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Bene und Ich
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Blockroman
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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“Nachts sind alle Fische blau.”
Nach 10 Minuten schweigendem Laufen erreichen wir unser Ziel. Das Völkerschlachtdenkmal. Wie ein von Außerirdischen erbautes Monument ragt es aus dem Boden gen Himmel. Die Mauern des Bauwerks sind mit alten Insignien verziert und vermitteln den Eindruck eines alten Tempels im Orient oder in Ägypten. Der ganze Komplex wirkt sehr mystisch. Kurz vor Mitternacht. 
Das Wasser vor dem Turm bildet die perfekte Kulisse für jede Kaiserkrönung.
Zu viert schlendern wir am länglichen See vorbei in Richtung des Gebäudes. Die fast episch anmutende Atmosphäre verschlägt uns jedwede, ohnehin nicht vorhandene Sprache. An den Stufen angekommen, beginnen wir unseren mühsamen Aufstieg. Bene und ich stützen den Alten, und die junge Frau, Emma betrachtet unser Trio amüsiert. Als wir endlich die oberste Aussichtsplattform erreicht haben, blicken wir uns um und wundern uns über das fehlende Wachpersonal oder andere Besucher. Es gelingt uns den Alten auf einen kleinen Mauervorsprung emporzuheben, sodass wir sitzend die Szenerie vor uns betrachten können. Der hell erleuchtete See, gesäumt von symmetrischen Büschen und im Hintergrund die Skyline von Leipzig. Darüber der klare, dunkle Sternenhimmel.
„Um diese Uhrzeit war ich noch nie hier, ich wusste gar nicht, dass man hier immer hin kann. Auch nachts.“
Emma wirkt ganz verändert. Ohne ihre arrogante Maskerade der Unnahbarkeit erscheint Sie jünger, ja fast verletzlich.
„Feuer?“
Bene reicht es mir. Wir genießen das Gemeinschaftsgefühl und den Rauch.
„Wisst ihr was wirklich cool ist? Dieser Kaiser oder König, der das Ding hier bauen hat lassen damals, der hat vielleicht Napoleon besiegt, aber der konnte bestimmt nicht hier sitzen wie wir und rauchen. Alleine. Und froh.“
Wir lachen. Nicken. Feiern das Leben. Erhaben. Mächtig. Unendlich reich erstreckt sich der hell erleuchtete Park vor uns. Hinter uns das imposante, mystische Bauwerk. Ebenfalls hell angestrahlt von Scheinwerfern.
Plötzlich. Dunkelheit. Tiefste Nacht. Stille. Mit einem Schlag sind alle Lichter ausgegangen. Lediglich die Glut glüht noch in der Dunkelheit. Flüstern.
„Glaubt ihr, man hat uns gesehen?“
„Nein, die machen bestimmt einfach irgendwann das Licht aus. Wie viel Uhr ist es?“
„Ja, Mitternacht. Das wird es wohl sein.“
„Trotzdem etwas unheimlich.“
Wir entspannen uns etwas. Bis IV Autoscheinwerfer auf dem Parkplatz hinter dem See auftauchen, uns blenden, bis sie schlagartig verstummen.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Die roten Lederstiefel glänzen im Licht der Laternen. Kaugummi Kauen.
„Zum Völkerschlachtdenkmal?“
Der stark geschminkte Mund verzieht sich etwas. Wir wippen nervös von einem Fuß auf den Anderen. Die Frau mit den langen Beinen, welche in einem kurzen Rock münden zieht Ihre Lederjacke etwas enger gegen den Wind und mustert uns skeptisch.
„Was ist denn mit dir? Du hast doch bestimmt lange keine feuchte Möse mehr gesehen.“
Der Alte stammelt etwas in seinen Schal und schaut verlegen zur Seite. Die Frau lacht herzlich.
„Nein, bitte, wir wüssten nur wirklich gerne den Weg.“
Die Frau lächelt uns amüsiert zu.
„Nur den Weg, ja? Das macht dann eine Zigarette!“
Wir kramen in unseren Taschen und befördern schließlich neben dem Drehtabak die etwas längeren Blättchen zu Tage. Die junge Frau lacht.
„Ach so ist das! Na dann kommt mal mit! Ich muss sowieso in die gleiche Richtung.“
„Dieselbe“  
Die Frau blickt überrascht den Alten an.
