Don't wanna be here? Send us removal request.
Text
Deutsche Demokratische Rechnung: Eine Liebeserzählung (German Edition) - Dietmar Dath (Highlight: 24; Note: 0)
───────────────
◆ Zwei: Anarchismus ist ein tröstlicher Aberglaube
▪ »Hast du ’ne Lebenskrise, oder was? Du enttäuschst mich. Ich meine, ich verlange ja nicht, dass dir alles egal ist, so wie mir. Auf diese Stufe der Erleuchtung muss man sich erst mal hocharbeiten. Das kommt nicht über Nacht. Aber wenigstens das, was wirklich egal ist, könnte dir egal sein. Dein Vater und so was. Das Erledigte.«
◆ Vier: Mancher Heimweg führt ins Nichts
▪ Von Montag bis Freitag stehen in diesen Wochen, meistens nicht weiter als zwei Meter von diesen Schildern entfernt, Arbeiter, die diese Schilder aufgestellt haben, und rauchen fleißig, wie sich das gehört.
▪ Vor der Zara-Boutique liest sie nicht, wie sonst, das Anwerbeschild (sie überfliegt es nur: man sucht »Mitarbeiter im Verkauf in Teilzeit (m/w)« und bietet »große Transparenz« sowie »spannende Entwicklungsmöglichkeiten«, das klingt ja fast wie ein Geheimdienst), sondern studiert die Preise der Klamotten, die ihr vielleicht stehen könnten: die Scheinschafspelzjacke aus unklar Synthetischem kostet 79 Euro 95, die längs gestreifte schwarzweiße Bluse 39 Euro 95, die Jeanshose, knuspriger und straffer als ihre, kostet nur 39 Euro 95, die Schuhe – schwarze Sneaker mit dicker weißer Sohle – immerhin 69 Euro 95, und das Tuch (doch, da steht nur: »Tuch«, eine noble Selbstbescheidung des Marketings) wäre für 25 Euro 95 zu haben. Immer diese 95 Cent, es ist doch zu albern. Der nahe Geldautomat der Frankfurter Sparkasse (die in Kursivschrift nach ihrem Namen stolz mitteilt, wie alt sie ist: 1822) schweigt sich aus: Dieser würdige Roboter wird sich niemals dazu herablassen, 95 Cent auszuwerfen, bei ihm gibt’s nur Scheine. Neben dem Klamottenladen lockt »Zara Home«. Hier erfährt man überhaupt keine Preise; aber für Leute, die Bettzeug, Handtücher, Glas und dergleichen brauchen, steht eine schöne Auswahl an Unsinn auf den Regalen.
◆ Fünf: Man darf der Wahrscheinlichkeit nicht alles glauben
▪ Kaum sitzt man am Tisch, fährt Manuel, der den Lärm und Betrieb ringsum nicht beachtet, mit seiner kleinen Privatvorlesung zum Thema Glücksspieldesign als Sozialtechnologie fort: »Das Entscheidende ist, man kann sogar die eigentlich zutreffende Idee, die hinter dem Gesetz der großen Zahl und hinter dem Grenzwertsatz steckt, gegen den menschlichen Verstand richten, indem man ein Spiel einfach so konstruiert, dass diese ganzen Konvergenzen nicht … Also, es gibt da so eine Firma, die baut solche Glücksspielautomaten, diese sich drehenden Rädchen, und die hat das mal veröffentlicht, vor ein paar Jahren, die Auszahlungswahrscheinlichkeit, das war gestaffelt, aber auch ineinander geschachtelt. Für 8 Spiele 1 zu 1, für 33 Spiele 5 zu 1, für 219 Spiele 80 zu 1 … Die Auszahlung bei 80 zu 1, die passiert oft genug, dass die Leute denken, sie haben das Glück überrascht, will sagen: Das Ding ist derart gebaut, dass die Leute denken, das Spiel sei großzügiger, als es tatsächlich ist. Glück haben ist eine Art Droge in diesem Zusammenhang, ein Versprechen, das sagt, die Schwelle sei niedrig: Je mehr Glücksfaktor, desto geringer wirkt sich der Unterschied aus zwischen Fachleuten, die strategisch spielen können, und irgendwelchen Anfängern, die dann glauben, sie könnten es genauso gut.« Vera wird nachdenklich: »Ah. Hm. Ja. Der Marxismus würde sagen, so funktioniert der Umbau der frühen kapitalistischen Stufe der freien Konkurrenz zum Monopolkapitalismus: weil unter den Monopolen alles zusehends Glückssache wird, wie schon im Feudalismus, wo es halt davon abhängt, welche Eltern du hast, ob das Adlige sind oder Leibeigene, das kannst du nicht beeinflussen … Und im Monopolismus wird es wieder Glückssache, aber eben deshalb denken die Leute, es sei wie in der freien Konkurrenz, wo jeder eine Chance hat, Fleiß und Intelligenz vorausgesetzt. Die Chancen sind jetzt aber viel schlechter, als die Leute denken, nur kriegen sie dauernd diese Meldungen serviert von der Situation 80 zu 1, weil die oft genug passiert, und dann wollen eben alle mitspielen.«
◆ Sieben: Ein öder Job schickt das Hirn ins Exil
▪ Ein netter Mann, eigentlich, aber Vera ist nicht die öffentliche Meinung und will nicht von ihm agitiert werden
◆ Neun: Man muss das Erbe kennenlernen
▪ Seit sie ein Kind war, führt sie solche inneren Dialoge mit sich, in denen es um Interpretationen äußerer Zufallsereignisse geht, stets in Rufweite der vernünftigen Überlegung, dass es in Wirklichkeit keine übernatürlichen Zeichen gibt, keine Interventionen eines stabilen Sinns in den Fluss des sinnlosen Geschehens.
◆ Zehn: Die Polizei darf man ernst nehmen
▪ kommt währenddessen darauf, dass ihr die Adresse ja gar nichts nützt, weil sie allein von der Straßenbezeichnung her nicht abschätzen kann, wie weit das weg ist, welche Verkehrsmittel man am besten benutzt und so weiter. Die Adresse ist inzwischen eingetroffen. Vera schätzt ihre Fähigkeit, ad hoc den korrekten und effizienten Gebrauch der einschlägigen Apps auf ihrem Smartphone erlernen zu können, realistisch mager ein. Immerhin hat sie noch eine Taxitelefonnummer gespeichert, vom Beerdigungswochenende her. Sie ruft bei der Taxizentrale an, es meldet sich auch gleich jemand und verspricht, der Wagen sei in etwa fünf Minuten da.
◆ Zwei: Nachrichten sind Herausforderungen
▪ »Seit der Unikliniksache sagen die von der Kasse: Dann ist es ja jetzt geklärt, dann habe ich nix, dann ist es eben die Lebensweise.« Das klingt für Vera einerseits unfassbar und andererseits absolut authentisch – ja, so reden die, denkt sie, und sagt: »Schweinerei. Du zahlst das jetzt also alles selber?« »Muss ja wohl. Also, kann ich dann nächste Woche …« »Ja, ja, klar, auf jeden Fall«, winkt Vera ab, und setzt an: »Aber sag mal, das würde ich mir nicht bieten lassen, wenn die einfach sagen, du bist gesund, während …« »Ist halt so.« Saskia hat keine Lust, das im Einzelnen zu analysieren, aber Vera versucht es trotzdem: »Hör mal, du musst das nicht schlucken. Die sind doch für so was da, diese Kasse ist doch …« »Naja, aber es wird halt dann auch alles zu teuer irgendwann, nicht?«, gibt sich Saskia abgeklärt und sieht jetzt auch ungeduldig aus. Vera fasst nach: »Nein, hör mal, das ist diese Lügerei, von wegen, ein ordentliches Gesundheitssystem ist eben nicht bezahlbar. Die Wahrheit ist doch, diese ganzen Verschlechterungen der Versorgung seit zwanzig Jahren, das machen die einfach, weil das Geld nicht mehr in Gesundheit und Bildung und andere Sachen für Nichtreiche wie dich und mich gehen soll, weil die Reichen das durchsetzen können – Kostenexplosion im Gesundheitswesen hieß es in den Neunzigern überall, über unsere Verhältnisse hätten wir angeblich gelebt in dieser Bundesrepublik, und es war eiskalt gelogen, denn relativ zum Bruttosozialprodukt hat sich nichts Nennenswertes verändert, es war nicht teurer als in der seligen Sozialstaatszeit, sie haben einfach die absoluten Zahlen genommen und alle damit eingeschüchtert, weil sie das als überflüssige Ausgaben sehen, aber das war Inflation und … Also, dann könnte man auch sagen, Kostenexplosion im Klopapierwesen, da sagt das niemand. Das war alles einfach die Reaktion darauf, dass man jetzt die Samthandschuhe ausziehen konnte, sie haben ja schon 1992 auch in der Industrie hier … die Metallunternehmer haben einfach das Stufenabkommen mit den Gewerkschaften außerordentlich gekündigt, glatter Rechtsbruch, und seitdem gibt es nichts als Zerstörung des Tarifrechts überall, Sozialkürzungen, Zerstörungen …« »Du, ja, das ist Scheiße. Ich muss mal nach hinten, nicht?« Vera sieht, wie gelangweilt und gequält Saskia sie anschaut, und nickt nur, und ärgert sich, als die andere Frau weg ist: Warum predige ich hier rum? Ist doch völlig zwecklos! Warum erzähle ich von 1992? Weil 1992 das Jahr war, in dem Honecker in den Knast musste und die deutsche Arbeiterklasse vom Tarifrecht bis zum Sozialwesen auch gleich lernen durfte, was das für sie bedeutet, wenn Honecker nicht mehr im ZK sitzt, sondern in einer Strafanstalt in Moabit. Es ist lange her, und was inzwischen daraus wurde, findet sich vollständig ausgedrückt in zwei Wendungen, die Saskia eben gebraucht hat: »Muss ja wohl« und »Ist halt so«. Wer sich daraus ein Gewissen macht oder sich darüber aufregt, endet wie mein Vater, denkt Vera. Dann fällt ihr ein: Das Schlimmste an dieser Sache hier ist nicht Saskias elender Gehorsam, diese grausige »Flexibilität«, sondern dass Leute wie ich Eltern haben, die auch schon gescheitert sind beim Versuch, das zu ändern – dass das schon ein Fluch mehrerer Generationen ist, und dass wir vielleicht noch mehrere Generationen vor uns haben, bevor sich wieder eine Chance bietet. Auf dem Heimweg denkt Vera dann, dass Saskia auf eine scheußliche Art sogar recht hat, wenn sie Veras Analysekrümel nicht haben will. Denn was bringen die ihr? Vera könnte genauso gut eine lange Geschichte von den blauen und grünen Dämonen erzählen, die hinter allem stecken, anstatt von Gesamtmetall und dem Gangster Seehofer und dem durch das Ende des Sozialismus gekippten Kräfteverhältnis zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden. Das sind für eine Frau wie Saskia ungreifbare Realitäten, es gibt keinen Hebel, also ist es irrelevant. Vera schnauft, ärgert sich: Nein, die Wahrheit kann nicht irrelevant sein, auch die abstrakte nicht! Wir sind doch Menschen, keine Hasen, die immer nur den nächsten Flecken Gras suchen können und damit leben müssen, wenn die Menschen ihn weggemäht haben.
◆ Zwei: Wer zuhört, hat mehr von der Verabredung
▪ setzt das milde Sprühen von oben ganz aus, so dass sie hochblicken kann in den Himmel. Der ist sauber, wenn auch nicht frei – eine Suppe zwar, aber eine gesunde, hinreichend gesalzene.
▪ Eine Tafel warnt: »Jede Kontaktaufnahme und jeder Einbringungsversuch ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt« – ein Numerus-Fehler,
▪ Die Papiere von Otto Ulitz, dazu ein kurzer Rückblick auf dessen regelmäßige Bemerkungen »die alle drauf rausliefen, der eigentliche Zusammenbruch der DDR sei die Absetzung Ulbrichts auf sowjetischen Wunsch gewesen, denn Ulbricht hat, sagt mein Vater, kapiert, was Sozialismus ist: nicht das Land der Utopie, nicht die Gesellschaft, in der alle alles haben können, was sie wollen, sondern die Gesellschaft, die einen großen Reichtum erarbeitet unter drei Bedingungen: erstens, und am wichtigsten, niemand hat unter Geburtszufällen zu leiden, niemand ist von Chancen ausgeschlossen, zweitens, belohnt wird, wer die Sache insgesamt voranbringt, drittens, es gibt eine Untergrenze, unter die niemand fällt bei der Versorgung, auch die nicht, die nicht besonders viel leisten – also, es gilt schon noch ein Leistungsprinzip, anders als im Kommunismus, wo man einfach die grundsätzliche Fähigkeit der Menschen, mehr zu erzeugen, als sie verbrauchen, mit technischen Verbesserungen bis an den Punkt vorangetrieben haben wird, dass man sich über Leistung keine Gedanken mehr machen muss. Aber der Sozialismus, der dazu da ist, diesen Zustand über eine längere Zeit, auch durch Erziehung der Menschen zum Reichtum und zur Selbstverantwortung im Reichtum, vorzubereiten, der mildert dieses Leistungsprinzip durch eine Grundversorgung, wie sie der Kapitalismus nicht hat, weil es bei dem immer das Prinzip der Drohung geben muss: Wenn du für die Kapitalisten keinen Profit mehr abwirfst, kannst du von dem, was die Gesellschaft produziert, ausgeschlossen werden. Kein Wohnraum, keine Bildung, nicht mal was zu essen. Also, mathematisch gesprochen, es ist eine Art Entwicklung in drei Dimensionen: Erstens, Produktivkraftentwicklung, zweitens, Produktivität der Menschen selbst, vulgo Leistung, drittens ähm, Danke«, die Kellnerin bringt das Frühstück für Vera, Frigyes räumt seins ein wenig zusammen, damit Platz dafür ist. Vera holt Luft und sagt: »Drittens, die Grundsicherheit wird immer weiter ausgebaut, neue Bedürfnisse werden mitproduziert und befriedigt.«
▪ Aber kleine Trennungspartikel wie »ja, also« oder »gut, na dann« mischen sich in ansteigender Frequenz in die Sätze, und schließlich steht Vera als Erste auf, allerdings zunächst, um zur Toilette zu gehen.
◆ Drei: Die Welt ist kein sicherer Ort
▪ Läßt sich überhaupt eine Logik / eine Rechnung / ein Kalkül konstruieren, worin eine Lüge eine Information ist?
◆ Eins: Beratungen sind die halbe Verwaltung
▪ Bevor Ulbricht, dem danach zu sein scheint, den Mann abermals zurechtzuweisen, das tun kann, geht Ulitz selbst zum Gegenangriff über: »So ist es. Und eine Planwirtschaft muss den Zufall mitplanen. Sehen Sie, es gibt nun mal viele Variablen, viele Dimensionen für unsere Entscheidungen, und wir müssen die Menschen in gewissem Sinne als Zufallsgrößen sehen, und die sowjetische Mathematik hat in den letzten Jahren gelernt, dass die Wahrscheinlichkeitsrechnung …« Es ist Ulbricht, der ihn unterbricht: »Die Menschn im Sozialismus sind keine Zufälle. Die Menschen im Sozialismus sind vernunftbegabte Wesn.« Otto Ulitz nickt eifrig, schüttelt den Kopf, nickt wieder. Sucht Worte. Vereinzelt tuschelt man. Unterdrücktes Lachen ist zu hören. Preuß sagt: »Mein lieber Otto …« Ulitz schnappt noch einmal nach Luft, dann bricht es aus ihm heraus: »Nein, nein, sehen Sie, Genossen … es ist so, wir müssen … wir müssen den freien Willen der Leute anerkennen, wir müssen fördern, dass sie in ihrem Interesse, als vernünftige Wesen, uns mit Neuem überraschen. Es ist wie mit dem freien Willen überhaupt: Der dialektische Materialismus hat kein theologisches Konzept von freiem Willen, von Gut und Böse, er sagt, die Leute sollen einander nicht zwingen können, wir sollen eine Gesellschaft einrichten ohne Nötigung, das heißt, das Verhalten der Leute ist nicht von Befehlen determiniert, sondern es kann uns überraschen. Wir müssen diesen Überraschungen Raum geben, indem wir anfangs eine völlige Zufallsverteilung der Chancen annehmen und dann lernen, wo und wie und warum das nicht so ist, wo die Begabungen stecken. Das ist die Methode von Thomas Bayes. Thomas Bayes ist lange missverstanden worden, auch in der Sowjetunion. Kolmogorow – der geniale Mathematiker, von dem dieses Buch hier stammt – hat die Lehre von Bayes, wonach die Wahrscheinlichkeit der Grad gerechtfertigten Glaubens an ein Ereignis ist, anfangs als subjektivistisch abgelehnt. Er dachte, da steckt ein Irrationalismus drin. Aber dann hat er gesehen, wie man Bayes präzisieren muss – und eben auch, dass man ihn braucht: bei Geschossbahnberechnungen, im Krieg gegen die deutschen Faschisten, hat Kolmogorow gesehen, wenn man anfangs eine Zufallsverteilung von einer gewissen Gleichmäßigkeit annimmt und dann die Rechnung Schritt für Schritt dem gelernten Wissen anpasst …« »Das sind philosophische Erwägungen«, unterbricht Ulbricht, »mit denen wir uns hier nich befassn können.« Ulitz weiß, dass ihm Raum und Geschick fehlen, sich verständlich zu machen. Er sagt, nicht mehr so eifrig wie eben: »Der … der Sozialismus ist selbst … eine philosophische Erwägung. Ich will ihn nur unseren Maschinen beibringen, damit sie uns dabei helfen, dass er … dass er wirklich …« »Den Rechenmaschinen den Sozialismus beibringen«, sagt Ulbricht, »und den Sozialistinnen und den Sozialisten das Rechnen. Das gefällt mer. Das wollen wir loben, dafür dank ich Ihnen, Genosse Ulitz. Also, was weiter? Genosse Rauer?«
◆ Zwei: Kündigungen und Klärungen soll man nüchtern vollziehen
▪ Der Tag bleibt strahlend klar, auch auf der Autobahn, und der Kontrast dieses fast sommerlichen Wetters zu der Mischung aus Laszivität und Melancholie, die von der Musik ausgeht, die Frigyes mitgenommen hat, auf Veras Bitte – es ist die erste CD, die heute morgen lief, das Album »Goddess« von Jillian Banks – erzeugt eine ganz eigenartige, großzügige, herzweitende Stimmung im Auto. Die Musik ist nicht zu laut. Der Autofahrer weiß genau, wie weit er den Regler nach rechts drehen muss, damit man sich noch unterhalten kann.
