminierungspotenziale ermöglicht.
Ein Beispiel, wie es auch anders gehen könnte, stellt das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz dar, welches in §2 von "rassistischen und antisemitischen Zuschreibungen" spricht. Eine solche Formulierung hat gleich mehrere Vorteile. Auf diese Weise sind sämtliche antisemitischen Ausdrucksformen abgedeckt und der Betroffenenschutz kann maßgeblich erweitert werden. Zudem wird über den Terminus "Zuschreibung" der Problemgehalt präzise erfasst, statt ihn zu bagatellisieren oder reproduzieren.
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lotharulsamer · 10 months ago
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Deutschland: Kirchenmitglieder erstmals in der Minderheit
40 000 kirchliche Immobilien droht Umwidmung
In den Kirchen leeren sich nicht nur die Bänke, sondern auch die Kassen, denn es fehlen gleichzeitig die Kirchensteuerzahler. Der Trend weg von den christlichen Religionen hat in Deutschland ein dramatisches Ausmaß angenommen. Umso verwunderlicher ist es, dass weder durch die katholische noch die evangelischen Kirchenleitungen ein echter Ruck geht. Hat sich so mancher hauptamtliche Kirchenvertreter damit abgefunden, dass – wie auf der Titanic – zwar noch die Musik spielt, doch das Kirchenschiff ist längst leckgeschlagen und sinkt ohne echten Widerstand? Ein Augenöffner ist die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit dem Titel „Wie hältst du’s mit der Kirche?“ Besonders aufschlussreich sind die Ergebnisse dieser Forsa-Befragung von über 5 000 Personen, da erstmals auch die Deutsche Bischofskonferenz als Auftraggeber mitwirkte und so ein viel breiteres Bild in Sachen Religiosität entsteht. Waren 1972 noch 46 % der Bevölkerung Mitglied der EKD-Gliedkirchen und 44 % der römisch-katholischen Kirche, so entfielen 2022 – zum Zeitpunkt der Befragung – 23 % auf die evangelischen und 25 % auf die katholische Kirche, auf andere Religionsgemeinschaften 9 %. Die konfessionslosen Bürger brachten es auf 43 %. Folgen wir den Autoren der Studie, dann werden die Konfessionslosen bereits 2027 in der Mehrheit sein. Aber schon im laufenden Jahr 2024 dürften die christlichen Religionen – evangelisch, katholisch, orthodox u. a. – in Deutschland unter die 50-Prozent-Marke fallen. Drohen die großen Volkskirchen in Deutschland zu Sekten zu schrumpfen?
„Zwei Drittel der evangelischen Kirchenmitglieder und drei Viertel der katholischen Kirchenmitglieder schließen einen Kirchenaustritt als Option nicht aus.“  In fast jedem Unternehmen würde bei einer solchen Aussage zur Kundschaft an einer Neuausrichtung oder Restrukturierung gearbeitet. Dafür ist es höchste Zeit in der evangelischen und noch drängender der katholischen Kirche! Dabei geht es um eine personelle und inhaltliche Neuorientierung, die jedoch das traditionelle Wertekonzept berücksichtigen muss, denn ansonsten wird die Kirche nur zu einem Lifestyle-Accessoire. Kirche darf nicht zu einer dekorativen Hülle werden, die mit allerlei Aktivitäten befüllt wird. So ließen sich Bundesfinanzminister Christian Lindner und die Journalistin Franca Lehfeldt im November 2020 in der evangelischen Kirche St. Severin auf Sylt trauen, obwohl sie beide keine Kirchenmitglieder sind. Ich habe erhebliche Zweifel, ob Events solcher Art zur Stärkung der evangelischen Kirche beitragen. Wenn in einer Kirche eine Eheschließung vollzogen wird, sollte doch zumindest ein Ehepartner Kirchenmitglied sein, dies sieht im Übrigen auch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) so. Ob sich das Dahinwelken der evangelischen und der katholischen Kirche in Deutschland abbremsen lässt, das weiß ich nicht. Ich würde mir aber zumindest deutlich mehr Anstrengungen in beiden Organisationen wünschen, den Niedergang zu stoppen. Reformen müssen den religiösen Kern erhalten und die Strukturen verändern, denn nur dann gibt es Hoffnung für die christlichen Kirchen in Deutschland!