„Na sieh mal einer an, du kannst ja doch sprechen. Benötigst ja gar nicht deine kleinen Minions. Klugscheißen klappt dann ja doch ganz gut alleine! Na dann kommt mal mit in die SELBE Richtung!“
Sie lacht wieder ihr herzliches Lachen. Wir schauen uns etwas unbehaglich an und folgen schließlich den langen, schönen Beinen.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Ich verrutsche mit dem Kayalstift und steche ihn versehentlich in mein Auge. Aufspringen. „Fuck.“ Mein Büstenhalter ist verrutscht. Ich rücke ihn wieder zurecht und trockne mein tränendes Auge. Mein Spiegelbild blickt mich nachdenklich und verändert an. Durch den dunkelroten, fast braunen Lippenstift erscheint mein Mund voller, die Wangen durch das Rouge schmaler und die Augen durch das schwarzgrau tiefer. Smokey. Oder so. Ich blicke mich noch einmal an. Soso. Das könnte ich also auch sein. Ich wasche alles, über das Waschbecken, gebeugt ab. Oder auch nicht.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Eine der Hütten ist etwas weniger belebt. Der Glühweinduft schwängert zwar auch dort die mit Waffeldampf und Zigarettenrauch angereicherte Luft, ist aber weniger dominant.   Wir nippen am Glühwein, wie man eben am Glühwein nippt. Langsam. Zu heiß. Etwas unwohl am Rande der Masse verhalten wir uns wie gewohnt unauffällig auffällig. Die Idee, dass einen alle Menschen mustern und durchleuchten sitzt tief. Endlich kommt Merle. Und mit ihr der Hauch Offenheit, den man an/für diesen Ort benötigt.
„Hey, da seid ihr ja! Warum steht ihr hier abseits? Kommt, wir gehen zu meinen Mädels..“
Ohne eine Erwiderung abzuwarten stampft Merle los. Und wir hinterher. Was sollen wir auch anderes tun? Unbehagen beschleicht uns, als wir in die Menschenmenge eintauchen und immer mehr von ihr verschlungen werden. Das laute Lachen einer geschminkten Frau, verbunden mit den kalten dazugehörenden Augen lassen mich schaudern. Auch Bene fühlt sich sichtlich unwohl. Schließlich erreichen wir Merles Stand und grüßen alle freundlich. Man kennt sich. Als weibliche Fußballmannschaft ist man auf dem lokalen Weihnachtsmarkt auch ein kleines Kuriosum. Wir tauen etwas auf, als wir mehr von dem mittlerweile lauwarmen Glühwein trinken. Zwei der Mitspielerinnen geben sich einen liebevollen Kuss. Der Alte neben mir versteift sich und nimmt noch einen großen Schluck seines Glühweins.  
„Guten Abend! Gehören Sie zu Merle?“ Eine der beiden Liebenden wendet sich direkt an den Alten. Merle reagiert am schnellsten.
„Ja das sind Freunde von mir! Die Beiden kennt ihr ja schon.“
Erneutes freundliches Nicken. Gefolgt von unbehaglichem Schweigen.
Nach zwei weiteren Glühwein jedoch, stecken wir mitten in der Spielanalyse. Der Alte entpuppt sich hierbei als großer Mann des Fachs und füllt die Lücken, welche Bene und ich nur unzureichend abdecken.
Man verabschiedet sich. Es ist kalt geworden. Die Bank ruft. Und wir folgen. Mit Merle. Die hell erleuchteten Häuser ringsherum sind unser Flutlicht. Und wir die einzigen Spieler. Dementsprechend ist es leicht zu gewinnen. Nach 10 Minuten nehme ich den ersten Zug. Dieses Spiel hätten wir dann also gewonnen.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Der Panther Im Jardin des Plantes, Paris Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe   so müd geworden, dass er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keine Welt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein.
-Rainer Maria Rilke, 6.11.1902
Gelesen uns interpretiert von Oliver Kahn. 
Sie steht da.
Schneeflocken wirbeln ihr ins Gesicht. Die langen, roten Haare sind zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, werden aber trotzdem vom Wind über ihre blauen Lippen geweht.
Wir stehen am Rand und frieren. Wahrscheinlich fast so bitterlich wie sie. Aber immerhin tragen wir lange, dicke Jacken und Mützen. Der Ball fliegt ins Aus. Eckball. Eines der Mädchen der gegnerischen Mannschaft trottet langsam zur Eckfahne und bekommt den Ball zugespielt. Eckball. Flanke. ..
