#bürgerliche Normalität
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leinwandfrei · 9 months ago
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Die bürgerliche Maske des Faschismus - "The Zone of Interest" von Jonathan Glazer
Am 29. Februar hat ein langer Prozess sein Ende gefunden: Jonathan Glazers neuestes Werk The Zone of Interest ist nun in den Kinos zu sehen, nachdem er schon im Mai 2023 in Cannes seine aufsehenerregende Premiere feierte. In Anlehnung an den gleichnamigen Roman von Martin Amis zeichnet der Regisseur eindringlich die Enge des „Interessensgebietes“ der Familie Höß in Auschwitz nach. Dieses beschränkt sich auf gewöhnliche bürgerliche Ziele und Alltäglichkeiten: Haus – Garten – Pool – Karriere – Familie – Zuhause. Rudolf Höß (Christian Friedel) und seine Ehefrau Hedwig Höß (Sandra Hüller) leben mit ihren fünf Kindern ein Bilderbuchleben neben der Lagermauer, hinter welcher unter Höß‘ Kommandantur immer effizienter Menschen maschinell umgebracht werden. Diese Realität läuft zunächst leise als Sound neben dem Alltag her und wird immer drängender ausgestaltet. Keine Kritik zu diesem außerordentlichen Film kommt ohne die Begriffe radikal und konsequent aus. Radikal ausgeführt ist die Täterperspektive, konsequent zu Ende gedacht deren Normalität und Banalität. Die Opfer des bürgerlichen Wohlstands dieser Familie bleiben ohne Gesicht und werden im Ausblick in die Gegenwart nur durch ihre zurückgebliebenen Schuhe repräsentiert. Doch auch ohne die konkreten Schicksale hinter der noch nicht bewachsenen Lagermauser zu zeigen, wird das Grauen spür- wie hörbar. Die kalte Kalkulation von Höß‘ Planung eines effizienterem Verbrennungssystems, das Planen einer „logistisch anspruchsvollen“ Vernichtung ungarischer Juden in einer ganz gewöhnlichen Sitzung der Lagerkommandanten (hier lassen sich Parallelen zur Reinszenierung „Die Wannseekonferenz“ erkennen, welche im Herbst 2023 ausgestrahlt wurde) und die darauffolgende Freude darüber, dass man wieder nach Hause kommen darf ist derart pragmatisch, dass die Personalie Höß bei diesen Überlegungen irrelevant scheint. Die Akzeptanz einer solchen Arbeitsrealität ist schockierend und ehrlich zugleich. Nicht ein Mann versuchte ein ganzes Volk umzubringen, sondern ein ganzes System aus diversen Entscheidungsinstanzen beschäftigt sich mit diesem Projekt.
Drei Aspekte machen den ersten Film Glazers seit zehn Jahren aus: Das Bilddesign, die Darsteller Christian Friedel und Sandra Hüller sowie der Ton. Friedel hat zuletzt in Babylon Berlin als Co-Ermittler von Gereon Rath eine schillernde Figur gespielt. Als Höß ist er kaum wiederzuerkennen und verkörpert einen Mann, welcher allein durch seine Anwesenheit einen gewissen Ekel hervorzurufen weiß. Auch wenn die Kostüme wie die Kameraoptik sicher auch einen entscheidenden Teil beitragen, so ist es letztlich Friedel, welcher seine Figur interpretiert und mit einer anekelnden Aura umgibt. Sandra Hüller ist ebenso beeindruckend. Sie spielt eine emanzipierte Frau und stapft von dem Grauen um sie herum unbeirrt durch ihr Haus. Wie ihr Ehemann, bleibt sie kalt gegenüber ihrer unglaublich wirkenden Lebenssituation. Sie hat einen Großteil dessen erreicht, was sie als Frau erreichen kann: eine Familie, einige Kinder, ein eigenes Haus mit Garten und Angestellte, also Häftlinge des Lagers, deren Leben in ihren Händen liegt. Ihr Traum für das „Danach“ klingt schon fast bescheiden: einen eigenen Bauernhof.
Das entscheidende Element aber ist der Ton. Anders als in vielen anderen Produktionen ist hier tatsächlich die Abmischung und die Inszenierung in Kombination mit den Bildern relevant, da kein wirklicher Soundtrack vorliegt. Glazer nutzt die Musik um seine Aussage zu verstärken und zu formulieren. Die Eingangssequenz und der Abspann sind die einzigen melodisch geprägten Momente. Hinzu kommt nur die fragmentarische Darbietung eines im Lager komponierten Liedes, welches ein polnisches Mädchen beim Entlangstreifen an der Lagergrenze findet. Sie versteckt Äpfel für die arbeitenden Gefangenen und ist ein kleines Zeichen der Hoffnung sowie die direkteste Darstellung der Opferseite. Die Geräuschkulisse in Ausschwitz ist zunächst eine idyllische. Familie Höß picknickt am Flussufer, umgeben von Naturgeräuschen. Dieser Eindruck weicht im Laufe der 106 Minuten sukzessive einer bedrohlichen Kulisse, welcher die Mutter von Hedwig Höß nicht standhalten kann. Kommentarlos verlässt sie das Haus nach nächtelangem Wachliegen. Die häufig unbedeutenden Dialoge werden immer undeutlicher und dadurch als noch geringfügiger herausgestellt. Glazer steigert diese quälenden auditiven Elemente immer weiter, bis am Ende die Geräusche des Lagers die Gespräche fast gänzlich übertönen. Schmerzensschreie, Schüsse und ein unterschwelliges Dröhnen (wie es auch in zeitgenössischen Kriegsfilmen wie 1917 und Im Westen nichts Neues eingesetzt wird, um dem Grauen einen musikalischen Ausdruck zu verleihen) bilden die Grundlage der Sound-Collage, mit welcher der Regisseur den Zuschauer ins Mark trifft. Glazer bettet Hanna Arendts Warnung vor der „Banalität des Bösen“ in konkrete Bilder und Töne mit drei großen Schockmomenten: ein schwarzer Bildschirm zu Beginn, ein roter Bildschirm in der Mitte und der Abspann, jeweils musikalisch entsprechend unterlegt. In dieser minimalistischen Form liegt Glazers Erfolg und seine mögliche Revolution des Holocaustfilms. In dieser Sparte ist die Debatte des Darstellbaren ein Kernthema, welches aus technischer wie moralischer Perspektive zu behandeln ist. Der Regisseur entscheidet sich gegen die Darstellung der Gräueltaten und macht sie damit umso deutlicher und bedrohlicher zum Teil seiner Produktion. Er schafft die verschwommene Fotografie einer verlorenen Menschlichkeit, ohne dass diese Ungeheuerlichkeit sich in konkret gezeigten Taten äußern muss. Sie äußert sich in Gesprächen über einen Swimming Pool und Umbaumaßnahmen, Herausforderungen einer Fernbeziehung, dem Wunsch nach einem Zuhause, egal um welchen Preis. Hedwig Höß weiß dabei sehr genau, was ihr Mann tut und was das konkret bedeutet. Sie droht einer Hausangestellten damit ihren Mann vergasen zu lassen, nimmt die Hinterlassenschaften der Ermordeten sowie die Dienstleistungen der Häftlinge dankend an und wäscht ihre Kinder voller Vehemenz, nachdem eine Fahrt auf den Fluss zum Paddeln durch Knochen und Staub wird. Die Überreste der ermordeten Häftlinge im anfangs so idyllischen Fluss kommen damit gefährlich nahe an das familiäre „Interessensgebiet“.
Die Sichtung dieses Filmes lässt sich schwer in Worte fassen und selbst die Beschreibungen der drastischen Szenen kann nicht dem Erleben im Kinosaal entsprechen. Die Bilder sind in Ergänzung um das eigene Wissen erschreckend, in Kombination mit der unbarmherzigen Geräuschkulisse aber wird die Produktion schmerzhaft eindringlich und wahrhaftig. Das Monster Mensch ist in seiner gewohnten Lebenswelt zu erleben und in dieser Konstellation kann sich jeder Zuschauer wiederfinden. Eine Produktion mit einer vergleichbaren Wirkung und vergleichbar kalten Perspektive ist Das weiße Band von Michael Haneke. Die Hauptrolle des jungen Lehrers spielte 2009 auch Christian Friedel. Zudem hatte auch Hanekes schwarzweiß-Film seine Premiere in Cannnes. Haneke allerdings gewann die Goldene Palme, während Glazer 2023 von Anatomie eines Falls geschlagen wurde. Aber solche Wettbewerbe scheinen bei einer solchen Erzählung nahezu paradoxe Orte der Vorführung zu sein angesichts der grundlegenden Aussage dieses Holocaust-Films, welcher so viel über die Menschen aussagt. The Zone of Interest ist ein harter, kalter, grandios gespielter, unikater und erschreckender Film, welcher die zehn Jahre Arbeit daran absolut rechtfertigt. Mit dem Einsetzen des letzten Musikstückes, welches intensive Klagegeräusche mit einer geradlinig aufsteigenden und immer wieder wiederholten Linie mit abschließender Mollwendung verbindet, senkt sich ein Starregefühl zwischen Schreck, Betroffenheit und konsternierter Anerkennung als Wahrheit auf die Zuschauer herab. Dieser Film wird bleiben, unabhängig von Ehrungen und Auszeichnungen bei Filmpreisen. Jeder Zuschauer nimmt ihn aus dem Kinosaal mit und wird so schnell nicht von ihm fortkommen. Glazers Mut zum Experiment wird belohnt und das Ergebnis ist ein bedeutsamer Film, dessen Qualen man sich aussetzen sollte, gerade im Wissen um die Geschehnisse auf der anderen Seite der Mauer und gegenwärtige Entwicklungen der Weltpolitik.     