▪ Friedrich Engels, Dialektik der Natur, die Dinge an sich sind nicht der Punkt, wir machen sie zu Dingen für uns.
▪ Und da sieht man dann, es gibt eine minimale Pixelgröße, Information ist nicht unbegrenzt in alle Richtungen für immer unbeschädigt zu haben, die Naturgesetzgleichungen sind symmetrisch und die Entropie ist trotzdem nicht verletzt.« »Geht mir übern Horizont.« »Na, die Zusammenfassung ist: Absolutes kannst du vergessen. Totale Sicherheit, totales Chaos … es geht immer nur irgendwas dazwischen, und die Aufgabe ist, rauszufinden, was jeweils geht. Und wer daraus, dass das Absolute nicht zu haben ist, ableitet: Gar nichts geht, der oder die … drückt sich nur.«
◆ Fünf: Erkenntnis kann auch Unordnung stiften
▪ Sie holt den Laptop aus dem Gästezimmer, stellt ihn neben den vorsintflutlichen Rechenklotz ihres Vaters, klappt ihn auf, schaltet ihn ein, ruft den Browser auf. Sie findet sechs Artikel. Es steht einiges darin, das sie nur schwer zusammendenken kann mit Frigyes, wie sie ihn kennt: Was Handke angeht, so ist er ein Wirrkopf, der sich zum Instrument eines Verbrechers gemacht hat, wie so viele Schriftsteller im Stalinismus. Nur weil ein Mensch dichten kann, muss man ihn noch nicht bewundern – die Zeiten sind vorbei. Oder: Bleiberecht für alle – das klingt gut, aber die Grünen haben durch ihre Beteiligung an wirklicher Politik gelernt, dass Maximalforderungen dieser Art, genau wie absoluter Pazifismus oder die Verherrlichung der Armut an sich, bei der immer auch mit gelobt wird, wer nichts zum Ganzen beitragen will und damit unsolidarisch handelt, Fallen sind, in die man nicht gehen darf. Oder: Die Linkspartei muss sich eindeutig erklären, ob sie auf ihrem unbeweglichen Standpunkt zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch im Fall der Friedenssicherung beharren will wie ein pubertäres Trotzköpfchen, oder ob man sie wählen kann, weil sie ein Interesse daran hat, in diesem Land tatsächliche Politik zu machen statt Rattenfängerpolitik bei ewig Unzufriedenen, bei denen das »links sein« nur ein Ventil für ein verpfuschtes eigenes Leben ist. Die aggressivsten Stellen aber, Enikö hat recht, stehen in dem Text über Heinrich Fink: Linksradikale haben immer Probleme mit den Unterschieden. Sie können wirkliche Opfer des Systems, das sie hassen, aber nicht verstehen, von denen schlecht trennen, die keinerlei Mitleid verdienen. Man darf ihnen nicht sagen, was alle anderen Menschen wissen – gerade auch die, für die diese Linksradikalen kämpfen wollen, »das Volk«. Man darf nicht sagen, was klar ist: Die RAF war eine kriminelle Bande. Mumia Abu-Jamal ist ein Polizistenmörder. Und Heinrich Fink, der sich auf »die Bibel und das Grundgesetz« beruft, ist ein schlechter Witz – er, der sich anmaßt, für Nazi-Verfolgte zu reden und als alter SED-Mann selbst für die Verfolger der SED gewirkt hat, selbst Verfolger war. Und: Den Verfassungsschutz wollen sie abschaffen statt reformieren – so reden sie, weil man das System, das sie selbst betrieben haben, nicht reformieren konnte, und weil man es deshalb zum Glück abgeschafft hat. Und: Wenn die Linken und Linksradikalen sich nicht von den lebenden Fossilien der Diktatur trennen, dürfen sie nicht weinen, wenn man sie weder ernst nimmt noch mitreden lässt. Vera versteht nicht, wo dieser Ton herkommt. Sie kann ihn sich nicht erklären. Sie liest das, und sie denkt, was ist das für eine Sprechart, was ist das für ein Klang der Wörter und Sätze? Das ist ein völlig anderer Mensch, den kenne ich nicht – dieser Eifer, dieser schneidende Spott, ist das der Zweifler, der Gewissenhafte, der Tolerante, der Neugierige, mit dem sie die letzten Wochen, jetzt fast schon Monate verbracht hat, und mit dem sie noch viel mehr Zeit verbringen will? Wo kommt das her, dieser Fleiß beim Verspotten, diese Drohung, die da drin steckt, in jedem Satz: Kommunisten, ändert euch, oder wir … was? Werfen euch aus dem Gespräch? Das da redet gegen Unterdrückung, gegen die böse SED, und es ist doch nichts als Rechtfertigung für Maulkörbe, fürs Beschnüffeln, fürs Verächtlichmachen und Ausgrenzen jeder Widerrede gegen das, was geschieht. Er, der Unterschiede anmahnt, haut unterschiedslos gegen Handke wie gegen Fink, gegen Alte wie gegen Junge, für die Schnüffler, für die Kriegstreiber, für diejenigen, die Leute einsperren, wenn diese Leute nicht mitspielen. Er schreibt wie ein Staatsanwalt, der seine Instrumente herzeigt, und wie ein Rechthaber, dessen Recht die vorhandene Macht ist. So klingt das also, wenn man gegen eine Diktatur Mut zeigt, die es nicht mehr gibt, und für eine Diktatur redet, die ihre Diktate nicht als Diktate an die große Glocke hängt. Man versteht diese Diktatur, die jetzige, ja auch so: Mach mit, oder wir führen dich vor, klagen dich an, denunzieren dich als trotzig und gestrig und dumm und gefährlich, alles in einem, auch wenn es nicht zusammenpasst, jeder Schimpf ist recht.
▪ »Ja, spinn halt. Du spinnst, weißt du das? Weißt du das? Weißt du, dass ich meinen Text seit Tagen abgeben müsste und es nicht mache, weil ich mir hier … weil ich mich hier rumquäle, dass du auch ja nicht falsch verstehst, wenn ich da schreibe, was meine Meinung ist – Ich habe nämlich, auch wenn es dir und deinen Leuten nicht passt, eine eigene Meinung, und ich habe ein Recht auf diese Meinung …« »Deine eigene Meinung, das ist … ich habe sie heute mal nachgelesen. Du sagst sie mir ja selten. Sie steht im Netz. Sie ist die Meinung der jetzigen Bundesregierung und der ehemaligen Bundesregierung und der ehemaligen Regierungszeitung für Rotgrünes, die dauernd so schreibt, als ob sie bald wieder Regierungszeitung werden will, und die Meinung aller staatstragenden Kräfte, und die Meinung des Verfassungsschutzes und der BDI-Spitze und …« »Du spinnst doch«, wiederholt er wütend, »du hast sie doch nicht mehr alle! Aus so einem Scheiß hier eine Vorladung zu machen, eine Anklage, als wenn ich der schlimmste Spitzel wäre, und ich mach mich hier fertig, dass ihr nicht beleidigt seid, ihr Spinner, mit eurem Getue …« »Was regst du dich auf? Du hast mich angelogen. Das ist der Punkt. Und du hättest es nie richtiggestellt, wenn ich es nicht rausgekriegt hätte.« »Dass du mir hier so kommst! So politisch und … ich meine, was ist das, steht das bei dir über allem, die Politik, oder was?« »Nein. Nein, ich finde das Scheiße, wenn Leute andere Leute nur als Mittel sehen, als Hilfsmittel für die Durchsetzung ihrer politischen Absichten. Aber du, du denkst, und das ist das Bescheuerte, du denkst, wieso, es ist doch nur ein Artikel, es ist doch nur ein Job, Karriere, wenn es viele lesen, ist man ein Star, gut für einen selber – also, alles ganz individuell und persönlich und zufällig, aber es ist eben in Wirklichkeit komplett politisch. Du machst eine politische Arbeit, und man braucht Leute wie dich, damit die gemacht wird.« »Man? Wer, man? Das Kapital?« »Das Kapital kriegt so Zwerge wie dich und mich gar nicht mit. Erst mal sind es nur deine Grünen, die was davon haben, von dem, was du da machst.« »Was ich mache? Was mache ich denn?« »Du suchst die Nähe von Menschen, die sich gegen das alles wehren, gegen das Ausgeraubtwerden und die Unterdrückung, weil dich das fasziniert und anzieht irgendwie, und dann bist du privat nett zu ihnen und öffentlich verhaust du sie. Und das hältst du dann für ausgewogen, weil es die zwei Seiten deines Gesichts sind. Die zwei Seiten von dem, was du bist: innen lieb und außen ein grüner Polizist.« »Na, du kennst mich ja super.« »Leider nicht«, sagt Vera. Er sagt: »Ach, hör doch auf, du Klugscheißerin. Was ist, hast du das mit Mathe ausgerechnet? Geh doch nach Moskau.« Er legt auf, und sie denkt: Das gibt es doch nicht.
◆ Sechs: Würfeln will gelernt sein
▪ »Was hast du, Otto? Du bist Vater geworden, nach so langer Zeit, das ist doch prima.« »Das findet der wahrscheinlich auch.« Ulitz nickt in Richtung des Honeckerporträts an der Wand, »der findet ja alles, was die Russen finden.« Der alte Genosse räuspert sich: »Na komm, Otto. Freuste dich nicht?« Ulitz setzt eine freundlichere Miene auf und sagt: »Über das Mädchen? Sehr. Aber die Zukunft, da wird mir angst und bange um das Kind. Die Russen …« »Was hast du mit den Russen? Sollst du jetzt nicht bald eher mal den Westhandel studieren?« »Wir hatten einen da. Bei uns, hier, letzte Woche. Einen leitenden Russen aus Leningrad, der hat … es ist haarsträubend, auf was die stolz sind. Letztes Jahr, sagt er, wurden in der Sowjetunion 5,5 Millionen Kinder geboren – mehr als in jedem anderen Nachkriegsjahr. Jetzt müssen sie natürlich Wohnungen bauen, da freut er sich, das kurbelt die Wirtschaft an. Er redet wie ein Westler, die Wirtschaft! Wer ist das denn, die Wirtschaft? Als ob die Arbeitszeit nicht in Sinnvolleres investiert werden könnte. Wollten wir nicht so arbeiten, dass man später immer weniger arbeiten muss, damit man Zeit hat für demokratische Verwaltung, für Kultur? Und wollten wir nicht die Arbeit am meisten belohnen, die uns diesem Ziel näherbringt, also Leute, die automatisieren, Leute, die Ressourcen effektiv nutzen? Konsum, Wohnungen, und sogar Rohstoffe, ich meine, sie rühmen sich, dass sie mehr fördern … Statt sich zu rühmen, dass sie mit weniger mehr erreichen. Denn das tun sie nicht. Sondern das Gegenteil. Es ist der schiere Wahnsinn – auch wenn es vernünftige Stimmen gibt, die sagen: Solange nicht das meiste am Zuwachs des Nationaleinkommens aus der Produktivitätssteigerung kommt, ist es kein echter Zuwachs. Aber das sind Minderheiten.« Der alte Genosse steht auf, geht zu Otto, legt ihm die Hand auf die Schulter: »Du trauerst immer noch Ulbricht nach.« »Ach«, sagt Otto Ulitz, »es hilft ja nichts, er muss wiederkommen, aber diesmal in der Sowjetunion, sonst sind wir erledigt.« »Was malst du so schwarz?« »Ich schau mir den Markt an. Die Welt. Immer mehr wird in den Gesamtumlauf geschmissen, es wäre Wahnsinn, autark sein zu wollen. Aber wie fest man steht, das ist entscheidend, wenn man sich an Geschäften mit den Imperialisten beteiligt. Sie spielen rum, diese Russen – einerseits wollen sie Leistung stärker belohnen, andererseits wollen sie die Kennwerte hier und da einfrieren, damit sie leichter den Überblick kriegen – also prozentual fix die Lohnfondsanteile, die Fonds für Produktivitätsentwicklung, die Höhe der Gewinnabführungen an den Staat – das, was beweglich sein müsste, schrauben sie fest, und das, was fix sein muss, das lockern sie. Es gibt kein Konzept.« »Und das Neue Ökonomische System, das war ein Konzept?« »Das war eins, das man dann hätte korrigieren können, Schritt um Schritt, ja.« »Geh heim«, sagt der alte Genosse und betrachtet seine Hände, »geh heim und kümmere dich um dein Kind, da kannst du was ausrichten, das ist die Zukunft, soweit du sie beeinflussen kannst, und selbst da hast du nicht viel zu sagen – glaub’s einem mit drei Kindern. Aber alles andere, Otto …« Er denkt nach, dann hat er’s: »Alles andere ist Schicksal.« Otto Ulitz sagt: »Schicksal, das sagen nur Leute, die nicht in Wahrscheinlichkeiten denken wollen.« Der Genosse nickt der Leibnizpostkarte zu, die gerahmt an der Wand hängt: »Dein Meister da, der konnte das?« »Einerseits ja«, sagt Ulitz, »aber die Sache hat eben Tücken. Selbst er hat sich dabei geirrt und aufgrund der Abstraktion, zu der das Abwägen von Zahlenverhältnissen stets zwingt, einen Tatbestand übersehen, an den ihn die tatsächliche physische Handhabung der Objekte, über die er nachdachte, rasch hätte erinnern können. Als er drüber nachdachte, wie wahrscheinlich beim Werfen mit zwei Würfeln von je sechs Seiten die Augensummen 11 und 12 sind, hielt er diese beiden Wahrscheinlichkeiten für gleich groß, weil es jeweils nur eine Kombination gibt, die zu diesen Ergebnissen führt. Letzteres stimmt zwar: Nur 6 + 6 ist bei zwei sechsseitigen Würfeln 12, und nur 5 und 6 ist 11. Hätte er die Sache aber mit zwei erkennbar verschiedenen Würfeln durchgespielt – sagen wir: einem weißen mit schwarzen Augen und einem schwarzen mit weißen Punkten –, dann wäre ihm sofort aufgefallen, dass es für die 12 tatsächlich nur eine Kombination gibt, nämlich den Fall, dass sowohl der weiße als auch der schwarze Würfel 6 Augen zeigt. Die 11 aber kann sich sowohl ergeben, wenn der weiße Würfel 5 und der schwarze 6 Augen zeigt, als auch dann, wenn der weiße 6 und der schwarze 5 zeigt. Die Wahrscheinlichkeit, eine 11 zu würfeln, ist also doppelt so hoch wie die Wahrscheinlichkeit, eine 12 zu würfeln.«
▪ Der Genosse nickt der Leibnizpostkarte zu, die gerahmt an der Wand hängt: »Dein Meister da, der konnte das?« »Einerseits ja«, sagt Ulitz, »aber die Sache hat eben Tücken. Selbst er hat sich dabei geirrt und aufgrund der Abstraktion, zu der das Abwägen von Zahlenverhältnissen stets zwingt, einen Tatbestand übersehen, an den ihn die tatsächliche physische Handhabung der Objekte, über die er nachdachte, rasch hätte erinnern können. Als er drüber nachdachte, wie wahrscheinlich beim Werfen mit zwei Würfeln von je sechs Seiten die Augensummen 11 und 12 sind, hielt er diese beiden Wahrscheinlichkeiten für gleich groß, weil es jeweils nur eine Kombination gibt, die zu diesen Ergebnissen führt. Letzteres stimmt zwar: Nur 6 + 6 ist bei zwei sechsseitigen Würfeln 12, und nur 5 und 6 ist 11. Hätte er die Sache aber mit zwei erkennbar verschiedenen Würfeln durchgespielt – sagen wir: einem weißen mit schwarzen Augen und einem schwarzen mit weißen Punkten –, dann wäre ihm sofort aufgefallen, dass es für die 12 tatsächlich nur eine Kombination gibt, nämlich den Fall, dass sowohl der weiße als auch der schwarze Würfel 6 Augen zeigt. Die 11 aber kann sich sowohl ergeben, wenn der weiße Würfel 5 und der schwarze 6 Augen zeigt, als auch dann, wenn der weiße 6 und der schwarze 5 zeigt. Die Wahrscheinlichkeit, eine 11 zu würfeln, ist also doppelt so hoch wie die Wahrscheinlichkeit, eine 12 zu würfeln.«
◆ Sieben: Niederlagen sind Durchgänge
▪ Der Ton des Textes ist weniger schneidend als in den Arbeiten, die Vera kennt, eher besorgt und bedauernd, was das Ganze freilich nicht besser macht: Es ist traurig und grotesk: Junge Leute, die diese Gesellschaft braucht, Leute mit Idealen, kritische Leute, verschwenden ihre Energie an Versuche, etwas Gutes am Erbe der zweiten deutschen Diktatur zu finden. Auf ihren Parties, in ihren Kneipen und in ihren Zeitungen befassen sie sich mit den Mumien der DDR und der Sowjetunion und diskutieren die Machbarkeit der Planwirtschaft, anstatt in einer Suppenküche auszuhelfen, in einem Krankenhaus oder einem Kinderheim. Auch nicht übel, denkt Vera, als sie zwei Absätze weiter liest: Wer einen ermordeten Autonomen, der in eine Keilerei mit im Grunde unpolitischen Suffköpfen geraten ist und dabei sein Leben verloren hat, mit einem uniformierten Schergen der DDR-Grenztruppen vergleicht, der in Ausübung seines Soldatengehorsams getötet wurde, beleidigt den Autonomen, weil der keine Uniform angezogen hätte. Diesen Vergleich habe ich selbst gehört, und ich bin erschrocken, und ich habe mich geschämt, dass ich nicht den Mut hatte, energisch zu widersprechen, wo solch hanebüchener Unsinn geredet wird. Am allerbesten aber findet sie das Ende – pathetisch und verlogen, wie es ist: Der Schmerz und die Schande der deutschen Linken, dass in ihrem Namen ein Unterdrückungssystem vierzig Jahre lang bestehen konnte, soll vergessen sein – man rechnet herum, ob die DDR wirklich pleite war, statt der Tatsache ins Gesicht zu sehen, dass sie ein Kapitel der Geschichte war, das die Linke aus ihrem Erbe streichen sollte. Man schreibt lange Aufsätze über Planwirtschaft, weil man den Mut zur kleinen guten Tat nicht hat, zur schrittweisen Verbesserung der liberalen modernen Demokratie, die sicher nicht vollkommen ist, aber das Beste, was Menschen bis jetzt zustande gebracht haben. Es ist der Größenwahn, der alles verstehen und steuern will, eine Kompensation für eine Linke ohne Vorbilder, ohne Väter, auf die sie stolz sein kann – es ist ein psychologisches Problem, das nicht zum politischen werden darf. Liebe Linke und Linksradikale, nennt euch nicht Kommunisten, das war ein Irrweg – nennt euch, was ihr wollt, tretet ein in die Wirklichkeit, und lasst die Toten unter der Erde. Das geht an mich direkt, denkt Vera. So redet er mit mir. Das hält er für aufrichtig. So hat mich nicht mal Gerd zu bevormunden versucht, der wollte mich nur zu mehr Umgänglichkeit erziehen, aber das hier – das ist eine Teufelsaustreibung im Säuselsound. Hier offenbart sich ein grüner Heiliger. Was für eine arme Wurst. Nicht zu fassen. Sie muss das Zeug nicht zweimal lesen, es steht nichts drin, was man nicht so oder ähnlich schon tausendmal gelesen und gehört hat, aus allen Anlässen, zu allen Gelegenheiten. Kein Gedanke, keine Erkenntnis, keine Gründe außer dem immer gleichen: Was ist, das ist, und wer sagt, es war anders und kann anders sein, soll schweigen, soll Pflaster kleben, soll beten, demütig, hilfsbereit, keusch und fromm. Vera blättert noch ein wenig in der Zeitung, liest hier und da dasselbe wie bei Frigyes, manchmal auch ein wenig nach links verschoben. Es gibt einzelne Kriege, die nicht die völlige Zustimmung der Redaktion finden, einzelne Formen von Armut, die sie nicht bewundert, einzelne Tatsachen der Repression, die ihr die Laune drücken. Nur der Kulturteil steht weit rechts von dem Artikel des Menschen, der sie auffordert, die Toten unter der deutschen Erde zu lassen.