Mehr zum Thema in: Deutschland: Kirchenmitglieder erstmals in der Minderheit. 40 000 kirchlichen Immobilien droht die Umwidmung – https://deutschland-geliebte-bananenrepublik.de/deutschland-kirchenmitglieder-erstmals-in-der-minderheit/
Zu den Fotos: In Deutschland machen sich nicht nur die Kirchgänger, sondern auch die Kirchensteuerzahler rar. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, stehen in den nächsten Jahrzehnten 40 000 kirchliche Immobilien zur Disposition. Kirchen sind nicht allein Orte des christlichen Gebets, sondern auch kulturelle Zentren, die häufig das Stadtbild prägen. (Bilder: Ulsamer)
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denk-weisen · 2 months ago
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inkognito-philosophin · 7 months ago
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Gelassenheit – Zur Geschichte eines Modeworts
Gelassenheit ist ein Modewort unserer Zeit. Es ist im Trend, locker, ruhig, entspannt, „cool“ zu sein. Wenn wir uns den Gelassenheitsbegriff ansehen, wie er alltagssprachlich Verwendung findet, dann scheint er eine gewisse Unangreifbarkeit zu beinhalten, dann erscheint er wie eine trotzige, fast schon ignorante Treue zur eigenen Position, die unbeeindruckt ist von Welt und Wirklichkeit und damit auch die Zwänge der Zeit zu verkennen droht.
Sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen angesichts widriger Umstände, das ist nur ein Aspekt des Gelassenheitsbegriffs, wenn auch der, der sich im heutigen Sprachgebrauch des Deutschen durchgesetzt hat. Ich möchte nun aber die Geschichte dieses Begriffs nachzeichnen und wenn ich sage, dass sie eng mit Meister Eckhart verbunden ist, dann ist klar, dass es nicht nur um Coolness geht, sondern um tiefe Religiosität, um Spiritualität. Zunächst aber ein Blick auf ähnliche Konzepte der Antike.
Bedeutungsnuancen verwandter Begriffe
Demokrits euthymia (gutes Gemüt)
Der griechische Philosoph Demokrit (460-371 v. Chr.) gilt als Vertreter eines atomistischen Materialismus. Er vertrat die Ansicht, daß die Materie aus kleinsten, unteilbaren Teilchen, den Atomen, zusammengesetzt sei. Jedes dieser Atome sollte fest und massiv, aber nicht gleich sein, weil die Dinge auch nicht gleich sind. Aus diesen Verschiedenheiten ließen sich alle Mannigfaltigkeiten der Erscheinungswelt erklären. Entscheidend ist der Analogieschluss von der sichtbaren auf die unsichtbare Welt:
Auch die Seele ist bei Demokrit eine Ansammlung von Atomen, d. h. etwas Körperliches. Diese Seelen-Atome seien dabei die vollkommensten Atome, die man finden könne. Man solle sich daher mehr um die Seele als um den Körper kümmern, also mehr um den „Seelen-Körper“ als um den „Körper-Körper“, denn die Vollkommenheit jenes richtet die Schwäche dieses auf. Wer die Gaben des ersten liebe, liebe das Göttliche, wer die des zweiten liebe, das Menschliche.
Wenn man sich also um seine Seele kümmert, dann erreicht man in einem Dreischritt jene ruhige Haltung (ataraxia), die das Wohlgemutsein (euthymia) hervorbringt. 1. Die Seele macht Erkenntnis möglich. 2. Erkenntnis führt zur Überwindung von Angst. 3. Überwindung von Angst führt zur Ruhe und zum guten Gemüt.
