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#Holzwertanleihe
nonvaleurs · 2 years
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Stadt Marburg: Wertbeständige Holz-Anleihe von 1923/24
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Städte nach kreativen Lösungen zur Beschaffung von wertbeständigem Kapital zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“. So brachte die Stadt Marburg im Oktober 1923 eine wertbeständige Holzwertanleihe in den Umlauf.
Die Stadt Marburg an der Lahn in der Provinz Hessen- Nassau, im preußischen Regierungsbezirk Kassel, emittierte am 10. Oktober 1923 eine 5%ige wertbeständige Holz- Anleihe mit einem genehmigten Volumen im Geldwert von 3.000 Festmeter (fm) Derbholz.
Derbholz ist die oberirdische Holzmasse ab 7 cm Durchmesser mit Rinde, mit Ausnahme des bei der Fällung am Stock verbleibenden Schaftholzes. Der Festmeter (fm) ist ein Raummaß für Rundholz, also in aller Regel nicht weiter verarbeiteter Stammstücke gefällter Bäume. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter (m³) fester Holzmasse. Für eine annähernd präzise Berechnung muss jeder einzelne Stamm bzw. jedes Stammstück vermessen werden. Während der Festmeter auf Basis einzelner Stammstücke bestimmt wird, entspricht ein Raummeter einem Würfel von einem Meter Kantenlänge, also einem Rauminhalt von einem Kubikmeter, parallel geschichteter Holzstücke, einschließlich der Zwischenräume in der Schichtung. In der holzwirtschaftlichen Praxis war seinerzeit der „Festmeter“ als Raummaß allgemein üblich.
Zweck der Anleihe der Stadt Marburg war die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen.  Die 3.500 ausgegebenen Inhaber- Anleihestücke wurden  als Teilschuldverschreibungen über den Geldwert von ¼ fm (2.000 Stücke/ # 1 bis 2000), ½ fm (1.000 Stücke/ # 2001 bis 3000) und 1 fm (500 Stücke/ # 3001 bis 3500) Derbholz ausgefertigt.
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Stadt Marburg an der Lahn, 5%ige wertbeständige Holz-Anleihe von 1923/24, Teilschuldverschreibung Nummer 1140 über einen halben Festmeter Derbholz aus den Marburger städtischen Waldungen, ausgestellt in Marburg am 10. Oktober 1923.
Die erforderlichen Erlasse der preußischen Ministerien der Finanzen und des Inneren zur Genehmigung dieser Anleihe erfolgten am 23. September 1923. Die Anleihe war gesichert durch das gesamte Vermögen und die Steuerkraft der Stadt Marburg, sowie den jährlichen Holzeinschlag von 860 Festmetern eigener rund 226 Hektar großer Waldungen.
Die auf den 10. Oktober 1923 datierten Teilschuldverschreibungen waren mit 5% verzinslich und mit 39 halbjährlichen Zinskupons ausgestattet. Zinstermine waren der 1.3. und 1.9. eines jeden Jahres, erstmalig der 1. März 1924. Die Zins- und Tilgungszahlungen erfolgten zu demjenigen Geldbetrag in deutscher Reichswährung nach dem durchschnittlichen Holzpreis für den Festmeter Derbholz, der sich aus den jeweils öffentlichen Versteigerungen der Stadt Marburg in der Zeit vom 1. August bis 31. Januar bzw. in der Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli nach der Bescheinigung des aufsichtsführenden Oberförsters ergab. Zahlstellen waren über ein Dutzend deutscher Banken sowie lokal die Marburger Privatbank vorm. Wilhelm Berdux und das Bankhaus B. Strauß in Marburg. Die Tilgung sollte ab 1924 planmäßig mit jährlich 3½ % des Anleihebetrags zum Nennwert durch Auslosung, Ankauf oder Kündigung erfolgen. Eine verstärkte Kündigung oder Gesamtkündigung der Anleihe war ab 1934 zulässig. Ende August 1935 wurde die Anleihe zur vollständigen Rückzahlung ab dem 1.3.1936 gekündigt. Der Zahlungsanspruch aus diesem Anleihestück ist damit heute verjährt, es hat nur noch einen bestimmten Sammlerwert.
Diese Anleihe darf nicht verwechselt werden mit der 6%igen wertbeständigen Holz-Anleihe von 1923 der Stadt Marburg, die einige Monate zuvor zu quasi gleichen Konditionen begeben wurde und ebenfalls 1936 zurückgezahlt wurde.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquelle: Dank an M. M. (F10/2022)
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nonvaleurs · 1 year
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Holzwert-Gutscheine 1923
In der Gruppe der wertbeständigen Sachwertscheine waren die über Holz lautenden Gutscheine nach den Roggengutscheinen die häufigsten. Die Basis einer Sachwertsicherung beim wertbeständigen Notgeld sollte ein Sachwert mit möglichst breitem Markt sein. Dies war bei Holzwert-Gutscheinen sicherlich nicht der Fall, es waren eher ungewöhnliche und exotische Gutscheine. Die in der Hyperinflationszeit des Jahres 1923 ausgegebenen Holzwert-Gutscheine lauteten auf den Geldwert (in Goldmark) bestimmter Mengen Holz. Die Bemessung der Mengen von Holz lautete in der Regel auf Festmeter (fm), seltener auf Raummeter (rm), bzw. ein Mehrfaches davon. In der forstwirtschaftlichen Praxis war seinerzeit der Festmeter als Raummaß allgemein üblich. Der Geldwert ergab sich durch die die Verknüpfung von Holzmenge bestimmter Qualität mit Goldmark. Die Emittenten der Holzwert-Gutscheine waren ausschließlich Städte und Gemeinden aus waldreichen Gegenden.
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Stadt Glogau, Interims-Anteilschein über 1/8 Festmeter 5% Glogauer Holzwert-Anleihe im Werte von 5 Goldmark, ausgegeben in Glogau am 1. November 1923.