▪ Er hat ihr eine E-Mail geschrieben. Da steht dasselbe wie im Artikel, wieder etwas anders, denn Frigyes muss jetzt immer neue Worte finden fürs Unabänderliche: Ich habe ja gewusst, dass der Tag kommt, an dem Du Dich zwischen der Ideologie und dem wirklichen Leben entscheiden musst. Ich dachte, vielleicht reicht es, wenn Du Dich durch das zwanghafte Geschreibsel Deines Vaters durcharbeitest, vielleicht ist das eine Art Selbsttherapie, und danach kannst Du es ruhen lassen. Aber das waren nur Hoffnungen. Menschen ändern sich nicht, und Du hast Dir das nicht selbst ausgesucht, das ist Deine Erziehung, das sind Deine Probleme, weil sich Deine Mutter umgebracht hat, weil Deine Beziehungen gescheitert sind. Da klammerst Du Dich eben an das Alte. Aber Du sollst wissen: Für mich ist es nicht so einfach wie für Dich – ich habe mich wirklich verliebt, für mich war es nicht nur ein Job. Vielleicht wollte ich am Anfang nur meine Recherche vertiefen und Dich deshalb kennenlernen, ja. Aber jetzt geht es mir wirklich um Dich. Ich hoffe, Du bist noch erreichbar – ich weiß, dass ich es jetzt, heute, mit dem Text bei all deinen Stasi-Freunden endgültig versaut habe, und dass ich aufpassen muss, dass mir Fadi nicht eine in die Fresse haut. Aber mein Gewissen ist mir wichtiger. Mein eigener Kopf. Ich wünsche mir, dass Du eines Tages lernst, dass man nicht alles planen und beherrschen kann und dass der eigene Kopf die Menschen unberechenbar macht, und dass das wertvoller ist als der ganze ideologische Müll, der Antifaschismus und Antikapitalismus, das ganze Anti von Menschen, die sich nicht am Leben freuen können. Er redet von Freude und trampelt ein Herz in den Dreck. Er redet von Gewissen und klaut Papiere. Er redet vom eigenen Kopf und verkauft seinen, wahrscheinlich für läppischstes Zeilengeld. Er glaubt, was er da schreibt. Das ist es, das ist die eigentliche Pleite.
▪ Sehr früher Schnee fällt lautlos.
0 notes
Text
toned foil,
numerous layers,
a whole day of looking to the other side,
rose gold on aliexpress, but the sheen is willingly,
will settle to antique eventually
0 notes
Text
The Rim of Morning - William Sloane (Highlight: 34; Note: 4)
───────────────
◆ Introduction
▪ Charles Fort (The Book of the Damned, Wild Talents, Lo!)
▪ Because they ignore genre conventions, Sloane’s novels are actual works of literature. Perhaps not great literature; no argument will be made here on that score.
▪ writing is drum-tight, but his approach is looser; he pulls the reader in and then begins turning up the heat (Corny/Funny phrases )
▪ He understood that before a pot can boil, it must simmer. (Corny/funny phrases)
◆ To Walk the Night
▪ Therefore I have allowed myself the liberties of adding certain descriptions of people and places, and of attempting to suggest now and again the atmosphere of strangeness, even of terror, which was so much a part of my life while these events were in progress.
▪ There are some experiences which are alien to everyday life; they are “doomed for a certain term to walk the night” before the mind of man either recognizes them for what they are or dismisses their appearance as fantasy.
◆ 1
▪ Only a minute more to lie back in the refuge of this dilapidated sedan and be carried along without effort and without thought. Then the narcotic of traveling, of surrendering myself to the mere forward motion of train and automobile, would wear off. For twenty-five hundred miles and three days I had tried to imagine what I would do when the wheels under me stopped rolling and I should have to rouse myself to action.
▪ The things he would want to know could not be stated in terms of tangible facts, of events and people shaped into a recognizable pattern. For the first time I admitted to myself that there was a possibility of connection between small, disturbing things in the past and the present fact of Jerry’s death. What that common denominator was I did not know, but I was certain that I did not want to find it out. Merely admitting its existence gave me a feeling of tightness inside that was familiar. It was, I realized, fear. And fear of a shapeless, misty thought that was as insubstantial as a ghost.
▪ The pieces of the puzzle were all lying in my mind, of so much I was sure. I felt that if I looked at them, thought about them, they would slip together into a picture of the truth, and the feeling frightened me. My conscious mind rejected the idea of knowing or thinking anything more about the events of the past two years. But Dr. Lister would not consent to that, once started. He would want to get down to the bedrock of the truth. Donne’s tremendous lines went through my mind: Whoever comes to shroud me, do not harm Nor question much That subtle wreath of hair about mine arm; The mystery, the sign you must not touch—
◆ 2
▪ There was—why do I keep saying “was”?— not everything in this story is in the past tense—there is only one door to the place.
◆ 3
▪ The telescope was mounted on a concrete base in the middle of the room, and its long barrel was aimed up and through the slide in the dome, trained on some star a thousand light years away, I suppose.
▪ Prexy’s expression as he looked at us was introspective. He must have been thinking fast with most of his mind and answering us with nothing but the top layer of it.
◆ 5
▪ Ah,” she said quickly, and her tone did not quite convey disappointment. “Equations.” And then, after a moment, “You mean, just notes about his work?” “Yes,” Prexy said gently. “Mathematical symbols that he used to express the relationships of things.” “Thank you.” Her voice was still perfectly level. “I should like to have the last things he used and wrote.” It was a natural sort of request, but somehow it surprised me a little. “I’m afraid the police will have to keep them, for a time at least.” Prexy sounded almost as though he were explaining something to a child. “Yes. Yes, of course.”
▪ It was a cold, clear Sunday. The November sun lighted every twig of tree and detail of building as we crossed the campus. The chapel bell was tolling with bronze insistence as we walked, and our feet scrunched loudly in the gravel.
▪ soda mints
◆ 6
▪ The night was luminous around us. Starshine is the lovely word for the light that is faintly implicit in the dark of a clear and moonless night. But it is not the greater part of it. A radiance from the stars. Jerry once told me that most of it was caused by the fact that the gravitational field of the earth bends the rays of energy from the sun around the curve of the earth and causes the whole upper air of the night to glow dimly from the molecules which those rays strike and excite.
▪ even if her strange beauty—I cut that thought off right there.
▪ The surprise lasted only a fraction of a second, but the cold inner conviction of alarm stayed with me all night. It was too soon. It was too swift. It had passed out of the realm of things that are odd and unpleasant into a sphere where they are so odd that their cumulative effect is terrifying.
◆ 8
▪ Whatever was to happen in the next few hours, I was afraid of them.
◆ 9
▪ He was genuinely busy, all right. I thought for a moment that he was putting me off to let my nervousness and anxiety come to a head, but as I watched his broad, blunt fingers scrambling through the papers in front of him and the quick way he glanced from them to his notations on the pad I realized that he was tremendously concentrated, perhaps even excited. He had something, or thought he did. I filled a pipe and lit it, trying hard to keep the match from trembling in my fingers, and leaned back in my chair.
◆ 10
▪ The question seemed to echo at me from the night that held us suspended like two motes in a drop of dark water. I wet my lips with my tongue. “Yes, I think I have.”
▪ Nothing he had said gave any further substance to the shape without shadow that was haunting my mind. And yet, neither did what he had told me seem to conflict with the growing clearness of its outline.
▪ The ceiling of my room was white with the reflected sun off the snow.
▪ remote as the stars
◆ 11
▪ The whole performance was a piece of self-dramatization, but they got the benefit of it and it was harmless.
▪ But it annoyed me mildly that she should know everything like that. A certain amount of ingenuous ignorance, I decided, was a great factor in feminine charm.
◆ 12
▪ pale gold color (Goldenes Stroh, vgl. Rumpelstilzchen)
▪ His voice seemed to ring in the trench of the barranca where we were. The sound of his words seemed to expand, to go into the ground and penetrate the rock wall under which we were standing. It echoed in the air, in the heat, in the sun that encompassed us. A year and a half had passed since Jerry had married Selena. In all that time she had not told him who she was or where she came from, then.
◆ 13
▪ Below us spread the gigantic sweep of the desert, tarnished gold where the sun still lay, and purple blue where the shadows from the western mountains were racing across it as the sun sank behind us. Watching that great tidal wave of darkness pouring across the valley, I suddenly realized how truly the earth was a ball, hung in gulfs of space and spinning around its axis with majestic precision and power. I almost thought I could feel the eastward surge of the mesa under my feet. (Throwaway description paired with corny revelations/realizations )
▪ I, for instance, didn’t pay any real attention to the things that happened in that room that night. And yet, if I had I would have seen a pattern in them, the pattern of the fifth act of a tragedy, when the play is all played out and only the final words, the ultimate destruction of the protagonist, await fulfillment. I see these things now for what they were worth, the last small events before an unthinkable horror of a thing was to happen.
◆ 15
▪ Neither of us moved. Above and around us the night was undergoing a change; the great constellation of Orion was low on the western sky and the darkness was turning to a tarnished, misty silver. Again, as on Cloud Mesa, I thought of the eastward spin of the earth, rolling through space. The minute area of its surface which the two of us occupied was being turned toward the sun—the house, the trees, the wide reaches of the Sound, the whole eastern edge of the continent borne along in-exorably into the light of a new day. Miles away a train whistled once. A thin, lingering insertion of sound in the silence around us.
▪ and dissolved into the sea foam
▪ Perhaps. But in the instant when the memory of the story completed itself in my mind, another explanation for Selena’s reaction to it occurred to me. She might have cried because the story was moving and beautiful—or because it was true. It was a fantastic, horrible notion, and I wanted immediately to stop thinking it. I remembered Jerry’s face as he looked at Selena there on the settle before the fire she had somehow managed to light. Certainly there had been horror and incredulity in his eyes. It was possible that he had been thinking, then, the same thought that was beginning to crystallize in my own mind. I felt an intense acceleration of every image, feeling, operation of my consciousness. My thoughts were not under my control; they flickered back over the whole of the story I had just told. And nowhere did they find positive proof that the thing which was growing, expanding into unwelcome life in my brain was impossible.
▪ The panic fear that swept over me as I realized that I might have discovered the answer was indescribable. I felt no sense of triumph at having found out the secret of Selena and her life with Jerry and the rest of us. Instead, I was sinking into icy, black water, being suffocated by its pressure, drowning in arctic night and winter. Layer after layer of cold and blackness was piling up above me and the fright of death itself was pounding in my pulse. Fear like that, real fear, is an invasion. A physical thing full of ice and death that enters into every fiber of the body and possesses the mind. The worst of it was that there was no tangible thing with which I could deal. There was nothing to run away from and nothing to confront. This terror sprung from a nebulous idea. A half-perceived theory . . .
0 notes
Text
Serotonin (German Edition) - Michel Houellebecq (Highlight: 20; Note: 0)
───────────────
◆ Diese jungen Mädchen …
▪ Ich würde es nie erfahren, es war mir nicht gelungen, mein Leben mit dem ihren zu verknüpfen,
◆ Wie erwartet, nahm Yuzu …
▪ ich war nicht mehr in der Lage, ihre Reize wirklich wahrzunehmen beziehungsweise sie, selbst wenn ich sie wahrgenommen hätte, für echt zu halten, sie waren wie eine Dokumentation über die Wasserfälle des Berner Oberlands, die ein somalischer Flüchtling im Internet sieht.
◆ Merkwürdigerweise kam ich …
▪ ziemlich auf dem Laufenden war, erschien mir eine zwar aus der ersten abgeleitete, aber ausgefeiltere Lüge notwendig.
◆ Konnte ich in der …
▪ auf die Seite »Ich bin wach – Please make up the room« (diesmal waren es zwei vor dem Hintergrund eines Theatervorhangs fotografierte Hühner, die hellwach und beinahe aggressiv erschienen) zu drehen.
◆ Ich kam um genau …
▪ als sie zwei bis drei Minuten ohne Ergebnis auf meinem reglosen Organ herumgekaut hatte, spürte ich, dass die Situation zu kippen drohte, und ich gestand ihr, dass ich Antidepressiva einnähme (»extrem hochdosierte« Antidepressiva, fügte ich zur Sicherheit noch hinzu)
◆ Es gab in dieser Bude …
▪ Rilletten-Sandwiches
▪ ch war im Begriff gewesen, »meinen Schnabel in die Möse einer Toten zu stecken«, um den anschaulichen Ausdruck zu verwenden, den ich einmal irgendwo gelesen hatte, wahrscheinlich in einem Roman von Thomas Disch, Science-Fiction-Autor und Dichter, der seine Glanzzeit gehabt hatte und heute zu Unrecht verkannt war, er hatte sich an einem 4. Juli umgebracht, unter anderem sicherlich weil sein Partner an AIDS gestorben war, aber auch weil er von seinen Einkünften als Autor schlicht nicht mehr leben konnte und mit der Wahl dieses symbolischen Datums zum Ausdruck bringen wollte, welches Los Amerika für seine Schriftsteller bereithielt.
