#Gerd Gigerenzer: Übertriebene Angst vor dem Unbekannten
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Gerd Gigerenzer ist Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Gigerenzer arbeitet über begrenzte Rationalität, Heuristiken und effiziente Entscheidungsbäume, das heißt über die Frage, wie man rationale Entscheidungen treffen kann, wenn Zeit und Information begrenzt und die Zukunft ungewiss ist. Der breiten Öffentlichkeit ist er 2007 mit seinem Buch "Bauchentscheidungen" bekannt geworden, das in 17 Sprachen veröffentlicht wurde. +++++++++++++++++++++++++++ …Nach den traumatischen Ereignissen des 11. September 2001 hörten viele Amerikaner auf zu fliegen und nahmen statt dessen das Auto. So verloren in den zwölf Monaten nach dem Anschlag schätzungsweise 1.500 Menschen mehr als sonst ihr Leben auf der Straße, weil sie versuchten, den Gefahren des Fliegens auszuweichen. Das sind weit mehr als die Zahl der Passagiere, die in den vier betroffenen Flugzeugen starben.
Terroristen schlagen zunächst mit physischer Gewalt zu, was all unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Ihr zweiter Schlag findet dann aber mithilfe unserer Gehirne statt – unserer Angst vor gefürchteten Gefahren, die uns aus der Bratpfanne ins Feuer springen lässt. Dieser zweite Schlag kann teuer werden: Innerhalb von zwei Jahren nach den Angriffen vom 11. September verlor die US-Wirtschaft über 100 Milliarden Dollar, weil Menschen Reisen absagten, Betriebe weniger verkaufen konnten oder Veranstaltungen mangels Nachfrage abgesagt werden mussten. In dieser Zeit gab die Regierung dort eine halbe Billion Dollar für Sicherheitsmaßnahmen aus – und die Bevölkerung in den USA ließ sich nur zu gern durch mehr staatliche Überwachung beruhigen. Nur: Ein heutiger Amerikaner wird mit größerer Wahrscheinlichkeit aus Versehen von einem Kind erschossen als von einem islamistischen Terroristen in die Luft gejagt…. …Glücklicherweise ist die übertriebene Angst vor Dingen, die uns wahrscheinlich nicht töten, in unseren Gehirnen nicht fest verdrahtet. Deshalb ist Risikokompetenz so wichtig: Wir müssen die Mathematik der Unsicherheit lernen, also statistisches Denken. Genau wie die Fähigkeit zum Lesen den Menschen ermöglicht, Texte zu verstehen, ermöglicht uns das statistische Denken, die Gefahren, denen wir ausgesetzt sind, zu verstehen und mit ihnen umzugehen. Wir müssen lernen, warum wir Angst vor dem haben, wovor wir Angst haben Ein Teil der Risikokompetenz besteht darin zu lernen, warum wir Angst vor dem haben, wovor wir Angst haben. In der Tat gehen ein Verständnis für Unsicherheit und ein Verständnis für Psychologie Hand in Hand. Dies kann dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit die richtigen Fragen stellt – und Politiker die richtigen Entscheidungen treffen…
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