Die schlesische Stadt Glogau gab am 1. November 1923 für 20.000 Festmeter (fm) Rundholz Klasse 1-4 in sechs Wertstufen „Interims-Anteilscheine über 1/4000 Festmeter 5 % Glogauer Holzwert-Anleihe im Werte von 1 Goldpfennig“ bis „Interims-Anteilscheine über 1/8 Festmeter 5 % Glogauer Holzwert-Anleihe im Werte von 5 Goldmark“ aus. Die kleingestückelten Anteilscheine standen im praktischen Gebrauch an der Grenze, gewissermaßen in einer Scharnierfunktion, zwischen Wertanleihe und wertbeständigem Notgeld. Die Anteilscheine waren im Buchdruck hergestellte, nicht durchnummerierte Inhaberscheine und dienten als wertbeständiges Notgeld insbesondere bei den täglichen Einkäufen, ohne die Notwendigkeit, sie mit Unmengen von täglich wertloserer Papiermark zu zahlen. Eine gesetzliche Annahmepflicht für diese Geldsurrogate bestand nicht. Die Interims-Anteilscheine waren darauf angelegt, ab November 1923 zunächst als Notgeld zu zirkulieren. Die Tilgung der Scheine sollte von der Stadtbank Glogau einerseits durch Umtausch ab dem 1. April 1924 in Schuldverschreibungen der 5% Glogauer Holzwertanleihe von 1923 nach Maßgabe der Stückelung erfolgen. Die damit eingetauschten Schuldverschreibungen waren dann aber kein Geld mehr, sondern Vermögenswert. Andererseits war die Stadtgemeinde berechtigt, den Eintausch schon vorher zum angegebenen Goldwertbetrag in Rentenmark oder in Goldanleihe des Deutschen Reichs vorzunehmen.
Die Stadt Lemgo (Lippe-Detmold) emittierte am 6. November 1923 Gutscheine zum Erwerb von Brenn- und Nutzholz aus den Waldungen der Stadt über 1, 2 und 5 Goldmark. Die Lemgoer Scheine waren nach ihrer Ausstattung kein Holzsachwert, sondern auf Goldmark lautendes Notgeld, das in seinem Verwendungszweck ausschließlich auf den Ankauf von Holz beschränkt sein sollte.
Die über unterschiedliche Mengen von Holz lautenden Scheine der württembergischen Gemeinde Horgen ob Rottweil, der hessischen Stadt Wimpfen, der bayerischen Stadt Wörth am Main und der Stadt Bad Wildungen (Waldeck) wurden ab 21. Oktober bis zum 20. November 1923 in den Verkehr gebracht.
Dem Wimpfener Holznotgeld lag ein Ausgabe- und Einlösungsverfahren zugrunde, das dem für die Kartoffel-Roggen-Gutscheine des Landes Waldeck ähnelte. Zur Versorgung der Stadtbevölkerung mit Weizen, Roggen und Kartoffeln wurde die Landbevölkerung durch öffentlichen Aufruf vom 10. November 1923 aufgefordert diese Nahrungsmittel frei „Steinhaus“ oder Bahnhof Wimpfen anzuliefern und dafür je gelieferte 1,10 Zentner Weizen oder 1,40 Zentner Roggen oder 5 Zentner Kartoffeln einen Gutschein über 1 Raummeter Brennholz, Scheiter mittlerer Güte, im Werte von 10.50 Goldmark entgegenzunehmen. Der Aktion war kein großer Erfolg beschieden, da es der Landbevölkerung zu der Zeit anscheinend möglich war, Holz auch ohne Hergabe ihrer höherwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse zu erwerben. Damit hatte das Wimpfener Holznotgeld keine besondere Bedeutung als Zahlungsmittel gehabt.
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Stadt Wörth am Main, Gutschein über einen Ster Kiefernprügelholz II. Klasse gleich sechs Goldmark, ausgegeben in Wörth am Main am 15. Dezember 1923.
Die Gutscheine der Stadt Wörth am Main über „einen Ster Kiefernprügelholz II. Klasse gleich sechs Goldmark“ sollten ausschließlich zur Bezahlung von Bauhandwerkern verwendet werden, denen die Stadtverwaltung die Errichtung einiger Häuser in Auftrag gegeben hatte. Die Bauhandwerker brachten sie jedoch in den „allgemeinen Zahlungsverkehr, indem sie sie bei Einkäufen weitergaben und nur ausnahmsweise gegen Holz umtauschten.“
Von größerer örtlicher Bedeutung waren die am 5. November 1923 ausgegebenen Holzgutscheine von Bad Wildungen über 1/20, 1/10, ¼, ½ und 1 Festmeter Buchennutzholz mittlerer Güte. Festgelegt war: Die Gemeinde konnte bei der Rückzahlung bestimmen, dass die Einlösung statt in Holz in Geld beliebiger Währung erfolgt. Der Festmeter Buchennutzholz mittlerer Güte sollte dann mit 20 Goldmark nach dem letzten amtlichen Kurs des der Zahlung voraufgehenden Tages berechnet werden. Die Gutscheine waren für den örtlichen Zahlungsverkehr durchaus von größerer örtlicher Bedeutung und blieben neben dem Goldmarknotgeld des Landes Waldeck noch bis Ende März 1924 im Umlauf.
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Bad Wildungen, Holzgutschein über ½ Festmeter Buchennutzholz mittlerer Güte, ausgegeben in Bad Wildungen am 5. November 1923.
Die auf den Holzwert-Gutscheinen seinerzeit angegebenen Goldmarkpreise je Festmeter Holz lassen sinnvolle Wertvergleiche nicht zu, da ihnen unterschiedliche Zeitwerte zu Grunde lagen, ferner die Holzarten und Qualitäten sehr unterschiedlich waren. Die Preise reichen von 6 Goldmark für Kiefernprügelholz II. Klasse bei Wörth, über 10.50 Goldmark für Brennholz Scheiter mittlerer Güte bei Wimpfen, 20 Goldmark für Buchennutzholz mittlerer Güte bei Bad Wildungen, 30 Goldmark für Nadelstammholz I. Klasse bei Horgen bis zu 40 Goldmark für Holz unbekannter Art und Güte bei Glogau.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquelle: Privat (7/2023) Literaturhinweis (Daten und Texte teilweise entnommen): Wilhelmy, Rudolf; Geschichte des deutschen wertbeständigen Notgeldes von 1923/1924, Dissertation, Berlin, 1962.
