#wünsche dir viel erfolg und kraft beim studieren! schaffste
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korusalka · 4 years ago
Note
Meinst du es besteht immer noch eine Art Ossi-Phobie? Besonders in the alten Bundesländern. Ich studiere seit einigen Jahren in einer Stadt in Hessen und habe mich immer als Ossi bisschen „belächelt“ gefühlt. Als ob ich denen leid tun würde für meine Herkunft. Wenn ich die darauf angesprochen habe, wurde natürlich alles sofort verneint 🤷🏼‍♀️
Also, meine persönliche Sicht ist bestimmt nicht ganz repräsentativ. Ich bin in einer zutiefst ostdeutschen Großstadt geboren und aufgewachsen, mit Eltern und Großeltern, die alle aus dem Osten stammen, ich habe nie irgendwo anders länger gelebt und habe es erst einmal auch nicht dringend vor. Bis auf Besuche der weitläufigen Verwandtschaft und ein paar zwangsverpflanzte Mitschüler hatte ich kaum Kontakt zu "Westdeutschen". Und im Studium waren die meisten entspannt und haben keine blöden Witze gemacht. Die westdeutschen Professoren, die hier Karriere machen wollen, erst recht nicht (lmao). Ich habe mir nur wenige blöde Witze ins Gesicht sagen lassen müssen, die meisten kamen dann erst im Fernsehen. Wahrscheinlich liegt es echt daran, ob jemand von Natur aus blöd ist, und nicht daran, woher er wirklich stammt.
Also soviel dazu, wieviele Eindrücke ich von "Wessis" wirklich habe. Wer da mehr Aussagen beisteuern kann (so wie du), immer her damit.
Wie dem auch sei, ich glaube schon, dass es eine gewisse Ossi-Phobie gibt. Es gibt jetzt noch "westliche" Verwandte, die stolz verkünden, dass sie nicht nach Dresden fahren, weil dort "die PEGIDA herrscht". Und dann natürlich, weil wir ja eine leichte Zielscheibe für alle möglichen Witze abgeben - Armut, Ignoranz, politischer Extremismus, dafür sind die Ossis ja bekannt. Sie sind auch ganz allein dafür verantwortlich, wie sich die politische Landschaft in den letzten Jahren entwickelt hat, und die Mauer sollte man doch besser wieder hochziehen, usw. ... Naja, ich glaube, da spielen viele Faktoren rein, die abgelatschte Sache mit dem Soli und der ganz richtigen Einschätzung, dass es weiterhin klare kulturelle Unterschiede gibt. Was willst du denn auch erwarten, wenn du ein ganzes Land aufnimmst, aber es mehr schlucken als wirklich verstehen möchtest? Ich sehe da manchmal mehr Gemeinsamkeiten zwischen meinen Eltern, die in verschiedenen Ostblockländern großgeworden sind, als zwischen Leuten aus Leipzig vs. Düsseldorf. Aber der Running Gag, wie zurückgeblieben der Osten ist, ist nur für einen kurzen Lacher gut und richtet meiner Meinung nach ziemlichen Schaden an. Wenn man auf Dauer ignorieren will, dass Armut, Ignoranz und politischer Extremismus bundesweite Probleme sind, weil man sich so auf Kosten Anderer wohler fühlen kann, weil man sich als ein Deutscher der besseren Sorte versteht, dann muss man auch mit der traurigen Konsequenz leben, dass trotz Wiedervereinigung ein neues "ostdeutsches Gefühl" entsteht. Da gab es mal eine Online-Artikelreihe in der ZEIT oder so, über das Thema, dass sich Millennials nach und nach der alten Unterschiede wieder bewusst werden, wenn sie sich quer durch Deutschland bewegen - wenn auch definitiv anders als vor vierzig Jahren. Vielleicht hat das etwas mit der ostdeutschen Bastelkultur zu tun, mit der tendenziellen politischen Skepsis, dem schwarzen Humor, dem Erziehungsstil, was unsere Eltern mehr oder weniger an uns weitergegeben haben und was uns von westdeutschen Gleichaltrigen eher unterscheidet. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau, in meinem Fall spielen noch komplizierte Einwandererdynamiken mit und das überlagert sich alles. Aber ich bin zum Beispiel eine, Jahrgang 1997, die sich erst als Deutsche vorstellt, und dann manchmal je nach Thema nachschiebt,  "also, aus Ostdeutschland". Weil mir der Unterschied durchaus bewusst ist. Weil er uns allen bewusst ist. Und weil er durch den x-ten billigen Witz in der Heute-Show auch nicht gerade kleiner wird.
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