#Der Patriot Act und der Autopen
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fabiansteinhauer · 9 days ago
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Anfängerübung
1.
Eine Anfängerübung kann genutzt werden, um nicht nur selbst mit dem Recht und seiner Wissenschaft anzufangen, sondern auch um sich zu fragen, wie denn andere mit dem Recht und seiner Wissenschaft anfangen. Jetzt habe ich leicht untertrieben, so kann man nicht nur anfangen, so soll man auch anfangen.
Es hilft zum Beispiel, die Geburt lebend zu überstehen, dann ist man nach geltendem Recht immerhin spätestens ein Rechtsubjekt und eine Person, wenn auch noch nicht Jurist. Man hat dann schon Recht und Rechte, soll die auch wahrnehmen und ausüben können, auch ohne sie studiert zu haben. Kommt man in dem Zustand nicht weiter, stehen Stellvertreter zu Verfügung, sogar leichter, als das während des Studiums bei Klausuren oder im Examen möglich sein soll. Man trägt gleichzeitig weniger Verantwortung. Geht es schief bei der Wahrnehmung, soll es das Image nicht kratzen, wie das der Fall sein kann, wenn das einem zugelassenen und an sich verantwortlichen Juristen einmal passiert. Auch die sind bekannt dafür, dass ihnen vieles, manche sagen erstaunlich vieles verziehen wird, zumal es in der Regel Juristen sind, die über Juristen urteilen, auf jeden Fall dann, wenn es um Schadensersatz, Strafe, Kündigung, Konkurs und bürgerlichen Tod geht.
2.
Statt Beispiele zu geben kann man auch abstrakter, geschichtsbezogener, theoretischer oder philosophischer die Frage nach dem Anfang stellen. Man kann den Anfang nach dem Muster juristischer Methode und juridischer Kulturtechnik als eine Regel, ein Prinzip oder eine Maxime, einen Satz oder Spruch fassen. Ich würde das so machen: Immer dann, wenn irgendetwas anfängt, fängt auch das Recht an. Nach dem Muster juristischer Methode und juridischer Kulturtechnik wäre ich sogar bereit, das zu begründen. Immer dann, wenn etwas anfängt, fängt auch das Recht an, weil Anfangen eine juristische Methode und eine juridische Kulturtechnik ist. Historisch kommt das vor; eine Unterschrift, wie die, die Konrad Adenauer unter das Grundgesetz setzte, ist ein Beispiel, das sowohl mit juristischer Methode als auch mit juridischen Kulturtechniken assoziiert wird. Durch juristische Methode gibt es eine Dogmatik der Signatur und der Kontrasignatur. Die Leute unterschreiben aber nicht immer dogmatisch, noch im Urlaub schreiben sie ihren Namen mit dem Finger in den Sand am Strand von Hurghada oder mit dem Edding auf die Kuppel von Sta. Maria del Fiore in Florenz, und das, wo es nicht nur nicht dogmatisch ist und keine Methode hat, die nicht Wahnsinn wäre, sondern auch verboten ist. Man kann nicht nur juristische Methoden von juridischen Kulturtechniken unterscheiden, auch wenn sie sich in Details einmal nicht groß, sondern klein unterscheiden und sogar zusammen, sogar in einem vorkommen. Man soll das auch, schon weil sie sich sonst nicht unterscheiden lassen oder man mit der Unterscheidung nicht umgehen kann. Auch wenn man beides unterscheiden kann, ist nicht zu leugen, dass das Verhältnis zwischen beiden mit einer wechselseitigen Attraktion zu tun haben kann, auch wenn ein Teil dieser Attraktion darin bestehen kann, sich einerseits wie ein Jurist es sagt und tut zu verhalten und ein anderer Teil der Attraktion darin bestehen kann, die Polizei oder Anwälte auf anderer Seite auf den Plan zu rufen. Diese Attraktion muss also nicht schön, behaglich ode sympathisch sein. Eine Unterschrift ist ein Zug, sie ist gezogen und bleibt zügig, auch wenn dann etwas an- oder ausläuft, an- oder aufregt, an- oder abstösst, das ist insoweit mit Attraktion gemeint, eine Spannung.
