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Nauta: Der Peruaner Juan Danilo etabliert die Nikkei-Cuisine in Berlin
Die Berliner lieben ihre Stammlokale. Schließt eines davon, wird getrauert – so auch um die legendäre Café-Bar 103, die an der Ecke Kastanienallee/Zionskirchstraße über viele Jahre hinweg eine Institution war. Es ist kein Zufall, dass es den peruanischen Koch Juan Danilo mit seinem neuen Restaurant Nauta genau an diese Adresse verschlagen hat: Sein Partner wollte in ein Lokal mit Geschichte ziehen.
Heute präsentiert sich vor Ort, nach rund einem Jahr Leerstand, ein peruanisch-japanisches Restaurant – benannt nach einer Stadt im Amazonas (dort lebte Danilos Großmutter und sein Kindermädchen, von denen er das Kochen gelernt hat) und konzipiert mit dem Architekten Felix Pahnke, der schon das Fusion-Restaurant Dae Monam Monbijouplatz gestaltet hat. Die Verbindung kommt über „Cantina by Dae Mon“, eine Kooperation zwischen Juan Danilo und Dae Mon-Geschäftsführer Hyun Wanner, um die Küche der Tausend mit „contemporary food from Lima & Berlin with an Asian twist“ zu erfrischen. „Innerhalb von drei Monaten habe ich aus Felix einen Peruaner gemacht. Wir lasen Bücher, schauten Dokus und haben in allen peruanischen Restaurants der Stadt gegessen“, erinnert sich Danilo, als wir ihn nach einem Dinner des Wirtschafts- und Handelsbüro Peru im Nauta zum Interview treffen.
Peru: die Heimat von Superfoods und Pisco
Exotische Früchte oder gesunde Pseudogetreide, die in Peru tagein, tagaus auf die Teller kommen, werden anderswo als Superfoods vermarktet: Das Myrtengewächs Camu-Camu etwa hat bis zu 60 Mal mehr Vitamin C als eine Orange. Quinoa, eines der Grundnahrungsmittel der Inka, ist nicht nur besonders eiweiß- und mineralstoffreich, sondern entsäuert den Körper auch. Man schätzt peruanischen Kaffee, spricht von der größten Kakaosorten-Vielfalt weltweit und der aphrodisierenden Wirkung vieler aus dem Amazonas stammender Lebensmittel. Dennoch weiß Juan Danilo, dass Perus Potenzial hierzulande noch nicht zur Gänze ausgeschöpft wird: „Aber wir sind schon bei 80 Prozent. Peru ist nicht mehr nur der Verzehr von Meerschweinchen, sondern auch Ceviche und Pisco Sour.“
Eben weil sich das Verständnis weiterentwickelt, sollte für Nauta keine klassische Küche, sondern eine moderne Interpretation her. „Es gibt viele traditionelle peruanische Restaurants in Berlin, die verdammt gute Arbeit leisten. Wir wollten ganz bewusst ein bisschen anders sein“, versichert Danilo. Der wesentliche Unterschied liegt in der Nikkei-Cuisine, für welche die peruanische Küche eine Symbiose mit der japanischen Kochkunst eingeht. Hintergrund: Im späten 19. Jahrhundert kamen Tausende von Japanern zum Arbeiten nach Peru. Sie brachten ihre Esskultur mit, diese vermischte sich im Laufe der Zeit mit der peruanischen. Auf die Frage hin, wie eine perfekte Harmonie entsteht, erinnert sich Danilo an harte Arbeit. Erstens weil das Konzept von Nauta in Berlin noch einzigartig ist. Zweitens weil er nicht nur privat, sondern auch in seinem Restaurant komplett auf Gluten, Laktose und industriellen Zucker verzichtet – das ist laut Danilo sogar in ganz Deutschland einmalig.
„Ich bin der Meinung, dass Köche die Verpflichtung haben, ihre Küche einfach korrekt zu machen. Wir sind die ersten, die mit unseren Händen heilen müssen“, so Danilo. Um eine durch und durch qualitativ hochwertige Küche zu führen, studiert der Koch aktuell Ernährungswissenschaft. Im Nauta bleibt man kritisch und arbeitet ohne Aluminium, verwendet in der Küche keine Alufolie, sondern Plastikfolie ohne Toxin und selektiert Kochutensilien sorgfältig nach Material.
Nikkei-Cuisine: das Zusammenspiel von Peru und Japan
Anfangs sollte das Nauta noch ganz ohne Karte auskommen. Juan Danilo, der 2006 nach Berlin kam und nach seiner Kochausbildung zuerst bei Floris Catering und später im Restaurant Sudaka als Küchendirektor und rechte Hand des berühmten Fersehkochs Chakall arbeitete, hörte einige Monate auf die konstruktive Kritik erster Gäste. „Das waren viele, wichtige Kleinigkeiten. Es ging etwa darum, den Fisch kleiner zu schneiden und das Essen so anzurichten, dass die Gäste es richtig genießen können. Es ist schwierig, das echte Peru zu 100 Prozent wiederzugeben, deshalb haben wir die ganze Erfahrung etwas germanisiert“, erklärt Danilo.
