#Der Reiter und sein Abenteuer sind überliefert auf der Webseite des Atago-Schreins
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cupnoodleadventures · 5 years ago
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07.03.2016 Tokyo – Roppongi 1/2
Sechs dünne lange Objekte, Holz.
Vielleicht sieht man bereits ein Muster dieser meiner letzten Tage in Tokyo und Japan.
Jeden Tag einen Ort erkunden, den man vielleicht zuvor nicht kannte, oder zumindest noch nicht zum Umfallen abgelaufen hatte.
Montag war wieder ein solcher Tag, an dem man altbekanntes neu erkundet. Ich war noch nie in Roppongi gewesen und entschloss mich, den Mori-Tower zu erklimmen. Oder besser jemanden zu bezahlen mich nach oben zu hieven.
Doch auf dem Weg gab es gleich noch mehr interessante Punkte zu entdecken. Aber von Anfang an.
Zunächst fuhr ich zum Tokyo-Tower, wie man das halt so macht. Vermutlich über Hamamatsucho oder Onarimon. Bei Nishi-Shinbashi San-Chome ging es über eine blau gestrichene Fußgängerbrücke. Die Farbe bleibt im Gedächtnis. Viele Fußgängerbrücken in Japan sind blau, aber diese hier hatte erst vor wenigen Jahren einen frischen Anstrich erhalten und überstrahlte selbst den - zugegebener maßen grauen - Himmel
Mein erstes Ziel übrigens war nicht direkt der Mori-Tower, sondern die zweite Empfehlung des Philosophen, der Hügelschrein, dessen steile Stufen des Erfolges nur die kühnsten und besten Reiter zu Pferde erklimmen können.
Tatsächlich sind vier equestrische Eroberungen des Hügels über diesen „Männlichen Abhang“ überliefert.
Die erste stammt aus dem elften Jahr der Ära Ka’nei (1635) und soll folgend wiedergegeben werden:
Im Frühling des elften Jahres Ka’nei ereignete es sich, dass der dritte Shogun Edos, Iemitsu, auf dem Weg zum Tempel Zozoji, dem Familientempel seines Clans, im Herzen Edos war, als er mit seinem Gefolge am Atago-Schrein vorbeikam. Im Frühling blühen die rot-weißen Genpei Pflaumen am Schrein, der auf einem Hügel liegt. Iemitsu sah diese Pflaumen und befahl „Jemand möge mir eine solche Pflaume vom Pferde aus bringen.“ Die Steintreppen des Atago-Hügels sind aber besonders steil. Selbst zu Fuß benötigt es ein gutes Stück Mut die Steigung zu erklimmen, und so schien es unmöglich auf Pferderücken diese Aufgabe zu erfüllen. Wenn der Aufstieg unglücklich lief, so kam man im besten Fall mit schweren Verletzungen davon, im schlechten Fall war das Leben des Reiters verwirkt. Die Untertanen Iemitsus schauten betreten zu Boden. Das erzürnte den Fürsten, der bald explodieren würde vor Wut. Doch genau in diesem Moment hörte man von diesen steilen Steintreppen „Pakk, Pakk, Pakk“. Einer der Gefolgsleute hatte begonnen die Treppen zu erklimmen. Iemitsu schaute sich den Mutigen genauer an, doch konnte er sich dessen Gesichtes nicht entsinnen.
„Wer ist dieser Mann?“ Niemand schien den Reiter zu kennen „Mit Verlaub“ „Ja?“ „Dieser Mann ist Magaki Heikuro, ein Untertan aus dem Lehen Marugame auf Shikoku, Herr.“ „Ah. In dieser friedlichen Welt konnte er sich ohne Faulheit der Übung seiner Reitkunst hingeben. Er ist hervorragend.“
Heikurou vollbrachte es die Treppen hinaufzureiten, die Pflaume auf dem Gipfel mit der Hand zu pflücken und wieder hinabzureiten. Er schenkte die Pflaume feierlich dem Shogun.
Iemitsu, in Anerkennung dieser unglaublichen Tat, ließ den Mann zum besten Pferdemeister des Landes ausrufen, und es heißt sein Name sei in nur einem Tag ganz Japan bekannt gewesen.
Seit dieser Legende gibt es 3 bezeugte Ersteigungen der Steintreppe, zuletzt 1982 durch einen Stuntman.
Obgleich meine eigenen Reitkünste wohl ebenfalls ausreichend gewesen wären diese Steigung zu meistern, so konnte ich doch weit und breit meinen Litauer nicht finden.
Der Schrein selbst zeigt noch den mutmaßlichen Baum von dem die mystische Pflaume gepflückt worden sein soll, und hat einen hübschen Teich auf dem Berg errichtet. Eine kleine Ruheoase im Herzen Tokyos.
Doch ich musste weiter. Eine grobe Richtung hatte ich, mein Handy allerdings kein stabiles Internet. Und so ereignete es sich, dass ich den Berg hinabstieg, einen Kaffeeladen hinter mir zurückließ und an Rosso Scuderia, einem Ferrari-Händler, vorbeimarschierte.
Der Großteil Roppongis gilt als neureiche Gegend in Tokyo. Nah am Tokyo-Tower und mit vielen Entwicklungsprojekten sind hier nur die Reichen untergekommen. Einige ausländische Regierungen haben hier auch ihre Botschaft platziert.
Erst hinter dem Mori-Tower beginnt eine Festmeile, in der man sich besonders als Tourist vor zwielichtigen Angeboten und überfreundlichen Werbern in Acht nehmen sollte.
Aber mein Ziel war ja nur der Mori-Tower.
Ein Turm voller Büros, ein paar Wohnungen sind auch drin. Doch das Highlight ist der etwas teure Ausflug auf die Aussichtsplattform im 52ten Stock.
15 Euro ärmer stand ich also am Fenster mit Blick auf den Tokyo Tower, im Hintergrund eine skurrile Geräuschkulisse aus der aktuellen Ausstellung über Töne und Tonerzeugung.
Der Blick auf die Stadt erinnert von hier an Ghost in the Shell, oder gar an Ak.. mein Handy klingelt.
Der Zahnarzt aus Nagoya, K, ist dran. Ob ich ihm gegen Bezahlung aus Deutschland eine Leica M3 besorgen könne.
Versuchen kann ich‘s… aber versprechen nichts.
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