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Schmale Häuser (3): Die Inwertsetzung des Luftraums
Rungestraße 10, Berlin-Mitte, 2019
Der zweistöckige Bau Rungestraße 10 steht in Mitte, unweit vom Köllnischen Park. Früher, als rechts noch ein Nachbarhaus bündig anschloss, dürfte weniger aufgefallen sein, wie sehr schmal das Haus ist – 3,50 Meter an der Straße (hinten etwas breiter). Dann aber wurde der Nachbar abgerissen und der Nachfolger – vermutlich dem Sicherheitsbedürfnis der dort arbeitenden türkischen Botschaftsangehörigen entsprechend – von der Straße zurückgesetzt.
Wie und wann aber kam es zu diesem schmalen Bauwerk? Hier eine Herleitung auf Basis der historischen Stadtpläne und Adressbücher (samt Angaben zu den Eigentümern) und der Befunde vor Ort.
1870 ist hier noch nichts. Die Rungestraße heißt noch Wassergasse und das Grundstück ist leer. Eine Hausnummer – und vor allem einen Eigentümer – gibt es trotzdem bereits, den Zimmermeister Gustav Adolf Ludwig Schultz. Schultz gehört auch das ebenso leere benachbarte Grundstück Wassergasse 9. Seine Zimmerei ist gleich links um die Ecke ansässig, im Haus Brückenstraße 13a. In der Brückenstraße gehören Schultz, damals „Brücken-Schultz“ genannt, auch die Nachbarhäuser, mit den Nummern 13 und 14. Und Brückenstraße 13 zeigt mit der Rückseite zu Schultzens leerem Grundstück an der Wassergasse. In den folgenden Jahren – es ist die Hochphase der Gründerzeit – legt seine Firma scheinbar einen raschen Aufstieg hin: 1877 firmiert er im „Adreßbuch der Kaufleute, Fabrikanten und Gewerbsleute von Brandenburg und Berlin“ mit repräsentativer Anzeige als Eigentümer einer Baubedarfsfabrik in Schöneweide, die Materialien zum Bau ganzer Häuser herstellt und anbietet, die Bauten auch gleich selbst auszuführen.
Nur 3,50 Meter breit, aber immerhin 15 Meter tief.
Bereits 1874 hat Schultz jedoch eines seiner drei Häuser an der Brückenstraße verkauft – das mit der Nummer 13. Der neue Eigentümer ist ein Kaufmann namens Salomon Löwenthal. Zu dessen neuerworbenem Haus und Grundstück gehört auch ein Hinterhof. Doch Löwenthal hat ein Problem: Es führt keine Durchfahrt durch sein neuerworbenes Haus nach hinten. Aber Berlin läuft damals heiß, Grundstücke, Häuser, Werkstattgebäude so nah an der Innenstadt sind heiß begehrt, buchstäblich jede Fläche will bespielt und genutzt, und vor allem profitabel gemacht werden. Ohne Zufahrt ist aber mit dem Hinterhof wenig anzufangen, er wirft nicht ab, was er abwerfen könnte. So kommt Löwenthal etwa 3 Jahre nach dem Erwerb des Hauses, also etwa 1877, noch einmal auf Schultz zu – und erneut mit ihm ins Geschäft. Löwenthal kauft Schultz nun auch noch einen schmalen, unbebauten Streifen von der Wassergasse nach hinten ab, das Grundstück Wassergasse 10. Nun hat er ein Gelände, das gerade einmal breit genug ist, um als Zufahrt zu seinem Hinterhof zu dienen, nur eben über Eck, von der Querstraße aus. Das Grundstück links neben der schmalen Zufahrt, Wassergasse 9, behält Baunternehmer Schultz hingegen. Er bebaut es etwa 1884 mit einem Mietshaus, das sich bis heute links vom schmalen Haus erhebt. So wird das Areal nach und nach immer weiter in Wert gesetzt. Kaum noch ein Fleckchen Boden ist geblieben, das für seinen Eigentümer keinen Profit absetzen würde.