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nonvaleurs · 1 year
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Hildburghausen: Holzwert-Anleihe 1924
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Städte nach kreativen Lösungen zur Schaffung von wertbeständigem Notgeld suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“, in waldreichen Gegenden sogar Holzwertanleihen. So brachte die Stadt Hildburghausen Anfang 1924 eine wertbeständige Holzwert-Anleihe in den Umlauf.
Der Gemeinderat der Stadt Hildburghausen genehmigte am 14. Dezember 1923 die Begebung einer Holzwertanleihe. Das Thüringische Staatsministerium in Weimar stimmte am 10. Januar 1924 durch Verfügung  dieser Anleiheemission zu. Hiernach emittierte Hildburghausen mit Ausgabedatum vom 15. Januar 1924 eine 6%ige Holzwert-Anleihe über 5.000 Festmeter Holz über die Geldwerte von
1/10 Festmeter Holz = 2,20 Goldmark (Litera D),
¼ Festmeter Holz = 5,50 Goldmark (Litera C),
1 Festmeter Holz = 22,00 Goldmark (Litera B),
und 5 Festmeter Holz = 110,00 Goldmark (Litera A).
Die Anleihestücke waren über Goldmark abgesicherte Inhaberpapiere (Volumen: 5.000 Festmeter Holz = 110.000 Goldmark mit Valutaklausel/ 1 Goldmark = 10/42 Dollar). Es waren unverzinsliche Schuldverschreibungen mit einem Agio von 6% jährlich, d.h. der Zins wurde kumuliert bei der Endtilgung am 1. Januar 1926 gezahlt. Zinskupons entfielen dadurch. Zahlstellen waren die Städtische Sparkasse, die Kreis-Sparkasse  und die Hessische Girozentrale, alle in Hildburghausen.
Diese extrem seltenen Holzwert-Anleihestücke sind im Sammelgebiet der Historischen Wertpapiere bisher unbekannt geblieben, sie sind auf diesem Sammelgebiet nicht katalogisiert. Bei Geldscheinsammlern ist diese Emission im Sammelgebiet „Wertbeständiges Notgeld“ jedoch bekannt und mehrfach katalogisiert worden.
Diese Anleihen hatten in der Hyperinflation des Jahres 1923 faktisch den Charakter eines Geldsurrogates. Sie wurden in der Hyperinflation der (Papier)-Mark wegen des Fehlens besserer Alternativen als wertbeständiges Notgeld genutzt, für das es allerdings keinen gesetzlichen Annahmezwang gab.
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Stadt Hildburghausen, Unverzinsliche Holzwert-Anleihe Litera C mit 6% Agio über  den Geldwert von ¼ Festmeter Holz = 5,50 Goldmark mit Valutaklausel, ausgestellt in Hildburghausen am 15. Januar 1924
Dennoch hatten die Papiere in der Hyperinflation des Jahres 1923 faktisch den Charakter eines Geldsurrogates. Sie wurden seinerzeit wegen des Fehlens besserer Alternativen wohl als wertbeständiges Notgeld genutzt, für das es allerdings keinen gesetzlichen Annahmezwang gab.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquelle: Privat (4/2023)
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nonvaleurs · 4 years
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Stadt Fritzlar: Holzwertanleihe von 1923
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Städte nach kreativen Lösungen zur Beschaffung von wertbeständigem Kapital zur Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“. So brachte die Stadt Fritzlar Ende 1923 eine wertbeständige Holzwertanleihe in den Umlauf.
Die Stadt Fritzlar im preußischen Regierungsbezirk Kassel emittierte am 1. November 1923 eine 5%ige wertbeständige Holzwertanleihe mit einem genehmigten Volumen von 10.000 Festmeter Kiefernnutzholz der 3. Klasse.
Der Festmeter (fm) ist ein Raummaß für Rundholz, also in aller Regel nicht weiter verarbeiteter Stammstücke gefällter Bäume. Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter (m³) fester Holzmasse. Für eine annähernd präzise Berechnung muss jeder einzelne Stamm bzw. jedes Stammstück vermessen werden. Während der Festmeter auf Basis einzelner Stammstücke bestimmt wird, entspricht ein Raummeter einem Würfel von einem Meter Kantenlänge, also einem Rauminhalt von einem Kubikmeter, parallel geschichteter Holzstücke, einschließlich der Zwischenräume in der Schichtung. In der holzwirtschaftlichen Praxis ist der Festmeter als Raummaß allgemein üblich.
Zweck der Anleihe der Stadt Fritzlar war die Finanzierung der Sanierung und Aufrüstung des Wasserkraftwerks an der Eder mit einem Investitionsvolumen von 100.000 Goldmark.  Die Anleihestücke wurden als Inhaber-Teilschuldverschreibungen über den Geldwert von ¼ fm (1.000 Stücke), ½ fm (1.500 Stücke) 1 fm (6.000 Stücke) und 5 fm (600 Stücke) Kiefernnutzholz ausgefertigt.
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Stadt Fritzlar, 5%ige Holzwertanleihe von 1923, Teilschuldverschreibung über einen halben Festmeter Kiefernnutzholz, ausgestellt in Fritzlar am 1. November 1923
Die Stadt Fritzlar beschloss am 23. und 17. August 1923 die Aufnahme der obigen Anleihe auf Holzwertbasis. Die Genehmigung der Anleihe beim Bezirksausschuss wurde am 19. September bewilligt. Die erforderlichen Erlasse der preußischen Ministerien der Finanzen und des Inneren folgten am 18. Oktober 1923. Eine Gold-Sicherungshypothek von 36 Kilogramm Feingold, gleich einem Betrag von rund 100.000 Goldmark auf 707,5 Hektar Waldbesitz der Stadt, wurde eingetragen.
Die mit dem 1. November 1923 datierten Teilschuldverschreibungen waren mit 5% verzinslich und mit Zinskupons ausgestattet. Zinstermin war der 1.4. eines jeden Jahres, erstmalig der 1. April 1928. Die Zins- und Tilgungszahlungen erfolgten zu demjenigen Geldbetrag in deutscher Reichswährung, der dem Preis für ¼ Festmeter Kiefernnutzholz der 3. Klasse, bzw. einem Mehrfachen davon, entsprach. Zahlstellen war das Bankhaus S.J. Werthauer jr. Nachfolger in Kassel und die Städtische Sparkasse in Fritzlar. Die Tilgung sollte planmäßig mit jährlich 5% Geldwert unter Einschluss der ersparten Zinsen erfolgen, also bis 1947.