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gedankenkollekte · 4 years ago
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Trans-Sichtbarkeit ist nicht Trans-Befreiung (aus dem französischen übersetzt)
Trans-Sichtbarkeit ist keine Trans-Befreiung Artikel von Kai Cheng Tom, übersetzt von Mahleneriez Originalartikel hier erhältlich.
Kai Cheng Tom ist ein Schriftsteller und Redner mit Sitz in Toronto und Montreal, indigenen Gebieten. Sie ist Autorin der Kurzgeschichte Ferocious Women and Notorious Lies, der Gedichtsammlung A Place Called No Homeland und des Kinderbuchs Von Sternen am Himmel zu Fischen im Meer. Kai Cheng war zweimalige Finalistin für das Lambda Literaturpreis.
Im Frühjahr 2014 stellte das Time Magazine den königlichen Laverne Cox auf seine Titelseite und erklärte, dass die Welt einen „Transgender-Wendepunkt“ erreicht habe. Ich habe dieses Foto sofort geliebt. Cox sieht uns allen in die Augen, in ihr blaues Kleid und in die Fersen, den Kopf hochgehalten, und scheint die Welt herauszufordern. Bist du bereit für uns? scheinen seine Augen zu fragen. Bist du bereit, uns und all die Geschenke zu feiern, die wir geben müssen? Transsexuelle, geschlechtswidrige und nicht-binäre Menschen hatten dem Rest der Menschheit immer viel zu bieten: historisch gesehen geschlechtswidrige, nicht geschlechtskonforme, nicht geschlechtskonforme und nicht konforme Menschen. Zwei Geister wurden von vielen Gesellschaften anerkannt auf der ganzen Welt als künstlerisch und spirituell begabt.
Obwohl die Verwüstungen der europäischen Kolonialisierung dieses kulturelle Wissen in vielen Gemeinden unterdrückten, bleibt es bis heute wahr und relevant. Die Beharrlichkeit und Intelligenz von Trans-Menschen hat eine lange und stolze Linie, die in den Ahnenerinnerungen kolonisierter Völker auf der ganzen Welt verwurzelt ist. Politisch haben Transsexuelle und insbesondere transfeminine Farbige den Weg für LGBTQ + -Rechte geebnet. Der Legende nach warf ein Trans (oder "Transvestit", der zu dieser Zeit unter transfemininen Menschen ein sozial anerkannter Begriff war) der Farbe den ersten Stein in den Stonewall-Unruhen.
Vielleicht noch wichtiger ist jedoch, dass die Arbeit von Transfeminin-Aktivisten wie Marsha P. Johnson und Sylvia Rivera, die sich im Laufe der Zeit als Schwule, Drag Queens, Transvestiten und Transgender bezeichnet haben, die Grenzen der queeren Befreiungsbewegung überschritten haben Jugendliche mit Hautfarbe, queere Sexarbeiterinnen, obdachlose Jugendliche und andere extrem marginalisierte Gruppen. Das Erbe der Bemühungen dieser Aktivisten findet sich derzeit in der Arbeit von Trans- und Genderqueer-Community-Gruppen wie dem Audre Lorde-Projekt, dem Sylvia Rivera Law Project und vielen anderen.
Die in der Hitze der Unterdrückung und des Kampfes ums Überleben geschmiedete Trans-Befreiungspolitik war und ist der revolutionäre Funke des seltsamen Widerstands. Vier Jahre nach dem sogenannten Trans-Wendepunkt scheint sich für die Mehrheit der Trans-Menschen heute jedoch wenig geändert zu haben. Es gibt eine merkwürdige Trennung zwischen der Transformation, die in den Medien stattgefunden zu haben scheint, und der ständigen Realität von Gewalt, Entbehrung und Diskriminierung, die Trans-Menschen weiterhin erleben.
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Es gab noch nie so viele Transsexuelle im Fernsehen, aber Transjugendliche bleiben unverhältnismäßig obdachlos und selbstmörderisch. Die Trans-Sichtbarkeit ist in die Höhe geschossen, aber Anti-Trans-Gesetze und Diskriminierung sind nach wie vor weit verbreitet. Trans-Rechte werden zunehmend in den Medien diskutiert, aber rassisierte Trans-Frauen, die Sexarbeiterinnen sind, werden weiterhin regelmäßig angegriffen und ermordet. Wie kann das passieren?
Wie leben wir in einer Welt, in der Transidentitäten endlos diskutiert werden, aber Trans-Menschen nicht sicher sind? Wo die Existenz von Transstars - und sogar Transmillionären - möglich ist, aber wo Transmenschen als Klasse auf allen rechtlichen und sozialen Ebenen ernsthaft unterdrückt bleiben? Unser revolutionäres Feuer brennt wie immer, aber ich fürchte, es wird in die falsche Richtung gehen und zurückgefordert werden.
Der Neoliberalismus, das fortgeschrittene, tödliche Stadium des kapitalistischen Systems, in dem wir leben, greift nach der Befreiung. Anstatt Zugang zu Ressourcen zu erhalten, werden wir in den Mainstream-Medien vertreten - ein Bonus, der uns hilft, Fernsehen und Filme zu genießen und gleichzeitig weiterhin unter schlechten Wohnverhältnissen und Arbeitslosigkeit zu leiden. Anstatt Freiheit zu bekommen, wird uns ein Produkt verkauft: eine Illusion von "Gleichheit", die tatsächlich leer ist. Um die Befreiung zu erreichen, müssen wir unsere Bemühungen auf die Beendigung des Neoliberalismus richten.
Als Sozialarbeiterin habe ich viel Zeit damit verbracht, transjugendliche und geschlechtswidrige Kinder und deren Eltern zu unterstützen. Wie Sie sich vorstellen können, sehe ich oft Eltern, die es äußerst ablehnen, ihr Transkind bei ihrem sozialen und medizinischen Übergang zu unterstützen. Ich habe auch eine bedeutende Anzahl von Eltern getroffen, die sehr begeistert davon sind, eine Hormontherapie für ihr Kind zu erhalten und das Geschlecht und den Vornamen ihres Kindes auf ihren Papieren zu ändern. Die Hoffnung vieler dieser Eltern ist, dass niemand wissen muss, dass ihr Kind trans ist.
Meiner Meinung nach beruhen die Positionen dieser beiden Elterntypen auf einem Gefühl der Liebe und des Schutzes - der natürlichsten Sache der Welt, die Eltern fühlen können. Welche Eltern möchten nicht, dass ihre Kinder ein „normales“ Leben führen, mit all den Privilegien, die „Normalität“ mit sich bringt? Dieser Schutzinstinkt ist meines Erachtens den Eltern und Erziehungsberechtigten von Kindern in allen Kulturen eigen. Obwohl "Normalität" in dieser Ära des fortgeschrittenen Kapitalismus, Klassenkampf und politische Instabilität ein geladenes Konzept ist, das eine oft vergessene Geschichte der Unterdrückung mit sich bringt.
Hier im kolonisierten Westen ist das normale "normale" Leben nicht nur Cisgender, sondern auch weiß, bürgerlich, monogam, leistungsfähig und wenig heterosexuell. "Normal" ist sehr oft ein Code, der "ein Körper bedeutet, der in der Lage ist, auf einem Niveau zu arbeiten und zu produzieren, das für das kapitalistische System zufriedenstellend ist. "" Obwohl es für die progressiven Mainstream-Medien immer häufiger geworden ist, die Geschichten von Transkindern zu veröffentlichen, die jung werden, finde ich es zutiefst verdächtig, dass die Mehrheit dieser Kinder weiß, blond, bürgerlich ist - und mit einem sehr guten Pass.
Als sichtbar rassisierte Transfrau, die oft nicht als Cisgender auftritt, fühlt es sich manchmal seltsam an, weiße, bürgerliche Eltern unterstützen zu müssen, die mir besorgt wohlmeinende Fragen stellen, wie Ist das? Dass mein Transkind wird noch heiraten können? Kinder haben ? Wird er reisen können? Wird er vorbei sein? Wird er in der Schule, beim Zugang zu Arbeit, Wohnraum und in romantischen Beziehungen diskriminiert?
Manchmal habe ich den Eindruck, dass hinter diesen Fragen gefragt wird: Wird mein Kind wie Sie enden? Sichtbar trans, sichtbar am Rande? Oder schlimmer noch, werden sie wie „diese Trans-Leute“ enden, die Sexarbeit machen, um zu überleben und im Dunkeln ermordet werden?
