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Notzingen 1973
https://www.immobilienscout24.de/expose/128846079 Kein einfacher Fall, dieses Haus bei Esslingen, aber insgesamt doch ein Fall für die Dunklen Spiegel: Überzeugt haben uns am Ende die Waschbetonplatten, die Glaselemente am Freisitz, und die dubiosen Leuchten für Chrom-Kopfspiegelbirnen im Wohnzimmer. Und es sind so wenige gute Häuser noch übrig; traurig waren die letzten Monate. Wie oft, in Süddeutschland, muß man hier schon ein wenig die Augen zusammenkneifen und darf nicht jedes Bild anschauen: Oft ist in Süddeutschland Geld dagewesen, und in den 90ern oder 2000ern ist renoviert worden, frisch gemacht, weiß gemacht, glatt gemacht, hell gemacht, dekoriert: Bei diesem Haus von 1973 hat es die Küche und Teile der Wohnräume erwischt, aber wir schauen einfach nicht in die Küche und im Wohnzimmer nur durch die großen Gläser vom Kamin weg, in den Garten hinaus. Eine Vorliebe der Dunklen Spiegel ist hier ebenfalls ausgeprägt: Die modernistische Architektentreppe mit Absatz und breiten hölzernen Handläufen. Es gibt sie in den weiten leisen Museumsbauten in Dahlem, in denen jetzt, soweit wir wissen, nichts mehr ist, weil alles ein etwas blamables Betonschloß dekorieren soll, und im Nationalmuseum in Nürnberg, wo sie ebenso schön im Halbdunkel leuchtet wie hier, die Treppe. Dunkle Holzdecken und Mosaik im Bad, und der treue Ideal-Standard-Hahn der 70er. (Diesen Fliesen dort ist allerdings nicht zu trauen, rezente Beikömmlinge vermutlich.) Schließlich muß ein Zufall erwähnt werden, für den das Haus nichts kann, der ihm aber steht: Mernschenleere Architekturphotographie bei schlechtem Wetter im Sommer ist immer unheimlich und oft sehr gut, hier kommt das Sujet "vernachlässigter Pool" dazu. Die Melancholie des Hauses, angelegt 1973 und nur unzureichend ausgetrieben inzwischen, ist in diesem Juni-Regentagsbild des Pools wieder ganz da und sehr wertvoll.
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Hannover 1970
https://www.immobilienscout24.de/expose/126109358
Hier ist sie also, die Sensation, von der man in Zeiten der Dürre denkt: So was Gutes kommt wohl nicht noch einmal auf den Markt, alle guten Häuser dieser Baujahre sind nun abgegeben und ruiniert, die Dunklen Spiegel kommen zu spät. Und dann erscheint doch wieder einer: Ein Beweis, was einmal möglich war.
In diesem Bungalow stimmt, was nur Bungalows können, besonders gut: Die Beziehung zum Garten, die Bewohnbarkeit des Gartens vom Hause aus. Unbeirrbare rote Wandpaneele bestehen auf eine Freude, die wir verloren haben, eine klug eingesetzte Spielzeugfarbe leuchtet da. Überall ist auch freundlicher Tand in diesem Haus, und Kunst im Haus und im Garten: Ein Leben mit Kunst als Selbstverständlichkeit wird hier praktiziert, wir sind fast sicher daß die Künstler zum Freundeskreis gehören werden.
Am einzigartigen Kamin sitzt man gut auch im Winter zwischen zwei Strahlungen, Kälte von der Gartenfront, Wärme vom Feuer her, und man sitzt in einem absoluten Favoriten der Dunklen Spiegel: Dem King Chair von Strässle aus der Schweiz, dem bequemsten und schönsten Sessel der Welt.
Diesem feinen Haus verübeln wir, daß wir es nie besitzen werden, und all dem gut gelaunten großzügigen schläfrigen Zeug darin auch.
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Stammheim, ca. 1982
Aus dem Archiv und also ohne die Chance, das Haus noch zu erwerben: Ein Beispiel für die sagenhaft gute Beton-Wohnarchitektur, die um Stuttgart herum gebaut worden ist in den 1980er Jahren.