Juristische Methoden sind durch eine Rechtswissenschaft qualifiziert, sie können sich darauf stützen, Zugang zu Rechtsquellen zu haben und liefern zu können. Juristische Methoden sind durch autonome Wissenschaft rationalisiert. Systemtheoretisch wird man juristische Methode als Teil einer operativen Schließung, der Rekursivität und Selbstreferenz des Rechts verstehen. Das ist bei juridischen Kulturtechnik nicht unbedingt der Fall, nur dann, wenn sie so laufen, wie juristische Methoden laufen. Diese Techniken kommen aber auch ganz ohne Rechtsubjekte, ohne juristische Methode, ohne Autonomie, ohne Autopoiesis, ohne Selbstreferenz immer noch vor. Ich bezeichne das Vorkommen juridischer Kulturtechnik aals Juridismus, verwende den Begriff aber nicht so, wie das Daniel Loick macht, der darunter eine Eigenschaft des Rechts beschreibt, die mit bürgerlicher Gesellschaft und akademischer Systemphilosophie nach den sog. bürgerlichen Revolutionen ihre Begriffe gefunden haben soll. Ich verwende den Begriff so, wie er unter anderem bei Cornelia Vismann auftaucht. Dort wird er mit den Techniken assoziiert, die etwas wie das Recht oder mit dem Recht machen, ohne im eigentlichen, engeren, modernen Sinne Recht zu sein. Kants Philosophie etwas beschreibe die Vernunft als Gerichtshof, wie einen Gerichtshof. Darin steckt eine Nachahmung und ein Umrücken, eine Distanz und eine Übertragung, wie Metaphern, Vergleiche, Analogien, Ähnlichkeiten, Bilder, Figuren oder Allegorien, wie sogar ein Mythos so etwas mitführen sollen. Sie sind vielleicht dem Recht verwandt, aber kein Recht. Vielleicht sind die dem Recht nicht einmal verwandt, aber immerhin affin. Sie können der Effekt eines Wechsels, sogar einer Verwechslung sein, wie das Vismann am Beispiel einer Kalendergeschichte und eines Versäumnisurteils beschrieben hat. Da ist es nicht Kant, der etwas wie das Recht macht, es ist Papier, das etwas mit dem Recht macht.
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fabiansteinhauer · 3 months ago
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História e teoria de uma lei inconstante e polar
1.
Die Geschichte und Theorie unbeständig-polaren Rechts möchte ich mit Hilfe von Anregungen rekonstruieren, die von Cornelia Vismanna Arbeiten zu den Techniken ausgeht und die von Aby Warburgs Arbeiten zu(m) Tafeln und zum Distanzschaffen ausgeht.
2.
Vismanns Werk wird heute mit dem Begriff der Kulturtechnik assoziiert. Wie bei allen Begriffen verwendet man diesen Begriff wohl selbst wiederum mal mehr, mal weniger technisch. In Gerechtigkeit als Zufall (2007) verwende ich den Begriff zum Beispiel unbedacht, das heißt in dem Fall: ohne zu koordinieren, wie er in einer Disziplin oder Wissenschaft verwendet wird, obschon ich ihn da in Bezug auf Rhetorik verwende. Ich habe die Literatur zur Kulturtechnik damals, also 2005/2007 gar nicht gekannt. In Vom Scheiden (2015), in Aufsätzen zu Formaten der Rechtswissenschaft, zu Albert Hellwig und seiner Kampagne um ein Lichtspielgesetz, zum Patriot Act, Autopen, Signaturen und Kontrasignaturen habe ich angefangen, die Verwendung des Begriffes in meinen Texten genauer und im Hinblick auf andere Wissenschaftler zu koordinieren. Es gibt auch heute keine einheitliche Schule, nicht einmal dominante Kreise, es gibt eine Gruppe von Leuten, die sich wechselseitig beobachten und anstoßen.
In rechtswissenschaftlicher Hinsicht spielt Cornelia Vismann hier eine ganz besondere, herausragende Rolle - seit den neunziger Jahren, als sie in der Zeitschrift Law&Critique einen vielbeachteten Aufsatz zum Canceln und zu Chancen veröffentlichte ( also zur Geschichte der Kanzleikultur) und besonders seit ihrer international beachteten Arbeit über Akten. In Akten spricht sie noch von Medientechnik, der Begriff Kulturtechnik ist erst später eingerückt. Nicht ich bin der, der damit angefangen hat, Rechtswissenschaft und Kulturtechnikforschung so eng zusammenzuführen. Sie ist das. Ich verweise in meinen Texten auf andere Texte. Verweisen muss man nachgehen, sonst können wir Fußnoten auch abschaffen.
Ich würde Vismanns Wechsel vom Begriff der Medientechnik zu dem der Kulturtechnik nicht als Wende wahrnehmen, sondern als begriffliche Koordination. Ab 2010 erscheinen auch die Bücher von Vesting mit ihren zwar marginalen, aber expliziten und deutlichen Distanzierungen von dem, was Vismann und ich gemacht haben, sowie mit dem Stummen, mit dem er andere Stimmen nicht berücksichtigt. Nach 2012, nach der Tagung zum Instituieren, fängt auch Ladeur an, mitzuteilen, was Siegert unter- oder überschätzen würde. Wenn es der Wahrheitsfindung und der Positionierung dient, why not. Die Vorschläge, die Vesting in jüngerer Zeit macht, zwischen Kulturtheorie des Rechts und Kulturtechnikforschung zu unterscheiden, kann man gut aufgreifen. denn Unterscheidungen sind immer gut, helfen immer, etwas zu schärfen, zu konturieren, zu gestalten, zu begreifen und zu betrachten, etwas händeln und damit handeln zu können.
