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Nikotin
Gedankenkreisen, Tränen und Müdigkeit. Jede Person kennt es, alle meiden es. "Hast du schon mal Meditation versucht?" ist eine gängige Frage, die mir gestellt wird, wenn ich eines der drei oben genannten Befindlichkeiten aussere.
Ja, ich kenne Meditation, und sie hat auch schon geholfen. Aber ich will es wohl einfach nicht wahrhaben, dass sie gesünder ist als Nikotin. Es geht einfach schneller - zumindest denke ich das.
Gerade jetzt, wo ich mich gefühlt vierspurig im Leben zurechtfinden muss: Abschluss im Militär, Studium zum Lehrer, Teamleitung auf einer Wohngruppe für Kinder und Jugendliche und letztlich Mensch. "Es ist nicht immer einfach", tröste ich mich gerade.
Neulich, als ich die vier Spuren an einem Tag durchlief, kam ich an meine Grenzen. Schreiend, während ich Rotz und Wasser heulte, fuhr ich mit meinem treuen, alten Dacia in Richtung Elternhaus. Am selben Morgen erwachte ich nach drei Stunden Schlaf in einer Kaserne im Zürcher Oberland. Auf dem Weg nach Hause überlegte ich noch, was zu tun ist, sobald ich wieder den Tarnanzug trage. Es ist zwar erst in einer Woche so weit, aber ich mache mir gern Gedanken, um mich vom aktuellen Moment abzulenken und nicht im Hier und Jetzt sein zu müssen. "Muss wohl einer meiner Coping-Mechanismen sein", stelle ich für mich abschliessend fest, während ich mir noch einen Vorwurf - von mir höchstpersönlich - reinziehe, dass ich aktuell sehr wenig lese.
Umziehen, packen und dann ab ins Geschäft. Nach weiteren Stunden, gefüllt mit neuen Informationen - zwei Wochen Abwesenheit in einem solchen Betrieb verursachen einen Wasserfall an Pendenzen - und vier Mitarbeitendengesprächen, die ich einfach nicht vorbereiten wollte oder konnte, sitze ich nun vor meinem Computer. Nachdem er viele Updates gemacht und Emotionsausbrüche wegen zu vieler Mails überlebt hatte, begann er wie ein Flugzeug beim Take-off zu surren. Und auch ich kam langsam wieder in die Gänge meines zivilen Arbeitsplatzes. Wie von einem Lastwagen überfahren, kreisten meine Gedanken, und ich kam - wie schon lange nicht mehr - einer Panikattacke nahe. Atmen. Atmen.
Im Flug vergingen die Stunden, und ich schloss meinen Arbeitstag mit einer Leitungssitzung. Ermüdet und lustlos fuhr ich mit meiner Klapperkiste - Detail vergessen: Bevor ich überhaupt zur Arbeit fahren konnte, musste ich morgens früh den ersten manuellen Radwechsel vollziehen, und meine Hände sind immer noch schwarz - an den nächstgrösseren Bahnhof. Die Zugfahrt war alles andere als entspannend. Ich stand in einem überfüllten Waggon, war aber zu müde, um mir einen Platz zu suchen. Ich las auf meinem eReader - schlechtes Gewissen beruhigen und so - das Buch "Und Grossvater atmete mit den Wellen". Alles andere als leichte Kost.
Im Unterricht machte ich die ersten zwanzig Minuten aktiv mit, danach übermannte mich meine Laune und Müdigkeit.
Auf der Zugfahrt von Zürich, nach dem Unterricht, übermannten mich meine Emotionen. "Ich werde es so vermissen", dröhnte es in meinem Kopf. Ich leiste gerade meinen letzten Militärdienst.
Den Tränen immer ein Gleis näher, hielt endlich der Zug an der Station, wo mein Auto auf mich wartete. Und mit jedem Schritt, mit dem ich meinem Auto näherkam, kam ich den Tränen näher. "Zum Glück regnet es", dachte ich und liess meinen Tränendrüsen freien Lauf.