Merle macht ein, zwei Schritte von der Grundlinie und schafft es, das Lader im dichten Gewühl abzufangen. Klatschen. „Klasse, Merle!“
Bene räuspert sich. Die Trainerin wirft uns einen wohlwollenden Blick zu und wendet sich dann wieder dem Spielgeschehen zu.
Über den Kunstrasen hat sich ein glänzender Schleier gelegt, der vom Flutlicht in silbernes Licht getaucht wird. Auch Merle blickt uns un einen kurzen Moment an und lächelt.
Der Ball befindet sich nun wieder im Mittelfeld und wird von Merles Mannschaft mit schnellen, gekonnten Pässen vors gegnerische Tor getragen. Schuss. Vorbei. Abstoß.
Eine halbe Stunde später ertönen drei kurze Pfiffe aus der glänzenden Pfeife und beenden das Spiel. Merle ist ohne Gegentor geblieben. Unentschieden. Merle kommt langsam auf uns zugelaufen. Sie lächelt uns freundlich an und mustert den Alten etwas erstaunt und interessiert.
„Hey, gut gespielt!“
„Danke, schön, dass ihr gekommen seid! Guten Tag ich bin Merle.“
Sie wendet sich dem Alten zu.
„Hallo, ja wirklich sehr gut gemacht!“ Der Alte strahlt Merle an und diese glitzert zurück.
„Danke!“
„Kommst du nachher mit in die Stadt?“
„Ja ich gehe noch duschen und komme dann nach. Die Anderen kommen auch.“ Sie nickt mit dem Kinn in Richtung Ihrer Mitspielerinnen.
„Ok dann sehen wir uns dort.“
Meine kalten Finger haben trotz einiger Schwierigkeiten ihr Werk vollendet.
„Feuerzeug?“
Bene kramt. Reicht es mir. Klick. Nach ein paar Zügen, gebe ich Merle die Glut. Diese blickt sich kurz, hastig um und nimmt zwei schnelle Züge.
Dann reicht sie Bene das Glück, lacht noch einmal kurz und geht dann zu ihrer Mannschaft. Auch wir schlendern über den verlassenen Sportplatz.
„Seid ihr immer die einzigen Zuschauer?“
Der Alte schaut uns fragend an. Bene nimmt einen Zug und nickt. „Meistens.“
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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"Bei vielen Menschen ist es bereits eine Unverschämtheit, wenn sie Ich sagen.“
-Theodor W. Adorno
Ich habe Hunger. Das Wackeln des Zuges und die Erschütterungen der Räder auf den Gleisen wiegen mich zwar in einen angenehmen Zustand der Schläfrigkeit, das drückende Hungergefühl können sie aber nicht vertreiben. Auf dem Tisch vor mir liegen die Kadaver der zwei Kekspackungen, welche unseren gesamten Vorrat für die 4 stündige Zugfahrt darstellten. Ausgenommen.
Allerdings kostet eine Brezel im Bordbistro 4 €, sodass ich den Hunger billigend in kauf nehme. (Man beachte die ökonomische Metapher)
Außerdem kommen wir in einer Stunde an. Benes Bauch neben mir brummt. Leidend verändert Bene also seine Sitzposition um zumindest irgend etwas zu tun. Ich nehme einen Schluck Leitungswasser, welches wir zuvor aus der Toilette des ICE abgefüllt haben, welcher mit 250 Kmh gen Osten brettert. Immerhin rinnt dadurch nicht Nichts durch meine lechzende Kehle in den Hohlraum, der einmal mein Magen gewesen sein soll.
So sitzen wir zu dritt schweigend/leidend und erwarten unseren Zielbahnhof. Ich schaue mich in unserem Abteil um. Außer Bene, dem Alten und mir sitzt ein sehr schöner Mensch mit schwarzen, krausen Haaren, dunklen Augen und einer anderen Hautfarbe, als ich sie habe. Der Mensch liest Zeitung. Aus dem Nachbarabteil dröhnt seit geraumer Zeit Ballermann-Musik aus dem Subwoofer einer Fußballmannschaft, welche anscheinend eine Manschaftsfahrt unternimmt. Unterbrochen lediglich vom Grölen und Klirren der Flaschen. Euphorie. Euphorie.