3.
Medientechnik, Kulturtechnik, Technik, ars: Ich würde eine Begriffsreihe bilden, die durch kleine Trennungen, kleinen Assoziationen und kleine Austauschmanöver sich entfaltet, wenn ich einmal klären möchte, wie sich Vismann wann zu dem Begriff Kulturtechnik positioniert hat. Wie ich den Begriff Bild über so eine Kette klären würde (Bild, Schild,Wild, bald, bold oder aber Bild, Idee, idea, eidolon, ikon, eikon, imago, vortago, pictura, pintura, Finte, Fiktion etc) so würde ich das hier auch machen. Saussure oder Levi-Strauss oder Roy Wagner oder Philippe Descola legen so eine Methode schon nahe. Wenn ich den Begriff Kulturtechnik verwende, dann nicht immer, aber manchmal auch um den begrifflichen Apparat zu koordinieren, von mir auch zu vereinheitlichen. In einer Doppelrolle übernehme ich da Verantwortung: als jemand, der dazu forscht, was unterhalb der Schwelle des Rechts liegt und dennoch dabei kooperiert, Recht wahrzunehmen, der dem vor allem anhand einer Geschichte und Theorie der juridischen Kulturtechniken nachgeht (die er wiederum von juristischen Methoden begrifflich unterscheidet) und als jemand, der zu den Herausgebern des Nachlassen von Cornelia Vismann gehört. Das ist mein Job am MPI, dafür werde ich bis 2030 gut bezahlt, dann schauen wir mal weiter.
Man hat das vielleicht schon vergessen, aber in den Achtzigern haben Leute wie Gottfried Schramm (das ist der Sohn von Percy-Ernst Schramm, der im Umfeld von Aby Warburg groß wurde, an Bilder geriet, ein Fakultätskollege von Karl Brandi war) noch versucht, die Wissenschaft auf der richtigen Seite der Wegscheiden der Weltgesellschaft zu halten, das Dogma der großen Trennung stehen zu lassen und Friedrich Kittler unbedingt zu verhindern, also dafür zu sorgen, dass jemand, der so arbeitet wie Kittler, niemals verbeamtet oder deutscher Professor wird. Da stecken viel beschrieben Abgründe hinter, die auch damit verbunden sind, dass die Schramms und die Warburgs von einer historischen Drift erfasst wurden, die die einen ins Ausland getrieben (und ihre Verwandten vernichtet hat), während die Schramms von dieser Drift noch enger an deutsche Lehrstühle gebunden würde und weiter ins Innere richtiger und reinlicher Unterscheidungen trieb. Ich würde nicht ignorieren, dass Gottfried Schramms Buch über die Wegscheiden der Weltgeschichte etwas versucht zu verarbeiten, dass seine Initiativen gegen Friedrich Kittler das auch tun und dass er in der Kombination dieser Kampagnen so dasteht, wie wir alle: voller Falten, nicht als Herr im eigenen Haus, durchaus phantasiebegabt, Illusionen aufsitzend und asymptomatisch arbeitend, nämlich so, also hätte man etwas überlebt und würde man etwas überleben.
4.
Gottfried Schramm sah in den Wissenschaften, mit denen und über die Vismann eigenständig arbeitet, im sog. Poststrukturalismus, den Untergang der rationalen Wissenschaft des Abendlandes, die Gutachten von ihm und seinen Mitstreitern im Kampf gegen das Dunkle sind veröffentlicht. Vismann schreibt in einer Zeit, als Direktor Futsch auf Fußnoten, in denen Piere Legendre auftaucht, mit einer Bemerkung reagiert: Wenn ich den Namen nur sehe, weiß ich mit Sicherheit, dass ich diesen Aufsatz nicht lesen werde. Für mich schreibt der nicht, warum soll ich das dann lesen? Sie schreibt die Arbeit in der Zeit unproduktiver bis destruktiver Grabenkämpfe am MPI, gut dass diese Zeiten entfernt sind. Das war für Verhinderer und Abratgeber mal wieder ein wunderbares Biotop, nicht nur die Uni lockt solche Leute scheinbar an wie das Licht die Motten. Da schreibt sich Vismann durch, nicht gegen alle und jeden, ganz im Gegenteil. Sie hat eine Welt im Rücken - und ist in bester Gesellschaft dabei.