Im Auto sass ich nun da. Völlig übermannt von mir selbst. Die Tränen flossen, und ein saurer Schmerz machte sich in meinem Brustkorb breit. Die Luft schien mit jedem Atemzug dünner und gleichzeitig schwerer zu werden. Ich kannte dieses Paradoxon. Und als ich den Motor startete, ging nicht nur das Auto in Richtung Autobahn los, sondern auch das Heulen des Motors - mein Motor.
Rotz und Wasser liefen über mein Gesicht, und ich wollte jede Sekunde geniessen - siehst du, auch ich kann achtsam im Moment leben. Die Fahrt ging noch über zwanzig Minuten so, bis dann das von Kindern bekannte tiefe Ausatmen kam. Meine Emotionen legten sich, und so auch der Sturm in meinem Kopf. Mein Hirn - immer im Überlebensmodus - legte sich zurecht, dass ich die Menschen vermissen werde und dass alles Trauma, das ich im Militär erlebt habe, nun heilen darf. Und zum Heilen gehört Heulen.
Völlig erschöpft und nun in die Rolle des Sohnes wechselnd, kam ich mit meinem Körper und Geist beim Elternhaus an. Und endlich, dort lag das Wundermittel. Mein Bruder - rauchend - schaute mich an und bot mir seinen Vape an. "Mit Nikotin?", fragte ich, und schon streckte er mir den Blueberry-Ice-Vape entgegen. Drei Züge. Ausatmen. "Wie geht's?", fragte er. "Ich lebe", entgegnete ich. Nickend steckte sich mein Bruder eine weitere Kippe an und sprach: "Kommt schon." "Ja", sagte ich trocken.
Nikotin. Ich will es wirklich überwinden, und ich habe nun fast ein Jahr nicht mehr damit gelebt. Aber nach einer durchzechten Fasnachtswoche mit viel Alkohol und Zigaretten und einer weiteren Woche im Militär schreit mein Körper schon wieder förmlich danach. Genau in diesen Momenten will ich mich einerseits selbst überwinden, aber andererseits einfach meinen müden Körper hinsetzen und mich dem Rausch des Nikotins aussetzen.
Ich werde es wieder schaffen. "Aber nicht heute", denke ich gerade, während ich diese Zeilen verfasse.
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"Fuck."
Ach fuck nochmals.
Ich kann es manchmal selbst kaum glauben. Mein Leben ist manchmal wirklich die reinste Achterbahnfahrt.
Gerade hatte ich einfach das Bedürfnis loszuschreien oder mit mit einem billigen Wodka vom Supermarkt das Bewusstsein wegzuknallen.
Stattdessen sitze ich wie gelähmt auf dem Stuhl. Dieser alte stinkende Stuhl in der Mitte vom Wohnzimmer meiner geliebten Eltern.
Ich liebe diesen Stuhl. Auf ganz eigene Art und Weise.
Aber es geht gerade nicht und den Stuhl. Was ich aber gerade merke, so ganz nebenbei… das es sich wirklich hervorragend auf dem Macbook schreiben lässt und ich womöglich diesbezüglich ausnahmsweise die richtige Entscheidung getroffen habe. Das kommt wirklich selten vor.
Zurück in das hier und jetzt. Ich sitze also da und müsste vieles erledigen, entscheiden oder endlich planen.
- Soll ich morgen einfach alles absagen und mir heute mit meinem Bruder heftig die Kante geben?
- Oder soll ich heute überhaupt noch das Haus verlassen? Eigentlich habe ich mit zwei guten Freundinnen abgemacht stinkenden Schmelzkäse - auch Raclette genannte - im Übermass zu verspeisen bis unsere Bäuche schmerzen.
- Wie soll ich nun nächste Woche mich entscheiden für die Schule oder für einen Suff bei welchem ich danach mein zentrales Nervensystem neu Kalibieren muss?
Aber alles nochmals auf Null.
