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kunsthallebremen · 4 years ago
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Vitamin B im Kunstbetrieb: Chagall, Nay, Miró und mehr für die Kunsthalle
Der Kauf einer Zeichnung durch den damaligen Direktor Günter Busch begründete eine langjährige Geschäftsbeziehung mit dem Bremer Galeristen Michael Hertz. Dieser Beziehung verdankt die Kunsthalle neben dem großen Picasso-Bestand auch Werke anderer Künstler*innen wie Paula Modersohn-Becker oder Alberto Giacometti. Eine Ausstellung im Kupferstichkabinett stellt ab November diese Beziehung und ihren Einfluss auf die Sammlung in den Fokus.
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Den Bremer Galeristen Michael Hertz (1912 – 1988, Bremen) und den Kunsthallendirektor Günter Busch verband eine langjährige Zusammenarbeit, die für beide Seiten vorteilhaft war. Die Kunsthalle profitierte in der Geschäftsbeziehung beim Kauf von Kunstwerken von vergleichsweise niedrigen Preisen. Gerade Werke von Picasso, dessen grafisches Werk Hertz in Deutschland exklusiv vertrieb, wurden in seiner Galerie und auf dem Kunstmarkt teilweise für das Doppelte von dem gehandelt, was die Kunsthalle bei ihm bezahlte.[1] Busch revanchierte sich beispielsweise durch eine lobende Eröffnungsrede der neuen Galerie Hertz 1962. Begleitend zur Eröffnung der Galerie fand zudem im Kupferstichkabinett eine Ausstellung der Verlagsgrafiken von Hertz statt.[2] Auch von ihm organisierte Ausstellungstourneen „seiner“ Künstler machten häufig in der Kunsthalle Halt, so zum Beispiel 1960 die Ausstellung Hans Uhlmanns, von dem vier Werke in die Sammlung eingingen. Hertz fühlte sich dem Museum seiner Heimatstadt sehr verbunden, was unter anderem dadurch deutlich wird, dass er Günter Busch in seinen Memoiren stets „meinen Museumsdirektor“ nennt.[3] Trafen neue Werke in der Galerie Hertz ein, bekam Busch sie oftmals als erstes zu sehen und konnte ein Kaufinteresse bekunden.
Begonnen hatte die Zusammenarbeit 1947 mit dem Ankauf einer Zeichnung von Paula Modersohn-Becker. Diesem Ankauf folgten Werke von Emil Nolde, Otto Dix und Ernst Wilhelm Nay. 1949 gingen einige Lithografien Käthe Kollwitz‘ in die Sammlung ein, darunter ein Selbstbildnis, bevor die Kunsthalle 1951 die Folge „Tod“ erwarb. Im selben Jahr verlegte Hertz eine von Nay in Worpswede gefertigte Serie von Farblithografien, von der sich ein Exemplar in der Kunsthalle befindet.[4] Neben weiteren grafischen Werken Nays vermittelte Hertz das Gemälde „Helion“ (1957), ebenso wie das „Lofotenbild“ (1937) an die Kunsthalle.[5]
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Von Hertz erwarb die Kunsthalle auch druckgrafische Werke von Künstlern, die vor allem als Bildhauer bekannt sind. So fand 1958 eine großformatige Lithografie Alberto Giacomettis Eingang in die Sammlung. Hertz begegnete seinen Zeichnungen und Druckgrafiken Mitte der 1950er in der Galerie Maeght in Paris. Die Handschrift seiner Arbeiten war laut Hertz „von stupender Einheitlichkeit“. Während Hertz einige der Zeichnungen äußerst günstig erstehen und in Deutschland schnell wieder weiterverkaufen konnte, scheiterte er 1955 mit einer Ausstellungstournee Giacomettis vollkommen. Keines der ausgestellten Werke wurde verkauft. Erst in den 1960ern gewann Giacometti an Bekanntheit und Beliebtheit. Die Kunsthalle kaufte 1962 und 1971 jeweils ein von ihm illustriertes Buch.
Hertz sah Giacometti als einen „fanatischen Arbeiter“ und „sehr große[n] Künstler“, obwohl sich Hertz dies bei persönlichen Begegnungen immer wieder vergegenwärtigen musste. Giacometti entsprach mit seinen zerzausten Haaren und den „zerschlissenen Klamotten“ nicht Hertz‘ Vorstellung eines Künstlers. Auch Joan Miró wirkte für ihn weniger wie ein Künstler als ein Bankangestellter. Zu dem spanischen Künstler schien Hertz keinen rechten Zugang zu finden, lediglich seine „hinreißende Druckgrafik zwischen 1948 und 1958“ begeisterte ihn. Über diese Schaffensphase schreibt er in seinen Memoiren: „Während dieser zehn Jahre hatte Picasso in der Druckgrafik rangmäßig nur diesen einen Rivalen: Miró“. Die Kunsthalle erwarb in den 1950ern neben einigen Farblithografien und Radierungen auch das schwarz-weiße Mappenwerk „13 lithographies“ (1948) bei Hertz.
