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[Rezension] Ich hatte gehofft, wir können fliegen – Caroline Labusch
Inhalt: Ostberlin im Frühjahr 1989: Ein junges Paar will fliehen. Der Ingenieur Winfried Freudenberg und seine Frau, eine Chemikerin, fassen einen abenteuerlichen Plan – in einem selbst gebauten Ballon wollen sie über die Mauer in den Westen fliegen. In einer kalten Neumondnacht brechen sie auf. Am nächsten Morgen findet die Westberliner Polizei in einem Villengarten die Leiche des Mannes. Todesursache: Sturz aus großer Höhe. Von der Frau fehlt jede Spur. Die Ermittlungsbehörden auf beiden Seiten der Mauer stehen vor einem Rätsel. Was ist in jener Nacht geschehen? 25 Jahre später wird die Autorin Caroline Labusch von einem Freund auf diesen wahren Fall aufmerksam gemacht. Gemeinsam begeben sie sich auf die Spuren des letzten Berliner Mauertoten. Dabei stoßen sie auf die bewegende Liebesgeschichte eines ungleichen Paars. Rezension: Also ich kann mich ja noch sehr gut daran erinnern, als durch Deutschland die Grenze verlief, aber mit den Fluchten, da habe ich mich nie auseinandergesetzt. Daher war die Story, die Caroline Labusch beschreibt eine, die mich sehr neugierig gemacht hat - zumal diese Geschichte um Winfried Freudenberg und seiner Frau Sabine wirklich geschehen, und nicht der Fantasie entsprungen ist. Ursprünglich arbeiteten Ernst Schmid und Caroline Labusch an dem Theaterstück „Der Ballon – ein Deutscher Fall“. Der Leser erfährt auch wie sich die Recherchen gestaltet haben. In deren Verlauf entwickelte sich die Idee von Caroline Labusch, daraus ihr eigenes Projekt in Form eines Buches zu beginnen. Es wird beschrieben, wie dieses Team um Caroline funktionierte und welche Aufgaben die drei hatten. Die drei waren Caroline und Ernst, mehr oder weniger die treibenden Kräfte, wobei Ernst die Idee zu dem Fall hatte und er diese Geschichte ausgegraben hatte, dazu Robert, der das ganze als Regisseur für das Theaterstück begleitet hat. Robert hatte den Erstkontakt zu Sabine Freudenberg hergestellt, sprich sie gefunden. Er hat das erste Gespräch mit ihr geführt. Dadurch war er auch quasi schuld daran, dass dieses Buch eine recht persönliche Note bekommen hat. Man erfährt vieles über die Stasi, über dieses Gefühl beobachtet zu werden und an wieviel Kleinigkeiten es im Endeffekt hängen kann, dass man eine geglückte Flucht aus der DDR bewerkstelligen konnte. Es zeigt auch, wie viele verschiedene Sichtweisen es geben kann und mit welchen Problemen man in einem Staat wie der DDR zu kämpfen hatte, in welche Bereiche die Führung der DDR in Form der Stasi überall eingegriffen hat. Es ist spannend zu lesen, wie sich Sabine im Gefängnis gefühlt hat, wie die Verhöre abgelaufen sind, die Planungen der Flucht und der Bau des Ballons. Es ist faszinierend, an wie viele Kleinigkeiten man dabei denken musste. Die Autorin beschreibt auch die Beweggründe der Flucht und wieso gerade mit dem Ballon, und auch warum Sabine dann doch nicht mit geflohen ist. Es ist ein tolles Buch, in dem man viele Schattierungen der Menschen kennenlernen kann, vieles über das Prinzip der DDR mit der FDJ erfährt, auch wie man teilweise an Jobs gekommen ist. Man merkt sehr schnell, dass es viele verschiedene Ansichten gibt, und dass jeder Mensch seine eigene Wahrnehmung zur eigenen Situation im System hatte und wie sehr sich dies im Laufe der Zeit verändern kann. Dies habe ich sehr stark an der Beziehung zwischen Sabine und Caroline während der Recherche erlebt. Es fällt auch auf, dass in der Entstehung jeder seinen Beitrag geleistet hat und jeder der drei auch seine Fehler gemacht hat. Vielleicht ist es auch so, dass es aus Sicht von Sabine gut war, dass die Polizei bei dem Fluchtversuch dazwischengekommen ist. Es ist erstaunlich, wie Sekunden auf einmal alles verändern können. Für mich wieder einmal ein tolles Buch über die deutsch-deutsche Geschichte, das klarmacht, dass noch nicht alle Geschichten erzählt sind und uns sicherlich noch etliche Fälle begegnen können. Wenn alle mit so viel Gefühl, und Fingerspitzengefühl, für Situationen beschrieben werden, wie in diesem Fall von Caroline Labusch, dann, ja dann, kann ich mir sicher sein, dass wir uns unserer eigenen jüngeren Geschichte bewusster werden und somit auch vielleicht verstehen, warum manche Menschen aus ihrem Heimatland fliehen. Wir sollten unsere eigene Geschichte nicht vergessen, die auch mit viel Leid und Gefahren bestückt ist, in der eines von zwei Ländern ein Sehnsuchtsland war in dem es anscheinend alles gab und deswegen so viele Menschen angezogen hat und noch immer anzieht. Ich hoffe, dass dieses Buch viele Leser findet und man vielleicht danach einige Dinge differenzierter sieht, oder zumindest die jüngere deutsche Geschichte, die noch nicht mal so lange her ist, etwas besser versteht. Verlag: Penguin Verlag ISBN: 978-3-328-10411-7
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