Senecas tranquilitas animi (Seelenruhe)
Seneca (4 v. Chr. – 65 n. Chr.) greift den euthymia-Begriff auf und übersetzt ihn mit tranquilitas animi. Er sah die Seelenruhe als oberste Tugend an. Das höchste Gut ist für ihn die Harmonie der Seele mit sich selbst. Seelenharmonie führt bei Seneca zur Seelenruhe.
Neben Marc Aurel und Cicero zählt Seneca zu den wichtigsten Vertretern der römischen Stoa. Erwähnenswert ist in diesem Kontext die stoische apátheia als Freiheit der Seele von den Affekten, die damit gleichsam die Voraussetzung für die tranquilitas animi bildet.
Besitzt die Vernunft nicht die nötige Stärke, so stimmt sie Vorstellungen zu, die Triebe und Gefühle wider ihr natürliches Maß übersteigern: Der Trieb (hormé) wird zum Affekt, zur Leidenschaft (páthos). Die kranke, leidende Seele ist das „sittlich Schlechte“, das einzige Übel des Menschen. Wer sittlich schlecht handelt, erleidet seelische Qualen und kann damit nicht zur Ruhe kommen.
Man beachte: Der schlecht Handelnde hat zunächst selbst das Problem, das Böse fällt auf ihn zurück! Hier ist das christliche Gewissenskonzept nahe. Helfen kann dieser leidenden Seele aus Sicht der Stoiker nur die Philosophie der Stoa, welche gerade das Ziel der Affektlosigkeit verfolgt. Dies erinnert an Schopenhauers Willensverneinung und es steht der Idee einer Überwindung menschlicher Willensschwäche durch geeignete Lebensführung in der christlichen Morallehre nahe.
Der Begriff der Affekthemmung sollte dann in der Ethik der Hochaufklärung ein zentraler werden, etwa bei Christian Wolff. Bei Wolff gelingt die Affekthemmung durch die Vernunft und damit durch die Einsicht in das Schlechte am affektartigen, unreflektierten Handeln. Auch das wird von der Stoa schon vorweggenommen.
Platons theoria und Plotins henosis (göttliche Einigung)
Platons (427-347 v. Chr.) theoria als Ideenschau der Seele, vom Neuplatoniker Plotin (205-270 n. Chr.) zur henosis (göttliche Einigung) erweitert.
Die Seele ist in der Lage – wenn sich der Mensch nur bemüht – die Ideen zu schauen, nicht nur deren Abbilder (Höhlengleichnis). In dieser theoria erfährt der Mensch also etwas über diese ontologisch und epistemisch höherwertigen Entitäten und gelangt so durch die Ideenschau in den Zustand des Wissens.
Das entscheidende Moment der platonischen theoria liegt in der Wende hin zur Ethik und Ästhetik: Die gewonnenen Erkenntnisse geben einem Menschen nicht nur Einblick in das Wahre, sondern auch in das Gute und Schöne. Wahr, gut und schön fallen zusammen. Daraus entwickelt der Neuplatoniker Plotin seine Idee der henosis, in der das Denken des Einen, zu dem hin alles gewendet ist („Universum“) und als dessen Ausströmung (Emanation) alles ins Dasein gelangt, die Annahme einer Wesensgleichheit von göttlicher und menschlicher Seele impliziert. Erst der Eigensinn des Menschen trennt ihn von Gott. Plotin hat damit stark auf die Patristik (etwa auf Augustinus) gewirkt und so die Lehre der Kirche nachhaltig beeinflusst.
Theoria und henosis nehmen den Transzendenzaspekt des eckhartschen Gelassenheitsbegriffs vorweg. Bei Demokrit und Seneca ist es die irdische „Coolness“, die dem Gelassenen jetzt und hier angesichts von Schwierigkeiten Glück verschafft, sie geben etwa Antwort auf die Frage: Wie halte ich es neben einem Menschen aus, der schwer zu ertragen ist? Bei Platon und Plotin kommt der Gedanke der Einheit mit Gott ins Spiel, hier bekommt die „Coolness“ der stoischen Weisheit in ihrem Nutzen für die menschliche Seele eine neue, eine weiterreichende Dimension. Für den Christen liefert diese erst die Begründung für Gelassenheit.