▪ Ich war noch keine dreißig Jahre alt, aber ich trat Stück für Stück in eine winterliche Zone ein, die nicht durch die geringste Erinnerung an die Geliebte aufgehellt wurde, nicht durch die geringste Hoffnung auf Erneuerung dieses Wunders, diese Kraftlosigkeit der Sinne ging mit einem fortschreitenden Verlust des beruflichen Interesses einher
◆ Kehren wir, bevor wir …
▪ Ich hatte das merkwürdige Gefühl, in eine Art Autofiktion einzutreten, als ich die Wandelhalle des Gare Saint-Lazare betrat, die zu einer ziemlich banalen, auf Konfektionskleidung ausgerichteten Einkaufspassage geworden war, ihrem Namen aber dennoch gerecht wurde, ich wandelte wirklich, irrte sprachlos zwischen den unverständlichen Firmenschildern umher, in Wahrheit hatte ich nur eine sehr vage Vorstellung von der Bedeutung des Begriffs »Autofiktion«, er war beim Lesen eines Buchs von Christine Angot (gut, zumindest der ersten fünf Seiten) hängen geblieben, jedenfalls schien mir das Wort, während ich mich den Bahnsteigen näherte, immer stärker auf meine Situation zuzutreffen, schien es mir sogar eigens für mich erfunden zu sein, meine Realität war unerträglich geworden, kein menschliches Wesen hätte in einer so unerbittlichen Einsamkeit überleben können, wahrscheinlich versuchte ich eine Art alternativer Realität zu erschaffen, an den Ursprung einer Gabelung in der Zeit zurückzugehen,
◆ Den Gedanken an Gleis 22 …
▪ Pferde waren für ihn die einzigen Tiere, die Beachtung verdienten, die übrigen Vierbeiner betrachtete er als unbestimmtes animalisches Subproletariat, dem ohnehin die baldige Schlachtung drohte.
◆ Natürlich hatte ich …
▪ und dort zerstörte ich meinen ersten Rauchmelder.
◆ Der Schlaf kam tatsächlich, …
▪ DER SCHLAF KAM TATSÄCHLICH, doch es war kein guter Schlaf, meine Nacht war von düsteren, zuweilen erotischen, im Ganzen aber düsteren Träumen erschüttert, inzwischen fürchtete ich mich vor meinen Nächten, fürchtete mich davor, dass mein Geist sich unkontrolliert bewegte, denn meinem Geist war bewusst, dass sich meine Existenz nun dem Tod zuwandte, und er ließ keine Gelegenheit verstreichen, mich daran zu erinnern. Im Traum ruhte ich halb liegend, halb im Boden vergraben auf einem Abhang mit einem schmierigen, weißlichen Boden; mein Verstand sagte mir, ohne dass etwas an der Landschaft darauf hingedeutet hätte, dass wir uns in einem Mittelgebirge befanden; um mich herum breitete sich, so weit das Auge reichte, ein watteartiger, ebenfalls weißlicher Dunstkreis aus. Wiederholt und beständig stieß ich schwache Rufe aus, die nicht das geringste Echo erzeugten.
▪ Den restlichen Tag verbrachte ich damit, die mit ruckartigen, mechanischen Bewegungen über den Strand laufenden Vögel zu beobachten (das Meer hatte sich kilometerweit zurückgezogen, mit Mühe konnte man es in der Ferne erkennen, es war einer riesigen grauen Fläche gewichen, übersät mit unregelmäßigen Lachen schwarz erscheinenden Wassers, eine wahrlich unheimliche Landschaft)
◆ Ich wusste, dass ich Aymeric …
▪ um
◆ Schließlich sank ich …
▪ uns inmitten unserer Dramen die Existenz anderer Dramen, die uns erspart geblieben sind, beruhigt.
◆ Am Morgen darauf …
▪ Auch in die Bar kam gelegentlich jemand, nahm ein paar Meter von mir entfernt Aufstellung und ließ sich einen Kaffee mit Schuss servieren, es waren größtenteils alte Männer, trotzdem setzten sie sich nicht, sie tranken ihren Kaffee lieber am Tresen, ich konnte ihre Entscheidung nachvollziehen und begrüßte sie, man hatte es hier mit beherzten alten Männern zu tun, die zeigen wollten, dass sie noch was auf dem Kasten hatten, deren Oberschenkelflexoren nicht nachgaben, man hätte falsch daran getan, sie abzuschreiben. Während sich seine privilegierten Kunden dieser kleinen Stärkedemonstration hingaben, las der Eigentümer weiter mit einer nahezu priesterlichen Langsamkeit die Paris Normandie.
◆ Alles existiert, alles …
▪ Jetzt habe ich alle Zeit, um an diese paar Stunden zurückzudenken, ich habe weiter kein großartiges Lebensprogramm, als daran zurückzudenken: Ich glaube nicht, dass die gegenläufigen Kräfte, die Kräfte, die mich vom steilen Abhang des Mordes zurückzuhalten versuchten, viel mit Moral zu tun hatten; es war eher eine anthropologische Frage, eine Frage der Zugehörigkeit zu den späten Arten, des Bekenntnisses zum Kodex der späten Arten – eine Frage der Angepasstheit, um es anders auszudrücken.
◆ Eine Gelegenheit bot sich …
▪ Als die Polycarbonathülle geschlossen war, kam mir kurz der Gedanke, sie in den See zu werfen, doch dann erschien mir diese ostentative Bekundung des Scheiterns ziemlich unnötig, das Scheitern hatte sich ohnehin vollzogen, es zusätzlich zu betonen, wäre diesem ehrbaren Gewehr gegenüber ungerecht gewesen
▪ Was mich betraf, schien nichts meinen Weg in die Vernichtung abbremsen zu können.
◆ Die Reise tat mir …
▪ Das Gefühl einer umfassenden Katastrophe mindert immer ein wenig die individuellen Katastrophen, das ist sicherlich auch der Grund dafür, dass es in Kriegszeiten so wenige Selbstmorde gibt
0 notes
Text
0 notes
Text
The Turner Diaries - William Luther Pierce (Highlight: 9; Note: 0)
───────────────
◆ Chapter IV
▪ I undressed, got a towel, and opened the door to the shower. And there was Katherine, wet, naked, and lovely, standing under the bare light bulb and drying herself. She looked at me without surprise and said nothing. I stood there for a moment and then, instead of apologizing and closing the door again, I impulsively held out my arms to Katherine. Hesitantly, she stepped toward me. Nature took her course. We lay in bed for a long while afterward and talked. It was the first time I have really talked to Katherine, alone. She is an affectionate, sensitive, and very feminine girl beneath the cool, professional exterior she has always maintained in her work for the Organization. Four years ago, before the Gun Raids, she was a Congressman's secretary. She lived in a Washington apartment with another girl who also worked on Capitol Hill. One evening when Katherine came home from work she found her apartment mate's body lying in a pool of blood on the floor. She had been raped and killed by a Negro intruder. That's why Katherine bought a pistol and kept it even after the Cohen Act made gun ownership illegal. Then, along with nearly a million others, she was swept up in the Gun Raids of 1989. Although she had never had any previous contact with the Organization, she met George in the detention center they were both held in after being arrested. Katherine had been apolitical. If anyone had asked her, during the time she was working for the government or, before that, when she was a college student, she would have probably said she was a "liberal. " But she was liberal only in the mindless, automatic way that most people are. Without really thinking about it or trying to analyze it, she superficially accepted the unnatural ideology peddled by the mass media and the government. She had none of the bigotry, none of the guilt and self-hatred that it takes to make a really committed, full-time liberal. After the police released them, George gave her some books on race and history and some Organization publications to read. For the first time in her life she began thinking seriously about the important racial, social, and political issues at the root of the day's problems. She learned the truth about the System's "equality" hoax. She gained an understanding of the unique historical role of the Jews as the ferment of decomposition of races and civilizations. Most important, she began acquiring a sense of racial identity, overcoming a lifetime of brainwashing aimed at reducing her to an isolated human atom in a cosmopolitan chaos.
◆ Chapter VII
▪ Harry Powell was, in essence, a "responsible conservative." The fact that he was not only a member of the Organization but had become a unit leader reflects more on the Organization than it does on him. His basic complaint was that all our acts of terror against the System were only making things worse by "provoking" the System into taking more and more repressive measures. Well, of course, we all understood that! Or, at least, I thought we all understood it. Apparently Powell didn't. That is, he didn't understand that one of the major purposes of political terror, always and everywhere, is to force the authorities to take reprisals and to become more repressive, thus alienating a portion of the population and generating sympathy for the terrorists. And the other purpose is to create unrest by destroying the population's sense of security and their belief in the invincibility of the government.
◆ Chapter XXII
▪ Coming through the mountains just north of Los Angeles we encountered a long column of marchers, heavily guarded by GI's and Organization personnel. As we drove slowly past, I observed the prisoners closely, trying to decide what they were. They didn't seem to be Blacks or Chicanos, and yet only a few of them appeared to be Whites. Many of the faces were distinctly Jewish, while others had features or hair suggesting a Negroid taint. The head of the column turned off the main roadway into a little-used ranger trail which disappeared into a boulder-strewn canyon, while the tail stretched for several miles back toward the city. There may have been as many as 50,000 marchers, representing all ages and both sexes, just in the portion of the column we passed. Back at HQ I inquired about the strange column. No one was sure, although the consensus was that they were the Jews and the mixedbreeds of too light a hue to be included with the evacuees who were sent east. I remember now something which puzzled me a few days ago: the separation of the very light Blacks-the almost Whites, the octoroons and quadroons, the unclassifiable mongrels from various Asian and southern climes-from the others during the concentration and evacuation operations. And I think I now understand. The clearly distinguishable nonwhite are the ones we want to increase the racial pressure on the Whites outside California. The presence of more almost-White mongrels would merely confuse the issue-and there is always the danger that they will later "pass" as White. Better to deal with them now, as soon as we get our hands on them. I have a suspicion their trip into that canyon north of here will be a one-way affair! But obviously there's still a lot of sifting-out to do. We have cleared the all-Black and all-Chicano areas and certain all-Jewish neighborhoods, but there are still areas, comprising nearly half the urban territory under our control, where utter chaos prevails Jews in these areas, working with reactionary elements among the Whites, are becoming more brazen by the day. There is nearly continuous demonstrating and rioting going on in the worst sections, and the Jews are using leaflets and other means to maintain the general unrest in other sections. Since Friday four of our people have been killed by snipers. Something must be done soon!
◆ Chapter XXVIII
▪ The Detroit enclave was initially the most important of these. Bloody anarchy had reigned among the survivors in the Detroit area for several weeks after the nuclear blasts of September 8. Eventually, a semblance of order had been restored, with System troops loosely sharing power with the leaders of a number of Black gangs in the area. Although there were a few isolated White strongholds which kept the roving mobs of Black plundvers and rapists at bay, most of the disorganized and demoralized White survivors in and around Detroit offered no effective resistance to the Blacks, and, just as in other heavily Black areas of the country, they suffered terribly.
▪ The Organization then established certain patterns in Detroit g which were soon followed elsewhere. All captured White troops, as soon as they had laid down their weapons, were offered a chance to fight with the Organization against the System. Those who immediately volunteered were taken aside for preliminary screening and then sent to camps for indoctrination and special training. The others were machine-gunned on the spot, without further ado. The same degree of ruthlessness was used in dealing with the White civilian population. When the Organization's cadres moved into the White strongholds in the Detroit suburbs, the first thing they found it necessary to do was to liquidate most of the local White leaders, in order to establish the unquestioned authority of the Organization. There was no time or patience for frying to reason with shortsighted Whites who insisted that they weren't "racists" or "revolutionaries" and didn't need the help of any "outside agitators" in dealing with their problems, or who had some other conservative or parochial fixation.
▪ Food became critically scarce everywhere during the winter of 1993-1994. The Blacks lapsed into cannibalism, just as they had in California, while hundreds of thousands of starving Whites, who earlier had ignored the Organization's call for a rising against the System, began appearing at the borders of the various liberated zones begging for food. The Organization was only able to feed the White populations already under its control by imposing the severest rationing, and it was necessary to turn many of the latecomers away. Those who were admitted-and that meant only children, women of childbearing age, and able-bodied men willing to fight in the Organization's ranks-were subjected to much more severe racial screening than had been used to separate Whites from non-Whites in California. It was no longer sufficient to be merely White; in order to eat one had to be judged the bearer of especially valuable genes. In Detroit the practice was first established (and it was later adopted elsewhere) of providing any able-bodied White male who sought admittance to the Organization's enclave with or hot meal and a bayonet or other edged weapon. His forehead was then marked with an indelible dye, and he was turned out and could be readmitted permanently only by bringing back the head of a freshly killed Black or other non-White. This practice assured that precious food would not be wasted on those who would not or could not add to the Organization's fighting strength, but it took a terrible toll of the weaker and more decadent White elements.
▪ Many of these bands were composed of Blacks, Puerto Ricans, Chicanos, and half-White mongrels. In growing numbers, however, Whites also formed bands along racial lines, even without Organization guidance. As the war of extermination wore on, millions of soft, city-bred, brainwashed Whites gradually began regaining their manhood. The rest died.
▪ The Organization's growing success was not without its setbacks, of course. One of the most notable of these was the terrible Pittsburgh Massacre, of June 1994. The Organization had established an enclave there in May of that year, forcing the retreat of local System forces, but it did not act swiftly enough in identifying and liquidating the local Jewish element. A number of Jews, in collaboration with White conservatives and liberals, had time to work out a plan of subversion. The consequence was that System troops, aided by their fifth column inside the enclave, recaptured Pittsburgh. The Jews and Blacks then went on a wild rampage of mass murder, reminiscent of the worst excesses of the Jew-instigated Bolshevik Revolution in Russia, 75 years earlier. By the time the blood-orgy ended, virtually every White in the area had either been butchered or forced to flee. The surviving staff members of the Organization's Pittsburgh Field Command, whose hesitation in dealing with the Jews had brought on the catastrophe, were rounded up and shot by a special disciplinary squad acting on orders from Revolutionary Command.
▪ Then, of course, came the mopping-up period, when the last of the non-White bands were hunted down and exterminated, followed by the final purge of undesirable racial elements among the remaining White population.
0 notes
Text
Saisonarbeit: (Volte, Band 2) (Volte bei mikrotext) (German Edition) - Heike Geißler (Highlight: 27; Note: 1)
───────────────
◆ Zwei. Sie besuchen eine Schulung oder sehen ein Stück.
▪ Sie werden von Robert in den Umkleideraum geführt, dort müssen Sie sich wie alle einen Spind aussuchen, Ihre Tasche und Jacke verstauen und das mitgebrachte Schloss am Spind anbringen. Sie tragen nun die orangene Warnweste, die viel zu leicht wirkt, um so zu leuchten. Sie rutscht Ihnen, egal wie sehr Sie am Verschluss ziehen, immer wieder von den Schultern.
▪ Die Dinge in den Regalen, um die herum Stille herrscht, weil niemand unterwegs ist, um sie zu holen und zum Kunden zu schicken, strahlen Ernst aus und sind etwas wie die Tupfen eines Gemäldes, das nichts Bedrohliches hat, nichts Maschinelles. Die Produkte wirken wie mittlerweile pensionierte Arbeiter dieses Weltunternehmens.
◆ Drei. Sie wissen etwas über Beleidigungen und machen den Mund auf.
▪ Am Leadplatz sitzen die ersten Vorgesetzten. Dort lässt er Sie und die Kollegen warten, also stehen Sie, zupfen an der Warnweste herum und lächeln nicht nett, denn so sind Sie nicht, das wäre eher ich, die ins Unbekannte hinein fast entschuldigend lächeln würde.
▪ So wie Ihre neuen Kollegen bekommen Sie eine Kiste in die Hand gedrückt, darin: Cutter, schnittfeste Handschuhe, Fischmesser, Edding, Gummis, Post-its, Bleistift, Putztuch. Mit dem Edding soll jeder seinen Namen auf die Kiste schreiben und die Kiste dann ins Regal stellen. Dort steht Ihre Kiste neben anderen. Sie betrachten Ihre Kiste mit der krakeligen Beschriftung, denken an Übernachtungsschließfächer und Miniwohnkabinen. Die Kiste ist ein kleiner Ort.
◆ Vier. Mein Freund bekommt Post von Amazon.
▪ Sie müssen die in die Verpackungen der Schonbezüge für Autositze gestanzten sogenannten Fühllöcher mit Klebestreifen zukleben. Sie müssen unverpackte Koffer eintüten lassen und darauf achten, dass die Tüten Luftlöcher haben. Sie begegnen einer gläsernen Badeente, deren Barcode der Rechner nicht kennt. Ein neues Produkt, sagt Norman, das sehen Sie sich, während Sie es durch die Halle tragen und kaum auf die Markierungen achten, genauer an. Sie tragen eine gläserne Badeente, mehr fällt weder Ihnen noch mir dazu ein.
▪ Sie zerkleinern Kartons, das ist am schwierigsten. Norman kommt, nimmt einen Karton, reißt ihn in Teile, wirft ihn zum Altkarton. Innerlich gähnen Sie dazu.