Ab und zu taumelt einer der haarlosen Affen aus der Tür und stolpert an unserem Abteil vorbei in Richtung der Toilette. Wir halten. Vorletzter Bahnhof. Eisenach.
Der Zug fährt wieder an und ich sehe aus den Augenwinkeln IV Bullchen über den Gang gehen. Sie laufen, uns mit prüfenden Blicken musternd, am Abteil vorbei und gelangen zur besagten Mannschaft. Eine Tür ratscht. Gedämpfte Stimmen. „Hey Jungs, dreht die Musik bitte etwas leiser, ok?“
Lachen.
„Hey klar Chef, kein Problem!“
„Danke, schöne Fahrt noch!“
Die Schritte kommen zu unserem Abteil zurück. Ratsch. Tür. Auf.
„Guten Tag, dürften wir bitte einmal ihre Fahrkarte und ihren Ausweis sehen?“
Der Mensch hinter der Zeitung blickt etwas überrascht auf und fängt an in seiner Jacke zu suchen. Ich sehe wie Benes Fäuste sich ballen und die Knöchel weiß unter der gespannten Haut hervortreten.
„Unseren auch?“
„Nein, alles gut.“
Der schöne Mensch hat seine Papiere gefunden und bietet sie den prüfenden Blicken feil.
Sächsisches Idiom. „Ok, na ölles güd. Vielen Dönk“
Tür. Ratsch. Zu.   Die Schritte entfernen sich. Wir blicken uns entgeistert im Abteil an. Der Mensch seufzt, zuckt kurz mit den Schultern und schlägt die Zeitung wieder auf.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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„Ain’t no sunshine, when she’s gone.“
„Mit allem?“
„Wie bitte?“
„Mit allem?“
Der Alte schaut uns fragend an.
„Ja“ sagt Bene. „Mit allem. 3 mal bitte.“
Die nette Person hinter der Theke nickt und fängt an, Teigfladen auszurollen. Fasziniert betrachtet der Alte die eingeübten Handgriffe. Ich geh zum Kühlschrank und nehme Ayran für mich und Uludag für Bene. Dann schaue ich den Alten an. Dieser zuckt kurz mit de Schultern. Ich überlege kurz und reiche ihm dann einen Eistee.
„Mit scharf?“
„Ja, bitte.“
Schließlich reicht uns der Mensch hinter der Theke eine Plastiktüte mit drei dampfenden Aluminiumfolienrollen. Bene zahlt. Der Alte ist zu überrumpelt um zu protestieren und wir setzen uns draußen auf eine Steinmauer. Wir essen schweigend. Der neue Alte hat sichtlich Mühe den gerollten Fladen zu bändigen, wirkt aber dennoch zufrieden.
Nachdem wir fertig gegessen und getrunken haben, blicken wir uns fragend an.
„Wo wohnt ihr eigentlich?“
„Eltern, und sie?“
„Bei der Bank“
Wir nicken. Nach zwei qualvollen Minuten Schweigen steht der Alte auf.
„Vielen Dank für alles. Es ist lange her, dass ich sowas gemacht habe. Dass ich überhaupt etwas gemacht habe“
Wir schauen etwas beschämt zu Boden.
„Wir haben zu danken“
Ein schwarzes Auto fährt langsam an uns vorbei. Hält und fährt langsam zurück. Wir versteifen uns.
„Guten Abend, belästigen die beiden sie?“
„Was?..Wie? Nein, wir haben gerade gemeinsam gegessen“
Der Bulle schaut unsere seltsame Gruppe prüfend an. Ich bemerke, dass Bene etwas Soße auf seinen Hoodie gekleckert hat und seine Uludagdose krampfhaft umklammert. Dann wird mir klar, dass auch ich meine Ayran Packung so fest zusammengedrückt habe, dass mir der letzte Schluck auf die Hose gelaufen ist.
„Dürfte ich bitte eure Ausweise sehen. Auch ihren bitte.“
Wir kramen panisch in unsere Taschen. Direkt hinter meinem Ausweis klebt ein Notfall-Pape. Es gelingt mir, das Blättchen unbemerkt zu lösen und in der Hand verschwinden zu lassen.
Der Bulle verschwindet mit den 3 Ausweisen zum Auto und überlässt uns in der Obhut eines anderen Affen, der uns weiterhin misstrauisch mustert.  Wir versuchen möglichst gleichgültig bis freundlich zu schauen. Der Alte steht immer noch etwas abseits, wie versteinert da. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt das Bullchen zurück und überreicht uns die Ausweise.