Beton will in Blöcken auftreten, chunky sein, und mit ebenso blockigem dunklem Holz zusammenwohnen, und hier darf er. Teppichflächen machen einige der Wände, im Kontrast zu den sonst sehr harten Materialien, flauschig und vor allem akustisch angenehm, und auch alle anderen Oberflächen sind von allererster Qualität: Travertin und Holz, gefrostetes Glas und Keramik. Und die Augen finden kaum Halt vor Aufregung! in Anbetracht des heute kaum noch fassbaren Glücks kompletter Abwesenheit von gebürstetem Edelstahl. Alles ist, was es scheint, und tritt auf in passender Funktion: Keine Übertreibungen in Hygiene, keine Fälschungen, keinerlei gebaute Angst, sondern ruhiges Selbstvertrauen von der Sorte, die Bücher liest und Platten hört und, natürlich, einen Flügel besitzt.
Von den vielen guten Details sei eine besondere Vorliebe der Dunklen Spiegel erwähnt: Die Planzen- oder Steinzierwanne als Teil der Architektur, hier in Beton gegossen und eingesetzt an einem immer toten Ort: Unter der letzten Treppe.
Wärme und Kultur und ein unerreichter Wohlstand, in Stuttgart-Stammheim: Naturgemäß.
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Ratzeburg, 1967
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Das als "solide" beworbene und damit vollkommen unterschätzte Backsteinhaus im Norden dient uns als Beispiel dafür, daß die Qualität, nach der wir mit den Dunklen Spiegeln suchen, nichts mit Geld zu tun hat: Anders als das Haus in Aachen ist hier der Bau selbst ohne extravagante Handwerkeralbträume ausgeführt: Kein Wasser direkt am Haus, keine Glasscheiben Stoß auf Stoß, dafür Quaderform und ein konventionelles, also tendentiell tatsächlich dichtes, Dach.
Das Haus in Ratzeburg ist trotzdem wunderbar. Es bezieht seine besondere Wärme aus den Holzeinbauten: Die Decken, die Einbauschränke in Bad und Schlafzimmern, die schön geflammten Einbauregale um die Glasfronten herum. Kluge Besitzer haben sehr auf ihre Farben geachtet: ein durchs und ums Haus irrlichternder Rotton schafft es, zusammen mit den Hölzern und den Teppichen, die weißen Wände behaglich zu machen. In einem der Bäder sind zitronenfröhliche Hewi-Kunststoffarmaturen verbaut, die erstaunlicherweise mit den weißen Kacheln und den Hölzern hervorragend zusammenwirken. Im Wohnzimmer findet sich die unfehlbare Tizio, und auch sonst ist das Licht gut.
Fast könnte man denken, hier sei nur -- was allerdings heißt nur? -- im Innenraum mit Holz, Licht und Farbe eine Großtat vollbracht worden und die Architektur selbst sei anspruchslos, aber es stimmt nicht: Die Dachgauben setzen mit ihren strengen Holzmosaikspielzeug-Formen das geometrische Thema, und ein vergessenes Form- und Farbgefühl besetzt von dort aus das ganze Haus. Es wird uns noch häufiger begegnen, dieses heute vollkommen desavouierte Formgefühl. (Berliner kennen es gut, Tegel, die Bahnhöfe der U7 und viel gute Bauten im Westen sind Beispiele.)
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Aachen, 1979
https://www.immobilienscout24.de/expose/125340468
Wir beginnen mit diesem Haus in Aachen, von 1979. Es ist rundherum interessant, und das Wasser am Haus, das immer das wertvollste Wasser ist, erfährt viel Liebe: Das Dach des Treppenturms wird, so scheint es, über einen Speier entwässert, so daß bei Regen das Wasser über zwei Stockwerke in den Hausteich herabfallen und eine ganz schöne Bewegung verursachen dürfte.
Im Haus gefällt uns die Sitzkuhle mit dem roten Vorhang in einer in die Deckenbeplankung eingelassenen Schiene, das ohne Rahmen auf den Hausteich hinausgehende Eckfenster - und übrigens die Lampen aus - ja, was ist es, Opalglas in Wülsten? (Kann sie jemand zuordnen?)
Die Küche aber führt in das eigentliche ästhetische Herz dieses Hauses und des Interesses der Dunklen Spiegel an Wohnkultur: Man sieht diese gelben Möbel, die dunklen Kacheln und die schwarze Decke, und weiß, wie es riecht in diesem Haus, wie ein warmer Back- und Röstzwiebel- und Gewürzgeruch seit den frühen Tagen von dieser Küche aus im Haus sich verbreitet und Geborgenheit überall installiert hat. Die dunkle Decke ist die Sensation: Zwischen ihr und den Kacheln schwebt die Zone des Lichts, hier wohnen wir, die Menschen. [Nachtrag: Die Lampe ist identifiziert, es ist eine LT305 von Carlo Nason]
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