Als 2000 dann nicht nur Vismann Dissertation längst erfolgreich abgeschlossen war, sondern auch zu einem gut verkauften Buch gemacht war, war zumindest ein Projekt der Verhinderung nicht nur gescheitert, inzwischen war mit großem Erfolg die Archäologie nach Deutschland reimportiert. Man konnte Bachofen, Nietzsche, Klossowski, Benjamin, Legendre, Deleuze, Lacan immer lesen, immer viel dazu schreiben. Jetzt waren aber die, die es mit Nachdruck taten, Stars und Szene. Auch daraus ist vermutlich die Figur der sog. weiten und dominanten Kreise um Kittler entstanden, an denen Vesting seit 2010 mit seinen Randbemerkungen arbeitet. Der Kalauer mit Kittlerjugend ist auch damals entstanden.
Vismann ist in der Rechtswissenschaft von Anfang an darin involviert, nicht nur die Rechtswissenschaft zu ändern, sondern auch die Medienwissenschaft. Wenn man interdisziplinär arbeitet, weil man sagen will, dass die Juristen nicht wüßten was Medien seien, eine gute Hälfte der Medienwissenschaftler wüßten das aber, dann soll man das sofort lassen. Wenn man sagt, die Juristen hätten bisher noch nie richtig über Medien als Faktoren der Normativität, des Wissens, der Orientierung und des Handelns nachgedacht, nur darüber, Medien zu regulieren - und nun könne genau erklären, was Medien seien, dann soll man das sofort lassen, es kommt in der Regeln nur dabei raus, dass man sich diejenigen Medienwissenschaftler herauspickt, die einen mit anderen Worten sagen lassen, was man als Rechtswissenschaftler immer schon sagen wollte. In Bezug auf die Bildwissenschaft ist das nicht häufig, es ist fast immer zu beobachten. Nur weil etwas Wissenschaft ist, muss es ja nicht gut sein. Rechtswissenschaftler behaupten ernsthaft, Bilder seien früher unwichtig oder rar gewesen, Juristen hätten nichts dazu geschrieben, es habe da keine Rechte gegeben, man selbst übernehme das jetzt aber. Oft: Kein Wort zum Bilderstreit, kein Wort zum kanonischen und römischen Recht, kein Wort zum Talmud oder Koran, kein Wort zu den Diagrammen, kein Wort zur Rhetorik, zum ius imaginum oder zu tabula picta. Nicht einmal ein Wort zu den Kollegen, die das anders sehen. Gibt es alles, Wissenschaftler schreiben das verrückteste Zeug. Bei der Version der Interdisziplinarität, die nicht den Anspruch erhebt, sich gegen über dem Anderen der Wissenschaft so widerständig und insistierend zu verhalten wie gegenüber dem Eigenen der Wissenschaft kommt in der Regel halbwahrer Bullshit bei raus.
Warum soll man jemandem glauben schenken, nur weil er aus aus einer anderen Disziplin kommt? Man behehrrscht nicht einmal die eigene Disziplin, was will man denn dann mit der anderen erst machen? Man zeigt damit erstens, dass man die Geschichte der eigenen Wissenschaft nicht kennen will - und dass man die andere Wissenschaft auch nur zur Hälfte ernst nehmen will. Arbeitet ein Rechtswissenschaftler mit medienwissenschaftlichen Texten und mit bildwissenschaftlichen Texten und beschreibt er dann eine Medienwissenschaft oder Bildwissenschaft ohne Streit, ohne exakt den Streit, den auch Juristen um Objekte führen, dann ist das ein gutes Indiz dafür, dass man an schlechte Wissenschaft geraten ist. Auf unserer Schule gab es zwei nette, aber leider notorisch-pathologische Lügner, nennen wir die beiden hier Rainer und Didi. Es gab dann irgendwann die Formel: Der Rainer hat es gesagt und der Didi hat es bestätigt. Das ist für mich eine Formel für eine ganze Reihe von alltäglich kursierenden, gefällig interdisziplinären Arbeiten. Der Bildwissenschaftler hat es gesagt und der Rechtswissenschaftler hat es bestätigt. Na dann.
5.
Vismann hat von Anfang an mit dem Anspruch gearbeitet, zu importieren und zu exportieren. Bei ihr ist Rechts- und Medienwissenschaft eine Wissenschaft, in der die Leute immer schon exakt dass über Medien und Recht wußten, was sie wissen mußten und wissen wollten - und damit auch nicht im Herr im eigenen Haus waren. Es wäre ja auch schwierig, zu sagen, dass die Texte, die wir lesen und in denen ab dem 4. Jahrhundert auch schriftlich über Sprechen, Schreiben, Bilden, Bauen, Kleiden, Lesen nachgedacht wird so zu deuten, als habe das früher nie etwas mit dem zu tun, was Leute heute zum Recht und seiner Geschichte zählen.
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