„Alles klar, einen schönen Abend noch!“
Wir bleiben stumm und warten bis das Auto um die nächste Ecke gebogen ist. Bene greift in seine Tasche und holt Tabak heraus. Ich kümmere mich um den Rest.
„Könnte ich noch einmal ihr Feuerzeug haben?“
Der Alte blickt uns verdattert an, grinst kurz und reicht es mir. Dann setzt er sich wieder neben uns.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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„Lass uns mal rausgehen, es ist viel zu laut hier“
Ich nicke. Gemeinsam bahnen wir uns einen Weg durch gesichtslose, zuckende Wesen. Das Licht hämmert. Der Bass blitzt. (Was man nicht alles für eine Alliteration macht)
„Hast du ein Feuer?“
Bene kramt in seiner Hosentasche und befördert schließlich eine alte Streichholzpackung zu Tage. Er reicht mir die blau, rote Schachtel und lehnt sich wieder zurück. Schaut in den Himmel.
Wir haben uns etwas abseits der knorken Fete niedergelassen und entspannen einen kurzen Moment vom gesellschaftlichen Druck mit Menschen reden und gute Laune verbreiten zu müssen.
Ich öffne die Streichhölzer und nehme mir eines. Es sind nur noch 3 in der Schachtel. Das Erste bricht. Bene zieht eine Augenbraue hoch, sagt aber nichts.
Das Zweite flammt kurz auf, erlischt aber, bevor ich das Ende anzünden kann. Nun beugt sich Bene tatsächlich zu mir und wartet angespannt.
Das letzte Streichholz flammt auf und brennt. Ich führe es vorsichtig Richtung Mund. Ein Windhauch. Flackern. Erlischen. Konsterniert blicken wir uns an.
Ein Klicken ertönt. Licht flammt auf. Hinter uns erscheint der neue Alte. Wir grinsen. Er grinst. Wir rücken zusammen und machen Platz. Eine Weile sitzen wir nur beieinander und teilen den Rauch. Aus der Ferne tönt die Musik, man sieht graue Gestalten hin und her wandern. Lachen. Das Klirren von Flaschen. Quatschen. Eine kleine Gruppe nähert sich unserem Standort. Ich erkenne die Umrisse von Locke mitsamt seiner Herde.
Wir halten den Atem an. Machen die Glut aus. Der Neue schaut uns mit großen Augen fragend an. Wir schütteln den Kopf. Warten.
Schließlich entfernen sich die Lämmer wieder. Der Alter atmet den den einbehaltenen Rauch aus und muss husten. Reflexartig klopfe ich ihm auf den Rücken, erschrecke aber sogleich, ob der ungewohnten Berührung. Der Alte fängt an zu lachen. Wir lachen. Augen tränen.
„Puh. das habe ich schon lange nicht mehr gemacht! Habt ihr auch Hunger?“
Wir nicken und laufen zum nächsten Döner. Zu dritt.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Autor unbekannt, mit Dank an meinen Vater. 
Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, im Nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. Ich würde nicht so perfekt sein wollen, ich würde mich mehr Entspannen. Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gewesen bin, ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen. Ich würde nicht so gesund leben. Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen, Sonnenuntergänge betrachten, mehr Bergsteigen, mehr in Flüssen schwimmen. Ich war einer dieser klugen Menschen, die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten; freilich hatte ich auch Momente der Freude, aber wenn ich noch einmal anfangen könnte, würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben. Falls du es noch nicht weißt, aus diesen besteht nämlich das Leben; nur aus Augenblicken; vergiß nicht den jetzigen. Wenn ich noch einmal leben könnte, würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen. Und ich würde mehr mit Kindern spielen, wenn ich das Leben noch vor mir hätte. Aber sehen Sie … ich bin 85 Jahre alt Und weiß, daß ich bald sterben werde.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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„Junge, einfach so zu euch gesetzt?“
Wir nicken.
„Manmanman hattet ihr nicht schiss und war das nicht total strange?“
Wir zucken mit den Schultern. Ein wenig stolz schauen wir uns kurz an und senken den Blick dann wieder auf Locke. Lange gewellte Haare, die von einem Haarband über einer sehr hohen Stirn vergeblich zusammengehalten werden sollen, fallen auf schmächtige Schultern und lassen diese noch kleiner erscheinen. Die Person als Ganzes erscheint uns sehr klein.