Insgesamt gelangten über Hertz, Picasso ausgenommen, 147 Werke von 40 Künstler*innen in die Sammlung der Kunsthalle. Neben den bereits genannten Künstler*innen zählen dazu unter anderem Max Ernst, Fernand Léger, Georges Braque und Marc Chagall. Eine Auswahl dieser Werke ist vom 21. November 2020 bis zum 21. März 2021 (Eröffnung verschoben) in der Ausstellung „Hertzstücke. Von Kollwitz bis Miró“ im Kupferstichkabinett in der Kunsthalle Bremen zu sehen.
 Abbildungen:
1) Ernst Wilhelm Nay, Oberon, 1949, Lithographie, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen © Elisabeth Nay-Scheibler, Köln / VG Bild-Kunst, Bonn 2020
2) Paula Modersohn-Becker, Alte Frau von vorn, im Garten sitzend, 1907, Kohlezeichnung, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen
Quelle:
[1] Husemann, Manuela/Nierhoff-Wielk: „Käuferland“ Deutschland – Picasso-Erwerbungen deutscher Museen in den 1950er- und 1960er-Jahren in: Ausst.-Kat. Bremen 2020, S.50.
[2] Hohenfeld 2020, S.23.
[3] Hertz: Kunsthändlerjahre.
[4] Davon berichtet Hertz in seinen Memoiren „Kunsthändlerjahre“, die er von 1977 bis 1980 niederschrieb, sie wurden bisher nur in Auszügen veröffentlicht.
[5] Hohenfeld, Kai: Jenseits von Picasso – Der Bremer Kunsthändler Michael Hertz und sein Wirken für deutschsprachige Künstler von Ernst Wilhelm Nay bis Bernhard Heisig in: Husemann, Manuela/Nierhoff-Wielk, Barbara: „Die Picasso-Connection. Der Künstler und sein Bremer Galerist“, Ausst.-Kat. Bremen 2020, S. 22/23.
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kunsthallebremen · 4 years ago
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Die Bremer Picasso-Connection: Pablo Picasso, Michael Hertz und Günter Busch
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Mit der Exklusivvertretung für das grafische Werk Picassos in Deutschland war der Bremer Galerist Hertz ein wichtiger Handelspartner. Dank dieser Verbindung besitzt die Kunsthalle Bremen heute eine der größten Sammlungen von Picasso-Grafik in Deutschland. Ab dem 21. November 2020 stellt eine Ausstellung diese Geschäftsbeziehung und ihren Einfluss auf die Sammlung in den Fokus.
Die Wenigsten wissen, dass ein Bremer mit dafür verantwortlich ist, dass sich Picasso-Graphiken in deutschen Museen befinden. Der damalige Kunsthallen Direktor Günter Busch kannte und schätze die Geschäftstüchtigkeit des Kunsthändlers: „Sie sind gelaufen und haben geschleppt. Ich sehe Sie lebendig vor mir, mit der großen Mappe oder mit großen Mappen unter dem Arm Ihren Kunden […] auf die Bude rücken!“[1] Mit diesen Worten beschreibt Busch Hertz in einer Rede zu dessen 65. Geburtstag.
Tatsächlich reiste Hertz zu Beginn seiner Kunsthändler-Laufbahn mit Koffern und Mappen beladen durch Deutschland, um seine Bilder zu verkaufen. Denn anfangs verfügte er über keine eigenen Ausstellungsräume. Zudem organisierte er Ausstellungstourneen der von ihm vertretenen Künstler, die sowohl in Galerien als auch in Museen gezeigt wurden. Erst 1955 eröffnete er in der Schwachhauser Heerstraße 47 in Bremen seine eigenen Räumlichkeiten. 1962 bezog er dann weiträumige Galerieräume in der Richard-Wagner-Straße 22.
Hertz war auf die klassische Moderne vom Kubismus über den Surrealismus bis zur Nachkriegs-Abstraktion spezialisiert und handelte sowohl mit Malerei und Grafik als auch mit Skulpturen. Über die Jahre hinweg entwickelte er ein einzigartiges Netzwerk aus Kunsthändlern und Museumsdirektoren, das maßgeblich zu seinem Erfolg beitrug.[2] Vor allem nach Paris pflegte er gute Kontakte, besonders wichtig war der Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler. Ihn lernte Hertz im Sommer 1949 kennen. Hertz hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen guten Ruf als Grafikhändler und Verleger erarbeitet. Beide teilten eine besondere Würdigung der Druckgrafik. Ab 1951 erhielt Hertz von Kahnweiler die Exklusivvertretung für Picassos druckgrafisches Oeuvre im deutschsprachigen Raum. Somit konnte er „das klassische Land der Graphikliebhaber, -kenner und -käufer“[3] für Picasso erschließen.