Ab 5. November 1923 wurden 6.000 Festmeter der Anleihe zur Zeichnung angeboten. Der Verkaufskurs betrug 18 Goldmark je Festmeter, umgerechnet über Dollar mit Valutaklausel in Papiermark. Insgesamt gelangten lediglich 5.861 Festmeter in den Umlauf. Gut ein Jahr später war nach dem Erscheinen der Rentenmark das Interesse an solchen langlaufenden Anleihen stark gemindert. Die Holzwertanleihe der Stadt Fritzlar kam also zu spät, um noch wirklich attraktiv zu sein. Denn nun war wieder das normale Geld gefragt. Nach dem Jahr 1930 sanken die Holzpreise in Fritzlar ins Bodenlose, ab 1932 auf 7,50 Reichsmark je Festmeter. Die Stadt Fritzlar erkannte die Chance und kündigte nach diversen freihändigen Rückkäufen die Anleihe zum 1. April 1934 und zahlte sie vollständig zurück.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquelle und Informationen: Klüßendorf, Dr. Niklot: Die Holzwertanleihe der Stadt Fritzlar von 1923, Sonderdruck aus Bankhistorisches Archiv, Band 39, Heft 2, Seite 91-107, Stuttgart, 2013 (1/2021)
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nonvaleurs · 4 years
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1923: Anteilscheine als Notgeld
Der Begriff Anteilschein entstammt dem deutschen Wertpapierrecht: Ein Anteilschein ist eine Urkunde, die einen Anteil an einem Vermögenswert verbrieft. Der Begriff wird für Anteile an Kolonialgesellschaften, der Reichsbank, Kommanditgesellschaften, GmbHs, Genossenschaften, Vereinen, etc. – teilweise bis heute – verwendet. Für den Anteil an einer Aktiengesellschaft ist die Begrifflichkeit der Aktie vorgesehen.
Im Verlauf der deutsche Hochinflation 1922/1923 erhielt der Begriff „Anteilschein“ auf dem deutschen Kapitalmarkt eine neue Bedeutung: Bei der Ausgabe wertbeständiger Anleihen auf Basis der Sachwerte Gold, Dollar, Roggen und Holz erschienen, abgeleitet von diesen Anleihen, kleinformatige Anteilscheine in niedrigen Stückelungen. Diese Anteilscheine wurden in der Hochinflation als wertbeständiges Notgeld verwendet und von der Geschäftswelt und in der Bevölkerung im Umlauf toleriert.  
Beispiele für Anteilscheine 1923
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Die Stadt Eschwege begab am 25. Oktober 1923 in der Stückelung von 1 Goldmark (=10/42 Dollar) 9.200 Anteilscheine an der erstmalig am 27. Juli 1923 ausgegebenen Eschweger 5%igen Goldanleihe. Die Inhaber der Scheine waren berechtigt, gegen entsprechende Anzahl dieser Scheine, Schuldverschreibungen der Eschweger Goldanleihe von 1923 im Betrage von 21, 42 oder 105 Goldmark nebst Zinsscheinbogen ohne jede Legitimation einzutauschen. Die Stadt Eschwege kaufte die Schuldverschreibungen der 5% Goldanleihe von 1923 und die davon abgeleiteten Anteilscheine außerhalb der geplanten, regulären Tilgungs- und Umtauschfristen ab Anfang 1924 zurück. Denn die mit 200.000 Goldmark geplante Anleihe konnte seinerzeit nur mit insgesamt 27.300 Goldmark platziert werden, was die Erwartungen der Kommune nicht erfüllt hatte. Die Eschweger Goldmark-Anteilscheine liefen von Oktober 1923 bis Anfang 1924 als wertbeständiges Notgeld um.
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Die Freie Hansestadt Bremen begab am 22. Oktober 1923 in Stückelungen von 1/100, 1/50, 1/10, 1/5, ½, 1, 5 und 10 Dollar Anteilscheine an einer 5% Dollar Anleihe des Bremischen Staates von 1923. Die Inhaber der Scheine waren berechtigt am 31. März 1924 bei der Staatshauptkasse nach ihrer Wahl entweder eine vom 1. April 1924 an mit 5 Prozent verzinsliche und am 15. Oktober 1926 rückzahlbare Schatzanweisung des Bremischen Staates in gleichem Dollarbetrag zu fordern, oder den Gegenwert des Nennbetrags in Reichswährung nach dem Mittelkurs der letzten dem 31. März 1924 vorhergehenden amtlichen Notierung des Dollars für Kabel New York zu fordern. Die Dollar-Anteilscheine liefen 1923/24 als wertbeständiges Notgeld um.
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Die Staatliche Kreditanstalt Oldenburg begab am 1. November 1922 unverzinsliche Oldenburgische Roggenanweisungen über den Geldnennwert von je 150 Kilogramm märkischen Roggens. Die Roggenanweisungen wurden mit dem Geldwert von 125 Kilogramm gezeichnet und sollten und sollten am 1. April 1927 zum Roggenwert von 150 Kilogramm nach dem Durchschnitt des amtlichen Berliner Roggen-Mittelpreises vom 15. November 1926 bis 15. Februar 1927 zurückgezahlt werden. Die 25 Kilogramm Differenz entsprachen einem Aufgeld für rund fünf Jahre. Bezogen auf diese Roggenanweisungen wurden von der Kreditanstalt mit Ausgabedatum 26. Oktober 1923 kleinformatige Anteilscheine mit der Stückelung von ½, 1, 5 und 50 Kilogramm Roggen ausgegeben. Die Rückzahlung der Anteilscheine erfolgte anteilmäßig nach den Bestimmungen der Roggenanweisungen am 1. April 1927. Alternativ wurden Anteilscheine im Gesamtbetrag von einer Roggenanweisung von der Kreditanstalt in eine Oldenburgische Roggenanweisung, also ein Kapitalmarktpapier, umgetauscht. Die Roggen-Anteilscheine liefen 1923/24 als wertbeständiges Notgeld um.
