Tumgik
#rollerückwärts
maadlaswelt · 5 years
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An 28.02.20 war Weihnachten, ach was sag ich, Ostern, Pfingsten, Geburtstag, Allestag - Rollstuhltag!!!
Er ist da! Henry ist bei mir einezogen! Punkt 15:00 Uhr habe ich die Pflegschaft (gehört ja offiziell der Krankenkasse 😉) übernommen.
Henry (genaugenommen ein individualisierter Speedy A1 aus dem Hause Proactiv) ist wunderschön in dezentem Anthrazit mit Schwarz (die Sonderfarben die mir gefallen hätten, konnte ich mir leider nicht leisten 😞, aber klassisch dezent hat ja auch was) und einem E-Motion (Reskraftverstärkung aus dem Hause Alber), wird er mich ab sofort auf (insbesondere) längeren Aussenaktivitäten begleiten.
Ihr glaubt gar nicht wie glücklich ich bin. Im Haus auf glattem Boden flutscht er wie nix, ausser Haus lasse ich mir aber vom E-Motion (noch) in Stufe Sensitiv helfen (Übung macht den Meister). Bordsteine sind noch nicht meine Freunde, ausser sie sind wirklich perfekt abgesenkt, ansonsten bekomme ich sogar Berge (gut Hügel) oder langgezogene Steigungen ganz gut hin.
Der Transport durch den Vorgarten muss noch perfektioniert werden, denn da hat sich Henry aus lauter Freude über das trockene Wetter mal eben über die Stufen selbstständig gemacht (zum Glück ist die Mülltonnenbox in den Weg gesprungen, nicht auszudenken wenn er auf die Straße... 🤭). Er hat diesen Alleingang aber gut und ohne Kratzer verkraftet und ich den Schockmoment 😳.
Meinen ersten Rückwärtsüberrollunfall hatte ich allerdings auch schon (ich bekomme meine Beine tatsächlich noch hinter meinen Kopf - jetzt seid ihr platt, ich weiß 🤣). Vor mir fährt elegant eine Fahrradfahrerin die kleine Steigung zum Parkplatz eines Lebensmittelladens (Fußgängerweg) hinauf, ich „elegant“ hinterher... es war nur kurz elegant (wer hat da dieses Ablaufgitter mit quadratischen Öffnungen, in die exakt die Rädchen des Kippschutzes passten, installiert???) und ich merke, wie ich mich in „Zeitlupe“ über den Kippschutzpunkt (irgendwann versagt wohl auch der beste Kippschutz?!) nach hinten lehne und „wusch“ Rückenlage mit halb vollendeter Rolle rückwärts (wären da mal die Wertungsrichter der Bundesjugendspiele daneben gestanden), über die linke Schulter abgerollt, „Rollerfässchen“ (das heißt so und hat selbstverständlich nix mit mir zu tun 😊) nach ebenfalls nach links und ganz elegant (wirklich formvollendet) auf die Knie und samt Rollstuhl wieder auf die Beine (die Wertung hätte locker für eine Ehrenurkunde gereicht!!!).
Ich denke ich lasse mir das patentieren als „Henryrolle“ oder „Maadlas roll and up“, schließlich gibt es ja auch sowas wie den Giengersalto, die Biellmann-Piruette oder den Brettschneider.... 😁 Ganz spurlos ging die Showeinlage leider nicht vorrüber, aber seht selbst am angehängten Bild 😆.
Das Einzige was ich sehr eindrucksvoll fand, es waren genug Leute unterwegs, Autos, die direkt an mir vorbeifuhren, ein weiterer Radfahrer und ein paar Menschen auf dem Parkplatz, aber niemand hat einmal nachgefragt, ob alles in Ordnung sei oder ich Hilfe bräuchte. Gut, brauchte ich nicht und ich war, für meine Verhältnisse, wieder schnell auf den Beinen, aber so rein aus Freundlichkeit oder Hilfsbereitschaft?! Ich glaube bei meinem nächsten Rückwärtsrollunfall (sofern ich nicht auf der Straße liege) bleibe ich mal entspannt liegen und warte ab 😋.
Falls es irgendwer noch nicht mitbekommen hat, ich bin unwahrscheinlich glücklich und meinem Rehamenschen (von ORTHOTechnik Rummelsberg) unendlich dankbar und meiner Lieblingskrankenkasse (SbK muss mal erwähnt werden) und dem unwahrscheinlich netten Berater (von Proactiv) und allen, die mich in irgendeiner Form auf meinem Weg zum Rollstuhl unterstützt haben.