Plotin liefert in gewisser Weise die Motivation – traditioneller gesagt: die Kraft –, um die Unerträglichkeit zu ertragen. Demokrit und Seneca bleiben diese Kraftquelle schuldig, bei ihnen ist Gelassenheit mehr eine Forderung bzw. eine Tugend des Weisen, aber das reicht nicht, denn auch der Weise braucht ein Rückzugsgebiet, wo er seine Seele baumeln lassen kann. Und das wäre eben das Bewusstsein einer Einheit mit Gott.
Hinzuweisen ist noch auf die aristotelische eudaimonía (geglücktes Leben) auf Basis der arete (Tugend) des „Maßhaltens“ sowie auf Epikurs galenismós (Meeresstille), der eine zentrale Metapher des Gelassenheits-Topos einführt und ferner den Rückzug ins Private proklamiert, nachdem Platon und Aristoteles nur im zoon politikon, im geselligen Lebewesen, den wahren Menschen erblickt hatten.
Der Rückzug ins Private ist sicherlich für die Gelassenheitstechniken der Kontemplation und Meditation wichtig, andererseits ist die Gemeinschaft im Kloster und der Gang an die Öffentlichkeit entscheidend. Das hat Meister Eckhart vorexerziert, wie ich nun darstellen möchte.
Meister Eckhart als Entwickler des Gelassenheitsbegriffs
Das Deutsche als Sprache der Mystik
Meister Eckhart gilt als wichtigster Vertreter der so genannten Deutschen Mystik. Das Deutsche diente ihm als Sprache der mystischen Unterweisung im Dienst seiner Rede von der Einheit mit Gott. Ihm war es stets daran gelegen, das Streben der Seele nach Einheit mit Gott (unio mystica) zu befördern. Dabei wollte er möglichst viele „Seelen“ erreichen und konzipierte aus diesem Grund seine Predigten für das gemeine Volk in der Sprache des Volkes, auf deutsch.
Der Mystiker will verstanden werden. Schließlich bedeutet myein soviel wie „eingeweiht werden“, nicht etwa „ausgeschlossen werden“ o. ä. Das war der mittelalterlichen Kirche nicht nur suspekt, sondern erschien ihr auch gefährlich, ging es ihr doch bei der Erhaltung politischer Macht gerade um das Trennende zwischen Gott und Mensch, Klerus und Volk, manifestiert durch das Lateinische als Exklusionssprache. Es ging der Kirche, so kann man weiter gehen, um das Schüren von Angst, das Schaffen von Abhängigkeiten und die theologisch-spirituelle Monopolstellung.
Der Einzelne sollte gerade nicht befähigt werden, den Weg zu Gott selbst suchen; genau dies forderten jedoch die Mystikerinnen und Mystiker.
Mit seinen deutschen Predigten bildet Meister Eckhart also eine Ausnahme in seinem Dominikanerorden und steht generell in der Kirche seiner Zeit ziemlich alleine da, denn die Mehrheit des Klerus zieht es vor, dem Lateinischen in Wort- und Schriftverkündigung treu zu bleiben.
Auffälligstes Kennzeichen des von Meister Eckhart geprägten Deutsch ist der mystische Soziolekt, die bildhafte Sprache, die tiefsinnige und zugleich anschauliche Metaphorik. Meister Eckhart greift seine Bilder v. a. aus dem Leben der Menschen und bedient sich höfischer Episoden ebenso wie Metaphern, die dem Minnesang entnommen sind.
Er spricht von Gott als dem „hôhe fürste“, von der Seele als der „minnewunt“ und seine im Zentrum aller Predigten stehende mystische Entrückung wird zur „hovereise“. Auch spielt das Bild des Flusses eine herausragende Rolle, wenn es darum geht, Gottes Wirken verständlich zu machen: Mit dem Begriff „götlicher inflûz“ abstrahiert er den Einfluss auf eine Ebene, die Macht und Wirkungsfülle suggeriert.