◆ Sechs. Kurz kennen Sie sich gut aus in diesem Job. Aber dann haben Sie ein Cubi-Tote-Problem.
▪ Ich schwieg mich vor mir selbst und vor allen anderen darüber aus, dass ich gefeuert worden war.
▪ „Man merkt schon, das mit der Lässigkeit geht nicht ganz auf
▪ Mode im Used- oder Destroyed-Look, Sie verstehen schon, aber dieses Cap ist nur noch ein zerfleddertes Ding, eher etwas für die Anhänger einer radikalisierten Beschleunigung des Warenkreislaufs, die also nur kaufen, was weggeworfen werden muss, weil es als benutzbares Produkt versagt, allein zur Geld- und Materialbewegung taugt.
▪ Während Sie also denken, nun hätten Sie sozusagen alles in Sack und Tüten und müssten eben nur noch die Tage rumkriegen, bereitet sich eine Erfahrung vor, ein kleines Intermezzo, auf das ich gern verzichtet hätte, das ich aber trotzdem mit Ihnen teilen will:
◆ Sieben. Sie sind krank und besorgt, die Krankheit könne über Nacht verschwunden sein.
▪ Ihre Augen huschen vollkommen unbeeindruckt über die immergleichen Zeilen, Sie fahren diesen Satz von Eva Meyer auf und ab: „Wenn der Raum zu eng wird, ist es Zeit, in die Zeit auszuweichen. [...] Stellen Sie sich also vor, wir könnten diese Grenze chronopolitisch überwinden und im Zusammenleben der Zeiten ihr Unzeitgemäßes und Nicht-Eingelöstes aktivieren, statt sie geopolitisch zu vereinnahmen.“ Sie verstehen nicht, aber später werden Sie das, was Sie jetzt lesen, zu verstehen beginnen, dann, wenn es fast so weit sein wird, dass Sie nicht mehr ich sind, sondern wieder wer auch immer.
▪ Sie greifen zum Hörer, ängstlich bereiten Sie sich darauf vor, gleich entlassen zu werden, Sie haben eben Ihre Vorstellungen vom Unternehmen, für das Sie arbeiten. Sie denken trotzig: Also wenn die mich feuern, dann suche ich mir eben einen neuen Job. Ich sage Ihnen, was Sie selber wissen, dass Sie so leicht und schnell keine neue Arbeit finden werden, dass Sie sich eine in überschaubarer Zeit zu findende Arbeit vermutlich selbst ausdenken und sich anschließend vor die Füße legen müssten, damit Sie darüber stolpern und die Arbeit annehmen könnten und nicht irgendwer, der gerade in der Nähe ist und schneller als Sie nach der von Ihnen erfundenen Arbeit greift.
▪ Ich denke, Lafargue beiseitelegend, an eine ehemalige Kollegin von mir. Sie hatte immerzu neue Kleider an, kaum ein Kleidungsstück sah ich mehrmals an ihr. Ich las auf einem ihrer T-Shirts: I am crazy! I am free! Ich, die ich alles lese, las immer wieder, was da quer über ihre Brüste, über ihren Bauch geschrieben stand und dachte: Das stimmt doch einfach nicht. Sie saß mir gegenüber, kicherte viel, aber beklagte sich noch mehr. Sie klebte Treuepunkte von den Kaffeepackungen auf eine Folie, sie hatte schon mehr als fünfzig. Das war der Vorteil des Kaffeekaufenmüssens, das ihr ansonsten eine zusätzliche Plage war: Die Treuepunkte standen alle ihr zu, die setzte sie später um, tauschte Punkte gegen Tassen, und das war ihr, so kam es mir vor, mehr Lohn oder der bessere Lohn als das Gehalt, das sie als Festangestellte jeden Monat pünktlich und selten zuschlagsfrei erhielt. Sie sagte zu mir: Wie oft ich diesen Schrank öffnen und wieder schließen muss! Zweimal täglich, sagte ich, aber sie hörte es nicht. Das ist nicht gut für meinen Rücken, sagte sie. Ich sah ihren Körper an, den Sitzkörper, den sie auch in den Pausen sitzen ließ, und wusste, sie würde sich alsbald wieder krank melden und morgens anrufen und weit ausholen, um schließlich zu sagen, wie alles mit allem zusammenhing und wie es ja genauso hatte kommen müssen, dass sie es nun auch im Magen hatte.
▪ Tja, sagte er, und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab, wir sind schon ein paar, aber es könnte noch besser sein. Es werden Gespräche geführt, und wir haben auch schon einiges erreicht, aber wir wollen eben nach dem Einzelhandelstarifvertrag bezahlt werden. Ich sagte, ich sei mal als Saisonkraft dagewesen. Er sagte, er habe früher als Lehrer gearbeitet, habe aber nach der Wende keine Lust mehr auf diese Arbeit gehabt. Zu viele Elternfragen, plötzlich wollten die Eltern ständig was von mir, das hat mir nicht mehr gefallen. Ich sagte: Amazon hat immer pünktlich gezahlt, das hat mich überrascht. Ja, sagte er, vieles ist hier sehr gut, aber darüber wird nicht berichtet. Ich wollte relativieren, aber tat das nicht. Er sagte, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder, vielleicht ergibt sich für dich wieder eine Möglichkeit, hier zu arbeiten. Ich sagte, ach, ich habe eigentlich Arbeit, es war nur mal kurz, als ich sehr dringend Geld brauchte. Er sagte, sie suchen doch häufiger Leute, also vielleicht klappt es ja. Ich sagte, na ja, ja, vielleicht, und verabschiedete mich. Wenige Wochen später, die Mitarbeiter streikten erneut, hörte ich von den T-Shirts, die jene trugen, die nicht streikten: We love Amazon. Das klare Bekenntnis zum Arbeitgeber, das sagen wollte, dass nur die, die nicht streikten, den Arbeitgeber wertschätzten. Was für ein Missverständnis, dachte ich, den Streikenden vorzuwerfen, durch ihren Streik dafür zu sorgen, dass eine neue Versandhalle in Osteuropa diese hier noch früher als geplant ablöst, ihnen vorzuwerfen, sie würden den gesamten Standort, folglich ihre eigenen Arbeitsplätze und die ihrer Kollegen gefährden. Ich dachte: so ein ärgerlicher Quatsch. Ich dachte: wie schade; überall ist immer ein bisschen Krieg.
▪ Die alte Frau neben Ihnen wird aufgerufen, sie geht krumm. Wann bin ich endlich dran, fragt die junge Frau und zittert. Ich mach mal Druck, sagt ihr Begleiter und steht auf, nein, mach nicht, sagt sie. Er geht dennoch zum Tresen: Wie lange dauert es noch? Leute, die Leute zum Arzt begleiten, denken Sie schläfrig und denken nicht weiter.
▪ e Ärztin sieht schließlich doch kurz auf, fasst Sie in den Blick. Vielleicht sind Stunden ins Land gegangen. Was gibt es, fragt sie und öffnet einen neuen Patientenvorgang, der wohl der Ihrige sein wird. Sie schildern, dass Sie Fieber hatten, dass Ihnen alles weh tut und Sie eben nicht arbeiten können. Wo arbeiten Sie denn, fragt die Ärztin. Bei Amazon im Lager, sagen Sie, das ist körperlich sehr schwere Arbeit. Ja, sagt die Ärztin und sieht kurz und fest auf, Arbeit ist schwer. Ja, sagen Sie, um zu betonen, dass Sie das wissen. Sie befinden sich wirklich in einer Prüfung,
◆ Acht. Außerdem: Bücher! Und ein kurzes Verknalltsein als Bonuskraft am Arbeitsplatz.
▪ Sie, inmitten der Kollegen, inmitten Fremder, mit Jacken, Bäuchen, kalt gefrorenen, teils rissigen Händen an Haltegriffen, sind nichts als ein Platzhalter für Maschinen, die längst erfunden, aber noch nicht rentabel genug sind, um Sie und Ihre Kollegen, die Sie sehr preisgünstig sind, dauerhaft zu ersetzen. Dass Ihre Anwesenheit notwendig ist, stört den Arbeitgeber, der sich mit Störenfrieden nur ungern beschäftigt. Sie sind ein stimmbegabtes Werkzeug, das man nicht anhören will; von mir aus, denken Sie und dämmern noch ein wenig vor sich hin, während sich in Ihnen die Lust auf einen Auftritt vorbereitet, Lust darauf, gleich über alle Maßen schwungvoll die Versandhalle zu betreten und laut zu rufen: Da bin ich wieder! Ich bin jetzt wieder da! Und Sie wüssten jene zu schätzen, die darüber lachen könnten
▪ Sie frisch Gesundete sehen die loseilende und durch den Schnee schliddernde oder stampfende Kollegenmasse beim Aussteigen herzlich an und denken: Was wir alles könnten. Eine Kollegin rempelt Sie an, Sie werden gegen die abfahrbereite Straßenbahn gedrückt, schnell sichern Sie Ihren Stand. Ich denke an die Solidarität, diese Zärtlichkeit unter den Völkern, der die Zärtlichkeit unter den Menschen vorausgehen müsste. Sie denken: Wir können den Verkehr anhalten, wenn wir als breite und lange Gruppe auf die Straße treten und nicht aufhören zu gehen, und uns nicht kümmern, ob es rot wird oder noch grün ist, wir gehen, weil wir dann ein gehendes Wir sind, und wir gehen einfach weiter, zwängen uns nicht durch die Drehtür und gehen nicht im Banana Tower die Treppen hinauf und nicht über die Metallbrücke und nicht an jemandem vorbei, der uns ermahnen könnte. Sie wollen, dass das Unternehmen sich fürchtet, es soll aus den raren Fenstern des Unternehmens geblickt und gesehen werden, wie alle an der Halle vorbeigehen. Aber Sie wollen das Unternehmen heute nicht grundsätzlich erschrecken, Sie wollen es eher erziehen und wissen offensichtlich nicht, wie unmöglich Erziehung im ökonomischen Bereich ist, wie unmöglich vielleicht sogar in den meisten anderen Bereichen. Sie gehen mit der Kollegenschlange durch den Schnee, überqueren den Parkplatz, die Schlange wird von der Drehtür in Segmente zerteilt, und dann ist es, meine ich, aus mit dem Potenzial, dann wird aus dem Potenzial ein Wunsch, der näher oder weiter nach vorn gerichtet ist: auf den Feierabend, auf das Wochenende, den Jahresurlaub, den Ruhestand.
▪ Ich, die ich Ihre Gedanken vor Ihnen hatte, denke jetzt: Vielleicht ist da kein Potenzial mehr, vielleicht lässt sich nichts, gar nichts aus dieser Menschenmenge machen. Was wäre, wenn alle weitergingen? Oh, es wäre fantastisch. Aber die meisten aus dieser Masse wissen und wissen das aus Erfahrung: Dann stünden sie ohne Arbeit da. Bekämen kein Gehalt und zudem nichts mehr von der Agentur. Und hätten plötzlich Zeit und wüssten nicht, was tun. Da wären noch keine neuen und alltagstauglichen Ideen. Denn wann hätten die entwickelt werden sollen. Hier hat ja niemand Zeit, hier sind ja alle müde. Alle, die weitergehen, würden beizeiten ersetzt werden, sie wären nur Auslöser eines kleinen, vorübergehenden personellen Engpasses, der sich lediglich in einem Satz auf der Unternehmens-Website ausdrücken würde: Aufgrund schlechter Witterungsbedingungen muss derzeit mit Lieferverspätungen von bis zu drei Tagen gerechnet werden. Wir entschuldigen uns für diese Unannehmlichkeit. Sie denken also: Was alles können diese vielen Mitarbeiter machen, und wer unter den Kollegen denkt nach über das, was er mit seiner Arbeit tut, und über das, was getan werden könnte?
◆ Neun. Sie arbeiten in der Turboschicht und haben genug.
▪ In einem Museum wären Sie jetzt wirklich besser aufgehoben, folglich trinken Sie hastig aus, haken sich bei der Freundin ein und gehen ins Bildermuseum. Sie atmen auf. Sie gehen ein in die Details, Sie werden zu Details der Bilder, streifen sich ab, und das Gehen und Schauen und Näher und Ferner und wieder Näher haben Sie sehr vermisst, das kam alles zu kurz. Sie sind in der kurzen Saisonarbeitszeit bereits in ein ziemliches Defizit geraten, aber natürlich kommen Sie da wieder raus. Nur nicht sofort. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, eine Frage weniger Tage, genau genommen. Sie könnten sich also eigentlich beruhigen, aber ich rate Ihnen nicht zur Ruhe. Ich rate in dieser Hinsicht niemandem zur Ruhe. Sie brauchen weder Ruhe noch Geduld, verwerfen Sie alle Geduld, die ohnehin nur eine Imitation der echten Geduld ist. Ihre aufs Durchhalten gerichtete Geduld wäre Gehorsam, wäre der Glaube an die Notwendigkeit, für Fitzelchengeld Batzenarbeit verrichten zu müssen, wäre nichts als ein Besänftigungsreflex. Bleiben Sie bitte unruhig und bemerken Sie das Defizit, das in Ihrem Fall tatsächlich noch kein exorbitant großes ist. Aber rechnen Sie hoch, was wäre, wenn Sie bei Amazon oder einem vergleichbaren Arbeitgeber blieben, was dann an Ausgleich und Reisen und Erholung noch möglich wäre.
▪ Sie sind ja nicht tot, das kann auf jeden Fall gesagt werden. Sie sind im physiologischen Sinn lebendig, sind auch im übertragenen Sinn lebendig, aber Ihre Potenziale ruhen tiefer als gewöhnlich, liegen unter Ihrer Müdigkeit. Sie zählen Tage, nennen jeden Tag einen Tag weniger und steuern eine Grenze an, eine Klebelinie, die Sie anschließend auf jene Klebelinie legen werden, die sich vor dem Beginn der Saisonarbeit befindet oder besser noch vor der Zeit, in der die Notwendigkeit entstand, eine Saisonarbeit aufzunehmen. Sie werden diese Zeit, die vorhersehbare Erfahrungen und ein wenig Geld brachte, zwischen diesen Klebelinien eingefaltet wissen, von der Zeit davor und der künftigen Zeit abtrennen und gesondert aufbewahren oder – besser noch – verlieren.
▪ Sie haben nun einen neuen Chef, jenen, den Sie zuvor, wenn Sie nach der Frühschicht inmitten der Kollegen anstanden, um die Schleuse in den Feierabend zu passieren, von oben beobachteten, den Sie vom ersten Moment an für die Deutlichkeit seiner Verkörperung eines Chefs hassten, den Sie wirklich inbrünstig und mit unrelativierten Kindergefühlen sofort hassten, weil er gemein wirkt und wie ein Angeber, dessen Angebereien zwar vollkommen offensichtlich sind, die jedoch, weil er zudem über rhetorische Schnittigkeit und ein Arsenal feiner, gezielt setzbarer Beleidigungen verfügt, jeder und jede ihm durchgehen lässt; einer, den alle schnell weghaben wollen, ihn deshalb auf der Karriereleiter nach oben winken, was in diesem und ähnlichen Fällen immer die falsche Richtung ist. Ja, sagen Sie zu Miriam, es ist natürlich albern, jemanden dafür zu hassen, dass er inmitten von T- und Sweatshirtträgern jeden Tag ein immer gut gebügeltes, strahlend weißes Hemd trägt, aber so ist es eben. Später werden Sie Ihre Wut überführen und sich von diesem plakativen Feindbild eines Vorgesetzten lösen können, aber einstweilen stecken Sie da aufs Unkonstruktivste fest und denken nicht einmal im Entferntesten an die Möglichkeit, den Kinderhass auf den Chef beiseitezulegen und zur Kritik an der Struktur überzugehen, die einen solchen Chef ermöglicht. Sie beißen sich fest, haben wirklich kein weiter entferntes Ziel vor Augen, sondern nur die Störung des Moments im Blick.