„Und was ist dann passiert?“
Hah! Das wüssten wohl alle gerne. So genau weiß das allerdings wahrscheinlich nicht einmal mehr der Alte. Es ist schwer in einem solchen Rahmen einen unbeschreiblichen Moment zu beschreiben. Sollte man es dann lieber bleiben lassen? Oder sind es eben jene Herausforderungen, welche einen lyrisch wertvollen, tief schürfenden Moment erzeugen. Vermutlich nicht, wenn man vorher so lange um die heiße Suppe herumredet. Oder um den Brei. Und wahrscheinlich schon gar nicht, wenn man den Terminus „herumreden“ gebraucht.
Der Alte setzt sich und atmet. Wir auch. Abwechselnd. Gleich.
Und im Grunde ist es nichts Besonderes. Lediglich 3 Menschen, die einen schönen Moment teilen. Einen Augenblick vergessen, wie komplex und stressig alles ist. Sein kann. Solche Momente sind rar. Für uns. 
Für den Alten sind sie schon gar nicht mehr existent. Das Gefühl, wenn sich der immerwährende Knoten in der Brust löst und es einem ermöglicht richtig einzuatmen. Tief. Das Gefühl breitet sich dann langsam vom Brustkorb in alle Richtungen aus. Die Hüfte und die Schultern senken sich gleichzeitig zur verdienten Ruhe. Die Beine werden leichter und angenehm kühl, die Gesichtsmuskeln entspannen sich und erzeugen ein natürliches Lächeln. Man denkt weder an die Vergangenheit, noch an die Zukunft. Man befindet sich im Jetzt. Alles fühlt sich richtig an. Passend. Keine Verbesserung ist vorstellbar. Generell ist einem der Gedanke an Veränderung, an Optimierung vollkommen fremd. Häufig werden diese epischen Momente durch ein Ereignis aufgelöst. Eine kleine Erinnerung bleibt  aber doch hartnäckig bestehen. Erinnert uns daran, dass solche, nicht planbaren Momente existieren.
Im vorliegenden Fall folgendes:
Wir schweben wieder. Doch dieses mal zu dritt. Die Verbindung steht. Durch Rauch, durch Gedanken, durch die Dunkelheit. Einige Zeit passiert nichts.
Dann öffnet der Alte seinen Mantel. Eine Mandarine wird präsentiert.
Der Neue schält sie, nimmt sich ein kleines Stück und reicht den Rest Bene. Bene blickt dem Alten kurz in die Augen, schmunzelt und beißt ein Stück ab. Dann lachen wir. Zu dritt und unfassbar laut.
„Eigentlich nichts. Er ist einfach irgendwann gegangen.“
Locke mustert uns noch einen kurzen Moment prüfend und verschwindet dann zu den anderen Schafen. 
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Das Fenster
Ein alter Mann sitzt auf einem Lehnstuhl in einem kahlen Zimmer. Die Tapete ist alt und blättert an manchen Stellen schon von der Wand ab. Ein etwas modriger Geruch hängt in dem Zimmer, wie  oft in alten Häusern. Eine Schicht Staub bedeckt den Boden und in den Ecken sind einige verblasste Fotos zu sehen.
Ansonsten nichts.
Nur ein Fenster. Ein kleines unscheinbares Fenster.
Jeden Tag sitzt der Greis davor und schaut hinaus. Beobachtet die Welt. Die Menschen. Die Natur. Den Himmel. Die Sonne. Das Leben.
An manchen Tagen ist das Fenster verschlossen. Die Welt wirkt verzerrt durch die dünne Scheibe. Durch die Trennwand zwischen kleiner und großer Welt. Schmutz. Regen. Ein schmieriger Film, wie Öl, verwandelt die sonst so klare Scheibe in ein Trugbild. Eine sehr verlaufene Kopie der Realität. Schnee. Frost. Eine milchige, dünne Schicht Eis taucht die Welt in undurchdringlichen Nebel. Sonne. Das Licht wird gebrochen, blendet den Alten. Das Zimmer wird schwül und stickig.
An anderen Tagen ist das Fenster geöffnet. Der Neue riecht, fühlt und schmeckt die frische, klare Luft.