Meister Eckhart orientiert den Zuhörer auf die Einheit von lêre und leben in der Soteriologie des mystisch erprobten christlichen Glaubens, indem er sich selbst mit ihnen eint, dadurch daß er sich verständlich macht.
Seine Lehre stellt kein transzendental orientiertes Gedankengebäude aus dogmatisch-normativen Postulaten dar, sondern die Aufforderung zur Integration von Theologie und Lebensführung. Es geht darum, die Differenz von lêre und leben gerade in der eigenen Praxis der Lebensgestaltung aufzuheben. Die Bedeutung der Einheit von Lehre und Leben, die Meister Eckhart mit seinen Predigten verdeutlichen will, indem er die Einheit zum Inhalt seiner Lehrpredigten macht, kann aber nur dann glaubwürdig untermauert werden, wenn die Sprache der Lehre aus dem Leben kommt. Daher ist es nur konsequent, wenn Meister Eckhart in seinen Predigten auf deutsch zu den Menschen spricht.
Neben der Einheit von Lehre und Leben gewinnt Eckhart aber auch noch etwas anderes mit der Verwendung des Deutschen. Der innovatorische Anspruch des volkssprachlichen Predigers zeigt sich ferner in den deutschen Wortschöpfungen, die eine erstaunliche Differenziertheit offenbaren. Die Entdeckung neuer Aspekte der Semantik zentraler Abstrakta wird erst durch das Verlassen eingefahrener Wege, also durch die Aufgabe bestehender sprachlicher Konzepte möglich.
Integration und Differenzierung, Einheit und Vielschichtigkeit, diese Aspekte der Eckhartschen Heilslehre konnten nur im Deutschen so vollendet formuliert werden. Die unmittelbare Ansprache des Publikums schafft zudem eine Atmosphäre der Einheit von Lehrer und Schüler, die den Inhalt des Vorgetragenen formal unterstreicht. Ich möchte die Vielschichtigkeit des Ausdrucksvermögens, das Eckhart mit den im Deutschen entstehenden Interpretamenten gewinnt, nun am Beispiel der Begriffskreation „gelâzenheit“ darstellen.
Vom biblischen Lassen zum mystischen Lassen
��Gelâzenheit“ – oder neuhochdeutsch: Gelassenheit – ist einer der zentralen Begriffe der Eckhartschen Mystik. Dies, obwohl Meister Eckhart das Substantiv gelâzenheit nur an einer Stelle verwendet, und zwar in der Rede der underscheidunge, wo es heißt: „Wan, ez kome von trâcheit oder von wârer abegescheidenheit oder von gelâzenheit, sô sol man merken, ob man sich hier inne vindet, als man sô gar von innen gelâzen ist“. Wesentlich häufiger benutzt er das Verb lâzen bzw. das Partizip gelâzen.
Als wichtigste Voraussetzung für die Gottesgeburt in der Seele und die Einheit mit Gott, die unio mystica, muss der Mensch gelâzen hân, um schließlich gelâzen zu sîn. Er muss dazu verdinglichte Denk- und Handlungsstrukturen überwindet und alle Weltbindung aufgeben. Er muss sich selbst und die ganze Welt lâzen. Insoweit ist Gelassenheit bei Meister Eckhart als Haltung oder Befindlichkeit das Ergebnis eines Vollzugs.
Meister Eckharts Ausgangspunkt ist dabei das neutestamentliche Lassen, von dem im Evangelium bei der Berufung der ersten Jünger die Rede ist. Auf dieses omnia relinquere bezieht sich Meister Eckhart.
Hier zeigt sich deutlich die Breite des Verlassenheitsbegriffs. So erscheint er weniger negativ (im Stich lassen) als vielmehr positiv besetzt (den Neuanfang wagen), teils materiell (Haus und Hof, Dinge lassen), teils personell (den Vater, die Mutter, die Frau, den Mann lassen) und schließlich – in der Mystik Meister Eckharts – spirituell (sich selbst lassen). So gelangt der Mensch über das Lassen zur Gelassenheit.