Transition ist ein Grundrecht, zu dem alle Transsexuellen jeden Alters Zugang haben sollten. Ich glaube jedoch, dass der Übergang im Idealfall als eine von vielen Optionen für körperliche Autonomie und Selbstdarstellung angeboten werden sollte. Dies sollte man nicht tun, um für andere akzeptabel zu sein oder um unsere Vergänglichkeit vor dem Rest der Welt zu verbergen.
Und der Übergang sollte sicherlich kein Privileg sein, bei dem die besten Optionen in Bezug auf Hormone, Operationen und die Erhaltung der Fruchtbarkeit denen vorbehalten sind, die sie sich leisten können. Ich sehe einen Wunsch der Eltern, der sich meiner Meinung nach in vielen - wenn nicht allen - marginalisierten Menschen widerspiegelt.
Ich kann es in mir fühlen. Es ist der Wunsch, das Leben der privilegierten Klasse zu leben, zu existieren, als ob man nicht als anders gebrandmarkt wäre, in die Form zu passen, wie es weiße Mittelklasse-Leute tun. Wenn die Eltern mit diesen Fragen ängstlich zu mir kommen, zwinge ich mich, eine Pause zu machen. Ich erinnere mich an meine Verantwortung als Therapeutin und Betreuerin. Ich denke an mein eigenes Engagement, Transkindern zu helfen, ein einfacheres Leben zu führen als ich.
Ich gebe einige Antworten und stelle ein paar Fragen. Ja, Ihr Kind kann reisen, einen Partner finden und möglicherweise heiraten, wenn es dies wünscht. Er kann ein Kind biologisch bekommen, je nachdem, was er mit seinem Körper machen möchte, und er kann es auch adoptieren. Es ist wahr, dass er zu verschiedenen Zeiten in seinem Leben diskriminiert werden könnte. Wie denkst du, kannst du ihm helfen, das zu ertragen? Haben Sie in Ihrem Leben Diskriminierung erfahren und wie sind Sie daraus herausgekommen? Ist es Ihnen wichtiger, dass Ihr Kind ein einfaches, normales oder ein reiches, freies Leben hat?
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Alisa Molotova
Ohne es zu wissen, werden Eltern, die ihrem Kind nur ein "normales" Leben geben wollen (sprich: sicher und glücklich), als Hilfsmittel für den neoliberalen Apparat verwendet, das soziale System, in dem wir gegenwärtig leben und das am mächtigsten ist Ergebnis des fortgeschrittenen Kapitalismus und der Kolonialisierung im Niedergang. Der Neoliberalismus ist meines Erachtens die Kraft, die das Feuer der Befreiung untergräbt. Der in den 1970er Jahren erfundene Begriff "Neoliberalismus" bezieht sich auf die erneute Dominanz des freien Marktkapitalismus in allen Aspekten des öffentlichen und privaten Lebens.
Im Neoliberalismus wird davon ausgegangen, dass die Menschen kein Recht auf mehr Rechte, Waren oder Dienstleistungen - einschließlich Privatsphäre, Gesundheitsversorgung und Bildung - haben, als sie kaufen können. Im Neoliberalismus werden traditionell von der Regierung geführte Institutionen wie Krankenhäuser, Schulen und Gefängnisse privatisiert und gewinnbringend betrieben. Dies ist das Wirtschaftsmodell, das in fast jedem Land der Welt immer mehr an Macht gewinnt.
Der Neoliberalismus untergräbt auf heimtückische Weise Menschenrechtsbewegungen. Es übernimmt die Kontrolle über das Denken und Handeln von Menschenrechtsaktivisten, indem es Angst und Knappheit erzeugt, so dass unsere politischen Ziele gezwungen sind, sich nicht auf eine bessere Zukunft für alle, sondern auf die Zukunft zu konzentrieren. Persönliches Überleben. Anhäufung von Ressourcen, Assimilation durch Stillstand und grenzenloser Individualismus sind die zweite Natur des neoliberalen Denkens.
Wir haben bereits gesehen, wie der Neoliberalismus die Mainstream-Queer-Rights-Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre weitgehend übernahm. LBGTQ + -Rechte waren eine radikale politische Bewegung, die auf Konzepten der freien Liebe, des Sozialismus und der Solidarität mit anderen marginalisierten Gruppen beruhte. In den letzten Jahrzehnten hat es sich jedoch zunehmend auf engere Ziele konzentriert, die in erster Linie den Interessen von Cisgender, weißen, bürgerlichen Schwulen und Lesben dienen: das Recht auf Heirat, Adoption, Militärdienst und prestigeträchtige Arbeit Berufe.
In der Zwischenzeit wurde der Anti-Armuts-, Anti-Housing- und Pro-Sex-Aktivismus von Transfeminin-Aktivisten wie den Street Transvestite Action Revolutionnaries (STAR) von Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson in den Hintergrund gedrängt. In dem Streben nach Respektabilität haben sich die Mainstream-Interessengruppen für Homosexuelle öffentlich von Trans-Ursachen und ihren Führern distanziert. Während wir also einige "Siege" der Homosexuellenrechte gesehen haben, wie das Recht zu heiraten, die Aufhebung der Politik "Nicht fragen, nicht erzählen" ihrer Homosexualität, Anmerkung des Herausgebers], bleibt der liberale Status quo nahezu intakt.
Die Reichen bleiben reich und die Armen bleiben arm, und eine relativ kleine Gruppe von Queers konnte sich den Reichen anschließen, während die meisten von uns zurückgelassen wurden. In diesen Tagen, wenn der "Trans-Wendepunkt" an Dynamik gewinnt, sehe ich eine neue Generation von Trans-Rechte-Aktivisten auftauchen, und ich frage mich, welche Richtung wir wählen werden: neoliberale Assimilation? Oder die Revolution?
In meiner Erfahrung als Sozialarbeiterin sehe ich immer mehr reiche, oft weiße, bürgerliche Jugendliche und Kinder, die als Transsexuelle herauskommen. Das ist wunderbar. Sie sind mutig und hartnäckig; und manchmal unterstützen ihre Familien sie wirklich bei ihrem Übergang und bei der Verteidigung ihres Zugangs zu Schule, Gesundheitsversorgung und Universität.
Gleichzeitig sehe ich auch so viele junge Transsexuelle, hauptsächlich farbige Menschen, die weit von ihren Familien entfernt sind und in Notunterkünften leben, deren Zugang zu den für das tägliche Leben notwendigen Ressourcen blockiert ist, ganz zu schweigen vom Zugang zu medizinischer Übergang oder Hochschulbildung. Die Trans-Sichtbarkeit ist besser als je zuvor, das Bewusstsein für Trans-Rechte ist so hoch wie nie zuvor. Und doch vergrößert sich die Kluft zwischen Trans-Menschen weiter.
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Miss Major Griffin-Marcy, die vor über 40 Jahren die Trans-Bewegung ins Leben gerufen hat
Im Jahr 2015, ein Jahr nach dem Wendepunkt der Times-Titelseite, sah die Welt, wie der TV-Star und die ehemalige Olympiasiegerin Caitlyn Jenner die Glamour-Frau des Jahres, den „Champion Trans“ und den ESPN Arthur Ashe Courage Award gewannen. Im selben Jahr sagte Jenner in einem Interview, dass "das Schwierigste daran, eine Frau zu sein, darin besteht, herauszufinden, was sie anziehen soll", und verriet eine tiefe Trennung von den alltäglichen Realitäten der Mehrheit der cis- und trans-Frauen.
Die Bekanntheit von Jenner in den Mainstream-Medien wurde bereits von queeren und feministischen Schriftstellern gut kritisiert. Was ich an Jenner jedoch als wichtig empfinde, ist nicht ihr Mangel an persönlichem Verdienst oder nicht, sondern das wachsende Phänomen der Berühmtheit von Trans-Menschen und ihre Verbindung zum neoliberalen Mythos, dass die Dinge für Menschen besser werden. Trans als Klasse, wenn es so aussieht dass das Gegenteil der Fall ist.
Der Mythos des Ausnahmezustands war schon immer ein Eckpfeiler der neoliberalen Philosophie - die Idee, dass jeder, der mit dem Kapitalismus durchkommt, jeder kann. Es ist ein Mythos, der den Erfolg eines Individuums mit dem Wohlstand seiner gesamten Klasse vermischt und dazu dient, die Barrieren von Diskriminierung und systemischer Gewalt zu verbergen. Der neoliberale Gedanke besagt, dass es in den Vereinigten Staaten keinen Rassismus mehr gibt, wenn ein Schwarzer Präsident der Vereinigten Staaten geworden ist. Schwarze Menschen, die sich über Polizeibrutalität und Diskriminierung beschweren, bemühen sich nicht genug, um erfolgreich zu sein.
Wenn Caitlyn Jenner sich eine Gesichtsfeminisierungsoperation leisten und eine Auszeichnung gewinnen kann, wenn Jazz Jennings ihre eigene Reality-Show haben kann, wenn Andrea Pejic in der Vogue auftreten kann, dann sollten Trans-Menschen auf der ganzen Welt nicht so schlecht dran sein. Wir müssen auch nur berühmt werden. Die Wahrheit ist, dass die Fähigkeit von Trans-Prominenten, die Realität von Trans-Menschen als Klasse im Neoliberalismus zu verändern, sehr begrenzt ist - selbst wenn diese Prominenten aktiv an Widerstandsbemühungen beteiligt sind.