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Besonders wichtig waren für Hertz hierbei die Verkäufe an Museen und die damit einhergehende Steigerung des Künstleransehens. Ein solcher Verkauf hatte für Hertz immer Vorrang, auch wenn er von einem Privatsammler mehr Geld hätte verlangen können.[4] Mit dieser Einstellung traf er auf Busch, der ein zeitgenössisch ausgerichtetes Sammlungsprofil verfolgte. Bereits 1953 gelang mit „Frauenkopf“ (1949) einer der ersten musealen Ankäufe eines Picasso-Gemäldes nach dem Zweiten Weltkrieg. 1955 folgte „Sylvette“ (1954). Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits knapp 30 Grafikblätter über Hertz an die Kunsthalle gegangen.
Insgesamt kaufte die Kunsthalle Bremen bei Hertz drei Gemälde, eine Zeichnung, 145 Grafiken und vier illustrierte Bücher und Mappenwerke. Neben den bereits genannten Gemälden bilden vor allem die späteren Linolschnitte hinsichtlich ihrer Qualität und Anzahl einen wichtigen Sammlungsteil.[5] Hertz sah in diesen Arbeiten, die ab Mitte der 1950er entstanden, neue Möglichkeiten für den deutschen Markt. Mit den Linolschnitten konnte für verhältnismäßig wenig Geld ein großer, farbiger Picasso gekauft werden. Die Kunsthalle erwarb 1960 über Hertz 44 Linolschnitte, die 1959/60 entstanden sind. Während ein Großteil dieser Bilder in Beige- und Brauntönen gehalten ist, sind einige von leuchtender Farbigkeit. Teilweise nutzte Picasso Druckvorlagen mehrfach, um sie in unterschiedlichen Farben zu drucken. Das Motiv der Pika, der Lanze, führte er zunächst in starkem Gelb und Rot in „Die Lanze (rot und gelb)“ (1959) aus. Ein paar Monate später wurde es in beige, braun und schwarz Teil einer Gruppe von gleichfarbigen Werken, die um das Thema Stierkampf kreist.  
Die Zusammenarbeit mit Hertz und die fokussierte Sammlungspolitik Buschs sorgten dafür, dass die Kunsthalle heute mit insgesamt 618 Arbeiten eine der größten Sammlungen von Picasso-Grafik in Deutschland besitzt. Die Werke veranschaulichen die Vielfalt der Techniken und Motive, die Experimentierfreude Picassos und die stilistischen Entwicklungen über sein gesamtes grafisches Schaffen hinweg. Vom 21. November 2020 bis zum 21. März 2021 sind rund 250 Werke in der Ausstellung „Die Picasso-Connection. Der Künstler und sein Bremer Galerist“ in der Kunsthalle Bremen zu sehen.
Abbildungen:
1) Michael Hertz am Schreibtisch, Bremen, Mai/Juni 1955, ZADIK – Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung, Köln, Bestand A13/Galerie Michael Hertz, Bremen, Foto: Rudolph Stickelmann, Bremen (Staatsarchiv Bremen)
2) Pablo Picasso, Die Lanze (rot und gelb), 1959, Farblinolschnitt, Kunsthalle Bremen – Der Kunstverein in Bremen, © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2020
Quellen:
[1] So zitiert Hertz Busch in seinen Memoiren „Kunsthändlerjahre“ (1977-1980), die bisher nur in Auszügen veröffentlicht wurden, z.B. ZADIK (Hrsg.): sediment. Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, Heft 2, Bonn 1997, S.64. Das Picasso-Kapitel ist im Katalog der Ausstellung „Die Picasso-Connection. Der Künstler und sein Bremer Galerist“ erstmals vollständig abgedruckt.
[2] Hohenfeld, Kai: Jenseits von Picasso – Der Bremer Kunsthändler Michael Hertz und sein Wirken für deutschsprachige Künstler von Ernst Wilhelm Nay bis Bernhard Heisig in: Husemann, Manuela/Nierhoff-Wielk, Barbara: „Die Picasso-Connection. Der Künstler und sein Bremer Galerist“, Ausst.-Kat. Bremen 2020, S. 21.
[3] Hertz, Michael: „Kunsthändlerjahre“, 1977-1980.
[4] Husemann, Manuela: Hertz für Picasso – Der Bremer Galerist und der Künstler in: Ausst.-Kat. Bremen 2020, S. 15.
[5] Nierhoff-Wielk, Barbara: „Alle irgendwie seiner Schöpferkraft verpflichtet“ – Picasso im Kupferstichkabinett der Kunsthalle Bremen in: Ausst.-Kat. Bremen 2020, S. 92.
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