Meister Eckharts Gelassenheitsbegriff
Mit seiner Wortschöpfung gelâzenheit stellte Meister Eckhart der deutschen Sprache ein Konzept zur Verfügung, dass die Vielschichtigkeit eines Sachverhalts anzeigt, in dem Ruhe, Versenkung, Anbetung, Demut, Hingabe und auch Weisheit mitschwingen und welcher schließlich in der Erfahrung der Einheit mit Gott kulminiert.
Dass Meister Eckhart den Begriff gelâzenheit entwickelt hat, legt der Umstand nahe, dass er vor ihm nicht belegt ist. Es wird deutlich, dass er mit seiner Begriffsschöpfung den semantischen Wert der lateinischen Ausdrücke resignatio und tranquilitas ebenso sprengt wie den der griechischen Begriffe euthymia und henosis. Diese Begriffe kreisen den viel komplexeren Begriff der Gelassenheit nur ein, ohne seinen Kern zu treffen und ohne seine semantische Dichte und Fülle vollständig zu erschließen.
Das gelingt erst mit der eingedeutschten Form der Konzepte, die all diese Nuancen vereint, denn Gelassenheit beinhaltet sowohl das Aufgeben und Loslassen (resignatio), die Ruhe (tranquilitas) als auch ein gutes Gemüt (euthymia) sowie schließlich die Einheit mit Gott (henosis), die Meister Eckhart zur unio mystica weiterdenkt.
Zu erwähnen ist ferner die Bedeutung des Gelassenheitsbegriffs für die eckhartsche Ethik, der Nächstenliebe als Ergebnis von Gelassenheit betrachtet. Interessant wird das v. a., wenn man das etwa mit Leibnizens Gerechtigkeitsbegriff vergleicht: iustitia est misercordia et sapientia.
Das legt mithin eine Verbindung von sapientia (Weisheit) zur Gelassenheit nahe, die den spirituellen Ingredienzien ein rationales Regulativ beifügt. Dabei müsste das Konzept der Weisheit allerdings noch mal genauer analysiert werden, um es richtig verorten zu können im Spannungsfeld von Offenbarungswissen, Erfahrungswissen und der Rationalität, die zu dem führt, was wir heute im engeren Sinne als „Wissen“ bezeichnen. Die Erkenntnis Gottes als Grund für Gelassenheit ist die Weisheit, an die Meister Eckhart denkt, eine Weisheit jenseits des enzyklopädischen Wissens.
Bei Meister Eckhart führt die Fokussierung auf den Begriff der Gelassenheit allerdings am Ende zur Übersteigerung des Konzepts, wenn er fordert, nicht nur von den weltlichen Dingen und Geschöpfen sowie von sich selbst zu lassen, um die mystische Einheit mit Gott zu erreichen, sondern schließlich sogar „um Gottes Willen“ von Gott selbst zu lassen: „Daz hoehste und daz naehste, daz der mensche gelâzen mac, daz ist, daz er got durch got lâze“.
Radikaler kann man die Gelassenheit, die zur Einheit mit Gott führen soll, nicht auffassen.