Laverne Cox und Janet Mock zum Beispiel sind zwei berühmte schwarze Transfrauen, die sich die Mühe gemacht haben, mit Transaktions- und Rassenaktivismus an der Basis in Verbindung zu bleiben. Dies trotz der Einschränkung durch die amerikanische Promi-Kultur, die von Natur aus elitär und geschlossen ist. Um Berühmtheiten zu bleiben, müssen sie Glamour und Basis jonglieren, zwischen der Wahrheitsfindung gegenüber der Macht und dem Befolgen der Linie.
Die Darstellung von Transidentitäten in der Mode, im Fernsehen und in Filmen ist wichtig. Wir müssen uns in den Geschichten um uns herum sehen. Aber wir müssen diesen Geschichten kritisch gegenüberstehen: Über wen spricht sie und warum? Wir müssen uns daran erinnern, dass Repräsentation und Revolution überhaupt nicht dasselbe sind. Anders gesagt: Warum gewinnt Caitlyn Jenner, ein wohlhabender Reality-TV-Star, Republikaner, eine Auszeichnung dafür, dass er Trans-Menschen dazu inspiriert hat, mutig zu sein, während CeCe McDonald, eine schwarze Trans-Frau, die wegen Selbstverteidigung gegen transphobische Angriffe inhaftiert war, dies nicht tat?
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CeCe McDonald et Laverne Cox
Ich bin nicht die erste transperson, die diese Argumente vorbringt, und ich werde nicht die letzte sein. Als Transfrau aus der Diaspora der Farben habe ich eine reiche Geschichte brillanter Denker und heftigen Aktivismus hinter mir. Wenn eine Generation junger Transsexueller wie ich mit Zugang zu Bildung und öffentlichen Plattformen auftaucht, müssen wir uns fragen: Welche Schlachten werden wir führen und für wen?
Werden diejenigen, die die größten Chancen haben, es unter dem neoliberalen Status Quo zu schaffen, alleine um ihr Stück Kuchen kämpfen, oder werden wir versuchen, den Tisch des Kapitalismus und der weißen Vorherrschaft umzustürzen, wie es unsere ältesten Revolutionäre zuvor getan haben uns?
Ich weiß, dass ich nicht in einer Welt leben möchte, in der Transsexuelle nur dann Zugang zu medizinischem Übergang haben, wenn ihre Versicherung dies unterstützt. Ich möchte, dass jeder die Gesundheitsversorgung erhält, die er benötigt Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Transsexuelle der Mittelklasse öffentliche Toiletten benutzen können, sondern in der obdachlose Transsexuelle vom öffentlichen Raum abgewandt werden.
Ich möchte mich in eine Welt verwandeln, in der jeder ein Zuhause hat Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Transsexuelle dem Militär oder der Polizei beitreten und an der gewaltsamen Unterdrückung von Farbigen auf der ganzen Welt teilnehmen können. Ich möchte in einer Welt ohne Kriege und Polizeigewalt leben. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der Transsexuelle in geschlechtsgerechte Gefängnisse gebracht werden. Ich möchte in einer Welt ohne Gefängnisse leben. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der eine Handvoll Trans-Prominente Millionen von Dollar verdienen, wenn der Rest von uns ums Überleben kämpft.
Ich möchte in einer Welt leben, in der wir alle genug zum Leben haben. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der ein paar Transsexuelle als normal gelten und der Rest Freaks sind. Ich möchte in einer Welt leben, in der unsere verrückte, hässliche, wunderschöne Pracht für ihre Ehrlichkeit, ihren Ruhm und ihre Möglichkeiten gefeiert wird. Meine lieben Trans-Adelphs - seltsame Schwestern, mürrische und schwule Brüder, Adelphs der Waffen: In welcher Welt möchten Sie leben?
Automatisch übersetzt aus: https://transgrrrls.wordpress.com/2018/08/17/la-visibilite-trans-nest-pas-la-liberation-trans/
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lightyear2000 · 7 years ago
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„Rechtsextremismus ist die konsequente Übertreibung der bürgerlichen Normalität“
Ich habe Bernhard Weidinger interviewt: „#Rechtsextremismus ist die konsequente Übertreibung der bürgerlichen Normalität“ #schwarzblau #Fpö #övp
(c) dpa Bernhard Weidinger im Gespräch mit lightyear2000 über die gesellschaftliche Mitte, den Unterschied der Haider- und Strache-FPÖ und warum es in Österreich keinen Aufschrei gibt, wenn eine parlamentarische Partei mit Neonazis zusammen arbeitet. Was ist denn deiner Meinung nach der größte Unterschied zw. der Haider- und der Strache-FPÖ? Die Haider-FPÖ war viel unberechenbarer. Haider war…
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shape · 6 years ago
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Bahamas Nr. 81 Frühjahr 2019
Zeitgeist, Geisterzeit
Außenpolitik breiter aufstellen – im Bündnis mit der Gazprom, so lautet der deutsche Konsens bei der Zerstörung der europäischen Idee. Justus Wertmüller über der Deutschen gegenwärtig liebstes antieuropäisches Projekt.
Die Leiden des Erfinders Claas Relotius sind keine journalistischen Verfehlungen, sondern nachgefragte Skills bei der Erziehung zur Unmündigkeit. Martin Stobbe misst die Relotiusdichte im Journalismus.
Kleinbürgerinnen und Provinzarbeiter. Die Bewegung der französischen Gelbwesten, ihre Sympathisanten und Gegner handelt Sören Pünjer ab.
Der Protest der Gelbwestenbewegung Für die Rückkehr zur Normalität müsste der Ausgangpunkt jeder vernunftgeleiteten Diskussion um bessere Verhältnisse sein. Justus Wertmüller nimmt anlassbezogen den Verrat der Intellektuellen an den Lohnarbeitern ins Visier.
Barbarische Privilegien genießen in zivilisationsmüden Zeiten die indigenen Mörder eines Missionars. Christian Lamp und Dieter Sturm beleuchten das Verständnis für die brutale Fremdenfeindlichkeit eines sogenannten isolierten Volkes.
Im Namen von Umwelt und Diversity schritt der Massenmörder von Christchurch zur Tat. Dass der Öko-Fascho nicht von Islamophobie, sondern von der Kritik kultureller Aneignung getrieben wurde, erläutert Saul K. Takács.
Negative Dialektik at works. Einen solchen Kalauer hat der Grünenchef neuen Typs jederzeit drauf. David Schneider geht den Gründen für die Beliebtheit Robert Habecks nach.
My Own Private Holocaust hat nicht nur Greta Thunberg in Form einer Klimakatastrophe zu gewärtigen. Wie eine kranke 16-jährige zur öffentlichen Figur werden konnte, erläutert Tjark Kunstreich.
Thomas Maul nimmt Die grünifizierte Gesellschaft im Schadstoff- und Klimawahn unter die Lupe. Sein Klimabericht über die Irrationalität deutscher Umweltpolitik.
Das bürgerliche Recht verkörpert Schutz und Illusion. Warum für Franz Neumann dieser Doppelcharakter zur Grundlage seiner Kritik des Rechts wurde, zeichnet Jan-Georg Gerber nach.
Noch Härtere Zeiten könnten auf die Kritiker der doppelten Staatsbürgerschaft zukommen, die bereits den Doppelpass als Form der Entbürgerlichung erkannt haben. Sabine Schulzendorf mit ihrer Prognose einer weiteren Transformation der Gesellschaft in eine Versammlung von Kulturhorden.
Kampf den Problemdeutschen, ruft der zivilgesellschaftliche Staatsschutz aus, der gegen Rechts weder Privatsphäre noch Kindheit kennt. Mario Möller
Die Identitätspolitische Kulturrevolution ist der Versuch nicht nur des deutschen Kunstbetriebes, seine weißen Säcke zu entsorgen. Saul K. Takács und Philippe Witzmann knöpfen sich die Gattung engagierter zeitgenössischer Kunstschaffender vor.
Vollendete Abtreibung nennt Magnus Klaue, was Lebensschützer und Feministinnen eint. Seine Erinnerung daran, dass auch das ungeborene Leben schon Rechtssubjekt ist.
Die US-Demokraten bilden zusehends eine Antiamerikanische Linksfront gegen Donald Trump. Andrea Dielle und Daniel Laskell schildern diese Entwicklung.
Die Zeit der Erben oder Wolfgang Pohrt in den Händen seiner Verweser.
Ein Entgrenzter Wahn liegt der Abfassung des sogenannten Migrationspaktes zugrunde. Martin Stobbe mit seiner Analyse des Vertragswerks.
Im Heft-Archiv können weitere Titel und Texte eingesehen werden. Welche der Hefte noch bezogen werden können, ist dort ebenfalls ersichtlich.