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Die Stadt Glogau in Niederschlesien gab am 1. April 1923 eine 5%ige Holzwertanleihe über 20.000 Festmeter Derbholz aus, gestückelt in die Geldwerte von ½, 1, 5, 10 Festmeter Derbholz. Bezogen auf diese Holzwertanleihe emittierte die Stadt Glogau am 1. November 1923 Interims-Anteilscheine über die Geldwerte 1/4000, 1/800, 1/400, 1/80, 1/40; 1/8 Festmeter Derbholz heraus. Die Anteilscheine hatten ab dem 1. April 1924 Anspruch auf Umtausch in Schuldverschreibungen ihrer 5% Holzwertanleihe von 1923, Zahlung in Rentenmark oder Umtausch in eine Goldanleihe gaben. Die Holzwert-Anteilscheine liefen 1923/24 als wertbeständiges Notgeld um.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquelle: Privat/ Informationen: Teilweise von Niklot Klüßendorf aus den Eschweger Geschichtsblättern 2014 – Herzlichen Dank dafür (12/2020)
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nonvaleurs · 4 years
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Stadt Hameln: Holzwert-Anleihe von 1923
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Städte nach kreativen Lösungen zur Schaffung von wertbeständigem Kapital und wertbeständigem Notgeld suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“. So brachte die Stadt Hameln Mitte 1923 eine wertbeständige Holzwert-Anleihe in den Umlauf.  
Die Stadt Hameln in der Provinz Hannover emittierte am 1. Juni 1923 in verschiedenen Serien eine 6%ige wertbeständige Holzwertanleihe über 6.667 Raummeter Buchenrollholz. Ein Raummeter entspricht einem Würfel von einem Meter Kantenlänge, also einem Rauminhalt von einem Kubikmeter, parallel geschichteter Holzstücke, einschließlich der Zwischenräume in der Schichtung.
Die Anleihestücke wurden als Inhaber-Schuldverschreibungen über den Geldwert von ⅓, 1 und 2 Raummeter Buchenrollholz ausgefertigt – aufgrund der Ermächtigung des Ministers des Innern und der Finanzen der Provinz Hannover vom 25. April 1923. Die Stücke waren mit 6% verzinslich (später auf 4½% konvertiert) und mit Zinskupons ausgestattet. Zinstermin war der 1.5. eines jeden Jahres, erstmalig der 1. Mai 1924. Die Zinszahlungen erfolgten zum Durchschnittspreis für Buchenrollholz. Zahlstellen waren die Hamelner Kämmereikasse sowie fünf Banken in Hameln, Hannover und Detmold. Die Tilgung sollte planmäßig mit jährlich 4% Geldwert erfolgen, also in rund 25 Jahren. Tatsächlich erfolgte die Kündigung und Rückzahlung der Anleihe zum 1. Mai 1934.
Diese Schuldverschreibungen sind im Sammelgebiet der Historischen Wertpapiere seit kurzem nur drei- bis fünfmal dokumentiert, sie sind auf diesem Gebiet nicht katalogisiert. Alle bisher bekannt gewordene Stücke sind  loch- und/oder stempelentwertet. Bei Geldscheinsammlern ist diese Emission im Sammelgebiet „Wertbeständiges Notgeld“ jedoch schon lange bekannt und mehrfach katalogisiert. Dies ist ein Indiz dafür, dass diese Schuldverschreibungen seinerzeit auch als Notgeld verwendet wurden.
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Stadt Hameln, 6% Schuldverschreibung über den Wert von 1 Raummeter Buchenrollholz, ausgestellt in Hameln am 1. Juni 1923.
Hinweis: Hier stellt sich nun die Frage, ob es sich bei diesen Schuldverschreibungen um Wertpapiere oder Geld handelt. Nach der rechtlichen Konstruktion handelte es sich eindeutig um Wertpapiere, und zwar um ordnungsgemäß ausgegebene Schuldverschreibungen mit staatsaufsichtlicher Genehmigung kommunaler Stellen und des Ministeriums des Innern und der Finanzen der Provinz Hannover. Die Papiere waren zwar durch die Abmessung vom 18 x 22,4 cm nicht gerade kleinformatig wie Geldscheine, die Ausgestaltung als Rentenpapier mit Zinskupons war für „Geld“ nicht praktikabel, aber die Nennwerte waren niedrig. Dennoch hatten die Papiere in der Hyperinflation des Jahres 1923 faktisch den Charakter eines Geldsurrogates. Sie wurden seinerzeit wegen des Fehlens besserer Alternativen wohl als wertbeständiges Notgeld genutzt, für das es allerdings keinen gesetzlichen Annahmezwang gab.
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Stadt Hameln, 6% Schuldverschreibung über den Wert von 2 Raummetern Buchenrollholz, ausgestellt in Hameln am 1. Juni 1923.
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquellen: HWPH AG und Privat (11/2020)
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nonvaleurs · 4 years
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Die Glogauer Holzwert-Anleihe von 1923
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Kommunen nach kreativen Lösungen zur Finanzierung ihrer Infrastrukturmaßnahmen sowie zur Schaffung von wertbeständigem Notgeld suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit „wertbeständige Anleihen“, die auf der Basis von Gold, Dollar, Roggen, Weizen, Kohle, Holz, etc. zunehmend bis Ende 1923 - verbrieft in Form von Schuldverschreibungen und/oder Anteilscheinen - in den Umlauf kamen. Börsennotierte, wertbeständige Holzwertanleihen wurden 1923 nur von wenigen, waldreichen Städten begeben: Baden-Baden, Heidelberg, Löwenberg in Schlesien, Offenbach am Main, Sagan … und – wie hier berichtet – von der Stadt Glogau in Schlesien.