Nur die Zufahrt, die ist eben bloß das, eine Zufahrt, wird sich Löwenthal gedacht haben. Und so macht er sich 1889 daran, diesen in sich unprofitablen Zustand zu ändern. Er erobert den Luftraum über der Einfahrt und setzt ihn in Wert, indem er den nur 3,50 Meter schmalen, aber 15 Meter langen Weg zu seinem Hinterhof mit einem nur 3,50 Meter schmalen, aber 15 Meter langen Haus überbaut – selbstverständlich unter Beibehaltung der Zufahrt zum Hinterhof. Zur Straße hin lässt er den Zimmern über der Durchfahrt sicherlich eine stuckierte Frontseite vorblenden. Jedes Haus bekam damals eine Stuckfassade, und sei es noch so klein und schmal. Vermutlich nach 1945 wurde der Dekor entfernt, die Fassade also entdekoriert und mit Glattputz versehen. Auf der breiteren Rückseite zum Hof findet man noch heute eine überraschend prachtvolle Klinkerfassade. Räume ließen sich nun in diesem Neubau nur wenige schaffen: Im Obergeschoss liegen vier kleine Kammern, die man über eine außerordentlich steile Treppe hinter einer Tür rechts in der Durchfahrt erreicht.
Wie gut aber ließ sich der in Wert gesetzte Luftraum nun tatsächlich vermarkten? Wie wurde er genutzt? Offenbar in erster Linie zu Wohnzwecken: 1890 erscheint im Berliner Adressbuch der erste Bewohner des Hauses, es ist ein Getreide- und Fouragehändler namens Max S. Weile (Getreide und Fourage heißt, auch den Getreidehalm komplett zu verwerten: das Korn fürs Brot, der Halm als Fourage, das heißt Pferdefutter). Es folgen ihm nacheinander die Friseurin H. Fischer und der Apotheker Rudolf Schrader, dann die Näherin Johanna Markword, später der Hausdiener A. Buchholz und dann der Goldschmied F. Eisolt. Als 1918 der Erste Weltkrieg endet, gehört das Haus immer noch der Familie des Erbauers Löwenthal, und oben wohnt gerade ein Kaufmann P. Pietro, ein damals für Berlin sicher noch ungewöhnlicher Nachname.
Die verklinkerte Hoffassade mit Spuren eines einst hier angesetzten Schuppens, 2020
Wie es mit dem Haus weiterging, weiß ein taz-Artikel aus dem Jahr 2000: „‚Bis zum Fall der Mauer hat ein Malerbetrieb die Räume genutzt,‘ sagt Waika Reusche, die seit 12 Jahren im Hinterhaus der Nummer 10 wohnt. ‚Danach baute eine Kinderbande sich eine Räuberhöhle darin, bis 1993 die Wohnungsbaugesellschaft Mitte das Haus fest verrammelt hat. 1994 ging der zu DDR-Zeiten zwangsenteignete schmale Besitz wieder zurück an den früheren Eigentümer Hans-Otto Weigel, der im Taunus wohnt. Sein Vater, der damals Geschäftsführer einer Schuhfirma war, hatte das Haus 1925 gekauft und bis 1948 an einen Handwerksbetrieb vermietet. Doch heute findet Weigel keine Verwendung mehr für sein zurückgewonnenes Eigentum: ‚Kein Mensch hat Interesse, in diesen alten Schuppen zu ziehen. Der hat ja nicht mal eine Heizung. Sobald ich das Geld daür übrig habe, lasse ich das Haus abreißen‘, sagt er. […] Das Baujahr des Hauses kann selbst der Besitzer nur grob schätzen: so um 1890.“
Nicht schlecht geschätzt.
Ein Schild, das in aller Kürze die Geschichte des Hauses erzählt.