Gestern - inmitten der Teamsitzung welche ich leitete - blinkte mein Handy auf. Mit vollen Stolz nahm ich mein neues iPhone 16 Pro Max, welches eigentlich viel zu teuer war, in meine Hand und bemerke, dass mein Plan nicht aufgegangen ist. Meine Dozentin hat mir soeben, wenn auch auf Umwegen mitgeteilt, dass ich nächste Woche nicht Online am Kurs teilnehmen kann. Fasnacht wäre kein Grund zum fehlen. Was lustig ist… wir dürfen aber per Team mitmachen wenn wir einen kleinen Schnupfen haben oder unsere Kinder krank sind. „Frechheit. Hätte ich doch besser nächste Woche gelogen.“
Nun habe ich doch nicht und ich habe mich köstlich selbst ab dieser Situation genervt.
Mit einem mulmigen Gefühl ging ich also schon zu Bett. Obwohl mich eine gute Freundin sehr beruhigen konnte verfolgte es mich bis in meine Träume. Ich werde das Studium nicht bestehen. Stress da stress hier.
Erst gegen 3 Uhr morgens wurden meine Träume ruhiger und ich wurde dann schliesslich um 6 Uhr aus meinem Zuckerwattentraum geweckt.
„Dein Papa liegt im Spital“, sind nicht gerade die schönsten Wörter morgens, aber ich denke ich war schon lange nicht mehr so hellwach wie heute morgen.
Nach kurzer Atempause und genauem Nachlesen auf meinem - nun nicht mehr so wirklich wertvollem und wichtigen - Handy, wusste ich Bescheid. Papa ist wirklich wieder im Spital. Ich hatte Herzklopfen und verschwitzte Hände. Was wenn ich ihn nun verliere oder nichtmal mehr Tschüss sagen kann. Ja alles Dinge die mir im Schnellfeuer wie von einem Revolver durch die Birne schossen.
„Fuck“, meinte ich. „Schon wieder.
Ich liebe dieses Wort. „Fuck“. Es ist so… simpel.
Nun gut.
Ich sitze also nun endlich - eigentlich müsste ich Homeoffice machen - auf diesem Stuhl. Mit Reststress von gestern und heute morgen da. Meine Achseln machen sich geruchstechnisch langsam auch bemerkbar. Ich bräuchte also noch eine Dusche.
Und ich müsste eigentlich, weil ich es mir selbst vorgenommen habe, an meinem Buch schreiben oder zumindest mein Lerntagebuch ausfüllen.
Es kommt also hinzu:
- Wegen morgen entscheiden.
- Heute Abend essen gehen?
- Nächsten Donnerstag zur Schule gehen?
- Heute absagen?
- Homeoffice einfach nicht machen?
- Duschen gehen?
Für einige von euch ist dies gerade sehr unverständlich.
Aber in meinem Kopf kreisen diese Punkte nun wie ein Kinderkarussell. Viele haben davon gehört, andere machten es zum Trend. Ja meine lieben Mitmenschen. Ich habe ADHS. Und ich liebe es - normalerweise.
Heute ist so ein Tag wo ich statt unendliche Energie in die Paralyse falle. Das System ist überlastet und die Errormeldungen liefern sich einen inneren Kampf mit meinen Punkten welche ich doch nun so umbedingt abarbeiten sollte.
Und irgendwoher kommt auch noch Musik. Aus einer verstaubten Ecke in meinem Oberstübchen rasselt gerade ein Schnellzug vorbei und singt „Old Mc Donald“.
Was mache ich nun also statt mich im realen zu Nerven? Was mache ich nun also um mit der Situation auch nur ein bisschen fertig zuweilen den?
Etwas das ich wirklich öfters tun sollte. Etwas, dass mir immer gefehlt hat. - Mir kommt gerade in den Sinn, dass ich eigentlich auf meinem eReader ein Buch weiterlesen wollte -
Ja genau. Ich schreibe. Ich schreibe einfach drauflos. Lasse es heraussprudeln.
Es hilft mit, aber gleichzeitig ist es ein Abfinden mit meiner Unfähigkeit und diesem Moment gerade adäquate zu reagieren. Zumindest eignet es sich nicht sehr die nächstbeste Person anzuschreien.
Dieser stinkende, alte und dreckige Stuhl. Ich weiss nicht wie viele Stunden mein Papa hier drinnen gesessen hat und an seinem Handy „Subway Surfers“ gezockt oder Facebook leergescrollt hat.