Im August 1923 beschloss der Magistrat der schlesischen Stadt Glogau (heute: Głogów in Polen) eine mit Mantel und Zinsbogen ausgestattete, wertbeständige 5%ige börsenfähige Holzwertanleihe zu folgenden Konditionen zu begeben:
5% Glogauer Holzwertanleihe vom August 1923
Anleihebetrag: 20.000 Festmeter (fm) Rundholz Klasse 1-4
Wertpapierart: Schuldverschreibungen
Stückelung: Litera A (1-1000) 10 fm, Litera B (1-1000) 5 fm, Litera C (1-4500) 1 fm und Litera D (1-1000) ½ fm, insgesamt 7.500 Schuldverschreibungen
Zinsfuß: 5%
Zinstermin: 1.4. und 1.10 (1. Zinsschein per 1.4.1924)
Zinszahlung: nach dem Durchschnittspreis für Rundholz Klassen 27-29 und 1-5 in den Stadtforsten des Regierungsbezirks Liegnitz in dem, dem Zinstermin vorangehenden Vierteljahr, zu sieben Terminen zwischen 1.10.1926 bis 1.10.1929 (umgerechnet 1 Festmeter in Reichswährung)
Tilgung: ab 1.10.1924 mit jährlich 5% durch jährliche Auslosung, spätestens 1938. Verstärkte Tilgung oder Gesamtkündigung vorbehalten.
Zahlstellen: Schlesische Landschaftliche Bank in Breslau und die Stadtbank Glogau
Börsenzulassung: Breslau
Emissionskurs am 3.8.1923: 3,5 Millionen Papiermark
Erster Börsenkurs am 7.11.1923: 4,5 Billionen Papiermark
Interims-Anteilscheine
Zweck der börsennotierten Holzwertanleihe war die Absicherung und die vorübergehende Ausgabe von wertbeständigem Notgeld in Form sogenannter Interims-Anteilscheine. Die Ausgabe der „einstweiligen“ Anteilscheine erfolgte am 1. November 1923 in den folgenden sechs Nominalwerten:
1 Goldpfennig = 1/4000 Festmeter
5 Goldpfennige = 1/800 Festmeter
10 Goldpfennige = 1/400 Festmeter
50 Goldpfennige = 1/80 Festmeter
1 Goldmark = 1/40 Festmeter
5 Goldmark = 1/8 Festmeter
Man ging bei den Nominalwerten der Interims-Anteilscheine bis auf 1/4000 Festmeter herunter. Die ausgegebenen Scheine waren im Buchdruck hergestellte, nicht durchnummerierte Inhaberscheine und dienten als wertbeständiges Notgeld insbesondere bei den täglichen Einkäufen, ohne die Notwendigkeit, sie mit Unmengen von täglich wertloserer Papiermark zu zahlen. Eine Annahmepflicht für diese Geldsurrogate bestand nicht. Wer freilich auf gesetzlichen Zahlungsmitteln bestand, musste sich mit der nicht gerade erwünschten Papiermark begnügen. Die Interims-Anteilscheine waren darauf angelegt, ab November 1923 zunächst als Notgeld zu zirkulieren. Gemäß den aufgedruckten Bedingungen sollten die Scheine wie folgt von der Stadtbank Glogau getilgt werden:
Einerseits sollten sie ab dem 1. April 1924 in Schuldverschreibungen der 5% Glogauer Holzwertanleihe von 1923 nach Maßgabe der Stückelung eingetauscht werden. Es wurde wohl dem Publikum überlassen, aus diesen Interims-Anteilscheinen ganze Schuldverschreibungen von mindestens ½ Festmeter im Umtausch zu erwerben. Die damit eingetauschten Schuldverschreibungen waren dann aber kein Geld mehr, sondern Vermögenswert. Die kleingestückelten Anteilscheine standen demnach im praktischen Gebrauch an der Grenze, gewissermaßen in einer Scharnierfunktion, zwischen Wertanleihe und Notgeld.
Andererseits war die Stadtgemeinde berechtigt, den Eintausch schon vorher und außerdem zum angegebenen Goldwertbetrag in Rentenmark (später ab November 1923 ausgegeben) oder in einer Goldanleihe des Deutschen Reichs vorzunehmen.
Das wertbeständige Notgeld
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Interims-Anteilschein über 1/4000 Festmeter Rundholz (= 1 Goldpfennig) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
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Interims-Anteilschein über 1/800 Festmeter Rundholz (= 5 Goldpfennige) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
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Interims-Anteilschein über 1/400 Festmeter Rundholz (= 10 Goldpfennige) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
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Interims-Anteilschein über 1/80 Festmeter Rundholz (= 50 Goldpfennige) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
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Interims-Anteilschein über 1/40 Festmeter Rundholz (= 1 Goldmark) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
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Interims-Anteilschein über 1/8 Festmeter Rundholz (= 5 Goldmark) der 5% Glogauer Holzwert-Anleihe, ausgegeben vom Magistrat der Stadt Glogau am 1. November 1923
Die Währungsreform 1923/24
Zur Bekämpfung der Hyperinflation wurde bereits vor Ausgabe der Glogauer Interims-Anteilscheine am 16. Oktober 1923 der Beschluss über die Errichtung der Deutschen Rentenbank verkündet, damit leitete die Reichsregierung die Rückkehr zu einer stabilen Währung ein. Mit der Währungsreform und der Ausgabe der Rentenmark gelang es ab November 1923 die Inflation im Deutschen Reich zu stoppen. Die Ersparnisse weiter Bevölkerungskreise waren vernichtet, Vermögenswerte dahingeschmolzen. Am 20. November 1923 war 1 Dollar 4,2 Billionen Papiermark (= 4,20 Rentenmark) wert. Eine Rentenmark bzw. eine Mark Gold entsprach an diesem Tag offiziell einer Billion Papiermark.
Es wurde jedoch im Hinblick auf die gespannte Lage der Reichsfinanzen und der Knappheit der neuen Banknoten gern gesehen, dass das wertbeständige Notgeld noch im Umlauf blieb. Öffentliche Kassen und die Reichsbank unternahmen erhebliche Anstrengungen, um sie im Verkehr zu halten. Ende April 1924 hatte sich die finanzielle Lage des Reiches derartig gebessert, dass die Einziehung des wertbeständigen Notgelds erfolgen konnte. Die im Umlauf befindliche Summe des Goldnotgelds fiel von 240 Millionen Mark Gold am 31. Dezember 1923 schnell auf 24 Millionen Mark Gold am 31. Mai 1924.