Die richtige Welt. Kälte. Oder aber Sonnenstrahlen durchfluten und wärmen das kahle Zimmer. Stimmen dringen an die alten Ohren. Erwecken sie für einen kurzen Moment zu neuem Leben.
Selbst der Gestank, der manchmal herein weht, belebt den Alten. Ist er doch ebenfalls Teil dieser großen, unübersichtlichen Welt.
Meistens bleibt das Fenster verschlossen. Der Neue kann daran nichts ändern. Er hat häufig nicht mehr die Kraft das Fenster aufzustoßen. Oder keine Lust. Vor allem nachts. Denn dann wird das Fenster zum Spiegel.
Der alte Mann sieht sich selbst. Sieht die Erinnerungen. Freuden. Enttäuschungen. Jede Einzelheit seines Lebens. Erfahrungen und Glück. Er sieht seine Hochzeit. Die Geburt seiner Kinder. Seiner Enkel. Er sieht die Reisen, welche ihn geprägt haben. Die Sonne, die Spuren hinterlassen hat im alten Gesicht. Sein Lachen, festgehalten in den tausend kleinen Falten rund um den Mund und die Augen. Es ist ein gutes Gesicht, welches sich dort selbst anblickt. Ein gezeichnetes.
Diese Stunden sind dem Alten am Liebsten. Schwelgen in der Vergangenheit. In welcher er gelebt hat. Nicht bloß existiert. Erfahren und nicht erspäht.
Dann bricht der Morgen wieder an. Und die Erinnerung verblasst, wird getrübt durch die dünne Scheibe des Fensters.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Strukturelle Ereignislosigkeit. Das Wort hängt seit Stunden in meinem Kopf. 
Über mir Himmel. Schwarz. Neben mir Bene. Grau. Wie alles. Wir treiben durch die Nacht. Keiner spricht. Absolute Stille umhüllt uns.
Wir flüstern. „Bene.“ „Was?“ „Da.“ „Wo?“ „Vor uns.“
Ich kann hören, wie Bene scharf stellt. Ein kleiner, etwas gebückt gehender Mensch quält sich den Weg in unsere Richtung entlang. Wir halten inne. Die Person kommt langsam näher. Bene lässt die Glut unter die Bank fallen. Vor uns leuchtet der Mond, hinter uns die Laternen. Oder umgekehrt.
Ein Hut, weiße, dünne Haare und ein gefurchtes Gesicht schieben sich eine Treppenstufe hoch. Zu uns. Die Nase kräuselt. Der Mund wird breit.
„Guten Abend.“
Bene schluckt. Ich schlucke.
„Ha..Hallo.“
Schnee knirscht unter den Füßen des Fremden, als dieser jene in alten Lederstiefeln eine weitere Treppenstufe emporhievt.
„Auf dieser Bank habe ich früher auch heimlich geraucht. Natürlich ist es nicht mehr die selbe Bank. Oder ist es die gleiche? Ich vergesse immer den Unterschied. Zumindest stand an dieser Stelle früher eine ähnliche Bank.“ Wir starren weiter vor uns hin, ohne etwas zu erwidern.
Nach wenigen Augenblicken Zögern, rückt Bene einige Zentimeter zur Seite. Der Alte versteht und setzt sich. Bene hebt den Stummel unter Bank hervor, zündet ihn an, zieht ein paar Mal und reicht ihn dem Neuen. Jener blickt uns kurz in die Augen, schmunzelt und atmet tief ein.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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(
das schmöker- utensil das abstrakteste und gleichzeitig trivialste symbol, im kontrast zum zeitgeist bestehend, des nachdenkens. des unvernünftigen, federleichten röhrchens, gefüllt mit einem kurzen momentum zufriedenheit und entspannung. vielleicht IV minuten eine entgleisung im leistungsprinzip, eine kurze abkehr vom pragmatischen optimum. der beginn der deformation des seelischen zustandes, ein weißer strich, wie schnee, mündend in dem braunen, gelbgesprenkelten puffer. pause. refresh.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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„……. …….. ……. ……. ……………. ……………. ……… .“
- Oscar Wilde
Wie man es auch dreht und wendet, es führt kein Weg daran vorbei. Die Optionen sind alternativlos. Irgendwann muss man sich entscheiden. Nicht im übertragenen Sinne. Sondern im Allgemeinen. Leben oder gelebt werden. Du musst auf dein Herz hören und niemand kann dir diese Entscheidung abnehmen.