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humanistisch · 2 months ago
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Wir wollen auch die Konfessionsfreien sichtbar machen
Der Bundesbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Gespräch mit säkularen Verbänden Pressemitteilung Am 9. September 2024 hat Philipp Möller vom Zentralrat der Konfessionsfreien auf Einladung des Bundesbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit, Frank Schwabe (SPD), an einem Fachgespräch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Berlin teilgenommen. Neben Mina Ahadi vom Zentralrat der Ex-Muslime, Dustin Altermann von der Säkularen Flüchtlingshilfe, Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung sowie Carmen Wegge und Sabine Smentek vom Arbeitskreis Säkularität und Humanismus (AKSH) der SPD brachte sich auch der frühere Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats Heiner Bielefeldt in die Debatte ein.  Menschenrecht auf Freiheit von Religion „Wir haben mein Amt, das unter der Vorgängerregierung mit dem Fokus auf die Religionsfreiheit eingerichtet worden ist, ganz bewusst um den Begriff der Weltanschauungsfreiheit erweitert”, erklärte Frank Schwabe zu Beginn des Gesprächs, „denn wir wollen auch die Konfessionsfreien sichtbar machen.” Beim Schutz der Religionsfreiheit gehe es nicht nur um das Recht auf Religiosität, pflichtete Heiner Bielefeldt ihm bei, sondern auch um das Recht, frei von Religion zu sein. Dazu hatte Schwabe sich schon im März dieses Jahres in einem Interview mit hpd.de geäußert. Megatrend: Säkularisierung „Die Gruppe der Religiösen wird nicht nur in Deutschland rapide kleiner”, stellte Philipp Möller fest. „Säkularisierung ist ein Megatrend, der in den künftigen Berichten der Bundesregierung untersucht und repräsentiert werden sollte.” So könne dargestellt werden, dass Konfessionsfreie in weiten Teilen der Welt zwar eine große und teilweise sogar die größte Bevölkerungsgruppe darstellen, sie aber oft religiös vereinnahmt, unterdrückt oder gar mit dem Tode bedroht werden. Diese Aussage unterstützte Mina Ahadi mit Berichten aus Ihrer einstigen Heimat Iran, aus der sie vor dem Mullah-Regime fliehen musste, aber auch mit Erfahrungen anderer Mitglieder aus dem Zentralrat der Ex-Muslime. „Auch in Deutschland können sich bekennende Ex-Muslime leider nicht sicher fühlen”, erklärte Ahadi. „Deshalb verstehen wir nicht, warum die deutsche Politik bevorzugt mit Vertretern eines repressiven bis radikalen Islam zusammenarbeitet.” Zudem wundere sie sich über die Angabe aus dem letzten Bericht der Bundesregierung, nach dem 99,4 Prozent der Menschen im Iran dem Islam angehören. Religionspolitische Vorbildfunktion  Dazu verwies Michael Schmidt-Salomon auf die Diskrepanz zwischen den Angaben der iranischen Regierung und Befragungen der Bevölkerung. „Rund 70 Prozent der Menschen im Iran sind laut unabhängigen Umfragen nicht religiös, aber sie müssen starke Repressalien fürchten, wenn dies bekannt wird. Für solche Menschen sollte sich die Bundesregierung im Iran, aber auch weltweit stärker einsetzen.” In diesem Zusammenhang berichtete er auch von der mangelnden Unterstützung deutscher Behörden im Kampf für die Freiheit des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi.  Am Beispiel eines laufenden Strafverfahrens gegen zwei Exil-Iraner in Hamburg schlug Schmidt-Salomon schließlich die Brücke zwischen den hiesigen Privilegien der Religionsgemeinschaften und einer ungünstigen Vorbildfunktion Deutschlands in der Welt. „Das iranische Mullah-Regime nutzt den deutschen ‚Gotteslästerungsparagrafen‘, um Menschen hierzulande wegen Religionskritik anzuzeigen.” Die Beschuldigten hatten vor der Blauen Moschee gegen das inzwischen geschlossene ‚Islamische Zentrum Hamburg‘ sowie das gewaltsame religiöse Regime im Iran demonstriert. Daraufhin hat die iranische Regierung die Stadt Hamburg aufgefordert, die Demonstranten nach § 166 StGB zu bestrafen – mit Erfolg. „Solange der Paragraf 166 noch im Strafgesetzbuch steht, kann Deutschland die Religions- und Weltanschauungsfreiheit im Ausland nicht glaubhaft vertreten”, sagte der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung. In diesem Punkt stimmte Heiner Bielefeldt