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kunstplaza · 2 years ago
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korrektheiten · 3 years ago
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Das blanke Entsetzen: Kritische Anmerkungen zur „neuen Normalität“
Wochenblick: Zu dem blanken Entsetzen mit dem viele Menschen derzeit auf die Zustände und Lebensverhältnisse in Deutschland schauen, sollen einige Anmerkungen gemacht werden. Nicht nur die akademisch gebildete, bürgerliche Mitte fragt seit über einem Jahr nach plausiblen Erklärungen und Begründungen für Grundrechtseinschränkungen in nie dagewesenem Ausmaß und wird dafür von dem SPIEGEL, der FAZ und anderen […] Weiterlesen: Das blanke Entsetzen: Kritische Anmerkungen zur „neuen Normalität“ http://dlvr.it/S2rPF3
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derzaungast · 6 years ago
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Arbeit und Leben
Als Heranwachsender in einer aus der Arbeiterklasse in die bürgerliche obere Mittelschicht aufgestiegenen Familie konnte ich weder mit den Werten meiner Eltern etwas anfangen noch meinen Platz in der Gesellschaft sehen und finden, in der sie und alle anderen sich scheinbar so zuhause fühlten.
Ich durchlief die Schule, bestand mit sowenig Aufwand wie möglich das Abitur und begann - mangels anderer Ideen und unter Ausnutzung einer gewissen künstlerischen Begabung - ein Grafik-Studium, das ich ganze drei Semester durchhielt. Von da an reihte sich ein Gelegenheitsjob an den nächsten, darunter auch hochkarätige bzw. besser bezahlte, als ich einige Jahre für Versicherungskonzerne (u.a. in Portugal) tätig war. Im Grunde war aber mein ganzes Leben, und darin insbesondere die Gelderwerbstätigkeiten, nur die Kulisse meiner Selbstfindungsversuche. Es spielte keine Rolle, womit ich Geld verdiente, solange ich in meinem selbstgewählten Lebensumfeld, das der Alternativentwurf zur Monotonie der bürgerlichen Tristesse sein sollte, bleiben und meine Suche nach der Wahrheit des Ganzen fortsetzen konnte.
Für die kapitalistische Version der Normalität hegte ich schon immer tiefste Verachtung, aber auch die sozialistische Variante war mir wegen ihrer Spießigkeit und Beengtheit ein Graus, auch wenn ich für ihre sozialen Errungenschaften Respekt hatte. Ein Staat allerdings, in dem es keinen Raum für gute Musik, gute Drogen und die Erforschung des menschlichen Geistes gab, erschien mir nicht wünschenswert. Das galt zwar auch für die BRD, aber im sozialistischen Staatswesen im Osten vermutete ich noch weniger Verständnis für mein dringlichstes Anliegen: die radikale individuelle Freiheit zur Sinnsuche in alle Richtungen.
Als in den 1970er-Jahren im BRD-Kapitalismus sozialisierter Jugendlicher konnte ich also gar nicht anders, als in den 1980ern beim Guru in Indien bzw. In Oregon, USA, zu landen.
Die Suche schien erfüllt, der Sinn sich in realer Gestalt vor mir zu manifestieren und ich blieb diesem mystischen Ort - in Oregon, in Poona, in Wahrheit aber in mir selbst - bis in die 2000er-Jahre treu. In all der Zeit spielte die berufliche Tätigkeit eine völlig untergeordnete Rolle, nämlich die des Gelderwerbs für den höheren Zweck: der Reise nach Innen und zur Erfüllung meiner menschlichen Bestimmung, der Erleuchtung und des ewigen Glücks.
Es war mir im Grunde egal, womit ich Geld verdiente, Hauptsache es reichte irgendwie, um meinem eigentlichen Streben nachzugehen. Im selben Maße, wie der Job irrelevant war (von "Beruf" konnte und wollte ich nicht einmal sprechen; normale bürgerliche Erwerbsbiographien mit ihrem erbarmungswürdigen Stolz auf irgendwelche Ausbildungen und Karrieren erschienen mir lächerlich und unwesentlich im Vergleich zu den hohen und hehren Anliegen, denen ich mich verschrieben hatte!), war mir auch das Gefüge der äußeren Welt egal, die soziale Struktur der Klassengesellschaft, die Einteilung in Herrschende und Beherrschte, in arm und reich usw.
Mein Fokus war nahezu ausschließlich bei der INNEREN Wirklichkeit, alles Äußere reduzierte sich in meiner Wahrnehmung auf eine kontinuierliche Fata Morgana illusionärer Erscheinungen, die ernst zu nehmen nur weltliche Narren fertig brachten.
Das änderte sich erst mit dem Quereinstieg in ein Berufsfeld, das - wie sich herausstellte - sowohl meiner „sozialen Ader“ wie meinen künstlerischen Neigungen Raum zur Entfaltung bot: der sozialen Betreuung alter und dementiell veränderter Menschen. Zum ersten Mal spürte ich in ganz normaler (Lohn-)Arbeit einen Sinn. Erst durch diese konkrete Arbeit mit und für Menschen, die auf Hilfe durch Dritte angewiesen sind, öffnet sich für mich der Zugang zu der Realität der wirklichen sozialen - und damit menschlichen - Sphäre der bestehenden Gesellschaft. Damit natürlich auch der unmittelbare Einblick in diejenigen Bereiche der gesellschaftlichen Reproduktion, die sich dem unerbittlichen Gesetz der Verwertbarkeit weitgehend entziehen und vom bürgerlichen Staat als Kostgänger der Kapitalakkumulation durchgefüttert werden müssen.
Mit der Einbindung in ein Berufsfeld, das mir entspricht, in dem ich mich wohl fühle, und in dem ich die paar Fähigkeiten und Begabungen, die mir in die Wiege gelegt wurden - plus die, die ich mir angeeignet habe - nutzbringend für andere einsetzen kann, hat sich mein Blick auf das Verhältnis Individuum/Gesellschaft, Einzelner/Kollektiv gewandelt. Nicht in dem Sinne, das jetzt die Gesellschaft, das Kollektiv „wichtiger“ als der Einzelne geworden wäre, sondern dass endlich eine Balance eingetreten ist, eine Balance jedenfalls in meiner inneren Wahrnehmung.
Beide gehören zueinander. Sie sind komplementär, sie bedingen sich gegenseitig. Mir wurde die Täuschung klar, die darin liegt, die gesellschaftliche Wirklichkeit auszublenden zugunsten einer inneren Erforschung - die für ein menschliches Wesen wichtig und erforderlich ist, die aber nicht die Einbettung des Individuums in den sozialen Verbund ignorieren darf (was sie in meinem Fall mit Gewissheit tat). Auch das reflexionslose Mitmachen im sozialen Räderwerk einer gegebenen Gesellschaftsordnung gehört übrigens zu dieser einseitigen Ignoranz; das Individuum muss die Gesellschaft radikal in Frage stellen und die Gesellschaft muss dem Individuum insoweit Schranken setzen, als niemand sich auf Kosten anderer bereichern und, ja, „selbst verwirklichen“ kann.
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linkes-forum · 6 years ago
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8. Mai - Tag der Befreiung und Tag des Sieges über den Hitler-Faschismus
Für uns ist und bleibt der 8. Mai ein Tag der Befreiung und Tag des Sieges über den Faschismus. Heute mehr, denn je. Heute sind Angriffe auf Flüchtlinge in Deutschland so alltäglich, dass in den Medien nicht einmal mehr über jeden Fall berichtet wird. Es ist eine protofaschistische Normalität eingekehrt. Wenn wir die Antifaschisten, die im Kampf gegen die Armeen Hitlers, Mussolinis und Francos gefallen sind, ehren wollen, dann müssen wir diese Normalität bekämpfen.
Ein neuer Faschismus zieht überall in Europa auf. Er wird gezielt vom Kapital wieder aufgebaut, um die Reaktion auf die Krisen des Kapitalismus, den fortschrittlichen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, zu unterdrücken. Auch in Deutschland wächst der Widerstand, während neben der AfD noch viel üblere Banden mit Parteienstatus durch die Lande ziehen, wie zuletzt am 20. April (Hitlers Geburtstag) in Wuppertal „Die Rechte“ und am 1. Mai im sächsischen Plauen „Der III. Weg“. Dabei bewacht die Polizei die Faschistenaufmärsche und gewährleistet, dass diese Parteien an Wahlen teilnehmen dürfen – obwohl Artikel 139 des Grundgesetzes (GG) eindeutig klarstellt, dass faschistische Organisationen nicht legal sein dürfen, dass ihnen der Schutz des Grundgesetzes selbst nicht zusteht.
Die Reaktion der Bundesregierung auf den Unmut in der Bevölkerung ist die eines klassischen Unrechtsstaats: Geltendes Recht wird von der Polizei selbst gebrochen, Oppositionelle grundlos kriminalisiert, gegen linke und fortschrittliche Menschen wird mit Lügenkampagnen gehetzt.