Die Freizeitparksaison, Ausflüge usw. können beginnen (was mich angeht, so plane ich seit Wochen), Henry ist dabei und ich kann endlich mithalten ohne mich von Bank zu Bank hangeln zu müssen! 😍
Im letzten Post hatte ich eine Schmerzkonferenz erwähnt und will euch natürlich auch darüber berichten! Vor wenigen Wochen war ich bei meinem (mittlerweile absoluter Lieblings-) Schmerztherapeuten. Wir probieren uns momentan ein wenig durch die Medikamenten-„Speisekarte“ um wirklich die für den Moment optimale Kombination zu finden. Ich bin wirklich froh, dass er so offen ist und mich diesbezüglich unterstützt. Als ich nun, nach dem Termin, in meiner „Haus und Hof“-Apotheke stehe klingelt mein Handy und ich wurde gefragt ob ich zwei Tage später (Mittwoch) an einer Schmerzkonferenz teilnehmen möchte, denn der vorgesehene Patient hätte abgesagt.
Nach dem ersten „Schock“ bat ich um Bedenkzeit und sagte dann einen Tag später zu. So genau wusste ich nicht, was mich erwartet und die Aufregung stieg. Aufgrund einer falsch mitgeteilten Uhrzeit trudelte ich viel zu früh (besser so als zu spät) in der Schmerztagesklinik am Klinikum Fürth ein.
Nun, was ist eine Schmerzkonferenz? Zu einer Schmerzkonferenz kommen Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen (Orthopäden, Hausärzte, Psychotherapeuten, Schmerztherapeuten usw.) aus Praxen bzw. auch vom Klinikum selbst. Diese sitzen dann (wie im Theater 😂) in Stuhlreihen und auf der „Bühne“ sitzen der vorstellende Arzt nebst Patient, in besagtem Fall, also ich!
Laut Information der Arzthelferin meiner Schmerzpraxis wären das nur sechs oder sieben Personen...ich hatte nicht den Kopf frei alle zu zählen, aber es waren deutlich (wirklich deutlich) mehr Menschen im „Zuschauerbereich“ als erwartet. Gut, was solls - Vorstellung beginnt.
Ja Vorstellung im wahrsten Sinne des Wortes. Mein Schmerztherapeut hatte meine Akte dabei, stellte mich vor und gab meine Unterlagen ins „Publikum“. Daraufhin stellte ich mich selbst vor und das „Frage-Antwort-Spiel“ war eröffnet. Es gab kein Richtig oder Falsch und ich fühlte mich nicht schlecht dabei (waren wirklich alle nett). Wie es so ist, habe ich das Eine oder Andere vergessen, aber im Prinzip „lernten sie mich kennen“.
Allerdings kam dann die herbe Enttäuschung, denn bei (dem für mich spannenden Teil) der Beratung wird aus dem „Improtheater“ eine „Onemanshow“ und „der Patient“ steht nicht mehr im Skript. Das fand ich wirklich sehr schade (ich hätte ja meine Klappe gehalten oder wäre zum Mäuschen mutiert, meine erste Rolle im Kindergarten war eine Schnecke 🐌, also hätte ich das ebenso mit Bravour gemeistert), denn gerade auf diesen Teil hätte ich mich gefreut, weil spannend und interessant. Ich meine, schließlich ging es ja „um mich“ und ich mag es nicht ganz so wenn es „über mich“ geht.
Verhandlungen und Schmollmund haben Niemanden erweicht bzw. war eine „Programmänderung“ nicht vorgesehen, also trottete ich brav heim. Eine Zusammenfassung erhielt ich dann rund eine Woche später durch meinen Schmerztherapeuten.
Trotz Enttäuschung und „Theateratmosphäre“ (so ein Stuhlkreis würde es irgendwie „heimeliger“ machen 😉), war es eine gute Entscheidung das Angebot anzunehmen, denn wann hat man sonst die Chance bei so vielen Ärzten gleichzeitig vorstellig zu werden (wie lange das dauern würde bis alle Termine abgeklappert sind 😆). Außerdem können sich die Damen und Herren austauschen und gemeinsam hat man oft die besten Ideen.
Wer auch immer die Einladung zu solch einer Konferenz bekommt, nicht lang überlegen, „ja“ sagen bzw. wenn es mit dem eigenen Arzt mal nicht weiter geht, einfach mal nach einer Schmerzkonferenz fragen. Hat ja nichts damit zu tun, dass der Arzt nicht will oder nix kann, nur manchmal sieht man den Wald vor Bäumen nicht oder kommt nicht auf Alternativen.
Was mich persönlich angeht, ich wäre ja auch am liebsten auf meiner eigenen Tumorkonferenz dabei gewesen, aber das ist ein anderes Thema und zum momentanen Zeitpunkt braucht es keine - zum Glück! 🍀
Mir geht es soweit recht gut und „glücklich“ macht ja sowieso alles positiver, dennoch nerven weiterhin Erschöpfung und Schmerzen. Dennoch, es gibt viel zu viele Pläne und Wünsche und überhaupt, als dass sie mich klein kriegen würden.
Ich wünsche euch eine wunderbare Woche und einen guten Start in einen noch wunderbareren März.
Liebe Grüße aus meiner kleinen, Rollstuhlglücklichen, Sportweltrevolutionierenden und Schmerzkonferenzerprobten Welt 🌍👨🏼‍🦽🌸😃
Susanne❤️
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