Die endgültige Neuordnung der Währung wurde im Sommer 1924 realisiert. Am 30. August 1924 schuf das Währungsgesetz die Reichsmark als neues gesetzliches Zahlungsmittel und gab der für die Ausgabe zuständigen Reichsbank die volle Unabhängigkeit von der Regierung. Die Reichsmark galt zusätzlich zur Rentenmark im Verhältnis 1:1, mit beiden Währungen konnte nun bezahlt werden. Die noch immer umlaufende Papiermark wurde jetzt zum Kurs von 4,2 Billionen Mark = 1 Reichsmark eingezogen. Auch die verschiedenen wertbeständigen Notgeldarten verschwanden nacheinander durch Einziehung im Laufe des Jahres 1924.
Die Interims-Anteilscheine der 5% Glogauer Holzwertanleihe von 1923 ab 50 Goldpfennig aufwärts sind heute im Münzantiquariat selten zu finden, die Nennwerte darunter werden häufiger angeboten. Stücke der Schuldverschreibungen der 5% Glogauer Holzwertanleihe blieben bisher unbekannt.
Die Glogauer Interims-Anteilscheine sind katalogisiert bei Kai Lindman, „Das wertbeständige Notgeld von 1923/24“, (Ordnungsnummer G009) und bei Manfred Müller „Das wertbeständige Notgeld der deutschen Inflation 1923/1924“, Deutsches Notgeld, Band 12.
Bildquellen und Informationen: HGG, NK und Privat (8/2020)
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Hans-Georg Glasemann
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nonvaleurs · 4 years
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Vöhrenbachs Holzwertanleihe von 1923
Als in der Hyperinflation des Jahres 1923 die deutsche Markwährung zusammenbrach, mussten viele Kommunen kreative Lösungen zur Finanzierung ihrer Infrastrukturmaßnahmen suchen. Eine aus der Not geborene Finanzinnovation waren zu dieser Zeit die „wertbeständige Anleihen“, die auf der Basis von Gold, Dollar, Roggen, Weizen, Kohle etc. zunehmend auf den Kapitalmarkt gelangten. In waldreichen Gegenden, unter anderem in Freiburg, Glogau, Heidelberg und Offenbach, gab man in dieser Notlage wertgesicherte Holzanleihen aus. So auch in der Stadtgemeinde Vöhrenbach, gelegen im mittleren Schwarzwald im Bregtal. Denn der Bau der Linachtalsperre musste hier unter großen Schwierigkeiten finanziert werden.
In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war die Energieversorgung in vielen Gebieten des Deutschen Reichs teuer und unzuverlässig. Viele Kommunen überlegten eigene Energiequellen, beispielsweise die Wasserkraft, zu nutzen. Auch in der Stadtgemeinde Vöhrenbach plante man zur Sicherung der Stromversorgung und zum Hochwasserschutz den Bach „Linach“ mit einer Talsperre aufzustauen. Um kostengünstig zu Bauen wählte man die damals sehr fortschrittliche Stahlbetonbauweise in Form einer Gewölbe-Reihenstaumauer mit schrägliegender Wasserseite.
Der gemeindliche Beschluss zum Bau der Linachtalsperre fiel 1921, die Bauzeit war geplant von 1922 bis 1925. Im Januar 1922 begann der Bau. Ab Mai schritten die Bauarbeiten zügig voran, auf der Großbaustelle waren 350 Arbeiter beschäftigt. Der Bau der Linachtalsperre war seinerzeit Präzisionsarbeit und erforderte hohes handwerkliches Können für die Herstellung der komplizierten Verschalung.
Das folgende Jahr 1923 war gekennzeichnet durch die enorme Geldentwertung im Deutschen Reich. Die Inflation stellte die Stadt Vöhrenbach vor große Probleme bei der weiteren Finanzierung ihres Bauvorhabens. Nach der Mitte 1923 einsetzenden Hyperinflation wurden der Stadt keine weiteren Bankkredite mehr gewährt, die Arbeiten kamen ins Stocken, das Projekt stand finanziell am Abgrund.
In dieser Geldnot sah sich die Stadt gezwungen, ungewöhnliche Maßnahmen zur Geldbeschaffung einzuleiten. Zunächst begann man eigenes Geld zu drucken. Mit Genehmigung des Innenministeriums gab die Stadt im August 1923 erstmals Notgeld in hohen Nennwerten heraus. Um die Schuldenlast zu bewältigen ging man auch zur verstärkten Abholzung des Stadtwaldes über. Aber auch der Holzverkauf reichte nicht, um die Arbeiten weiterzuführen. Keiner traute dem Papiergeld mehr.
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Notgeldschein der Stadtgemeinde Vöhrenbach über 10 Milliarden Mark vom 20. Oktober 1923. Die Geldscheine wurden mit Datum 14. August 1923 in den Nennwerten 100.000 Mark, 500.000 Mark, 1 Million Mark und mit Datum 20. Oktober 1923 zu 1 Milliarde Mark, 10 Milliarden Mark, 50 Milliarden Mark und 1 Billion Mark ausgegeben.
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Notgeldschein der Stadtgemeinde Vöhrenbach über 10 Milliarden Mark vom 20. Oktober 1923. Als Motiv wurde bei fast allen Nominalwerten auf der Rückseite der Notgeldscheine die seinerzeit im Entstehen begriffene Staumauer der Linachtalsperre abgebildet.
Zur Baufinanzierung eine eigene Anleihe in entwerteter Mark aufzulegen, war zu diesem Zeitpunkt durch die hohe Geldentwertung nicht mehr möglich, niemand hätte solche Schuldverschreibungen gekauft. Der einzige Ausweg wäre eine von 1922 bis 1923 gern eingesetzte Finanzinnovation gewesen: eine wertbeständige Anleihe. Hier gab es reichsweit Beispiele für wertgesicherte Anleihen in Gold, Dollar, Roggen, Weizen, Kohle etc. Das waldreiche Vöhrenbach entschied sich unter dem Aspekt „Gestaut soll werden die Wasserflut“ für die Begebung einer wertbeständigen Holzanleihe in folgender Ausstattung:
Emittent: Stadtgemeinde Vöhrenbach im Freistaat Baden
Emission: 6% mündelsichere und wertbeständige Holzanleihe von 1923
Zinstermin: jeweils am 1. November (1.11.1924 - 1.11.1929)
Emissionsvolumen zunächst 5.000 fm (Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse), später nach Bedarf
Ausstellungsdatum: 9. Oktober 1923
Stückelung: Inhaberschuldverschreibungen über 0,25 fm, 0,5 fm, 1 fm, 2, fm und 5 fm (Litera E-A)
Realwertsicherung: Gesichert wurde die Anleihe durch das gesamte Vermögen der Stadtgemeinde Vöhrenbach, welches allein an Waldungen eine Fläche von 1.300 ha umfasste (jährlicher Holzeinschlag 6.500 fm).