▪ Sie sehen eine Kreisstruktur der Anstrengung vor sich, sehen Landkarten, Reliefkarten mit konzentrischen Kreisen einer orange oder rot gefärbten Mühe, die aufgewendet wird, um den Arbeitsplatz Amazon pünktlich zu erreichen, sehen Ihren eigenen morgendlichen Weg zur Bahn, diese Schneise und Regelmäßigkeit, dieses effiziente Gehen, das keinen Umweg nimmt, in der Region vervielfältigt, sehen unzählige kleiner Schneisen des gezielten Gehens, Anreisens. Das ergibt eine Karte der alltäglichen Bodenverdichtung, eine Karte des morgendlichen Frierens sich zur Arbeit begebender Mitarbeiter. Es erscheint Ihnen geradewegs unangemessen hart, dass Kollegen aufstehen und sich durch die Winternächte bohren müssen, wenn Sie noch fest schlafen. Natürlich kennen Sie Berichte über Leute, die täglich kilometerweit durch wüstes Wetter laufen, um zur Arbeit und zurück zu kommen, aber das sind Geschichten aus einer Zeit, in der es normal und selbstverständlich war, bezwingbar zu sein. (Visualisierungsidee)
▪ Das Weihnachtsgeschäft hat die Lebenszeit zu vieler Leute in der Hand, sage ich. Weiter vorn steht eine Frau in der Schlange, die Sie gestern im Umkleideraum kennengelernt haben. Sie war offensichtlich neu und zugleich ebenso offensichtlich routiniert im Neusein. Sie hatte sich die Schuhe ausgezogen, sich dabei nach einem Platz für diese Schuhe umgesehen, sie wirkte lässig und professionell, und durchaus hätte dies die Lässigkeit einer gut bezahlten Spezialkraft sein können, aber es war die Resignation einer routinierten Leiharbeiterin, einer erfahrenen Überallgastarbeiterin. 6,75 Euro, hatte sie gesagt, als Sie gefragt hatten, ob Sie das erfahren dürften. Und auch sie hatte gesagt: Ich habe ja keine Wahl. Und natürlich, Sie hätten widersprechen dürfen und sagen: Doch, du hast eine Wahl. Aber Sie standen müde und erschrocken neben ihr, so wie Sie auch jetzt müde stehen; die Reflexe, auf die es ankommt, sind betäubt, also nickten Sie und nicken wieder und meinen: So kann man es auch sehen. Ja ja, die müde Form des Realismus, die abgehalfterte Form des Realismus, der eher ein Nihilismus ist, aber das wollen Sie nicht hören. Ich soll jetzt also mit meiner Meinung nicht Ihren Morgen stören, ich soll nicht rumreden, denken Sie in meine Richtung, solle mich selber hinstellen und jeden Tag so schwer arbeiten wie Sie. Das rutscht Ihnen so raus, und ich verstehe schon: Sie tragen die Bürde des Alltags mit der perfiden Lohnarbeit, und ich habe gut reden, habe das ja hinter mir. Weil ich aber nicht weiß, was vor mir liegt, und zwar zum Beispiel perfide Lohnarbeit grundsätzlich liebend gern für mich und sowieso für alle ausschließen will, aber nicht kann, versuche ich, Sie denken und sagen und tun zu lassen, was möglich ist, und versuche auch, Sie daran zu erinnern, dass sich kein Verzagen lohnt und dass alle Handlungsfähigkeit gewahrt bleiben muss, dass es darum geht, allein einer Handlung zuliebe zu handeln, damit sie in der Welt ist und sich weiterentwickeln kann. Ja, Sie mit Ihrem neuen Arbeitnehmerblick schauen direkt in das Sinnlose jenes Handelns, das eine vage Veränderung im Sinn hat; Sie haben mit Ihrem derzeitigen Arbeitgeber wie mit einer flauen Beziehung abgeschlossen, Sie sitzen das nur noch aus: Von dem ist nichts zu erwarten. Aber was wissen Sie schon über den Ausgang einer begonnenen Handlung, was weiß irgendwer, der zu handeln beginnt, über den Ausgang einer Handlung; es ist eben so, schreibt Hannah Arendt: „Der Grund, warum wir unfähig sind, das Resultat und das Ende einer Handlung mit Sicherheit im Voraus zu bestimmen, ist einfach der, daß ein Getanes kein Ende hat. Der durch eine einzige Tat entfesselte Prozeß kann buchstäblich in seinen Folgen durch die Jahrhunderte und Jahrtausende dauern, bis die Menschheit selbst ein Ende gefunden hat.“ Ich meine mittlerweile nicht einmal mehr ein besonders kluges oder feines Handeln. Ich meine auch nicht, dass Sie Argumente gegen diese und vergleichbare Arbeit auflisten müssten und andere sorgsam davon überzeugen sollten, dass sich gegen Arbeit, die dem Arbeitnehmer als Menschen keinen Raum lässt, unbedingt aufzulehnen ist. Ich meine nur, Sie sollten mehr Schneid als ich haben und nicht versuchen, Ihre Arbeit möglichst gut zu verrichten, sondern eher versuchen, Ihre Arbeit schlecht zu verrichten. Oder, wie Elfriede Jelinek schreibt: „Wer lebt, stört.“ Sie sollten dem Arbeitgeber beweisen, dass Sie lebendig sind. Wie weit reicht nun Ihr Einfluss bei Amazon? Sie nehmen Waren in Empfang und buchen sie ins System. Sie könnten Waren verstecken. Vielleicht nicht für immer, aber wenigstens für ein paar Tage könnten Sie Waren vor den Augen anderer verbergen und so aus dem Kreislauf ziehen. Sie könnten Produkte beschädigen und so tun, als wären sie bereits beschädigt angekommen. Sie könnten Ware subtiler beschädigen, so dass die Beschädigung erst beim Kunden auffällt. Sie könnten vorbestellte Ware nicht in das Tote für die vorbestellte Ware legen, so dass die Ware verspätet beim Kunden ankäme. Sie könnten Staub in die Bücher streuen (nur in die schlechten und schlecht gemachten Bücher), Post-its beilegen, auf denen an die Käufer des Produkts gerichtete Beleidigungen stehen würden. Und das wäre erst der Anfang. Sie könnten sich viele Kleinigkeiten einfallen lassen, Dinge tun, auf die ich nicht kam. Ich war ja bedauerlicherweise eingeschüchtert und zutiefst gekränkt. Aber Sie, Sie könnten also und können folglich stören. Natürlich käme man Ihnen auf die Schliche, denn in diesem Unternehmen fliegt alles auf, bis dahin jedoch hätten Sie ein wenig mehr am Arbeitsplatz gelebt und Ihrem Gehorsam den Befehl zum Rückzug erteilt. Wir gehen nicht aus dem Buch, ohne dass Sie gehandelt haben werden.
▪ Am intensivsten arbeiten Sie hier an Ihren Armmuskeln. Sie haben wirklich fantastische Armmuskeln bekommen. Zart und stark zugleich. Die sind ein echter Mehrwert dieser Arbeit. Oder der eigentliche, heimliche Inhalt. Der sich aus dem Kontakt der Arbeit mit Ihrem Körper ergebende Begegnungswert sind Ihre Armmuskeln, aber mehr Begegnungswert ist nicht.
◆ Zehn. Gleich haben Sie es geschafft.
▪ Am Hauptbahnhof warten Kollegen, das ist Kollegensuppe in einem Topf, gefüllt mit Schneematsch und aufgeweichten alten Kippen
▪ Was Sie und ich aber nicht können, weil Sie und ich das nicht wollen, ist, diesen Arbeitgeber zu einem besseren denken und die Arbeitsumstände zu noch schlechteren, ungünstigeren Umständen ins Verhältnis setzen, um dann zu sagen: Es ist doch nun auch nicht so schlimm. Woanders ist es schlimmer. Früher war es schlimmer. Das tun wir nicht. Sie und ich wollen das Beste und sind nicht vermessen.
▪ Sie sind nun frei von jeder Anweisung, durch schieres Durchhalten würde Ihnen hier nichts besser gelingen, es wäre nur ein Durchhalten dem Durchhalten zuliebe, das wohl irgendwann von jemandem erfolgreich und nachhaltig angepriesen worden sein musste, der vom ersten Durchhalten eines mühselig Durchhaltenden profitiert hatte. Und was wäre nun mit solch einem seit Jahrhunderten ausgenutzten Durchhalten gewonnen? Das Durchhalten bringt nur nach Schweiß und faulen Argumenten stinkendes Geld. Das Durchhalten versucht, nicht unterzugehen und lobt sich alle Zeit selbst.
0 notes
Photo
0 notes
Text
Share: samuel r delany - dark reflections ORIG.htm
samuel r delany - dark reflections ORIG.htm (Highlight: 10; Note: 0) ------------- "Arnold even talked to him once, on the job's last day, when, as sunset layered copper with violet behind Mrs. Winterson's yellow roses, again in his shirt but with only the bottom two buttons closed (both in the wrong holes, which dissolved Arnold in tenderness toward the taciturn young man, two years his senior), Doogie Mallone carried the wooden lad�ders and paint cans back to the truck. Then Arnold never saw him again, because Doogie wasn't a Pittsfield boy." "But what he felt, he would decide later, was a species of joy as immo�bilizing as death." "following morning, as the sun bubbled like molten copper at the horizon to make the April waters ice bright between the saplings and the long growth beyond the porch; the second at all-but-pitch black two in the morning, four days on, while one window, in what was certainly the living room, leaked yellow light around and between the drapes, till, after he'd stood there, watching in the dark for forty minutes, it went out. Neither time did he see anyone enter or leave. The third and last time, Arnold came to stand there a mere three minutes on Sunday afternoon, when, under the full branches, the gray-green siding was drying. It had rained once more, earlier. Patches on both walls and pavement were still wet, crossed by dry ribbons under the silver sky." " Arnold listened, feeling that all this, from the verbal exag�gerations to the assumption of sisterly affection, was a vast pre�tense, which he was sure he would probably pull away from soon. It was fun, yes�but it lacked . . . something, " "Outside the sitting room window in the leaves (the white lace curtains had already been removed, making the tan shades, raised now to let in air and light, look stark), balmy Pittsfield July nudged its breezes into and out of the house." "Arnold owned not one jazz album. But, by the end of the 70s, he'd become fascinated by country and western�George Jones, Ferlin Husky, Jessi Colter, Ray Stevens, Waylon Jennings, Merle Haggard, Tammy, Tanya Denise Tucker, Loretta, Crystal, Dottie, Reba, Bonnie Raitt, and Bonnie Tyler. With its barely sup�pressed fascist worldview, this was the music all other American arts either accepted or reacted against�including black jazz! This music was ubiquitous over working-class radios�in the cabs of all-night truckers, in the crowded white-enameled kitchens of Pullman dining cars, on transistor sets at the backs of garage workbenches. (Uncle Harry had played it in his garage, once he'd finished with the morning services on Appleton's black " "religious station.) It played over the public address systems in prisons and in supermarket cellar stockrooms, in every state, New York, California, Florida, and Kentucky. Arnold's own obsession, as he explained to any number of slightly nonplussed friends, black, white, or whatever, was finally no different, and certainly no less American, than that of how many white folks who got twisted up over Robert Johnson, Bessie Smith, Thelonius Monk, Gille�spie, Davis, or Coltrane. Wasn't this the art, the music, the Amer�ican voice you must know and love (or hate�although, despite its dismal brutality, Arnold loved it) to be an American artist?" "That's your right as a black American." (He remembered her saying "colored American" in his childhood.) Still, his liking it would have been more dramatic if he'd been blacker and not so nondescriptly brown. To the extent that such predilections were social gestures, they registered with more force if you made them in clear, bold hues�like Bea's, or . . . indeed, Harold's. He felt better, as he always did, talking to Bea. Still, with his New York friends he discussed his country-music obsession rather less." "obviation" "When the keystone of a life structure that you have erected turns out to be a falsity falsely fixed, the whole does not neces�sarily collapse to the concrete in a cloud of steel, masonry, and glass. Too many microstructures have been set in place to sup�port things, so that the initial keystone bears no present condi�tion for any reality it might once have sustained."
0 notes
Text
Share: samuel r delany - dark reflections.htm
samuel r delany - dark reflections.htm (Highlight: 6; Note: 0) ------------- "strode forward, grinning widely, a coral glow in each ear, " "As the rain stopped and the plane settled into LaGuardia, in the December sun, ribbons of water over the tarmac were gun-metal or scarlet. As Arnold looked out the little window, for moments the plane appeared to tear through webs of crimson and black. He sagged forward, as they slowed to a bumping roll. A minute later, three of Arnold's students he hadn't realized were on the plane crowded past his seat, lugging backpacks. "Oh, gosh! Hi, Professor Hawley! Were you in Cleveland, too? ... See you in class Wednesday!" so that Arnold returned home on the 23 The Prize narrow-aisled bus in a haze of holiday belonging, with the realization�for the first time, actually�that what the Proctor's three years of moneys, now done with, had meant was that he could settle more easily into true poverty." "By the bookshelf, in the dark, netted in the myriad physical unpleasantnesses that were his pudgy, fifty-four-year-old body, Arnold stood, a long-nailed forefinger poised on the back of a book. He pulled it free from the shelf, and turned to open it. Before him, he could just see a white field on which he could make out no single word. Is this death, Arnold thought, standing in a dark hall, holding a book you could barely see, opened to a page you could not read? It was just after three in the morning. Arnold smiled in the dark�then went to the bathroom. And turned on the light�and looked at the sudden and surprisingly familiar cover of Air Tangle. " "It had started Arnold on a year of reading. Anaximanes was pretty soon Arnold's favorite of those early thinkers, because the least was known about him. Still, imagine the conceptual jump, the historical upheaval, discovering for the first time that air was a thing and not a nothing, a being rather than a nonbeing�Anaximanes's contribution to that combination of science and abstract thought that was philosophy before Plato�that there could be more of it, less of it, that it could be thinner, thicker, and that, invisible as it was, it moved about, and could, in itself, be cold or hot. . . . (It's why he'd named Air Tangle "Air Tangle.") Wasn't that the first real vault into the unseen world Parmenides had later pictured and that had produced modernity, unto radio waves, electricity, and atomic energy? Anaximenes had first discovered the fundamentalness of the medium they moved through." "Fog filled the street. Bare trees lay their shatter lines on milky glass. The lamppost down from the house, the dimmed facades across from him�all rose and faded into . . . nothing. Shoveled and shoved to the curb, November snow grounded this 8:00 A.M. obscurity in soot-laced white. In a night, winter mist had fallen 45 The Prize over the autumn city Arnold had expected, when he'd pushed from his East Ninth Street glass door (thinking for seconds that, because of some incomprehensible work, they'd covered it with tissue), so that he could no longer remember what urban autumn looked like." "Turning to the west, Arnold walked on wet pavement�and did not vanish. Rather, he carried his sphere of reason, of vision. (The "heart of darkness," as Conrad had known and Arnold had pointed out to his students only last month, was white, not black�a mist at the river's head, pale billowings, an ethical hollow, in which any and all atrocities might be perpetrated, and the only measure against which to judge them was aesthetic. They were vulgar, unseemly, as blood trickled between the ferns down the bank into the river's rip-plings.) A block and a half later, an aching right foot made Arnold realize that, within his shoe, his sock was soaked and frozen. It was the crack in his right sole. Six weeks ago, when it had last rained, he'd realized it was there. Arnold stopped, thought about returning home, trudging upstairs, sitting at his table, pushing off his shoe, tugging his sock from his wide, wet foot. . . But these were the only shoes�and the only clean socks� he had."