den säkularen Verbänden zu. „Das sogenannte Blasphemieverbot ist mindestens missverständlich und offenbar auch missbräuchlich”, ergänzte er und sprach sich für die Aufhebung der Strafnorm aus. An dieser Stelle berichtete Carmen Wegge (MdB), dass inzwischen auch ein Gutteil des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags die Auffassung vertrete, der § 166 StGB solle gestrichen werden. Ob diese Forderung der „Free Charlie“-Kampagne tatsächlich umgesetzt werde, hänge allerdings noch von der Akzeptanz der Religionsgemeinschaften in Deutschland ab, unter denen es teils heftigen Widerstand gebe. Gleichberechtigung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften  Die Verletzungen des Verfassungsgebotes der weltanschaulichen Neutralität des Staates gingen aber weit über § 166 StGB hinaus, argumentierte Philipp Möller. Als Beispiel nannte er den Bekenntnisunterricht an Schulen, die Kirchensteuer, die Staatsleistungen, das kirchliche Sonderarbeitsrecht, Kruzifixe in Behörden und die Legalisierung religiöser Genitalbeschneidung. „Auch im Lichte internationaler Religionspolitik wünschen wir uns von Ihnen”, adressierte er Frank Schwabe, „dass Sie die Regierung und das Parlament für die Pflicht des Staates zur Gleichberechtigung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sensibilisieren.” Spätestens durch den erstarkenden Politischen Islam sei es dringend nötig, Kirchenprivilegien abzubauen und alle Religionsgemeinschaften zur Einhaltung allgemeingültiger Gesetze zu verpflichten. „Deutschland sollte mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass Freiheit und Sicherheit nur durch Säkularität garantiert werden können.” Zudem rief er die Politik dazu auf, Migranten aus islamisch regierten Ländern nicht auf ihre religiöse Identität zu reduzieren. „Für acht von zehn Menschen in Deutschland spielt der Glaube keine Rolle – dieser friedliche Wandel sollte zur Geltung kommen.” Schutz für Ex-Muslime auch in Deutschland erforderlich Mit Blick auf die gefährliche Lage geflüchteter Ex-Muslime, die auch in Deutschland bedroht werden, brachte der Vorsitzende der Säkularen Flüchtlingshilfe e.V., Dustin Altermann, den Vorschlag ein, eigene geschützte Unterkünfte zu eröffnen. „Wir betreuen Menschen, die vor islamistischer Unterdrückung und Gewalt geflohen sind”, berichtete er, „aber in deutschen Einrichtungen gelten sie bei anderen Geflüchteten oft als vogelfreie Apostaten und Ungläubige – und werden erneut von radikalen Religiösen bedroht und tätlich angegriffen. Ein besonderes Schutzkonzept für säkulare Flüchtlinge und Ex-Muslime in Deutschland hätte eine internationale Signalwirkung”, fasste Altermann zusammen. Nach dem knapp zweistündigen Gespräch dankte Schwabe den Teilnehmern für die intensive und konstruktive Diskussion und kündigte die Fortsetzung des Austausches an. Bis zum Ende der Legislaturperiode werde eine Publikation erscheinen, die sich mit der weltweiten Lage konfessionsfreier Menschen befasst. Übernahme einer Presseerklärung des Zentralrats der Konfessionsfreien. Read the full article
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korrektheiten · 3 months ago
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Die zwei Gesichter Gottes
Manova: »Traditioneller Glaube und etablierte Religiosität haben es bei uns zurzeit nicht einfach: Einerseits boomt die Esoterikszene, und viele Leute suchen sich Hilfe in mehr oder weniger abstrusen Sinnsystemen — von Astrologie über Kartenlesen und Aura-Soma bis hin zu Bachblüten, Edelsteintherapie und Schamanismus. Andererseits haben die großen Religionen längst ihre Unschuld verloren. Deshalb sind für viele heutzutage die etablierten Religionen ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite bedeuten sie für eine ganze Reihe von Menschen seelische Unterstützung und Hilfe — nicht nur — in Krisensituationen; auf der anderen Seite geschehen in ihrem Namen Selbstmordattentate und Religionskriege, und unter ihrem Deckmantel blüht(e) der sexuelle Missbrauch an Kindern. Welchen Sinn hat Religiosität heute noch? Und wie nähert man sich in einer Haltung begründeten Zweifels dem Thema Glaube und Religion? http://dlvr.it/TBxZ0w «
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