#gudrunlischkewitz
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klangkunstklasse · 18 years ago
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Waldstück Op.1 Dennis Graef, Eunhye Hwang, Gudrun Lischkewitz, Christoph Metzger, Ingo Schulz, Walter Zurborg
Waldstück op. 1 - der Name ist Programm - eine an Zitaten reichen Komposition, die als Partiturskizze niedergeschrieben und deren 12-minütiger Verlauf präzise gestaltet ist. Ein komponiertes Werk, das in Erinnerung an John Cage 4'33" den mittleren Teil als stilles Werk in klirrend kalter Landschaft eingebettet hatte.
Ironie des Schicksals: Während der Probe donnerte ein italienischer Sportwagen der Marke Lamborghini Gallardo lautstark über die Bundestraße, und er wurde von den ersten Zuhörern als Teil des Stückes empfunden. Insgesamt war Waldstück op. 1 als Installation für die Dauer von ein paar Stunden angelegt. Vier bewegliche Jagdhochsitze - auf ihnen waren die Teilnehmer der Performance platziert - fungierten als mobile musikalische Räume in typischer kammermusikalischer Anordnung etwa eines Streich- oder Hornquartetts. Als Instrumente dienten Spielzeugkettensägen mit elektronischen Schaltungen als Impuls- und Geräuschgeber. Zufällig und gezielte Steuerungen dominierten das Geschehen, das mit Spiralfedern, Resonatoren, Effektgeräten und Kofferverstärkern die Elektronik als Zufallsgenerator nutzte. Arbeiten an elektronischen Systemen provozierten die Kunst des Kurzschlusses. Waldstück op. 1 wurde zum Universum im Kleinen, eine All Music. Die Aktion wurde von einem szenischen Ablauf bestimmt, seine Elemente - Bewegen, Beobachten, Hören, Erzeugen, Verklingen, Erinnern - wurden von den Musikern mit ihren modifizierten Klang- und Geräuscherzeugern gestaltet. Die Landschaft wurde zur Klangfläche, deren Zentrum bei dem als Waldarbeiter gekleideten Dirigenten lag. Er leitete das Stück durch Bewegungen mit einer Wiederhopfharke, die Spuren und Einschreibungen auf gefrorenem Feld hinterließen. Heben, Senken und Schleifen der Harke galten als Anweisungen. Eine Zeitstrecke wurde abgeschritten und hinterließ eine Spur. Der Waldarbeiter/Dirigent näherte sich einer schlanken weißhaarigen Bäuerin, die das Feld absurderweise mit einem Metallbesen von Laub, Stroh und Ästen befreite. Eine Aussaat im Winter wurde vorbereitet. Alles Vollzug sich auf geöffneter Scholle, die bereit war für weitere Arbeitsschritte. Dabei wurde das Areal von ca. 20.000 qm zur Fläche der klanglichen Szene und zur Partitur. Einschreibung und Ereignisse entstanden als Folge.
Historisch gesehen steht Waldstück op. 1 in der Tradition von Land-Art-Arbeiten, die zwischen 1968 und 1973 in den USA entstanden. Vor em Hintergrund industriell betriebener Ausbeutung natürlicher Rohstoffe wird die Ressource Natur in ihrer romantisch geprägten Perspektive neu erfahren. Das Bäumepflanzen als Ritual wird durch Waldstück op. 1 künstlerisch kommentiert. Einschreibungen in die Landschaft sind als Kritik am Kunst- und Musikbetrieb zu verstehen, deren Inhalte in die Konzeption eingeflossen sind. Natur bietet mehr als die bekannten Idyllen des 19. Jahrhunderts nämlich den Stoff zur kulturgeschichtlichen Reflexion, zum Stellenwert historischer Perspektiven, die Teil der Komposition sind.
Christoph Metzger
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