#Fogetzebrot
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wortgeschichten · 7 years ago
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Wortgeschichte Nr. 101: Focaccia und Fogetzebrot – New meets Old
Wer kennt sie nicht, die Focaccia? Das aus Italien stammende und nun auch in germanischen Gefilden modisch gewordene, mit Olivenöl und Salz gewürzte und allenfalls mit weiteren Zutaten versehene Fladenbrot? Es ist auf unseren Esstischen angekommen – und damit auch im Schweizerdeutschen. Kaum jemand aber weiss, dass wir das gleiche Wort schon einmal in unserer Sprache hatten, bis es im 19. Jahrhundert ausgestorben ist: das Fogetze-, Fogesse- oder Fogissebrot. Sowohl das italienische Focaccia als auch das alemannische Fogetzebrot gehen zurück auf lateinisch panis focācius «in der Herdasche gebackenes Brot», dem einst das panis furnācius, das «im Ofen gebackene Brot», gegenüberstand. In einer Zürcher Ratserkenntnis von 1331 finden wir einen Hinweis auf die ursprüngliche alemannische Wortbedeutung: «Sweler pfister feiles bachet, der sol einen tisch han in der brotlauben; sweler aber vochenzins bachet, die sulln nieman enkein brot geben, wann der in kernen vorhin git», das heisst in heutiger Sprache: «Welcher Bäcker Feiles [d. h. zu Kaufendes] bäckt, der soll einen Verkaufsstand in seinem Laden haben; welcher aber „Vochenzins“ bäckt, die sollen niemandem Brot geben ausser demjenigen, der ihnen die Körner [bzw. das Mehl] zuvor gegeben hat.» Das Fogetzebrot war also im alten Zürich das Hausbrot, das die Bäcker mit dem Mehl der Bürger und in deren Auftrag buken, im Gegensatz zum Brot, das die Bäcker aus eigenem Mehl und zum freien Verkauf herstellten. Nach einer Verordnung von 1417 musste es aus Dinkelmehl bestehen, nach einer Angabe von 1556 die Mitte halten zwischen dem Gebäck aus Weissmehl und solchem aus Ruchmehl. Im 18. und 19. Jahrhundert werden die Bedeutungen schwammiger – an den einen Orten steht das Wort für ein besonders gutes, an den anderen für ein eher minderwertiges Brot. In der Stadt Zürich, am Zürichsee und im Zürcher Oberland meinte es um 1860 «Weissbrot» schlechthin. Die ässed nüüt als Fogetzebröötli, sagte man damals von einer wohlhabenden Familie. Aus dem Glatttal überliefert ist das folgende Verslein: Es häd e Mäitli z Muur im Doorff, me säid em nu s Vroneggli: es isst all Taag 2 Fogessebrood und z Oobig no e Weggli. Im Zürcher Unterland sowie am sanktgallischen und Schwyzer Obersee dagegen bezeichnete das Wort ein Brot, das kleiner war («nur» 2–2½ Pfund schwer) als der damals gewöhnliche Vier- oder Fünfpfünder. Was die Form angeht, hatte es meist einen sogenannten «Kopf», im Gegensatz zu den sonst üblichen walzen- oder scheibenförmigen Laiben. Im Knonaueramt hiess es deshalb von jemandem, der/die einen auffallend grossen Kopf hatte, er/sie habe en Chopf wie-n-es Fogissebroot. Wie lange mag es dauern, bis auch die moderne Focaccia in Sprüche und Redewendungen eingegangen sein wird? (CL)
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