#TanteKarla
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Abschied, Trauer und ein Geschenk
Ich kannte Tante Karla nicht wirklich. Dennoch habe ich sie in mein Herz geschlossen. Keine Ahnung, wie oft wir uns gesehen haben. Es waren immer Familienfeiern, bei denen ich das Vergnügen hatte, auf Tante Karla zu treffen. Bei unserer allerletzten Begegnung - der Trauerfeier für Tante Karla, konnte ich Abschied nehmen. Und obwohl ich Tante Karla nicht wirklich kannte, konnte ich von ihr etwas für mein eigenes Leben mitnehmen.
Abschied, Trauer und ein Geschenk Das erste Mal lernte ich Tante Karla zum Geburtstag meines Schwiegervaters kennen. Die ältere, weisshaarige und gut gekleidete Frau fiel mir gleich auf. Es ist in unseren Zeiten selten geworden, dass man sich schick anzieht. Schlabberlook und Freizeit-Outfit ist in. In ein Theaterstück oder zum Essen geht man in Jeans oder sogar in Jogginghosen. Die Zeiten haben sich geändert. Bei Tante Karla war das anders. Wenn ich sie bei Familienfeiern traf, war sie immer adrett vom Scheitel bis zur Sohle. Auch als wir sie auf der Straße beim Einkaufen trafen. Zu ihrem guten Aussehen kamen noch das höfliche Auftreten und das gute Benehmen hinzu. Es machte mir Spass, mich mit ihr zu unterhalten. Umso mehr ehrte es mich, dass ich die Gelegenheit hatte, mich von ihr auf ihrer Trauerfeier zu verabschieden. Gerade aktuell in Coronazeiten ist das nicht gerade einfach. Bei der Trauerfeier erfuhr ich auch so einiges aus ihrem Leben. Und auch wenn Tante Karla kein direktes Mitglied meiner Familie war, sie hinterlässt bei ihrem Abschied nicht nur Trauer, sondern auch ein Geschenk. Tante Karla gehört zu meiner Familiengeschichte einfach dazu. Wer war Tante Karla? 1930 wurde Karla geboren, als jüngstes von mehreren Kindern. Ein paar Jahre drauf begann der Krieg und schliesslich fielen dann auch die ersten Bomben. Karla reiste über die Kinderlandverschickung nach Österreich. Während sie dort weilte, kamen ihre Eltern bei einem Bombenangriff auf Bremen um das Leben. Karla wurde Waise und hatte nur noch ihre Geschwister. Sie kam zu Pflegeeltern auf einen Hof in die Nähe von Magdeburg. Nach Kriegsende wurde sie vom Vater meines Schwiegervaters nach Bremen zurückgeholt. In der Wohnung, ein Zimmer von 20 m², bei den Eltern meines heutigen Schwiegervaters, konnte sie kurz nach dem Krieg leben und kümmerte sich um den damaligen Jungen und seine Schwester. Später erhielt sie eine Stelle als Sekretärin bei Siemens, lernte ihre grosse Liebe kennen und heiratete. Jahre des Glücks folgten, ein Kind wurde geboren, später folgten die Enkel. Bis in das hohe Alter von 91 Jahren liess sich Karla ihren Lebensmut nicht nehmen. Sie musste kämpfen, vor allem in ihren Jugend. Aber auch danach war ihr Leben nicht einfach. Wessen Leben ist denn eigentlich einfach? Dennoch - den Kopf in den Sand stecken - das war Karla nicht. Unweigerliches nahm sie hin und machte das Beste daraus. Die schönen Zeiten des Lebens kostete sie aus. Anhand vieler Fotos konnte man das schon alles nachvollziehen. Diese Haltung finde ich bewundernswert. Vielleicht, weil mich Tante Karla an meine Oma erinnert? Meine Oma wurde 1912 geboren. Auch damals waren die Zeiten nicht einfach. Das sind sie heute auch nicht. Aber wir leben heute in Frieden und im Luxus. Wir müssen nicht hungern, wir machen es freiwillig und nennen es Diät. Fast alles, was wir brauchen und auch nicht brauchen, können wir uns kaufen. Wir haben soviel zu tun, dass wir oftmals nur einen Mangel an Zeit verspüren.
Was behalte ich von Tante Karla? Der Abschied von Tante Karla und auch der Blick auf meine eigenen engeren und weiteren Ahnen machen mir es wieder einmal deutlich: Junge, leb dein Leben! Glaub an dich! Was brauche ich denn wirklich in meinem Leben? Welche Dinge besorge ich mir, damit ich Spass und Freude daran habe? In meinen Alter muss ich niemanden mehr etwas beweisen. Allerhöchsten mir! Wenn jemand eine andere Meinung hat, soll er doch! Ich möchte einfach so leben, dass ich glücklich bin! Und dazu gehören für mich neben dem respektvollen Umgang miteinander auch gutes Benehmen, gute Manieren und ein adrettes Äusseres dazu. Für Negatives habe ich keine Zeit in meinem Leben. Tante Karla hat mir gezeigt, dass gutes Benehmen, Höflichkeit und gutes Aussehen keine Relikte vergangener Zeiten sind. Ich werde dieses Verhalten weiter pflegen! Unabhängig von den sich verändernden Zeiten. Hinweis: Aus Gründen zeige ich aktuell hier kein Foto von Tante Karla. Read the full article
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