Die Soft-Opening-Phase sollte so lange dauern, bis das Lokal gut genug ist, um eine normale Karte zu haben und einen normalen Betrieb zu führen. „Viele schauten erst nur, wie schön das Lokal geworden ist. Dann blieben sie einmal zum Essen und plötzlich haben wir Leute, die drei Mal in der Woche zu uns kommen – für Ceviche, einen Wein oder einen schnellen Pisco Sour an der Theke.“ Mittlerweile ist das Restaurant gut ausgebucht, ganz ohne Werbung. Der nächste Schritt: Frühstück am Wochenende für alle, die ein japanisches Tamagoyaki-Omelette, Empanadas mit Tofu, mit Käse gefüllte Maniok-Bällchen oder Arroz con Mariscos auf Quinoa-Basis probieren wollen.
Ist es eigentlich schwierig, die richtigen Zutaten für solche Gerichte zu bekommen? „Vor drei Jahren hätte ich es noch für unmöglich gehalten, heute ist es das nicht mehr.“ Juan Danilo pflegt Partnerschaften mit Großhändlern wie der Spanischen Quelle in Berlin, Bos Food in Düsseldorf oder Verstegen Spices & Sauces in Rotterdam, für die er selbst schon Gewürzmischungen kreierte. Hinzu kommt der Austausch mit dem Wirtschafts- und Handelsbüro Peru. Das hat seinen Sitz in Hamburg, gehört zum peruanischen Ministerium für Außenhandel und Tourismus und versorgt Gastronomen mit echten peruanischen Waren.
Nauta: ein spannendes Gesamtpaket
Das Angebot: Bei unserem Besuch wird ein 5-Gänge-Dinner aufgetischt. Es zeigt, was die Fusion aus peruanischer und japanischer Küche aus Fisch (Forelle), Fleisch (Schweinebauch) und dunkler Schokolade zaubern kann. Begleitet werden die einzelnen Gänge von Intipalka Valle del Sol Sauvignon Blanc 2017, Chardonnay 2016 und Malbec-Merlot 2015. Nicht zu vergessen: Pisco, das peruanische Nationalgetränk aus Traubenmost. Im klassischen Pisco Sour kommt „Acholado“ von Pancho Fierro zum Einsatz, zum Dessert purer „Mosto Verde“ von Intipalka Pisco.
Das Team: In guter Erinnerung bleibt jene Warmherzigkeit, die für ganz Lateinamerika so typisch ist. Damit das Nauta überhaupt funktionieren kann, hat Juan Danilo aus seinem internationalen Team gleich zu Beginn eine Familie gemacht. Es gibt keine Grenzen zwischen Küche und Service. Stattdessen sorgt ein kultureller Mix für die perfekte Kombination aus Pünktlichkeit, sauberer und akkurater Arbeit und jeder Menge Spaß dabei.
Das Design – zwei Essbereiche: Man wollte zwar den Amazonas im Lokal haben, aber bewusst auf echte Blumen und Bäume verzichten. „Wir haben Tapeten mit Pflanzen und eine Struktur, die wie ein Baum aussieht, den Leuten aber trotzdem zu verstehen gibt: Wenn wir die Wälder im Amazonas weiterhin roden, werden wir irgendwann nur noch Metall haben“, gibt er zu bedenken. Im großen Lima-Raum mit Blick in die Küche spielt ein Gestell aus Holz und Bändern auf das Ambiente in einem japanischen Haus an. Der Rest ist Grün gehalten, die verschiedenfarbigen Fliesen stehen für das folkloristische Peru.
Das Design – Küche & Bar: In der offenen Küche kommen die peruanischen Nationalfarben zum Einsatz, „obwohl Feng-Shui sagt, dass die Farbe Rot aggressiv ist. Aber für uns Latinos ist das genau richtig“, lacht der Peruaner. Etwas ungewöhnlich ist das Konzept der Bar: Sie wurde an der rechten Seite des Raumes so gebaut, dass zwischen dem Personal und den Gästen keine Barriere entsteht. „Wir arbeiten mit guten Lebensmitteln, wir sind sauber, wir haben nichts zu verstecken. Wir sind einfach ehrlich.“
Das Licht: Das gesamte System funktioniert über Digitalstrom, was es erlaubt, unterschiedliche Lichtsituationen ganz einfach mit dem Computer oder Smartphone zu steuern. „Beim Kommen gehen die Jalousien für die Putzkräfte nur bis zur Hälfte hoch, um 18.15 Uhr wird das Licht für die ersten Gäste ein bisschen milder und die Heizung aktiviert sich – all das können wir steuern.“ Außerdem lassen sich die Lampen, die über WLAN funktionieren, jederzeit ab- und einer anderen Stelle wieder anstecken.
Die Musik: Ähnliche Moods kommen im Rahmen der musikalischen Untermalung zum Einsatz. Im Nauta setzt man auf einen Mix aus Songs, die während des Essens nicht so streng sind. Dazu gehört gemütliche Musik ab 18.30 Uhr, ein Übergang auf Chill-out-Sounds ab 21 Uhr und Party-Stimmung ab 23 Uhr. Schließlich ist das Lokal auch eine Pisco-Bar.
Die Vision vom multi-funktionellen Nikkei-Cuisine-Restaurant geht sogar so weit, dass eine Hebebühne installiert wurde. „Wir könnten an der Decke eine Kamera montieren und eine Kochshow machen“, erzählt Juan Danilo stolz. Von einer Veranstaltung über eine Tagung bis hin zum Geburtstag ist in seinem Lokal wirklich alles möglich. „Und wenn jemand etwas richtig Hartes haben möchte, fahren wir die Jalousien eben komplett runter und machen eine echte Berliner Party draus!“
Photo: © Nauta
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