Gleichzeitig werden neue Gesetze eingebracht, um die Polizei zu einen geeigneten Instrument der Unterdrückung zu machen. Mit „Präventiv-Haft“ – was nichts anderes bedeutet, als dass die Polizei Unschuldige ohne Anklage oder Richter für Wochen einsperren darf. In NRW kann seit letztem Jahr jedes Handy überwacht werden – egal, ob es irgendeinen Verdacht gegen den Besitzer gibt. Ausdrücklich ist es der Polizei nun auch erlaubt, jeden auf offener Straße anzuhalten und zu durchsuchen, so lange sie dafür nur einen Grund findet – und als Grund reicht nach § 12 des neuen Polizeigesetzes NRW schon ein ausländisches Aussehen.
Seit dem 2. Weltkrieg hat die deutsche Polizei solche Befugnisse nicht gehabt und heute hat sie dazu noch neue technische Möglichkeiten. Wunschträume für jeden Despoten kommen damit in greifbare Nähe. Und gegen Despoten muss man sich wehren.
Wir kämpfen für Gerechtigkeit und Gleichheit unter den Menschen und wollen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beenden. Dafür setzen uns die bürgerlichen Parteien heute mit den faschistischen Schlägerbanden, die durch Deutschlands Dörfer ziehen, gleich. Bekämpfen aber tun sie nur uns – das erleben wir selbst in Radevormwald und Wuppertal.
Menschen wie der deutsche Innenminister, die behaupten, den Faschismus zu verhindern, wenn sie selbst faschistische Forderungen nur laut genug bellen, sind die bürgerlichen Wegbereiter eines neuen Faschismus in Deutschland. Sie selbst sind es, die die bürgerliche Republik zu Fall bringen, und es waren die Geflüchteten in Ellwangen, die Recht und Freiheit im letzten Jahr verteidigten.
Der Tag der Befreiung soll uns mahnen, den Faschismus immer und überall zu bekämpfen und ist für uns ein Gedenktag: Wir denken heute auch an die Opfer, unter denen der zweite Weltkrieg gewonnen und der Hitlerfaschismus zerschlagen wurde. Der Roten Armee verdanken wir die Freiheit: Ca. 80% aller faschistischen Verluste gingen auf ihr Konto. Ohne die Rote Armee gäbe es keine Freiheit für Deutschland. Ihr gebührt unser Dank zuallererst.
Die Faschisten und ihre Handlanger in den bürgerlichen Parteien warnen wir: Ihr habt den letzten Krieg verloren und fangt ihr einen neuen an, dann werdet ihr auch den verlieren!
8. Mai – Tag der Befreiung und Tag des Sieges über den Hitler-Faschismus was originally published on LINKES FORUM
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miss-mesmerized · 6 years ago
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April ist erwachsen geworden, feiert Erfolge als Autorin. Als der Arzt Ludwig um sie wirbt, scheint das bürgerliche Leben greifbar. Die Normalität und Durchschnittlichkeit, die sie nie hatte und doch schon immer ersehnte, könnte plötzlich Realität werden. Doch das Idyll der Kleinfamilie trügt und bald schon findet sich April in einem Leben wieder, das sie nie wollte und eigentlich verachtet. Angelika Klüssendorfs Roman „Jahre später“ schließt die Trilogie um April ab, zeigt sie als Erwachsene, die immer noch auf der Suche nach ihren Träumen ist. Zwar ist die Handlung die logische Folge der Entwicklungen, die sich in den beiden Vorgängerromanen anbahnte, auch sprachlich passt der Schreibstil eindeutig zur Protagonistin, doch mir fehlte am Ende etwas. Ob die Nominierung auf der Longlist des Deutschen Buchpreises noch zu mehr führt, bleibt abzuwarten.
#angelikaklüssendorf #jahrespäter #april #rezension #deutscherbuchpreis #dbp2018
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universallycrownpirate · 7 years ago
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Baschar Hafiz al-Assad  * 11. September 1965 in Damaskus ist seit dem Jahr 2000 Generalsekretär der Baath-Partei und Staatspräsident Syriens. 
Baschar al-Assad in Russland (2015)
Er gehört der religiösen Minderheit der Alawitenan und regiert mit Hilfe der Staats- und Parteispitze diktatorisch.
Kurz nach dem Tod seines Vaters am 10. Juni 2000 wurde die Verfassung geändert und das Mindestalter für den Präsidenten von 40 auf 34 Jahre herabgesetzt, um Assads Nachfolge zu ermöglichen. Am 18. Juni wurde er von der Baath-Partei einstimmig zum Generalsekretär und Präsidentschaftskandidaten gewählt. Zugleich wurde er auch zum General befördert und zum Oberkommandierenden der syrischen Streitkräfte ernannt. Am 10. Juli 2000 wurde er durch ein Referendum mit 97,29 % der Stimmen zum Präsidenten gewählt und am 17. Juli vereidigt.
Im Dezember 2000 heiratete er seine langjährige Freundin Asma Fauaz al-Akhras (* 11. August 1975). Das Paar bekam drei Kinder, Hafiz (* 3. Dezember 2001), Zein (* 5. November 2003) und Karim (* 16. Dezember 2004). Trotz wiederkehrender Berichte über Eheprobleme scheint Asma insgesamt einen bedeutenden Einfluss auf ihren Ehemann entfaltet zu haben, ist aber offiziell nicht in den politischen Entscheidungsprozess eingebunden.
Mit Assads Machtübernahme waren sowohl in Syrien selbst als auch im westlichen Ausland Hoffnungen auf eine politische und wirtschaftliche Öffnung des Landes verknüpft. Diese schienen sich anfangs zu bestätigen. Für die syrischen Intellektuellen begann Anfang 2001 eine Zeit ungekannter Redefreiheit, die als Damaszener Frühling bekannt wurde. Die Forderungen nach demokratischen Reformen breiteten sich allerdings unerwartet schnell aus und nahmen rapide an Vehemenz zu, so dass auf den Damaszener Frühling der „Damaszener Winter“ im Januar 2002 folgte, während dessen die neuen Freiheiten größtenteils wieder eingeschränkt wurden. Eine größere Anzahl Intellektueller und parlamentarischer Hinterbänkler wurde nach Schauprozessen eingesperrt, was im syrischen Kontext sogar immer noch einen Fortschritt darstellte, da Kritiker zu Zeiten Hafiz al-Assads meist spurlos verschwunden waren. Sowohl in Syrien als auch bei westlichen Beobachtern herrschte anfangs die Deutung vor, dass Assad grundsätzlich reformwillig sei, aber von einer „alten Garde“ bestehend aus alten Kampfgefährten seines Vaters im Militär an einschneidenden Liberalisierungen gehindert worden sei. Mittlerweile sind sich Forscher und syrische Oppositionelle jedoch weitestgehend einig, dass die Entscheidung zur Rücknahme des Reformprozesses im Kern auf Assad selbst zurückgehe, der um die Stabilität des Regimes besorgt gewesen sei. Deutlich werde dies auch dadurch, dass Assad die Mitglieder der „alten Garde“ im Laufe der ersten fünf Jahre seiner Herrschaft effizient und nachhaltig aus ihren Positionen entfernt habe.
Fast gleichzeitig mit der Rücknahme bürgerlicher Freiheiten begann Assad, die bis dahin politisch kaum relevante Baath-Partei zu verjüngen und mit neuer Bedeutung zu versehen. Statt etwa eine echte zivilgesellschaftliche Debatte zuzulassen, sollten Anregungen und Kritik nun innerhalb der Partei erarbeitet und formuliert werden. Ein wichtiges Reservoir für junge Parteikader stellte und stellt dabei die Syrian Computer Society dar.
Nach Ende des Libanonkriegs 2006 sprach Assad in einer Rede am 15. August 2006 von einem „siegreichen Widerstand“ der Hisbollah im Libanon und bezeichnete Israel als einen „Feind“, mit dem es keinen Frieden gebe. Der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der im Nahost-Konflikt vermitteln wollte, sagte daraufhin kurzfristig einen Besuch in Syrien ab.
Am 27. Mai 2007 wurde Assad bei einem Referendum ohne Gegenkandidaten nach offiziellen Angaben mit 97,62 Prozent der abgegebenen Stimmen in seinem Amt bestätigt und damit für eine weitere siebenjährige Amtszeit gewählt.
Am 31. Januar 2011 äußerte sich Assad im Rahmen eines seiner seltenen Interviews mit westlichen Medien im Wall Street Journal zu den Protesten in Ägypten und forderte ein Umdenken unter den arabischen Machthabern hin zu mehr Liberalität. Er bekräftigte dabei schon früher vorgetragene Thesen von der Rückständigkeit Syriens bezüglich des zivilgesellschaftlichen Diskurses und verteidigte die Zurückhaltung seiner Regierung gegenüber vollen demokratischen Rechten für sein Volk. Gleichzeitig konstatierte er, dass ein Übergreifen des Arabischen Frühlings auf Syrien aufgrund der dort anders liegenden Verhältnisse unwahrscheinlich sei.