0 notes
Text
Share: The Cannibal Galaxy
The Cannibal Galaxy (Highlight: 62; Note: 0) ------------- "Half the people love, half the people hate. And where is my place between these halves that are so well matched? And through what crack shall I see the white housing-projects of my dreams, and the bare foot runners on the sands or, at least, the A uttering of the girl's kerchief, by the hill? " "three buildings were middling-high, Aat-roofed, moderately modern. Behind them, the lake cast out glimmers of things primeval, cryptic, obscure. These waters had a history of turbu lence: they had knocked freighters to pieces in tidal storms. Now and then the lake took human life. " "and then the lake took human life. In the mornings, well before the first rumble of the early buses, the Principal would come down from his dark and sagging rooms and run to the beach. He was a bachelor of fifty-eight, and still a good runner. In the misted green rain of May the water looked Aat and impervious, as if a dead membrane had been stretched over it. The waves were without rise or fall. On other mornings the whole circle of the lake wheeled its dazzle of brass like another sun. Crayfish shells cut into the rubber of the Principal's sneakers. That was one side of the school. " "The school was on a large lake in the breast-pocket of the continent, pouched and crouched in inwardness. It was as though it had a horror of coasts and margins; of edges and extremes of any sort. The school was of the middle and in the middle. Its" "three buildings were middling-high, Aat-roofed, moderately modern. Behind them, the lake cast out glimmers of things primeval, cryptic, obscure. These waters had a history of turbu lence: they had knocked freighters to pieces in tidal storms. Now and then the lake took human life. " "He thought how even the stars are mere instances and artifacts of a topological cartography of imagined dimensions; he reflected on that mathe matical region wherein everything can be invented, and out of which the-things-that-are select their forms of being from among the illimitable plenitude of the-things-that-might-be. " " gravity and chemicals." "An image is an image," "A puddle still trickled from the center of the pyre; a transparent spiral of vapor curled out of its flank." "strange hairinesses" "Sweat spilled from behind Joseph's ears down into the well of his collarbone; it was July." "By a transposition of the senses, M. de Cambremer looked at you with his nose. This nose of his was not ugly, it was if anything too handsome, too bold, too proud of its own importance. Arched, polished, gleaming, brand new, it was amply prepared to atone for the inadequacy of his eyes. Unfortunately, if the eyes are sometimes the organ through which our intelligence is revealed, the nose (to leave out of account the intimate solidarity and the unsuspected repercussion of one feature upon the rest), the nose is generally the organ in which stupidity is most readily displayed." " possess a fish pond, and if a child is careless in his studies, I bribe him by giving him some of the fish and thus win him over to study." " "He was fixed on getting out of Europe; on leaving France; and sometimes, when he lay curled among bird droppings and the droppings of small rodents and bats, he dreamed of razing Paris to the ground-so that it would look like the prilliant mead ows all around him, the wilderness of meadows that piled gold upon gold until they came to the lip of the brook." "He devoted himself to the study of the possibility of liquid nitrogen oceans on distant satellites; he puzzled over faraway frac tures and vapors; he brooded about whether the rings of Saturn were electrically charged. He had re-entered civilization: then why did he feel desiccated? Why, stretching toward the margins of the remotest blue haze, did he judge himself to be middling? Through telescopes as huge as chimneys he looked toward the mathemati cal spheres. The radio emissions of orbs and powers and particles wheeled by in their shining dress. He was discovering himself not to be a discoverer-both too shabby and too cunning for the stars, so he abandoned his life to the chances and devisings of another continent" "She was in fact abundantly aged, even hallowed; " " vehicles instinct with secretion" "vehicles instinct with secretion: the pocket mouth of the uterus, motherhood red in tooth and claw." "beautiful, always at the edge of evening, with the shining yellow arc of sand fading from its June butteriness to filmy gray to the kind of pink mirage that lasts only a fraction of a second before the depth of the true dark. " "perfume reduced to hieroglyph" "the curves of the base strokes like" "Already the resem blance was waning. A fleeting aberration of his own, set off by the pure bell of the mother-tongue cleanly striking. Among" " A fleeting aberration of his own, set off by the pure bell of the mother-tongue cleanly striking. " "Miss Trittschuh," ""you want a silk purse out of the wrong animal's ear." " " Nights he lay down beside the flickering planetary glow of the television, sick with infatuation. " " his stomach swarmed with too many organs" "her. Her vocabulary was even more offensive than her sweat." " Her vocabulary was even more offensive than her sweat. " "of flight, meteorites are the brightest passengers of the ether." What lace, what rodomontade! His mouth churned gewgaws, ribbons, fragments of fake ermine. All the same, he did not think of himself as a flatterer; he despised his antagonists too much. " "together cried out into the crevasse of the icy planet" "molds, to bring form into being. He acknowledged-now that he was looking for it-how she worked to make a frame for every idea. Her ideas were peculiarly athwart, as if in parody. She set out-she mimicked-every rational scheme, but with the almost imperceptible screw-turn of her malignant smile. He had witnessed that smile only once, and for only a moment; but retrospectively, toiling through her work, he learned the quality of its tight-stretched mirth. It was strange to think she had a child. Profoundly, illim itably, he knew the mothers; she was not like any of them. The unselfconscious inexorable secretion ran in all of them. From morning to night they were hurtled forward by the explosions of internal rivers, with their roar of force and pressure. The mothers were rafts on their own instinctual flood. Encirclement, preser vation, defense, protection: that was the roar and force. That was why they lived, and how: to make a roiling moat around their offspring. The ardor of their lives was directed toward nothing else, and though it seemed to be otherwise, they were in the pinch of nature's vise, they were contained in an illusion of freedom: as the bee in midflight is unaware its purpose is honey, and supposes each flight to be for flight's sake, so the mothers went here and there, and did this and that, and believed one thing and another, but all for an immovable and unsubtle end. And their offspring too would one day be the same: aggressive, arrogant, pervicacious: the gland's defense of the necessary shove toward continuity" "&er this he was afraid to telephone her again. She was impatient with stragglers. Ad astra; and he had stopped too soon. She was ambitious in a way he had never before encountered, or, if he had, he had forgotten it. Her ambi tion was the same as desire, and her desire was unlike his; it had long ago put away dream. Her ambition, her desire, was to cast " "fragmented but thorough" "a funerary mound pouting between short legs. " "" he knew at once which mid rash it would be, and could not, for himself, see the connection with her subject. " "when the first is accom plished and future repair is most chimerical. " " It was unlike her books-more fevered with parody, and then contorted beyond parody, so that once again it seemed wholly straightforward. In" "It was unlike her books-more fevered with parody, and then contorted beyond parody, so that once again it seemed wholly straightforward. " "distant unforgotten talk (the laughter of Akiva, he privately named it), he dangled on the rim of infatuation after all; then pulled back. Safe. Again he had stopped too soon, but was glad of it:-he had his wits still. She engrossed him, she engaged him, she drew him. No longer diffident, he sought the telephone often, and it was curious that she was almost always there, accessible to his wish, and willing enough to bend toward him for ten minutes at a time. He reflected that, on her side, it was the obligation of the bargain she had struck; it must be for the sake of the child. But he could do nothing for her child. He could not. He saw the fourth grade flash by, then the fifth, the sixth, the years frantically counted in grades, and all these flashings, these passings, were his tragedy, because it was not given to him to chase time through to its disclosures. If Beulah left the sixth grade, the sixth grade was still there, altered not at all; the sixth grade and all the other grades were all he had; the sixth grade never vanished, though one day Beulah would; however many children vanished, time would not move; there was again a sixth grade, and would be into eternity, and he, who could not abolish the timelessness of all this, felt the thoroughness, the repletion, of the curse of perpetuity. Hydra headed replenishment, Keats's urn, but overflowing. No form grows old in such a hell. " "For a few months following that " "He was proud of this letter. How well-written it was! It took him a whole night. It made him feel restored, enlarged; it was as if he had ennobled himself by fitting together, shard by shard, an almost-forgotten palace. Once he had known himself to be just such an honorable soul, a man of faith and sincerity buried in a dungeon in Egypt, with just such a gift for the phraseology of idealism. "Pupils need to have confidence in the meticulous attention of teachers-again, attention not to marks, but to the instillation of trust." While he was writing this sentence, and just as the long dash made its stripe, his vital organs seemed to swell inside their envelope of red flesh, and it was as if he stood in the after-school muteness and greenness, leaning his breast toward the road. " " He told her what he had never expected to tell: how Rabbi Pult had once beckoned Gabriel and Loup close to his chair among the brown glass brine bottles (though in the telling he omitted the bottles and the back room of the poissonnerie) and said, in their small brother's hearing, ''Always negate. Negate, negate"; and how he, young as he was, was horrified, because he believed Rabbi Pult was purposing to distort his brothers by drawing them, old as they were, from the society of the normal. "They were big boys then, into their teens," he explained. " ""I always think of the abnormal," he said. "It's a form of self regard." It" ""I always think of the abnormal," he said. "It's a form of self regard." " ". It was as if she lived without anecdote; as if nothing had ever happened to her. Only mind. She was free of event because she was in thrall to idea. Yet the child was there, had been born, in the regular way, out of the fork of a woman. Despite everything she was in contradiction with herself: she had given birth to her opposite. An opposite is an opponent; perhaps she hated the child, was sickened by her blankness, abased by her insipidness-or did she never think of the child at all? Yet the child was fed, dressed, attended to. Did the philosopher ever talk to her daughter? He wished he could eavesdrop at bedtime. " " It was as if she lived without anecdote; as if nothing had ever happened to her. Only mind. She was free of event because she was in thrall to idea. Yet the child was there, had been born, in the regular way, out of the fork of a woman. " "Brill believed she would surely be engaged before the school year was out. Unexpectedly she fell into a reliable spinsterhood. She developed a scowl and he did not lose her. " "The washed sand was a snowfall. Quickly the heels of his sneakers were sucked down and buried. The waves were white, like snowy beards shearing themselves. The white dawn hesitated behind all that sharper whiteness. In the cold, sunk in that snow sand pocked by those primeval shells (the life in them cleaned out, scooped, eaten, decomposed, the shell-walls polished, pearly, snow white), he decided to marry." "cee who lived alone with her child, a boy six years old. She seemed unreasonably tall, taller than any of the secretaries, taller than the teachers, taller than himself, and this appealed to him. He was drawn to heights of every kind. " "He gave the job to a twenty-nine-year-old young woman with an elderly bun, black and shining as fresh tar, and blue-black ink-moist bangs, a divor-" "boyhood, and they were as familiar to him as his own bedclothes. These domesticated and intimate syllables had all at once taken on an enchantment, an illumination. He was stunned by what he heard in them. He left the prayer hall exulting, strange even to himself. As soon as he crossed the threshold someone spoke to him, a fellow student. Brill rebuffed him. He was sharp; he was coiled and cold in his own strangeness. The rabbi-it was Pult came out and summoned him back. "Joseph," Pult said, "come here and daven. You have not davened." Brill protested, "Rabbi, I just finished davening. You saw me. You heard me." Pult said: "If you pray and then you go out and embarrass someone, you have not prayed." " "? Fish after the grain of language, she instructed him, look for the idiom in the wilderness of a narrative; distrust poetry. He already did. In reality the heavens are gases and express physics. He told her that when he was a young man-he was still in the earliest stages of his study of vapors-he had once prayed very deeply. The liturgy that afternoon penetrated the secret channels of his brain; he understood his mouth's work for the first time, even though he had chanted those same words every day from" "Every image, she said, has its logic: every story, every tale, every metaphor, every mood, is inhabited by a language of just deserts. " "There was a white wart beneath one of them, caught in a bluish well." ""The term is only a few weeks gone. And it made good sense last year," Brill blew out, pushing them out to sea, "to dismiss Mrs. Fischeltier three weeks before the end of the term. What transpired then, you may recall, was that I was asked to be sensi tive to the protests of some of the very same ladies present in this group." He knew "transpired" was vulgar; that was why he had used it. "Fischeltier was an idiot," Mrs. Dorothea Luchs said. "She insulted Corinna. She wouldn't let her ask questions. She called Corinna a monopolizer. She said Corinna was running the show. I don't want my kid talked to that way." This animal beauty of hers was repugnant to Brill; she was as straight as a cat or a boy. Her little mouth was lovely, her flawless teeth more so. Her eyes were as widely spaced as a fawn's-as Claude's. How aggressive she was, how he despised her aggressive energies! " "room. Peering toward Beulah's desk, Brill glimpsed a drawing of a house, with smoke. Immature. He supposed the smoke was rising out of the chimney. The third-graders did that. He looked again: the whole house was on fire, and the trees all around it, even the sky behind-a conflagration. " "Thereafter he watched Sheskin. Principal Brill moved quietly along the rear of the classroom and listened to the lesson. He understood at once that the yeshiva student had no obvious personality and appeared to believe in sacred texts. He was like a plain blotter through which the old words seeped. He was also no disciplinarian, and Brill began to suspect that as soon as the awe of unfamiliarity brought on by a new teacher ebbed-four days, five-Gorchak's old classroom would be a howling chaos. Mean while the voice was sweet, devoted to the page under the young rabbi's flat fingertips. The eighth grade bent over notebooks, and Brill, stretching out his short neck (heroic, he thought of the sacrifice of Fifferling, the debasement of Gorchak), observed the flowering of a multitude of doodles-tigers, mermaids, planes, supermen, disembodied eyes and teeth, decorative friezes composed of wings and florets. Sheskin reprimanded no one. The doodles went on and on: circles, balloons, eggs, dogs' ears, women's lips and breasts; a kind of trance had set in. The room was in concen tration. Old King David was dying. He was dying in this very " "Something came to him then, a clairvoyance, as if he had gotten hold of a thread leading to a great dew-flecked web: frag ments of light in a shadowed cranny. If he tugged on a single vein of it, the web would rupture, the drops of light fall into one bright globule. A pool ofknowing. He did not go on with it. H� crowded the sheets back into their packet; he could not keep his eyes from the new clerk-receptionist's blue-black bangs. Iris or Daisy. He had hired Rabbi Sheskin and the new clerk-receptionist a day apart-she told him this was significant, it made her a sort of twin to Rabbi Sheskin, even though she didn't relate to anything spiri tual. Cain wasn't Abel, and that was the whole of her metaphysi cal learning. She was cheeky with him; he was amazed. It passed through his conscience that the right thing to do would be to sack her; but that was only a whim. Whim after senseless whim. Losing Fifferling, demoting Gorchak, replacing Gorchak, all these loos enings and braidings of his forces laid down as an offering before Hester Lilt-who spurned them. All the same he could do what he pleased, he was a man in possession of an entire society, he was a potentate. " "The next week he received from Hester Lilt-in a wide brown envelope carried to school by Beulah, marked BY HAND, and mutely delivered to the clerk-receptionist with the blue-black bangs-a new essay. He surmised that it was a kind of spite. She meant to Aatter him. Her Aattery was spite, willing at last to acknowledge his homage-how drawn he was to the prodigy of her mind. He was somehow now not so drawn. She intended her genius to punish him. He pulled the printed sheets out of the envelope and surveyed the title: On Structure in Silence. He read: Silence is not random but shaping. It is like the empty air around the wing, that delineates the wing .... " "It was a beautiful evening-the lawns newly mowed, brightly verdant, the crickets yelping high. The Phlegethon simmered black and red. In a certain deep stone-littered dell where the mower could not go without endangering its axle, the uncut dandelions in their hundreds burned yellow as butter. " "In a modest recess near a door, massive, with the effulgence of a flood of white arrows, "