Stühle haben nicht in vielen Hirnen auf diesem Planenten eine Seele. Aber wenn wir einmal die rationale Denkweise loslassen ist er sehr wohl beseelt. Denn er lebt mit den Erinnerungen an die ich ihn binde.
Also. Was mache ich jetzt?
Ich geh mal duschen. Es ist ja erst 15 Uhr und der Tag ist noch… jung?
Immerhin werde ich nicht mehr müffeln und fühle mich halbwegs frisch.
Danach will ich mit Papa quatschen und so viel Raclettekäse in mich reinballern bis ich eine Laktoseintoleranz entwickle - Achtung. Falschinformation -> Die meisten Raclettekäsesorten haben keine Laktose - aber ihr wisst wie ich meine.
Danach werde ich sicher wissen wie es für mich morgen weitergeht. Eigentlich weiss ich es ja schon - ich will zu Hause bleiben und mein Hirn mit Alkohol lähmen - aber sich bin noch auf der Suche nach einem richtigen Grund.
Aber ich entschied mich für die Ablenkung und werde nun eine schon lange offene Pendenz vom Verein erledigen.
Over and Out.
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"Ohne Momente der absoluten Schwäche kann keine Stärke entstehen."
Leon
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Passend zu meinem letzten Beitrag.

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Mona Lisa
Wenn ich etwas in meinem jungen Leben gelernt habe, dann ist es folgendes.
"Folge deinem Herzen, egal wie verrückt es schlägt."
Manchmal sollte man aufgeben, ein vernunftbegabtes Sinneswesen zu sein und zurück zum Tier gehen. Spüren und instinktiv reagieren. Wir haben zwar die Gabe zu überlegen, was nützt uns dies, wenn wir aufhören zu Spüren?
Ja es gibt sie. Die Wunderkinder und hochsensiblen Menschen. Sie spüren mehr als du und ich. Aber welchen Vorteil haben sie, wenn wir sie nicht erhören?
Ich persönlich bin an einem Punkt angekommen, wo ich mich leiten lasse. Sei es gut oder schlecht. Oft hinterfrage ich es gar nicht mehr. Es passiert sowieso und es ist weder verhandelbar noch rückgängig zu machen. Die Kunst es anzunehmen wie ist es ist, ist eine wahre Kunst des Überlebens.
Picasso hat sich sein Ohr, wegen einem Tinnitus, abgeschnitten. Hat es etwas gebracht? Nein, er nahm es nicht an. Danach aber nahm er den Fakt an, dass er nur noch ein Ohr hat. Er liess sich ja sogar so abbilden.
Bleiben wir bei der Kunst. Mona Lisa lächelt nicht. Würde sie es tun, wenn sie wüsste, welch Reichtum es ihr gebracht hat nicht zu lächeln? Könnte sie Reichtum gegen ein fröhliches Portrait eintauschen?
Also. Was ist die Moral von der Geschichte?
"Lächle, geniesse, erlebe und lass es passieren. Passieren tut es meistens sowieso. Aber der Schlüssel ist es anzunehmen wie es passierte."
- Leon
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Sein oder nicht sein.
Wollen oder Müssen.
Wahre Worte für Millenials.

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Liebe Mamma
Meinen ersten Eintrag widme ich meiner lieben Mutter.
Mütter sind unglaublich. Nur schon der Fakt, dass sie alles auf die Reihe zu bekommen scheinen verblüfft mich. Ich werde niemals Mutter, nur Vater kann ich werden.
Diese Gefühle sind jedoch gemischt. Wenn ich Vater werde muss ich doppelte Verantwortung tragen. Immernoch nebenbei arbeiten und das Leben weiterführen. Diese Kunst zu erziehen und zu lieben wie eine Mutter macht einem schwache Knie. Meiner Ansicht nacht braucht es mehr Väter welche Mütter sind. Die Fürsorge, Liebe und Verbundenheit von einer Mutter zum Kind währt ewig und ist ein nahezu unzerstörbares Band zwischen ihr und dem Kind.
An dieser Stelle danke ich dir Mamma. Für deine Worte, Unterstüzung und dein blindes Vertrauen.
-Leon
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