Nachdem Assad anfangs Recht zu behalten schien, griffen die Proteste ab Mitte März 2011 jedoch auf Syrien über und wurden von Sicherheitskräften mit zunehmender Gewalt beantwortet. Im Mai 2011 verhängte die EU-Kommission sowie die arabische Liga gegen Assad, seine Ehefrau Asma al-Assad und weitere Angehörige des Assad-Clans aufgrund des gewaltsamen Vorgehens gegen Zivilisten wirtschaftliche Sanktionen. Der UN-Sicherheitsrat verurteilte in einer Erklärung vom 3. August 2011 Menschenrechtsverletzungen und den Einsatz von Gewalt gegen Zivilisten. Im Dezember 2011 sah die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, Syrien an der Schwelle zum Bürgerkrieg. Bis Januar 2014 starben laut der UNO im Rahmen der Kämpfe über 100.000 Menschen, darunter nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen alleine bis Frühjahr 2012 mehr als 500 Kinder. Zudem werde laut Pillay eine „gewaltige Anzahl“ von Menschen in Lagern gefoltert und vergewaltigt. Sie empfahl daher, den Internationalen Strafgerichtshof anzurufen. Die Vereinten Nationen gaben das Zählen der Todesopfer im Januar 2014 auf.
Im Juli 2011 gaben Riad al-Asaad und andere ehemalige Offiziere der syrischen Armee die Gründung der Freien Syrischen Armee bekannt, die sich vor allem aus desertierten Soldaten zusammensetzt. Es kam zu zahlreichen Angriffen auf staatliche Sicherheitskräfte, die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watchberichtete zudem von Entführungen, Folter und Tötungen.
Am 9. August 2012 ernannte Assad den bisherigen Gesundheitsminister Wael al-Halki zum Regierungschef. Im Juni 2014 gewann Assad dann nach offiziellen Angaben mit 88,7 Prozent der Stimmen die Präsidentenwahl in Syrien. UN, EU und USA kritisierten die Wahl während des anhaltenden Bürgerkriegs und bezeichneten diese als „Farce“. Einige Staaten, darunter Deutschland und Frankreich, verboten es, in der syrischen Botschaft im jeweiligen Land an der Wahl teilzunehmen.
Nachdem die Niederlage der syrischen Regierung unter Assad zunächst von Beobachtern für unabwendbar gehalten worden war, stabilisierte sich das System mit fortschreitendem Kriegsverlauf und es gelang seinen Truppen im Dezember 2016, gestützt auf eine große Zahl iranischer Miliztruppen, die russische Luftwaffe und Kommandoeinheiten, mit der Rebellenhochburg Ost-Aleppo die bedeutendste Rebellenbasis zu erobern.
In einem Aufsatz bei Politico im Dezember 2016 zog der Analytiker Barak Barfi den Schluss, dass Assad zwar einen gnadenlosen Kampf gegen die Aufständischen geführt habe, der bis zu 430.000 Tote forderte, die halbe syrische Bevölkerung vertrieb und weite Teile der größeren Städte verwüstete, es ihm jedoch andererseits gelungen sei, die Unterstützung eines bedeutenden Teils seiner Bürger zu behalten, indem er es ihnen ermöglichte, einen kleinen Rest Normalität zu wahren. Zu dieser Fassade zählte er beispielsweise neben arbeitenden Behörden oder dem Überweisen von Gehältern an Staatsbedienstete in Rebellengebieten auch, dass Assad nie das Mobilfunknetz im Land abschalten ließ, obwohl es auch von seinen Gegnern benutzt wurde.
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paulinsches · 7 years ago
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Liebe konservativen Freunde
Ich weiß, dass einige von euch planen die AfD zu wählen. Ihr nehmt an, dass diese Partei eine konservative Alternative zur CDU ist. An dieser Stelle weise ich auf eine These im Wahl-o-Mat und einige Passagen im Wahlprogrammen der Partei hin: ich suchte nach den Wörtern „Gott“, „Christ“ und „Familie“.
Gottesbezug im Grundgesetz - im Wahl-o-Mat
Die Partei "AfD" stimmt der These "Der Gottesbezug im Grundgesetz soll bestehen bleiben." zu.
Begründung der Partei:
Zu dieser These hat die Partei keine Begründung vorgelegt.
Vergessen eine Begründung vorzulegen? Ich ziehe in Zweifel, dass die Partei konservativ ist, denn ... (Es folgen Auszüge aus dem Wahlprogramm)
KAPITEL 1 - Verteidigung der Demokratie in Deutschland
[...]
1.15 Bürgerlich-freiheitliche Rechtsordnung
Die Prinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz und der bürgerlichen Vertragsfreiheit gehören zu den großen zivilisatorischen Errungenschaften Europas. Während des weitaus größten Teils der Menschheitsgeschichte gehörte es zur unhinterfragten Normalität, dass Menschen durch Geburt oder Stand ungleich und in ihrer rechtlichen Selbstbestimmung beschränkt waren, bis hin zum Extrem der Rechtlosigkeit in Form von Leibeigenschaft oder Sklaverei. Erst die christliche und humanistische Kultur der europäischen Völker brachte die vorgenannten Prinzipien hervor und verwirklichte sie in einem jahrhundertelangen Prozess. In den letzten Jahrzehnten ist erschreckenderweise eine Abkehr von diesen europäischen Grundwerten zu verzeichnen. Diesem zivilisatorischen Rückschritt gilt es entgegenzutreten.
... es ist genau die christliche und humanistische Kultur, die von der AfD in Frage gestellt wird: Exakt das Merkmal der Geburt, dass in der Regel eben auch die Religionszugehörigkeit bestimmt, wird für die Qualifizierung von Menschen berücksichtigt. Die AfD geht hier beim Rückschritt voran. Toleranz, das ist offenbar eine Einbahnstraße. Letztendlich ist offener Rassismus die Motivation. Neoliberalismus spielt auch noch rein. Das gesamte Kapitel 6 dreht sich um die Ablehnung des Islam:
KAPITEL 6 - Der Islam im Konflikt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
[...] Minarett und Muezzin-Ruf stehen im Widerspruch zu einem toleranten Nebeneinander der Religionen, das die christlichen Kirchen, jüdischen Gemeinden und andere religiöse Gemeinschaften in der Moderne praktizieren. [...]
Während z.B. in Dänemark eine kirchliche Trauung anerkannt wird, ist dies in Deutschland nicht, oder eingeschränkt, der Fall. Sowohl für Christen, als auch für andere Glaubensgemeinschaften.
Die AfD verlangt, eine standesamtliche Eheschließung vor jeder religiösen Trauung rechtlich wieder für verbindlich zu erklären. Religiöse Trauungen können diese staatsrechtliche Voraussetzung zur Anerkennung einer Ehe nicht ersetzen. [...] Nur so können wir der Imam-Ehe entgegenwirken, die unter Umgehung der standesamtlichen Trauung und oftmals unter Zwang die Polygamie, Kinderehe und Verwandtenehe ermöglicht.
Dass eine Ehe vom Standesamt anerkannt werden muss, ist natürlich unabhängig von der Reihenfolge der Vorgänge.
Das Minarett lehnt die AfD als islamisches Herrschaftszeichen ebenso ab wie den Muezzin-Ruf, nach dem es außer dem islamischen Allah keinen Gott gibt. Es handelt sich hierbei um religiösen Imperialismus. [...]
Für alle die es nicht wissen: Juden, Christen und Muslime glauben an ein und den selben Gott. Die AfD definiert sich nicht über das Christentum, sondern über eine Feindschaft zum Islam.
Weiter: Die Familie ist für die AfD nichts schützenswertes. Die Familie ist Mittel und Zweck gegen eine „Schrumpfung der angestammten Bevölkerung“. Ganz in der Tradition der Nationalsozialisten:
KAPITEL 7: Willkommenskultur für Kinder: Familienförderung und Bevölkerungsentwicklung
Die dramatische Zunahme der Ehe- und Kinderlosigkeit und das Verschwinden normaler mittelgroßer Familien – von den etablierten Parteien längst als alternativlos hingenommen – sorgen für eine Schrumpfung unserer angestammten Bevölkerung um mehr als 250.000 Personen pro Jahr, mit stark steigender Tendenz. Die AfD stemmt sich gegen diesen Trend zur Selbstabschaffung und will Deutschlands Gesellschaft von Grund auf familien- und kinderfreundlicher gestalten. [...] Deutschland braucht einen Paradigmenwechsel hin zueiner nationalen Bevölkerungspolitik. [...]
7.1 Deutschland nicht abschaffen
Der Erhalt des eigenen Staatsvolks ist vorrangige Aufgabe der Politik und jeder Regierung. [...]
Ich nehme somit an, dass die AfD inzwischen schlicht eine rechtsradikale Partei ist. Da hilft auch kein konservatives Mäntelchen mehr.
7.2 Ehe und Familie stärken
Die AfD will das vom Grundgesetz geschützte und bewährte Leitbild der Ehe und traditionellen Familie mit Kindern bewahren und stärken.
Durch Aufklärung und Hilfen wollen wir junge Menschen ermutigen und in die Lage versetzen, eine Familie zu gründen und zu erhalten. Wir wollen unnötige Hemmnisse beseitigen, damit stabile Ehen und Familien entstehen und bestehen bleiben. Hiermit wollen wir schon früh beginnen, indem anerkannte Regeln zu Partnerschaft und Familie, Haushaltsführung, Lebensschutz und Kindererziehung in Lehrplänen und Schulbüchern aller allgemeinbildenden Schulen wieder fester Bestandteil werden. [...]
