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die Nacht hat zwölf Stunden, dann kommt schon der Tag.
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Self Portrait with Cigarette, Grit Kallin-Fischer, 1928
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Städter
Nah wie Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, daß die Straßen Grau geschwollen wie Gewürgte sehn.
Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Traums die zwei Fassaden Leute, wo die Blicke eng ausladen Und Begierde ineinander ragt.
Unsere Wände sind so dünn wie Haut, Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine, Flüstern dringt hinüber wie Gegröhle:
Und stumm in abgeschloßner Höhle Unberührt und ungeschaut Steht doch jeder fern und fühlt: alleine.
Alfred Wolfenstein (1914)
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Die beste Kunst, so träumend den Nachmittag in das Netz des Abends einzufangen, ist das Plänemachen. Der Flaneur beim Planen.
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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1839 war es elegant, beim Promenieren eine Schildkröte mit sich zu führen. Das gibt einen Begriff vom Tempo des Flanierens in den Passagen.
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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Den Flanierenden leitet die Straße in eine entschwundene Zeit. Ihm ist eine jede abschüssig. Sie führt hinab, wenn nicht zu den Müttern, so doch in eine Vergangenheit, die um so bannender sein kann als sie nicht seine eigene, private ist.
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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Ließe nicht ein passionierter Film sich aus dem Stadtplan von Paris gewinnen? aus der Entwicklung seiner verschiedenen Gestalten in zeitlicher Abfolge? aus der Verdichtung einer jahrhundertelangen Bewegung von Straßen, Boulevards, Passagen, Plätzen im Zeitraum einer halben Stunde? Und was anderes tut der Flaneur?
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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Die Masse bei Baudelaire. Sie legt sich als Schleier vor den Flaneur: sie ist das neueste Rauschmittel des Vereinsamten. – Sie verwischt, zweitens, alle Spuren des Einzelnen: sie ist das neueste Asyl des Geächteten. – Sie ist, endlich, im Labyrinth der Stadt das neueste und unerforschlichste Labyrinth. Durch sie prägen sich bislang unbekannte chthonische Züge ins Stadtbild ein.
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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Die Stadt ist die Realisierung des alten Menschheitstraumes vom Labyrinth. Dieser Realität geht, ohne es zu wissen, der Flaneur nach. Ohne es zu wissen – nichts ist, auf der andern Seite törischter als die konventionelle These, die sein Verhalten rationalisiert und die unbestrittene Grundlage der uferlosen Literatur ist, die den Flaneur nach Verhalten oder Gestalt verfolgt, die These: er habe aus der physiognomischen Erscheinung der Menschen sein Studium gemacht, um ihnen (?) Nationalität und Stand, Charakter und Schicksale am Gang, am Körperbau, Mi(e)nenspiel abzulesen. Wie dringend mußte das Interesse an der Verhüllung seiner Motive sein, um so fadenscheinigen Thesen Kurs zu verschaffen.
Walter Benjamin, Passagenwerk (1927-1940) (Edition: Suhrkamp, 1982)
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