Du mich auch.
Mein Wecker klingelt. Ich wache auf. Was für ein konkreter, präziser Traum. Auf die Freudsche Interpretation wäre ich ja mal gespannt. Geradezu trivial. Beziehungsweise subtil. Das liegt dann immer im Mund des Betrachters. Oder im Auge.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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„Was hältst du von Nicaragua?“
Ich drehe mich erwartungsvoll um. Bene schaut mich kurz an und formt mit dem Mund einen „Rauch- Zwiebelring“, wie er immer sagt.
„Nee man, das ist das Australien von heute. Jeder geht nach Nicaragua.“
Ich nicke, beuge mich wieder über Google Maps und zoome heraus. Ein Jahr noch. Dann noch mehr Freiheit. Heilige Scheiße.
Natürlich erstmal reisen oder irgendwo social worken. Direkt zu studieren ist keine Option. Was auch. Wozu auch. Bene reicht mir das Glück. Atme ein, atme aus. Bruch.
„Und Marokko?“
„Hm, schon auch sehr nah.“
Wieder zoomen.
„Wir brauchen etwas krasses. Etwas, bei dem die Leute sagen, JungeJunge, krass und wie war das so?“
Ich stimme schweigend zu und suche weiter.
„Wo ist das Feuerzeug?“
Bene seufzt und lehnt sich weit zur Seite um es mir zu reichen.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Selbstoptimierung. Das ist das Stichwort. Wir sind fucking einzigartig. Individuell. Jeder von uns ist ganz große Klasse. Work hard, play hard.
Ja. Nur warum eigentlich? Mein Facebook- Account strahlt eher Mittelmäßigkeit aus. Ein paar Like- Highlights und sonst eher Standard.
Selbstverwirklichung. Pah. Wer A sagt, muss auch B machen. Oder so. Was ist der Zweck, immer das finden zu müssen, was man besonders gut oder toll kann. Das eigene Ego kann man auch mit Tinder nach links streicheln.
Ich habe beschlossen zu schreiben. Gedichte zum Beispiel, pardon, beispielsweise. Der Quark muss allerdings so unrhythmisch und absurd sein, dass es schon wieder als Kunst gilt. Mit einem auf Watte gebetteten Kopf nach einem Abend mit Bene, ist das federleicht. Kinderleicht natürlich. Mein Kopf ist federleicht. Der Erzähler wird präsenter. Unnötiger Einschub. Pause. Stille.
Gedicht! Sogar mit einer épigraphe:
/Was schreiben. Als Übung. Und trotzdem stilisiert./
Die Gedanken rauschen. Mein Inneres pocht. Inneres nicht Herz. Herz wäre Klischee. Rasen. Gedanken oder Rauschen. Wir r wird produziert. Ohne Plan. Ideen zu Geldscheinen transformiert. Inmitten bewegen uns wir. Und stehen. Gemeinsam. Alleine. Zu Zweit. Pragmatisch gesehen.
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dieschuhenazareth-blog · 9 years ago
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Ich lache. Ich lache so laut und schon so lange, dass mein Innerstes schmerzt. Mein Bauch. Bene neben mir, versucht vergeblich nach Luft zu schnappen. Immer wieder verfallen unsere Gesichtsmuskeln und unsere Gliedmaßen in ein neues unkontrolliertes Zucken. Kugeln uns auf den Matratzen, auf denen wir liegen. Das Flimmern des Bildschirms stoppt. Wir beruhigen uns allmählich. Bene ist ganz rot geworden im Gesicht und auch ich spüre die Hitze, die mein Körper ausstrahlt. Wie schnell mein Herz pocht.
Euphorie. Euphorie.
Wir schweben. „Planer“ wie man im Französischen so schön sagt. Ausgesprochen schöne Sprache, dieses Französische übrigens.
Diese Welt, in welcher man zu funktionieren hat, haben wir hinter uns gelassen. Gemeinsam erreichen wir das nächste Level. Wandeln auf neuen Pfaden.
Bene streckt sich, um das Feuerzeug zu greifen. Ich mache etwas Musik an. Das Ganze hat nicht einmal 5 Minuten gedauert und trotzdem hatte ich einen kurzen Augenblick das Gefühl, die Unendlichkeit zu riechen. Jeder sollte diese einmal genossen haben. Oder genießt haben. Ganz allmählich, nähern wir uns wieder der Erde.
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