Konservativ finde ich prima. Heimlich rechtsradikal, finde ich schlimm.
KAPITEL 9 - Kultur und Medien
9.1 Deutsche Leitkultur statt „Multikulturalismus“
Die AfD bekennt sich zur deutschen Leitkultur. Diese fußt auf den Werten des Christentums, der Antike, des Humanismus und der Aufklärung.
Die AfD bekennt sich weder zum Christentum, noch zum Humanismus, noch zur Aufklärung. Die AfD will nur eure Stimme erschleichen!
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superqueerleben-gedacht · 7 years ago
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"Beißreflexe": Polemische Abrechnung mit dem Queerfeminismus ( geht in die nächste Runde)
Der Sammelband voller Kritik an queeren AktivistInnen schlägt hohe Wellen – und ruft Judith Butler wie auch Alice Schwarzer auf den Plan
Rufmord und Mobbing, Sprachpolizei und autoritäre AktivistInnen mit Allmachtsfantasien: Es ist ein schauerliches Bild, das in "Beißreflexe" vom queerem Aktivismus in Deutschland gezeichnet wird. Herausgeberin Patsy l’Amour laLove, Geschlechterforscherin und selbsternannte Polittunte, hat für den im März erschienenen Sammelband 27 Beiträge zusammengetragen, die sich überschwänglich der Kritik am deutschsprachigen Queer Feminismus widmen.
Queer, schreibt die Berliner Forscherin im Vorwort, sei nicht mehr die Kritik an der heterosexuellen Normalität, sondern nur noch ein Aktivismus, "in dem sich autoritäre Sehnsüchte durch Sprech-, Denk- oder Bekleidungsverbote ausdrücken" würden. Statt emanzipatorischer Bestrebungen Liebe zum Islam und Hass auf Israel, Hass auf bürgerliche Schwule und auf Weiße mit Dreadlocks. Illustriert wird dieser Befund mit Nacherzählungen von Konferenzen und linken Partys, von queeren Interventionen in der LGBT-Szene und Texten feministischer Wissenschaftlerinnen, die die Burka feiern oder das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung verhöhnen würden. Mit deftigen Vokabeln wird dabei nicht gespart: Von Hexenjagd und Schwulenhatz ist da zu lesen, selbst der buchstäbliche Wahnsinn wird den ungeliebten AktivistInnen unterstellt. Auf Differenzierung legen die AutorInnen hingegen wenig Wert: All das verschmilzt zu dem Queer Aktivismus, zum Feindbild par excellence. Dennoch – oder gerade deshalb: Die Resonanz auf den im kleinen Querverlag erschienenen Band ist enorm: laLove und andere AutorInnen touren seit Monaten durch Buchläden und linke Szeneorte, in Wien lud die Buchhandlung für Schwule und Lesben, Löwenherz, im Rahmen der Vienna Pride zum Gespräch.
Breite mediale Debatte
"'Beißreflexe' hat einen Nerv getroffen. Es kommt zum richtigen Zeitpunkt, aber es ist nicht das richtige Buch", sagt Floris Biskamp, Soziologe und Politikwissenschaftler an der Universität Kassel. "Im Band werden Randphänomene aufgebauscht und als repräsentativ für Queer Feminismus oder die deutschen Geistes- und Sozialwissenschaften dargestellt. Manche Beiträge sind außerdem schlichtweg bösartig", sagt der Wissenschaftler im Gespräch mit dem STANDARD. Zur Popularität des Buchs trug zuletzt auch die "Emma" bei. "Uni: Denkverbote & Psychoterror: Was ist los?", titelte das feministische Magazin und schloss nahtlos an die Berichterstattung über "Hetzfemini¬stinnen" an, die im Netz ihr Unwesen treiben würden und von denen sich Alice Schwarzer persönlich verfolgt sieht.
Vojin Saša Vukadinović, "Beißreflexe"-Autor, Historiker und ehemaliger Student der Gender-Studies, lieferte in der "Emma" eine Generalabrechnung mit der jungen Disziplin, die er zum "akademischen Sargnagel der Frauenemanzipation" erklärt. Wissenschaftlerinnen würden mit unverständlichen Begriffen arbeiten und kulturrelativi¬stisch agieren, Promovierende statt Gefängnisse und Frauenhäuser ihre Lieblingsserien beforschen, so die polemische Analyse des Autors. Aufgrund direkter Angriffe auf die deutsche Soziologin Sabine Hark und die US-amerikanische Philosophin Judith Butler – vor allem in Europa akademischer Superstar der Gender- und Queer-Studies – fühlten sich die beiden renommierten Wissenschaftlerinnen zu einer Antwort in der "Zeit" bemüßigt und reagierten auf die "Verleumdung". Auf der Website des deutschen "Missy Magazine", dessen Redakteurin Hengameh Yaghoobifarah im "Beißreflexe"-Buch als eine Art Anführerin des deutschsprachigen Queer Feminismus auftaucht, veröffentlichte wiederum Soziologin Paula-Irene Villa einen Text, in dem sie Absatz für Absatz auf die von Vukadinović formulierten Argumente eingeht. "Forschungsarbeiten über Lieblingsserien schaffen Wissen. Und das ist die Funktion von Wissenschaft", antwortet Villa da trocken.
Mehr zum Buch , den ganzen Artikel und weitere Queeren – Streitbaren Themen wenn du dem Link folgst,
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superqueerleben-gedacht · 7 years ago
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Nackt-Zensur beim CSD? Mehr Perversion für alle! Oder Entwickelt sich der CSD zur Spießer Parade?
Beim diesjährigen Stuttgarter CSD-Umzug soll eine Jury darüber wachen, daß die Teilnehmer nicht allzu freizügig unterwegs sind. Völlig falsch, findet Tobias Herzberg. Denn maximale Auffälligkeit zu erzeugen für jene Lebensweisen, die nicht dem Mainstream entsprechen, war schließlich einmal genau das Ziel der CSD - Proteste Wenn morgen die Parade zum Christopher Street Day durch die Stuttgarter Innenstadt zieht, wird erstmals eine sogenannte "Paradejury" darüber wachen, dass die Demonstrierenden nicht zu viel nackte Haut zeigen.
Die Jury soll den "politischen Charakter" der Demonstration im Blick behalten, so heißt es auf der Website der Veranstalter. Und weiter ist dort zu lesen: "Auffälligkeiten werden dokumentiert und an den CSD-Verein übermittelt." Wer zu sehr auffällt, riskiert, im nächsten Jahr nicht mitlaufen zu dürfen.
Queere Selbstzensur ist neu
In der queeren Szene ist eine solche Form der Selbstzensur neu. Bloß nicht auffallen, "normal" sein wollen – das waren nicht die Motive der Befreiungsbewegungen von Lesben, Schwulen, von Trans- und Intersexuellen in den letzten 40 Jahren. Offenbar will man in Stuttgart nach der Bundestagsentscheidung über die „ Ehe für alle“ jetzt bloß nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.
"Endlich", so die Einstellung vieler bürgerlich orientierter Schwuler und Lesben, "können auch wir unter die Haube – und die Mehrheit hat gezeigt, dass sie vor uns keine Angst mehr hat. Lasst uns nun allen demonstrieren, wie normal und vernünftig wir sind, bevor der Wind sich wieder dreht."
Klar, dass diese Sehnsucht nach Normalität und Anerkennung von all jenen gestört wird, die noch nie normal sein wollten: von all jenen Polygamistinnen, SM-Freaks und Lederlesben, die ihre Lebensweise hier feiern wollen. Alle Kerle, Tunten, Femmes und Butches, die ihre nackten Ärsche, Brüste und gepiercten Nippel zeigen wollen, haben jedes recht der Welt, dies beim CSD zu tun!
Ziel: Sichtbarmachung anderer Lebensrealitäten
Maximale Auffälligkeit zu erzeugen für jene Lebensweisen, die nicht dem Mainstream entsprechen, war schließlich einmal genau das Ziel der ersten Proteste, die 1969 in der New Yorker Christopher Street begannen. Und darum geht es bis heute bei den Paraden rund um den Globus: um die Sichtbarmachung anderer Lebensrealitäten. Dass ein solch schamloses Zurschaustellen fröhlich gelebter Perversionen die Stuttgarter Schaulustigen am Rande der Parade verstören könnte, gehört dazu. Denn der "politische Charakter" der Parade, um den das Organisation¬steam offenbar derart besorgt ist, dass es in vorauseilendem Gehorsam eine An¬standsjury eingesetzt hat, zeigt sich unter anderem genau darin, dass hier die Moralvorstellungen unserer Gesellschaft herausgefordert werden und werden sollen.
Und wahrscheinlich findet der eine oder die andere Schaulustige genau durch die Nackten und Perversen Zugang zu seinem oder ihrem eigenen Begehren, zur eigenen Sexualität.
Minderheitenrechte sind kein Nischenthema!!!
Denn ganzen Artikel und mehr Queer - Impulse, wenn Du dem Link folgst,
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