Heimzahlung: Tilgung in fünf gleichen Jahresraten, jeweils auf 1. November, erstmals im Jahre 1925, letztmals im Jahre 1929 durch Rückkauf oder Verlosung.
Berechnung der Geldbeträge: Die zur Auszahlung kommenden Geldbeträge für Zins und Tilgung wurden berechnet unter Zugrundelegung des durchschnittlichen Holzerlöses, wie er von der zuständigen Forstbehörde während des dem Zahlungstermin vorausgegangenen Jahres für Fichtennutzholz dritter Klasse … festgestellt worden ist.  
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  Stadtgemeinde Vöhrenbach, 6%ige mündelsichere wertbeständige Holzanleihe vom 9. Oktober 1923, Schuldverschreibung Litera A über den Holzwert für 5 Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse.
Binnen weniger Tage waren die ersten 5.000 Festmeter der Anleihe gezeichnet, so dass wieder Zahlungen an die Baufirnen geleistet werden konnten und der Bau langsam weitergehen konnte. Im Dezember 1923 wurde das im Jugendstil erbaute Turbinenhaus fertiggestellt. Die neu ausgegebene Rentenmark beendete Ende des Jahres 1923 die Inflation und führte ab 1924 wieder zu geordneten Finanzverhältnissen in Deutschland. Ab August 1924 wurde die Reichsmark zusätzlich zur Rentenmark eingeführt. Vom 1. August bis Ende Oktober 1924 konnten nun die Bauarbeiten an der Staumauer in vollem Umfange wieder aufgenommen werden. Am 7. November 1925 war die Staumauer vollendet, im Maschinenhaus liefen zwei von drei Turbinen.
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Stadtgemeinde Vöhrenbach, 6%ige mündelsichere wertbeständige Holzanleihe vom 9. Oktober 1923, Schuldverschreibung Litera B über den Holzwert für 2 Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse.
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Stadtgemeinde Vöhrenbach, 6%ige mündelsichere wertbeständige Holzanleihe vom 9. Oktober 1923, Schuldverschreibung Litera C über den Holzwert für 1 Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse.
Durch die Kraft des fließenden Wassers der Linach konnte die Stadt Vöhrenbach von nun an mit billigem Strom versorgt werden. Im Mai 1926 war das Becken der Talsperre randvoll. Bei Vollstau betrug das Fassungsvermögen 1,1 Millionen Kubikmeter. Der See hatte eine Länge von einem Kilometer und eine überflutete Fläche von 110.000 Quadratmetern. 11.000 Kubikmeter Beton wurden in der Staumauer verarbeitet. Das Kraftwerk lieferte 374.000 Kilowattstunden, was 72 Prozent des Gesamtbedarfs Vöhrenbachs betrug. 100.000 Festmeter Holz waren insgesamt für die Anleihefinanzierung des Anlagenbaus erforderlich gewesen.
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Stadtgemeinde Vöhrenbach, 6%ige mündelsichere wertbeständige Holzanleihe vom 9. Oktober 1923, Schuldverschreibung Litera D über den Holzwert für 0,5 Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse.
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Stadtgemeinde Vöhrenbach, 6%ige mündelsichere wertbeständige Holzanleihe vom 9. Oktober 1923, Schuldverschreibung Litera E über den Holzwert für 0,25 Festmeter Nadelnutzholz III. Klasse.
Bis 1969 tat das Kraftwerk seinen Dienst, denn in diesem Jahr fasste der Gemeinderat den Beschluss, die Eigenstromerzeugung wegen Unrentabilität einzustellen. Ein weiterer Grund waren anstehende aufwändige Sanierungsarbeiten. Ab diesem Zeitpunkt war die komplette Anlage dem Verfall preisgegeben. Der Stausee war aber weiterhin ein beliebtes Freizeitziel. In den Achtzigerjahren wurden Anstrengungen unternommen, die Linachtalsperre wieder zu reaktivieren, was allerdings nicht gelang. 1988 wurde der Stausee komplett abgelassen.
Nachdem die Linachtalsperre in einen „Dornröschenschlaf“ gefallen war, hat es die 1997 gegründete „Gesellschaft für dezentrale Energieanlagen“ gemeinsam mit engagierten Bürgern und der Stadt Vöhrenbach tatsächlich geschafft, das Kraftwerk zu sanieren und wieder zu reaktivieren.
Zur Wiederinbetriebnahme der Talsperre für die Produktion umweltfreundlichen Stroms und zur Wiederherstellung des Stausees als Naherholungsgebiet, erstellte die Stadt 2003 ein umfassendes Sanierungskonzept, das mit Unterstützung öffentlicher und privater Stellen bis 2007 verwirklicht wurde. Die Gesamtkosten der Sanierung beliefen sich auf 7,1 Millionen €. Die offizielle Einweihung der sanierten Linachtalsperre wurde im Juni 2008 mit einem großen Fest gefeiert. Die Staumauer im Tal der Linach ist die erste und einzige Gewölbe-Reihenstaumauer Deutschlands – sie ist heute ein Baukulturdenkmal.
Die äußerst dekorativen Holzanleihen der Stadtgemeinde Vöhrenbach von 1923 sind heute seltene und gesuchte Sammlerstücke. Holger Scheele berichtet über die Staumauer der Linachtalsperre … hier
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Die Linachtalsperre kurz nach ihrer Erneuerung im Juli 2008
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Hans-Georg Glasemann
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Bildquellen: Dank an Privat (7/2020)
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