Literatur
Berliner Adressbücher (https://digital.zlb.de/viewer/cms/141/)
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Reichseierkarte. Gültig ab 13. November 1944 Die Nollendorfstraße ist eine Wohn- und Einkaufsstraße im Berliner Ortsteil Schöneberg, die im späten 19. Jahrhundert angelegt wurde. Häufig wird sie nur die Nolle genannt. Am Haus Nollendorfstraße 17 befindet sich eine Gedenktafel für den britischen Schriftsteller Christopher Isherwood, der hier einige Jahre wohnte. Nach Motiven zweier seiner Romane entstand später das Musical Cabaret Berlin. Es wurden in der Straße auch Stolpersteine verlegt. Hanni Weißenberg ging gerne ins Kino, wo sie den Schutz der Dunkelheit genoss – und als sie erneut ohne Obdach war, weil nun auch den älteren Männern der Familie Most die Einziehung zum Militärdienst drohte, vertraute sie sich der Kartenverkäuferin an der Kino-Kasse an. Viktoria Kolzer (1902–1976) nahm die junge Frau mit nach Hause in die Nollendorfstraße, wo sie mit ihrem Mann Jean wohnte, und beherbergte sie dort. Weißenberg konnte bis zum Untergang des NS-Regimes bei dem Ehepaar bleiben, Viktoria Kolzer teilte mit ihr ihre Lebensmittelkarten. Die Kolzers retteten der jungen Frau das Leben. Deren Sohn war an der Front, Jean Kolzer erkrankte schwer; er starb Anfang 1945 an Wundbrand. Hanni half bei der Pflege. „Wir sind zusammengewachsen wie Mutter und Tochter. Ich habe mich so an dieses neue Leben gewöhnt, dass ich fast vergessen habe, in welcher Gefahr ich mich eigentlich befand.“ Gemeinsam mit Viktoria Kolzer erlebte sie die Bombennächte und schließlich den Untergang des NS-Regimes. Auch der Kontakt zur Familie Most riss nicht ab. Nach der Befreiung Berlins durch die Rote Armee musste Weißenberg Übergriffe durch die sowjetischen Soldaten befürchten. Sie erfuhr, dass die Mosts nunmehr in Berlin-Zehlendorf untergekommen waren, wo ihren Angaben zufolge die russische Militärpolizei die Soldaten strenger kontrollierte. Sie wanderte gemeinsam mit Kolzer zu Fuß dorthin. Später kehrten die beiden Frauen in die Nollendorfstraße zurück. Weißenberg fand Arbeit bei der US Army. Ende 1946 holte sie ein Bruder ihrer Mutter, der nach Frankreich hatte emigrieren können, nach Paris. Er hatte ihren Namen auf einer Liste des DRK-Suchdiensts entdeckt. In Paris lernte sie ihren späteren Mann kennen, einen Deutschen aus einer jüdischen Familie. Sie bauten gemeinsam einen Malerbetrieb auf. Die Verbindung zu Berlin und ihren Rettern ließ Hanni Lévy nie abreißen. Anders als viele Holocaust-Überlebende sprach sie weiterhin deutsch: „Man kann Kinderlieder und Zärtlichkeiten nicht in einer fremden Sprache austauschen.“ Sie bekam zwei Kinder und hat fünf Enkelkinder. Zeitzeugin Hanni Lévy erreichte 1978, dass ihre Helferinnen Viktoria Kolzer und Elfriede und Grete Most in die Liste der Gerechten unter den Völkern bei Yad Vashem aufgenommen wurden. 1983 verfasste sie für ihre Familie einen 13-seitigen Bericht über ihr Überleben in französischer Sprache, der im Archiv der Gedenkstätte Deutscher Widerstand liegt. Sie übersetzte diesen Bericht für den Katalog der Ausstellung „Formen des Erinnerns – Jüdische und nicht-jüdische Stimmen zur Vertreibung und Ermordung der jüdischen Nachbarn im Bayerischen Viertel“ selbst ins Deutsche. Dort erschien er unter dem Titel „Sie haben mir das Leben ein zweites Mal gegeben“. Rückblick an die Zeit im Untergrund in Berlin zwischen 1940 und 1945 im Jahr 1995 im Druck. Lévy trat mehrfach, unter anderem an Schulen oder beim Museum Blindenwerkstatt der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, öffentlich als Zeitzeugin auf. Sie engagierte sich für die Anbringung einer Gedenktafel für Viktoria und Jean Kolzer, bei deren Enthüllung sie 2010 anwesend war, und für die Verlegung von vier Stolpersteinen für ihre Großmutter und deren Verwandte 2011. Claus Räfle befragte sie im Zusammenhang der Arbeit an seinem halbdokumentarischen Film Die Unsichtbaren – Wir wollen leben, der vier Schicksale überlebender untergetauchter Juden in Berlin beschreibt. Der Film enthält auch ein Interview mit Lévy. Er hatte 2017 Premiere, etwa gleichzeitig erschien auch ein Buch von Räfle mit dem Titel Die Unsichtbaren – Untertauchen, um zu überleben. In diesem Umfeld gab Lévy eine Reihe von Interviews für Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsender und war am 23. November 2017 Gast in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz.
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