0 notes
Text
Share: Realitätsgewitter: Roman (German Edition)
Realitätsgewitter: Roman (German Edition) - Julia Zange (Highlight: 8; Note: 0) ------------- "sieht ganz schön nett aus" (Chapter:5. Bubble and Gum) "Das verlassene Kaufhaus macht mich fertig. Ich habe früher richtig viel geklaut. Nie Dinge, die ich wirklich haben wollte, eher einfach Zeug." (Chapter:5. Bubble and Gum) "Im Zug setze ich mich ganz ans Ende der zweiten Klasse, so dass ich die Geschäftsmänner mit den gebügelten Hemden durch die Glastür in der ersten Klasse beobachten kann." (Chapter:10. I fell in Love with the Seaside) "Ich kann das nicht bestätigen." (Chapter:12. Die Mitte der Welt) "Dann ziehe ich mein iPhone aus der Tasche und knipse mich selbst. Als Dokumentation. Wie ein Gefängnisfoto. So sieht eine Verbrecherin aus. So sehen böse Mädchen aus." (Chapter:13. Ich frage die Sterne und sie verstummen) "»Das ist doch Mamas Medizin! Du kannst doch nicht einfach ihre Tabletten nehmen. Oder hast du dir die jetzt auch selbst verschrieben?«" (Chapter:13. Ich frage die Sterne und sie verstummen) "Besser nichts anfassen. Ich möchte mit diesem Zimmer nichts zu tun haben." (Chapter:13. Ich frage die Sterne und sie verstummen) "Mein Kopf dröhnt und meine Augen brennen. Vielleicht sollte ich am Meer wirklich mal mein Handy ausschalten." (Chapter:14. Insel der Hunde)
0 notes
Photo
0 notes
Text
Share: Der jüdische Patient
Der jüdische Patient - Oliver Polak (Highlight: 1; Note: 0) ------------- "Die Mädels sehen einfach scheiße aus, genau so würde ich ihre Art, sich zu kleiden, beschreiben." (Chapter:Sechste Klinikwoche)
0 notes
Photo
0 notes
Text
Share: Die Toten. Roman
Die Toten. Roman - Christian Kracht (Highlight: 19; Note: 0) ------------- "Der Filmregisseur Emil Nägeli, aus Bern, saß unkomfortabel, aber aufrecht im Inneren des klapprigen Metallgehäuses eines Flugzeugs und biß und riß an den Fingerkuppen. Es war Frühling. Wie seine Stirn feucht wurde, wie er nervös angespannt die Augen verdrehte – da er glaubte, das Nahen eines drohenden, bald sich erfüllenden, katastrophalen Unheils zu spüren –, wie er saugte und nagte. Und während die Haut vom Druck der Zähne wund und rot wurde, stellte er sich immer und immer wieder vor, das Flugzeug würde jäh am Himmel aufblitzend auseinanderbersten. " (Chapter:2. Kapitel) "Nun würde lediglich das letzte Alter folgen, die Epoche des Greises, danach nichts mehr, außer ein Nägeli vollends grotesk anmutendes Vakuum, weswegen er seine Finger beißend bemühte, deren Haut sich nun in milchig-durchsichtigen kleinen Fetzen abgelöst hatte." (Chapter:2. Kapitel) "sich im selben Augenblick der Vortäuschung dieser finalen Intimität schämend." (Chapter:3. Kapitel) "Amakasu ging durch den Flur hinüber zum Badezimmer, putzte sich die Nase und drehte einen Propfen aus Seidenpapier, um sich damit in einem dostojewskischen Anflug von Selbstvergessenheit die Ohren zu reinigen. Er roch daran, roch nichts an den gelb verfärbten Stellen, knüllte das Papier zusammen und warf es in die Schüssel der modernen westlichen Toilette, betätigte die Spülung und beobachtete, wie der Maelstrom des Wassers wirbelnd und unanständig gurgelnd das Ganze zu den letzten Takten der Bach-Sonate hinabsaugte." (Chapter:4. Kapitel) "Es war, wie Amakasu mit einiger Zufriedenheit feststellte, ein Meisterwerk der Manipulation. Selbsterniedrigungen wechselten sich mit Schmeicheleien ab, zurückhaltende Forderungen mit völlig unhaltbaren Versprechungen." (Chapter:5. Kapitel) "Gott, es hätte noch soviel zu besprechen gegeben, doch sei dafür nie Zeit gewesen (hierbei knetete und rang er die Hände, bis sie schmerzensrosa anliefen), Mißverständnisse hätten sich aufgetürmt (wohl auch durch sein niemals öffentlich formuliertes Insistieren sich selbst gegenüber, sein Vater sei der Männerliebe nicht abgeneigt gewesen), deren Entwirrung zehn Menschenleben gedauert hätte, bitte sehr, es war eine rekursive Schleife, das Ganze, deshalb brach er nach drei Tagen die Trauer ab und widmete sich ganz den Begräbnisaufgaben, die alleine er, in der protestantischen Bangnis seines Herzens, menschlich korrekt auszuführen sich imstande sah." (Chapter:6. Kapitel) "Acht Mahagonistühle waren in bürgerlicher Symmetrie an die weiße holzgetäfelte Wand geschoben, darüber hing ein Barometer." (Chapter:6. Kapitel) "Jener Film jedoch wurde auf Verlangen des niederträchtigen Erzbischofs von Paris zensiert und verstümmelt, und während Nägeli, im Hotel Meurice nachts Flaubert in deutscher Übersetzung lesend (ein bauchiges Glas Mineralwasser opalisierte still auf dem Nachttisch, drüben im Kleiderschrank huschte eine Motte von Anzug zu Pullover und zurück), von immer größerer Niedergeschlagenheit ergriffen wurde, da er Absatz um Absatz verinnerlichte, wie schlecht, wie unvollständig und von substanzloser Faulheit geleitet sich das eigene Werk daneben ausnahm, erinnerte er sich kurz vor dem Einschlafen daran, daß sein Vater ihn vor vielen Jahren eingeladen hatte, mit ihm einige Tage hier in Paris zu verbringen." (Chapter:7. Kapitel) "und aus den Gedichten Heines vorzulesen, die sein Vater, ein emeritierter Professor für Germanistik an der Tōhoku Universität, unter Strapazen ins Japanische übertragen hatte und jetzt, unter dem die Stimme salbenden Einfluß zwei oder drei genossener Biere, im Original himmelwärts deklamierte, nicht ohne Komik in der Darstellung das R mit dem L vertauschend. Wie er seinen Vater doch haßte!" (Chapter:9. Kapitel) "Emil war aus Kinderbüchern bekannt gewesen, was Kaninchen gerne aßen – näherte er sich dem Tier jedoch, um ihm ein Rüebli zu füttern, wurde er heftig in die Fingerkuppe gebissen; das Kind erschrak zutiefst, bis dahin behütet im Gedanken, das Sein und die Welt wären ihrem Wesen nach anständig. Noch niemals hatte es die unanständige, unterschiedslose Grausamkeit der Natur erfahren. " (Chapter:12. Kapitel) "Der Samen also war gepflanzt, einer schlafenden Rakete gleich, und nichts sollte sein dereinstiges Wachstum, seinen Sternenflug ersticken können, weder Masahikos vordergründige Verachtung der westlichen Welt noch die ganz offensichtlich auf Expansion und auf die Erniedrigung anderer Völker ausgerichtete Seele Deutschlands, die der junge Mann so genau erfühlen konnte, als habe er wiederum seine Seele mittels ätherischer Konduktoren in sie eingestöpselt." (Chapter:15. Kapitel) "Er war aber aus unerfindlichen Gründen noch nie drinnen gewesen, und so war das Betreten der durch immense, unsichtbare Maschinen klimatisierten Empfangshalle eine unerwartete, willkommene Überraschung – die aseptische Kühle vertrieb die stickige Klebrigkeit des natürlichen Klimas vor der Tür, der regenfeuchte Anzug und das Oberhemd darunter bildeten plötzlich der Haut aufliegende, angenehm klamme Schichten, die ihn leicht frösteln und an Quarzkristalle denken ließen, zu Zehntausenden aufgeschichtet, die in ihrer eisigen Mathematik verwirrend und bodenlos waren." (Chapter:21. Kapitel) "27. Von der Sekretärin, einem ebenso garstigen wie kräftigen Besen, in Hugenbergs Vorzimmer deponiert (sie beordert Nägeli zum wartenden Sitzen auf einen Stuhl mitten im Raume, als sei er ein kleiner, unanständiger, zu bestrafender Schoßhund), rollt er mit dem Schuh einen am Boden liegenden, zartvioletten Bleistift (der sich von irgendwoher durch den Äther dorthin manifestiert hat) hin und her, sieht auf die Uhr, sucht, die Zigarettenpackung wieder einsteckend, vergebens nach einem Aschenbecher, sieht erneut auf die Uhr, bis sich nach fünf, sechs sich kaugummiartig dehnenden Minuten die Flügeltüren öffnen und der Tycoon grinsepolternd erscheint, die Arme auseinandergerissen, die Handflächen zum umarmenden Gruße schaufelbreit geklafft. Whiskygläser werden eingeschenkt, Eiswürfel klacksend hineingeworfen, auf Ölgemälde an den Wänden des titanischen Büros hingewiesen: voilà! – Ingres, Gros, Delacroix, de Neuville, ja, nur der Franzose könne den Krieg angemessen malen, sehen Sie sich das nur an, Mensch, wie präzise das gemacht ist, die muskulösen, blutenden Flanken des tödlich getroffenen Pferdes auf dem Schlachtfeld zu Borodino. Und Nägeli sieht sich das alles an in seiner erbärmlichen, vulgären Maßlosigkeit. Da gibt es einen weißen sprungbereiten Jaguar aus Porzellan, mannshoch. Und einen alptraumartig grellbunt bestickten, modernen Teppich. Und eine kleine schwarze Katze, die kläglich maunzend versucht, die Türe eines grotesk überdimensionalen Kühlschranks durch Kratzen zur Öffnung zu bewegen. Durch Panoramafenster geht der Blick weit auf Berlin hinaus. Nägeli unterdrückt bodenloses Gähnen, versucht, dem Hämmern in seinem Kopfe Herr zu werden, hört und sieht nur halbwegs hin, untersucht die Eiswürfel im Glase, erkennt in den verschwindenden weißen Würfeln abwechselnd Kleeblätter, Zylinder, Tränen, die Silben ve-ri-tas, als dämmere ihm, diese frostige, umgedrehte Neuauflage des aus der Kindheit vertrauten Bleigießens sei tatsächlich, dank dem Freisetzen der Form durch Schmelzen, die ideale Reduktion der Erinnerung. Er verflucht innerlich seine neuen Freunde Kracauer und Eisner, daß sie ihn überredet haben, sich hier zu prostituieren, bei diesem Angeber, der darunter auch noch leidet, ein reicher Parvenü zu sein – eigentlich fehlen nur noch die goldenen Eßbestecke. Wie kommt er hier bloß wieder anständig heraus? Und nun setzt sich nonstop parlierender Hugenberg an den adlerbefußten Flügel, wirft imaginäre Rockschöße hinter sich hoch und spielt mit häßlicher Begeisterung Ein Freund, ein guter Freund, die ausgefranste Zigarre dabei im Mund, unangezündet, und unten stecken die Seidenstrümpfe in samtenen, gold monogrammierten Hausschuhen, und in der Ecke schreit die Katze. Nägeli fühlt sich, als sei er ein Kanarienvogel im Bergwerk, der auf die giftigen Dämpfe wartet. Das ist doch hier die allergrößte Unseriosität, als sei das alles nur gespielt, eine Zirkusattraktion, Mummenschanz, als ginge es hier nicht um Hunderttausende Dollar, sondern um das Spielgeld einer Puppenstube, eines papiernen Kaufmannsladens, dieser Zampano Hugenberg, dieses Marionettentheater, diese Operette, Buffonnerie, Makonde; über ihm hängt das Gemälde einer nackten Odaliske, die sich mit ihrem Freund, einem Skelett, einen staring contest liefert. Nägeli spricht ganz leise und verhalten von seinen filmischen Plänen. Am liebsten wäre ihm, daß niemand sie hört. Hugenberg tippt dabei mit einem pellwurstartig geschwollenen Zeigefinger auf eine hohe Taste, pling, pling, pling, immer auf dieselbe. Er wolle einen Schauerfilm drehen? Und das Ganze in Japan? Lippen werden gestülpt, Bürstenhaare gekratzt, Monokel ins Auge geklemmt und wieder herausgedreht, Nägeli erwartet sofortigen Rauswurf, tritt einen Schritt zurück Richtung Vorzimmer, Hugenberg hebt die Hand. Halt! So, so. Mutige Idee. Durchaus. Ihm habe Shanghai Express imponiert. Und Mut imponiere ihm auch. Und für einen asiatischen Schauerfilm brauche man schlechterdings kübelweise Mut. Gefällt ihm, gefällt ihm. Habe Nägeli schon einmal an Anna May Wong gedacht? Aber Moment, das ginge ja gar nicht, daß Rühmann da mitspiele. Wie sähe das denn aus, so ein kleiner Blonder unter lauter Gelben? Nägeli versucht, sämtliche Emotionen aus seinem Gesicht zu verbannen; muß er gar nicht, der schreckliche Mann ist ganz von selbst draufgekommen. Das wird natürlich alles viel, viel teurer werden, meint pustender Hugenberg nun, da täten es doch zweihunderttausend Dollar hinten und vorne nicht. Schreite man also erst zum Drehbuch. Er habe gehört, seine Verlobte sei bereits in Japan? Na bitte, dann könne diese doch, vorausgesetzt sie sei blond (Nägeli nickt, raucht, sieht sich seine zerbissenen Fingerkuppen an), das ach so keusche Mädchen spielen, das vor der Verderbtheit des Untoten beschützt werden müsse. Er denke an Bram Stoker und Otranto und Nosferatu und so weiter, Schwefeldampf, das junge Fräulein werde natürlich in den Hals gebissen, bevor man sie in Sicherheit habe bringen können. Das sei alles ganz eng und einfach gefaßt, da gebe es keine großartigen Möglichkeiten, es brauche einerseits das Böse, selbstverständlich sexuell aufgeladen, die arische Unschuld werde durch (das dürfe man den japanischen Freunden so natürlich nicht erzählen) die asiatische Bestie verdorben, und andererseits müsse es einen Widersacher des Untoten geben, der ihn am Ende dem hellen Morgenlicht aussetze und ihn dadurch töte, mit, wie könne es anders sein, einem Eibenholzpflock ins Herz. Ja, ja, lügt überforderter Nägeli, das sei ungefähr der Film, den er sich vorstelle, aber Ida könne gar nicht schauspielen, und überhaupt: wie sei denn daran eine ästhetische Meßlatte anzulegen, das sei doch alles lediglich Parodie, bestenfalls Hommage, was da vorgeschlagen werde. Ach, Geduld. Und vor allem Intuition. Er werde da schon ganz von alleine draufkommen, er solle sich mal keine Sorgen machen. Man müsse auf die innere Stimme hören, es würde reichen, seine Fingerspitzen in den Ozean des Bewußtseins zu tauchen. Schauergeschichten seien universell, immer ganz ähnlich sei das, es gehe dabei nur um die Variation des immergleichen Themas. Aber was rede er, Nägeli sei doch schließlich das Genie, er, der sein vollstes Vertrauen genieße, nicht wahr? So, Tacheles: Eine halbe Million Dollar stünden für ihn bereit, das würde nicht einmal Lang heute mehr zusammenbekommen, nach dem Metropolis-Fiasko, Nägeli solle sich das nicht allzu lange überlegen, morgen sei die Kriegskasse nämlich wieder zu, beziehungsweise anderswohin geöffnet, im Vertrauen: ein Anteil sei aus der Cinecittà und müsse auch dorthin zurück, aber was weg sei, könne man nicht einfach so wieder zurückbringen, das sei mithin kein Diebstahl, sondern nenne sich Verlagerung – Mysterien der Ökonomie, Nägeli, oder? Jetzt geht es ganz rasch ans Eingemachte. Der Tastaturdeckel des Klaviers wird applauslos zugeklappt, die zerkaute Zigarre nicht unelegant auf den Rand des Instruments gelegt, die Assistentin hereingebellt, unter wehenden Papierstößen segelt sie heran, hier eine Unterschrift, da, da und dort, und dort unten auch noch, nein, bitte ganz rechts unten. Legen wir doch noch was drauf. Achthundertausend Dollar müßten ausreichen, nicht? Und, ganz entre nous: diese Semiten Kracauer und Eisner, die seien doch nicht wirklich Teil seines Freundeskreises, man müsse doch etwas mehr zusammenhalten unter Nordischen, nicht wahr? Exklusion heißt das Zauberwort! Aufgepaßt! Und nun: Champagner! Und dann: Hinaus, bitte sehr! Er habe schließlich noch vier andere Termine heute abend. Und während Nägeli nach ewig dauernder Fahrstuhlfahrt (wohin nur, einsam sterbender Vater, mit dem imawashii Blick?) aus dem Gebäude hinauswankt, unten in die Sitze der wartenden Limousine sinkt und sich schwört, in diesem Leben nie wieder Alkohol zu trinken (der Restodem einer eiligst ausgetretenen Schofförszigarette im Wagen riecht äußerst unappetitlich), steht Hugenberg breitbeinig oben am Panoramafenster und brüllt seine Sekretärin an, er werde doch keinen deutschen Regisseur zu diesen Perversen nach Japan schicken, und sei er noch so belanglos, das wäre ja noch schöner, sollen sie doch diesen Schweizer Langweiler nehmen, viel Spaß mit ihm, Tür zu, wenn er bitten darf, und dann blickt er lange hinaus auf die sich verdunkelnde Metropole, und er sieht vor sich jenen bizarren Film, diese Dokumentation des eintretenden Todes, den man ihm aus Japan geschickt hat, einen Streifen, der ihn gleichsam so pathetisiert und jawohl, auch erregt hat, und er legt den Kopf etwas schräg und fährt sich mit den Fingern durch die borstigen Haare und lächelt wie das garstige Schwein das er ist." (Chapter:27. Kapitel) "streift geschickt und erstaunlich beweglich die braunen Budapester ab (hätte er sie nicht eigentlich an der Tür schon ausziehen müssen?), die einer nach dem anderen, als führten sie ein schuhliches Eigenleben, unter dem Couchtisch verschwinden." (Chapter:34. Kapitel) "Das kann doch alles nicht wahr sein, denkt Nägeli, läßt sich nach Schweizer Art nichts anmerken und die Kamera sinken, lächelt, nickt, winkt, beißt an einem Daumennagel, dessen Sichelrand verflucht noch mal nicht losreißen will." (Chapter:37. Kapitel) "Er packt seinen Koffer und einen Seesack mit den Kameras und den Filmkartuschen, belegt Masahiko und Ida mit dem Fluch, sie mögen doch bitte rasch und qualvoll sterben, tritt noch einmal energisch (aber fantasielos) gegen eine Stehlampe und verläßt kurzerhand die Villa. Er läuft zum nächsten Bahnhof und reist die nächsten Wochen ziellos im japanischen Kaiserreich umher, in den warmen Süden, nach Nagasaki und Fukuoka, dann wieder zurück, weit nordostwärts Richtung Tokio, in die Präfektur Kanagawa. Er hat in der Villa seinen Hut vergessen; oje, wenn das mal nicht symbolisch ist." (Chapter:39. Kapitel) "Von Woge zu Woge fällt er immer wieder einige Sekunden lang in den Schlaf. Das Ganze hat etwas ungemein Transparentes und auch Lächerliches; er will nicht sterben, noch ist er nicht tot. Er hört ein Knacken und ein Knistern, da der Kopf in Höhe der Ohren unter Wasser treibt; es ist das Meistergeräusch dieses Planeten, dazwischen vernimmt er, wie von fern, ein versunkenes Oszillieren, es ist das scheue, modulierte Fiepen der Meeressäugetiere, die sich über unendlich weite Strecken hinweg im Ozean zusingen. Nichts ist sinnlos, denkt er, und er imaginiert sich von Wellen endlich an einen Strand gespült, die sanft und kraftlos leise tosend über ihn hinwegschäumen; dort am Ufer sieht er Krebse und Muscheln und Steine liegen, das greif- und erfühlbare, bleiche Skelett der Erde; darüber spannt sich in atemlosem Blau das endlose Geschenk des Himmels." (Chapter:41. Kapitel) "Doch unvermittelt ist sein Vater wieder da, nach langen Wochen und Monaten; da ist der sonnengebräunte, sorgfältig ausrasierte Nacken mit den eisgrauen, einen halben Millimeter kurzen Haarstoppeln, den fröhlichen Altersflecken, dem Zwinkern im Blick, ja, verflucht noch mal, sein Vater hat Humor gehabt unter all der rekursiven, eleganten Brutalität." (Chapter:42. Kapitel) "Es ist schon Abend, als sie das Gerüst des Buchstabens H besteigt. Unter und vor ihr, durch die metallenen Streben hindurch gut zu erkennen, liegt schimmernd und lodernd die maßlose Stadt, deren unendliche Ausdehnung sich am ultramarinblauen Horizont mit dem sich allmählich schwärzenden Nachthimmel zu vereinen scheint; es ist eine rätselhafte, elastische Flachheit bis dorthin, perspektivisch in die Ferne gezogen vom simplen Raster der sich kreuzenden, von Autoscheinwerfern goldgelb aufquellenden Boulevards. Immer höher klettert Ida, setzt sich rittlings auf den stählern eingefaßten Rand des Buchstabens, bringt nun das andere Bein nach vorne. Oh, das ist ja kurios, denkt sie: Ein H, exakt so wie in meinem Traum. Es gibt ein Vergessen allen Daseins, ein Verstummen unseres Wesens, wo uns ist, als hätten wir alles gefunden. " (Chapter:46. Kapitel)
0 notes